Zitat von Doeding im Beitrag #20Ich vermute allerdings einen gewissen psychologischen Effekt durch die größere körperlich-räumliche Distanz beim Schuß, die für manchen die Schwelle (geringfügig, aber im Einzelfall um genau die entscheidende Menge) reduzieren könnte, zur Tat zu schreiten und auf der Dimension Planung bei gleichzeitig großer Distanz (z. B. Gift, Auftragsmord) vs. Affekt bei gleichzeitig großer Nähe (Hammer, Drosseln) eine Art "Kompromiß" darstellen könnte, der netto zu ein paar i. e. S. zusätzlichen Delikten führen könnte.
Einen psychologischen Effekt der Nähe zum Feind gibt es durchaus; deswegen ist regelmäßig in Kriegen der Einsatz von Artillerie und Bomben tödlicher als der Einsatz von Infanteriewaffen, obwohl es davon immer viel mehr gibt.
Allerdings sehe ich nicht, daß es einen Kompromiß zwischen Planung und Affekt bräuchte. Entweder man handelt im Affekt der gegenwärtigen Eskalationssituation --dann nutzt man Messer und Axt und nur im Ausnahmefall eine Waffe, die man erst aufmunitionieren, fertigladen, zücken und entsichern muß-- oder man handelt nicht aus der gegenwärtigen Eskalationssituation heraus (also geplant), dann nutzt man jedes Mittel, um möglichst große Distanz und möglichst effiziente Verwischung der Spuren zu haben.
Um seine Spuren zu verwischen sind legale (insbesondere registrierte) Waffen immer das dümmste Mittel. Ballistik ist mit die älteste und am besten entwickelte Methodik der Forensik. Wer mit seiner legalen Waffe illegal tötet oder verletzt, kommt fast sicher in den Knast. Will man für sein Tötungsdelikt nicht erwischt werden, sollte man lieber lautlos und möglichst spurlos töten, also ohne, daß Projektile und Patronenhülsen zurückbleiben, nur die Leiche, die man irgendwie verschwinden läßt.
Auch nicht bei starken Unterschieden in der Physis zwischen Täter und Opfer zugunsten des Opfers? Ich will da jetzt gar nicht darauf rumreiten, zumal ich wirklich nur spekuliere. Nehmen wir eine Frau, die ihren körperlich deutlich überlegenen Mann so sehr haßt, daß sie ihn auf Basis rezidivierender Affektspitzen wirklich umbringen könnte. Dem klassischen Affektdelikt steht jedoch ihre Angst gegenüber, daß der Mann ihr den Hammer (oder was auch immer) abnehmen und gegen sie selbst richten könnte. Die Affektspannung baut sich jedoch immer wieder zu schnell und zu stark ab, um einen (ggf. mehrere Wochen umfassenden) Mordplan (z. B. zur Vergiftung) durchzuhalten. Durchaus denkbar aber, daß das Affektgeschehen reicht, um in den Keller zu gehen und den Revolver zu laden. Die Sache mit dem Spuren verwischen wäre dann natürlich eh sekundär; sowas wäre ja vermutlich doch auch als Affektdelikt zu verstehen.
So jedenfalls war das mit dem Kompromiß gemeint; genau genommen sehe ich in solchen Szenarien meist Frauen am Abzug. Ich glaube allerdings auch nicht, daß Zahl solcher Fälle die Jahresstatistik zum explodieren brächte.
Herzliche Grüße, Andreas
"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)
Zitat von Doeding im Beitrag #26Auch nicht bei starken Unterschieden in der Physis zwischen Täter und Opfer zugunsten des Opfers? Ich will da jetzt gar nicht darauf rumreiten, zumal ich wirklich nur spekuliere. Nehmen wir eine Frau, die ihren körperlich deutlich überlegenen Mann so sehr haßt, daß sie ihn auf Basis rezidivierender Affektspitzen wirklich umbringen könnte. Dem klassischen Affektdelikt steht jedoch ihre Angst gegenüber, daß der Mann ihr den Hammer (oder was auch immer) abnehmen und gegen sie selbst richten könnte. Die Affektspannung baut sich jedoch immer wieder zu schnell und zu stark ab, um einen (ggf. mehrere Wochen umfassenden) Mordplan (z. B. zur Vergiftung) durchzuhalten. Durchaus denkbar aber, daß das Affektgeschehen reicht, um in den Keller zu gehen und den Revolver zu laden. Die Sache mit dem Spuren verwischen wäre dann natürlich eh sekundär; sowas wäre ja vermutlich doch auch als Affektdelikt zu verstehen.
Jetzt verstehe ich. Da haben Sie recht, in seltenen Fällen kann man sich diese Möglichkeit denken.
Zitat von Doeding im Beitrag #26genau genommen sehe ich in solchen Szenarien meist Frauen am Abzug.
Dann ist es aufgrund des Frauengleichberechtigungsgebots aus Art. 3 Abs. 2 GG ja sogar grundgesetzlich geboten, das Waffenrecht zu liberalisieren!
Mein Vorschlag wäre hier mal zu testen was die einzelnen Parteien dazu sagen kann man z.B. im DWJ nachschlagen. Ich weiß nicht ob es stimmt aber war Waffen zu tragen nicht einmal das Recht eines Bürgers? Wenn es so gewesen sein sollte, darf man sich fragen was sind wir? Bürger?
Zitat von Doeding im Beitrag #26genau genommen sehe ich in solchen Szenarien meist Frauen am Abzug.
Dann ist es aufgrund des Frauengleichberechtigungsgebots aus Art. 3 Abs. 2 GG ja sogar grundgesetzlich geboten, das Waffenrecht zu liberalisieren!
Sie haben es getroffen! Eine Schußwaffe ist die einzig wirksame Möglichkeit sich gegen einen körperlich überlegenen Gegner zur Wehr zu setzen. Selbst wenn dieser auch bewaffnet ist kommt es immer noch auf antrainierbare Fähigkeiten an und nicht auf angeborene körperliche Merkmale. Für mich ein starkes Argument für die Liberalisierung. Dann hätte auch ich mit meinem untrainiertem über 50jährigem Körper eine Chance gegen jugendliche Schläger.
Was man bei der Debatte gern um das Waffenrecht gern vergisst ist die Tatsache, daß ja nur gesetzestreue Bürger zu Schußwaffen kämen. Die Ganoven haben sie ja schon. Unser strenges Waffenrecht gilt ja nicht nur für Schußwaffen sondern auch für Hieb- und Stichwaffen. Ich bin Jäger. Wenn ich mit einem Messer rumlaufe das zu groß ist riskiere ich nicht nur eine Strafe wegen Verstoß gegen das Waffengesetz, sondern auch meine waffenrechtliche Zuverlässigkeit, damit kann ich meine Waffen verlieren, d.h. ich kann nicht mehr jagen und muß, sofern ich Pächter bin, mein Revier abgeben. Selbstverständlich gilt das für alle, ich bezweifle nur, daß sich ein sog. jugendlicher Intensivtäter abschrecken lässt wenn er schon mehrere Verurteilungen wegen wesentlich schweriegenderer Verstöße hat.
Es wird bei Diskussionen immer Vergleich mit den USA gezogen. Österreich und die Schweiz haben ein deutlich liberaleres Waffenrecht als Deutschland, eine ähnliche Bevölkerungsstruktur und eher weniger als mehr Kriminalität mit Schußwaffen.
Deutschland hat im letzten Jahr übrigens geschätzt eine Million Menschen aus Kriegsgebieten oder Gegenden ins Land geholt in denen Schußwaffen zum Mannsein dazugehören. Aber ich bin sicher, die werden alle irgendwelche nicht gesetzeskonformen Dinge sofort abgeben.
Das ist nur eine Spekulation. Ein statistisches Indiz wäre, wenn Amokläufe nur an Schulen vorkommen, an denen auch die Lehrer keine Waffen tragen dürfen, es niemals hingegen Amokläufe an Schulen gäbe, wo immer ein bewaffneter Lehrer präsent ist.
Das Indiz gibt es, wenn auch nicht so ganz genau: Von wieviel Amokläufen in Polizeiwachen haben Sie schon gehört?
Ich weiß nicht ob es stimmt. Ich meine mal gelesen zu haben, daß in Israel Lehrer zumindest teilweise bewaffnet sind um die Schulen vor Attacken durch palästinensische Attentäter zu schützen.
Das Indiz gibt es, wenn auch nicht so ganz genau: Von wieviel Amokläufen in Polizeiwachen haben Sie schon gehört?
Ich weiß nicht ob es stimmt. Ich meine mal gelesen zu haben, daß in Israel Lehrer zumindest teilweise bewaffnet sind um die Schulen vor Attacken durch palästinensische Attentäter zu schützen.
In unserer Wache sitzt die Polizei hinter dickem Panzerglas
Zitat von RichardT im Beitrag #29 Deutschland hat im letzten Jahr übrigens geschätzt eine Million Menschen aus Kriegsgebieten oder Gegenden ins Land geholt in denen Schußwaffen zum Mannsein dazugehören. Aber ich bin sicher, die werden alle irgendwelche nicht gesetzeskonformen Dinge sofort abgeben.
Vielleicht nicht mal in erster Linie (aber sicherlich auch) zum Mannsein. Was mir bei den Diskussionen um Verhaltensauffälligkeiten, etwa Massenschlägereien und Tötungsdelikte, in Unterkünften oft auffällt, ist, daß stets "Traumatisierung" als Grund für hochaggressives Verhalten herangezogen wird; ein für Menschen mit Posttraumatischer Belastungsstörung höchst ungewöhnliches Verhalten. Neben Traumatisierungen beobachtet man in Kriegsgebieten jedoch regelmäßig auch etwas, das mit sittlicher Verrohung treffend beschrieben ist, ein Bruch von zivilisatorischen und kulturellen Normen.
Niemand käme auf die Idee, jenen amerikanischen GIs, die 1967 das vietnamesische Dorf My Lai dem Erdboden gleichgemacht und die Bevölkerung im Blutrausch massakriert haben, eine "Traumatisierung" zu unterstellen (obwohl sie die potentiell traumatisierenden Bedingungen des Krieges ohne Zweifel erlebt haben). Die Bedingungen des Krieges begünstigen Enthemmung und Exzeß, nicht nur für Soldaten. Ein Aspekt, den man leicht vergißt, wenn man, gemäß dem Türkeiabkommen, jetzt v. a. Kriegsflüchtlinge ins Land holt. Wenn nur auf 100, ja selbst auf 1000 Flüchtlinge ein solcherart "Verrohter" kommt, bekommen wir absehbar ein Problem mit der inneren Sicherheit, dafür braucht es im Zweifel keine Schußwaffen.
Herzliche Grüße, Andreas
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Zitat von Emulgator im Beitrag #18 Wenn ich etwas in den Papierkorb werfe, dann steht der natürlich ein paar Meter vom Schreibtisch entfernt. Warum? Weil es Spaß macht, zu treffen! Geschicklichkeit, Koordination, Ballistik -- Bei Schußwaffen ist der Spaß noch größer, weil das Ziel im Vergleich zur Entfernung kleiner ist, weil der Spaß an der Technik dazukommt, weil man es gesellig betreiben kann ist, weil es eine intensive Körpererfahrung (bin ich fahrig, treffe ich schlechter; evtl. muß ich mit dem Rückstoß aufpassen) und intensive Umwelterfahrung ist (vor allem auf Freiluftschießständen, wo der Wind ballistisch spürbar ist).
Das will ich alles gar nicht in Abrede stellen, im Gegenteil. Es ist zwar schon eine Weile her, seit ich eine Waffe abgefeuert habe, aber ich kann mich durchaus erinnern, dass das eine Menge Spass gemacht hat. Ich hätte auch durchaus Spass daran mal eine Waffe mit richtiger Reichweite (500 Meter+) abzufeuern und zu schauen, wie ich mich dabei anstelle. Aber: Das ist mir am Ende doch alles ein wenig aufwendig. Und meine derzeitigen Hobbys, so ich überhaupt noch für solche Zeit habe, sind deutlich günstiger. Zudem habe ich mich ja eher auf eine Waffe zur privaten Verteidigung bezogen: Und da ist mir (in Deutschland) das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen deutlich zu schlecht. Die Kosten sind ganz erheblich, während der Nutzen doch übersichtlich ist.
Damit wollte ich mich an keiner Stelle gegen den Schießsport aussprechen.
Zitat von Doeding im Beitrag #19Wichtig wäre jedoch … eine deutliche Reform des Notwehrparagraphen nach US-Vorbild …
Ich bin im Gegenteil davon überzeugt, dass die Amerikaner von unserem Notwehrrecht nur träumen können. Wir haben nicht nur "Stand-Your-Ground" sondern "Stand-Your-Ehre", "Stand-Your-Autoradio", "Stand-Your-Everything" (oder altmodischer: "Recht braucht Unrecht nicht zu weichen"). Aus libertärer Sicht lässt es keine Wünsche offen. (Ich bin kein Jurist, habe aber mal einen Blick in einen Strafrechtskommentar zum Notwehrrecht geworfen.)
Das ist ziemlich graue Theorie, lieber Klumpfuß. Vielleicht lesen Sie mal den von Andreas im ursprünglichen Beitrag verlinkten Fall nach. Und derlei Beispiele gibt es einige. In Realität sind wir in Deutschland extrem schnell beim Notwehrexzess und im Rahmen dessen, dass die meisten Einbrecher unbewaffnet sind, ist das nichtmal abwegig.
Zitat Solche spontaten Taten spielen im Vergleich zu den verhinderten Verbrechen keine Rolle:
Für den einzelnen schon. Und ich denke schon, dass auch einzelne Tote oder Verletzte eine Rolle spielen. Auch die Zahl der Unfälle mit Schusswaffen steigt selbstredend mit ihrer Verbreitung an. Im übrigen wäre ich sehr zurückhaltend mit statistischen Beweisen, die sich auf verschiedene Zeiträume beziehen. Wenn man sich nicht gerade vor Schlagwörtern wie Regression erschreckt (und dazu gibt es keinen Grund), dann kommt man an einer simplen Erkenntnis nicht vorbei: Alles was hier beobachtet werden kann ist eine Korrelation, keine Kausalität. Der Grund der Rückgang bestimmter Kriminalität korreliert mit einem Gesetz. Deswegen ist das Gesetz noch lange nicht ursächlich für diesen Rückgang. Beispielsweise ist die Menge der Vergewaltigungen in Deutschland durch die letzten 40 Jahre um fast die Hälfte gesunken, ohne das irgendeine Änderung des Waffengesetzes etwas damit zu tun hätte. Gleichzeitig hat die Menge der Computer in privater Hand massiv zugenommen. Habe ich damit belegt, dass Computer Vergewaltigungen verhindern ? Ich widerspreche nicht der Idee, dass Waffen in den Händen gesetzestreuer Bürger Straftaten verhindern. Aber um etwas zu beweisen, muss da schon mehr sein als eine korrelierte Beobachtung.
Zitat von LlarianWenn man sich nicht gerade vor Schlagwörtern wie Regression erschreckt (und dazu gibt es keinen Grund), dann kommt man an einer simplen Erkenntnis nicht vorbei: Alles was hier beobachtet werden kann ist eine Korrelation, keine Kausalität. Der Grund der Rückgang bestimmter Kriminalität korreliert mit einem Gesetz. Deswegen ist das Gesetz noch lange nicht ursächlich für diesen Rückgang. Beispielsweise ist die Menge der Vergewaltigungen in Deutschland durch die letzten 40 Jahre um fast die Hälfte gesunken, ohne das irgendeine Änderung des Waffengesetzes etwas damit zu tun hätte. Gleichzeitig hat die Menge der Computer in privater Hand massiv zugenommen. Habe ich damit belegt, dass Computer Vergewaltigungen verhindern ?
Völlig richtig, lieber Llarian. Wobei man, wenn ich mein Statistikwissen hier korrekt zusammenkrame, der hier verwendeten multiplen Regression einen stärkeren Hinweischarakter mit Blick auf Kausalität zugestehen darf als es bei einer simplen bivariaten Korrelation vom Typ Storchenpopulation-Geburtenrate der Fall ist. Mit der Zahl der in die multivariate Statistik eingehenden unabhängigen Variablen sinkt natürlich auch die Zahl der in Frage kommenden "Zaubervariablen", die sämtliche Einzelkorrelationen kausal erklären könnten.
Herzliche Grüße, Andreas
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