Würde das nicht bedeuten, dass Judas Gottes Wille ausgeführt hat? Mir ist sowieso nicht klar, weswegen auf Judas so rumgehackt wird. Judas war bei weitem gläubiger als Petrus.
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Ich kann mich noch gut an die tiefe Betrübnis und das Mitgefühl erinnern, das ich als Kind hatte, wenn es um die Leidensgeschichte Jesu gegangen ist. Ich glaube, ich kann sagen, daß mein "Empathiemodul" seine kindliche "Eichung" unter anderem auch durch die Kreuzigungsgeschichte erfahren hat. Daran fühlte ich mich durch Deinen Text erinnert, danke dafür.
Abgesehen davon stellt die Passionsgeschichte wohl ein gleichsam "ewiges" Argument gegen die Validität plebiszitärer Entscheidungen dar.
Herzliche Grüße, Andreas
"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)
Zitat von Frank2000 im Beitrag #2Würde das nicht bedeuten, dass Judas Gottes Wille ausgeführt hat? Mir ist sowieso nicht klar, weswegen auf Judas so rumgehackt wird. Judas war bei weitem gläubiger als Petrus.
Lieber Frank, die Situation von Judas ist in der Tat paradox. Einerseits ist er der Verräter, andererseits hätte sich ohne seinen Verrat die Schrift nicht erfüllt. Die Evangelien selbst geben den Verrat des Judas, seine Reue und seinen Suizid in der typischen Nüchternheit des Neuen Testaments wieder. Die Ächtung des Judas dürfte erst später begonnen haben; ich vermute - und würde da die religionshistorisch beschlageneren Zimmerleute um Aufklärung ersuchen - mit dem ersten christlichen Antijudaismus im Zuge der Abspaltung des Christentums vom Judentum.
Es ist durchaus bezeichnend, dass der Fels, auf den Jesus seine Kirche baute, in der Brandung gehörig wackelte. Dies ist wiederum ein Zeugnis für den profunden Humanismus des Christentums. Selbst der erwählte Oberhirte ist ein Mensch mit Fehlern, der, als es brenzlig wird, verbal das Hasenpanier ergreift. Judas war im Vergleich zu Petrus zweifellos der stärkere Charakter.
Zitat von Doeding im Beitrag #3Ich kann mich noch gut an die tiefe Betrübnis und das Mitgefühl erinnern, das ich als Kind hatte, wenn es um die Leidensgeschichte Jesu gegangen ist.
Das ging mir genauso, lieber Andreas.
Im Christentum hat Gott durch Jesus Christus ein zutiefst menschliches Antlitz. Der Gläubige kann bei diesem Gott auf Verständnis für sein Leid und seine Drangsale hoffen, weil Jesus alle Schattenseiten der Existenz am eigenen Leib erlebt hat. Dieses menschliche Antlitz ist, wie mir der Theologe meines Vertrauens einmal erklärt hat, für die Kommunikation mit Gott ein immenser Vorteil: Man muss nicht beten lernen, sondern kann mit ihm ganz einfach frei von der Leber weg sprechen.
Zitat von Noricus im Beitrag #4Es ist durchaus bezeichnend, dass der Fels, auf den Jesus seine Kirche baute, in der Brandung gehörig wackelte.
Selbst Christus wackelte ein bisschen, wenn ich mich nicht irre, als er seinen Vater bat, den Kelch an ihm vorüberziehen zu lassen.
Mir geht es da wie Andreas. Die Leidensgeschichte und die Verzweifelung Christus, seine Einsamkeit haben mich als Kind und Jungendlicher sehr bewegt. Sie war wohl, neben Jesu Liebe, das für mich prägende des christlichen Glaubens, war was für mich Christus ausmachte. Mit Judas hatte ich als Kind immer großes Mitleid und hoffte Jesus würde ihm verzeihen können. Ich glaube ich habe als Kind sogar an jedem Karfreitag für ihn gebetet.
Es gibt Momente, da fühle ich mich wieder tief verbunden mit meiner Religion. Die Lektüre Ihres Textes war ein solcher Moment.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von Noricus im Beitrag #4Die Ächtung des Judas dürfte erst später begonnen haben; ich vermute - und würde da die religionshistorisch beschlageneren Zimmerleute um Aufklärung ersuchen - mit dem ersten christlichen Antijudaismus im Zuge der Abspaltung des Christentums vom Judentum.
Womöglich hat man auch versucht, angesichts römischer Zensoren Schuld von den Römern auf die Juden abzuwälzen. In der Gesamtschau sieht es nach absichtlich unsauberen Manipulationen aus: Wieso muß Jesus von Judas per Kuß gegenüber den Söldnern des Hohepriesters identifiziert werden, wenn Er an anderer Stelle sagt, daß Er jederzeit offen und für alle sichtbar gepredigt habe? Die Darstellung von Pontius Pilatus ist auch nicht ganz kohärent. Einerseits gibt er den skrupulösen Zweifler, andererseits droht er mit seiner Macht, auch unrechtmäßig Gewalt anzutun. Die Freilassung Barabbas gab es auch ziemlich sicher historisch so nicht. Ein römischer Statthalter macht keine Ausnahme von seinem Recht, und wenn, dann nicht anläßlich eines Barbarenfestes sondern allenfalls anläßlich einer Zahlung in sein Privatvermögen. Aber das ist alles Spekulation; 2000 Jahre danach. Die Überlieferer wollten die Texte so, wie sie jetzt sind und werden selbst bei absichtlich unsauberen Manipulationen die Möglichkeit gewählt haben, die das Kerygma am besten weitergibt.
Zitat von Noricus im Beitrag #4Einerseits ist er der Verräter, andererseits hätte sich ohne seinen Verrat die Schrift nicht erfüllt.
Naja, andererseits hätte es ein anderer von den Zwölfen gemacht. Man muß hier auch klar zwischen Schuld und Kausalität unterscheiden. So wie der Text ist, liegt die Schuld als Verräter zu 100% bei ihm. Daß es möglich ist, daß eine schlechte Tat auch gute Folgen hat, hat damit nichts zu tun. (Beispielsweise hätten sich meine Eltern nie kennengelernt und folglich mich auch nie gezeugt, wenn der 2. Weltkrieg nicht die Völkerschaften umgerührt hätte. Trotzdem muß ich es nicht gut finden oder entschuldigen, daß dieser Krieg angezettelt wurde. ) Auch spielt es keine Rolle, daß man Jesus auch ohne den Verrat erwischt hätte.
Als Katholik greife ich gern Ihre Anmerkung auf und verweise darauf, dass diese Megillat Aicha im "Stundengebet" der Kirche am Karfreitag in den frühen Morgenstunden (Matutin) zu finden sind und von christlichen Gemeinschaften meist in der Landessprache rezitiert werden. Die 5 kunstvoll gestalteten Lieder in Form der öffentlichen Klage, heißen in der katholischen Bibel "Klagelieder des Jeremia" , weil sie dort dem Prophetenbuch des Jeremia unmittelbar folgen. Wer sie verfasst hat ist ungeklärt. Beweggrund und Inhalt aller Lieder ist die Katastrophe von 587/86, die auch der Prophet Jeremias miterlebt hat: die Wehklage um den zerstörten Tempel und die Stadt Jerusalem , die Deportation der Oberschicht der Bevölkerung nach Babylon, das Ertragen des Spotts der Feinde ...einerseits, und anderseits die Einsicht der eigenen Schuld, die zu der Katastrophe führte, und schließlich die Bitte um Vergebung der Schuld. Die Stadt selbst klagt im antiken Bild einer Frau, die ihres Schmucks beraubt und zur schutzlosen, geschähten Witwe geworden ist.
Sie kennen das, lieber beer7. - Ich versuche - daran anknüpfend - noch ein wenig über den christlichen "Karfreitag" (Ansätze der Bewältigung und Überwindung des Nihilismus) und die Botschaft von der "Auferweckung" des Jesus von Nazareth nachzudenken, nachdem Noricus in seinen "kurzen Gedanken zum Karfreitag" auf seine Weise darauf einging und einige andere ihre Gedanken dazu äußerten. -
Dass diese Klage - und zwar in der oben angeführten Form als Schmerz, der zu Einsicht und Bitte führt - in geschichtlich greifbarer Zeit aufgeschrieben und wachgehalten, überliefert und gemeindlich regelmäßig erinnert worden ist, ist von höchster (theologisch gesprochen: heils- oder offenbarungsgeschichtlicher) Bedeutung. Sie wird den Anhängern des gekreuzigten Messias, Jesus von Nazareth, die ja allesamt Juden waren, neben den täglich gebeteten Psalmen zu einer tiefgreifenden Hilfe, die Katastrophe im Jahr 30 vor den Toren der Stadt Jerusalem bewältigen zu lernen. - Zu den Klageliedern/Megillat Aicha und den Psalmen kommen als entscheidendes Mittel der Bewältigung noch hinzu: die 4 "Gottesknechtslieder" beim Propheten Jesaja. Darin wird das noch im babylonischen Exil lebende Volk Israel (538 wird Kyros die Rückkehr und den Wiederaufbau des Tempels gestatten) diesmal als eine männliche Figur, als leidender Gottesknecht, dargestellt. Das vierte Lied vom Gottesknecht, das eine prophetische Deutung des Geschehens an dieser Figur/diesem Volk enthält, hat seit Alters her seinen angestammten Platz in der reichen, aufschlussreichen Liturgie des Karfreitags, kurz vor der Erzählung der Leidensgeschichte Jesu, deren älteste schriftliche (aramäische) Fassung vielleicht schon wenige Jahre (vor 37!) nach seinem Tod vorlag und erst viel später in das uns vertraute Evangelium nach Markus einging. Die christliche Gemeinde behauptet angesichts der Leidensgeschichte Jesu, dass sich der Sinn des Jesaja-Textes erst voll erschieße, seitdem sich in Christus alles erfüllt hat. Deshalb folgt kurz darauf in der Karfreitagsliturgie der Passionstext. - Wenn man aber den Jesaja-Text liest, seinen historischen Ort bedenkt und dazu den weiteren Verlauf der jüdischen und christlichen Geschichte abwägt, wird man innehalten und nachdenklich fragen, was - wenn wirklich der Erfolg eingetreten ist - dieser gekostet hat und bis in die Gegenwart hinein kostet, wenn es zu Beginn des Lieds heißt: "Seht, mein Knecht hat Erfolg, er wird groß sein und hoch erhaben. (Jes 52,13)" Als Christ ist man in der Gefahr zu denken: einer hat´s gerichtet. Er hat alles auf sich genommen. Gott hat ihn belohnt: von den Toten erweckt; alles ist getan. Man braucht sich ihm nur anzuschließen usw. oder nicht einmal das. - Der Jesaja-Text sollte davor schützen, so zu denken. Weder Nihilismus ist angebracht, noch purer Optimismus. Die Schriften des Neuen Testaments erwähnen als "Erfolg" die existierenden Gemeinden: erst nur als "christliche" Juden-Gemeinde in Jerusalem, als gemischte G. in Antiochien; die von Paulus und seinen Mitarbeitern gegründeten Gemeinden: in Korinth, Thessaloniki, Philippi, Ephesus, Kolossä ...in Galatien. Was ist darin anders als sonstwo? Immer ist neben dem Erfolg, Gemeinde Christi zu sein, von den Anstrengungen, den Verfolgungen, dem Streit, den es zu schlichten gilt ...von Krankheiten, von Verfehlungen und auch vom Sterben die Rede. Schon bald kam es zur Trennung von jüdischer und christlicher Gemeinde - mit allen Folgen. Was könnte anders sein? - Ein Leben aus der Zusage, die schon aus dem Jesaja-Text herauszulesen ist. Alles muss durchlebt und durchlitten werden. Aber die Zusage steht tatsächlich: einer - ein Jude - hat es geschafft und davor die vielen, die als Gerechte gelten. Dann die elf - zwölf Männer und die paar Frauen, die neu in Jerusalem angefangen haben. Und gemeinsam mit ihm, dem Gott-Menschen, mit seinem Geist, könnte alles gemeistert werden. Mehr weiß ich nicht zu sagen.
Das vierte Lied vom Gottesknecht: 52,13 - 53,12
13Seht, mein Knecht hat Erfolg, /er wird groß sein und hoch erhaben. 14Viele haben sich über ihn entsetzt, / so entstellt sah er aus, nicht mehr wie ein Mensch, / seine Gestalt war nicht mehr die eines Menschen. 15Jetzt aber setzt er viele Völker in Staunen, / Könige müssen vor ihm verstummen. Denn was man ihnen noch nie erzählt hat, / das sehen sie nun; was sie niemals hörten, / das erfahren sie jetzt.
1Wer hat unserer Kunde geglaubt? / Der Arm des Herrn - wem wurde er offenbar? 2Vor seinen Augen wuchs er auf wie ein junger Spross, / wie ein Wurzeltrieb aus trockenem Boden. Er hatte keine schöne und edle Gestalt, / sodass wir ihn anschauen mochten. Er sah nicht so aus, / dass wir Gefallen fanden an ihm. 3Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, / ein Mann voller Schmerzen, / mit Krankheit vertraut. Wie einer, vor dem man das Gesicht verhüllt, / war er verachtet; wir schätzten ihn nicht. 4Aber er hat unsere Krankheit getragen / und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, / von ihm getroffen und gebeugt. 5Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, / wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, / durch seine Wunden sind wir geheilt. 6Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, / jeder ging für sich seinen Weg. Doch der Herr lud auf ihn / die Schuld von uns allen. 7Er wurde misshandelt und niedergedrückt, / aber er tat seinen Mund nicht auf. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt, / und wie ein Schaf angesichts seiner Scherer, / so tat auch er seinen Mund nicht auf. 8Durch Haft und Gericht wurde er dahingerafft, / doch wen kümmerte sein Geschick? Er wurde vom Land der Lebenden abgeschnitten / und wegen der Verbrechen seines Volkes zu Tode getroffen. 9Bei den Ruchlosen gab man ihm sein Grab, / bei den Verbrechern seine Ruhestätte, obwohl er kein Unrecht getan hat / und kein trügerisches Wort in seinem Mund war. 10Doch der Herr fand Gefallen an seinem zerschlagenen (Knecht), / er rettete den, der sein Leben als Sühnopfer hingab. Er wird Nachkommen sehen und lange leben. / Der Plan des Herrn wird durch ihn gelingen. 11Nachdem er so vieles ertrug, erblickt er das Licht. / Er sättigt sich an Erkenntnis. Mein Knecht, der gerechte, macht die vielen gerecht; / er lädt ihre Schuld auf sich. 12Deshalb gebe ich ihm seinen Anteil unter den Großen / und mit den Mächtigen teilt er die Beute, weil er sein Leben dem Tod preisgab / und sich unter die Verbrecher rechnen ließ. Denn er trug die Sünden von vielen / und trat für die Schuldigen ein.
Zu den Anfängen des Christentums gab es, so hab ichs gelesen, eine christliche Gemeinschaft gab, die Judas tatsächlich als eine Heiligen verehrt hat. Stichwort "Judasevangelium". Auch ich kann den Gedanken nachvollziehen, wieso man Judas als eine positive oder doch zumindest neutrale Figur sehen kann, schließlich hat er dazu beigetragen, dass sich "die Schrift erfüllt". Er kann also abstrakt betrachtet als eine Art Werkzeug Gottes zu Erfüllung seines göttlichen Heilsplans betrachtet werden.
Auf eine bestimmte Weise erschien mir der Gedanke sehr plausibel auch auch irgendwie sympathisch, bis mir folgender Gedanke kam. Welche Botschaft würde man damit eigentlich vermitteln? Man würde Judas auf seine Rolle als "Instrument Gottes" reduzieren und man würde seine an sich schlechte Tat zu einer guten Tat machen, weil sie im Rahmen des göttlichen Heilsplans geschah. Doch genau das tat das Christentum, zumindest in der Form in der es sich dann durchgesetzt hat, nicht. Es bleibt beim Freien Willen und dem sich selbst entscheidenden Individuum. Judas wird also von seinem schlechten Gewissen geplagt, weil er schlechtes getan hat. Was wäre auch die Alternative gewäsen? Schlechte Taten gutzuheißen, solange sie im Rahmen des "göttlichen Planes" passierten? Das wäre ein Beispie, das vielen unmoralischen Menschen später sehr willkommen gewesen wäre, um sich darauf zu berufen. In der Weltgeschichte hat es ja auch ohne so ein Beispiel genug Leute gegeben, die sich auf die Religion berufend über jede Moral und jedes Gesetz stellen wollen. Dabei bietet das Neue Testament dafür nun wirklich nur wenige vorlagen. Wenn Judas also wegen seiner Tat verurteilt wird und sich vielleicht sogar selbst verurteilt und richtet, dann sieht es so aus, als behalte die Lehre vom Freien Willen und der Verantwortung für seine Taten die Oberhand.
Aber was hat es denn damit aufsicht, dass Jesus (die Darstellung weicht wohl zwischen den Evangelien ab) bereits im Voraus wusste, wer ihn verraten würde? Hier ergibt sich ein Mysterium. Für den Gläubigen ist es das Mysterium der göttlichen Vorsehung, die den Freien Willen nicht ausschließt, sondern erlaubt. Für den Ungläubigen dagegen dürfte dieses Mysterium vergleichsweise uninteressant sein, es sei denn er will es frei nach Nietzsche (beim Stichwort Nihilismus und Christentum scheint mir die Bezugnahme auf diesen Autor fast schon zu klischeehaft, um sie zu vermeiden) auf einer tiefenpsychologischen Ebene analysieren. Aus dieser Perspektive wäre die interessante, vielleicht sogar relevante Frage, wieso das junge Christentum dieses Stück des Freien Willens gegen das Schicksal in Schutz nehmen wollte. Wieso brauchte es überhaupt einen "Sündenbock", wenn man doch die Sünde selbst hätte abschaffen können? Ein nüchterner Historiker würde sich vielleicht auf die Feststellung beschränken, dass das frühe Christentum die Schuld eben nicht bei den Römern abladen konnte, auf deren Wohlgefallen war man ja angewiesen. Zumindest konnten das nicht die Teile des Christentums, die später Staatsreligion im römischen Reich wurden.
Die Feststellung am Ende des Textes, es sei ein Alleinstellungsmerkmal des Christentums, einen einsamen, verlassenen, mit seinem Schicksal hadernden Gott zu kennen, hat mich beschäftigt. Ist der Mythos des Herkules vergleichbar? Jedenfalls nicht sehr. Dionysos? Bei der Vielzahl an Mythologie würde ich mich ungern festlegen wollen.
Nehmen wir an es wäre so. Was würde es dann über die "christliche Kultur" aussagen?
Zitat von Awfort im Beitrag #11Nihilsmuss kennen warscheinlich nicht viele daher hier was zum Nachlesen, echt Interessant dieses Wortgebrauch
EDIT: Kommentartext schwarz eingefärbt (er war zuvor blau). Noricus als Moderator
Liebe(r) Awfort,
herzlich willkommen im Kleinen Zimmer.
Wie Sie sehen können, habe ich mir als Moderator erlaubt, Ihren ursprünglich blau gefärbten Kommentartext einzuschwärzen. Blaue Schrift ist im Kleinen Zimmer nämlich eine der Möglichkeiten der Kennzeichnung einer Moderationshandlung. Eine sinnlich leicht fassbare Unterscheidung zwischen Diskussions- und Moderationsbeiträgen hat sich bewährt, um klarzustellen, wann einer der Autoren an der Diskussion teilnimmt und wann er im Hinblick auf die Wahrung der Forumsregeln einschreitet.
Ihr Beitrag spricht einen wichtigen Punkt an: "Nihilismus" ist ein Begriff, den viele verwenden, aber jeder versteht etwas anderes darunter. In meinen Karfreitagsreflexionen habe ich diesem Begriff die folgende Bedeutung beigelegt, die ich schon seit früher Kindheit mit dem Karfreitag assoziiere: Die Jünger Jesu mussten bei dessen Kreuzestod das Gefühl haben, dass alle ihre Hoffnungen und ihr spiritueller Lebensinhalt nun vernichtet waren und sie mit ihrer Existenz gleichsam vor dem Nichts standen.
Zitat von Johanes im Beitrag #10Die Feststellung am Ende des Textes, es sei ein Alleinstellungsmerkmal des Christentums, einen einsamen, verlassenen, mit seinem Schicksal hadernden Gott zu kennen, hat mich beschäftigt. Ist der Mythos des Herkules vergleichbar? Jedenfalls nicht sehr. Dionysos? Bei der Vielzahl an Mythologie würde ich mich ungern festlegen wollen.
Da haben Sie durchaus Recht, lieber Johanes. Ich habe mich lediglich auf die mir bekannten Religionen bezogen.
Was den Herakles-Mythos betrifft, so weist dieser in der Tat deutliche Unterschiede zum Leben Jesu auf. Jesu Tod und Auferstehung sind integrierende Bestandteile der christlichen Lehre, während man Herkules' Arbeiten und seinen - letztlich der Eifersucht seiner Gemahlin geschuldeten - Tod im Nessushemd ohne jedes Problem als getrennte Anekdoten betrachten kann.
Die Gegenüberstellung mit dem Herkules-Mythos lässt die Besonderheiten des Christentums sogar besonders deutlich hervortreten.
Zitat von Johanes im Beitrag #10Nehmen wir an es wäre so. Was würde es dann über die "christliche Kultur" aussagen?
Lassen Sie es mich so sagen: Andernorts sind die Geschichten über menschliche Götter oberflächliche Heldensagen. Die Evangelien sind genau das Gegenteil davon. Der Typus des Antihelden, die Personalisierung der Tragik (es geht nicht um die an einem Beispiel illustrierte condition humaine, sondern um das Leiden und Sterben Jesu) - all das würde es ohne die Evangelien wohl nicht geben. Dies sagt meines Erachtens eine Menge über die christliche Kultur aus.
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