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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 78 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

28.06.2016 16:01
#26 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #25
Bei der Interpretation ist auch zu bedenken, daß das Vereinigte Königreich aus mehreren Ländern besteht, siehe z.B. die Diskussion hier.

Sehr interessant.
Formal folge ich der Argumentation nicht unbedingt. Nur weil die Regionalparlamente verpflichtet sind, EU-Recht einzuhalten, haben sie m. E. nicht umgekehrt ein Vetorecht gegen einen von Westminster eventuell zu beschließenden Brexit.
Wohl aber könnte die Argumentation ziehen, daß das Unterhaus in erster Linie verpflichtet ist, den Laden zusammen zu halten, und deswegen die Beachtung eines konsultativen Referendums nur zweite Priorität haben kann.

Insgesamt eine typisch britische Argumentation, das sind wir mit unserer römischen Rechtstradition und der Ableitung aus einer Verfassung als juristischer Basis nicth gewohnt.

Interessant übrigens der Kommentar, in dem das Abkommen mit Irland in Bezug auf den Nordirland-Status erwähnt wird. Ich weiß jetzt nicht, was da alles genau vereinbart wurde. Aber dieser Vertrag könnte den Handlungsspielraum Londons einschränken.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

28.06.2016 16:22
#27 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #14
Das Problem ist, daß hinter den 51,8% sich eine Vielfalt verschiedener Hoffnungen und Vorstellungen (viele davon widersprüchlich und unrealistisch) verbirgt
… und sich wohl auch unter den 48,2% immer noch viele Kritiker der bestehenden EU befinden.

Kurz gesagt war die Frage des Referendums falsch formuliert.

Die Frage, um die es meines Ermessens eigentlich geht, ist das Bild welches man von Europa hat und welche Rolle die EU darin spielen soll. Ob diese Frage für ein Referendum geeignet ist, sei einmal dahingestellt. Ich denke nein. Dies auszuhandeln ist Aufgabe der einzelnen nationalen Regierungen, die darin aber in vielerlei Hinsicht deutscher Regulierungswut und sozialistischen Ideen sozialistischer Vorteilsnehmer unterlegen sind. Herausgekommen ist dann, die schuldenvergemeinschaftende Glühbirnenverbotszone EU, zu der keine kritische, evolutionäre Diskussion mehr möglich ist/war. Daran hat sich dann das aus innenpolitischem Kalkül heraus gestartete Referendum emotional enzündet und polarisierte die Bevölkerung.

Das was die Nationalstaaten meines Ermessens versäumt haben, Europa als eine subsidiäre Gemeinschaft zu organisieren, könnte aber trotzdem über den Brexit wieder Auftrieb bekommen. Großbritannien wird sich nun über das formale Vorgehen bei einem Austritt auseinander setzen und dabei auf die wesentlichen Fragen stoßen: Pro/und Contra eines Austritts aus der EU und mögliche Alternativen, die auch in Reformvorschlägen zur EU bestehen können. Wenn das Referendum auch sonst nichts erreicht hat, hat es wohl die Position derer die Reformen in der EU sehen möchten etwas gestärkt. Ich vermute, würde Cameron heute zu Merkel reisen, mit einigen Reformwünschen die EU betreffend, würde er nicht so glanzlos abblitzen wie das letzte mal.

Das ist das eine. Das andere ist das, um was es Llarian in seinem Text geht. Der öffentliche Umgang mit „Andersmeinenden“, vor allem im ÖRR und Teilen der „EU Elite“. Hier kann ich aber nur die gewohnte, selbstreflektionsbefreite Anmaßung entdecken, die den ÖRR und Politiker wie Maas und Konsorten leider schon seit Jahren auszeichnet.

Was mich mit erstaunen, bis hin zu einer leichten Unruhe erfüllt, ist die Tatsache, wie gedankenverloren durch die Medien wieder eine kollektive Verunglimpfung einer Nation betrieben wird und wie einfach dies in der Bevölkerung mitunter verfängt. Etwas überspitzt formuliert: Aus einer Nation, die Aufgrund einer politischen Frage tief gespalten erscheint, wird in der deutschen Presse ein kohäsives Feindbild geformt, mit dem früher schon mal Kriege befeuert wurden.

Mein Eindruck ist wieder einmal: Je zivilisierter die Eliten glauben zu sein, desto anfälliger sind sie für totalitäre Muster. Das liegt wohl an der aus der „eigenen Zivilisiertheit“ gespeisten moralischen Überheblichkeit, die nach eigener Wahrnehmung keines Korrektivs bedarf und die deswegen als kein totalitäres Muster erkannt werden kann.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

28.06.2016 16:29
#28 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #11
Das ist im wesentlichen von der deutschen Bundesregierung in Brüssel durchgedrückt worden. Und hätten sie es nicht über die EU hinbekommen, hätten wir jetzt eben ein nationales Glühbirnenverbot.

Das eigentliche Problem in Europa ist, daß der allgemeine Mainstream zu grün ist und es zu oft Mehrheiten für dumme Maßnahmen gibt. Daran ist aber nicht die EU schuld.
So wahr.

Ich habe mitunter den Eindruck, die EU ist die Sythese aus grüner Zwangsbeglückung und aus einem aus einer Selbstbedienungsmentalität heraus getriebenem Sozialismus. Die grüne Zwangsbeglückung bringt Deutschland in die EU ein, den "Sozialismus" die Nettozahlungsempfänger......

.... und England hatte eben nichts mehr zu sagen.

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

28.06.2016 16:31
#29 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #26
Interessant übrigens der Kommentar, in dem das Abkommen mit Irland in Bezug auf den Nordirland-Status erwähnt wird. Ich weiß jetzt nicht, was da alles genau vereinbart wurde. Aber dieser Vertrag könnte den Handlungsspielraum Londons einschränken.
Fand ich gerade selber interessant, deswegen eine Zusammenfassung: In der Präambel heißt es

Zitat von Karfreitagsabkommen
Wishing to develop still further the unique relationship between their peoples and the close co-operation between their countries as friendly neighbours and as partners in the European Union;


und weiter unten

Zitat
The Council [eine Art Ministerrat zwischen der Regierung der Republik Irland und der Northern Ireland Executive] to consider the European Union dimension of relevant matters, including the implementation of EU policies and programmes and proposals under consideration in the EU framework. Arrangements to be made to ensure that the views of the Council are taken into account and represented appropriately at relevant EU meetings.



Es gibt zu diesen Zweck extra einen Special EU Programmes Body zwischen der Republik und Nordirland. Ohne EU-Vollmitgliedschaft zumindest für Nordirland geht also nichts.

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

28.06.2016 16:36
#30 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #26

Interessant übrigens der Kommentar, in dem das Abkommen mit Irland in Bezug auf den Nordirland-Status erwähnt wird. Ich weiß jetzt nicht, was da alles genau vereinbart wurde. Aber dieser Vertrag könnte den Handlungsspielraum Londons einschränken.



Interessant ist für mich vor allem, welche Fragen jetzt hinterher, wo das Ergebnis irgendwie nicht passt, aufgeworfen werden.

Die Abstimmung war doch klarstens formuliert: Das vereinigte Königreich hat abgestimmt, nicht Schottland/Wales/England/Nordirland jeweils für sich. Alles, was jetzt hinterher diskutiert wird, muss im Voraus klar kommuniziert und spezifiziert werden, denn es beeinflusst doch das Abstimmungsverhalten. Hat man nicht gemacht. Weil die zuständigen Politiker nur ein Haufen Idioten sind?

Der verlinkte Artikel lässt mich auch ratlos zurück. "The strongest case against EU withdrawal is that it is not in the UK’s interest." - sagt wer? "Recognising that split is not a matter of shifting the goalposts after the fact." - zeigt mir eine entsprechende breite Diskussion vor dem Referendum zu diesem Punkt, und ich bin bereit das zu glauben. Gerade bei Schottland war das zu erwartende Abstimmverhalten doch völlig klar. Hat vorher keinen interessiert.

Gruß
hubersn

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Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

28.06.2016 16:48
#31 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #30
Alles, was jetzt hinterher diskutiert wird, muss im Voraus klar kommuniziert und spezifiziert werden, denn es beeinflusst doch das Abstimmungsverhalten. Hat man nicht gemacht. Weil die zuständigen Politiker nur ein Haufen Idioten sind?

Es wurde nicht klar kommuniziert und spezifiziert. Die Abstimmungsfrage war, bei aller scheinbarer Einfachheit und Klarheit, de facto extrem schwammig*. In der Kampagne zuvor wurden alle möglichen, z.T. ziemlich absurden Schreckensszenarien gemalt, aber gerade die konkrete Diskussion, was denn nun die Alternative zur EU-Mitgliedschaft genau und im einzelnen sein sollte und wie diese Alternative zu bestehenden Strukturen wie eben z.B. dem Good Friday-Agreement paßt, fand überhaupt nicht statt. Ein schlecht gemachtes und, bei aller Vorlaufzeit, von kopfloser Emotion dominiertes Referendum. Und das soll nun die alleinige Basis für einen Vorgang größter Tragweite hergeben.

Warum wurde das so gemacht? Diese Frage lasse ich lieber unbeantwortet.


* und, was die zweite Alternative betrifft, rein negativ. In etwa so, wie wenn in einem Gasthaus die Speisekarte wie folgt aussieht:

Pizza Margherita ........... £9.50
Nicht Pizza Margherita ..... £????

Weil uns Pizza Margherita zum Hals heraushängt, haben wir das zweite Gericht gewählt und sind nun gespannt, was aufgetischt wird und wieviel wir dafür bezahlen dürfen. Und die Köche stehen, soweit sie nicht schon das Weite gesucht haben, ratlos in der Küche herum.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

28.06.2016 16:50
#32 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #27
… und sich wohl auch unter den 48,2% immer noch viele Kritiker der bestehenden EU befinden.

Richtig. Zu denen zähle ich mich ja auch.
Nur heißt bei mir Kritik halt, daß ich etwas verbessern möchte - und nicht kaputt hauen.

Zitat
Kurz gesagt war die Frage des Referendums falsch formuliert.


Richtig. Das ist ein potentielles Problem bei Referenden (die ich ja grundsätzlich gut finde): Man kann sie mit Timing, Formulierung und Rahmenbedingungen fast beliebig vermurksen. Wie hier geschehen.
Es ist doch ein ziemlich absurdes Bild, daß sich jetzt kein britischer Politiker für das weitere Vorgehen verantwortlich fühlt. Cameron schmeißt hin, Johnson relativiert rum ...
Die Brexiteers hatten schlicht überhaupt keinen Plan für den Fall, daß sie gewinnen.

Zitat
Herausgekommen ist dann, die schuldenvergemeinschaftende Glühbirnenverbotszone EU, zu der keine kritische, evolutionäre Diskussion mehr möglich ist/war.


Möglich war die immer. Nur hatten nur sehr wenige Leute ein Interesse daran. Die meisten leben ganz bequem mit dem status quo, die wenigsten verstehen die komplizierten Details. Die Befürworter der EU hatten wenig Lust auf die Kritik und die Kritiker keine Lust auf eine konstruktive Diskussion.

Zitat
Das was die Nationalstaaten meines Ermessens versäumt haben, Europa als eine subsidiäre Gemeinschaft zu organisieren, könnte aber trotzdem über den Brexit wieder Auftrieb bekommen.


Das ist möglich.
Wobei man bei genauem Hinschauen feststellen wird, daß die EU in vielen Bereichen durchaus subsidiär läuft. Viele kritisch gesehene Einzelmaßnahmen sind unvermeidlich, wenn man den echten Binnenmarkt will. In anderen Bereichen ließe sich aber viel verbessern.

Zitat
Ich vermute, würde Cameron heute zu Merkel reisen, mit einigen Reformwünschen die EU betreffend, würde er nicht so glanzlos abblitzen wie das letzte mal.


Auf jeden Fall. Das ist auf dem Kontinent viel verdummt worden.

Zitat
Das andere ist das, um was es Llarian in seinem Text geht. Der öffentliche Umgang mit „Andersmeinenden“, vor allem im ÖRR und Teilen der „EU Elite“.


Und da bin ich ja sehr oft seiner Meinung.
Aber hier nicht.
Weil einerseits die Kritik an der EU maßlos überzogen und oft fern der Fakten agiert.
Und weil es andererseits auch in einer Demokratie völlig legitim ist, das Ergebnis einer Wahl oder Abstimmung zu kritisieren. Und dabei auch die Wähler zu beschimpfen.

Es war absurd und lächerlich, daß die Baden-Württemberger nach Fukushima in blinder Panik einen Grünen zum Ministerpräsidenten wählten. Das darf man so sagen, auch wenn man die Wahl selber anerkennt.
Und genaus war es absurd und lächerlich, daß schlecht informierte verkalkte Provinzler letzten Donnerstag eine Fehlentscheidung zur Mehrheit verhalfen im irrigen Glauben, damit wieder so etwas wie das Pre-Thatcher-GB zu bekommen. Darf man als Demokrat auch so feststellen.

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

28.06.2016 16:50
#33 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #21
Zitat von hubersn im Beitrag #18
Ja, man hat sogar drüber nachgedacht, die maximale Leistung von Wasserkochern zu begrenzen. Man fasst es nicht.

Und was hat das jetzt konkret mit der EU zu tun?
Natürlich ist es eine bescheuerte Idee, Wasserkocher so zu reglementieren. Eine typische grün/sozialistische dumme Idee.



Mit der EU zu tun hat das insofern, dass eine sozialistische Mehrheit von EU-Staaten-Regierungen bestimmen kann, was in anderen EU-Staaten an grün-/sozialistisch-dummen Ideen umgesetzt werden muss.

Warum hat die EU das Recht, eine solche Entscheidung zu treffen? Genau wegen solchen Dingen hat doch der Slogan "take back control" so großen Anklang gefunden.

Gruß
hubersn

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Fluminist Offline




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28.06.2016 16:54
#34 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #32
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #27
… und sich wohl auch unter den 48,2% immer noch viele Kritiker der bestehenden EU befinden.

Richtig. Zu denen zähle ich mich ja auch.
Nur heißt bei mir Kritik halt, daß ich etwas verbessern möchte - und nicht kaputt hauen.

Dem kann ich mich als real einer der 48,2% nur anschließen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

28.06.2016 16:56
#35 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #33
Mit der EU zu tun hat das insofern, dass eine sozialistische Mehrheit von EU-Staaten-Regierungen bestimmen kann, was in anderen EU-Staaten an grün-/sozialistisch-dummen Ideen umgesetzt werden muss.

Nicht wirklich.
Das wäre nur der Fall, wenn es eine ganz erdrückende Mehrheit dieser Staaten gäbe und wenn es sich nicht um wesentliche Entscheidungen handelt. Wasserkocher sind in der Tat keine wichtige Sache, da ginge das.

In der Praxis ist es aber so, daß sich die Staaten bei den dummen Ideen ziemlich einig sind. Aber dann hinterher auf die böse EU schimpfen, wenn die Wähler zu Hause die Idee nicht so schön finden.

Zitat
Genau wegen solchen Dingen hat doch der Slogan "take back control" so großen Anklang gefunden.


Der Slogan wäre wesentlich glaubhafter gewesen, wenn die Brexiteers auch ein paar knackige Beispiele hätten nennen können, bei denen die pöse EU-Mehrheit den widerstrebenden Briten in wichtigen Punkten etwas aufgedrückt hätte.
Haben sie aber nicht, konnten sie nicht.
Weil fast alle EU-Entscheidungen mit Zustimmung auch der jeweiligen britischen Regierung gefallen sind. "take back control" ist eine hohle Phrase.

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

28.06.2016 17:00
#36 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #32
Es war absurd und lächerlich, daß die Baden-Württemberger nach Fukushima in blinder Panik einen Grünen zum Ministerpräsidenten wählten. Das darf man so sagen, auch wenn man die Wahl selber anerkennt.



Trotzdem hat keiner sofortige Neuwahlen gefordert, um diesen "Betriebsunfall" zu korrigieren. Oder dass sich der Regierungsbezirk Stuttgart von den drei anderen abspaltet, weil dort ja vernünftig gewählt wurde.

Die jetzige Post-Referendum-Debatte ist schon überaus befremdlich und ich will fast sagen singulär.

Gruß
hubersn

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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

28.06.2016 17:20
#37 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #36
Trotzdem hat keiner sofortige Neuwahlen gefordert, um diesen "Betriebsunfall" zu korrigieren.

Das hat hier im Prinzip auch niemand. Die viel besprochene Petition hatte eine ganz andere Stoßrichtung.

Wohl aber wurde zu Recht gesagt, daß eine Abstimmung nicht das Ende des politischen Prozesses sei. Es ist völlig legitim, bei einem späteren Zeitpunkt bei einer Wahl oder Abstimmung zu einer anderen Entscheidung zu kommen.

Zitat
Oder dass sich der Regierungsbezirk Stuttgart von den drei anderen abspaltet, weil dort ja vernünftig gewählt wurde.


Die Landtagswahl hat ja auch nicht zentrale Mitgliedschaftskriterien für Stuttgart in Frage gestellt.
Der passende Vergleich wäre ohnehin der Regierungsbezirk Freiburg, der seinerzeit nur mit demokratisch sehr fragwürdigen Methoden nach BaWü eingemeindet wurde.

Zitat
Die jetzige Post-Referendum-Debatte ist schon überaus befremdlich und ich will fast sagen singulär.


Weil eben das Referendum befremdlich und singulär war. Fluminist hat das ganz gut beschrieben.


Übrigens: Im zweifellos demokratischen Deutschland wurde eine komplette Kommunalwahl (2012 in Dortmund) wiederholt, weil die Wähler über wichtige finanzielle Fakten falsch informiert worden waren.
Angesichts der 350-Millionen-Lüge der Brexiteers wäre das durchaus vergleichbar ...

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

28.06.2016 17:39
#38 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #37
Angesichts der 350-Millionen-Lüge der Brexiteers wäre das durchaus vergleichbar ...

Das war natürlich keine Lüge im engeren Sinn, sondern bloß eine einfältige Milchmädchenrechnung, mit der man Leute für sich gewinnen kann, die nicht kapiert haben, daß Wirtschaft kein Nullsummenspiel und der Wert von Geld nicht absolut festgeschrieben ist. Ebenso die Sprüche von "take your country back", was für Nationalgesinnte immer gut klingt, und stärker noch "control your own destiny", womit man die (vorher und mehr noch nachher) aussichtslosen Sozialhilfeempfänger und Mindestlohnjobber an die Urne kriegt. Daß das alles bei Licht besehen wenig bis keinen Sinn macht, spielt bei einer "Demokratie" auf Basis von Volksabstimmung und undefinierter Verantwortlichkeit keine Rolle.
Deshalb wäre eine Besinnung auf die Tatsache, daß Großbritannien eine parlamentarische Demokratie ist und als solche in der Geschichte stabil und erfolgreich war, in der gegebenen Situation ganz wesentlich und wichtig.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

28.06.2016 18:04
#39 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von Fluminist im Beitrag #38
Zitat von R.A. im Beitrag #37
Angesichts der 350-Millionen-Lüge der Brexiteers wäre das durchaus vergleichbar ...

Das war natürlich keine Lüge im engeren Sinn, sondern bloß eine einfältige Milchmädchenrechnung, mit der man Leute für sich gewinnen kann, die nicht kapiert haben, daß Wirtschaft kein Nullsummenspiel und der Wert von Geld nicht absolut festgeschrieben ist.

Doch, es war auch eine Lüge im engeren Sinne.
Weil nicht nur die Rückflüsse nach GB ignoriert wurden (das wäre noch "normale" Milchmädchenrechnung gewesen), sondern die 350 Millionen wären der theoretische GB-Beitrag, der aber nie bezahlt wurde. D.h. der Briten-Rabatt wurde schlicht ignoriert.
Das finde ich schon bemerkenswert dreist gelogen.

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

28.06.2016 18:11
#40 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #32
Es ist doch ein ziemlich absurdes Bild, daß sich jetzt kein britischer Politiker für das weitere Vorgehen verantwortlich fühlt. Cameron schmeißt hin, Johnson relativiert rum ...



Ich kann am jetzigen Zustand überhaupt nichts "absurdes" finden. Dass Cameron seinen Rücktritt verkündet, nachdem er sein Schicksal eng mit dem Referendum verknüpft hat, finde ich nicht sonderlich überraschend. Und dass Johnson den Ball flachhält, finde ich eine recht besonnene Strategie. Er ist im Moment einfacher Abgeordneter ohne besondere Befugnisse um den Brexit einzuleiten oder sonstwas zu tun - was sollte er ihrer Meinung nach tun? Und was genau hat er relativiert? Citation needed.

Zitat von R.A. im Beitrag #32

Die Brexiteers hatten schlicht überhaupt keinen Plan für den Fall, daß sie gewinnen.



Doch, den Austritt aus der EU. Wie sollte man so etwas denn im Detail planen? Hatte die BRD den Plan für den Fall der Wiedervereinigung? Oder die CIA für den Fall der Implosion der Sowjetunion? Dynamische Prozesse lassen sich nicht planen. Einen Plan zu fordern, wo Planung - im Detail - sinnlos ist, finde ich absurd. Allein die Verhandlung mit der EU über die Modalitäten des Austritts. Oder mit anderen Staaten bezüglich Freihandel. Da spielt so viel rein, sind so viele Parteien beteiligt, da hilft nur Franz Beckenbauer ("schau mer mal").

Sowohl die EU als auch die diversen EU-Staaten hatten im Übrigen einen Plan für den jetzt eingetretenen Fall. Das ist eher absurd, da die ja nicht reichlich mit Wahlkampf zu tun hatten wie Johnson & Co., sondern genügend Zeit zur Vorbereitung gehabt haben.

Gruß
hubersn

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Florian Offline



Beiträge: 3.171

28.06.2016 19:23
#41 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #39
Zitat von Fluminist im Beitrag #38
Zitat von R.A. im Beitrag #37
Angesichts der 350-Millionen-Lüge der Brexiteers wäre das durchaus vergleichbar ...

Das war natürlich keine Lüge im engeren Sinn, sondern bloß eine einfältige Milchmädchenrechnung, mit der man Leute für sich gewinnen kann, die nicht kapiert haben, daß Wirtschaft kein Nullsummenspiel und der Wert von Geld nicht absolut festgeschrieben ist.

Doch, es war auch eine Lüge im engeren Sinne.
Weil nicht nur die Rückflüsse nach GB ignoriert wurden (das wäre noch "normale" Milchmädchenrechnung gewesen), sondern die 350 Millionen wären der theoretische GB-Beitrag, der aber nie bezahlt wurde. D.h. der Briten-Rabatt wurde schlicht ignoriert.
Das finde ich schon bemerkenswert dreist gelogen.



Die Zahl "350 Mio." ist natürlich Schwachsinn.

Aber: Großbritannien hat im wesentlichen schon eine faire Last getragen.
Hier sieht man den EU-Haushalt 2013: http://www.bpb.de/system/files/dokument_...halt%202013.pdf

Ich habe mich gerade ein bißchen durch die Zahlen gewühlt.

Rein von der Beitrags-Seite kommt UK durch den "Briten-Rabatt" tatsächlich relativ gut weg:
Beiträge an die EU in % des BIP:
Durchschnitt EU: 1,1%
D: 1,1%,
F: 1,1%,
I: 1,1%,
UK: 0,9%

Wenn man sich aber den "Netto-Beitrag" (="Operative Haushaltssalden") anschaut, d.h. Zahlungen abzüglich Rückfluss, dann sieht das Bild etwas anders aus:
D: -0,49%
F: -0,40%
I: -0,24%
UK: -0,46%

Da ist Großbritannien also absolut im gleichen Rahmen wie Deutschland und Frankreich.
Der Grund ist einfach: Ein großer Teil der EU-Ausgaben sind Landwirtschafts-Subventionen. Und davon profitiert Großbritannien weniger als stärker landwirtschaftlich geprägte Länder wie Frankreich oder Italien.
Das war ja letztlich auch die seinerzeitige Argumentation von Thatcher mit der sie den Briten-Rabatt begründet hat: Wir profitieren relativ wenig von den EU-Ausgaben. Also möchten wir auch weniger einzahlen.

Und jetzt einmal in absoluten Zahlen für 2013:
Zahlungen UK an Brüssel: 17,1 Mrd. € (=ca. 13,7 Mrd. GBP = 260 Mio GBP pro Woche)
Rückfluss UK aus Brüssel: 8,7 Mrd. €
per Saldo: -8,4 Mrd. (=ca. 6,7 Mrd. GBP = 130 Mio. GBP pro Woche)

Der Briten-Rabatt war 2013 übrigens 4,3 Mrd. €. Selbst wenn man den noch oben draufrechnet (was natürlich Schwachsinn wäre), kommt man auf Zahlungen UK an Brüssel von nur 21,4 Mrd. €. Das wären dann 330 Mio. GBP pro Woche.

Mit anderen Worten:
Die Brexit-Fraktion hat übertrieben. Selbst der UK-Brutto-Beitrag nach Brüssel ist niedriger als die kolportierten 350 Mio.Pfund.
Selbst dann noch, wenn man den Wert vor Kürzung des "Briten-Rabatts" verwenden würde.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

28.06.2016 19:50
#42 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #40
Dass Cameron seinen Rücktritt verkündet, nachdem er sein Schicksal eng mit dem Referendum verknüpft hat, finde ich nicht sonderlich überraschend.

Der Rücktritt ist schon ok. Aber da das Referendum ja seine Idee war, hat er schon eine gewisse Verantwortung dafür, wie es danach weitergehen soll. Einfach die Brocken schmeißen und "nach mir die Sintflut" ist schon schwach.

Zitat
Und dass Johnson den Ball flachhält, finde ich eine recht besonnene Strategie.


Im Sinne seiner Karriere vielleicht. Ist ja nicht schön, jetzt die Verantwortung für die von ihm mitangerührte Suppe zu übernehmen.
Aber wenn er mehr sein will als nur der Clown, dann sollte er jetzt auch kandidieren.

Zitat
Zitat von R.A. im Beitrag #32
Die Brexiteers hatten schlicht überhaupt keinen Plan für den Fall, daß sie gewinnen.

Doch, den Austritt aus der EU. Wie sollte man so etwas denn im Detail planen? Hatte die BRD den Plan für den Fall der Wiedervereinigung? Oder die CIA für den Fall der Implosion der Sowjetunion?


Wie bitte? Der Brexit kam über seine Anhänger so überraschend wie der Zusammenbruch des Ostblocks?

Da gründen die eine spezielle Partei für den Austritt. Machen jahrelang politische Propaganda. Der Termin für das Referendum war auch lange bekannt - und da steht die UKIP nun rum wie Zwerg Nase mit vollen Hosen und weiß nicht weiter?

Es geht nicht darum, daß die jetzt schon die Details für 2019 planen. Aber das Mindeste wäre doch, daß sie einen Antrag im Unterhaus einbringen zum Austritt nach §50. Den müßten sie eigentlich schon seit langem fertig in der Schublade haben.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

28.06.2016 19:56
#43 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #41
Aber: Großbritannien hat im wesentlichen schon eine faire Last getragen.

Richtig.
Der Rabatt war durchaus gerechtfertigt - nur halt unsystematisch.

Der Witz ist ja: Die Lüge war auch ziemlich überflüssig. Für den schlichten Wähler sind 130 Millionen pro Woche genauso eine horrende Summe wie 350 Millionen.

Viel wesentlicher ist, daß die Brexiteers ihren Wählern verkaufen wollten (und Johnson macht das immer noch), man könne alle Segnungen des Binnenmarkts genießen, aber die Kosten komplett einsparen.
Dabei ist völlig klar, daß am Ende der Verhandlungen die Briten auf jeden Fall nicht besser dastehen werden als z. B. Norweger und Schweizer. Und die zahlen jedes Jahr ihren Beitrag in die EU-Kasse, als Gegenleistung für die Zulassung zum EU-Markt. In einer Größenordnung, die etwa dem britischen Netto-Beitrag entspricht.

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

28.06.2016 20:35
#44 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #28


Ich habe mitunter den Eindruck, die EU ist die Sythese aus grüner Zwangsbeglückung und aus einem aus einer Selbstbedienungsmentalität heraus getriebenem Sozialismus. Die grüne Zwangsbeglückung bringt Deutschland in die EU ein, den "Sozialismus" die Nettozahlungsempfänger......

.... und England hatte eben nichts mehr zu sagen.


Gut, man kann es Zwangsbeglückung nennen, ist okay.

Das Problem: Das - also diese Charakterisierung - gilt für jede beliebige GESETZGEBUNG aller Art, ggf. auch in einem separatistischen Zwergstaat, durch jeder beliebige Partei oder Koalition, die die Mehrheit hat.

Aus diesem Problem kommen Sie nur raus, lieber n_s_n, wenn Se sich für den Anarchismus entscheiden.

Auch das Ergebnis der Abstimmung, über die hier diskutiert wird, kann man locker als ZWANGSBEGLÜCKUNG interpretieren. Es sei denn, Sie plädieren dafür, dass sich die unterlegenen 48 % mit vollem Recht an das Ergebnis nicht gebunden fühlen müssen; eine Auffassung, gegen die Llarian im Blog gewisse Vorbehalte geltend gemacht hat . (mal abgesehen davon, dass in diesem Fall Regierung/Parlament tatsächlich und de jure nicht dran gebunden sind).

lich
Dennis

Martin Offline



Beiträge: 4.129

28.06.2016 20:38
#45 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #42

Im Sinne seiner Karriere vielleicht. Ist ja nicht schön, jetzt die Verantwortung für die von ihm mitangerührte Suppe zu übernehmen.
Aber wenn er mehr sein will als nur der Clown, dann sollte er jetzt auch kandidieren.



Ich denke, die Clowns spielen zur Zeit von Schulz abwärts die beleidigten Resteuropäer. Die Briten bestimmen erst mal das Tempo, da kann in Brüssel oder Berlin noch so viel herumgezappelt werden. Brüssel kann ja einen Antrag auf Ausschluss stellen, wenn es nicht schnell genug geht. Das wäre doch cool.

Zitat
Wie bitte? Der Brexit kam über seine Anhänger so überraschend wie der Zusammenbruch des Ostblocks?



Ja, doch, hatte doch keiner damit gerechnet, dass Merkel und Obama in letzter Minute den Brexit beschleunigen. Auf der anderen Seite war keine Eile geboten, auf ein halbes Jahr kommt es nicht an.

Gruß, Martin

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

28.06.2016 21:35
#46 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #13
Die EWG (die formal immer noch besteht als Teil der EU)


Die EWG als Teil der EG (Plural) wurde mit dem Vertrag von Maastricht in EG (Singular) umbenannt. Mit dem Vertrag von Lissabon trat die EU, die zuvor das Dach für die supranationale (also nach der sog. "Gemeinschaftsmethode" mit Verordnungen und Richtlinien operierende) Säule EG und die intergouvernementalen (also klassisch völkerrechtlichen) zwei Säulen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der Polizeilichen und Justiziellen Zusammenarbeit (PJZS) bildete, die Rechtsnachfolge der EG an. Die EG gibt es seit Lissabon nicht mehr.

Vor Lissabon galt es als Ausweis europarechtlicher Inkompetenz, wenn man von einer "EU-Verordnung" oder einer "EU-Richtlinie" sprach (weil nur die 1. Säule der EU, die EG, VO und RL erlassen konnte). Heutzutage müsste man eigentlich auch von "Unionsrecht" und nicht mehr von "Europarecht" sprechen. O tempora ...

Ach ja: Wer etwas zum Nachlesen haben möchte, wird hier fündig.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

28.06.2016 21:38
#47 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #46
Zitat von Meister Petz im Beitrag #13
Die EWG (die formal immer noch besteht als Teil der EU)
Die EWG als Teil der EG (Plural) wurde mit dem Vertrag von Maastricht in EG (Singular) umbenannt. Mit dem Vertrag von Lissabon trat die EU, die zuvor das Dach für die supranationale (also nach der sog. "Gemeinschaftsmethode" mit Verordnungen und Richtlinien operierende) Säule EG und die intergouvernementalen (also klassisch völkerrechtlichen) zwei Säulen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der Polizeilichen und Justiziellen Zusammenarbeit (PJZS) bildete, die Rechtsnachfolge der EG an. Die EG gibt es seit Lissabon nicht mehr.

Vor Lissabon galt es als Ausweis europarechtlicher Inkompetenz, wenn man von einer "EU-Verordnung" oder einer "EU-Richtlinie" sprach (weil nur die 1. Säule der EU, die EG, VO und RL erlassen konnte). Heutzutage müsste man eigentlich auch von "Unionsrecht" und nicht mehr von "Europarecht" sprechen. O tempora ...

Ach ja: Wer etwas zum Nachlesen haben möchte, wird hier fündig.

Danke für den Hinweis!

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

28.06.2016 21:43
#48 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #44
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #28

Ich habe mitunter den Eindruck, die EU ist die Sythese aus grüner Zwangsbeglückung und aus einem aus einer Selbstbedienungsmentalität heraus getriebenem Sozialismus. Die grüne Zwangsbeglückung bringt Deutschland in die EU ein, den "Sozialismus" die Nettozahlungsempfänger


Ihrer Antwort auf meine Feststellung, lieber Dennis, liest etwas in meine Aussage hinein, was ich nicht geschrieben habe.

Zunächst:
Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #44
Gut, man kann es Zwangsbeglückung nennen, ist okay.

Das Problem: Das - also diese Charakterisierung - gilt für jede beliebige GESETZGEBUNG aller Art.
Ich denke nicht, dass Gesetzgebung automatisch Zwangsbeglückung im Sinne Grüner Politik ist. Politik kann versuchen ein Regelwerk zu schaffen, welches gleiche Voreraussetzungen für die Staatsbürger schafft und Eigentum und Unversehrtheit garantiert. Das würde ich nicht unter Zwangsbeglückung verstehen. Wenn Politik über Regeln versucht den Menschen eine Anleitung zum "richtigen Leben" zu geben, ist es das, was ich Zwangsbeglückung nenne. Nicht immer sind die beiden Arten der Politik trennscharf zu unterscheiden, aktuelle deutsche Politik hat aber einen Hang zu Lezterem. Die Grüne Variante ist dabei ein Meister aus Deutschland, dessen Apologeten sich hier in missionarischer Vorbildfunktion für Europa und die Welt begreifen und der dem angelsächsichen Staatsverständnis und Freiheitssinn eher fremd sein dürfte.

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #44
Aus diesem Problem kommen Sie nur raus, lieber n_s_n, wenn Se sich für den Anarchismus entscheiden.

Auch das Ergebnis der Abstimmung, über die hier diskutiert wird, kann man locker als ZWANGSBEGLÜCKUNG interpretieren.
Ich wollte weder aus irgendeinem Problem heraus, noch Abstimmungsergebnisse interpretieren. Ich wollte einen Sachverhalt feststellen, den viele Kommentatoren offensichtlich übersehen: Die Politik der EU ist die Politik der Nationalstaaten. Geprägt wird sie aktuell von der deutschen Politik und der Politik der südländischen netto Empfänger. Englands Vorstellungen von Politik scheinen in der EU, warum auch immer, keine Rolle zu spielen.

Damit möchte ich lediglich Zweierlei aussagen: 1) Ich denke, keine Rolle in der EU Politik zu spielen stinkt vielen Engländern, gleich wie sie gestimmt haben. 2) Ein Verlassen der EU, welches viele Menschen in allen Staaten als Weg aus ihrem Unbehagen sehen mögen, wird insofern nicht helfen, als dass ihnen große Teile der EU Politik dann als nationale Politik erhalten bleibt. Die EU Politik kann nicht besser sein als unsere nationalen Regierungen und die sind in den wichtigen EU Staaten meines Ermessens derzeit sehr schlecht.

Aufgeblasene Wichtigtuer, wie der Supergrobi aus Würselen oder sein luxemburger Kompagnon sind zwar höchst ärgerlich und es ist schade um das redlich abgeführte Steuergeld welches sie bekommen aber nicht verdienen, doch das ist nun keine Grund dafür, dass die EU ist was sie ist. Sie sind lediglich Symptom dessen, was in den Nationalstaaten falsch läuft.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Martin Offline



Beiträge: 4.129

29.06.2016 08:52
#49 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von hubersn im Beitrag #40


Ich kann am jetzigen Zustand überhaupt nichts "absurdes" finden. Dass Cameron seinen Rücktritt verkündet, nachdem er sein Schicksal eng mit dem Referendum verknüpft hat, finde ich nicht sonderlich überraschend. Und dass Johnson den Ball flachhält, finde ich eine recht besonnene Strategie. Er ist im Moment einfacher Abgeordneter ohne besondere Befugnisse um den Brexit einzuleiten oder sonstwas zu tun - was sollte er ihrer Meinung nach tun? Und was genau hat er relativiert? Citation needed.


Vor allem ist ja auch Cameron mit den Tories in der (politischen) Pflicht, das Referendum durch das Parlament zu bringen, schließlich hatten sie dieses zugesagt. Und ein Referendum just for fun dürfte politisch schwer vermittelbar sein. Die Brexit-Befürworter müssen jetzt nur zuschauen, wie und ob sich die Tories selbst zerlegen. Käme es zu keinem Brexit dürften die Nationalkonservativen spätestens in drei Jahren bei den Europawahlen absahnen und ihren Block im EU-Parlament verstärken. Vielleicht macht das die Platzhirsche dort gerade so nervös.

Gruß, Martin

Reisender ( gelöscht )
Beiträge:

29.06.2016 08:55
#50 RE: Die Verachtung der Demokratie Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #43
Viel wesentlicher ist, daß die Brexiteers ihren Wählern verkaufen wollten (und Johnson macht das immer noch), man könne alle Segnungen des Binnenmarkts genießen, aber die Kosten komplett einsparen.



Warum kann das nicht so sein?

Nach meiner schlichten Einschätzung bedeutet das freien und staatlicherseits unreglementierten Handel. Etwas Bürokratie zur Verhinderung von Monopolen oder dies beim -hier-Bundeskartellamt belassen. Dazu Haftungsregelungen für Schadensfälle durch Produkte. Ansonsten gewinnt der, der 10 Jahre oder lebenslange Garantie anbietet. Die Normen für die Kompatibilität werden sich wie die DIN-Normen selbständig herausbilden oder ein Produkt ist so gut, daß es auf Verbindungsfähigkeit mit anderen Produkten verbinden kann. Wofür brauche ich die EU dabei, außer um Mitbewerber vom Markt fernzuhalten, welche die EU-Normen zB. plakativ bei den Apfelformnormen nicht erfüllen können?

Auch Schengen und sonstige Kontrollosigkeit ist Murks - es erleichtert nur das Kriminalitätsgeschäft bis hin zum Umsatzsteuerkarussell. Das Gegenteil beeinträchtigte die Reisefreiheit nicht - außer für Kalaschnikovs in den Ferien.

Welchen Vorteil bietet die EU? Alle wesentlichen EU-Entscheidungen fallen einem nun auf die Füße. Angefangen bei der Währungsunion bis dahin, daß eine einzelne (nationale ) Person Einfluß auf die Zuwanderung in fremde Staaten und auf deren Entwicklung bekommt.

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