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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 34 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Doeding Offline




Beiträge: 2.612

18.04.2016 08:14
Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

In der Folge der Anschläge von Paris und Brüssel, aber auch nach Amokläufen nichtreligiöser Ursache, meint man die Lösung dieser Probleme oft in einer Verschärfung des Waffenrechts sehen zu müssen. Wie ich das sehe, schreibe ich hier.

"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

18.04.2016 08:44
#2 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Prinzipiell stimme ich Dir zu - ich bin mir nur nicht sicher, ob das Beispiel passt. Ein Schuss in den Rücken ist auch nach stand your ground problematisch, da müsste der Angreifer schon selbst offen eine Waffe tragen, um diesen als Notwehr zu rechtfertigen. https://www.usconcealedcarry.com/ever-ok...-attacker-back/

Nachtrag: Allerdings kommen auf dieser Basis auch häufig Freisprüche vor. Aber auf jeden Fall ist anzunehmen, dass sich der Schütze auch in stand your ground-Staaten vor Gericht verantwprten müsste.

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Martin Offline



Beiträge: 4.129

18.04.2016 09:40
#3 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Das Thema war nach dem Amoklauf eines Schülers in Winnenden vor einigen Jahren schon mal groß in Medien und in der Politik. In diesem Fall ging es nicht um eine illegale Waffe. Im Zuge der Nachbereitung wurden damals die Anforderungen für Waffenbesitzer verschärft, Kataster angelegt und Kontrollen eingeführt. Daneben gab es in B-W eine öffentliche Aufforderung zur Abgabe von Waffen im Privatbesitz, die Eltern der Opfer haben sich zusammengetan, um politisch gegen Waffenbesitz im Allgemeinen zu kämpfen. Das Letztere habe ich immer als Teil einer Selbsttherapie interpretiert, es entspricht dem verbreiteten Verständnis, dass 'man ja was tun müsse'.

Sicherheitstechnisch haben Sie m.E. völlig recht, lieber Andreas Doeding, verbreiteter (legaler) Waffenbesitz korreliert nicht mit irgendwelchen durch Schusswaffen zu Tode gekommenen Opfern. M.W. gibt es aktuell in den USA auch Diskussionen darüber, ob mehr bewaffnete Studenten auf dem Campus eher die Sicherheit erhöhen, allein, weil ein potentieller Attentäter (auch mit sehr tödlichen Armeewaffen) nicht so freie Hand hätte, als wenn die vielen potentiellen Opfer völlig wehrlos sind.

Man muss sich auch hierzulande klar machen: Die normale Polizeistreife trägt ihre Waffen in erster Linie zur Selbstverteidigung. Es gibt genügend Erfahrung, dass diese Polizei, wenn sie schon bald vor Ort sein sollte, im Zweifel eher in Deckung geht und ein SEK zu Hilfe ruft. Was heißt das dann konkret? In unserer 90.000 Einwohner-Stadt im Raum Stuttgart war vor wenigen Jahren gemeldet worden, dass jemand aus seinem Haus in ein benachbartes Waldstück schoss. In den Nachrichten war dann berichtet worden, dass ein SEK aus Göppingen nach einer Stunde eingetroffen war. Der Schütze, der von den ganzen Absperrmaßnahmen nichts mitbekommen hatte, ließ sich anstandslos festnehmen. Das Gewehr war ein Luftgewehr. Wichtig daran war lediglich die Information, dass Gefährdete im Ernstfall einem Übeltäter mindestens eine Stunde hilflos ausgeliefert wären, bevor erstmal professionelle, vom Staat so vorgesehene Hilfe vor Ort wäre. Einem selbstbestimmten Menschen zumindest ist das ein unerträglicher Gedanke. Es muss Teil der Freiheit sein, sich selbst adäquat verteidigen zu können.

Interessant ist bei der Diskussionslage im Land die überkritische Wahrnehmung jedes durch legale! Schusswaffen passierten Todesfalls. Kein Vergleich zu den vielen Todesfällen auf der Straße durch Motorradfahrer, wenn das Wetter mal wieder sommerlicher wird. Niemand diskutiert ein Verbot der Motorräder.

Deshalb komme auch ich zu dem Schluss, dass es sich bei den Diskussionen um das Verbot von Waffenbesitz in erster Linie um das Ausbauen des Gewaltmonopols des Staates geht. Man könnte deshalb zu Recht fragen, was diejenigen, die solches Verbote verfechten, im Schilde führen. Verbot von Waffenbesitz bedeutet letztlich Wehrlosigkeit einer Bevölkerung, und dies in Zeiten, in denen das Land von Leuten teils unbekannter Art überflutet wird, die zum Teil jahrelange Kampferfahrung haben, und deren Absichten als unbekannt eingestuft werden müssen. Das passt eigentlich nicht zusammen - oder doch?

Gruß, Martin

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

18.04.2016 09:42
#4 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #1
In der Folge der Anschläge von Paris und Brüssel, aber auch nach Amokläufen nichtreligiöser Ursache, meint man die Lösung dieser Probleme oft in einer Verschärfung des Waffenrechts sehen zu müssen. Wie ich das sehe, schreibe ich hier.


Gefällt mir!
Dieses Mantra gehört in den Bereich Symbolpolitik.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

18.04.2016 14:14
#5 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #2
Prinzipiell stimme ich Dir zu - ich bin mir nur nicht sicher, ob das Beispiel passt. Ein Schuss in den Rücken ist auch nach stand your ground problematisch, da müsste der Angreifer schon selbst offen eine Waffe tragen, um diesen als Notwehr zu rechtfertigen. https://www.usconcealedcarry.com/ever-ok...-attacker-back/

Nachtrag: Allerdings kommen auf dieser Basis auch häufig Freisprüche vor. Aber auf jeden Fall ist anzunehmen, dass sich der Schütze auch in stand your ground-Staaten vor Gericht verantwprten müsste.

Gruß Petz


Ja, stimmt. Leider gilt das mit dem "bereits auf der Flucht" für diesen Fall auch, dennoch lassen die Argumente der Staatsanwältin, die 6,5 Jahre gefordert hatte, u. a. weil er eine für diese Waffengattung angemessene Körperhaltung eingenommen und "strukturierte und sichere Bewegungsabläufe" gezeigt habe und des Richters:
"Sie wären ein freier Mann, wenn Sie das verdammte Ding nicht im Safe gehabt hätten." tief blicken, in welchem Geist solche Verhandlungen und Urteile geführt werden.

Das eigentliche Problem dabei: im Grunde kannst du als Opfer in solchen Fällen vor Gericht nur den "Psychokasper" machen (affektive Extremsituation mit Todesangst und reduzierter Steuerungsfähigkeit), was dann erstens durch so etwas wie "strukturierte Bewegungsabläufe" schulderschwerend widerlegt zu werden droht und zweitens den Freundes des Totalverbots Argumente an die Hand gibt, denn in der Tat will im Zweifel niemand Leute, die ihrer Sinne und Handlungen nicht mehr Herr sind, am Abzug sehen. Umgekehrt würde aber kein Anwalt, der noch bei Trost ist, seinem Mandanten dazu raten zu sagen, er habe die Entscheidung zum Schuß zum Schutze seiner Familie und seines Eigentums kühl abgewogen und wäre zu dieser Entscheidung selbstverständlich jederzeit wieder bereit. Vermutlich drohte ihm dann schon fast Sicherungsverwahrung.

Herzliche Grüße,
Andreas

"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

18.04.2016 14:26
#6 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #3
Man muss sich auch hierzulande klar machen: Die normale Polizeistreife trägt ihre Waffen in erster Linie zur Selbstverteidigung. Es gibt genügend Erfahrung, dass diese Polizei, wenn sie schon bald vor Ort sein sollte, im Zweifel eher in Deckung geht und ein SEK zu Hilfe ruft. Was heißt das dann konkret? In unserer 90.000 Einwohner-Stadt im Raum Stuttgart war vor wenigen Jahren gemeldet worden, dass jemand aus seinem Haus in ein benachbartes Waldstück schoss. In den Nachrichten war dann berichtet worden, dass ein SEK aus Göppingen nach einer Stunde eingetroffen war. Der Schütze, der von den ganzen Absperrmaßnahmen nichts mitbekommen hatte, ließ sich anstandslos festnehmen. Das Gewehr war ein Luftgewehr. Wichtig daran war lediglich die Information, dass Gefährdete im Ernstfall einem Übeltäter mindestens eine Stunde hilflos ausgeliefert wären, bevor erstmal professionelle, vom Staat so vorgesehene Hilfe vor Ort wäre. Einem selbstbestimmten Menschen zumindest ist das ein unerträglicher Gedanke. Es muss Teil der Freiheit sein, sich selbst adäquat verteidigen zu können.


Ja. Kürzlich wurde ich frühmorgens von der Polizei rausgeklingelt und gefragt, ob ich "irgendetwas bemerkt" hätte. Im Haus gegenüber prankte ein großes Loch in der Verandatür; dort war in der Nacht zuvor eingebrochen worden; buchstäblich keine 30 Meter Luftlinie von dem Bett entfernt, in dem meine Frau und ich geschlafen haben. Natürlich haben wir nichts mitbekommen; niemand hat etwas mitbekommen, von den Tätern fehlt, wie meist in solchen Fällen, jede Spur. Gleichwohl hat eine solche "Manifestation" des statistischen Trends in der unmittelbaren Nähe des eigenen Lebens nachhaltige Auswirkungen für das Sicherheitsgefühl -und auch Konsequenzen für mindestens die "gefühlte" Legitimation des staatlichen Gewaltmonopols. Genau wie Sie, lieber Martin, schreiben. Nein, nicht nur die "gefühlte". Für mich siind die jüngeren Eingaben der Politik, den Schutz vor Einbrüchen zunehmend in das Benehmen der Hausbesitzer zu stellen, eine Bankrotterklärung der Politik und des Staates. Man hat das Thema aufgegeben und läßt den Bürger mit dem Problem und ein paar Steuervergünstigungen allein. Es ist in meinen Augen eine echte Legitimationskrise des staatlichen Gewaltmonopols.

Zitat
Interessant ist bei der Diskussionslage im Land die überkritische Wahrnehmung jedes durch legale! Schusswaffen passierten Todesfalls. Kein Vergleich zu den vielen Todesfällen auf der Straße durch Motorradfahrer, wenn das Wetter mal wieder sommerlicher wird. Niemand diskutiert ein Verbot der Motorräder.



Ja, die Psychologen sprechen hier von Verfügbarkeitsheuristik.

Herzliche Grüße,
Andreas

"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

18.04.2016 14:57
#7 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #3
Sicherheitstechnisch haben Sie m.E. völlig recht, lieber Andreas Doeding, verbreiteter (legaler) Waffenbesitz korreliert nicht mit irgendwelchen durch Schusswaffen zu Tode gekommenen Opfern. M.W. gibt es aktuell in den USA auch Diskussionen darüber, ob mehr bewaffnete Studenten auf dem Campus eher die Sicherheit erhöhen, allein, weil ein potentieller Attentäter (auch mit sehr tödlichen Armeewaffen) nicht so freie Hand hätte, als wenn die vielen potentiellen Opfer völlig wehrlos sind.
Wahrscheinlich meinen Sie das jetzt rein praktisch, in dem Sinne, daß schneller jemand das Feuer erwidern könnte, als wenn man lange auf Polsterei oder das SWAT-Team (SEK) wartet.
Womöglich könnte aber schon wirken, daß das psychische Moment, durch den Amoklauf ungehemmt Macht ausüben zu können, unterdrückt wird, wenn man weiß, daß man mit Waffen gar keine so große Übermacht bekommen kann, weil schon andere, friedliche Bewaffnete da sind. Solche Amoklaufkandidaten hätten am Ende doch nur alltägliche Mittel zur Verfügung.

Das ist nur eine Spekulation. Ein statistisches Indiz wäre, wenn Amokläufe nur an Schulen vorkommen, an denen auch die Lehrer keine Waffen tragen dürfen, es niemals hingegen Amokläufe an Schulen gäbe, wo immer ein bewaffneter Lehrer präsent ist.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

18.04.2016 15:19
#8 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Volle Zustimmung zu diesem Beitrag.
Die staatliche Waffenpolitik bzw. die beständigen Verschärfungen und Forderungen nach noch mehr Verschärfung sind Symbolpolitik unterster Schublade.
Man muß übrigens gar nicht in die USA schauen, um diverse Behauptungen zu widerlegen. Ein Blick zu den uns ja recht verwandten Schweizern würde auch reichen.


Nur ein Detail hat mich überrascht:

Zitat
Etwa 10 Millionen legalen Waffen in Deutschland stehen schätzungsweise 20 Millionen illegale Waffen gegenüber. Durch all diese Waffen zusammen sind im Jahr 2013 54 Menschen zu Tode gekommen (...), davon 27, also etwa die Hälfte, durch legal registrierte Waffen.


Natürlich sind die Zahlen so gering, daß man nur beschränkt überhaupt Rückschlüsse ziehen kann.
Aber mir ist unerklärlich, warum die legalen Waffen bei solchen Vorfällen ÜBERrepräsentiert sind.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

18.04.2016 15:47
#9 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #7


Das ist nur eine Spekulation. Ein statistisches Indiz wäre, wenn Amokläufe nur an Schulen vorkommen, an denen auch die Lehrer keine Waffen tragen dürfen, es niemals hingegen Amokläufe an Schulen gäbe, wo immer ein bewaffneter Lehrer präsent ist.


Danke für den Wink. Es ging in der Diskussion um bewaffnete Lehrer und nicht Studenten.

Gruß, Martin

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

18.04.2016 16:16
#10 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #9
Danke für den Wink. Es ging in der Diskussion um bewaffnete Lehrer und nicht Studenten.
Das war nicht als Kritik gemeint sondern als Ergänzung. Ihr Argument ist ja voll gültig, und ich glaube eben, in der Realität funktioniert es sogar noch gründlicher und subtiler, weil gar nicht erst die Situation entstehen würde, daß ein Amokläufer überhaupt auftritt.

Soweit ich weiß, ist es in allen Schulen der Welt den Schülern verboten, bewaffnet zu erscheinen (was freilich keinen Amoklauf verhindert hat). In Winnenden oder Erfurt war es zusätzlich auch den Lehrern verboten (weiß leider nicht, wie es in Littleton usw. war; wie gesagt, es ist nur eine Spekulation von mir), so daß die Amokläufer sich ihres Gewaltmonopols sicher sein konnten. Hätten sie diese Sicherheit nicht, würden sie es wohl bleibenlassen.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

18.04.2016 16:19
#11 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #5
Das eigentliche Problem dabei: im Grunde kannst du als Opfer in solchen Fällen vor Gericht nur den "Psychokasper" machen (affektive Extremsituation mit Todesangst und reduzierter Steuerungsfähigkeit), was dann erstens durch so etwas wie "strukturierte Bewegungsabläufe" schulderschwerend widerlegt zu werden droht und zweitens den Freundes des Totalverbots Argumente an die Hand gibt, denn in der Tat will im Zweifel niemand Leute, die ihrer Sinne und Handlungen nicht mehr Herr sind, am Abzug sehen. Umgekehrt würde aber kein Anwalt, der noch bei Trost ist, seinem Mandanten dazu raten zu sagen, er habe die Entscheidung zum Schuß zum Schutze seiner Familie und seines Eigentums kühl abgewogen und wäre zu dieser Entscheidung selbstverständlich jederzeit wieder bereit. Vermutlich drohte ihm dann schon fast Sicherungsverwahrung.

In Deutschland. In den USA - das geht auch aus dem Video hervor - geht es eher darum, die Kontrolle zu behalten.

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

18.04.2016 16:39
#12 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #10
Soweit ich weiß, ist es in allen Schulen der Welt den Schülern verboten, bewaffnet zu erscheinen (was freilich keinen Amoklauf verhindert hat).

In den USA sind die Schulen weapon-free zones. Das geht sogar so weit, dass Erstklässler von der Polizei abgeführt werden, weil sie ein Buttermesser in Lunchbox hatten. Überhaupt denke ich das die Politik an amerikanischen Schulen viel restriktiver ist als hierzulande. Dort sind auch jegliche Taschenmesser verboten.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

18.04.2016 16:57
#13 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #8

Nur ein Detail hat mich überrascht:

Zitat
Etwa 10 Millionen legalen Waffen in Deutschland stehen schätzungsweise 20 Millionen illegale Waffen gegenüber. Durch all diese Waffen zusammen sind im Jahr 2013 54 Menschen zu Tode gekommen (...), davon 27, also etwa die Hälfte, durch legal registrierte Waffen.

Natürlich sind die Zahlen so gering, daß man nur beschränkt überhaupt Rückschlüsse ziehen kann.
Aber mir ist unerklärlich, warum die legalen Waffen bei solchen Vorfällen ÜBERrepräsentiert sind.



Ich vermute wie Du, daß das nur statistisches Grundrauschen ist, da die Fallzahlen schlicht zu klein sind.

Wenn man einen inhaltlichen Punkt machen will, dann könnte der so aussehen, daß legale Waffen tendenziell stärker "in Betrieb" sein könnten, also gepflegt und schußbereit sind und vielleicht auch stärker im Bewußtsein der Eigentümer, während die typische illegale Waffe möglicherweise eher Opas Karabiner aus dem 2. Weltkrieg ist, der seit 1950 auf dem Dachboden den Schlaf der Gerechten schläft.

Herzliche Grüße,
Andreas

"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

18.04.2016 17:00
#14 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #11
Zitat von Doeding im Beitrag #5
Das eigentliche Problem dabei: im Grunde kannst du als Opfer in solchen Fällen vor Gericht nur den "Psychokasper" machen (affektive Extremsituation mit Todesangst und reduzierter Steuerungsfähigkeit), was dann erstens durch so etwas wie "strukturierte Bewegungsabläufe" schulderschwerend widerlegt zu werden droht und zweitens den Freundes des Totalverbots Argumente an die Hand gibt, denn in der Tat will im Zweifel niemand Leute, die ihrer Sinne und Handlungen nicht mehr Herr sind, am Abzug sehen. Umgekehrt würde aber kein Anwalt, der noch bei Trost ist, seinem Mandanten dazu raten zu sagen, er habe die Entscheidung zum Schuß zum Schutze seiner Familie und seines Eigentums kühl abgewogen und wäre zu dieser Entscheidung selbstverständlich jederzeit wieder bereit. Vermutlich drohte ihm dann schon fast Sicherungsverwahrung.

In Deutschland. In den USA - das geht auch aus dem Video hervor - geht es eher darum, die Kontrolle zu behalten.

Gruß Petz



Was ja deutlich sinnvoller wäre; das hatte ich damit sagen wollen, lieber Petz. Leider kann ich mangels Wlan momentan keine Videos schauen, daß ich mit jeder Sitzung im Netz teures Handy-Volumen (oder teures Surfstick-Volumen) verbrate .

Herzliche Grüße,
Andreas

"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)

Martin Offline



Beiträge: 4.129

18.04.2016 17:14
#15 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #13


Ich vermute wie Du, daß das nur statistisches Grundrauschen ist, da die Fallzahlen schlicht zu klein sind.

Wenn man einen inhaltlichen Punkt machen will, dann könnte der so aussehen, daß legale Waffen tendenziell stärker "in Betrieb" sein könnten, also gepflegt und schußbereit sind und vielleicht auch stärker im Bewußtsein der Eigentümer, während die typische illegale Waffe möglicherweise eher Opas Karabiner aus dem 2. Weltkrieg ist, der seit 1950 auf dem Dachboden den Schlaf der Gerechten schläft.

Herzliche Grüße,
Andreas


Es könnte auch einen anderen Erklärungsansatz geben. Tötungsdelikte mit legalen Waffen passieren eher in einem Milieu bei dem das Opfer eher unvorbereitet und auch unbewaffnet ist. In der 'Unterwelt' muss man damit rechnen, dass der andere auch bewaffnet ist, ist die Waffe eher eine Rückversicherung. 'Hinrichtungen', wie kürzlich in Heidenheim oder in 'Tatorten' dürften eher die Ausnahme sein.

Gruß, Martin

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

20.04.2016 16:01
#16 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Ein hervorragender Artikel, lieber Andreas. Und ein schönes Beispiel für den Satz, den n_s_n neulich so schön zitierte: "Ich weiss zwar, Du hast recht, aber meine Meinung gefällt mir besser." Das scheint auch bei Richtern öfter der Fall zu sein.

Ich möchte allerdings eins einwerfen:
Ich bin ziemlich sicher, wenn wir in Deutschland deutlich mehr freie Waffen hätten, wir auch mehr Straftaten mit solchen sehen würden. Keine Überfälle oder Banküberfälle (solche Täter haben ohnehin illegale Waffen im Zugriff). Aber ich glaube wir würden mehr Beziehungstaten sehen. Spontane Taten wo eben die Waffe greifbar war.

Ich für meinen Teil würde von einem freien Waffenrecht nur indirekt profitieren: Ich glaube nicht, dass ich mir eine Waffe zulegen würde. Was soll ich damit real ? Die Wahrscheinlichkeit ein Verbrechen damit zu verhindern ist übersichtlich und am Ende kostet das Ganze doch durchaus Geld (Waffe, Ausbildung, Waffenschrank). Und ob ich am Ende den Willen hätte abzudrücken, weiss ich auch nicht.
Aber indirekt würde ich mir wünschen, dass der Geist, der im Waffenrecht der USA in der Verfassung liegt, auch hierzulande vorhanden wäre: Nämlich das Bewusstsein kein Untertan zu sein. Den Amerikanern ist es wichtig, dass das Volk bewaffnet ist, damit es sich im Zweifelsfall gegen "die da oben" wehren kann. Ob das realistisch ist, sei dahingestellt, aber das Bewusstsein "wir haben Waffen, ihr könnt Euch nicht alles erlauben", das fehlt in Deutschland total.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

20.04.2016 16:51
#17 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #16
Ich bin ziemlich sicher, wenn wir in Deutschland deutlich mehr freie Waffen hätten, wir auch mehr Straftaten mit solchen sehen würden. Keine Überfälle oder Banküberfälle (solche Täter haben ohnehin illegale Waffen im Zugriff). Aber ich glaube wir würden mehr Beziehungstaten sehen. Spontane Taten wo eben die Waffe greifbar war.

Das klingt plausibel, aber m. E. ist das nicht belegbar.
Weder durch den Vergleich mit (europäischen) Staaten mit freierem Waffenrecht noch durch Vergleich mit früher, als es in Deutschland viel leichter war, eine legale Waffe im Haus zu haben.
Gerade bei Beziehungstaten würde ich eher vermuten: Wenn man wirklich seinen Partner umbringen will, dann macht man das auch ohne Schußwaffe.

Zitat
Ich glaube nicht, dass ich mir eine Waffe zulegen würde.


Sehe ich auch so.
Ich war vor einigen Jahren in Versuchung den alten Offiziersrevolver meines Großvaters zu behalten. Aber abgesehen davon, daß meine Frau strikt dagegen war - ich hatte auch überhaupt keine Lust, mich ausreichend mit der Sache zu befassen. Denn irgendeinen theoretischen Nutzen hat so etwas ja nur, wenn man das Ding nicht nur wartet und Munition im Vorrat hat, sondern sich auch wirklich damit auskennt.
Wurde also brav bei der örtlichen Polizeiwache abgeliefert.

Zitat
aber das Bewusstsein "wir haben Waffen, ihr könnt Euch nicht alles erlauben", das fehlt in Deutschland total.


Leider wahr.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

20.04.2016 16:52
#18 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #16
Ich möchte allerdings eins einwerfen:
Ich bin ziemlich sicher, wenn wir in Deutschland deutlich mehr freie Waffen hätten, wir auch mehr Straftaten mit solchen sehen würden. Keine Überfälle oder Banküberfälle (solche Täter haben ohnehin illegale Waffen im Zugriff). Aber ich glaube wir würden mehr Beziehungstaten sehen. Spontane Taten wo eben die Waffe greifbar war.
In genau dem Maße gäbe es dann aber weniger Beziehungstaten mit Messern oder improvisierten Schlagwaffen (Äxte, Hämmer, usw). Die Legalisierung von Waffen macht ja nicht das Familienleben unharmonischer.

Zitat von Llarian im Beitrag #16
Ich glaube nicht, dass ich mir eine Waffe zulegen würde. Was soll ich damit real ?
Wenn ich etwas in den Papierkorb werfe, dann steht der natürlich ein paar Meter vom Schreibtisch entfernt. Warum? Weil es Spaß macht, zu treffen! Geschicklichkeit, Koordination, Ballistik -- Bei Schußwaffen ist der Spaß noch größer, weil das Ziel im Vergleich zur Entfernung kleiner ist, weil der Spaß an der Technik dazukommt, weil man es gesellig betreiben kann ist, weil es eine intensive Körpererfahrung (bin ich fahrig, treffe ich schlechter; evtl. muß ich mit dem Rückstoß aufpassen) und intensive Umwelterfahrung ist (vor allem auf Freiluftschießständen, wo der Wind ballistisch spürbar ist).

Zitat von Llarian im Beitrag #16
Aber indirekt würde ich mir wünschen, dass der Geist, der im Waffenrecht der USA in der Verfassung liegt, auch hierzulande vorhanden wäre: Nämlich das Bewusstsein kein Untertan zu sein. Den Amerikanern ist es wichtig, dass das Volk bewaffnet ist, damit es sich im Zweifelsfall gegen "die da oben" wehren kann. Ob das realistisch ist, sei dahingestellt, aber das Bewusstsein "wir haben Waffen, ihr könnt Euch nicht alles erlauben", das fehlt in Deutschland total.
Das wäre tatsächlich der entscheidende Vorteil gerade in einem Land, das schon mehr Diktaturen erlebt hat als die USA. Mit privatem Waffenbesitz kann man freilich nicht gegen seinen diktatorischen Heimatstaat mit Polizei und Militär bestehen, aber nur gegen die Polizei hat man gute Chancen, diktatorische Anwandlungen zurückzuschlagen. In den USA und (noch) in Deutschland gilt außerdem, daß die Bundesstreitkräfte nur gegen äußere Feinde eingesetzt werden dürfen. (Insofern kann man aus dem beharrlichen Begehren der CDU, die Bundeswehr regulär auf im Inneren einzusetzen, schließen, daß die CDU keine demokratische Partei mehr ist.)

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

20.04.2016 18:23
#19 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #16


Ich bin ziemlich sicher, wenn wir in Deutschland deutlich mehr freie Waffen hätten, wir auch mehr Straftaten mit solchen sehen würden. Keine Überfälle oder Banküberfälle (solche Täter haben ohnehin illegale Waffen im Zugriff). Aber ich glaube wir würden mehr Beziehungstaten sehen. Spontane Taten wo eben die Waffe greifbar war.


Das halte ich auch für gut möglich, lieber Llarian; ich rechnete jedoch eher mit einer Art Rebound-Effekt für einige Jahre mit anschließendem Einpendeln auf US-Niveau. Der Umgang mit einer solchen neuen Freiheit will natürlich auch gelernt sein; in den USA wächst man ja buchstäblich mit Waffen auf. Andererseits: wenn es darum gegangen wäre, was die Deutschen gewohnt waren, hätte man 1949 das Kaiserreich wieder einführen müssen .
Wichtig wäre jedoch neben einer Liberalisierung des Waffenrechts, um hier überhaupt die genannten möglichen positiven Effekte erhalten zu können, eine deutliche Reform des Notwehrparagraphen nach US-Vorbild mit entsprechender Rechtsprechung. Also Dreifachwunschkonzert

Zitat
Ich für meinen Teil würde von einem freien Waffenrecht nur indirekt profitieren: Ich glaube nicht, dass ich mir eine Waffe zulegen würde. Was soll ich damit real ? Die Wahrscheinlichkeit ein Verbrechen damit zu verhindern ist übersichtlich und am Ende kostet das Ganze doch durchaus Geld (Waffe, Ausbildung, Waffenschrank). Und ob ich am Ende den Willen hätte abzudrücken, weiss ich auch nicht.
Aber indirekt würde ich mir wünschen, dass der Geist, der im Waffenrecht der USA in der Verfassung liegt, auch hierzulande vorhanden wäre: Nämlich das Bewusstsein kein Untertan zu sein. Den Amerikanern ist es wichtig, dass das Volk bewaffnet ist, damit es sich im Zweifelsfall gegen "die da oben" wehren kann. Ob das realistisch ist, sei dahingestellt, aber das Bewusstsein "wir haben Waffen, ihr könnt Euch nicht alles erlauben", das fehlt in Deutschland total.



Sehe ich auch so. bei manchen Rechten ist es v. a. wichtig, daß man sie hat; weniger die praktische Ausübung. Ich hatte vor Jahren mal Gelegenheit, mit einem recht großkalibrigen Revolver auf einem Sportschützenplatz zu schießen. Da hatte ich schon einen ziemlichen Respekt vor. Der Krach, die kinetische Energie, der Rückstoß; das hat mich zugleich beeindruckt und erschreckt. Momentan würde ich mir höchstwahrscheinlich auch keine Waffe zulegen, jedoch sind Entwicklungen der inneren Sicherheit in diesem Land denk- und in Teilen absehbar, die hier zu neuem Überdenken einladen dürften.

Herzliche Grüße,
Andreas

"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

20.04.2016 18:39
#20 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #18
Zitat von Llarian im Beitrag #16
Ich möchte allerdings eins einwerfen:
Ich bin ziemlich sicher, wenn wir in Deutschland deutlich mehr freie Waffen hätten, wir auch mehr Straftaten mit solchen sehen würden. Keine Überfälle oder Banküberfälle (solche Täter haben ohnehin illegale Waffen im Zugriff). Aber ich glaube wir würden mehr Beziehungstaten sehen. Spontane Taten wo eben die Waffe greifbar war.
In genau dem Maße gäbe es dann aber weniger Beziehungstaten mit Messern oder improvisierten Schlagwaffen (Äxte, Hämmer, usw). Die Legalisierung von Waffen macht ja nicht das Familienleben unharmonischer.


Guter Punkt, lieber Emulgator. Ich vermute allerdings einen gewissen psychologischen Effekt durch die größere körperlich-räumliche Distanz beim Schuß, die für manchen die Schwelle (geringfügig, aber im Einzelfall um genau die entscheidende Menge) reduzieren könnte, zur Tat zu schreiten und auf der Dimension Planung bei gleichzeitig großer Distanz (z. B. Gift, Auftragsmord) vs. Affekt bei gleichzeitig großer Nähe (Hammer, Drosseln) eine Art "Kompromiß" darstellen könnte, der netto zu ein paar i. e. S. zusätzlichen Delikten führen könnte.

Herzliche Grüße,
Andreas

"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)

Klumpfuß Offline



Beiträge: 36

21.04.2016 00:07
#21 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #19
Wichtig wäre jedoch … eine deutliche Reform des Notwehrparagraphen nach US-Vorbild …

Ich bin im Gegenteil davon überzeugt, dass die Amerikaner von unserem Notwehrrecht nur träumen können. Wir haben nicht nur "Stand-Your-Ground" sondern "Stand-Your-Ehre", "Stand-Your-Autoradio", "Stand-Your-Everything" (oder altmodischer: "Recht braucht Unrecht nicht zu weichen"). Aus libertärer Sicht lässt es keine Wünsche offen. (Ich bin kein Jurist, habe aber mal einen Blick in einen Strafrechtskommentar zum Notwehrrecht geworfen.)

Klumpfuß Offline



Beiträge: 36

21.04.2016 00:33
#22 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #16
Aber ich glaube wir würden mehr Beziehungstaten sehen. Spontane Taten wo eben die Waffe greifbar war.


Solche spontaten Taten spielen im Vergleich zu den verhinderten Verbrechen keine Rolle: Innerhalb der USA konnten John Lott und David Mustard diese Frage sehr genau untersuchen, weil dort je nach Bundesstaat und Zeitpunkt das Führen von Waffen unterschiedlich stark eingeschränkt ist (sie also außerhalb der eigenen vier Wände weniger greifbar sind). Michael Huemer gibt die Studie in "Gibt es ein Recht, Schusswaffen zu besitzen?" wie folgt wieder: "Nach der Durchführung einer Multi-Regressionsanalyse, welche zahlreiche weitere Variablen kontrolliert wie etwa Verhaftungs- und Verurteilungsraten, Länge von Haftstrafen, Bevölkerungsdichte, Einkommensniveau und Rassen- und Geschlechterverteilung von Bezirken, fand Lott heraus, dass durch den Übergang zum Soll-Erteilungsrecht die Mordraten unmittelbar um etwa 8 % sanken, Vergewaltigungen um 5 % und schwere Körperverletzung um 7 %, wobei die Rückgänge sich in den Folgejahren fortsetzten. (Lott erklärt letzteres durch die allmähliche Zunahme der insgesamt ausgestellten Bewilligungen.)"

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

21.04.2016 02:27
#23 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Klumpfuß im Beitrag #21
Ich bin im Gegenteil davon überzeugt, dass die Amerikaner von unserem Notwehrrecht nur träumen können. Wir haben nicht nur "Stand-Your-Ground" sondern "Stand-Your-Ehre", "Stand-Your-Autoradio", "Stand-Your-Everything" (oder altmodischer: "Recht braucht Unrecht nicht zu weichen"). Aus libertärer Sicht lässt es keine Wünsche offen. (Ich bin kein Jurist, habe aber mal einen Blick in einen Strafrechtskommentar zum Notwehrrecht geworfen.)
Der Unterschied im Notwehrrecht resultiert nicht so sehr aus dem materiellen Recht sondern aus dem Verfahrensrecht: In den USA müßte man (sofern kein Stand-your-ground-Recht gilt) als Angeklagter nach --für den Angreifer schädlicher-- Notwehr beweisen, daß man wirklich in einer Notwehrlage war. Das ist ziemlich schwierig, weil zum gewöhnlichen Szenario einer Notwehrhandlung ja gehört, daß es an Zeugen mangelt und sehr schnell (und evtl. oberflächlich) die Entscheidung zur Notwehr getroffen werden muß.

In Deutschland hat man dieses Problem nicht, sondern die Staatsanwaltschaft und das Gericht, nämlich nach der Inquisitionsmaxime der StPO. Diese Inquisitionsmaxime kennen die USA (und das UK) ja nicht. Stand-your-ground-Gesetze sind gewissermaßen eine Flickschusterei, die z.T. auch wegen des Chaos notwendig wurde, das die Vielfalt der Präzendenzurteile zu diversen Notwehrsituationen erzeugt. Dies ist auch ein Unterschied zum deutschen Recht, weil bei uns die gesetzlichen Tatbestände zur Notwehr den Gerichten ausreichen und nicht irgendwelches Fallrecht herangezogen werden muß.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

21.04.2016 02:52
#24 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #20
Ich vermute allerdings einen gewissen psychologischen Effekt durch die größere körperlich-räumliche Distanz beim Schuß, die für manchen die Schwelle (geringfügig, aber im Einzelfall um genau die entscheidende Menge) reduzieren könnte, zur Tat zu schreiten und auf der Dimension Planung bei gleichzeitig großer Distanz (z. B. Gift, Auftragsmord) vs. Affekt bei gleichzeitig großer Nähe (Hammer, Drosseln) eine Art "Kompromiß" darstellen könnte, der netto zu ein paar i. e. S. zusätzlichen Delikten führen könnte.
Einen psychologischen Effekt der Nähe zum Feind gibt es durchaus; deswegen ist regelmäßig in Kriegen der Einsatz von Artillerie und Bomben tödlicher als der Einsatz von Infanteriewaffen, obwohl es davon immer viel mehr gibt.

Allerdings sehe ich nicht, daß es einen Kompromiß zwischen Planung und Affekt bräuchte. Entweder man handelt im Affekt der gegenwärtigen Eskalationssituation --dann nutzt man Messer und Axt und nur im Ausnahmefall eine Waffe, die man erst aufmunitionieren, fertigladen, zücken und entsichern muß-- oder man handelt nicht aus der gegenwärtigen Eskalationssituation heraus (also geplant), dann nutzt man jedes Mittel, um möglichst große Distanz und möglichst effiziente Verwischung der Spuren zu haben.

Um seine Spuren zu verwischen sind legale (insbesondere registrierte) Waffen immer das dümmste Mittel. Ballistik ist mit die älteste und am besten entwickelte Methodik der Forensik. Wer mit seiner legalen Waffe illegal tötet oder verletzt, kommt fast sicher in den Knast. Will man für sein Tötungsdelikt nicht erwischt werden, sollte man lieber lautlos und möglichst spurlos töten, also ohne, daß Projektile und Patronenhülsen zurückbleiben, nur die Leiche, die man irgendwie verschwinden läßt.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

21.04.2016 08:09
#25 RE: Das Mantra vom zu verschärfenden Waffenrecht Antworten

Zitat von Klumpfuß im Beitrag #22
Zitat von Llarian im Beitrag #16
Aber ich glaube wir würden mehr Beziehungstaten sehen. Spontane Taten wo eben die Waffe greifbar war.

Solche spontaten Taten spielen im Vergleich zu den verhinderten Verbrechen keine Rolle: Innerhalb der USA konnten John Lott und David Mustard diese Frage sehr genau untersuchen, weil dort je nach Bundesstaat und Zeitpunkt das Führen von Waffen unterschiedlich stark eingeschränkt ist (sie also außerhalb der eigenen vier Wände weniger greifbar sind).


Vielen Dank für Ihren Hinweis auf diese, übrigens frei zugängliche, Untersuchung. Aus dem abstract geht übrigens auch hervor, daß bei stärkerer Verfügbarkeit von Waffen die Täter bei den dann noch verübten Eigentumsdelikten sehr viel stärker darauf achten, nicht mit dem Eigentümer zusammenzutreffen, was ja gegen die im Blogbeitrag erwähnte "Eskalationshypothese" spricht, mithin ein weiteres Argument gegen eine Liberalisierung entkräftet.

Herzliche Grüße,
Andreas

P.S. Herzlich Willkommen im "Kleinen Zimmer".

"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)

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