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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 41 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.547

29.01.2016 01:27
Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren.

http://zettelsraum.blogspot.de/2016/01/2...endete-der.html



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

29.01.2016 09:34
#2 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Ich gehe weiter davon aus, dass die Zukunft der Menschheit im All liegt oder es keine gibt. Alternativlos, so zu sagen. Über die Zeiträume kann man gern streiten. Auf jeden Fall sind noch eine ganze Reihe Erfindungen fällig, bevor wir dauerhaft im All Fuß fassen können:

- Fusionsenergie
- Genetisch Maß geschneiderte Nutzpflanzen
- Gezüchtete Körperersatzteile

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

29.01.2016 17:40
#3 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #2
Ich gehe weiter davon aus, dass die Zukunft der Menschheit im All liegt oder es keine gibt.

Als alter SF-Fan würde ich mich natürlich freuen, wenn es bei der Raumfahrt weiterginge.
Aber ich sehe die Aussichten auf echte Raumfahrt (außerhalb unseres Sonnensystems) skeptisch und sehe eigentlich keinen Grund zur Annahme, daß unsere Zukunft wirklich im All liegen müßte. Schön wenn's klappt, aushaltbar wenn es nicht klappt.

adder Offline




Beiträge: 1.073

29.01.2016 18:20
#4 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #3
Zitat von Frank2000 im Beitrag #2
Ich gehe weiter davon aus, dass die Zukunft der Menschheit im All liegt oder es keine gibt.

Als alter SF-Fan würde ich mich natürlich freuen, wenn es bei der Raumfahrt weiterginge.
Aber ich sehe die Aussichten auf echte Raumfahrt (außerhalb unseres Sonnensystems) skeptisch und sehe eigentlich keinen Grund zur Annahme, daß unsere Zukunft wirklich im All liegen müßte. Schön wenn's klappt, aushaltbar wenn es nicht klappt.


Nun ja, auf wirklich lange Sicht bleibt uns nichts anderes übrig - denn auf der Erde wird die Menschheit nicht überleben können, wenn die Sonne ausbrennt.

Florian Offline



Beiträge: 3.179

29.01.2016 18:26
#5 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #2
Ich gehe weiter davon aus, dass die Zukunft der Menschheit im All liegt oder es keine gibt.


In der GANZ langen Frist ist diese Aussage natürlich richtig:
In ein paar Milliarden Jahren wird das Sonnensystem unbewohnbar.
Wenn (falls) es dann überhaupt eine Zukunft für die Menschheit gibt, dann nur in einem anderen Sonnensystem.

Aber bis dahin stimmt die Aussage eher nicht.
Es gibt natürlich so eine Vorstellung: der Mensch macht die Erde zunehmend unbewohnbar. Also muss er auf andere Planeten ausweichen.
Was hier gerne übersehen wird:
Der Mensch (und alles irdische Leben) hat sich perfekt auf die Bedingungen auf der Erde angepasst. Die Bedingungen auf der Erde sind für den Menschen VIEL lebensfreundlicher als alle plausiblen Alternativszenarien. Egal wie sehr sich die Erde in den nächsten Jahrtausenden verändert, selbst egal wie viele Atombomben vielleicht irgendwann auf der Erde gezündet werden: der Mars oder die Venus werden auch dann noch immer VIEL lebensfeindlicher sein als die Erde.

Daher gilt (zumindest in den nächsten paar hundert Millionen Jahren):
entweder, die Menschheit überlebt auf der Erde - oder sie überlebt gar nicht.

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

29.01.2016 20:23
#6 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Deswegen sage ich ja, dass zuerst Schlüsseltechnologien entwickelt werden müssen.
Die erste Schlüsseltechnologie ist die Verfügbarkeit von Energie. Es gibt nicht wenige Wissenschaftler, die die Entwicklung der Menschheit als Entwicklung der Energieverfügbarkeit interpretieren.
Fusionstechnologie würde uns völlig neue Möglichkeiten, neue Lebensräume erschließen. Ehrlich gesagt halte ich Fusionstechnologie für DIE Basistechnologie überhaupt; dagegen ist alles andere Kinderkram.
Das nächste ist Gentechnologie auf allen Gebieten, insbesondere bei den Nutzpflanzen. So kann man Pflanzen maßschneidern - so fern man nicht ein Mutter-Gaia-weint-Anhänger ist.

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Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.547

29.01.2016 22:44
#7 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #6
So kann man Pflanzen maßschneidern - so fern man nicht ein Mutter-Gaia-weint-Anhänger ist.


Eher nicht. So funktioniert nämlich das Verhältnis Genotyp/Phänotyp nicht. Wobei eine der Bedingungen der Evolution (der "natürlichen", obwohl das vom evolutiven Standpunkt aus Wurst ist) erhalten bleibt: Sauerstofferzeugung, Wachstum, Früchteerzeugung ppp. sind ja nur Epiphänomene des einen Ziels, nämlich die Anzahl der Genomkopien zu maximieren. Man kann da ein weniges optimieren; das geht aber mit der gängigen Zuchtauslese, in 8000 Jahren optimiert, Kreuzung & evt. vorherigem Beschuß mit harter Strahlung einfach besser. In vielen Fällen wird man da nix optimieren können: die Photosynthese, ob nun C3- oder C4-Variante, wird uns wohl einige Jahrmilliarden erhalten bleiben. Abwehr gegen bestimmte Viren/Toxine, Wachstumsphasenverlängerung & dgl.: ja. Ansonsten ist alles, was über monogenetische Eingriffe hinausgeht, nicht planbar, nicht steuerbar, läuft sich tot oder setzt die Biogenese ziemlich am Anfang schachmatt. Das ist letztlich der Grund, warum wir, 20 Jahre in der Ära der Sequenzierung, 40 Jahre in der der Rekombinanten DNS, nicht weiter gekommen sind, als Humaninsulin in Hefezellen zu produzieren, wo die Gensequenz nach dem Muster der "Junk-DNA" mitrepliziert wird. Blutgerinnungsfaktoren ditto. Da sollte man sich nicht viel erwarten.

Es gibt eine Spielart der Zukunftsliteratur, die nach dem Motto operiert: das 20. Jhdt war die Ära der Technik, der Ingenieurskunst, der Physik; das 21. wird das der Biologie sein. In Zug der Mode, alten Essig als neuen Wein zu verkaufen, indem man das Suffix -punk addiert, ist das eine Zeitlang als Biopunk gehandelt worden; aber der Modus operandi ist so alt wie H.G.Wells (The Food of the Gods, 1914), Aldous Huxley oder, am delirantesten, Döblins Berge, Meere und Giganten (1924). Von wegen "einer der bedeutendsten Zukunftsromane der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert" (Précis: "Als Menschen im 27. Jahrhundert beginnen, Grönland zu enteisen, um neue Siedlungsräume zu erschließen, werden fossile Lebewesen aus dem Eis geschwemmt, wachsen unter der Einwirkung von Wärme und Licht zu kolossalen Ungeheuern auf und bedrohen die Existenz der Menschheit. Zwar gelingt es den Menschen, Giganten zu züchten, die den Angriff der riesenhaften Vorzeittiere abwehren, doch dann entbrennt ein Kampf dieser Untiere, der die Menschheit zu vernichten droht. Die Überlebenden beginnen schließlich auf Grund dieser leidvollen Erfahrung zum Natürlichen zurückzukehren, zur ländlichen Idylle, ins Vormaschinenzeitalter.") Nö. 700 Seiten atemloser Expressionistenstammelstil mit eeendlosen Reihungen (Antennen Fangzähne Klauen wucherten wuchsen züngelten...), inklusive der üblichen Tausende falsch verwendeter, weil wahllos zusammengeklauter Fachtermini, als wollte ein Spitzwegfan eine Bildergalerie von Hansrüdi Giger beschreiben. Das Ding liest sich wie Hans Dominik auf Kokain. (Bzw. liest sich nicht, wg. unlesbar.)

Im englischen Sprschbereich ist das seit J.B.S. Haldanes "Dedalus" (1924), von dem sich Huxley so gut wie alle biologischen Ideen für Brave New World abgezogen hat, Scheidemünze. Organisch wachsende Häuser, künstliche Gebärmütter, biologische Computer...die projizierten Ergebnisse spiegeln immer die zeitgeistlichen Obsessionen, & sonst nichts. Die Wirklichkeit spielt anders. Auch die Bioinformatik - DNS als Computer - wird wohl nie über den Stand "ulkiges Panoptikum" hinauskommen. Gleich neben den Klonschafen, leuchtenden Mäusen & 60-jährigen Müttern zu bestaunen, wie die Dame ohne Unterleib beerbt haben.

Eine der verpeilteren Ideen in diesem Sperrbezirk ist die, die menschliche Haut mit Chloroplasten zu impfen & sich dann per Photosynthese durchs Sonnenbaden zu versorgen. Kommt zuerst bei Holbergs Nils Klim (1741) vor & spukt immer mal wieder als ignis fatuus. Die haben dann nie etwas von Energieumsatz & dem Bedarf zumal endothermer Stoffwechsel läuten gehört. (Maximalst denkbarer theoretischer Gewinnfaktor: 0,12 Kw/h bei 24h meximalem Strahlungseinfall; bleiben 40%, weil der Körper Vorder- & Rückseite hat; bei maximal 8h Einstrahlung, minus Effizienzverlust, macht 0,03-4 Kw/h, bei einem tatsächlichen Bedarf von ~2 Kw/h. Eine Vision für Energiewendefans, wenn die keinen Pawlowreflex gegen Genklempnerei hätten.)



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Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.547

29.01.2016 23:08
#8 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #6
Fusionstechnologie würde uns völlig neue Möglichkeiten, neue Lebensräume erschließen. Ehrlich gesagt halte ich Fusionstechnologie für DIE Basistechnologie überhaupt; dagegen ist alles andere Kinderkram.


Für Kernverschmelze gilt, mutatis mutandis, Ähnliches wie im vorhergehenden Post. Die Bedingungen, unter denen das im relativen Westentaschenformat eines Tokamak u.ä. in Gang kommen kann, sind so extrem daß die Hürden zur Erzeugung das wohl erst ein paar Jahrhunderte außerhalb der Praxistauglichkeit rücken. Das wird sich auch, die ganze Zeit namens "Zukunft" lang, gegen die altgediente Konkurrenz bewähren müssen. Bei Sternen kommt die Plasmafusion aufgrund des reichlichen Neutronenangebots bei 15-20 Mio. °C in toch; im Stellarator erst ab 100 Mio. Grad. Und das Plasma, das fortwährend durch die selbsterzeugte Heliumasche "verschmutzt", muß Jahre störungsfrei zünden, nicht 95% der Zeit ausgekratzt werden. Und wenn wir das Helium wiederum durch Zündung zu Brennstoff umwandeln, haben wirs etliche Hausnummern - bei Sternen: eine Zehnerpotenz - größer (& erhalten Kohlenstoff & Sauerstoff als Asche). Es hat schon seinen Grund, warum man für so was Prozesse nimmt, die automatisch weiter funzen, solange der Brennstoffnachschub reicht & der Energieabfluss gesichert ist. Nb. ist es das Einsetzen des 3-Alpha-Prozesses, des Heliumbrennens, das in ~4 Mrd. Jahren die Sonne in einen roten Riesen mit Erdbahndurchmesser aufblähen wird. Bis dahin dürfte sich die Biosphäre, massiv negativ rückgekoppelt wie sie ist, wacker schlagen mit der Beibehaltung der Homöostase.



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Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

29.01.2016 23:17
#9 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #7
... inklusive der üblichen Tausende falsch verwendeter, weil wahllos zusammengeklauter Fachtermini, als wollte ein Spitzwegfan eine Bildergalerie von Hansrüdi Giger beschreiben ...

Sowas wie

Zitat
0,12 Kw/h bei 24h meximalem Strahlungseinfall; bleiben 40%, weil der Körper Vorder- & Rückseite hat; bei maximal 8h Einstrahlung, minus Effizienzverlust, macht 0,03-4 Kw/h, bei einem tatsächlichen Bedarf von ~2 Kw/h.


etwa? Für was ist denn "Kw/h" eine Einheit? Sollen das kW sein? Auch komme ich bei 1/3 Strahlzeit (8 von 24) allein schon auf 0,12/3 = 0,04, wo sind dann die 40% geblieben? Spielt nicht überhaupt der exponierte Körperoberflächeninhalt eine Rolle, der auch nicht in der gleichen Potenz skaliert wie die Körpermasse? Rätsel über Rätsel...

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.547

29.01.2016 23:33
#10 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #9
Für was ist denn "Kw/h" eine Einheit?


Ups. (Der Automatismus "hat 1 Majuskel", Kontraktion statt Maßeinheit, & km/h bzw. m/s sind das total in Schuld, gemeine Bande...)

Zitat
2,0 kWh/24h entspricht einer Durchnittsleistung von 83,3 Watt (bezogen auf den
Grundumsatz). Der Gesamtumsatz beträgt etwa 12.300 kJ = 2.938 kcal = 3,42 kWh.
Daraus ergibt sich: 2 kWh Grundumsatz und 1,4 kWh Aktivität



http://doerrhoefer-technik.de/energie/energie_mensch.pdf

latürnich. Skalierungseffekte durch Kleibersches Gesetz dürften den Kohl nicht wirklich fett machen.



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Llarian Offline



Beiträge: 7.120

29.01.2016 23:48
#11 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #5

Es gibt natürlich so eine Vorstellung: der Mensch macht die Erde zunehmend unbewohnbar. Also muss er auf andere Planeten ausweichen.
Was hier gerne übersehen wird:
Der Mensch (und alles irdische Leben) hat sich perfekt auf die Bedingungen auf der Erde angepasst. Die Bedingungen auf der Erde sind für den Menschen VIEL lebensfreundlicher als alle plausiblen Alternativszenarien. Egal wie sehr sich die Erde in den nächsten Jahrtausenden verändert, selbst egal wie viele Atombomben vielleicht irgendwann auf der Erde gezündet werden: der Mars oder die Venus werden auch dann noch immer VIEL lebensfeindlicher sein als die Erde.

Daher gilt (zumindest in den nächsten paar hundert Millionen Jahren):
entweder, die Menschheit überlebt auf der Erde - oder sie überlebt gar nicht.


Da erlaube ich mir schwer gegenzuhalten. Sie haben zwei wichtige Motivationen vergessen, warum Menschen die Erde verlassen und ihr Glück woanders suchen wollen und werden: Zum einen gibt es Menschen, die es einfach aus Prinzip dorthin treibt. Was vor 500 Jahren eben noch Kolumbus gewesen ist, existiert auch in heutiger Zeit noch. Menschen wollen einfach dahin, wo noch keiner gewesen ist (um mal in der Nähe von Mr. Spock zu bleiben). Und wenn es technisch machbar ist, werden auch Leute zum Mars reisen und auch nach Alpha Zentauri. Einfach weil sie es können. Als Scott und Asmussen zum Südpol aufgebrochen sind, war das auch keine besonders lebensfreundliche Aussicht, sie haben es aber trotzdem getan.
Die zweite Motivation ist noch einmal bedeutend wichtiger: Menschen gehen, auch und gerade in Massen, wenn sie sich wo anders ein besseres und freieres Leben vorstellen. Europa war vor 300 Jahren auch kein lebensfeindlicher Ort, dennoch hat es Millionen Menschen in die neue Welt getrieben. Getrieben ist hierbei das wichtige Stichwort. Diese Triebeffekte gibt es auch heute noch und wer weiss, wie sie in 100 Jahren aussehen ? Ist es nicht eine tolle Vorstellung ein Leben führen zu können, ohne das die Volksbeglücker von EU und UN einen erreichen können ? Wie herrlich wäre die Vorstellung eine Gesellschaft zu gründen, in der die Claudia Roths einfach auf den Bäumen bleiben, auf denen sie aufgewachsen sind. Eine neue Zeit der Pioniere, ohne die ganze gesellschaftliche Dekadenz, die sich durch die letzten 200 Jahre aufgebaut hat.

Nein, lieber Florian, das wird nicht hundert Millionen Jahre dauern, auch nicht eine Million, nicht einmal tausend. Ich bedauere es wirklich zutiefest (!), dass ich es nicht mehr selber erleben werde, aber die Menschheit wird bei ihrem derzeitigen Entwicklungstempo in weniger als 300 Jahren ins All aufbrechen. Erst einzeln, vielleicht zum Mond, zum Mars oder zu den Monden des Jupiter, und in späterer Phase dann auch zu unseren galaktischen Nachbarn und in ganzen Scharen. Das liegt und lag schon immer in unserer Natur.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

30.01.2016 00:02
#12 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #11
Menschen wollen einfach dahin, wo noch keiner gewesen ist (um mal in der Nähe von Mr. Spock zu bleiben). Und wenn es technisch machbar ist, werden auch Leute zum Mars reisen und auch nach Alpha Zentauri. Einfach weil sie es können. Als Scott und Asmussen zum Südpol aufgebrochen sind, war das auch keine besonders lebensfreundliche Aussicht, sie haben es aber trotzdem getan.

Es besteht aber immer noch ein sehr großer Unterschied zwischen gelegentlichem Extremtourismus und der Aussage "die Zukunft der Menschen liegt an den Polen". Es hat schon Gründe, warum die Zahl derer, die sich in den Polarregionen tummeln, auch nach 100 Jahren noch recht überschaubar ist.
Zitat von Llarian im Beitrag #11
Die zweite Motivation ist noch einmal bedeutend wichtiger: Menschen gehen, auch und gerade in Massen, wenn sie sich wo anders ein besseres und freieres Leben vorstellen. Europa war vor 300 Jahren auch kein lebensfeindlicher Ort, dennoch hat es Millionen Menschen in die neue Welt getrieben. Getrieben ist hierbei das wichtige Stichwort. Diese Triebeffekte gibt es auch heute noch und wer weiss, wie sie in 100 Jahren aussehen ? Ist es nicht eine tolle Vorstellung ein Leben führen zu können, ohne das die Volksbeglücker von EU und UN einen erreichen können ? Wie herrlich wäre die Vorstellung eine Gesellschaft zu gründen, in der die Claudia Roths einfach auf den Bäumen bleiben, auf denen sie aufgewachsen sind. Eine neue Zeit der Pioniere, ohne die ganze gesellschaftliche Dekadenz, die sich durch die letzten 200 Jahre aufgebaut hat.

Warum gründet dann keiner so eine schöne Claudia-Roth-freie Gesellschaft um den Südpol herum? Da wäre jede Menge Platz, jedenfalls für den Anfang, und verglichen mit Mars oder gar einem Jupitermond ist es dort geradezu warm und heimelig. Die Anfahrt wäre hier schon einmal kein großes Problem, und man muß nicht einmal seine eigene Atemluft und sein Wasser mitbringen! Ist doch paradiesisch.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.547

30.01.2016 01:20
#13 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #11
Was vor 500 Jahren eben noch Kolumbus gewesen ist, existiert auch in heutiger Zeit noch.


Wo dann natürlich das Lichtenberg-Zitat naheliegt.

Zitat
Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte, machte eine böse Entdeckung. (Sudelbuch G183)



Wobei ein Großteil der "klassischen" SF (also von den 40ern bis in die 70er), bis hin zu "Avatar" genau das durchspielt: wo dann die Erdlinge die Fiesen Außermarsischen abgeben (in Bradburys Marschroniken ja im Wortsinn), die nach Mutter Erde dann auch den Rest der Galaxis platttreten. Gibts in den Geschmacksrichtungen Böse Anklage (alle Antikolonislistischen Klischees geballt, in aller Regel mit Feminismus von der Stange garniert: Ursula K. Le Guin, Sheri S. Tepper) oder als Militär-Klamotte, wo die gewitzten Aliens (gern mit Willkommensteddy-Charme à la Meister Yoda) die tumben Trottel von Sol 3 in die Pfanne haun (Klassiker der 50er: Robert Sheckley, Eric Frank Russell).

Stevenson & Robinson habe ich nicht zufällig in den Blogpost eingebaut. Das sind, für ihre Subsparten, nicht nur die einzig wirklich substantiellen Texte, die da in den letzten Jahren publiziert worden sind, sondern in Sachen "mal durchkalkulieren, was für so ein Unternehmen" (Überleben auf Dauer im Sonnensystem; Flug in die stellare Nachbarschaft - bei Aurora ist das Tau Ceti, einer der beliebtesten Kandidaten) "wirklich nötig wäre" die bislang gründlichsten Überschlagsrechnungen. Die Menschen können hier auf eine komplette Biosphäre zurückgreifen; sobald das über die Atmosphäre hinausgeht, muß das, from the very bottom up, mitgenommen werden (mit der Humanfracht, in jeder Hinsicht der Spitze der Nahrungskette, als Riesenschwergewicht im Lademanifest).

Eine der fiesen Ironien zum Sternenflug ist nb., daß man die Geschwindigkeit, auf die der Kosmitscheskii Apparat beschleunigt worden ist, ja am Ziel wieder loswerden muss. Wenn Zettels Raumschiff in ~50 Jahren zum α Centauri, um die Luckianer zu entdecken, düsen soll, damit die Original-Crew noch was davon hat, braucht das eine Reisegeschwindigkeit von einem Zehntel der Lichtgeschwindigkeit, 30.000 km/s (bei einer Beschleunigung von 1g braucht das eine konstante Brenndauer von ziemlich genau 36 Tagen, bei Ionenantrieben mit ihrem winzigen Delta v 100mal so lange). Alles was mit mehr als 100 km/s in den Bereich eines möglichen Orbits gelangt, hat keine Chance zum Einschwenken, sondern fliegt lustig geradeaus weiter. Also die gleiche Energierechnung wie beim Start, per beschleunigtem Materieausdüsen, actio = reactio, & das für jedes Kilo Ruhemasse. Und das Ding muss groß (=massig) genug sein, um eine sich erhaltende Biosphäre zu enthalten, die mehrere Dutzend Leute und den Pfarrer & das liebe Vieh mit Fourage & O² versorgt. Und alle Ersatzteile sind aus Bordmitteln zu drechseln. Und das Ziel ist dann so tot wie der Rest unseres Sonnensystems. Oder, schlimmer: lebt & verträgt die Anwesenheit von Sauerstoffatmern & ihren Viren nicht - oder umgekehrt. In der SF der letzten 25 Jahre (also was man die New Space Opera nennt) sind zwei Narrativpfade angelegt worden, um das ein bißchen mit plausiblerem Tarnanstrich zu versehen: die Mannschaft als Künstliche Intelligenzen auf einer Cybermatrix laufen zu lassen; die ganze Hardware auf Handteller- oder Staubkorngröße zu reduzieren, & am Ziel im Sinne von Drexlerschen Nanobotern wieder was Sichtbares zu bauen. Oder Saatschiffe loszuschicken, unbemannt, die am Ziel passende Planeten mit solchen Naniten eindecken, die, im Lauf vieler Jahrmillionen, diese toten Welten so umbauen, wie das Leben auf der Erde diese bewohnbar eingerichtet hat, mit Ozonschicht & Sauerstoffvorrat. Und die dann nach vielenvielen Jahrmillionen nach Hause funken, die Bude sei jetzt bezugsfertig.



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Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.547

30.01.2016 01:56
#14 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Kim Stanley Robinson - eigentlich sollte ich den jetzt gar nicht mögen: er ist der notorischste aller Utopiker & als Fredric-Jameson-Schüler ein konsequet linksdrehender Herz-Jesu-Sozialist, aber mach was - beschließt seinen vorletzten Roman vor Aurora, 2312 (erschienen, nebbich, 2012), mit folgender Evokation der kosmischen Einsamkeit der Menschheit:

Zitat
PLUTO, CHARON, NIX, AND HYDRA
Pluto and Charon are a double-planet system, tidally locked to each other like two ends of a dumbbell, same sides always facing each other, and their center of gravity out there between them. They rotate out of the plane of their orbit around the sun, and their days are a bit over six days long, with their years 248 years long. Pluto is ten K colder than it would be if it didnt have its atmosphere, which in freezing at apogee and subliming at perigee creates a reverse greenhouse effect and cools the surface. The atmosphere is as thick as Marss original atmosphere, around seven millibars - in other words, not very thick. Surface temperature is forty K.

Charon, half the size of Pluto, has a surface temperature of fifty K. The next closest moon-to-planet size ratio is Luna to Earth, with Luna one-fourth the size of Earth. Pluto has a 2,300-kilometer diameter; Charon, 1,200 kilometers. Both have rock cores and mostly water ice shells.

Two much smaller moons orbit the bigger pair: Nix and Hydra, at 90 and 110 kilometers in diameter. Nix, at 80,000,000,000,000,000,000 (eighty quintillion) kilograms, mostly ice with some rock, is currently being disassembled and processed into four starships, which are to be sent roughly as a group, though the first is scheduled to go ahead, in part to test the systems being built. The interiors of the starships are typical terrarium cylinders, spinning to create an interior gravity effect. They are being stocked with a very large number of species, spanning several biomes. The four ships are intended to stay in contact, and will reduce the genetic impacts of their islanding by occasional exchanges. The engines installed in the sterns will combine mass drivers with antimatter plasmas to run for a century, followed by a powerful Orion pusher plate, eventually reaching speeds at which ramjets will work, and these will be deployed in their turn. All together these engines will accelerate them to 2 percent the speed of light, a truly fantastic speed for a human craft, thus reducing their trip time to only two thousand years. For the stars are far away. And the nearest ones to us have no Earthlike planets.

Sorry, but it's true. It has to be said: the stars exist beyond human time, beyond human reach. We live in the little pearl of warmth surrounding our star; outside it lies a vastness beyond comprehension. The solar system is our one and only home. Even to reach the nearest star at our best speed would take a human lifetime or more. We say four light-years and those words four and years fool us; we have little grasp of how far light travels in a year. Step back and think about 299,792,458 meters per second, or 186,282 miles per second-whichever you think you can grasp better. Think of that speed as traversing 671 million miles in every hour. Think about it traversing 173 astronomical units a day; an astronomical unit is the distance from the Earth to the Sun, thus 93 million miles-crossed 173 times in a day. Then think about four years of days like that. That gets light to the nearest star. But we can propel ourselves to only a few percent of the speed of light; so at 2 percent of the speed of light (ten million miles an hour!) it will take about two hundred years to go those four light-years. And the first stars with Earthlike planets are more like twenty light-years away.

It takes a hundred thousand years for light to cross the Milky Way. At 2 percent of that speed - our speed, let us say - five million years.

The light from the Andromeda Galaxy took 2.5 million years to cross the gap to our galaxy. And in the universe at large, Andromeda is a very nearby galaxy. It resides in the little sphere that is our sector of the cosmos, a neighbor galaxy to ours.

So. Our little pearl of warmth, our spinning orrery of lives, our island, our beloved solar system, our hearth and home, tight and burnished in the warmth of the sun - and then - these starships we are making out of Nix. We will send them to the stars, they will be like dandelion seeds, floating away on a breeze. Very beautiful. We will never see them again.



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Doeding Offline




Beiträge: 2.612

30.01.2016 07:22
#15 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #11

Nein, lieber Florian, das wird nicht hundert Millionen Jahre dauern, auch nicht eine Million, nicht einmal tausend. Ich bedauere es wirklich zutiefest (!), dass ich es nicht mehr selber erleben werde, aber die Menschheit wird bei ihrem derzeitigen Entwicklungstempo in weniger als 300 Jahren ins All aufbrechen. Erst einzeln, vielleicht zum Mond, zum Mars oder zu den Monden des Jupiter, und in späterer Phase dann auch zu unseren galaktischen Nachbarn und in ganzen Scharen. Das liegt und lag schon immer in unserer Natur.



Ich glaube, dass dem aus zwei Gründen enge Grenzen gesetzt sind, lieber Llarian. Zum einen die schlichten Distanzen und Bedingungen im Universum. Aber genauso relevant und gewissermaßen praxisnäher: die Kosten. Egal, welche großen Entdeckerleistungen der Vergangenheit wir nehmen: Kolumbus, Piccard, Amundson/Scott, Hillary/Tensing usw. Das waren alles relativ kleine, zwar gut finanzierte, jedoch weitgehend autarke Forschergruppen. Schon die Mondlandung war, verglichen damit, etwas völlig anderes und in gewisser Weise singulär. Es brauchte den kalten Krieg, um die damals reichste und mächtigste Nation auf dem Planeten zu einer solchen Gewaltanstrengung zu motivieren. Schon ob die Menschheit eine dauerhaft bemannte Marsstation erleben wird, halte ich für zweifelhaft. Hierfür müssten gigantische Ressourcen aus anderen Bereichen abgezogen werden. Das macht eine Gesellschaft (und auch die Menschheit) nicht nur "weil sie es kann". Das täte sie nur, wenn sie es muss. Natürlich nehme ich hier implizit an, daß wirtschaftliche Ressourcen auch in Zukunft prinzipiell knapp bleiben werden und wir weiterhin eine Wirtschaftsordnung zumindest in der Art haben, wie wir sie momentan kennen, in der also Kosten eine Rolle spielen. Das kann man letztlich natürlich nicht wissen. Man kann aber auch nicht einfach annehmen, daß es irgendwann anders sein wird.

Wie gesagt, die einzige Möglichkeit, die ich sehe, dass die Menschheit überhaupt motiviert wäre, sich dauerhaft ins All aufzumachen, wäre wenn ihre Zeit hier deutlich begrenzt wäre. Leider haben die meisten denkbaren Naturkatastrophen von globalem Ausmaß eine deutlich zu kurze Vorwarnzeit. Aber nehmen wir einmal an, dass man entdeckt, dass in 50 Jahren ein Asteroid mit der Erde kollidiert und diese zerstört. Dann würde die Menschheit wahrscheinlich versuchen, einige Menschen auf den Mond zu retten. Hier wären die Kosten vermutlich auch erstmal egal (von erwartbaren globalen Unruhen und Verteilungskämpfen in einem solchen Fall will ich jetzt mal nicht anfangen) Oder vielleicht auch auf den Mars. Ob das aber dauerhaft funktionieren würde (man hätte schließlich nur einen Versuch) halte ich wiederum für zweifelhaft. Auf dem Mond befindet sich schließlich überhaupt nichts. Wie sollte sich die Menschheit weiter entwickeln nur mit dem, was man "damals" materiell von der Erde hat retten können? Erfindungen, technischer Fortschritt? Man hat ja nicht mal geeigneten Sand auf dem Mond, um Silikon für Computerchips zu produzieren. Vielleicht würden einige Menschen ein oder zwei Generationen mit dem, was man von der Erde mitgebracht hat, überleben. Aber die Entwicklung der Menschheit wäre ohne Erde langfristig am Ende.

Herzliche Grüße,
Andreas

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

30.01.2016 10:55
#16 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #12
Es besteht aber immer noch ein sehr großer Unterschied zwischen gelegentlichem Extremtourismus und der Aussage "die Zukunft der Menschen liegt an den Polen". Es hat schon Gründe, warum die Zahl derer, die sich in den Polarregionen tummeln, auch nach 100 Jahren noch recht überschaubar ist.

Überschaubar, sicher. Aber vorhanden. Die Siedler in der neuen Welt waren vor 500 Jahren auch übersichtlich. Oder nehmen wir ein lustiges Beispiel: Las Vegas. Eine Stadt in der Wüste. Vollkommen sinnlos dort zu siedeln, es gibt weit fruchtbarere Orte, nur ein Idiot würde dort eine Stadt aufbauen. Tja, die Zahl der Idioten ist so klein nicht. Und es ist eine verdammt reiche Stadt. Alles eine Frage von Technik und Willen.

Zitat
Warum gründet dann keiner so eine schöne Claudia-Roth-freie Gesellschaft um den Südpol herum?


Den Antarktisvertrag kennen Sie aber schon, lieber Fluminist ? Wie Sie es auch drehen und wenden, es gibt auf der Erde KEINE Möglichkeit eine Claudia-Roth freie Gesellschaft mehr zu gründen. Sämtlicher Platz ist bereits genommen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

30.01.2016 11:06
#17 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #15
Ich glaube, dass dem aus zwei Gründen enge Grenzen gesetzt sind, lieber Llarian. Zum einen die schlichten Distanzen und Bedingungen im Universum. Aber genauso relevant und gewissermaßen praxisnäher: die Kosten. Egal, welche großen Entdeckerleistungen der Vergangenheit wir nehmen: Kolumbus, Piccard, Amundson/Scott, Hillary/Tensing usw. Das waren alles relativ kleine, zwar gut finanzierte, jedoch weitgehend autarke Forschergruppen. Schon die Mondlandung war, verglichen damit, etwas völlig anderes und in gewisser Weise singulär. Es brauchte den kalten Krieg, um die damals reichste und mächtigste Nation auf dem Planeten zu einer solchen Gewaltanstrengung zu motivieren.

Du machst m.E. nach den selben "Fehler" wie schon Ulrich weiter oben. Ihr geht von heutiger Technik aus und extrapoliert daraus wie eine solche Expedition aussehen würde. Aber ihr könnt nicht wissen was noch kommt (ich natürlich auch nicht, was nicht kommt). Nur: Vor 500 Jahren waren die Kosten, um einen Fuß auf amerikanischen Boden zu setzen gigantisch. Kolumbus brauchte drei Schiffe und die Gunst einer Königin um das zu finanzieren. Heute reicht ein Schiff im mittleren Preissegment, dass sich schon ein einfacher Bankdirektor leisten kann, um die Fahrt zu machen, von Flugzeugen noch gar nicht angefangen. Eine Nachricht von Rom nach Köln zu bringen dauerte vor 2000 Jahren Monate, im besten Fall Wochen. Heute reden wir von Millisekunden. Und die Entwicklung der Technik ist zumindest in den letzten Jahrzehnten eher exponential als linear verlaufen (die Problematik sie zu quantifizieren mal aussen vor).
Simpel gesagt: Die Kosten für eine Expedition werden jeden Tag geringer. Dann ist es nur eine Frage der Zeit bis sie so gering sind, dass sich jemand findet sie zu zahlen.

Fluminist Offline




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30.01.2016 11:55
#18 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #16
Zitat von Fluminist im Beitrag #12
Es besteht aber immer noch ein sehr großer Unterschied zwischen gelegentlichem Extremtourismus und der Aussage "die Zukunft der Menschen liegt an den Polen". Es hat schon Gründe, warum die Zahl derer, die sich in den Polarregionen tummeln, auch nach 100 Jahren noch recht überschaubar ist.

Überschaubar, sicher. Aber vorhanden. Die Siedler in der neuen Welt waren vor 500 Jahren auch übersichtlich. Oder nehmen wir ein lustiges Beispiel: Las Vegas. Eine Stadt in der Wüste. Vollkommen sinnlos dort zu siedeln, es gibt weit fruchtbarere Orte, nur ein Idiot würde dort eine Stadt aufbauen. Tja, die Zahl der Idioten ist so klein nicht. Und es ist eine verdammt reiche Stadt. Alles eine Frage von Technik und Willen.

Bei der Auswanderung in die Neue Welt (u.ä.) ging es um einen Neuanfang in einer Region, die grob gesagt nicht lebensfeindlicher war als die Heimat; oft im Gegenteil (z.B. bei den vor der Kartoffelkäfer-induzierten Hungersnot fliehenden Iren). Es gibt zwar ein paar Projekte, mit technischen Mitteln bewohnbaren Lebensraum neu zu erzeugen - Las Vegas, Bewässerungsprojekte in Israel, der niederländische Afsluitdijk - aber im großen und ganzen gesehen ist die Bilanz eher ernüchternd: der geographische Lebensraum der Menschheit hat sich im Laufe der letzten Jahrhunderte nicht wesentlich vergrößert. Technische Errungenschaften wie Elektrizität, Kunstdünger u. dgl. haben es möglich gemacht, die Bevölkerungsdichte sehr wesentlich zu erhöhen, aber die bewohnten Regionen sind (mit den wenigen genannten Ausnahmen) noch dieselben wie vor 500 Jahren.
Zitat von Llarian im Beitrag #16

Zitat
Warum gründet dann keiner so eine schöne Claudia-Roth-freie Gesellschaft um den Südpol herum?

Den Antarktisvertrag kennen Sie aber schon, lieber Fluminist ? Wie Sie es auch drehen und wenden, es gibt auf der Erde KEINE Möglichkeit eine Claudia-Roth freie Gesellschaft mehr zu gründen. Sämtlicher Platz ist bereits genommen.


Das ist natürlich kein Einwand. Auch die Staaten der Neuen Welt mußten sich ihre Unabhängigkeit erst erstreiten. Die Vorstellung, daß internationale Verträge ein Hindernis darstellen, haben wir doch längst hinter uns gelassen, mit dem vergangenen Millennium. Außerdem wäre die Lage auf dem Mond, Mars oder Titan nicht anders. Irgendwer würde doch als erster hinfahren und dort nichts Eiligeres zu tun haben als die Flagge des Landes, das ihn hingeschickt hat, aufzustellen, nicht wahr? Dann kommen Verträge und UN, und bis Sie das Material für Ihren titanischen Freistaat beisammen haben, spricht schon der Titanvertrag dagegen.

Fluminist Offline




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30.01.2016 12:05
#19 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #14

Zitat
PLUTO, CHARON, NIX, AND HYDRA [...]
The engines installed in the sterns will combine mass drivers with antimatter plasmas to run for a century, followed by a powerful Orion pusher plate, eventually reaching speeds at which ramjets will work, and these will be deployed in their turn. All together these engines will accelerate them to 2 percent the speed of light, a truly fantastic speed for a human craft, thus reducing their trip time to only two thousand years.


Ramjets im galaktischen Leerraum? Ist das wieder ein Beispiel für dies -

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #7
... inklusive der üblichen Tausende falsch verwendeter, weil wahllos zusammengeklauter Fachtermini, als wollte ein Spitzwegfan eine Bildergalerie von Hansrüdi Giger beschreiben ...

- oder ist "ramjet" hier ein Spitzname für irgendeinen phantastologischen warp drive o.ä.?

Ulrich Elkmann Offline




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30.01.2016 14:51
#20 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #19

Ramjets im galaktischen Leerraum? Ist das wieder ein Beispiel für dies - ... - oder ist "ramjet" hier ein Spitzname für irgendeinen phantastologischen warp drive o.ä.?


Und das noch innerhalb der lokalen Blase, wo die Dichte des interstellaren Materials nur wenige Prozent des üblichen Werts geträgt... Es handelt sich um eine terminologische Variante - wie bei den Astronomen, die unter "Metallen" etwas leicht anderes verstehen als die Chemiker (nämlich alle Elemente, die schwerer sind als He). In der SF, und bei Träumereien im Obstgarten über die Befahrbarkeit des Alls handelt es sich nicht um ein handelsübliches Staustrahltriebwerk (also 1 Hohlröhre, in der die einströmende Luft den eingesprühten Treibstoffnebel selbstzündet), sondern um einen Bussardkollektor. Das Konzept sieht vor, den Wasserstoff (der zumeist in ionisierter Form vorliegt: das interstellare Gas kann heiß sein) per Magnetfeld zu sammeln & per Fusion gezündet. Hört sich zwar auch schwer nach Münchhausiade an, aber eher der dyskalkulatorischen "Wir schaffen das"-Energiewende-Variante.


Zur Welt ohne Claudia: ich finde gerade im Bericht über Alexander Burnes Audienz beim Schah von Persien (Zeitungsabdruck in "Treviris", Jg. 2, 14.10.1835), daß einer der Ehrentitel, mit denen Dero Gnaden angeredet wurde, "Mittelpunkt des Weltalls" war. Frau Claudia dürfte diesen Titel beerbt haben (vlt. bei einer ihrer Pilgerfahrten ins Land des Pfauenthrons) & ein Claudialoses Universum vorerst in den Sternen stehen.

PS: Die Lektüre solcher verschollener Bleiwüsten wie diesem Trierer Käsblatt gibt einem einen Blick in die geistigen & sprachlichen Welten, deren Horizont doch leicht enger gezogen war. Aus der gleichen No., 2 Seiten vorher: "Zu Steinbach, im Kreise St. Mendel, sind die natürlichen Blattern vorgekommen und auch nach Niederlinzweiler hinübergeschleppt; die landräthliche Behörde hat aber die erforderlichen Maaßregeln ergriffen, um die weitere Verbreitung zu verhindern. ... Zu Reil, im Kreise Wittlich, wurde ein Kind von 15 Monaten von einem befahrenen Wagen überfahren und starb am folgenden Tage an den erlittenen Beschädigungen."



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

30.01.2016 15:45
#21 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #20
... sondern um einen Bussardkollektor.

Vielen Dank für die Aufklärung; ja, das ergibt schon einen gewissen "Sinn". Allerdings sehe ich hier schon die ubiquitäre Claudia bedenklich den Kopf schütteln, denn mit diesem Triebwerk wird ja eine begrenzte natürliche Ressource abgeschöpft und die Flugbahn einfach so mit greulichen He-Abgasen verschmutzt. Ohne saftige Wasserstoffsteuer und strenge Emissionsvorschriften (die nur durch Abgassammlung zu erfüllen sind ) kriegt das Ding keine Zulassung.

adder Offline




Beiträge: 1.073

30.01.2016 17:21
#22 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #19
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #7
... inklusive der üblichen Tausende falsch verwendeter, weil wahllos zusammengeklauter Fachtermini, als wollte ein Spitzwegfan eine Bildergalerie von Hansrüdi Giger beschreiben ...

- oder ist "ramjet" hier ein Spitzname für irgendeinen phantastologischen warp drive o.ä.?


Warp Drive ist doch was für Anfänger. Ich bleibe bei der Überlegenheit von SF mit Jump Drive (vgl. wiki, wie in BattleTech, Dune, Elite, Battlestar Galactica, Free Space oder Mass Effect.
Das ist zwar echte Fiktion und im Zweifel auch mit unserer heutigen Wissenschaft nicht machbar (das sind Warp Drives aber auch nicht). Der logische Kontext ist allerdings besser als bei Warp. FTL- oder Jump Drives beugen das Einstein-Universum nur eine minimale Zeit lang, während Warp Drives das für eine deutlich längere Zeit lang tun. Ein Bruch, der nur ganz wenige Minuten lang existiert und faktisch dabei nur als Raum-Absurdität, nicht aber über längere Zeit als Geschwindigkeits- oder Raum-und-Zeit-Absurdität existiert, dürfte deutlich weniger problematisch sein.

Wir werden das aber leider alle nicht mehr erleben. Auch wenn ich wirklich zu gerne einen Sprung mit einem Kearny-Fuchida-Triebwerk (also Jump Drive) mitgemacht hätte.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

30.01.2016 17:36
#23 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von adder im Beitrag #22
Zitat von Fluminist im Beitrag #19
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #7
... inklusive der üblichen Tausende falsch verwendeter, weil wahllos zusammengeklauter Fachtermini, als wollte ein Spitzwegfan eine Bildergalerie von Hansrüdi Giger beschreiben ...

- oder ist "ramjet" hier ein Spitzname für irgendeinen phantastologischen warp drive o.ä.?


Warp Drive ist doch was für Anfänger. Ich bleibe bei der Überlegenheit von SF mit Jump Drive (vgl. wiki, wie in BattleTech, Dune, Elite, Battlestar Galactica, Free Space oder Mass Effect.

Wenn ich ganz ehrlich bin, dann ist das einzige derartige Konzept, das mich wirklich überzeugt, der Infinite Improbability Drive:

Zitat
...a wonderful new method of crossing interstellar distances in a mere nothingth of a second, without all that tedious mucking about in hyperspace...

...eine wunderbare neue Methode, interstellare Entfernungen in einer bloßen Nichtstelsekunde zu durchqueren, ohne all das lästige Rumwursteln im Hyperraum...

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

30.01.2016 18:58
#24 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #18
Bei der Auswanderung in die Neue Welt (u.ä.) ging es um einen Neuanfang in einer Region, die grob gesagt nicht lebensfeindlicher war als die Heimat; oft im Gegenteil (z.B. bei den vor der Kartoffelkäfer-induzierten Hungersnot fliehenden Iren). Es gibt zwar ein paar Projekte, mit technischen Mitteln bewohnbaren Lebensraum neu zu erzeugen - Las Vegas, Bewässerungsprojekte in Israel, der niederländische Afsluitdijk - aber im großen und ganzen gesehen ist die Bilanz eher ernüchternd: der geographische Lebensraum der Menschheit hat sich im Laufe der letzten Jahrhunderte nicht wesentlich vergrößert.

Und 500 Jahre sind soviel ? Ich finde das ganz und gar nicht ernüchternd, aber das ist am Ende vielleicht eine Frage der Einschätzung.

Zitat
Technische Errungenschaften wie Elektrizität, Kunstdünger u. dgl. haben es möglich gemacht, die Bevölkerungsdichte sehr wesentlich zu erhöhen, aber die bewohnten Regionen sind (mit den wenigen genannten Ausnahmen) noch dieselben wie vor 500 Jahren.


Wie schon erwähnt, in der Wüste haben Menschen vor 500 Jahren eher nicht gelebt, mal ab von Oasen.

Zitat
Auch die Staaten der Neuen Welt mußten sich ihre Unabhängigkeit erst erstreiten. Die Vorstellung, daß internationale Verträge ein Hindernis darstellen, haben wir doch längst hinter uns gelassen, mit dem vergangenen Millennium. Außerdem wäre die Lage auf dem Mond, Mars oder Titan nicht anders. Irgendwer würde doch als erster hinfahren und dort nichts Eiligeres zu tun haben als die Flagge des Landes, das ihn hingeschickt hat, aufzustellen, nicht wahr?


Deswegen weht ja auch die spanische Flagge immernoch über Nordamerika ? Natürlich muss das in der Form "erstritten" werden, nur ist der Punkt der, dass es erst einmal möglich ist. Die militärischen Möglichkeiten der Claudia-Roth Fraktion sind auf dieser Welt sehr gross, im All jedoch äusserst begrenzt. Die Amerikaner konnten ihre Unabhängigkeit von Europa vor allem deshalb erstreiten, weil sie weit weg waren.

Zitat
Dann kommen Verträge und UN, und bis Sie das Material für Ihren titanischen Freistaat beisammen haben, spricht schon der Titanvertrag dagegen.


Dann versuchen Sie ihren Titanvertrag mal durchzusetzen. Genauso wie die Engländer das in ihren Kolonien versucht haben. In der Arktis dagegen werden sie ihren Vertrag schon durchsetzen können.

TF Offline



Beiträge: 281

30.01.2016 19:50
#25 RE: Challenger - aus einer Distanz von 30 Jahren Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #17

Du machst m.E. nach den selben "Fehler" wie schon Ulrich weiter oben. Ihr geht von heutiger Technik aus und extrapoliert daraus wie eine solche Expedition aussehen würde. Aber ihr könnt nicht wissen was noch kommt (ich natürlich auch nicht, was nicht kommt). Nur: Vor 500 Jahren waren die Kosten, um einen Fuß auf amerikanischen Boden zu setzen gigantisch. Kolumbus brauchte drei Schiffe und die Gunst einer Königin um das zu finanzieren. Heute reicht ein Schiff im mittleren Preissegment, dass sich schon ein einfacher Bankdirektor leisten kann, um die Fahrt zu machen, von Flugzeugen noch gar nicht angefangen. Eine Nachricht von Rom nach Köln zu bringen dauerte vor 2000 Jahren Monate, im besten Fall Wochen. Heute reden wir von Millisekunden. Und die Entwicklung der Technik ist zumindest in den letzten Jahrzehnten eher exponential als linear verlaufen (die Problematik sie zu quantifizieren mal aussen vor).
Simpel gesagt: Die Kosten für eine Expedition werden jeden Tag geringer. Dann ist es nur eine Frage der Zeit bis sie so gering sind, dass sich jemand findet sie zu zahlen.


Und wie viele Menschen haben den Nordpol oder den Südpol besucht? GAAAANZ wenige. Eine Expedition zum Südpol ist für den Normalbürger keine realistische Option, den Urlaub zu verbringen, auch über 100 Jahre, nachdem Amundsen dort war. Überhaupt, die Antarktis. Da ist ein ganzer Kontinent von fast der dreifachen Größe Europas unbewohnt, obwohl er viel besser für menschliches Leben geeignet ist als Mond, Mars oder Venus. Wenn der Wille da wäre, dafür sehr viel Geld auszugeben, könnte man ihn problemlos mit Millionen Menschen besiedeln. Offenbar ist der Wille nicht da.

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