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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 48 Antworten
und wurde 4.054 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Llarian Offline



Beiträge: 7.126

03.08.2016 00:25
Von Hinz und Kunz Antworten
Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

03.08.2016 01:05
#2 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Robert Gernhardt:

Der Hinz, der sprach zum Kunz:
Kunz, schenk mir deine Gunz!

Da sprach der Kunz zum Hinz:
Mein lieber Hinz, du spinnz!


Wir folgern , daß es sich bei der Politik nicht selten um ein Gunzgewerbe handelt.
Zu dieser Erkenntnis zu gelangen ist freilich keine Kunz. Es handelt sich schließlich um das zweitälteste Gewebe der Welt.



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

03.08.2016 01:34
#3 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Die Hinzsche Lebenslauf-Lüge unterscheidet sich von den üblichen Politiker-Lügen dadurch, dass sie für die Wähler keine nachteiligen Folgen hat. Es scheint so, als sei die fehlende fachliche Kompetenz nirgendwo bemerkt worden - also war sie entweder nicht erforderlich, oder mit der erforderlichen Kompetenz von Juristen in der Politik ist es eh nicht weit her (soll ich das Stichwort "Maas" in die Runde werfen?). Ihre Schwächen im menschlichen Umgang wurden hingegen deutlich bemerkt.

Ihr Fehler aus des Werwohlfs Sicht war, dass sie tatsächlich "Politik machen" wollte. Hätte sie sich einfach nur damit begnügt, die Abgeordneten-Diäten einzustreichen, wäre sie des Werwohlfs Idealbild eines Politikers sehr nahe gekommen. Das aber leider wohl nicht mehrheitsfähig ist, so dass tatsächlich in der Masse die Neidreflexe greifen werden, was für die SPD natürlich besonders schädlich ist.

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

03.08.2016 08:33
#4 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #3
Ihr Fehler aus des Werwohlfs Sicht war, dass sie tatsächlich "Politik machen" wollte. Hätte sie sich einfach nur damit begnügt, die Abgeordneten-Diäten einzustreichen, wäre sie des Werwohlfs Idealbild eines Politikers sehr nahe gekommen. Das aber leider wohl nicht mehrheitsfähig ist, so dass tatsächlich in der Masse die Neidreflexe greifen werden, was für die SPD natürlich besonders schädlich ist.


Meiner bescheidenen Meinung nach war Hinzens Fehler, vor allem menschlich aus Sicht vieler ihrer (ehemaligen) Mitarbeiter ein absoluter fail gewesen zu sein. Die Mobbingvorwürfe standen ja schon länger im Raum. Und wessen Weg viele Leichen pflastern, für den interessiert sich irgendwann schonmal die westfälische Lokalpresse. Wenn man dann eine solche verwesungsresistente, olfaktorisch weithin wahrnehmbare Leiche im Keller hat (schon eine einfache Recherche der Abiturientenlisten ihres Jahrgangs hat ja letztlich bereits ausgereicht), dann ist man irgendwann wahrscheinlich fällig. Ob das mit dem Wunsch zu tun hatte "Politik zu machen" (i. S. inhaltlicher Gestaltung) oder aber beides (Führungsverhalten und Lebenslüge) eher einem selbst für Politikerverhältnisse besonders ausgeprägten Narzißmus geschuldet gewesen ist, sei dahingestellt.

Ich bin auch nicht sicher, ob Neid, wie schon im Ausgangsbeitrag zu lesen, hier der richtige Begriff ist. Mal ehrlich, wer neidet einer "gefallenen" Abgeordneten denn prinzipiell die, relativ gesehen, paar Euro Übergangsgeld? Ich denke, der Ärger bezieht sich eher darauf, daß viele dies schlicht als besonders dreistes Beispiel von fortgesetzter Selbstbedienungsmentalität betrachten, das eben (noch?) nicht alltäglich ist. Daß da journalistischerseits (und nicht nur dort) viel "Wasser predigen und Wein saufen" eine Rolle spielen wird, ist davon freilich unbenommen.

Herzliche Grüße,
Andreas

"Man kann einen gesellschaftlichen Diskurs darüber haben, was Meinungsfreiheit darf. Oder man hat Meinungsfreiheit." (Christian Zulliger)

Krischan Offline




Beiträge: 642

03.08.2016 09:34
#5 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #4
[...] Wenn man dann eine solche verwesungsresistente, olfaktorisch weithin wahrnehmbare Leiche im Keller hat (schon eine einfache Recherche der Abiturientenlisten ihres Jahrgangs hat ja letztlich bereits ausgereicht), dann ist man irgendwann wahrscheinlich fällig. [...]


Und das, wo es im Politbetrieb doch mittlerweile Usus ist, dass abgebrochene Studenten ohne Erfahrungen im wahren Leben die Leiter hinaufstümpern, siehe Nils Annen, auch Andrea Nahles würde ich da einordnen. Von Siggi Pop, dem Lehrer ohne Lehrerfahrung (wenn ich mich recht entsinne) ganz zu schweigen. Die Frau Hinz wird sich in ihren Allerwertesten beißen, dass sie mit ihrer bewussten Lügerei auf die Nase gefallen ist, während andere mit ähnlicher Biografie und Ehrlichkeit (und daraus folgender Indifferenz der Öffentlichkeit) durchkommen.

Btw., zum Thema juristisches Niveau im Bundestag: Ich bezweifle, dass für die üblichen Themen viel juristische Expertise gefordert ist. Kann wohl eher hinderlich sein. Gesunder Menschenverstand ist hilfreicher.

Freundlichst,
Krischan

Deutsche Wurst - alles andere ist Käse.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

03.08.2016 10:33
#6 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #4
Meiner bescheidenen Meinung nach war Hinzens Fehler, vor allem menschlich aus Sicht vieler ihrer (ehemaligen) Mitarbeiter ein absoluter fail gewesen zu sein.

Das sehe ich auch so.
Überhaupt ist bei politischen Affären der eigentliche Anlaß selten ein Gradmesser dafür, ob es zu einem Rücktritt kommt. Entscheidend ist die politische Unterstützung aus der eigenen Partei.

Zitat
Mal ehrlich, wer neidet einer "gefallenen" Abgeordneten denn prinzipiell die, relativ gesehen, paar Euro Übergangsgeld?


So etwa 90% der Bevölkerung, wäre meine Schätzung.
Der deutsche Neid gegenüber Politikerbezügen ist erstaunlich verbreitet und teilweise fast aggressiv. Fast egal, um wieviel Geld es wirklich geht.
Ein MdB verdient ja mit Nebenleistungen und Alterversorgung noch halbwegs ordentlich, auf den Ebenen darunter sind die Bezüge eigentlich überhaupt kein Grund für Neid. Und trotzdem ist der heftigst da, selbst bei einer Aufwandsentschädigung von 200 Euro im Monat für einen ehrenamtlichen Kommunalpolitiker.

Der Steuerzahler kann die Affäre Hinz jedenfalls sehr gelassen sehen. Die Diäten muß er auf jeden Fall bezahlen. Und ob die nun an Hinz selber gehen oder an einen nachrückenden Genossen ist finanztechnisch nur für die Empfänger wichtig.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

03.08.2016 10:39
#7 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Stimmt, ein Herumhacken auf einer Politikerin, nur weil sie ordentlich gelogen hat (was böse Zungen für eine Qualifikation im Politikermetier halten würden), ist weder gentlemanlike noch logisch. Andererseits liegen - hier bin ich jetzt natürlich vom common law beeinflußt - reichlich Präzedenzfälle vor, in denen deutlich geringfügigere Schummeleien oder sogar bona fide Inadäquatheiten zum Rücktritt geführt haben: Guttenberg, Schavan und wie hieß noch gleich die Dame von der F.D.P.... Da dürfte man schon eine angemessen analoge Reaktion erwarten können, lehrte die Geschichte nicht andererseits, daß auf der linkeren Seite des Spektrums auch die Narrenfreiheit größer ist.

Publius Offline



Beiträge: 127

03.08.2016 10:51
#8 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat
Merkel hat uns vor der Wahl 1% Mehrwertsteuererhöhung angekündigt. Und es wurden 3%. Wieso ist ihre Lüge jetzt besser als die von Frau Hinz ?


Naja, Merkel kündigte im Wahlkampf 2005 an, die Mehrwertsteuer von 16% auf 18%, also um 2% zu erhöhen. Aber da es am Ende 3% wurden, hat sie trotzdem gelogen.

Gruß
Publius

Agotbronn Offline



Beiträge: 29

03.08.2016 12:29
#9 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Ich finde das Rumgerede hier sehr befremdend.

Es geht nicht darum, ob Politiker unzureichende Bildung haben.
Es geht nicht darum, ob Politiker von ihren Diäten leben und diese deswegen abgreifen wollen.
Es geht schon garnicht um einzelne Politiker, die man nicht mag.
Und es geht auch nicht darum, ob man etwas ankündigt, was man nicht einhält oder nicht einhalten kann.

Hier geht es um eine Lüge über eine Tatsache. Es ist eben etwas anderes, ob jemand über seine Vergangenheit lügt oder etwas verspricht, dass er dann nicht einhält. Das hier ist daher vergleichbar mit Guttenberg, der ebenfalls die Welt über seinen Betrug belogen hat.

Politik ist mal gut, mal schlecht. Aber der Betrug über die Vergangenheit eines Politikers verhindert, zu erkennen, welche Politik hier geschieht. Und das ist ein grundlegender Schaden für die Demokratie.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

03.08.2016 16:30
#10 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #2
Robert Gernhardt:
Nach meinem Dafürhalten nicht erst Robert Gernhardt, sondern schon Kleist, nämlich als Hinz von Tronka und Kunz von Tronka bei Michael Kohlhaas.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

03.08.2016 17:22
#11 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #3
Ihr Fehler aus des Werwohlfs Sicht war, dass sie tatsächlich "Politik machen" wollte.
Ich glaube, im Kern ist das Ärgernis eben dieses.

Meine möglicherweise etwas zynische Grundhaltung ist die, dass viele Betriebe ihre Produktivität alleine dardurch steigern könnten, große Teile ihrer Belgeschaft in der "Verwaltung" bei vollem Gehalt einfach nach Hause zu schicken. Dies trifft in besonders großem Maße vor allem für Politik zu. Ist sie tendenziell untätig (in einem ordentlichen bestehenden Rechtsrahmen mit überschaubarer Bürokratie), entwickeln sich Dinge tendeziell positiv. Untätige Politiker sind hyperaktiven auf jedem Falle vorzuziehen.

Natürlich hat diese Dame über bestehende Tatsachen zum eigenen Vorteil falsche Aussagen getätigt und das ist natürlich ungleich eindeutiger der Tatbestand einer Lüge, als uneingelöste Versprechen. Aber wie man an diesem Fall zu sehen scheint, ist durch diese Lüge kein wirklicher Schaden enstanden: Die formal fehlende Qualifikation war anhand der abgelieferterten Arbeit nicht festzustellen.

Das kann nun bedeuten, dass die Dame auch ohne formale Eignung sehr gute Arbeit ablieferte oder dass die meiste parlamentarische Arbeit keiner intersubjektive Beurteilung standhält und die (unqualifizierte) Arbeit der Dame daher nicht auffällt. Ich neige zu letzterer Vermutung. und damit versteht sich für mich auch die "politische Aufregung":

Da ist eine Dame, ohne Qualifikaion und Ahnung aber mit einer starken Meinung. Und sie fällt nicht auf im parlamentarischen Betrieb. Jetzt hat der Rest der parlamentarischen Elite natürlich eine gewisse Angst es könnte die Frage aufkommen, warum so etwas nicht auffällt. Niederträchtige Menschen könnten zum Beispiel auf den Gedanken kommen, dass ein Ungelernter eben nicht auffällt, wenn Theologen das Betreiben einens Industrielandes mit Windmühlen planen.

Also ich verstehe die geschäftige Hektik der Politik in Sachen Moral: Hauptsache niemand fragt zur Sache nach!

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

03.08.2016 17:28
#12 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #11
Meine möglicherweise etwas zynische Grundhaltung ist die, dass viele Betriebe ihre Produktivität alleine dardurch steigern könnten, große Teile ihrer Belgeschaft in der "Verwaltung" bei vollem Gehalt einfach nach Hause zu schicken.

Da ist viel dran. Nur daß es in der Praxis fast unmöglich ist festzustellen, welcher Teil das konkret ist.

Zitat
Da ist eine Dame, ohne Qualifikaion und Ahnung aber mit einer starken Meinung. Und sie fällt nicht auf im parlamentarischen Betrieb. Jetzt hat der Rest der parlamentarischen Elite natürlich eine gewisse Angst es könnte die Frage aufkommen, warum so etwas nicht auffällt.


Das ist eine sehr interessante Überlegung. Die aber bei den Wählern leider so selten ist, daß die Gewählten sich deswegen keine Sorgen machen müßten (wenn sie diesen Aspekt überhaupt sehen würden, was ich auch bezweifle).

Ich sehe die aktuelle Aufregung ganz schlicht als Mischung: Der SPD ist es ärgerlich, daß eine Genossin beim Mogeln erwischt wurde und die übrigen Parteien sehen die Chance, der Konkurrenz eine auszuwischen.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

03.08.2016 19:34
#13 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #10
schon Kleist


Lessing auch, & Johann Wolfgang von Dingenskirchen. Komischerweise nicht bei Hebel oder Matthias Claudius, bei denen man dergleichen eher vermuten möchte. Der Grimm führt das als generische Passepartouts, in der noch unverschliffenen Form "Heinrich/Konrad", bis ins 13. Jhdt. zurück.
http://woerterbuchnetz.de/DWB/?sigle=DWB...K16869#XGK16869

Zitat
KUNZ, kunze, die koseform des mannesnamens Konrad,
...
2) seine allgemeine bedeutung mag ihm besonders aus einer formelhaften verknüpfung mit einem andern namen erwachsen sein, schon mhd. Kuonrât und Heinrîch.
a) diese müssen als probenamen schon um 1300 geläufig gewesen sein, denn so braucht sie z. b. meister Eckhart öfter: swenne ich dâ (in gott) vereinet bin, dâ alliu dinc gegenwertic sint, diu dâ vergangen sint unt diu iegenôte (eben) sint unt diu künftic sint, diu sint alliu gelîch nâhe unde gelîch ein, diu sint alle in gote unde sint alliu in mir. dâ endarf (braucht) man weder Kuonrât noch Heinrîch gedenken ... wan in gote ist weder Heinrîch noch Kuonrât. 33, 2 ff. ... ist nû got aller namen frî, dar umbe bedarf ich niht gedenken daʒ ich Heinrîch oder Kuonrât noch Uolrîch () heiʒe. 591, 9, also zur scharfen bezeichnung des einzelnen, doch so dasz sich jeder einzelne darunter denken kann, was Wackernagel Germ. 5, 229 gemeinnamen nennt; die zwei, manchmal auch drei bestimmten namen besorgen andeutend die umspannung aller einzelnen.



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Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

03.08.2016 20:17
#14 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #11
Aber wie man an diesem Fall zu sehen scheint, ist durch diese Lüge kein wirklicher Schaden enstanden


Aber in jeder Firma ist das ein Grund für eine fristlose Kündigung. Gehe nicht über Los; ziehe nicht X Kröten ein. Und wenn die EsPeDe so was nicht gebacken kriegt, sieht sie halt wie ein trauriger Haufen aus. (Daß die Sechzehn-Prozent-Dödel ein trauriger ---haufen sind, steht auf einem andern Blatt.) Die Peinlichkeit liegt darin, daß die Dame seit 34 Jahren durch alle möglichen Gremien durchgereicht worden ist & da anscheinend niemand ein CV mit Anlagen sehen wollte. Gentlemen's Agreement reicht ("Gentlemen" ist natürlich Autobahn; PC ist dagegen der Spruch von den Krähen & den Augen. ). Wenn es stimmt, daß manche den Braten schon gerochen haben, als die Mauer noch stand, dann dürfte das bei den Essener Genossen noch Ganz Großes Provinzkino geben. Zumal die mit ihrer selbstversägten Haushaltssperre (Milliardenverzocke durch ausgebliebene RWE-Tantiemen) & das öffentlich zelebrierte St. Florians-Passionsspiel in Sachen Neubürgerherbergen gerade einen schönen Scheiterhaufen aufgeschichtet haben, der auf einen lustigen Funken wartet. Wir raten zwengs Klärung zu: 15 Schritte Barriere, 20 Schritte Distance.

Überhaupt ist das Erstaunliche an solchen Felix-Krull-Karrieren ja nicht die Gewieftheit der Schubiaks (von Manolescu bis Gert Postel lassen die ja ihre Ghostwriter in ihre Beichtschriften schreiben: "ich hätte NIE geglaubt, daß ich mit so schlichten Lügen durchkomme"), sondern die unendliche & unkurierbare Naivität der Genasführten. Mundus vult decipi. Der Kleine Zyniker meint: es gibt 3 Berufsparten, die ihr Geld damit verdienen, allen anderen die Hucke vollzulügen. Journalisten, Wissenschaftler & Politiker. Branche No. 2 hat seit dem Milleniumswechsel den Stab von den Gebrauchtwagenhändlern übernommen.



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Llarian Offline



Beiträge: 7.126

04.08.2016 00:21
#15 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Agotbronn im Beitrag #9
Hier geht es um eine Lüge über eine Tatsache. Es ist eben etwas anderes, ob jemand über seine Vergangenheit lügt oder etwas verspricht, dass er dann nicht einhält. Das hier ist daher vergleichbar mit Guttenberg, der ebenfalls die Welt über seinen Betrug belogen hat.

Ich finde auch, es ist ein Unterschied: Die Lügen von Hinz und Guttenberg haben ad hoc erst einmal keinem geschadet. Das kann man von Merkels Lüge wohl eher nicht sagen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.126

04.08.2016 00:28
#16 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #14
Aber in jeder Firma ist das ein Grund für eine fristlose Kündigung.

Gar nicht mal unbedingt. Das kommt auf zwei Dinge an: Erstens, die Frage ob die Lüge in Relation zum Job steht. Wenn jemand beispielsweise erzählt, dass er in seiner Freizeit gerne Basketball spielt (Teamsport, stellt mich ein!), dann wird die Tatsache, dass er doch lieber Fallschirmspringen geht, kaum als Basis für eine Kündigung reichen.
Zum zweiten, ein Lebenslauf wird in aller Regel als Dokument unterschrieben und damit seine Richtigkeit bezeugt. Einen solchen hat Frau Hinz nie abgegeben, weil es auch nie Vorraussetzung für ihre Job war. Wenn ich meinem Arbeitgeber einen Zeitungsartikel zeige, der mich auf einem Foto mit der lokalen Basketballmannschaft zeigt, ich ihm erzähle ich sei Teil dieser Mannschaft, obschon ich nur den Mannschaftsbus fahre, wird das kaum für eine Kündigung reichen.

Zitat
Und wenn die EsPeDe so was nicht gebacken kriegt, sieht sie halt wie ein trauriger Haufen aus.


Die "EsPeDe" kann niemandem aus dem Bundestag schmeissen, lieber Ulrich. Die CeDeUh nebenbei auch nicht. Arbeitgeber der Dame ist der deutsche Staat. Und der kann sie nicht einfach rausschmeissen.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

04.08.2016 01:17
#17 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #16
Und der kann sie nicht einfach rausschmeissen.


Desrum schreibte ich ja auch "sieht sie aus". Für die Außenwirkung - Kind, was sollen die Leute denken - bleibt ja primär der Eindruck: Die Genossen lassen sich auf den Nase herumtanzen, & wenn das auffliegt, wird ihnen noch eine solche gedreht. Deswegen werden die das wohl wie angekündigt über die Bande "parteischädigendes Verhalten" spielen. Und frei erfundene akademische Titel sind ja eine kleine Nummer mehr in Sachen karriereentscheidend als möllemannsche Freizeitpräferenzen. Wenn die Genossen glaubhaft machen (i.e. behaupten) können, ohne diesen Namensbestandteil hätte man sie nicht in Haushalts- & Finanzausschuss beordert, wären sie schlecht beraten, diese Karte nicht zu spielen. Andrerseits: Hört in dem Metier überhaupt noch wer auf die Herren Machiavelli & Grima Schlangenzunge? Außer The Donald natürlich.



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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

04.08.2016 10:38
#18 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #14
Aber in jeder Firma ist das ein Grund für eine fristlose Kündigung.

Nun ist aber die SPD NICHT die Arbeitgeberin und Chefin der Frau Hinz. Auch wenn die Parteiführungen gerne glauben, die Abgeordneten wären ihnen unterstellt - diese Idee ist verfassungswidrig.
Womit ich dann ausnahmsweise auch dem Spiegelmal zustimmen muß.

Zitat
Überhaupt ist das Erstaunliche an solchen Felix-Krull-Karrieren ja nicht die Gewieftheit der Schubiaks (von Manolescu bis Gert Postel lassen die ja ihre Ghostwriter in ihre Beichtschriften schreiben: "ich hätte NIE geglaubt, daß ich mit so schlichten Lügen durchkomme"), sondern die unendliche & unkurierbare Naivität der Genasführten. Mundus vult decipi.


Das sagt sich so leicht - aber in der Realität glaubt man täglich Aussagen, die man nicht überprüft. Weil man sie gar nicht (mit vernünftigem Aufwand) überprüfen kann.
Wenn sich jemand in einer Wahlversammlung als studierter Jurist vorstellt, dann ist das so banale Normalität - wieso sollte ich das als Delegierter anzweifeln oder gar überprüfen? Insbesondere da ich von Fällen weiß, wo Leute ein wirklich gültiges Jura-Zeugnis vorweisen können, obwohl die Qualität ihrer Ausführungen zu Recht und Gesetz dies überhaupt nicht nahelegen ...

Agotbronn Offline



Beiträge: 29

04.08.2016 13:44
#19 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #15
Ich finde auch, es ist ein Unterschied: Die Lügen von Hinz und Guttenberg haben ad hoc erst einmal keinem geschadet. Das kann man von Merkels Lüge wohl eher nicht sagen.



(Lassen wir mal beiseite, dass Guttenberg mit seinem plagiierten Doktor durchaus der Wissenschaft geschadet hat. Und da Wissenschaft eine der Kernkompetenzen des freien Westens ist und nicht nur das Produkt von ein paar spleenigen Eierköpfen, war das ein ganz eklatanter Schaden.)

Sie bringen, zwar verständlich, aber eben nicht zutreffend, einen falschen "Lügen"-Begriff in die Debatte. Eine Ankündigung oder Prognose kann man zwar polemisch als Lüge bezeichnen, sie ist aber eigentlich keine. Etwas anderes wäre es, wenn sie Merkel nachweisen können, dass sie schon bei der Abfassung des Parteiprogrammes plante, die KKWs abzuschalten - das aber mit Absicht verheimlicht hat. Die Frage des Schadens ist hier eigentlich sowieso unerheblich. Falsche Politik wird nunmal gemacht und Schaden entsteht.

In der Demokratie ist es immer noch die Aufgabe der Wähler zu entscheiden, ob eine Politik in ihren Versprechen glaubwürdig ist und welche Schäden daraus entstehen. Aber eine Lüge über Tatsachen raubt dem Wähler die Kompetenz dieser Entscheidung zu treffen. Und da beginnt das Problem.

Die Kritik, die hier läuft, ist doch die zur Zeit angesagte Kritik am Establishment nach der Devise: Alle Politiker sind Lügner, was wollt ihr mit der Hinz. So verständlich ich diese Kritik finde, gibt sie keinerlei Anhaltspunkt, wie das politische System verbessert werden kann. Wenn alles gleich ist: der gefälschte Lebenslauf genauso wie mal Pop-Minister gewesen zu sein, dann kann man mangels klarer Kriterien nur auf den erstbesten Demagogen 'reinfallen.

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

04.08.2016 15:22
#20 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Agotbronn im Beitrag #19
(Lassen wir mal beiseite, dass Guttenberg mit seinem plagiierten Doktor durchaus der Wissenschaft geschadet hat. Und da Wissenschaft eine der Kernkompetenzen des freien Westens ist und nicht nur das Produkt von ein paar spleenigen Eierköpfen, war das ein ganz eklatanter Schaden.)

Bitte um Entschuldigung, daß ich das nicht einfach beiseite lasse; aber können Sie das etwas näher spezifizieren? Guttenberg hat in Jura promoviert, insofern kann von Wissenschaft im engeren Sinne sowieso keine Rede sein ; aber auch die Rechtswissenschaft wird doch unter einem Plagiat (im vorliegenden Fall nicht hinreichend kenntlich gemachte wörtliche Zitate) kaum leiden, verglichen beispielsweise mit einem Naturwissenschaftler, der seine Daten fälscht, erfindet oder durch allzu kreative statistische Verfahren Behauptungen unterstützen läßt, die anders nicht reproduzierbar sind und somit vermutlich der Naturwirklichkeit nicht entsprechen?

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

04.08.2016 15:39
#21 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Ich bitte um Rücksicht für Frau H. Die politische Verfolgung hat sie schwer traumatisiert.

Zitat von RP Online, 04.08.
Das Ultimatum der SPD gegen Petra Hinz, die ihr Bundestagsmandat niederlegen soll, ist am späten Mittwochabend abgelaufen. Über den Verbleib der 54-Jährigen herrscht weiter Rätselraten. Einem Medienbericht zufolge soll sie sich in einer Fachklinik für Psychiatrie befinden.

Zunächst hieß es, sie sei in Urlaub. Dann teilte der Bundestag mit, dass sie sich krank gemeldet habe. Jetzt berichtet die "Bild"-Zeitung, dass sie in NRW in einer "Fachklinik für Psychiatrie und Psychosomatik" behandelt werde. Zuvor hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel gesagt: "Frau Hinz soll sich in stationärer Behandlung befinden. Ich kann das aber von hier aus nicht überprüfen."



http://www.rp-online.de/nrw/landespoliti...k-aid-1.6161425

Um das Risiko der an solchen Orten offenbar grassierenden Blitzradikalisierung zu minimieren, hoffe ich, daß ihr eine Zufluchtsgewährung durch einen Staatsmann zuteil wird, der für kleine Unstimmigkeiten mit Balkandoktorgraden sicherlich Verständnis zeigen wird.



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nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

04.08.2016 16:29
#22 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Agotbronn im Beitrag #19
dass Guttenberg mit seinem plagiierten Doktor durchaus der Wissenschaft geschadet hat

Diese Sicht kann ich nun ebenfalls nicht nachvollziehen.

Ich verstehe durchaus die moralische Verwerflichkeit von Guttenbergs Handlung, und gestehe jedem zu sich darüber zu empören. Geschadet wurde hier aber doch wirklich niemandem, ausser vielleicht derjenigen Person, die Guttenberg von den Positionen fern hielt, die er selbst (aufgrund seines Plagiats unrechtmäßig) begleitet hat. Das dürfte aber schwer festzustellen sein.

Wie auch bei Hinze sagt das Ganze eher etwas über unser Bildungssystem und über die Ansprüche an die Qualifikation im politischen Betrieb aus, als dass jemandem geschadet wurde.

Nebenbei bemerkt: Wenn man denn über eine abstrakte Schädigung sprechen möchte, wurde meines Ermessens nicht der Wissenschaft geschadet, sondern dem "wissenschaftlichen Betrieb". Und diesem wurde nicht von Herrn Guttenberg geschadet, sondern von sich selbst, indem er ein Plagiat als Doktorarbeit durchgehen lies. - Was definitiv etwas über unser Bildungssystem aussagt.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

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R.A. Offline



Beiträge: 8.171

04.08.2016 16:48
#23 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Agotbronn im Beitrag #19
Lassen wir mal beiseite, dass Guttenberg mit seinem plagiierten Doktor durchaus der Wissenschaft geschadet hat.

Höchstens ganz abstrakt.
Ein Schaden für die Wissenschaft wäre entstanden, wenn a) Guttenberg durch den falschen Doktor an der Uni Karriere gemacht und fähigeren Leuten die Stelle weggenommen hätte oder b) andere Wissenschaftler seine Arbeit als Quelle verwendet hätten und durch Qualitätsmängel selber zu falschen Schlüssen gekommen wären.
Beides war aber deutlich nicht der Fall. Da es "nur" um Plagiat ging, wäre ein Schaden b) auch gar nicht möglich gewesen.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

04.08.2016 16:48
#24 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #21
Die politische Verfolgung hat sie schwer traumatisiert.
Dazu kann Andreas ja vielleicht etwas sagen, aber ein Psychater muss meiners Ermessens nichtmal besonders clever sein, um diese Dame bei der augebblicklichen Lage "krank zu schreiben". Soweit ich weiß reduzieren sich durch eine ordentliche Krankschreibung die Einbußen bei ihren Diäten aufgrund von Nichterscheinen in den parlamentarischen Sitzungen erheblich.

Mit anderen Worten. Die Dame ist krank geschrieben, braucht nicht mehr im Parlament zu erscheinen und erhält trotzdem bis zum Ende der Legislatur fast volle Bezüge. So clever scheint sie also zu sein, trotz fehlendem Abitur und Studium.

Die etwa 10 Jahre bis zur Rente dieser Dame (nach der sich übrigens jeder die Finger lecken würde, der als normaler Angestellter seit dem 18. Lebensjahr den Höchstsatz in die RV zahlt) wollen eben überbrückt sein. Und dabei hilft jeder Euro.

Was mich interessiert ist, ob es sich im Falle Hinze um das Zielbild der SPD handelt, wenn sie in ihrem Parteiprogramm formuliert (Seite 41, letzter Satz):
"Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden."

Oder ob schon eine Komission eingestzt ist welche feststellt, dass Frau Hinze eigentlich ein Mann ist. Gender Expertise wird man für ein solches Gutachten ja sicher in ausreichender Kapazität zur Verfügung haben.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

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Werwohlf Offline




Beiträge: 997

04.08.2016 17:38
#25 RE: Von Hinz und Kunz Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #22
Nebenbei bemerkt: Wenn man denn über eine abstrakte Schädigung sprechen möchte, wurde meines Ermessens nicht der Wissenschaft geschadet, sondern dem "wissenschaftlichen Betrieb". Und diesem wurde nicht von Herrn Guttenberg geschadet, sondern von sich selbst, indem er ein Plagiat als Doktorarbeit durchgehen lies. - Was definitiv etwas über unser Bildungssystem aussagt.
Ich stimme dem (und dem von R.A. Gesagten) zu, würde es aber noch auf die Spitze treiben wollen mit der Bemerkung, dass Guttenberg der deutschen Gesellschaft eher genutzt hat, indem er vielleicht dem einen oder anderen eine naive Ehrfurcht vor dem "Doktortitel" ausgetrieben hat. Die Verrenkungen, die manche Leute in Wirtschaft und Politik auf sich nehmen, nur um sich mit den zwei Buchstaben und dem Punkt vor dem Namen zu schmücken, sprechen nicht gegen die Wissenschaft, wo Scharlatane immer in der Gefahr wären, aufzufliegen (also jetzt "echte" Wissenschaft, nicht ideologisiertes Schwafeln), sondern gegen eine Gesellschaft, die einem solchen Menschen immer noch mit mehr Ehrfurcht zu begegnen scheint als einem ohne "Titel".

Vermutlich ist das ein Phantomschmerz aufgrund der Abschaffung des Adels und der spätestens seit Ende des 2- Weltkriegs abnehmenden Bedeutung des Militärs mit seinen schönen Rängen.

--
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(Reinhard Mey)

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