Das Konzept von Bitcoin ist übrigens älter als 2008, als Satoshi Nakamoto sein Konzept veröffentlichte ("Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System"). Der Name Neal Stephenson fiel hier ja vor einiger Zeit; & der Roman "Cryptonomicon" von 1999 wurde dabei auch erwähnt.
Zitat von Crytpnomicon"We are going to launch our own currency.” By saying this, Randy is divulging proprietary information to someone not authorized to hear it. But he does it anyway, because opening himself up to Amy in this way, making himself vulnerable to her, gives him a hard-on. “How do you go about that? Don’t you have to be a government?” “No. You have to be a bank. Why do you think they’re called banknotes? Randy is fully aware of the insanity of divulging secret business information to a woman solely for purposes of sexual self-titillation but it is in the nature of things, right now, that he doesn’t especially care." “Okay but still, usually it’s done by government banks, right?” Only because people tend to respect the government banks. But government banks in Southeast Asia have a huge image problem right now. That image problem translates directly into crashing exchange rates.” “So how do you do it?” Get a big pile of gold. Issue certificates saying ‘this certificate can be redeemed for such-and-such an amount of gold.’ That’s all there is to it.” “What’s wrong with dollars and yen and stuff?” “The certificates—the banknotes—are printed on paper?. We’re going to issue electronic banknotes.” “No paper at all?” “No paper at all.” “So you can spend it on the Net.” “Correct.” “What if you want to buy a sack of bananas?” “Find a banana merchant on the Net.” “Seems like paper money’de be just as good.” “Paper money is traceable and perishable and has other drawbacks. Electronic banknotes are fast and anonymous.” “What’s an electronic banknot look like, Randy?” “Like any other digital thing: a bunch of bits.” “Doesn’t that make it kind of easy to counterfeit?” “Not if you have good crypto,” Randy says. “Which we do.” “How did you get it?” “By hanging out with maniacs.” “What kind of maniacs?” “Maniacs who think that having good crypto is of near-apocalyptic importance.” “By reading about people like Yamamoto who died because they had bad crypto, and then projecting that kind of thing into the future.” “Do you agree with them?” Amy asks. It might be one of those pivotal-moment-in-the-relationship questions. “At two in the morning, when I’m lying awake in bed, I do,” Randy say. “In the light of day, it all seems like paranoia.”…
- from Cryptonomicon, by Neal Stephenson, published in 1999 by Avon books.
BUT WAIT: there's more. Das Konzept der binären Kröten taucht bei Stephenson zum ersten Mal in einer seiner (raren) Kurzgeschichten auf, "The Great Simoleon Caper", die er 1995 für einen Themenschwerpunkt von "Time Magazine" geschrieben hat, der sich mit dem Thema "So gehts morgen zu" befasste (1. März 1995).
Der erste Digitalgeld-Bankräuber zum Mitgehen war übrigens Sean Connery (auch wenn es da nicht um Bitcoins ging); an der Seite von Catherine Zeta-Jones in "Entrapment" (1999); als Gaststar die Petronas Towers.
Hier ab 1:24:30 ("This is it? Whatever happened to money?") *
Ein Film, der übrigens so voller Anspielungen auf "Topkapi" steckt, dass er glatt als zeitgemässes Remake durchgehen könnte. Hat natürlich wieder kein Zine-Ast gemerkt. Warum S.C. bei der Vorbereitung des Fischzugs darauf besteht, keinen Plasmabildschirm zu benutzen, habe ich übrigens erst verstanden, als ich Kap. 42 in "Cryptonomicon" gelesen habe.
Der erste große Virtuellbank-Überfall in der Literatur findet dann in Charles Stross' "Halting State" von 2007 statt; da ist aber ein MMORPG-Multiversum à la Second Life vorgeschaltet.
Zitat A robbery of several thousand euros worth of "prestige items" occurs in the game's central bank, led by a band of orcs and a "dragon for fire support." It is later noticed that this seemingly simple incident has deep implications – both financial (Hayek stock price) and logistical (compromised cryptographic keys), which sets the stage for the latter half of the novel.
PS: * 1:26:36: 8.000.000.001 Dollar, 27 Cent, die da binnen 10 Sekunden eine neue Bestimmung finden. Tut mir leid, Sir Sean, aber unsre Bundesmutti schlägt das locker.
Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire
Ich habe den Beitrag mit großem Vergnügen gelesen. Ich tendiere aus verschiedenen Gründen dazu, immer auch Bargeld dabei zu haben; und sei es nur, um auf einer Wanderung im Nirgendwo ohne Funkkontakt oder andere elektronische Hilfsmittel einem kleinen Händler eine Cola abkaufen zu können. Und sage keiner, so etwas gäbe es nicht in Deutschland: bereits 5 Km von meinem Haus entfernt im Wald bin ich vollständig abgeschnitten (außer GPS). Da habe ich keine Handyverbindung, keine mobile Datenverbindung = kein Threeema/WhatsApp, keine SMS. (Übrigens auch blöd, wenn man dann keine lokalen Karten auf dem Handy hat )
Ich war schon deswegen den Bitcoins abgeneigt, weil ich immer den Eindruck hatte bei einer solchen Währung vom Wohlwollen der Nerds abhängig zu sein. Das System versteht doch kein Normalmensch mehr wirklich. Wenn mein Satelittenreciver abstürzt, weil ein Nerd schlechte Laune hat, dann ist das das eine; aber wenn mein Bankkonto sich in Luft auflöst, weil ein Nerd aus Liebeskummer digitalen Selbstmord begehen möchte, das wär dann schon was anderes...
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #4Und sage keiner, so etwas gäbe es nicht in Deutschland: bereits 5 Km von meinem Haus entfernt im Wald bin ich vollständig abgeschnitten (außer GPS). Da habe ich keine Handyverbindung, keine mobile Datenverbindung = kein Threeema/WhatsApp, keine SMS. (Übrigens auch blöd, wenn man dann keine lokalen Karten auf dem Handy hat )
Ich hoffe mal, Sie verirren sich nicht 5 km von zuhause. Aber wer ausschließlich ein Handy zur Navigation in der Wildnis verwenden will, ist eh reif für den Darwin Award.
Zitat Ich war schon deswegen den Bitcoins abgeneigt, weil ich immer den Eindruck hatte bei einer solchen Währung vom Wohlwollen der Nerds abhängig zu sein.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #4Ich habe den Beitrag mit großem Vergnügen gelesen. Ich tendiere aus verschiedenen Gründen dazu, immer auch Bargeld dabei zu haben; und sei es nur, um auf einer Wanderung im Nirgendwo ohne Funkkontakt oder andere elektronische Hilfsmittel einem kleinen Händler eine Cola abkaufen zu können. Und sage keiner, so etwas gäbe es nicht in Deutschland: bereits 5 Km von meinem Haus entfernt im Wald bin ich vollständig abgeschnitten (außer GPS). Da habe ich keine Handyverbindung, keine mobile Datenverbindung = kein Threeema/WhatsApp, keine SMS. (Übrigens auch blöd, wenn man dann keine lokalen Karten auf dem Handy hat )
Das ist, lieber Frank2000, auch der Nachteil jeglichen digitalen Geldes - es setzt eine technisch durchaus anspruchsvolle Infrastruktur voraus. Das mag sinnvoll und bequem sein, solange man sich in dieser Infrastruktur bewegt (und ganz ehrlich, Amazon et al. sowie das Zahlen per Kreditkarte, Paypal etc. ist schon bequem. Wenn der Postbote so ziemlich alles ins Haus liefert, ist das ein enormer Gewinn an Lebenszeit). Sobald man sich außerhalb dieser Infrastruktur bewegt, dann wird es schwer, den Büdchenbesitzer von der Werthaltigkeit der Bits und Bytes zu überzeugen. Papiergeld bzw. dessen Vorläufer, die Goldmünzen, haben ja den Vorteil, dass sie auch ohne Infrastruktur zu beherrschen sind und ein effizientes Zahlungsmittel abgeben. Deswegen hat es sich ja auch bewährt.
Die erfolgreichen elektronischen Zahlmittel sind nichts anderes als eine Verlagerung des physischen Geldes ins Netz (jaja, physisch ist sehr zweifelhaft bei Geldschöpfung durch die Banken, aber sei es drum).
In punkto Anonymität ist Bargeld kaum zu schlagen - sei es auf dem Floh-, dem Wochen- oder dem Schwarzmarkt. Daher auch die Vorliebe der Deutschen dafür.
Erstaunlich, dass man zum selben Endergebnis kommen kann und nahezu jede der Begründungen, die Du bringst, als falsch betrachten kann. :)
- Die Blockchain ist vermutlich der beste Teil der Entwicklung und eine der wichtigsten Erfindungen in der Kryptoszene seit Ballisto-Keksriegel. Einige große Finanzanbieter interessieren sich völlig unabhängig von Bitcoin für die Technik. Und sie ist technisch durchaus skalierbar. Die Blockchain ist derzeit vollkommen dezentral verteilt, das ist aber keinesfalls in Stein gemeisselt. Prinzipiell ist es durchaus denkbar, sogar wahrscheinlich, dass sich zunehmend nur noch Spezialisten um die Blockchain kümmern, die dann entsprechend auch die Rechenkapazitäten zur Verfügung stellen. Heute läuft das meiste in Bezug auf die diversen Coinsysteme ohnehin nur noch auf Spezialhardware. An Bitcoins glaube ich nur begrenzt, die Blockchain dagegen schickt sich an, uns auf jeden Fall in Zukunft zu begleiten, nur merken wir es nicht.
- Das gerade diejenigen am neugeschöpften Geld verdienen, die es bisher besitzen, so what ? Warum ist das ein Problem ? Ist es besser, wenn das Geld von Bundesbanken und Landesbanken geschaffen wird und die ihre Gelddruckmaschine (im wahrsten Sinne des Wortes) anwerfen ? Und wenn Satoshi Nakamoto damit zum Milliardär wird, wo ist das Problem ? Das das Geld zunächst deflationiert ist eher ein angenehmer Nebeneffekt, trägt auf die lange Bank aber ganz extrem zum Vertrauen bei (was das zentrale Problem von Bitcoins überhaupt ist).
- Die Volatilität von Bitcoins hat vor allem damit zu tun, dass es eben tatsächlich noch ein Nischenprodukt ist. Die Aktien vom neuen Markt waren auch lange unterbewertet, dann völlig absurd überhypted und sind dann wieder kraftvoll abgestürzt. Was nichts daran ändert, dass sich viele Firmen durchaus als sehr profitabel und marktfähig erwiesen haben. Das Problem beim Nischenprodukt ist, dass es sehr viel stärker auf Diebstähle und staatliche Eingriffe reagiert, als das "normale" Geld. Wenn eine Regierung beschliesst, dass Bitcoins "böse" sind, dann hat das eben gewaltig Wirkung. Das kann man gegenüber einer etablierten Währung in der Regel nicht tun. Das ganze würde mit größerer Verbreitung hinfällig.
Alles in allem kann ich keinen dieser Nachteile wirklich sehen. Für das normale Tagesgeschäft um mal etwas in China zu kaufen oder eine CD zu bestellen, interessiert mich die Volatilität wenig und ob jemand an den Münzen was verdient hat ist irrelevant für mich, und die Blockchain funktioniert auch ohne meine Hilfe problemlos.
Das "Problem" bei Bitcoins ist dagegen etwas ganz anderes: Der Staat hasst sie. Und der Staat will prinzipiell keine Parallelwährung. So lange das noch alles auf einer kleinen Spielwiese läuft, juckt es den Staat nicht allzusehr, aber die Idee, dass ihm sein so wichtiges Instrument der Geldpolitik genommen wird, kann der Staat so gar nicht leiden. Würden Bitcoins zu einer ernsthaften Bedrohung, wird der Staat diese Bedrohung platt machen. Und dann sind alle dumm dran, die Geld darin investiert haben. Oder wie der simple Satz noch war: Don't steal. The government hates competition.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #4Ich tendiere aus verschiedenen Gründen dazu, immer auch Bargeld dabei zu haben
Volle Zustimmung. Das hat zwar auch seine Nachteile, ist aber für die üblichen kleinen Alltagsgeschäfte unschlagbar.
Zitat Ich war schon deswegen den Bitcoins abgeneigt, weil ich immer den Eindruck hatte bei einer solchen Währung vom Wohlwollen der Nerds abhängig zu sein.
Da hätte ich weniger Probleme. Die Nerds haben das hier schon ganz gut hingekriegt, insbesondere auf Stabilität wurde großer Wert gelegt. Aber eben nicht wirklich auf Praxistauglichkeit. Siehe der Vergleich mit den Piraten: Nerds lösen gerne Probleme, die technisch anspruchsvoll sind - auch wenn das nicht die Probleme sind, deren Lösung den Leuten wirklich etwas bringen würde.
Zitat von Llarian im Beitrag #7Erstaunlich, dass man zum selben Endergebnis kommen kann und nahezu jede der Begründungen, die Du bringst, als falsch betrachten kann. :)
Auf diese Deine Antwort hatte ich schon gewartet ;-)
Zitat - Die Blockchain ist vermutlich der beste Teil der Entwicklung und eine der wichtigsten Erfindungen in der Kryptoszene seit Ballisto-Keksriegel.
Mir war gar nicht bewußt, daß Ballisto etwas mit Kryptographie zu tun hat ;-) Ansonsten stimme ich durchaus zu, daß im Bitcoin-Konzept sehr gute Ideen stecken (u.a. auch die Blockchain) und man an anderer Stelle noch viel draus erwarten kann. Aber die konkrete Realisierung im aktuellen Bitcoin-System ist halt eher Test-Spielwiese als schon eine zukunftsfähige Lösung.
Zitat Die Blockchain ist derzeit vollkommen dezentral verteilt, das ist aber keinesfalls in Stein gemeisselt.
Bei der konkreten Implementierung, wie sie derzeit verwendet wird, ist de facto alles "in Stein gemeißelt". Weil es ja niemand gibt, der die Autorität hätte etwas zu ändern. Und bei jeder Änderung in Frage steht, wie gültig die bestehenden Coins wären. Mit anderen Implementierungen könnte das natürlich ganz anders aussehen.
Zitat - Das gerade diejenigen am neugeschöpften Geld verdienen, die es bisher besitzen, so what ?
Das ist dann ein Problem, wenn das ein paar eher zufällig ausgewählte Privatleute sind und die übrigen Benutzer diese mit echten Werten bezahlen müssen. Die EZB verdient an ihrer Geldschöpfung nur relativ wenig, und das kommt dann im Prinzip auch allen Geldbenutzern zugute (d.h. Zentralbankgewinne werden an die Staatshaushalte abgeführt und mindern daher im Prinzip die Steuerlast).
Zitat Und wenn Satoshi Nakamoto damit zum Milliardär wird, wo ist das Problem ?
Wir würden hier nicht über einen "normalen" Milliardär à la Bill Gates reden, sondern da geht es um ganz andere Größenordnungen. Nur den Euro-Raum betrachtet würde eine Ablösung von Euros durch Bitcoin etwa das M2-Volumen "kosten", da reden wir über 10.000 Milliarden.
Zitat Das das Geld zunächst deflationiert ist eher ein angenehmer Nebeneffekt
Weder Inflation noch Deflation sind angenehm. Aber als Nebeneffekt verkraftbar, wenn sie halbwegs planbar und in geringen Größenordnungen passieren. Das ideale Zahlungsmittel hätte weder Inflation noch Deflation, sondern wäre im Tauschwert konstant. Die Deflation bei einer Umstellung auf Bitcoin wäre aber so gigantisch, daß man es als Zahlungsmittel nicht wirklich verwenden könnte.
Zitat - Die Volatilität von Bitcoins hat vor allem damit zu tun, dass es eben tatsächlich noch ein Nischenprodukt ist.
Richtig. Aber auch bei breiterer Verwendung wäre die Volatilität noch deutlich größer, als man sie für die Geldanlage akzeptieren könnte. Weil es eben keinen ausgleichenden Mechanismus gibt.
Zitat Die Aktien vom neuen Markt waren auch lange unterbewertet ...
Das war auch keine Geldanlage, sondern Spekulation. Was auch völlig in Ordnung ist, wenn man entsprechend Kapital über hat und riskieren kann. Die Alternative zum Sparkonto kann das nie sein. Und Bitcoin eben auch nicht. Man kann damit spekulieren und seinen Spaß haben - aber entgegen verbreiteter Mythen ist Bitcoin eben nicht die Alternative, wenn man befürchtet, daß seine langfristigen Euro-Spareinlagen als Alterssicherung nicht mehr taugen.
Zitat Für das normale Tagesgeschäft um mal etwas in China zu kaufen oder eine CD zu bestellen, interessiert mich die Volatilität wenig ...
Richtig. Deswegen gibt es ja auch genug Händler, die Bitcoin akzeptieren. Aber irgendwelche Vorteile gegenüber den etablierten Zahlungsmethoden hat das nicht.
Zitat Das "Problem" bei Bitcoins ist dagegen etwas ganz anderes: Der Staat hasst sie.
Nicht wirklich. Die öffentlich geäußerten Vorbehalte mancher Politiker sind eher übliches Neuland-Problem, d.h. sie haben nichts verstanden. Und natürlich haßt der Staat es, wenn mit Bitcoin illegale Geschäfte abgewickelt werden.
Aber es gibt keine echte Angst des Staates vor Parallelwährungen. Das gab es früher einmal, mit Devisenkontrollen und Verbot von Goldbesitz. Heute kann man im Prinzip alle möglichen Währungen/Zahlungsmittel verwenden und horten. Das interessiert den Staat nur insoweit, daß er wie gewohnt besteuern kann. Wenn Du irgendwo mit Kaurimuscheln bezahlst, wird das der Händler auch zum Tageskurs Kauri-Euro versteuern müssen. Ansonsten darfst Du aber Lastwagen voll Muscheln horten und damit das theoretisch noch existierende staatliche Geldmonopol unterlaufen.
Zitat von Llarian im Beitrag #7Das "Problem" bei Bitcoins ist dagegen etwas ganz anderes: Der Staat hasst sie. Und der Staat will prinzipiell keine Parallelwährung. So lange das noch alles auf einer kleinen Spielwiese läuft, juckt es den Staat nicht allzusehr, aber die Idee, dass ihm sein so wichtiges Instrument der Geldpolitik genommen wird, kann der Staat so gar nicht leiden. Würden Bitcoins zu einer ernsthaften Bedrohung, wird der Staat diese Bedrohung platt machen. Und dann sind alle dumm dran, die Geld darin investiert haben.
Ich stimme Ihren Ausführungen komplett zu bis auf diese Schlußfolgerung. Denn wie will der Staat diese Bedrohung platt machen? Das geht m.E. nur, wenn jede DFÜ für Telefonleitungen unterbunden wird, d.h. nicht nur das Internet, sondern auch die Möglichkeit für den Betrieb von Mailboxnetzen zerstört wird. Die Leitungen sind schließlich die einzige Internetinfrastruktur, die staatlichem Zugriff zugänglich ist.
Zitat von Llarian im Beitrag #7Oder wie der simple Satz noch war: Don't steal. The government hates competition.
Zitat von R.A. im Beitrag #9Das ideale Zahlungsmittel hätte weder Inflation noch Deflation, sondern wäre im Tauschwert konstant.
Dieses Statement erscheint mir inkorrekt, werter R.A., die absolute verfügbare Gütermenge und die Verteilung eines Zahlungsmittels sind volatil und müssen daher vom Tauschwert schwanken. Etwas anderes ist es, wenn man von Inflation/Deflation als Veränderung der absoluten Geldmenge spricht, aber das würde ja eher für Bitcoins sprechen.
Zitat von Frankenstein im Beitrag #11die absolute verfügbare Gütermenge und die Verteilung eines Zahlungsmittels sind volatil und müssen daher vom Tauschwert schwanken.
Die Verteilung des Zahlungsmittel halte ich für sekundär, aber die verfügbare Gütermenge ist in der Tat volatil (mittelfristig wächst sie beständig). Wenn man also einen möglichst stabilen Tauschwert haben möchte, muß die Menge an Zahlungsmitteln genau im Takt mit der Gütermenge wachsen (bzw. notfalls auch schrumpfen). Das wäre dann das "ideale Zahlungmittel", das in der Praxis natürlich nie erreicht werden kann. Aber für die Praxis sind leichte Schwankungen (meist leichte Inflation) auch unproblematisch.
Preisschwankungen gäbe es dann nur noch, weil die verschiedenen Güter untereinander Wert gewinnen bzw. verlieren.
Grundsätzlich ist es ja auch Kurs einer vernünftig gesteuerten Zentralbank, die Geldmenge dem Wirtschaftswachstum anzupassen. Mit Bitcoin etc. geht so etwas grundsätzlich nicht, damit ist es als Zahlungsmittel in einer sich dynamisch verändernden Gesellschaft nur bedingt geeignet.
so aus geldtheoretischer Sicht scheint da einiges durcheinander zu gehen. Einige Beisiele:
Zitat von Llarian im Beitrag #7 Ist es besser, wenn das Geld von Bundesbanken und Landesbanken geschaffen wird und die ihre Gelddruckmaschine (im wahrsten Sinne des Wortes) anwerfen ?
Zunächst mal schaffen Zentralbanken (in Deutschland also die Bundesbank, im Euroraum die nationalen Zentralbanken, mithin das Eurosystem ohne (!) EZB) Währung (currency) bzw. das gesetzliche Zahlungsmittel, gemeinhin als M0, base money oder Zentralbankgeld bekannt. Geld im weiteren Sinne (Giralgeld, Buchgeld oder wie man es nennen mag) schaffen überdies die Geschäftsbanken. Wichtig ist hierbei vor allem, dass in diesem fraktionalen Reservesystem die Nachfrage nach Krediten die Geldmenge (verstanden als M3) treibt. Wodurch bestimmt sich die Nachfrage nach Krediten? Im Wesentlichen, aber nicht ausschließlich durch den Zinssatz. Was ist der Zinssatz? Schwierige Frage, aber man könnte zumindest nicht ungerechtfertigter Maßen annehmen, dass das Eurosystem damit etwas zu tun hat. Die Formulierung soll keine Polemik sein, es ist in der Tat aus ökonomischer Sicht alles andere als einfach "den Zinssatz" zu bestimmen, auch wenn im Lehrbuch dieses schöne "i" in den Formeln steht. Aber das würde hier zu ausschweifend. Wenn also die Geldmenge (M3) durch den Zinssatz mitbeeinflusst wird und wir vereinfachend (von Änderungen der Mindestreservesätze und anderen, durchaus im Einsatz befindlichen Mitteln, der Geldpolitik mal kurz absehen) davon ausgehen, dass der Zinssatz auch durch Zentralbankpolitik beeinflusst wird, dann ist es letzten Endes so, dass "die Geldmenge" (M3) allenfalls mittelbar - manche fragen ob überhaupt - durch die Zentralbanken bestimmt wird.
Warum diese (immernoch unzureichende) Erklärung? Gemeinhin und auf dem Boden einer naiven Quantitätstheorie (MV=PY...) stehend wird oft angenommen, dass (a) eine stabile Geldmenge oder (b) eine Geldmenge, die sich an dem Wert der Gütermenge orientiert, sinnhaft sei. Siehe:
Zitat von R.A. im Beitrag #9Das ideale Zahlungsmittel hätte weder Inflation noch Deflation, sondern wäre im Tauschwert konstant.
Dieses Statement erscheint mir inkorrekt, werter R.A., die absolute verfügbare Gütermenge und die Verteilung eines Zahlungsmittels sind volatil und müssen daher vom Tauschwert schwanken. Etwas anderes ist es, wenn man von Inflation/Deflation als Veränderung der absoluten Geldmenge spricht, aber das würde ja eher für Bitcoins sprechen.
Zunächst ist zu dem Zitat zu sagen, dass es aus meiner Sicht keinen Sinn ergibt von Inflation oder Deflation als Veränderung der absoluten Geldmenge zu sprechen. Selbst wenn man präzisieren würde, welche Geldmenge denn gemeint ist. Das wird deutlich, wenn man die Umlaufgeschwindigkeit, bzw. ihre Rolle betrachtet, man kann es sich aber auch ganz praktisch vorstellen: Sei die Geldmenge morgen doppelt so hoch, wie heute. Die Hälfte der morgigen Geldmenge liege bei mir unter der Matratze - was hat sich an den Preisen geändert? Nichts. Ein Beispiel zur Umlaufgeschwindigkeit erspare ich mir hier, sonst liest das ja doch keiner mehr. Man verdopple einfach in der MV=PY Gleichung M und halbiere V. Bei konstantem Y bleiben die Preise unverändert. Momentan übrigens in Japan zu beobachten, wo die Geldmenge enorm gestiegen ist, aber die Umlaufgeschwindigkeit drastisch gefallen. Ohne das zu beachten müsste es in Japan schon lange eine enorm hohe Inflation geben.
Aber ich will zum Beitrag zurück kommen. Es wurde schon angesprochen, dass gerade die Eigenschaft, die einige an Bitcoins loben - nämlich dass sie nicht unbeschränkt und unkontrolliert vermehrbar sind - zugleich ein Problem darstelen könnte. Wer die Debatte nicht kennt, aber historisch und ökonomisch interessiert ist kann ja mal die Banking bzw. Currency School Debatte googlen. Da geht es genau um die diese Frage. Es verhält sich an sich ja wie mit dem Gold: Schön, dass es physisch begrenzt ist, aber was ist, wenn man aufgrund von Wachstum (sei es wegen höherer Güterproduktion zum Export, Konsum oder wegen wachsender Bevölkerung...) plötzlich mehr Geld benötigt, weil mehr Transaktionen in einem höheren Volumen abgewickelt werden, aber die Geldmenge physisch begrenzt ist? Deflation - mit den bekannten und unerwünschten Nebenwirkungen. Die Erfahrung hat man ja mit dem Goldstandard tatsächlich gemacht.
Nun kann - ob zu Recht kann ich nicht beurteilen, dazu kenne ich mich mit Bitcoins zu wenig aus - eingewendet werden, dass man durchaus "mehr" Bitcoins produzieren kann, wenn man das nur will. Um sich aber von "Willkür" abzugrenzen, wird, so scheint mir, nachgeschoben, dass das nicht beliebig geht, sondern von externen Faktoren wie Rechnerleistung und anderen restringierenden Faktoren abhängt.
Damit wird aber ein besonderes Kennzeichen des jetzigen Geldsystems übersehen: Unser fraktionales Reservesystem, das ein Kreditgeld hervorbringt, ist im Grundsatz flexibel genug, um auf eine gestiegene Kreditnachfrage ebenso zu reagieren, wie auf eine fallende. Angebot und Nachfrage sowie Knappheit von Zentralbankgeld bzw. der Preis von Zentralbankgeld sowie die Verfügbarkeit von Sicherheiten sorgen für eine angemessene Verfügbarkeit von Geld im Wirtschaftssystem. Das ist die Idee, ich sage nicht, dass das auch so wunderbar funktioniert. Was ich einwenden möchte ist aber, dass jedes System, das an die Stelle des jetzigen gesetzt werden soll, einen Mechanismus beinhalten muss, der auf eine veränderte Nachfrage nach Geld und Kredit zeitnah reagiert.
Nun kann man ganz planwirtschaftlich sagen: Das macht halt "irgendwer". Das zentrale Planungsbüro, irgednwelche Nerds oder wer auch immer. Ich persönlich denke allerdings, dass ein Marktmechanismus, der mit Preisen Knappheiten anzeigt, durchaus der beste uns bekannte Entdeckungsmechanismus ist, um Angebot und Nachfrage (hier nach Geld und Kredit) überein zu bringen. Dass er nicht immer funktioniert ist geschenkt.
Nun noch ein Wort zur "Volatilität". Es ist höchst seltsam die Schwankung des Preises für Bitcoins mit Kaufkraft gleichzusetzen. Was ist der denn Preis für einen Euro? Na ein Euro. Man müsste in der Diskussion den PREIS des Geldes Bitcoins und den Wert des Geldes Bitcoins trennen. Daran krankt die Diskussion insgesamt: Ein fehlendes Verständnis davon, dass Preis und Wert zwei vollkommen unterschiedliche Sachverhalte bezeichnen.
Was ich ebenfalls noch einwerfen möchte und vielleicht hat jemand weiterführende Informationen dazu: Wurde sich schon mal Gedanken darum gemacht, wie sich die Einführung von Bitcoins auf den Zins auswirken würde und wie viel ist das ganze hübsche System mit seinen angeblichen Vorteilen einer begrenzten "Menge" an Geld noch wert, wenn ich beginne einen Zettel zu schreiben, auf dem steht, dass ich verpflichtet bin dem Besitzer dieses Zettels 100 Bitcoins zu zahlen. Und dieser Zettel dann in Umlauf kommt - sagen wir als Scheck oder Wechsel. Was ist, wenn Kredite vergeben werden und also auf Basis des Bitcoins Buchbitcoins geschaffen werden? Wir sind, voila, wieder im alten System. Geschäftsbanken schöpfen dann eben Buchbitcoins statt Buchgeld - oder übersehe ich da etwas? Der Unterschied ist eben nur: Es gibt kein regulatorisches System mehr, das wenigstens versucht diese Geldschöpfung zu steuern, weil es keinen Monopolisten für M0 mehr gibt und keine Regulierungsbehörde, die überwacht wie und zu welchen Konditionen eine solche Bank Buchbitcoins schafft.
Alles Probleme, die weit über das meistens besprochene hinausgehen, aber zum Denken eines neuen Geldsystems dazugehören.
Nun will ich aber nicht länger langweilen Grüße Econ
Zitat von Economist im Beitrag #13Nun kann - ob zu Recht kann ich nicht beurteilen, dazu kenne ich mich mit Bitcoins zu wenig aus - eingewendet werden, dass man durchaus "mehr" Bitcoins produzieren kann, wenn man das nur will. Um sich aber von "Willkür" abzugrenzen, wird, so scheint mir, nachgeschoben, dass das nicht beliebig geht, sondern von externen Faktoren wie Rechnerleistung und anderen restringierenden Faktoren abhängt.
Soweit ich verstanden habe, kann man neue Bitcoins erzeugen, wenn man die Rechnerleistung spendiert, mit der Zahlungen von existierenden Bitcoins abgewickelt werden. Die Bitcoinschöpfung je Periode wäre also proportional zur Umlaufgeschwindigkeit. Nun ist mir im Augenblick nicht ganz klar, was das für Konsequenzen hat.
Zitat von Economist im Beitrag #13Nun kann man ganz planwirtschaftlich sagen: Das macht halt "irgendwer". Das zentrale Planungsbüro, irgednwelche Nerds oder wer auch immer. Ich persönlich denke allerdings, dass ein Marktmechanismus, der mit Preisen Knappheiten anzeigt, durchaus der beste uns bekannte Entdeckungsmechanismus ist, um Angebot und Nachfrage (hier nach Geld und Kredit) überein zu bringen. Dass er nicht immer funktioniert ist geschenkt.
Aber wo kommt die Knappheit am Geldmarkt her? Die Zentralbank gibt je nach Verfahren entweder das Tendervolumen oder den Finanzierungszinssatz aus. Das andere spielt sich dann tatsächlich entsprechend Nachfrage ein. Aber nicht entsprechend Angebot, denn das wurde ja "exogen" durch die Zentralbank gesetzt. Normalerweise definiert sich das knappe Angebot irgendwie durch die Produktionsfunktion des Anbieters. Die gibt es bei einer Zentralbank aber nicht. Was also tun?
Ich denke beim idealen Zinssatz daher an etwas wie die Goldene Regel der Kapitalakkumulation. D.h. die Zentralbank muß den Zinssatz so steuern, daß dieser die Zeitpräferenz des Konsums und das Wirtschaftswachstum in die optimale Relation setzt. Die Galbraith-Keynes-Forderung, ein hohes Wirtschaftswachstum (auch) über die Geldpolitik zu erreichen, bedeutet im Umkehrschluß, einen suboptimalen Wachstumspfad einzuschlagen. Da Wirtschaftstätigkeit stets auch die endlichen ökologischen Ressourcen einbezieht, und zwar um so ineffizienter, je weniger der technische Fortschritt vorangekommen ist, bedeutet dieser suboptimale Wachstumspfad genau das, wovor Grüne solche Angst haben. Korollar: Grüne und Rote stehen im Grunde in einem unüberbrückbaren Zielkonflikt zwischen Gegenwartspräferenz (hohes Wirtschaftswachstum jetzt) und Zukunftspräferenz (niedrige Verschwendung ökologischer Ressourcen) und dürften nie miteinander koalieren.
Leider sprechen darüber nur die Konjunktur- und Wachstumstheoretiker, nicht die Geldpolitiker.
Zitat von Economist im Beitrag #13Wurde sich schon mal Gedanken darum gemacht, wie sich die Einführung von Bitcoins auf den Zins auswirken würde
Zins kommt da nirgends vor. Der Unterschied zwischen unserem gegenwärtigen Kreditgeld und Bitcoin ist, daß das Kreditgeld am Ende bloß einen Anspruch auf zukünftiges Sozialprodukt verbrieft (daher spielt der Zins eine Rolle), Bitcoins hingegen nur einen auf das gegenwärtige. Insofern ist die Parallele zu einer goldgedeckten Währung berechtigt.
Zitat von Emulgator im Beitrag #14 Aber wo kommt die Knappheit am Geldmarkt her? Die Zentralbank gibt je nach Verfahren entweder das Tendervolumen oder den Finanzierungszinssatz aus. Das andere spielt sich dann tatsächlich entsprechend Nachfrage ein. Aber nicht entsprechend Angebot, denn das wurde ja "exogen" durch die Zentralbank gesetzt. Normalerweise definiert sich das knappe Angebot irgendwie durch die Produktionsfunktion des Anbieters. Die gibt es bei einer Zentralbank aber nicht. Was also tun?
Theoretisch ist es tatsächlich so, dass je nach Verfahren (Zins- oder Mengentender) die Zentralbank das Angebot an M0 mehr (direkt die Menge) oder weniger (indirekt über den Zins) direkt begrenzt. In der Praxis ist es allerdings höchst fraglich, ob das auch so funktioniert. Und die Diskussion gibt es nicht erst seit wir Vollzuteilung, ELA und eine Aufweichung des Collateral Framework haben.
Die Zentralbank ist per Definition Lender of Last Resort und das heißt, wenn ich mich recht erinnere in der Definition von Issing, dass solventen aber illiquiden Banken Liquidität in unbegrenzter Höhe zu einem Preis zur Verfügung gestellt wird. Dieser Preis ist derzeit der Spitzenrefinanzierungssatz. Hierzu müssen natürlich trotzdem Sicherheiten vorhanden sein und eigentlich würde man zunächst den Geldmarkt bemühen. Dass der Mindestreservesatz in irgendeiner Weise aber überhaupt greift, darf allerdings auch bezweifelt werden, da sich Banken via Verbriefungen die Sicherheiten ja selbst schaffen können. Aber ich gestehe zu, dass das alles nicht willkürlich passiert, sondern auch seine Grenzen hat. Wenn das nicht so wäre, dann bräuchten wir ELA nicht als quasi-dauerhafte Maßnahme.
Mein Punkt ist ungeachtet irgendwelche unorthodoxer und politisch motivierter Maßnahmen viel mehr: Was bestimmt diese Grenze, ab der Banken kein Zentralbankgeld mehr nachfragen? Nun, es ist ein Gefüge aus Kosten (zum Beispiel das Aufsetzen eines Covered Bonds, der dann als Collateral dienen kann), verschiedenen Zinssätzen am Geldmarkt und so fort. In der Tat könnte man das als Produktionskosten ansehen und wenn man sich die verzweifelten Versuche ansieht eine endogene Geldmenge in DSGE Modellen nachzubilden, dann ist das ja auch etwas, das versucht wird. Es steht dahinter eine im klassichen Denken verhaftete Sicht auf das Geld als ein Tauschgut und als Ware.
Das Problem wird dann deutlich, wenn die Zentralbank ein Angebot bereitstellt (derzeit Vollzuteilung), es aber gar nicht abgenommen wird. Jeder Markt wird geräumt... wirklich? Solange Makroökonomen, die freilich die Geldtheorie nur vom Hören-Sagen kennen, in ihrer Gleichgewichtswelt sind, werden sie das nicht verstehen: Es gibt für sie dieses Problem qua Definition nicht, weil alle Faktoren "vollbeschäftigt" sind - und so auch ein exogen knapp gehaltener Faktor wie Geld bzw. der dortige Markt geräumt wird. Wenn n-1 Märkte im Gleichgewicht sind, muss es auch der n-te.
Kurzum ich halte die Vorstellung einer exogenen Geldmenge für irrig. Was die Makroökonomen, die (aufgeschreckt durch die Krise) in den vergangenen Jahren unter dem Stichwort Marco Finance so gemacht haben und modelliert haben (Adler, The New Economics of Financial Friction gibt eine Übersicht http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2549890) geht Geld allerdings wie ein Gut an und ist damit zum Scheitern verurteilt und löst sich zweitens nicht vom repräsentativen Agenten. Aber das würde jetzt wiederum für den allgemein Interessierten zu weit führen.
Zitat von Emulgator im Beitrag #14 Ich denke beim idealen Zinssatz daher an etwas wie die Goldene Regel der Kapitalakkumulation. D.h. die Zentralbank muß den Zinssatz so steuern, daß dieser die Zeitpräferenz des Konsums und das Wirtschaftswachstum in die optimale Relation setzt.
In welchem Zins, der zu steuern ist, spiegelt sich diese Relation am besten wieder? Dem von italienischen Staatsanleihen? Dem Deutscher? Welcher Laufzeit? Ach ja der risikofreie Zins - also könnte man sagen derjenige deutsche Bunds. Was ist wenn die negativ sind, hat man dann eine Vergangenheitspräferenz im Konsum? Oder geht es viel mehr um den Zins zu dem sich Banken bei der Zentralbank refinanzieren können? Aber hatten wir nicht gesagt, dass das Volumen, das sie in Anspruch nehmen noch von ganz anderen Faktoren abhängt? Oder sind vielleicht beliebige SWAP-Sätze der richtige Zins zu diesem Unterfangen? Es gibt ebensowenig "den" Zins, wie es "das" Kapitalgut gibt oder "das" Produktionsmittel. Ich würde mich darauf einlassen, dass es so etwas, wie den natürlichen Zins gibt. Den aber kann die Zentralbank nun wirklich nicht steuern.
Zitat von Emulgator im Beitrag #14Zins kommt da nirgends vor. Der Unterschied zwischen unserem gegenwärtigen Kreditgeld und Bitcoin ist, daß das Kreditgeld am Ende bloß einen Anspruch auf zukünftiges Sozialprodukt verbrieft (daher spielt der Zins eine Rolle), Bitcoins hingegen nur einen auf das gegenwärtige. Insofern ist die Parallele zu einer goldgedeckten Währung berechtigt.
Soll ich das so verstehen, dass der Zins in einem Bitcoinsystem keine Rolle spielt? Was ist mit "Anspruch auf das Sozialprodukt" gemeint? Wenn man vom Annahmezwang absieht, verbrieft bei uns weder das gesetzliche Zahlungsmittel noch das Geld irgend etwas - was auch nicht weiter schlimm ist.
Zitat von Economist im Beitrag #15Theoretisch ist es tatsächlich so, dass je nach Verfahren (Zins- oder Mengentender) die Zentralbank das Angebot an M0 mehr (direkt die Menge) oder weniger (indirekt über den Zins) direkt begrenzt. [...] Es gibt ebensowenig "den" Zins, wie es "das" Kapitalgut gibt oder "das" Produktionsmittel. Ich würde mich darauf einlassen, dass es so etwas, wie den natürlichen Zins gibt. Den aber kann die Zentralbank nun wirklich nicht steuern.
In meiner Argumentation ist der optimale Zins i* ja ein Datum, nämlich der gleichgewichtige "Preis" für den intertemporalen Gütertausch. Lieber heute sparen und dafür mehr konsumieren oder umgekehrt? Das wäre ein "natürliche Zins": Bei vollständiger Information würden sich die Wi-Subjekte auch so darauf einigen. Nun gibt es diese vollständige Information nicht, auch für die Zentralbank nicht. Aber sie muß am kurzen Ende trotzdem den Preis setzen. Das ist gerade kein Spiel von Angebot und Nachfrage wie wir es vom Gütermarkt kennen: Auf dem Gütermarkt hängt das Angebot von den Produktionsgegebenheiten ab, die Nachfrage von den Präferenzen der Konsumente. Den Preis kennt man erst hinterher. Auf dem Geldmarkt hängt das Angebot von der Laune der Geldpolitiker ab, die es mal verknappen wollen und mal nicht. Die wissen, welcher Preis sein soll. Warum? Wieso? In welcher Höhe? 2% Inflation heiße z.B. , sie sei expansiv genug für die staatlich erzwungene Gegenwartspräferenz ("Wirtschaftswachstum"). Das ist für mich ein Beispiel von Zentralverwaltungswirtschaft. Es gibt die Planinflation und so wird gesteuert. Auf den Gleichgewichtspreis für den intertemporalen Gütertausch, was der Zins eigentlich widerspiegelt, kommt es da gar nicht an.
Zitat von Economist im Beitrag #15Soll ich das so verstehen, dass der Zins in einem Bitcoinsystem keine Rolle spielt?
Wenn man eine verzinsliche Bitcoinanleihe ausgibt, muß man natürlich die Zinsen bezahlen. Ich sehe nicht, wie der Zins sonst eine Rolle spielen soll, die größer als bei Ersatzwährungen wie z.B. Zigaretten ist. Interessant wäre die Frage, wie sich eine Bitcoinwirtschaft verhalten würde, wenn es auch kein zentral gesteuerten Kreditgeldwährungen und zu ihnen folglich auch keine Zinsparität mehr gäbe. Weil die Bitcoinschöpfung an die Umlaufgeschwindigkeit gebunden ist, können da andere Erwartungen entstehen als bei Währungen in Naturalgeld.
Zitat von Emulgator im Beitrag #16 In meiner Argumentation ist der optimale Zins i* ja ein Datum, nämlich der gleichgewichtige "Preis" für den intertemporalen Gütertausch.
Das könnte man in der Tat als den natürlichen Zins im Sinne Wicksells auffassen. Ich nehme an, dass i* ein Datum in t sein soll, aber über die Zeit durchaus variieren kann. Das dürfte alleine durch die Wirtschaftsstruktur und ihren Wandel (Kapital- oder Arbeitsintensiv, welche Kapitalgüter...) bedingt sein.
Zitat von Emulgator im Beitrag #16 Nun gibt es diese vollständige Information nicht, auch für die Zentralbank nicht. Aber sie muß am kurzen Ende trotzdem den Preis setzen. Das ist gerade kein Spiel von Angebot und Nachfrage wie wir es vom Gütermarkt kennen: Auf dem Gütermarkt hängt das Angebot von den Produktionsgegebenheiten ab, die Nachfrage von den Präferenzen der Konsumente. Den Preis kennt man erst hinterher. Auf dem Geldmarkt hängt das Angebot von der Laune der Geldpolitiker ab, die es mal verknappen wollen und mal nicht. Die wissen, welcher Preis sein soll. Warum? Wieso? In welcher Höhe?
Ich stimme zu, Zentralbanken haben dieses Wissen nicht. Richtig ist auch, dass eine Gütermarkt-Perspektive auf das ganze Thema unangebracht ist. Das liegt aber vor allem daran, dass Geld eben kein "Gut" wie jedes andere ist, bzw. gar kein Gut. Die Frage wirft Menger erstmals auf und sie wird im Anschluss zum Beispiel bei Mises kontrovers diskutiert. Nicht direkt unterschreiben würde ich aber, dass die Angebotsseite am Geldmarkt allein durch die Zentralbank bestimmt ist - jedenfalls in Hinblick auf die Wirkung von M0 auf M3. Wenn das so wäre, wie verhält es sich dann in der momentanen Situation im Eurosystem, wo es Vollzuteilung gibt. Es gibt keine Knappheit auf dieser Ebene. Dass das Volumen an M0, das die Zentralbank versuchen kann zu setzen (aber eben nicht bestimmen kann), nicht in gleicher Weise gesetzt ist, wie eine Produktion von Gold oder Bitcoins in Höhe von x Einheiten, wird an folgendem Beispiel deutlich. Angenommen die Zentralbank stellt eine Menge Zentralbankgeld M0 zur Verfügung. Wie knapp diese Menge tatsächlich ist, hängt zum Beispiel wesentlich von den Marktpreisen der verfügbaren Sicherheiten im Bankensystem und deren Zulässigkeit ab. Anders gesagt, wie "high powered" money wirklich ist, ist durch regulatorische Rahmenbedingungen einerseits und durch Marktpreise für Finanzprodukte andererseits bestimmt. Das führt in Richtung der Balance Sheet Recession. Verkompliziert wird die Sache wiederum dadurch, dass der Preis von Finanzprodukten selbst wiederum von der Liquidität nicht unabhängig ist. Angenommen Deutsche Staatsanleihen wären morgen nichts mehr wert, dann würde es deutschen Banken schlagartig an Sicherheiten fehlen, um aus der gleichen Menge M0 jene Kreditsumme zu schöpfen, die notwendig wäre, um das bisherige M3 zu erreichen. M3 schrumpft zwangsweise, obwohl sich die Menge (im Sinne von Volumen) M0 nicht verändert hat. Zu beobachten in Griechenland, wobei dort davon ausgegangen werden kann, dass angesichts der wirtschaftlichen Situation die Kreditnachfrage ohnehin eingebrochen ist. Aber da will ich mich auf keine Kausalität festlegen.
Aber ich will mich nicht in Spitzfindigkeiten verlieren. Ja, ein fraktionales Reservesystem mit Zentralbanken ist an der Basis keinem Marktmechanismus unterworfen, der dem Gütermarkt gleicht. Aber ich wende eben ein, dass wir in unserem System zumindest den Vorteil haben, dass auf Giralgeldschöpfungsebene ein solcher Marktmechanismus greift. Also wie viel M3 wird aus M0 geschöpft, das hängt von Kreditnachfrage einerseits und Bereitschaft der Banken zur Kreditvergabe andererseits ab und beides findet über den jeweiligen Preis, also den konkreten Zins eines konkreten Kredites zusammen. Dass die vergebene Kreditsumme aber in Zuge dieses Marktprozesses M0 deutlich übersteigen kann, wäre im Bitcoinsystem ebenso wenig möglich, wie bei einer Goldwährung. Mein Punkt war, dass man sich diese Flexibilität wahren sollte. Wie man den Prozess an der Basis, also die Bestimmung einer angemessenen Menge M0 besser lenken könnte, in dem man sich dort mehr an Marktprozessen orientiert, darauf habe ich keine Antwort.
Zitat von Emulgator im Beitrag #16 2% Inflation heiße z.B. , sie sei expansiv genug für die staatlich erzwungene Gegenwartspräferenz ("Wirtschaftswachstum"). Das ist für mich ein Beispiel von Zentralverwaltungswirtschaft. Es gibt die Planinflation und so wird gesteuert. Auf den Gleichgewichtspreis für den intertemporalen Gütertausch, was der Zins eigentlich widerspiegelt, kommt es da gar nicht an.
Ja, das kann man so sehen. Wir haben ein planerisches Element in diesem Geldsystem oder besser gesagt ein Werturteil. Man ist übereingekommen, dass es wünschenswert ist Preisniveaustabilität zu haben und dass man einen gewissen Abstand zur Nulllinie haben will. Wenn aber der reine Marktprozess zu inflationären und deflationären Tendenzen führen würde und man dies ordnungspolitisch nicht möchte (weil es vermögensverteilende Wirkung hat, soziale Spannungen...), dann kann man das als ordnungspolitisch akzeptable Lösung sehen. Muss man aber nicht, darüber ließe sich trefflich streiten, das sehe ich ein. Um auf Wicksell zurück zu kommen. Er unterschied ja zwischen natürlichem Zins und Marktzins. Ich denke, dass in normalen Zeiten die moderne Geldpolitik mehr oder minder das versucht hat, was Wicksell - zugegeben mit dem Makel, dass er unter der Annahme von Vollbeschäftigung argumentierte - aufzeigte: Wenn der Marktzins unter dem natürlichen Zins liegt, dann hat man das Geldangebot verknappt und umgekehrt. Nur dass man nicht den Marktzins versuchte zu erkennen, sondern ein Symptom einer Nichtübereinstimmung - Inflation oder Deflation - als Indikation für eine Reaktion nahm. Insofern könnte man Inflation-Taregting durchaus als den Versuch interpretieren möglichst nahe am natürlichen Zins zu sein.
Zitat von Emulgator im Beitrag #16Interessant wäre die Frage, wie sich eine Bitcoinwirtschaft verhalten würde, wenn es auch kein zentral gesteuerten Kreditgeldwährungen und zu ihnen folglich auch keine Zinsparität mehr gäbe. Weil die Bitcoinschöpfung an die Umlaufgeschwindigkeit gebunden ist, können da andere Erwartungen entstehen als bei Währungen in Naturalgeld.
Das ist in der Tat eine interessante, aber höchst hypothetische Frage. Sie setzt voraus, dass a) alle Zahlungen in Bitcoins abgewickelt werden, denn sonst funktioniert die Bindung an die Umlaufgeschwindigkeit nicht. Interessanterweise auch die Zahlungen, die notwendig sind, um die Bitcoins zu produzieren (Strom und andere Ressourcen). Sie setzt weiterhin voraus, dass es kein Kreditgeldsystem mehr auf der Welt gibt. Nehmen wir an, wir wären in dieser Welt, dann bliebe noch immer das Problem, dass der Zins auch eine Kompensation für das Ausfallrisiko ist und für (mangelnde) Liquidität. Sprich, wenn ich liquide Bitcoins im Land A habe und eine FIAT Währung (die nicht Kreditbasiert ist) in Land B, die FIAT Währung aber nicht ehr liquide ist (weil es vielleicht Kapitalverkehrskontrollen gibt, weil es dort viele Parallelwährungen gibt oder Schuldverschreibungen in dieser FIAT WÄhrung schlecht handelbar sind, während der Bitcoin-Anleihemarkt liquidie ist), dann würde sich auch so ein Zins einstellen. Wie würde eine solche Wirtschaft reagieren. Wohl genauso, wie sich Währungsräume, die Reservewährungsstatus haben zu solchen verhalten, die keinen haben. Sie haben einen komparativen Vorteil, weil sie ein weltweit begehrtes Zahlungsmittel haben - wegen niedriger Kreditrisiken und hoher Liquidität. Das nur als nicht-zu-Ende-gedachte Gedanken zum Abschluss
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