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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 34 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Llarian Offline



Beiträge: 7.120

16.01.2016 11:05
Die Totengräberin von Europa Antworten

Ein paar Gedanken, die mir schon länger im Kopf rumschweben.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

16.01.2016 11:33
#2 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Ich finde das Bild der Totengräberin regt zum NAchdenken an, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob Du nicht viel eher "Mörderin" meinst. Ein Totengräber hat ja eine äußerst nützliche Aufgabe: Er sorgt dafür, das eine Leiche, die schon längst tot ist, nicht zum Verfaulen und Stinken anfängt, indem er sie in Würde unter die Erde bringt.

Diesen Eindruck habe ich bei der Europäischen Union zwar noch nicht, aber (um im Bild zu bleiben) zumindest eine Person mit einer schweren Krankheit. Merkel wäre dann eher sowas wie die Ärztin, die den Patienten gegen seinen Willen zwanzig mal operiert und ihm mehr Leiden zufügt, anstatt ihm z. B. ein Bein abzunehmen, womit er zwar eingeschränkt, aber schmerzfrei weiterleben könnte.

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

16.01.2016 12:08
#3 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Ich stimme Llarian uneingeschränkt zu, insbesondere auch beim Begriff "Totengräber", der mir auch schon mehrmals so in den Sinn gekommen ist. Kein Witz; ich wollte auch schoin einen längeren Beitrag um genau diesen Begriff herumstricken. Denn Merkel ist kein Erdogan und kein Putin. Sie ist eine Opportunistin wahrsten Sinne des Wortes, so wie die CDU (die "Kanzlermaschine") eine opportunistische Partei im wahrsten Sinne des Wortes ist. Sowohl die CDU im Allgemeinen als Merkel im Besonderen haben gerade KEINE ethischen oder politischen Grundsätze, die sie um jeden Preis verteidigen. Sonst hätte Merkel nicht in der Außenpolitik einknicken dürfen, nicht in der Energiepolitik, Klimapolitik, Familienpolitik und zehn weiteren Themenfeldern.

Die letzten 10 Jahre zeigen doch eins: die CDU und Merkel fahren unverändert den ersten Platz ein, weil sie radikal Stammtischstimmungen umsetzen. Zumindest in der Vergangenheit. Deswegen wird es sehr interessant was passiert, wenn jetzt die Stimmung kippen sollte: stürzt die CDU Merkel, um selbst der Platzhirsch zu bleiben? Wohl gemerkt: WENN die Stimmung kippen sollte. Denn bis jetzt ist das alles nur ein Sturm im Wasserglas. 15% für die AfD in einem Landesparlament sind keine gekippte Stimmung an den Stammtischen. Das ist nur ein Sammelbecken von Wählerstimmen, die auch bisher schon in der Parteilisten- und Konsensdemokratie platt gewalzt wurden.

Jedenfalls ist Merkel gerade NICHT eine aktive Gestalterin, wie das ein Adenauer, ein Kohl, ja auch ein Schröder war. Also ist sie keine Mörderin, sondern eine Totengräberin. Der Mörder ist, um im Bild zu bleiben, der deutsche Wähler (einschließlich der Nicht-Wähler).

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

adder Offline




Beiträge: 1.073

16.01.2016 13:09
#4 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #2
Ich finde das Bild der Totengräberin regt zum NAchdenken an, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob Du nicht viel eher "Mörderin" meinst. Ein Totengräber hat ja eine äußerst nützliche Aufgabe: Er sorgt dafür, das eine Leiche, die schon längst tot ist, nicht zum Verfaulen und Stinken anfängt, indem er sie in Würde unter die Erde bringt.


Ich würde zwar technisch das genauso sehen. Ein Totengräber ist ein wichtiger, nützlicher Mensch, und nicht der für den Tod verantwortliche. Aber sprachlich ist der Totengräber mittlerweile der Verantwortliche für einen Toten.

Zitat von Llarian im Artikel
Ich habe die ganz schwere Vermutung das das mehr Europa in gar nicht so ferner Zukunft zu etwas ganz anderem führen wird: Gar kein Europa mehr.



Ich hoffe doch sehr, dass das nicht eintritt. Kein Europa - kein Frieden mehr in Europa wäre eine Katastrophe für den ganzen Kontinent...

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

16.01.2016 16:32
#5 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von adder im Beitrag #4

Ich hoffe doch sehr, dass das nicht eintritt. Kein Europa - kein Frieden mehr in Europa wäre eine Katastrophe für den ganzen Kontinent...



Mir scheint, daß man das nicht miteinander vermengen sollte. Ich halte dieses oft zu lesende Argument für eine Verwechselung von Korrelation und Kausalität. Möglicherweise gab es v. a. deswegen 70 Jahre lang Frieden, weil die Völker Europas schlicht nach 1945 vom Krieg die Faxen dicke hatten? Ich glaube, was Völker wirklich zu friedlicher Nachbarschaft "zwingt", ist wirtschaftliche Interdependenz. Und in der Tat, das war ja auch die ursprüngliche Idee Europas, wie sie in der Montanunion Ausdruck gefunden hat. Intensive Handelsbeziehungen und Freihandelszonen helfen, den Frieden zu sichern. Schengen ist hierfür weder notwendig noch hinreichend. Schief ging es mit dem "Friedensprojekt" in dem Moment, in dem es zunehmend ideologisch aufgeladen worden ist. Und das ist schon viele Jahre her. Jahrzehnte. Dann passierte genau das, was Llarian von schlechten Ehen berichtet hat, und das Kind, das man dann gemacht hat, um die Beziehung zu retten, war u. a. der Euro. Und jetzt, nach Merkelscher Lesart, die Europäisierung der Flüchtlingskrise.

Aus meiner Sicht ist die einzige langfristig tragfähige Vorstellung von Europa, die auch funktionieren könnte, die britische.

Herzlichen Gruß,
Andreas

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

16.01.2016 19:58
#6 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #1
Ein paar Gedanken, die mir schon länger im Kopf rumschweben.
Ein hervorragender Beitrag

Zitat von Doeding im Beitrag #5
Mir scheint, daß man das nicht miteinander vermengen sollte. [...] Aus meiner Sicht ist die einzige langfristig tragfähige Vorstellung von Europa, die auch funktionieren könnte, die britische.
Und ein hervorragender Kommentar.

Danke.

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

16.01.2016 23:03
#7 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #5
Dann passierte genau das, was Llarian von schlechten Ehen berichtet hat, und das Kind, das man dann gemacht hat, um die Beziehung zu retten, war u. a. der Euro. Und jetzt, nach Merkelscher Lesart, die Europäisierung der Flüchtlingskrise.

Der Vergleich mit dem Kind paßt sehr gut, denn ein Charakteristikum, das diese Aktionen und einige ähnliche andere gemein haben, ist die Irreversibilität, die ihre Urheber sich davon versprechen. Was diese Architekten der Zukunft übersehen (obwohl sie es aus der Vergangenheit lernen könnten) ist, daß alles wieder geändert werden kann und das vermeintlich Irreversible nicht für die Ewigkeit geschaffen ist, sondern seine Änderung nur einen ungeheuren, manchmal katastrophalen Preis kostet.
Zitat von Doeding im Beitrag #5
Aus meiner Sicht ist die einzige langfristig tragfähige Vorstellung von Europa, die auch funktionieren könnte, die britische.

Sollten Sie auf die Rückbesinnung auf Subsidiarität Bezug nehmen, die Cameron in seiner Rede vor ziemlich exakt 3 Jahren vorgeschlagen hat, dann stimme ich Ihnen völlig zu. Aber damit hat er ja in der EU nichts geerntet als taube Ohren und kalte Schultern, und die Sache hat sich weiterentwickelt. Im Moment führt er zwar die angekündigten "Reformverhandlungen" mit EU-Kollegen, doch sind seine Forderungen gegenüber damals schon so verwässert, daß das ganze nur noch als Schattentheater aufgefaßt werden kann, mit dem er auch im eigenen Lande so gut wie niemanden mehr beeindruckt. Und selbst diese lächerlichen Forderungen weist die EU zurück. Die Cameronsche Vorstellung von Europa steht daher trotz ihrer Logik und der positiven Wirkung, die sie auf die Gemeinschaft haben könnte, vor dem Scheitern. Unter den Briten verbreitet sich, gerade auch angesichts der Merkelschen Interpretation europäischer Solidargemeinschaft und Vertragssicherheit, mehr und mehr das Gefühl, daß sie das sinkende Schiff EU lieber früher als später verlassen sollten. Der "Brexit", noch vor 1-2 Jahren mehr ein abstraktes Wortspiel über den viel wahrscheinlich scheinenderen "Grexit", ist im Laufe des letzten halben Jahres mehr und mehr zu einer realistischen Option, inzwischen - sofern nicht noch irgendein Wunder geschieht - fast zur Gewißheit geworden.
Die britische Vorstellung von Europa besteht heute bald nur noch in einer Neuauflage der Splendid Isolation.

adder Offline




Beiträge: 1.073

17.01.2016 06:30
#8 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #5
Zitat von adder im Beitrag #4

Ich hoffe doch sehr, dass das nicht eintritt. Kein Europa - kein Frieden mehr in Europa wäre eine Katastrophe für den ganzen Kontinent...



Mir scheint, daß man das nicht miteinander vermengen sollte. Ich halte dieses oft zu lesende Argument für eine Verwechselung von Korrelation und Kausalität. Möglicherweise gab es v. a. deswegen 70 Jahre lang Frieden, weil die Völker Europas schlicht nach 1945 vom Krieg die Faxen dicke hatten? Ich glaube, was Völker wirklich zu friedlicher Nachbarschaft "zwingt", ist wirtschaftliche Interdependenz.


Lieber Andreas, ich stimme da voll zu. Die wirtschaftliche Verflechtung der europäischen Nationen hat uns Frieden gebracht. Kein Europa (wobei ich bewusst Europa sage, nicht EU) hieße aber auch, dass die wirtschaftliche Verflechtung nachläßt oder gar ganz wegfällt. Europa steht dabei als Idee der Wirtschaftsunion, der Handelsvereinbarungen oder Freihandelszone. Richtiger wäre wohl "EWG"/"EEA"?

Zitat
Und in der Tat, das war ja auch die ursprüngliche Idee Europas, wie sie in der Montanunion Ausdruck gefunden hat. Intensive Handelsbeziehungen und Freihandelszonen helfen, den Frieden zu sichern. Schengen ist hierfür weder notwendig noch hinreichend.



Schengen ist nicht notwendig, aber die relative Leichtigkeit des Landeswechsels ist auch ein positiver Aspekt der die wirtschaftliche Verflechtung (durch Arbeitskräftewechsel in diesem Fall) stärkt und verbindend wirkt. Gut, dafür müssen nicht die Grenzkontrollen wegfallen, aber eine Einschränkung der Freizügigkeit ist nicht unbedingt ein wirtschaftlicher Vorteil, bzw. eigentlich ist das zum Nachteil der Verflechtung. Von den ökonomischen Kosten, die über Wartezeiten und Staus an den Grenzen entstehen werden, einmal abgesehen. Richtig ist allerdings: man benötigt dafür nicht den kompletten Schengenraum in der jetzigen Form.

Zitat
Schief ging es mit dem "Friedensprojekt" in dem Moment, in dem es zunehmend ideologisch aufgeladen worden ist. Und das ist schon viele Jahre her. Jahrzehnte. Dann passierte genau das, was Llarian von schlechten Ehen berichtet hat, und das Kind, das man dann gemacht hat, um die Beziehung zu retten, war u. a. der Euro. Und jetzt, nach Merkelscher Lesart, die Europäisierung der Flüchtlingskrise.



Da stimme ich auch zu. Die Vision, "kein Europa" ist für mich allerdings eine Schreckensvision. Eben weil ich Europa nicht mit der EU gleichsetze. Weniger EU ist in vielen Bereichen dagegen durchaus wünschenswert.
Übrigens als kleinen Kontrapunkt: in enorm vielen Bereichen, in denen staatliche Regulierung als notwendig angesehen wurde (und wird), hat die EU tatsächlich ein weniger an Bürokratiekosten verursacht. Ich denke da zum Beispiel an meinen Sektor, die Pharmaindustrie. Wir haben zwar immer noch Arzneimittelzulassungsabteilungen in den einzelnen Ländern. Aber die Anforderungen sind weitgehend europäisch harmonisiert worden und es wird immer stärker einheitlich. Das ermöglicht ganz andere Kosteneinsparungen, zentralere Steuerung und vor allem: kleinere, aber effizientere Länderabteilungen. Und es bedeutet, dass ein Arzneimittel eben nicht mehr in 25 Ländern auch 25 unterschiedliche Fachinformationen hat (wie es früher durchaus passieren konnte). Nachteilig ist aber, dass man Frankreich immer wieder einbinden muss - und die ANSM (die franz. Arzneimittelbehörde) ist die letzte wirklich selbstbezogene Behörde, und betreibt unverschämte Wirtschaftsförderung. Ohne Frankreich wären wir in vieler Hinsicht im Europäischen Pharmasektor deutlich harmonischer aufgestellt. UK treibt dort überhaupt nicht quer, sondern sorgt eigentlich für bessere Integration.

Zitat
Aus meiner Sicht ist die einzige langfristig tragfähige Vorstellung von Europa, die auch funktionieren könnte, die britische.

Herzlichen Gruß,
Andreas



Eine erweiterte Freihandelszone, in der (wirtschaftsbezogene) Regularien harmonisiert werden, ist etwas, das auf jeden Fall funktionieren könnte und vor allem auch eine echte Chance auf Langfristigkeit hat - und auf Akzeptanz in der Bevölkerung. Man muss nicht alles gleichmachen, aber wenn man Gemeinsame Regeln entwirft, auf die sich alle einigen können, ist das nicht in jedem Fall schlecht.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

17.01.2016 09:16
#9 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von adder im Beitrag #8
Die Vision, "kein Europa" ist für mich allerdings eine Schreckensvision. Eben weil ich Europa nicht mit der EU gleichsetze. Weniger EU ist in vielen Bereichen dagegen durchaus wünschenswert.

Da hatte ich Sie tatsächlich mißverstanden . In öffentlichen Diskussionen ist diese Gleichsetzung ja durchaus gängig,

Zitat
Übrigens als kleinen Kontrapunkt: in enorm vielen Bereichen, in denen staatliche Regulierung als notwendig angesehen wurde (und wird), hat die EU tatsächlich ein weniger an Bürokratiekosten verursacht. Ich denke da zum Beispiel an meinen Sektor, die Pharmaindustrie. Wir haben zwar immer noch Arzneimittelzulassungsabteilungen in den einzelnen Ländern. Aber die Anforderungen sind weitgehend europäisch harmonisiert worden und es wird immer stärker einheitlich. Das ermöglicht ganz andere Kosteneinsparungen, zentralere Steuerung und vor allem: kleinere, aber effizientere Länderabteilungen. Und es bedeutet, dass ein Arzneimittel eben nicht mehr in 25 Ländern auch 25 unterschiedliche Fachinformationen hat (wie es früher durchaus passieren konnte). Nachteilig ist aber, dass man Frankreich immer wieder einbinden muss - und die ANSM (die franz. Arzneimittelbehörde) ist die letzte wirklich selbstbezogene Behörde, und betreibt unverschämte Wirtschaftsförderung. Ohne Frankreich wären wir in vieler Hinsicht im Europäischen Pharmasektor deutlich harmonischer aufgestellt. UK treibt dort überhaupt nicht quer, sondern sorgt eigentlich für bessere Integration.


Interessanter Punkt, wobei auch nicht wirklich überraschend. Die Angleichung von Regularien und Standards in Freihandelszonen führen ja u. a. genau zu den wirtschaftlichen Synergieeffekten, die man damit anstrebt. Und wenn man genau das a priori als Teufelszeug betrachtet, ist man so etwa bei der gegenwärtigen Diskussion über TTIP angekommen (wobei ich über TTIP nicht genug weiß, um mir hier ein Urteil erlauben zu können; mich stört nur wieder mal die ideologische Art und Weise, wie darüber diskutiert wird)

Herzliche Grüße,
Andreas

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

17.01.2016 09:30
#10 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #7
Sollten Sie auf die Rückbesinnung auf Subsidiarität Bezug nehmen, die Cameron in seiner Rede vor ziemlich exakt 3 Jahren vorgeschlagen hat, dann stimme ich Ihnen völlig zu.

Ich kannte die Rede nicht (danke für den link), aber natürlich hatte ich dergleichen gemeint. Wobei ich fast noch einen Schritt weiter gehen würde. Margret "I want my money back" Thatcher hatte, wenn ich das richtig erinnere, überhaupt keine Form der politischen Union im Sinn sondern lediglich ein Konzept des erweiterten Freihandels. Das habe ich früher anders gesehen, aber die Erfahrungen mit der EU in den letzten Jahren haben mich hier resignieren lassen. Eine erfolgreiche politische Union Europas scheitert nicht an irgendwelchen oberflächlichen Durchführungsfehlern oder handwerklichen Mängeln. Es ist eine systemische und grundsätzliche Unmöglichkeit, derart unterschiedliche Nationen, Kulturen, Historien, Interessen und Wirtschaftstraditionen unter ein gemeinsames politisches Dach zu zwingen. Man sollte die EU abwickeln und zu einer erweiterten Freihandelszone umfunktionieren/reduzieren. Diesen Satz hätte ich noch vor wenigen Jahren als viel zu radikal und gefährlich zurückgewiesen. Aber so sehe ich das inzwischen.

Herzlichen Gruß,
Andreas

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

17.01.2016 11:16
#11 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von adder im Beitrag #4

Zitat von Llarian im Artikel
Ich habe die ganz schwere Vermutung das das mehr Europa in gar nicht so ferner Zukunft zu etwas ganz anderem führen wird: Gar kein Europa mehr.

Ich hoffe doch sehr, dass das nicht eintritt. Kein Europa - kein Frieden mehr in Europa wäre eine Katastrophe für den ganzen Kontinent...


Ich würde da nicht so klein bleiben, lieber adder. Kein Europa wäre eine Katastrophe für die ganze Welt. Es gibt genau drei westliche Machtblöcke in der Welt, die USA/Kanada, Europa und die ostasiatischen Staaten (zu denen wir jezt Australien mal großzügig zuschlagen). Europa ist dabei der wirtschaftlich stärkste. Wenn dieser sich stark reduziert, wenn nicht sogar wegfallen würde, leben wir in einer ganz anderen Welt als der, die wir kennen. Ob die USA ohne Europa weltweit noch so dominieren können ist fragwürdig. Mancher, gerade hier in Deutschland, würde das ja sogar begrüssen. Nur bedeutet das in der Konsequenz das eine weitere Supermacht ihren Einfluss ausbauen wird, und zwar China. Ich für meinen Teil finde es sehr positiv das wir weltweit eine (noch) westlich dominierte Welt erleben. Eine Welt in der die Machtvorstellungen von China die Norm sind, wird eine ganz andere sein.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

17.01.2016 11:23
#12 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #2
Ich finde das Bild der Totengräberin regt zum NAchdenken an, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob Du nicht viel eher "Mörderin" meinst. Ein Totengräber hat ja eine äußerst nützliche Aufgabe: Er sorgt dafür, das eine Leiche, die schon längst tot ist, nicht zum Verfaulen und Stinken anfängt, indem er sie in Würde unter die Erde bringt.

Wenn ichs ehrlich zugeben muss, lieber Petz, hat mir einfach das Wort "Totengräber" ganz gut gefallen. Auch weil ich es in einem älteren Artikel schon verwendet habe. Es gibt aber auch nicht wirklich gute Alternativen, denn Mörder trifft es nicht wirklich besser. Denn ein Mörder führt bewusst den Tod aus niederen Motiven herbei. Bei zweiterem bin ich bei Merkel unsicher, ersteres würde ich verneinen. Ich denke schon, dass Sie wirklich glaubt die europäische Idee mit ihrer Politik zu befördern. Sie ist inzwischen bei weitem (!) zu blind und zu ignorant um die verheerenden Folgen ihrer Politik zu sehen. Das galt schon für Energieirrsinn und Griechenlandrettung.

Ich habe für mich noch keinen passenden Begriff für Merkel gefunden. Ausser vielleicht: Schlechtester Kanzler seit 1945. Mit Abstand. Wenn ich dafür einen passenden Begriff gefunden habe, dann sammel ich den Totengräber wieder ein.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

17.01.2016 11:33
#13 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #3
Deswegen wird es sehr interessant was passiert, wenn jetzt die Stimmung kippen sollte: stürzt die CDU Merkel, um selbst der Platzhirsch zu bleiben? Wohl gemerkt: WENN die Stimmung kippen sollte. Denn bis jetzt ist das alles nur ein Sturm im Wasserglas. 15% für die AfD in einem Landesparlament sind keine gekippte Stimmung an den Stammtischen. Das ist nur ein Sammelbecken von Wählerstimmen, die auch bisher schon in der Parteilisten- und Konsensdemokratie platt gewalzt wurden.

Bei 15% würde ich langsam zaghaft widersprechen wollen, lieber Frank. 5% sicher, 10% auch noch, 15% sind (in einem der alten Länder) schon eine neue Größenordnung. Erst recht im Ländle. Und man sollte eins nicht vergessen: Sicher sind das eine Menge Protestwähler, die auch vorher mit den alten Parteien nix am Hut hatten, aber es kommen mehr und mehr Enttäuschte dazu, die so schnell nie wieder die CDU wählen werden. Es ist noch ein kleiner Verlust, aber der dafür umso nachhaltiger. Lucke war ja auch jahrelanges CDU Mitglied, bis er es nicht mehr ertragen hat. Bosbach wird auch irgendwann austreten, andere werden folgen. Es ist eine schleichende Erosion, aber eben nachhaltig. In anderen Ländern hat es auch Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte gedauert, bis sich "Rechtspopulisten" (ich verwende den Begriff nicht negativ) etabliert haben. Die Schwedendemokraten, die wahren Finnen, der Front National, die Partei von der Freiheit, unabhängig von deren Bewertung haben sich diese Parteien in Jahren aufgebaut, und haben munter bei den so geschimpften "Konvervativen" erodiert. Das passiert in Deutschland genauso. Nur ist das ein langsamer Prozess und das ist das verheerende. Merkel wird noch einigen Schaden anrichten "dürfen" bis die Erosion groß genug ist, dass es nicht mehr weitergeht. Deutschland wird dann bei weitem nicht mehr das Land sein, dass es vorher war.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

17.01.2016 11:50
#14 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat
Sie ist inzwischen bei weitem (!) zu blind und zu ignorant um die verheerenden Folgen ihrer Politik zu sehen. Das galt schon für Energieirrsinn und Griechenlandrettung.


Ja, diese Standfestigkeit, die sie jetzt an den Tag legt, hätte man sich mal eher beim Thema Kernkraftabschaltung gewünscht.

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

17.01.2016 11:54
#15 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #5
Ich glaube, was Völker wirklich zu friedlicher Nachbarschaft "zwingt", ist wirtschaftliche Interdependenz. Und in der Tat, das war ja auch die ursprüngliche Idee Europas, wie sie in der Montanunion Ausdruck gefunden hat. Intensive Handelsbeziehungen und Freihandelszonen helfen, den Frieden zu sichern. Schengen ist hierfür weder notwendig noch hinreichend. Schief ging es mit dem "Friedensprojekt" in dem Moment, in dem es zunehmend ideologisch aufgeladen worden ist. Und das ist schon viele Jahre her. Jahrzehnte. Dann passierte genau das, was Llarian von schlechten Ehen berichtet hat, und das Kind, das man dann gemacht hat, um die Beziehung zu retten, war u. a. der Euro. Und jetzt, nach Merkelscher Lesart, die Europäisierung der Flüchtlingskrise.

Zwei Dinge, lieber Andreas: Zum einen, wirtschaftliche Abhängigkeit kann dazu führen, dass man friedlich miteinander lebt, es hilft eben, mehr aber auch nicht. So ist beispielsweise die wirtschaftliche Verflechtung zwischen Russland und der Ukraine eine sehr große, was am Ende dazu geführt hat, dass Russland in den Osten einmarschiert ist.
Ich glaube Frieden ist eine Funktion von vor allem zwei Dingen: Kultur und Sympathie. Es entspricht heute nicht mehr der Kultur vieler Völker Kriege zu führen. Du drückst das damit aus, dass die Leute nach 45 "die Faxen vom Krieg dicke" hatten. Genauso ist es auch. Dennoch führen auch westliche Staaten Kriege, wenn auch vergleichsweise selten. Nicht aber, wenn man sich sympathisch ist. So werden die Amerikaner und die Kanadier keinen Krieg führen. Nicht weil die Amerikaner generell Pazifisten sind oder die wirtschaftliche Verflechtung so riesig wäre. Sondern weil man sich freundschaftlich verbunden fühlt.
In Europa haben wir solche Freundschaften auch. Jede Menge sogar. Nur wenn jetzt in Warschau und Athen wieder Hitlerbärtchen auftauchen, dann ist das eine Entwicklung ins genaue Gegenteil. Wobei ich da nicht Merkel als einzig Verantwortlichen sehen will: Was beispielsweise Schröder (den ich ja in jüngerer Zeit für seine Agende mehr und mehr loben muss) mit der deutsch-amerikanischen Freundschaft versaut hat, geht auf keine Kuhhaut.
Zum anderen, ich denke nicht unbedingt das Schengen ein Fehler ist. Und ich denke auch nicht, dass der Euro von vorneherein der Fehler war, der er inzwischen geworden ist. Aber es ist eben wie in der Beziehung, wenn etwas nicht funktioniert, dann muss man den Schritt zurück machen und das Problem betrachten. Schengen hat bis zu Merkels Einladung gut funktioniert. Der Euro hätte vermutlich auch funktioniert, wenn Schröder nicht die Maastricht-Verträge gebrochen hätte. Was ich kritisiere ist vor allem, dass wenn etwas nicht (mehr) funktioniert, man diesen Schritt zurück machen muss, statt einen nach vorne.
Bleiben wir bei Schengen. Wenn Schengen heute nicht mehr funktioniert, dann muss man eben Schengen wieder aufheben. Daran stirbt Europa nicht. Daran stirbt auch keine Völkerfreundschaft und Handel konnte man auch vor Schengen treiben. Und wenn der Euro nicht funktioniert, dann muss man eben den Teil der nicht funktioniert ausschliessen (oder den Euro ganz abschaffen). Auch daran stirbt Europa nicht. Daran stirbt auch keine Völkerfreundschaft. Es ist nichts dagegen zu sagen Dinge freiwillig gemeinsam zu tun. Das kann Schengen sein, das kann der Euro sein, das kann eine gemeinsame Verteidigung sein, das kann eine gemeinsame Gerichtsbarkeit sein. Betonung liegt auch kann. Und nicht muss. Das ist das, was Merkel nicht verstanden hat.

Eine reine Freihandelszone ist minimalistisch. Und würde sicher funktionieren. Das bedeutet nicht das andere Dinge nicht auch funktionieren. Aber sie müssen freiwillig sein und auch tatsächlich funktionieren.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

17.01.2016 14:11
#16 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #9

Interessanter Punkt, wobei auch nicht wirklich überraschend. Die Angleichung von Regularien und Standards in Freihandelszonen führen ja u. a. genau zu den wirtschaftlichen Synergieeffekten, die man damit anstrebt. Und wenn man genau das a priori als Teufelszeug betrachtet, ist man so etwa bei der gegenwärtigen Diskussion über TTIP angekommen (wobei ich über TTIP nicht genug weiß, um mir hier ein Urteil erlauben zu können; mich stört nur wieder mal die ideologische Art und Weise, wie darüber diskutiert wird)

Herzliche Grüße,
Andreas


Ich sehe da keinen so großen Berührungspunkt mit TTIP. Im Bereich der Medizinprodukte ist die Erfahrung ähnlich der von adder, was die nationalen Zulassungen angeht. Nur muss man sehen, dass die Zulassung auch in den USA (auch China) auf ISO/IEC-Normen beruht, an deren Entstehung alle diese Länder teilnehmen, bei denen inzwischen meist auch US-Amerikaner als convenor dominieren. Technisch sind die Geräte also weitgehend identisch (das 60Hz-Netz in den USA wird wegen TTIP auch nicht auf 50Hz umgestellt). Dass aber die Zulassungen selbst, inkl. regelmäßiger Audits gegenseitig anerkannt werden, war m.W. bisher nicht avisiert. Im Zweifel würde aber Europa die US-Verfahren übernehmen, was Europa aber jetzt schon könnte, wenn es wollte. Ich hatte das in der Vergangenheit schon ausgeführt, damit lässt sich TTIP nicht überzeugend 'verkaufen', vor allem wäre es kein Grund, die Verhandlungen deshalb unter Verschluss zu halten.

Gruß, Martin

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

17.01.2016 17:09
#17 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #16
Ich hatte das in der Vergangenheit schon ausgeführt, damit lässt sich TTIP nicht überzeugend 'verkaufen', vor allem wäre es kein Grund, die Verhandlungen deshalb unter Verschluss zu halten.


Lieber Martin, ist das "unter Verschluß halten" noch nicht abgeschlossener bi- oder multilateraler Vertragsverhandlungen denn so ungewöhnlich? Ich weiß das wirklich nicht. Waren die 2 plus 4-Verhandlungen 1990 zu jedem Zeitpunkt transparent oder lief es nicht vielmehr, genauso wie jetzt bei TTIP geplant, so, daß das Vertragswerk am Ende den nationalen Parlamenten vorgelegt worden sind? Ansonsten ist mein Eindruck, daß etwa diese Seiten schon eine Menge Informationen (allerdings aus der Pro-Perspektive) bereithalten. Eine (über das erwartbare und gewohnte Maß hinaus gehende) Geheimniskrämerei vermag ich hier nicht wirklich zu erkennen.

Herzliche Grüße,
Andreas

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

17.01.2016 17:32
#18 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #15

Zwei Dinge, lieber Andreas: (...)



Zustimmung zu allem, was Du schreibst, lieber Llarian. Letztlich beschreibst Du die Sympathien und Freundschaften aber immer bilateral. Und genau das ist, meine ich, der Unterschied in der Betrachtung der EU. Hier soll nicht eine "Liebesbeziehung" zwischen zwei Partnern funktionieren, sondern eine WG (oder richtiger: eine Kommune ) aus völlig unterschiedlichen, letztlich zufällig zusammengewürfelten Leuten unter einem Dach leben, die sozusagen alle miteinander poppen (sollen). Ich finde Dein Beispiel mit den Beziehungsproblemen in Deinem Beitrag sehr treffend und gelungen. Allerdings sagt man Bei Menschen nicht umsonst "Gleich und gleich gesellt sich gern". Ich wüßte nicht, warum das zwischen Staaten/Völkern anders sein sollte.

Ein anderer Punkt: es fehlt in Europa m. E. das identitätsstiftende Moment, so etwas wie das pursuit of happiness oder ein bestimmtes Freiheitskonzept, das die Amerikaner eint. Das geht weit über die von Dir genannten Sympathien hinaus. Und so etwas kann man nicht von oben verordnen. Die meisten Menschen haben doch schon eine Identität, als Engländer, als Italiener, als Polen. Der "Identitätstransfer" nach Europa wird m. E. nicht gelingen, weil die Menschen hier keinerlei "Leidensdruck" haben. Ich halte das für einen der tieferen Gründe, warum das Ganze nicht funktioniert.

Herzliche Grüße,
Andreas

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

17.01.2016 17:38
#19 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #17
Lieber Martin, ist das "unter Verschluß halten" noch nicht abgeschlossener bi- oder multilateraler Vertragsverhandlungen denn so ungewöhnlich?

Ungewöhnlich sicher nicht. Aber genau das ist das Problem. Man darf sich nicht wundern, wenn Lobbygruppen zunehmend ihren Einfluss hinter verschlossenen Türen ausüben, wenn wir das als normal akzeptieren. Und es ist noch mal etwas anderes wenn hinter verschlossenen Türen über militärische Konzepte gesprochen wird (wo es einen Gegner gibt, der durchaus davon profitiert und Lobbygruppen vergleichsweise uninteressant sind) oder ob man über wirtschaftliche Dinge redet, die uns alle etwas angehen.
Am Ende kommt es dann zu einem "Friss oder stirb" Vertrag, denn wie sollte sich ein nationales Parlament noch gegen die fertige Lösung stellen können ?

Zitat
Ansonsten ist mein Eindruck, daß etwa diese Seiten schon eine Menge Informationen (allerdings aus der Pro-Perspektive) bereithalten.


Ich habe nurmal zwei Links überflogen und das ist keine Information, das ist Propaganda. Schlicht und einfach. Wenn es wirklich so offen wäre, dann müsste man solche Dinge nicht bei der EU suchen sondern würde in der Zeitung davon lesen. Ich für meinen Teil finde es mehr als bedenklich wenn ein derart korrupter Verein wie die EU Verwaltung (deren Käuflichkeit einen oftmals geradezu anspringt) hinter verschlossenen Türen Dinge verhandelt, deren Wert für einzelne Firmen und Lobbygruppen im zweistelligen Milliardenbereich liegt.

Zitat
Eine (über das erwartbare und gewohnte Maß hinaus gehende) Geheimniskrämerei vermag ich hier nicht wirklich zu erkennen.


Gewohnt muss nicht richtig sein. Und wie gesagt, es gibt eine Menge Gruppen, die uns ganz und gar nicht wohlgesonnen sind, die ein erhebliches Interesse an dieser Geheimniskrämerei haben. Wenn ich beispielsweise Copyright-Lobbyist bin, dann werde ich alles versuchen, dass es eben nicht nach draussen dringt, dass ich die US Vorstellungen (die schon hinreichend weit lobbyiiert worden sind) auch in Europa einzuführen möchte.

H_W Offline



Beiträge: 456

17.01.2016 17:59
#20 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #12

Ich habe für mich noch keinen passenden Begriff für Merkel gefunden. Ausser vielleicht: Schlechtester Kanzler seit 1945. Mit Abstand.

Lieber Llarian,

seit ewigen Monaten lese ich hier nur noch, ohne auf Ihre Beiträge zu antworten. Das wäre aber auch ziemlich langweilig gewesen, da ich praktisch bei allen Ihren Statements und Analysen hätte antworten können: "Das ist genau so, wie ich es auch sehe, nur schöner formuliert."

Zur oben zitierten Meinung möchte ich aber doch eine Ergänzung bringen, die mir seit einigen Tagen durch den Kopf geht.

Immerhin beweist Frau Merkel die Richtigkeit des Feminismus/Genderschwachsinns.
Frauen sind doch die besseren Menschen.

Frau Merkel bringt Unheil und Unfrieden über Deutschland und Europa.
Aber der Amtsvorgänger, der es geschafft hat, die ganze Welt mit Krieg zu überziehen, war immer noch ein Mann.
(Daß der Reichs- statt Bundeskanzler war, ignoriere ich hier mal)

Deprimimierte Grüße, H_W

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Woran erkennt man ein linksgrünes Märchen?
Es beginnt mit: Es wird einmal sein.
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Martin Offline



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17.01.2016 22:10
#21 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #17
Zitat von Martin im Beitrag #16
Ich hatte das in der Vergangenheit schon ausgeführt, damit lässt sich TTIP nicht überzeugend 'verkaufen', vor allem wäre es kein Grund, die Verhandlungen deshalb unter Verschluss zu halten.


Lieber Martin, ist das "unter Verschluß halten" noch nicht abgeschlossener bi- oder multilateraler Vertragsverhandlungen denn so ungewöhnlich?


Lieber Andreas,

ich wüsste nicht, warum die Vertragsentwürfe unter Verschluss gehalten werden müssen. Ich habe an internationalen Standardisierungsverfahren teilgenommen, bei denen die jeweiligen Entwürfe immer öffentlich verfügbar waren und Änderungsvorschläge über die nationalen Komitees eingebracht werden konnten. Transparente, offene Prozesse. Das große Standardwerk der USA für Medizinprodukte 21CFR820 Quality System Regulation und zugehörige Gesetze standen lange zur öffentlichen Kommentierung zur Verfügung, die Kommentare wurden eingearbeitet und Änderungen mit Begründung in der preamble veröffentlicht. Ähnliches gilt für die Entwürfe der kommenden EU Medical Device Regulation. Das funktioniert, und ich sehe keinen Grund, warum das in anderen Fällen nicht funktionieren sollte. Mit den 2 plus 4 Verhandlungen würde ich das aus verschiedenen Gründen nicht vergleichen.

Zitat
Ansonsten ist mein Eindruck, daß etwa diese Seiten schon eine Menge Informationen (allerdings aus der Pro-Perspektive) bereithalten. Eine (über das erwartbare und gewohnte Maß hinaus gehende) Geheimniskrämerei vermag ich hier nicht wirklich zu erkennen.

Herzliche Grüße,
Andreas



Ich habe mir diese Seiten vor einiger Zeit schon angeschaut und hier teilweise kommentiert. Reines Marketing, in mir sehr vertrauten Bereichen nichts, was eines solchen Vertragswerks bedürfe. Ansonsten kommt es aufs Detail an, ohne Detail kann man nicht viel sagen. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere an die Diskussion mit Zettel über den Maastrichtvertrag, ob ein EU-Land nun ein anderes nun nicht finanziell stützen dürfe oder müsse. Allein diese Interpretation kann hunderte Milliarden Euro Unterschied machen.

Gruß, Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

18.01.2016 09:07
#22 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #7
Sollten Sie auf die Rückbesinnung auf Subsidiarität Bezug nehmen, die Cameron in seiner Rede vor ziemlich exakt 3 Jahren vorgeschlagen hat, dann stimme ich Ihnen völlig zu.


Es gab vor kurzem ein Interview von Thomas Roth mit Cameron, als er auf Einladung der CSU bei deren Klausur in Wildbad-Kreuth war: http://www.tagesschau.de/ausland/cameron...themen-103.html

Gruß, Martin

Martin Offline



Beiträge: 4.129

18.01.2016 10:33
#23 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #21


Ich habe mir diese Seiten vor einiger Zeit schon angeschaut und hier teilweise kommentiert. Reines Marketing, in mir sehr vertrauten Bereichen nichts, was eines solchen Vertragswerks bedürfe. Ansonsten kommt es aufs Detail an, ohne Detail kann man nicht viel sagen. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere an die Diskussion mit Zettel über den Maastrichtvertrag, ob ein EU-Land nun ein anderes nun nicht finanziell stützen dürfe oder müsse. Allein diese Interpretation kann hunderte Milliarden Euro Unterschied machen.

Gruß, Martin



Ich möchte illustrativ noch ergänzen, wie die Welt, vor der sich manche fürchten, tatsächlich aussieht. Aus firmen-internen Erfahrungen kann ich nicht berichten, nehme also stellvertretend die gut dokumentierten Erfahrungen von Hatmud Danisch (ab Seite 747 spannend zu lesen) http://www.danisch.de/Adele.pdf , wie die Welt kommerzieller Interessen aussieht, und was zu erwarten ist, wenn Großkonzerne und das US-Rechtssystem auf die Matte treten. Es deckt sich mit meinen Erfahrungen, die Tricks im Patentwesen im Detail sind dort allerdings nicht ausgeführt. Es ist aber eine Welt, der nun wirklich nicht blauäugig zu trauen ist. Und der Kompetenz oder der Loyalität zum Volk unserer Parlamentarier so oder so nicht. Ein TTIP Vertragswerk müsste ausreichend lange öffentlich gestellt werden, damit es sozusagen von der kompetenten cloud seziert werden kann.

Gruß, Martin

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

18.01.2016 12:15
#24 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #15
Ich glaube Frieden ist eine Funktion von vor allem zwei Dingen: Kultur und Sympathie.

Guter Ansatz. Ich würde noch hinzufügen: "gemeinsame Interessen". Die sind auch meist eine etwas stabilere Grundlage als eine leicht flüchtige Sache wie Sympathie.

Zitat
In Europa haben wir solche Freundschaften auch. Jede Menge sogar.


Richtig. Und zwar nicht nur bilateral, sondern auch bis zu einem gewissen Maß übergreifend: Unabhängig von der konkreten Nationallität mögen die meisten Europäer andere Europäer eher als Nicht-Europäer. Und fast alle Europäer gemeinsam hassen die Brüsseler Bürokraten - das verbindet.

Zitat
Nur wenn jetzt in Warschau und Athen wieder Hitlerbärtchen auftauchen, dann ist das eine Entwicklung ins genaue Gegenteil.


Ja. Auch wenn sich das erst einmal nur auf eine spezielle Regierung bezieht, nicht auf das Volk. Einzelne Deutsche sind in Polen und Griechenland immer noch gern gesehen.

Zitat
Was beispielsweise Schröder (...) mit der deutsch-amerikanischen Freundschaft versaut hat, geht auf keine Kuhhaut.


Nicht nur dort, sondern auch beim Thema Europa. Sein Umgang mit den Osteuropäern war eine Schande, und auch sonst war er ein diplomatischer Vollpfosten.

Zitat
Zum anderen, ich denke nicht unbedingt das Schengen ein Fehler ist. Und ich denke auch nicht, dass der Euro von vorneherein der Fehler war, der er inzwischen geworden ist.


Sehe ich auch so, insbesondere bei Schengen. Es wäre ein sehr schmerzhafter Rückschritt, wenn Merkels Chaos-Politik wieder zur Abschottung der Nationalstaaten führen würde. Bei vernünftiger Handhabung hat das nämlich die ganze Zeit sehr gut funktioniert.
Ich würde daher eher vorschlagen, Merkel in die Wüste zu schicken und wieder eine vernünftige deutsche Politik zu machen. Dann braucht man bei Schengen auch keinen Schritt zurück zu machen.

Zitat
Es ist nichts dagegen zu sagen Dinge freiwillig gemeinsam zu tun.


Jedenfalls die Dinge, bei denen ein gemeinsames Agieren sinnvoll ist. Das kann die Außenpolitik sein, das ist auf jeden Fall die Wirtschaftsharmonisierung (siehe Beispiel Arzneizulassung) - aber das müssen eben nicht die vielen Direktiven sein, mit denen sich Brüssel überall einmischt.
Ich kann damit leben, daß die Gremien und Entscheidungsverfahren auf EU-Ebene relativ merkwürdig konstruiert sind. Das ist bei so einer komplexen Aufgabe nicht leicht besser zu machen. Aber es war und ist ein Fehler, so viele Detailkompetenzen an Brüssel zu geben.

Und es kommt natürlich auch bei den gemeinsamen Sachen immer auf die Ausgestaltung an.
Eine echte EU-Außenpolitik mit einem Verantwortlichen (der anstelle der Nationalstaaten spricht und entscheidet) scheint mir noch lange Zeit utopisch, vielleicht kommt das nie.
Aber es war und ist sinnvoll, daß die EU-Staaten sich eng absprechen und in vielen weltpolitischen Fragen gemeinsam auftreten.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.547

18.01.2016 13:35
#25 RE: Die Totengräberin von Europa Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #24
Eine echte EU-Außenpolitik mit einem Verantwortlichen (der anstelle der Nationalstaaten spricht und entscheidet) scheint mir noch lange Zeit utopisch, vielleicht kommt das nie.
Aber es war und ist sinnvoll, daß die EU-Staaten sich eng absprechen und in vielen weltpolitischen Fragen gemeinsam auftreten.



Verbrannte Erde. Außenpolitik findet auf absehbare Zeit nur noch mit Blick auf militärische Optionen (ob nun ganz oder hauptsächlich mit Sicherung durch olivgrünes Material durchgeführt) statt. Das andere sind Handelsabkommen, hauptsächlich mit China - alles, was nicht id Reichweite von TTIP fällt. Dafür brauchts keine EU; das bleibt auf nationaler Ebene. Ansonsten Front gegen a) Russland, b) le monde arabe, c) Grenzwall (oder Schlepperdienste à la Frontex). Das UK steht sinnvollerweise auf Seiten von Uncle Sam; die stellen dessen Auxiliartruppen. Da ändert sich durch den Brexit nichts; & auf den kann man Wetten abschließen. In EUropa gibt's nur 2 Akteure: die Force de Frappe & die BW: Frankreich sieht die Rest-EU als Verstärkung der eigenen Kräfte; mit D als Kreditgeber & Materiallieferung. Für beides fällt D bis auf Weiteres (& evt. final) aus. Bleibt nur Südmauerbau - dafür braucht man kein gemeinsames Dach. Und zum wahl- & sinnlosen Blankoscheckverteilen & Heulbojen à la Steinmeier reicht der deutsche Beitrag. Ansonsten scheint EU-"Aussenpolitik" momentan allein darauf beschränkt, Anstalten zu machen, Ländern wie Ungarn oder Polen auf die Füße treten zu wollen. Bleibt zu hoffen, daß das wie bei der Schweiz & Österreich erweist, daß die außer Bellen nix können. Aber dazu braucht man den Hundezwinger in Brüssel auch nicht.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

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