Zitat Wenn der Bruch zwischen Christen und Juden hier als Ur-Spaltung im Gottesvolk bezeichnet wird, ist damit nicht das Geheimnis aller daraus folgenden Kirchenspaltungen gelüftet und vielleicht auch die Konkurrenz des Islam?
Vielleicht theologisch, aber das ist historisch gesehen womöglich sogar eine Randnotiz. Ist es nicht vielmehr so, dass die meisten Kirchenspaltungen - angefangen mit der Ur-Spaltung - mindestens ebenso viele politische wie theologische Gründe gehabt haben? Die englische Kirche als vielleicht schönstes Beispiel?
Zitat Wenn der Bruch zwischen Christen und Juden hier als Ur-Spaltung im Gottesvolk bezeichnet wird, ist damit nicht das Geheimnis aller daraus folgenden Kirchenspaltungen gelüftet und vielleicht auch die Konkurrenz des Islam?
Vielleicht theologisch, aber das ist historisch gesehen womöglich sogar eine Randnotiz. Ist es nicht vielmehr so, dass die meisten Kirchenspaltungen - angefangen mit der Ur-Spaltung - mindestens ebenso viele politische wie theologische Gründe gehabt haben? Die englische Kirche als vielleicht schönstes Beispiel?
Gruß Petz
Lieber Meister Petz, meinen Sie nicht auch, dass - nach erfolgter Klärung der Sachlage - spätestens 2017 die Überwindung der Spaltung, möglicherweise aller Spaltungen ansteht?
Zitat von Simon im Beitrag #3Lieber Meister Petz, meinen Sie nicht auch, dass - nach erfolgter Klärung der Sachlage - spätestens 2017 die Überwindung der Spaltung, möglicherweise aller Spaltungen ansteht?
Überhaupt nicht, wie stellen Sie sich denn das vor?
Zitat Wenn der Bruch zwischen Christen und Juden hier als Ur-Spaltung im Gottesvolk bezeichnet wird, ist damit nicht das Geheimnis aller daraus folgenden Kirchenspaltungen gelüftet und vielleicht auch die Konkurrenz des Islam?
Vielleicht theologisch, aber das ist historisch gesehen womöglich sogar eine Randnotiz. Ist es nicht vielmehr so, dass die meisten Kirchenspaltungen - angefangen mit der Ur-Spaltung - mindestens ebenso viele politische wie theologische Gründe gehabt haben? Die englische Kirche als vielleicht schönstes Beispiel?
Man könnte das eigentlich von der politischen Ebene doch noch weiter runterkochen und diese Angelegenheit als allgemeines menschliches Defizit einstufen - profan ausgedrückt. Mißgunst, Rechthaberei, die Dominanz des Kleinlichen und ähnliche nicht gerade ruhmreiche menschliche Eigenschaften sind federführend, was indessen keine große Überraschung ist, denn das Christentum erkennt doch - m.E. ganz zurecht - die Sünde als den Kern unseres Daseins. Wozu bräuchten wir sonst Erlösung?
Die spalterische Wirkung des nicht gerade unproblematischen Charakters Luthers wird im Jubeljahr 2017 vermutlich nicht so gerne angesprochen, eher die offizielle Seite, keine Spaltung anzustreben, respektive angestrebt zu haben. Die Sünde (profan: Menschliche Defizite) ist halt immer inoffiziell - selbst bei Kirchens .
Also: Ohne Gottes Beistand wird es nicht gehen, mit der Einheit der Christen (ist keineswegs ironisch gemeint); bzw., wie Herr Weimer ja schreibt bzw. seinerseits zitiert: „Erwartung, dass der Herr die Stunde heraufführt, wenn wir alle vereint sein werden“
Zitat von Simon im Beitrag #3Lieber Meister Petz, meinen Sie nicht auch, dass - nach erfolgter Klärung der Sachlage - spätestens 2017 die Überwindung der Spaltung, möglicherweise aller Spaltungen ansteht?
Überhaupt nicht, wie stellen Sie sich denn das vor?
Gruß Petz
Wie ich mir das vorstelle, lieber Meister? Das ist etwa so wie nach einem heftigen Streit unter zwei Eheleuten. Einer muss wieder zu reden anfangen. Und dann bedeutet der Anlass des Streits weiterhin viel; eventuell aber auch überraschend wenig. - Um bei Ihrem Beispiel zu bleiben: Freilich spielte bei Heinrich VIII. die Politik mit; aber der Grund der Verstimmung des Machthabers mit einem Machthaber in Rom war einfach: Er wollte seine Alte nicht mehr oder/und wollte eine neue. Und in diesem Begehren half auch sein Verdienst nichts, der ihm immerhin den Titel "Defensor fidei" von seiner Römischen Kirche einbrachte. Sehr vereinfacht gesprochen. - Ein anderes Beispiel. Wir (d.h. der durchschnittliche Bürger oder auch diejenigen, die die öffentliche Meinung bestimmen) haben uns angewöhnt, den Islam, Mohamed und den Koran möglichst hinter einer beschönigenden Nebelwand zu behandeln. Anders - ganz aktuell - der ägyptische Noch!-Moslem Hamed Abdel-Samad. Er - der verhältnismäßig junge Mann, der in Augsburg studiert hat und dort, wie viele Immigranten auch, auf seine Weise sozusagen inkulturiert worden ist - wird nicht müde, "seinen" Islam (Koran und Propheten) in öffentlichen Auftritten und Büchern aufzuklären! - Sein vorletztes Buch "Mohamed - Eine Abrechnung" widmet er den wegen der Mohamed-Karikaturen ermordeten Zeichnern von Charlie Hebdo. Im 8. Kapitel, dem letzten des Buches mit dem Titel "Der nackte Prophet - Charlie Hebdos Geschenk für die Muslime" schreibt er u.a.: "Auch westliche Islam-Freunde, die einen Sonderstatus für Mohamed zur Wahrung des inneren Friedens befürworten und dafür sogar politische Karnevalsmotive aus dem Verkehr ziehen, tun Muslimen keinen Gefallen. Irgendwann werden Muslime den Kritikern und Satirikern dankbarer sein als den Beschwichtigern und Verharmlosern."
Zitat von Simon im Beitrag #3Lieber Meister Petz, meinen Sie nicht auch, dass - nach erfolgter Klärung der Sachlage - spätestens 2017 die Überwindung der Spaltung, möglicherweise aller Spaltungen ansteht?
Zitat von Simon im Beitrag #3Lieber Meister Petz, meinen Sie nicht auch, dass - nach erfolgter Klärung der Sachlage - spätestens 2017 die Überwindung der Spaltung, möglicherweise aller Spaltungen ansteht?
Zitat von Simon im Beitrag #3Lieber Meister Petz, meinen Sie nicht auch, dass - nach erfolgter Klärung der Sachlage - spätestens 2017 die Überwindung der Spaltung, möglicherweise aller Spaltungen ansteht?
Mein Hauptpunkt zum Reformations-Jubiläum und damit zur Frage, ob sich die Kirchen wieder einigen sollten und können oder nicht und wie ein Weg denkbar wäre, bezog sich auf die Aussagen der aktuellen Verlautbarung des Apostolischen Stuhls (durch die „Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum“ unter Kardinal Koch): „Die Trennung von Synagoge und Kirche als der erste und weitreichendste Bruch im auserwählten Volk“ (Nr. 3). Denn: „Das Judentum ist nicht einfach als eine andere Religion zu betrachten“ (Nr. 14).
Diese späte Wieder-Erkenntnis, ernst genommen, müsste nämlich eine angesichts der langen antijüdischen christlichen Tradition schockierende Wende bedeuten und eine Umorientierung der ökumenischen Hoffnung und Arbeit. Schlagen wir nicht die falsche Schlacht, wenn wir um das Verstehen des Amts-Sakramentes und des Papsttums debattieren? Nie werden sich Lutheraner und Rom einigen können, wenn sie nicht einmal realisieren, dass der, den jeder Priester und der Hirte in Rom ‚in persona‘ vertreten, der Herr Jesus nämlich, ein jüdischer Lehrer und Prophet war und weder Lutheraner, noch Katholik, noch Calvinist.
Dieses Problem zwischen Christen und Juden ist in meinem Beitrag das Thema. Als Dürer das Zitierte ins Tagebuch schrieb und die Passion zeichnete, gab es noch keine vollendete Spaltung, noch lautete die Devise: Reform der Kirche nach dem Evangelium Jesu. Für heutige Postchristen, Humanisten und Skeptiker muss die Frage utopischer sein als eine Mars-Landung. Wenn schon in den Kirchen die ökumenische Flamme fast erloschen ist. Ich wollte aber gerade für jene zeigen, warum sie so traurig auf die Gegenwart schauen müssen und z. B. keine außerordentliche Bewegung bei den Christen zur Jubiläumsvorbereitung wahrnehmen können, jedenfalls kein Äquivalent zu den täglichen Katastrophenmeldungen.
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #10Diese späte Wieder-Erkenntnis, ernst genommen, müsste nämlich eine angesichts der langen antijüdischen christlichen Tradition schockierende Wende bedeuten und eine Umorientierung der ökumenischen Hoffnung und Arbeit.
Ich stimme zu, daß das eine ganz wichtige Wende in diesem Bereich ist. Ich sehe aber nicht die Bedeutung für die Ökumene. Die evangelische Seite hatte sich (leider) bisher nicht an der alten Position der katholischen Kirche gestört und das Verhältnis zum Judentum hat dort auch eine ganz geringe Priorität.
Zitat Schlagen wir nicht die falsche Schlacht, wenn wir um das Verstehen des Amts-Sakramentes und des Papsttums debattieren?
Das sind zwar m. E. in der Tat theologisch nebensächliche Themen - bleiben aber wohl zentrale Hindernisse für eine echte Einigung.
Zitat Nie werden sich Lutheraner und Rom einigen können, wenn sie nicht einmal realisieren, dass der, den jeder Priester und der Hirte in Rom ‚in persona‘ vertreten, der Herr Jesus nämlich, ein jüdischer Lehrer und Prophet war und weder Lutheraner, noch Katholik, noch Calvinist.
Beide Seiten können problemlos damit leben, Jesus als jüdischen Lehrer zu sehen. Aber sie werden trotzdem weiter darauf beharren, daß er Lutheraner bzw. Katholik war. Genauer gesagt natürlich, daß er schon damals die jeweilige Sicht vertreten hätte.
Zitat von R.A. im Beitrag #11 Aber sie werden trotzdem weiter darauf beharren, daß er Lutheraner bzw. Katholik war. Genauer gesagt natürlich, daß er schon damals die jeweilige Sicht vertreten hätte.
Als Atheist habe ich zwar kaum Rechte, mich in diese Diskussion einzumischen. Aber die für mich einzig gültige Interpretation des Christenums bietet Father Ray. https://www.youtube.com/watch?v=XYKwqj5QViQ
Da könnte ich glatt wieder Christ werden.
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Zitat von R.A. im Beitrag #11 Aber sie werden trotzdem weiter darauf beharren, daß er Lutheraner bzw. Katholik war. Genauer gesagt natürlich, daß er schon damals die jeweilige Sicht vertreten hätte.
Als Atheist habe ich zwar kaum Rechte, mich in diese Diskussion einzumischen. Aber die für mich einzig gültige Interpretation des Christenums bietet Father Ray. https://www.youtube.com/watch?v=XYKwqj5QViQ
Da könnte ich glatt wieder Christ werden.
Interessant, dass die Gesangskunst eines Priesters neben seiner Zugewandtheit zu Gliedern seiner Gemeinde, ein paar schön gekleidete Instrumentalisten, ein Brautpaar ..., die zusammen die festliche Atmosphäre einer Hochzeit hervorbringen, die Macht besäßen, um das Herz eines - ja wohl nicht von ungefähr - Abständigen "glatt" wieder für das Christentum (und seinen Gott) zu erwärmen.
Jesus war mit seinen Jüngern gerne auf Hochzeiten und bei festlichen Mahlen, bei denen es hoch herging, erfährt man aus dem NT. Aszetische Gemüter nennen ihn einen "Fresser und Weinsäufer". In Jericho gewinnt er das Herz des (wegen seines Zollgeschäfts von gewissen Kreisen des Volkes verachteten und "geschnittenen") Zachäus, indem er sich unterwegs zum Fest nach Jerusalem bei ihm zum Mahl einladen lässt ... - Aufgrund der mannigfachen Aussagen "wächst" in der Bibel die Feier des Mahls und der Hochzeit zum Real-Bild für die endzeitliche Nähe Gottes mit seinem (ihm willigen) Volk.
Zitat "Als Dürer das Zitierte ins Tagebuch schrieb und die Passion zeichnete, gab es noch keine vollendete Spaltung, noch lautete die Devise: Reform der Kirche nach dem Evangelium Jesu. Für heutige Postchristen, Humanisten und Skeptiker muss die Frage utopischer sein als eine Mars-Landung. Wenn schon in den Kirchen die ökumenische Flamme fast erloschen ist."
Mein Hauptpunkt zum Reformations-Jubiläum und damit zur Frage, ob sich die Kirchen wieder einigen sollten und können oder nicht und wie ein Weg denkbar wäre, bezog sich auf die Aussagen der aktuellen Verlautbarung des Apostolischen Stuhls (durch die „Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum“ unter Kardinal Koch): „Die Trennung von Synagoge und Kirche als der erste und weitreichendste Bruch im auserwählten Volk“ (Nr. 3). Denn: „Das Judentum ist nicht einfach als eine andere Religion zu betrachten“ (Nr. 14).
Die Einigung findet auf einer anderen Ebene als der der offiziellen Kirchen und ihrer Vertreter an manchen Punkten durchaus statt. Leider steht dem oft die Institutionstradition im Wege, die manchmal vor allem eine jahrhundertelange Geschichte der bewussten Abgrenzung gegen die jeweils andere Konfession zum Ausdruck bringt. Dabei denke ich - als Protestant - z.B. an Luthers 'Abschaffung' der Heiligen, die er zwar gern als Glaubensvorbilder beibehalten hätte, aber meinte, nicht beibehalten zu können, um sich ausreichend stark von der katholischen Kirche abgrenzen zu können. Ähnliches ist bezüglich der Beichte festzustellen, die aufgrund biblischer Referenzen, vor allem bei Jakobus, sicherlich einen Platz in der erwünschten 'reformierten' Kirche gehabt hätte, wenn man sie denn nicht aus Gründen abgeschafft hätte, die ähnlich gelagert sein dürften wie im vorgenannten Fall.
Dort, wo man sich weiter von den kirchlichen Dogmen entfernt und somit natürlich auch leichter Gefahr läuft, mangels Orientierung in die Irre zu laufen, finden Annäherungen zwischen sehr unterschiedlichen Christen durchaus statt. Genannt sei hier examplarisch der katholische Theologe Johannes Hartl, der keinerlei Berührungsängste gegenüber teilweise auch recht ausgefallenen Vertretern protestantischer Kirchen und Gemeinschaften zu haben scheint. Oder als nahe liegendes persönliches Beispiel die konfessionsverschiedene Ehe, in der die Glaubenspraxis die Konfessionsgrenzen zu überwinden vermag, wenngleich bestimmte Anforderungen erfüllt werden müssen, die das Leben nicht immer nur leichter machen, beispielsweise die Notwendigkeit des katholischen Ehesakraments oder die (nicht mehr ganz so streng gefasste) Erfordernis, die gemeinsamen Kinder im katholischen Glauben zu erziehen. Hinsichtlich der Taufe derselben ist mit der Magdeburger Erklärung von 2007 natürlich demonstriert worden, dass es auch anders geht. Vermutlich nicht zufällig hinsichtlich eines Sakraments, über dessen Bedeutung in den Wurzeln des Christentums wenig Uneinigkeit herrscht - wenngleich vielleicht hinsichtlich seiner Interpretation, wenn man sich denn mit der Position der Baptisten diesbezüglich beschäftigen möchte, die letztlich aber auch nichts Anderes zu sagen scheinen als die Opponenten des Augustinus, die das menschliche gegenüber dem göttlichen Handeln übergewichtet sehen wollten.
Dürer konnte 1521 noch nicht auf zwei sich dezidiert voneinander abgrenzende Kirchen rekurrieren, so dass sein Umgang mit dem damals tagesaktuellen Geschehen dem eines ernsthaften und politisch interessierten Christen entsprechen dürfte. Hier könnten wir auch wieder landen, wenn wir das politisch-institutionelle 'Gerümpel' wegschaffen könnten, das sich im Laufe der Jahrhunderte aufgetürmt hat. Von protestantischer Seite räume ich durchaus ein, dass man sich im Zuge der Identitätsfindung allerlei positiver Aspekte der katholischen Kirche selbst beraubt hat, wie oben beschrieben.
Zitat
Diese späte Wieder-Erkenntnis, ernst genommen, müsste nämlich eine angesichts der langen antijüdischen christlichen Tradition schockierende Wende bedeuten und eine Umorientierung der ökumenischen Hoffnung und Arbeit. Schlagen wir nicht die falsche Schlacht, wenn wir um das Verstehen des Amts-Sakramentes und des Papsttums debattieren? Nie werden sich Lutheraner und Rom einigen können, wenn sie nicht einmal realisieren, dass der, den jeder Priester und der Hirte in Rom ‚in persona‘ vertreten, der Herr Jesus nämlich, ein jüdischer Lehrer und Prophet war und weder Lutheraner, noch Katholik, noch Calvinist.
Dieses Problem zwischen Christen und Juden ist in meinem Beitrag das Thema. Als Dürer das Zitierte ins Tagebuch schrieb und die Passion zeichnete, gab es noch keine vollendete Spaltung, noch lautete die Devise: Reform der Kirche nach dem Evangelium Jesu. Für heutige Postchristen, Humanisten und Skeptiker muss die Frage utopischer sein als eine Mars-Landung. Wenn schon in den Kirchen die ökumenische Flamme fast erloschen ist.
Leider scheint es tatsächlich so zu sein, dass die meisten Menschen heutzutage, wiewohl sie das 'christliche Abendland' im Mund führen mögen, ihren Bezug zum Christentum verloren haben. Dabei stelle ich allerdings fest, dass der Bezug in zwei Schritten verlorengeht: Zuerst geht das genuin christliche Denken und Empfinden verloren, also die Fähigkeit, solche Gedankengänge wie die Dürer'schen aus dem Artikel zu entwickeln oder überhaupt nachzuvollziehen. Diese Fähigkeit erfordert es, auf Gott als den Vater, also als Person und auf Jesus Christus als die Person des Erlösers fokussieren zu können. Dieses Fokussieren ohne die Notwendigkeit, eine Institution zwischenzuschalten, ist dann ja auch ein ursprüngliches protestantisches Anliegen. Die Institutionen sind jedoch leider im Laufe der Zeit der Versuchung erlegen, sich selbst unverzichtbar zu machen. Gerade hier steht die protestantische Kirche im deutlichen Widerspruch zu ihrem ursprünglichen Anspruch. So ist der erste Schritt des Glaubensverlusts der Gesellschaft die Loslösung vom persönlichen Gottesbezug und die ausschließliche Beibehaltung des institutionellen Bezugs, also sozusagen das 'Outsourcen' des Glaubens an eine Institution, und der zweite Schritt ist die Auflösung der Institution oder die Loslösung von der Institution, beispielsweise durch Entfremdung und anschließenden Austritt. Meist geschieht das nicht in dem Leben eines einzelnen Menschen, sondern über mindestens zwei Generationen.
Hier kann aber auch die Hoffnung für einen Neuanfang liegen. Wer sich der Kirche gänzlich entfremdet hat, mag sich dem Glauben dort wieder zuwenden, wo er nicht in der üblichen 'Verpackung' präsentiert wird und somit näher bei dem persönlichen Glaubensempfinden eines Albrecht Dürer liegt. Das kann dort sein, wo Father Ray seinen persönlichen, institutionsfremden Glauben auf musikalischem Wege vermittelt, oder es kann dort sein, wo der katholische Theologe Johannes Hartl sehr institutionsfern und gleichzeitig sehr lebensnah vermittelt, dass er zu einem Dürer'schen Empfinden in der Lage ist und womöglich seinen Zuhörern den Weg zu diesem Empfinden auch zu weisen vermag.
Dort wo der persönliche Bezug dann hergestellt ist, wächst natürlich auch der Wunsch nach einem Verstehen nicht der Institution, sondern der Person ihres Begründers. Und da dieser in seiner Zeit nun ein jüdischer Lehrer und Prophet war, lässt auch besser verstehen, warum die christliche Bibel nicht nur als Neues Testament daherkommt, sondern mit der gesamten Geschichte des jüdischen Volkes und seiner Lehrtexte, die weit mehr ist als ein gedehntes Vorwort zu den Evangelien und folglich auch keinen Antagonismus dazu darstellen kann, weswegen der Antagonismus gegenüber dem Judentum seitens der Christen seine Begründung keineswegs in Jesus Christus finden kann. Im Gegenteil: Die Worte Jesu in den Evangelien machen sehr deutlich, dass er sich zuvörderst als den Erlöser der Juden sieht und die Öffnung der Botschaft des Evangeliums für die Heiden, also die 'Schafe aus dem anderen Stall' oder die 'aufgepropften Ölzweige' eine Horizonterweiterung bietet und keineswegs zur Überheblichkeit gegenüber den ursprünglichen Adressaten der Botschaft Jesu befugt.
Zitat von Hermes im Beitrag #14Ähnliches ist bezüglich der Beichte festzustellen, die aufgrund biblischer Referenzen, vor allem bei Jakobus, sicherlich einen Platz in der erwünschten 'reformierten' Kirche gehabt hätte, wenn man sie denn nicht aus Gründen abgeschafft hätte, die ähnlich gelagert sein dürften wie im vorgenannten Fall.
Die Beichte ist nicht abgeschafft, ganz im Gegenteil bestreitet die CA ihre Abschaffung, und von Luther ist bekannt, daß er selber regelmäßig gebeichtet habe. Geändert und abgeschwächt ist lediglich die Motivation zur Beichte, da sie nun nicht unmittelbar durch das göttliche Verwebungswort wirkt, sondern gewissermaßen nur durch den psychologischen Effekt des Trostes und der Selbstvergewisserung des eigenen Glaubens, den man so erfahre.
Zitat von Hermes im Beitrag #14Dort, wo man sich weiter von den kirchlichen Dogmen entfernt und somit natürlich auch leichter Gefahr läuft, mangels Orientierung in die Irre zu laufen, finden Annäherungen zwischen sehr unterschiedlichen Christen durchaus statt. Genannt sei hier examplarisch der katholische Theologe Johannes Hartl, der keinerlei Berührungsängste gegenüber teilweise auch recht ausgefallenen Vertretern protestantischer Kirchen und Gemeinschaften zu haben scheint.
Solche "überkonfessionellen" Initiativen sind eigentlich kirchenungebundene Initiativen. Fähiges Personal für ähnliche Aktionen gibt es durchaus, allerdings steht dem wahrscheinlich das anonyme Volkskirchentum entgegen?
Zitat von Hermes im Beitrag #14Vermutlich nicht zufällig hinsichtlich eines Sakraments, über dessen Bedeutung in den Wurzeln des Christentums wenig Uneinigkeit herrscht - wenngleich vielleicht hinsichtlich seiner Interpretation, wenn man sich denn mit der Position der Baptisten diesbezüglich beschäftigen möchte, die letztlich aber auch nichts Anderes zu sagen scheinen als die Opponenten des Augustinus, die das menschliche gegenüber dem göttlichen Handeln übergewichtet sehen wollten.
Baptisten würde ich nicht mit Donatisten vergleichen. Im Grunde haben sie nur die Intention eines Sakraments mit der Gestalt eines anderen verwechselt: Sie pflegen nämlich die Buße (die bewußte Entscheidung zur Umkehr) in der Gestalt der Taufe. Das ist kirchengeschichtlich gar nicht so abwegig, da man ganz früher nur im Zusammenhang mit der Taufe gebeichtet hat. Baptisten kommen trotzdem nicht auf den donatistischen Gedanken, man könne durch einen Rückfall in die Sünde die Heiligung durch die "Bußtaufe" wieder verlieren.
Zitat Wenn der Bruch zwischen Christen und Juden hier als Ur-Spaltung im Gottesvolk bezeichnet wird, ist damit nicht das Geheimnis aller daraus folgenden Kirchenspaltungen gelüftet und vielleicht auch die Konkurrenz des Islam?
Es ist ja eine unilateral katholische Auffassung. Wie sehnen das Juden? Würden sie nicht vielleicht darauf beharren, daß es schon insofern kein einheitliches Gottesvolk mehr war, als daß eine Seite einen Messias glaubte, der es in Wahrheit keiner sei, und als sie in diversen inhaltlichen Punkten eine Abwendung von traditionellen orthoxen Judentum vollzogen hatten? Mir kommt der Gedanke, weil Sie den Islam angeführt haben. Der Koran argumentiert ähnlich. Ursprünglich gäbe es nur eine Religion, sie sei allenfalls verfälscht. Analog würde ich gegenüber dem Islam so argumentieren wie vermutlich ein Jude gegenüber Ihrer These. Der Islam hat einen neuen Propheten gebracht mit neuen und abweichenden Glaubensinhalten.
zu Ihrem letzten Punkt: Natürlich gab und gibt es auch heute kein einheitliches gläubiges Judentum; deshalb habe ich meinen Vorschlag, die Kirchen könnten zur gemeinsamen Quelle zurückgehen, auf die jüdische Bibel (die freilich ebenfalls verschieden gedeutet wird) bezogen. Sie ist aber ein fester Anhaltspunkt. Jesus kannte keine andere, die Apostel benutzten keine andere. Die nach der Tötung Jesu entstandene messianische Gruppe, die Heidenchristen im Sinn der 'Völkerwanderung zum Sion' ohne Beschneidung usw. aufnahm, weil eben der Messias schon dageween war, ist Jahrzehnte älter als das um 70 entstandene Gelehrtenjudentum ohne Tempel, Staat und Land. Nach gegenwärtiger Forschungslage kam die wirkliche Trennung zwischen Synagoge und Kirche erst im 3. und 4. Jh, am spätesten in Syrien, wo Christen noch im 5. Jh Synagogen besuchten.Die spätere gegenseitige Polemik hat also vieles verzerrt. Nach meiner Sicht bilden die gläubigen Juden als Gottesvolk der Ersten Liebe bleibend die Mitte, und wir Heidenchristen bilden den engsten weiteren Kreis um sie im Sinn der genannten Völkerwallfahrt. Eine theologische und kulturelle Vielfalt gilt auch durchaus als katholisch.
Mir ist bewusst, dass Juden nicht davon abgehen, den "Gottesknecht" von Jesaja 53 kollektiv zu verstehen, als Schicksal der ganzen Judenheit, und ebenso wird der Messias meist kollektiv oder als Hoffnungsvision und bloßes Symbol verstanden. Ein Grund ist aber vor allem die Absetzung von einem Christentum, dem es (noch) nicht gelungen ist, den Eindruck einer Mehrgötterlehre zu vermeiden. Wir Christen brauchen eine neue Sprache für die 'Gottessohnschaft' Jesu; und diese muss fähig sein, beidem gerecht zu werden, dem jüdischen Monotheismus (auch dem Monotheismus Jesu) sowie dem Anliegen, die Hoheit Jesu sprachlich auszudrücken: dass in seiner Person das Judentum zur Vollendung der Gotteserkenntnis gelangte und dass das Geheimnis Gott definiert werden darf mit der Lehre und Gestalt Jesu. Nebenbei: Damit wäre auch der Vorwurf aus der Welt, auch der christliche Monotheismus neige zu Gewalt; denn Jesu Art lässt das gerade nicht zu.
Mohammed wollte zuerst von der heimischen Synagoge als Prophet anerkannt werden, dies wurde ihm verweigert. Vom Christentum kannte er keine rechtgläubige Gemeinde oder einen Bischof, sondern allenfalls heterodoxe Wandermönche und apokryphe Evangelien-Geschichten, wie der Koran zeigt. Sein eigener Stamm lehnte ihn ebenfalls zuerst ab, durch seine Flucht erkannte er, dass die Religion Stämme besser zusammenführen kann als das Blut. Vielleicht kam er so zur Idee, die verarmten Stämme zusammenzuschließen zur Eroberung von besser gestellten Ländern? Wie Mohammed reagiert hätte, wenn Juden und Christen nicht zwei getrennte Gottesvölker gewesen wären, wissen wir natürlich nicht. Zur Gründung eines dritten 'wahren' Gottesvolkes brauchte er das alte Pilgerheiligtum und die Umdeutung der Vorgeschichte mit Abraham und Ismael und musste entsprechend Mose und Jesus relativieren. Die Meinungen und Kritiken zur Entstehung sind sehr kraus, solange und wo eine wissenschaftliche Betrachtung nicht erlaubt wird. Vergleichen wir nur den langen Weg der historisch-kritischen Exegese bei der Jesusforschung, die den Rationalismus und die Mythen aufklären musste.
Mit herzlichem Dank für Ihre Gedanken Ludwig Weimer
Natürlich gab und gibt es auch heute kein einheitliches gläubiges Judentum; deshalb habe ich meinen Vorschlag, die Kirchen könnten zur gemeinsamen Quelle zurückgehen, auf die jüdische Bibel (die freilich ebenfalls verschieden gedeutet wird) bezogen. Sie ist aber ein fester Anhaltspunkt. Jesus kannte keine andere, die Apostel benutzten keine andere.
Sprechen Sie vom TaNaK oder von der Septuaginta (historisch betrachtet eine jüdische Übersetzung)? (Die Schriftzitate bei Mt sind fast ausschließlich aus der LXX.) Warum ich das frage?
Zitat Wir Christen brauchen eine neue Sprache für die 'Gottessohnschaft' Jesu; und diese muss fähig sein, beidem gerecht zu werden, dem jüdischen Monotheismus (auch dem Monotheismus Jesu) sowie dem Anliegen, die Hoheit Jesu sprachlich auszudrücken: dass in seiner Person das Judentum zur Vollendung der Gotteserkenntnis gelangte und dass das Geheimnis Gott definiert werden darf mit der Lehre und Gestalt Jesu. Nebenbei: Damit wäre auch der Vorwurf aus der Welt, auch der christliche Monotheismus neige zu Gewalt; denn Jesu Art lässt das gerade nicht zu.
Diese Sprachregelung, ganz jüdisch und ganz evangeliumsgemäß, war ja schon einmal gefunden: Adonai, Kyrios, Herr: G'tt im AT, Jesus im NT (Joh-Ev.). Wie ich das meine? Die Septuaginta verwendet das Wort Kyrios für das Tetragramm, das Joh-Ev für Jesus. Philologisch, und damit wissenschaftlich, kein Problem, oder?
Insofern bräuchten sich Juden und Christen "bloß" darauf zu einigen, die Septuaginta als Heilige Schrift zu akzeptieren und das Johannesevanangelium als jüdische Auslegung/ Fortschreibung der Heiligen Schrift aufzufassen (wenn die Spaltung eh erst im 4., 5. Jh vollendet war, ist Joh ja eh noch recht nah am Ursprung, ... ).
Bleibt die Frage, was für alle Beteiligten schwieriger zu akzeptieren ist: Jesus philologisch mit dem Kyrios des AT gleichzusetzen, oder die Konsequenz aus dieser Überlegung für die eigene Existenz?
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #17Ein Grund ist aber vor allem die Absetzung von einem Christentum, dem es (noch) nicht gelungen ist, den Eindruck einer Mehrgötterlehre zu vermeiden. Wir Christen brauchen eine neue Sprache für die 'Gottessohnschaft' Jesu; und diese muss fähig sein, beidem gerecht zu werden, dem jüdischen Monotheismus (auch dem Monotheismus Jesu) sowie dem Anliegen, die Hoheit Jesu sprachlich auszudrücken: dass in seiner Person das Judentum zur Vollendung der Gotteserkenntnis gelangte und dass das Geheimnis Gott definiert werden darf mit der Lehre und Gestalt Jesu.
Als Programm zur Annäherung der Christenheit an das Judentum mag das taugen, für die christliche Ökumene wäre es jedoch tödlich. Damit würden sofort die jahrhundertelangen Konflikte wieder losgehen, die zu den christologischen und trinitarischen Formeln geführt haben und mit ihnen weitgehend gelöst worden sind. (Eine Ausnahme stellt noch das rätselhafte "filioque" dar.)
Mir scheint, dass die Ökumene ihr Ziel im wesentlichen erreicht hat. Alle Christen erkennen alle anderen als Christen an, und man verzichtet auf die wechselseitige Missionierung: was bedeutet, dass man die verbleibenden Differenzen nicht mehr als heilsrelevant ansieht. Und dann könnte man sie, finde ich, auch auf sich beruhen lassen. Das gleiche gilt für das Verhältnis zu den Juden, jedenfalls, was jene christlichen Kirchen betrifft, die bei Juden nicht mehr missionieren.
Zitat von Kallias im Beitrag #19Alle Christen erkennen alle anderen als Christen an, und man verzichtet auf die wechselseitige Missionierung
Das mag für den Mainstream zwischen Rom und den Protestanten gelten, aber wie passen da die Freikirchen rein, die gerade in Brasilien äußerst aggressiv missionieren?
Gruß Petz
Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)
xanopos
(
gelöscht
)
Beiträge:
04.03.2016 12:57
#21 RE: Reformations-Jubiläum für gespaltene Christen
Zitat von Meister Petz im Beitrag #20Das mag für den Mainstream zwischen Rom und den Protestanten gelten, aber wie passen da die Freikirchen rein, die gerade in Brasilien äußerst aggressiv missionieren?
Stimmt, das gibt es, da hat sich sich bei mir was Falsches im Gedächtnis eingenistet. (Merke: keine Kommentare schreiben ohne sorgfältige Recherche!)
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #17Ein Grund ist aber vor allem die Absetzung von einem Christentum, dem es (noch) nicht gelungen ist, den Eindruck einer Mehrgötterlehre zu vermeiden. Wir Christen brauchen eine neue Sprache für die 'Gottessohnschaft' Jesu; und diese muss fähig sein, beidem gerecht zu werden, dem jüdischen Monotheismus (auch dem Monotheismus Jesu) sowie dem Anliegen, die Hoheit Jesu sprachlich auszudrücken: dass in seiner Person das Judentum zur Vollendung der Gotteserkenntnis gelangte und dass das Geheimnis Gott definiert werden darf mit der Lehre und Gestalt Jesu.
Als Programm zur Annäherung der Christenheit an das Judentum mag das taugen, für die christliche Ökumene wäre es jedoch tödlich. Damit würden sofort die jahrhundertelangen Konflikte wieder losgehen, die zu den christologischen und trinitarischen Formeln geführt haben und mit ihnen weitgehend gelöst worden sind. (Eine Ausnahme stellt noch das rätselhafte "filioque" dar.)
Mir scheint, dass die Ökumene ihr Ziel im wesentlichen erreicht hat. Alle Christen erkennen alle anderen als Christen an, und man verzichtet auf die wechselseitige Missionierung: was bedeutet, dass man die verbleibenden Differenzen nicht mehr als heilsrelevant ansieht. Und dann könnte man sie, finde ich, auch auf sich beruhen lassen. Das gleiche gilt für das Verhältnis zu den Juden, jedenfalls, was jene christlichen Kirchen betrifft, die bei Juden nicht mehr missionieren.
Herzliche Grüße, Kallias
Darf ich dazu (und z. T. auch zu anderen Meinungen) eine spontane - hoffentlich ein wenig klärende - Anmerkung versuchen? In dem zitierten Absatz aus Beitrag #17 argumentiert L. Weimer theologisch - und zwar paradox gesprochen: aus einem elementar missionarischen Anliegen heraus: um heute noch einmal - ungeachtet der noch und vielleicht weiterhin bestehenden Spaltungen - Gottes Offenbarung verstehbar und fruchtbar werden zu lassen. Fruchtbar in dem Sinne, dass gerade nicht alles - rechtlich oder soziologisch gesehen - beim Alten bleiben könnte, "Frieden" unter unterschiedlich denkenden ... Parteien hergestellt wäre. - Wie "Freikirchen" im einzelnen missionieren, kann ich nicht thematisieren, dazu habe ich keine Kompetenz. Wenn ich mir ein pauschales Urteil erlauben darf, wird von ihnen nicht so sehr der Verstand, sondern vornehmlich das Gefühl angesprochen; mit einer im Augenblick vereinnahmenden und überwältigenden Tendenz. Ihr größter Trumpf und ihre Durchschlagskraft scheint zu sein, dass sie ihre Mission auf der Basis bestehender Solidar-Gemeinschaften führen, über die konfessionell gebundene Kirchen in der Regel nicht in dem Maße verfügen. -
Da in der Diskussion dieses Themas gelegentlich auf Father Ray und Dr.Johannes Hartl verwiesen wurde, bin ich deren Stil ein ganz klein wenig nachgegangen und versuchte mir ein Urteil über ihren jeweiligen "Missionseifer" zu bilden: Father Ray verfügt über das Charisma seiner ausgebildeten Stimme, das er - offenbar - gepaart mit seiner Empathie für die Anliegen seiner Gemeindemitglieder in die Liturgie seiner Kirche einzubringen und damit - vornehmlich über das Gefühl - die Herzen der Menschen zu gewinnen weiß. - Anders J. Hartl. Ich sah mir einen seiner öffentlichen Auftritte ganz und andere kursorisch auf Yoo Tube an. Erst jetzt erinnerte ich mich, dass ich in der Tagespresse schon Fotos von ihm und Nachrichten über ihn gelesen hatte. Den Mann muss man tatsächlich auf der Bühne agieren und seine Gedanken entwickeln sehen. Seine Gestik erinnert an die eines Pantomimen. Man könnte aber ebenso behaupten: das eines Junkies, eines Menschen, der sein ganzes Erscheinungsbild auf unbedingtes Ankommen bei einer bestimmten Schicht seines Publikums (sprich: vornehmlich junger Leute)getrimmt hat: Vorzeige-Body, eng sitzender Anzug, dazu: modische Turnschuhe!. Das Frappierende aber ist, dass seine Gestik - teilweise unglaublich perfekt - sein Reden in der Art unterstreicht, dass man ihm einerseits seine Hilflosigkeit im Überbringen seiner - eben nicht seiner, sondern der gemeinten, der Gottes-Botschaft, glauben will, und zudem mehr und mehr überwältigt wird durch die - gefühlte - Stringenz seiner dargestellten Theologie, die sich - konsequent - aller Mittel modernster Kommunikation bedient. - Ich sah mir den Vortrag mit dem Thema "ganz, ganz" an. Rückblickend betrachtet bestand der Inhalt in einer geschickten Reihung theologischer Topoi, die einer Konkordanz entnommen werden können. Nur, das war/ist es eben nicht. Das bunt gemischte Publikum konnte/kann erleben, dass Gott den Menschen ganz so will, "wie er ihn geschaffen hat" und dass er ihm ebenso nur eben ganz so, wie er ist, gefallen kann. - Ich muss gestehen, dass ich zunächst auch dieser Rhetorik erlegen bin. - Was bei dieser Theologie - kurz gesagt - fehlt bzw. irreführt, ist, dass das real Bestehende (Erworbene und verlorene) im Leben eines Menschen, nach original christlichem Glauben auf geschichtlichem Wege real verwandelt werden kann und muss. Dazu braucht es den Ort, wo dies geschehen kann. Einen Ort, wo einem gestrandeten oder aus sonst welchen Gründen zu kurz gekommenen Menschen wirkmächtig gesagt werden kann: Du musst dein Leben ändern. - Gott bzw. sein "Sohn" Jesus Christus will (kann) nämlich nicht aus historischer Distanz wirken, sondern geschichtlich, durch gläubige Menschen vermittelt. - Der "Ort", die Orte, Gottes/Christi Wirkbereich das waren in der historischen Zeit nach Ostern die christlichen überschaubaren Gemeinden aus Juden, die im Glauben schon durch den Tenak auf den Messias hin erzogen worden waren, wenig später auch aus den dazugeführten Nicht-Juden (Heiden). So möchte man sich das auch heute glaubhaft und wirkmächtig wünschen.
Tausend Fragen. Ich wählte die Frage: Lutheraner und Katholiken, wie feiern sie, wir das 500jährige Jubiläum?
Verschiedene Christentümer, Verzicht auf gegenseitige Missionierung, Verzicht auf Wiedervereinigungsversuche, vielmehr Stolz auf den Interpretations-Fund: Reichtum der Verschiedenheit, – aber ist das wirklich ein Fortschritt? Weil ich das bezweifle, habe ich die neueren wissenschaftlichen Ergebnisse zur Geschichte des Verhältnisses Jesu und der frühen Kirche zum Judentum zu Hilfe genommen. Sie sind überhaupt noch nicht in ihrem Gewicht in das Bewusstsein der Christen und Postchristen eingedrungen. Öfter sagte ich schon vor Freunden im Scherz: „Ich bin zuversichtlich. Unsere Kirche glaubt gottseidank nicht nur an Gott, sondern auch der Wissenschaft.“ Zum Glauben gehört tatsächlich auch die Vernunft. Die Tatsache, dass Jesus Jude war und kein Christ und dass die frühe Kirche an manchen Orten einige Jahrhunderte lang nicht ohne den Synagogenbesuch existierte, bedeutet eine Revolution. Noch lässt sie sich verdrängen, noch gibt es genug Antisemiten auch in der Kirche. Aber die Stunde der Revolution des Denkens kommt, wie die Rehabilitierung von Galileo Galilei kam und wie Jan Hus 2015 von Papst Franziskus als Kirchenreformer gewürdigt wurde. Die Kirche steht zu Vernunft und Wissenschaft. Das hat sie als Erbe aus der jüdischen Bibel.
Lieber Kallias! Gott ist noch von niemandem direkt gesehen und gehört worden. Jesus ist eine greifbare historische Persönlichkeit. Die Apostel hatten den Mut, zu sagen: Wer ihn gesehen hat, habe Gott gesehen. In ihm habe Gott gesprochen. Sie wussten um den Unterschied zwischen der Vergöttlichung eines Kaisers und dem Titel „Sohn Gottes“ für Jesus. Sohn und Vater sind zwei Personen. Also zwei Götter? Nein. Der „Sohn“ war jüdischer Monotheist! Ich habe das bei den Exegeten benutzte Wort „Hoheit Jesu“ gewählt, um aus dem sprachlichen Dilemma herauszukommen: Nicht zwei Götter, sondern nur einer. Hoheit meint hier den vollen Glauben der Kirche an die „wesensgleiche Göttlichkeit“ Jesu. Ich wählte als – wie ich hoffe - weniger missdeutbare Sprache dafür: der Jude Jesus ist für die Christen die Definition Gottes. Auf das Wort „Sohn“ verzichte ich übrigens nicht, sondern gebrauche es wie alle im Credo, mit dem Wissen freilich, dass – laut einer Formel des Konzils 1215 im Lateran – alle Analogien zwischen Geschöpf und Schöpfer weit unähnlicher als ähnlich sind. Dies wende ich auf die aus der Menschenwelt genommenen Begriffe (Gottes-)Sohn und (Gott-)Vater an. Was aber sogar inhaltlich ähnlich ist, sind bei Vater und Sohn zwei Punkte: das familiäre Verhältnis der Liebe und das juristische der Gleichstellung.
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.