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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 40 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

10.10.2016 14:34
#26 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #25
Korruption entsteht nur dort, wo Behörden viel Macht haben, denn nur dann können sich ihre Beamten "bezahlen" lassen, ihre Macht zugunsten eines "Sponsors" zu verwenden. Das einzige Mittel gegen Korruption ist also Deregulierung.

Genau das meine ich doch mit der Verflechtung: Einen hohen Staatsanteil an der Wirtschaft, Korporatismus, Besetzung von Wirtschaftsposten nach Parteiproporz.
Zitat von Emulgator im Beitrag #25
Und warum denkt man eigentlich, Korruption habe stets etwas mit Wirtschaft zu tun? Ein hoher Beamter oder Politiker kann seinen Lebensstandard auch ohne privatwirtschaftliche Zahlungen verbessern, indem er seine Behörde und ihre Befugnisse ausbaut. Das bringt mehr Untergebene (gut fürs Ego) und womöglich sogar eine eigene Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit mit hübschen PR-PraktikantInnen und touristische Dienstreisen.

Naja, aber das ist nur Umschichtung von ohnehin enteignetem Steuergeld

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

10.10.2016 14:54
#27 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #26
Zitat von Emulgator im Beitrag #25
Korruption entsteht nur dort, wo Behörden viel Macht haben, denn nur dann können sich ihre Beamten "bezahlen" lassen, ihre Macht zugunsten eines "Sponsors" zu verwenden. Das einzige Mittel gegen Korruption ist also Deregulierung.

Genau das meine ich doch mit der Verflechtung: Einen hohen Staatsanteil an der Wirtschaft, Korporatismus, Besetzung von Wirtschaftsposten nach Parteiproporz.
Das verstehe ich nicht. Wenn ein Unternehmen sich entschließt, Positionen nach Parteienproporz zu besetzen, dann ist das zwar gegen die Absicht von Richtlinie 2000/78/EG, aber keine Korruption vom Unternehmen. Ich halte es für eine Grundlage der Demokratie, daß Politiker nach dem Verlust ihres Mandates wieder eine ehrliche Beschäftigung aufnehmen können.


Zitat von Meister Petz im Beitrag #26
Naja, aber das ist nur Umschichtung von ohnehin enteignetem Steuergeld
Schmiergelder kann man auch als Steuer- der Gebührendirektzahlung an den Besoldungsempfänger bezeichnen. Stimmt ja auch: In vielen hochkorrupten Ländern würden die Beamten mit der offiziellen Besoldung in Armut leben, also ist Bakschisch ein auch von den Vorgesetzten toleriertes Mittel der Besoldungsaufstockung.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

10.10.2016 14:58
#28 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #27
Zitat von Meister Petz im Beitrag #26
Zitat von Emulgator im Beitrag #25
Korruption entsteht nur dort, wo Behörden viel Macht haben, denn nur dann können sich ihre Beamten "bezahlen" lassen, ihre Macht zugunsten eines "Sponsors" zu verwenden. Das einzige Mittel gegen Korruption ist also Deregulierung.

Genau das meine ich doch mit der Verflechtung: Einen hohen Staatsanteil an der Wirtschaft, Korporatismus, Besetzung von Wirtschaftsposten nach Parteiproporz.
Das verstehe ich nicht. Wenn ein Unternehmen sich entschließt, Positionen nach Parteienproporz zu besetzen, dann ist das zwar gegen die Absicht von Richtlinie 2000/78/EG, aber keine Korruption vom Unternehmen. Ich halte es für eine Grundlage der Demokratie, daß Politiker nach dem Verlust ihres Mandates wieder eine ehrliche Beschäftigung aufnehmen können.

Es geht doch gar nicht um "nach dem Verlust ihres Mandates", sondern um Tätigkeiten qualitate qua, also Vorstands- und Aufsichtsposten in Staatsunternehmen.

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

10.10.2016 15:09
#29 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #28
Es geht doch gar nicht um "nach dem Verlust ihres Mandates", sondern um Tätigkeiten qualitate qua, also Vorstands- und Aufsichtsposten in Staatsunternehmen.
Also sowas wie Herr Pofalla, ja? Hier haben wir die Situation, daß der Staat sowieso seine ihm gehörenden Unternehmen begünstigt (das ist auch der Grund, warum es so etwas ordnungspolitisch nicht geben soll), und andererseits als Eigentümer in gewissem Maße auch entnehmen kann. Das ist keine Korruption. Korruption ist, wenn man sich für die Untreue gegenüber seinem Prinzipal von Dritten bezahlen läßt.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

10.10.2016 15:25
#30 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #29
Zitat von Meister Petz im Beitrag #28
Es geht doch gar nicht um "nach dem Verlust ihres Mandates", sondern um Tätigkeiten qualitate qua, also Vorstands- und Aufsichtsposten in Staatsunternehmen.
Also sowas wie Herr Pofalla, ja? Hier haben wir die Situation, daß der Staat sowieso seine ihm gehörenden Unternehmen begünstigt (das ist auch der Grund, warum es so etwas ordnungspolitisch nicht geben soll), und andererseits als Eigentümer in gewissem Maße auch entnehmen kann. Das ist keine Korruption. Korruption ist, wenn man sich für die Untreue gegenüber seinem Prinzipal von Dritten bezahlen läßt.

Aber das erste begünstigt das zweite (so auch meine Ausgangsthese). Politiker vergeben Aufträge von Staatsunternehmen an Dritte und nehmen dafür privat Geld an. Je mehr Staatsunternehmen mit Politikern in der Führung, um so mehr Zahlungen.

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

10.10.2016 15:36
#31 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #30
Aber das erste begünstigt das zweite (so auch meine Ausgangsthese). Politiker vergeben Aufträge von Staatsunternehmen an Dritte und nehmen dafür privat Geld an. Je mehr Staatsunternehmen mit Politikern in der Führung, um so mehr Zahlungen.
Jetzt verstehe ich besser, was Sie meinen. Korruption in Unternehmen (ein Unternehmensbevollmächtigter läßt sich schmieren, um bei einem anderen Unternehmen überteuerte Bestellungen aufzugeben) kann auch von Menschen ausgeübt werden, die vorher kein demokratisches Mandat hatten. Aber Sie meinen, man würde einen ehemaligen Politiker, so etwas leichter nachsehen oder weniger kontrollieren, weil er ein proporzpolitischen Bonus hat? Das kann ja auch andersherum laufen: Gerade weil die Qualifikation nicht rein fachlich ist, gibt es genügend ehemalige Parteifreunde, die hoffen können, nachzurücken, wenn der Schmiergeldnehmer auffliegt.

Noch etwas: Deutschland und Österreich sind in dem Lambsdorff'schen Korruptionsindex lange Zeit etwa gleich gut gewesen, was dagegen spricht, daß Österreichs Korporationismus zumindest gegenüber D korruptionsbegünstigend sei. Erst in den letzten Jahren ist Österreich in dem Index abgestiegen, was vermutlich an den FPÖ-Leistungen liegt, die Sie angesprochen haben.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

10.10.2016 17:01
#32 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #31
Zitat von Meister Petz im Beitrag #30
Aber das erste begünstigt das zweite (so auch meine Ausgangsthese). Politiker vergeben Aufträge von Staatsunternehmen an Dritte und nehmen dafür privat Geld an. Je mehr Staatsunternehmen mit Politikern in der Führung, um so mehr Zahlungen.
Jetzt verstehe ich besser, was Sie meinen. Korruption in Unternehmen (ein Unternehmensbevollmächtigter läßt sich schmieren, um bei einem anderen Unternehmen überteuerte Bestellungen aufzugeben) kann auch von Menschen ausgeübt werden, die vorher kein demokratisches Mandat hatten. Aber Sie meinen, man würde einen ehemaligen Politiker, so etwas leichter nachsehen oder weniger kontrollieren, weil er ein proporzpolitischen Bonus hat? Das kann ja auch andersherum laufen: Gerade weil die Qualifikation nicht rein fachlich ist, gibt es genügend ehemalige Parteifreunde, die hoffen können, nachzurücken, wenn der Schmiergeldnehmer auffliegt.

Das stimmt natürlich, aber da wird nur die Firma und ihre Geschäftspartner geschädigt. Ich glaube deshalb, dass die öffentliche Meinung Vorteilsnahme im Amt kritischer sieht.

Zitat
Noch etwas: Deutschland und Österreich sind in dem Lambsdorff'schen Korruptionsindex lange Zeit etwa gleich gut gewesen, was dagegen spricht, daß Österreichs Korporationismus zumindest gegenüber D korruptionsbegünstigend sei. Erst in den letzten Jahren ist Österreich in dem Index abgestiegen, was vermutlich an den FPÖ-Leistungen liegt, die Sie angesprochen haben.


Da kommt mehreres zusammen. Zum einen spielen sich die größten (staatlichen) Korruptionsfälle vermutlich bei Privatisierungen ab (weil es da einfach um die meiste Kohle geht), und die größte Privatisierungswelle war in Deutschland im Jahr 2000 bereits abgeschlossen. Jetzt kann man natürlich spekulieren, dass die Deutschen während der Privatisierungswelle nur so korrupt waren wir die Österreicher im Normalzustand .

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.560

10.10.2016 21:50
#33 RE: Alles freiwillig Antworten

In Abwandlung des bekannten Witzes:

Parteiversammlung in Ost-Berlin.
Vorn auf der Rednertribüne: "Genossen! Salbader, sülz, blabla..."
Im Saal: "......"
Eine halbe Stunde später kommt ein Saalordner mit einem Notizzettel in der Hand zum Rednerpult und reicht es dem Redner.
Der liest laut vor: "Gnssn unn Gnssnnen, die Russen sinn uffm Mars gelondet!".
Erst Stille. Dann von ganz hinten eine Stimme: "Alle?"


Zitat von Llarian im Beitrag #22
Ich bezahle gerne den Eiswagen von Jürger Trittin


Alleine?

Zitat von Welt.de, 10.10.
Energiewende kostet die Bürger 520.000.000.000 Euro – erstmal.

Das Institut für Wettbewerbsökonomik an der Uni Düsseldorf hat die Gesamtkosten der Energiewende bis 2015 berechnet.
Das Ergebnis: Bis zum Jahr 2025 müssen geschätzt rund 520 Milliarden Euro aufgewendet werden.



https://www.welt.de/wirtschaft/article15...ro-erstmal.html




PS. Apropos DDR-Witze: Manche der älteren (die Namen taugen zur Datierung) habens auch ex-post in sich.

Zitat
Reagan, Breschnew und Honecker fragen den lieben Gott, was wohl im Jahr 2000 sein wird. Zu Reagan sagt der liebe Gott: "Im Jahre 2000 wird die USA kommunistisch sein."
Da wendet sich Reagan ab und weint ganz bitterlich.
"Und was wird mit der Sowjetunion? " fragt Breschnew.
"Die Sowjetunion wird es nicht mehr geben. Sie wird aufgesogen sein vom Großchinesischen Reich."
Da wendet sich Breschnew ab und weint ganz bitterlich.
"Und wo steht die DDR im Jahre 2000?" fragt Honecker.
Da wendet sich der liebe Gott ab und weint. Ganz bitterlich.



http://www.ddr.center/ddr_witze-seite_3.html

Und jetzt fragen wir mal janz domm: Wo steht die Tätärä im Jahr 2016?



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

17.10.2016 12:36
#34 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #13
Die Schweiz wird nicht besonders fähig regiert, ...

Das halte ich jetzt für eine sehr problematische These. Sicher gibt es auch in der Schweiz Fehler oder Politiker, über die man sich streiten kann. Aber ich wüßte keinen Staat auf der Welt, in dem der staatliche Bereich besser laufen würde. Wenn man selbst den Spitzenreiter mit "nicht besonders" bewertet, hat man vielleicht unrealistisch strenge Maßstäbe.

Zitat
Ich kann an "Anti-Establishment" ad hoc nichts negatives erkennen.


"Anti-Establishment" kann manchmal sinnvoll oder nötig sein - aber es ist halt eine rein negative Zielsetzung und normalerweise nicht in der Lage, eine bessere Alternative zu entwickeln.
Das ist bei mir halt eine Grundeinstellung: Egal wie fehlerbehaftet etwas sein mag - ich gehe nur davon weg, wenn jemand auch etwas Besseres aufzeigt.

Zitat

Zitat
Aber die Unzufriedenheit hat in großen Teilen nur damit zu tun, daß es die falsche Art Inkompetenz ist. Hätte man die Flüchtlingsmilliarden für neue Sozialgeschenke aus dem Fenster geworfen, wäre der links/rechte Mob nicht auf der Straße.


Das liegt aber ein wichtiger, qualitativer Unterschied darin. Die Sozialgeschenke, wie auch der Energieirrsinn, kosten einfach nur Geld.



Schon klar, aber dieser Unterschied ist m. E. für die Unzufriedenheit irrelevant. Nur ganz wenige Leute machen die Differenzierung wie Du sie hier richtig skizzierst. Für die meisten Wähler ist falsches Geldausgeben (fast unabhängig von der Größenordnung, die sich ohnehin viele nicht vorstellen können) viel schlimmer als irgendwelche schwer zu verstehenden Strukturprobleme.

Zitat
Erhardt und Kohl sind auch keine Millionäre geworden.


Einerseits war das noch eine Generation, die die Diktatur erleben mußten und ein gutes Stück echtes demokratisches Engagement bringen wollten. Und andererseits darf man nicht auf die Kanzlerebene schauen, sondern auf die normalen "Karriereziele", die man als Politiker realistisch erreichen kann, wenn man sich zwischen Politik und Wirtschaft entscheidet. Und ein Landrat oder Abgeordneter werden in Relation viel schlechter bezahlt als in den 50ern.

Zitat
Deswegen würde ich mir wünschen das zum einen, unsere Ausbildung auf der Schule in wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Dingen besser wär


Da stimme ich zu, aber das ist hier m. E. nicht das Problem. Es gibt schon genug gut qualifizierte Leute für politische Führungsjobs. Aber die meisten entscheiden sich (selbst bei hohem politischen Interesse) lieber gegen diese fragwürdige Laufbahn und überlassen das Feld damit den gescheiterten Existenzen.

Zitat
Ich halte einen verfassten Rechtsstaat mit einer funktionierenden direkten Demokratie für das einzige Zukunftsmodell, dass den Namen Rechtsstaat und Demokratie verdient.


Da stimme ich zu. Aber wie man das genau organisiert ist entscheidend - und sehr schwierig.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

17.10.2016 12:40
#35 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #22
Ich kann auch in Österreich kein dem deutschen Energiemurks vergleichbares Husarenstück sehen.

Ketzerische These: Vielleicht ist das eine positive Folge der Korruption.
Wer in erster Linie davon motiviert ist, sich bei den staatlichen Fleischtöpfen zu bedienen - der richtet damit nicht unbedingt großen Schaden an, hat aber ein hohes Interesse, eine halbwegs ordentliche Regierungsarbeit abzuliefern und damit an den Fleischtöpfen zu bleiben.

Wer sich dagegen nicht durch Geld motiviert (und auch wegen geringer Qualifikation keine echte Chance auf hohes Einkommen hat), der macht Politik in erster Linie als Überzeugungstäter. Und setzt dann auch dumme Ideen aller Art durch, deren Konsequenzen er gar nicht versteht.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

17.10.2016 13:54
#36 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #35
Zitat von Llarian im Beitrag #22
Ich kann auch in Österreich kein dem deutschen Energiemurks vergleichbares Husarenstück sehen.

Ketzerische These: Vielleicht ist das eine positive Folge der Korruption.
Wer in erster Linie davon motiviert ist, sich bei den staatlichen Fleischtöpfen zu bedienen - der richtet damit nicht unbedingt großen Schaden an, hat aber ein hohes Interesse, eine halbwegs ordentliche Regierungsarbeit abzuliefern und damit an den Fleischtöpfen zu bleiben.

Wer sich dagegen nicht durch Geld motiviert (und auch wegen geringer Qualifikation keine echte Chance auf hohes Einkommen hat), der macht Politik in erster Linie als Überzeugungstäter. Und setzt dann auch dumme Ideen aller Art durch, deren Konsequenzen er gar nicht versteht.
So ähnlich argumentiert auch Hans-Hermann Hoppe zugunsten der Monarchie. Der Nachteil der Überzeugungstäter besteht ja erst darin, wenn sie sich die Kosten ihrer Überzeugung sich von fremdem Eigentum finanzieren lassen. Ist die Überzeugung irgendwie mit einem öffentlichen Gut verbunden, gibt es eine Überversorgung.

Beispielsweise geht es schon jetzt, Flüchtlinge zu unterhalten, die dann legal einreisen können. Der Unterhalt kann sogar bei der ESt abgesetzt werden. Die Überzeugungstäter wollen Flüchtlingshilfe aber als öffentliches Gut implementiert wissen. Und so entsteht die Überversorgung mit Flüchtlingen.

Leider ist es in unserer moralisierenden Politik üblich, den Täter aus edler Überzeugung dem Korrupten vorzuziehen. Das kann man übrigens auch gut am US-Wahlkampf sehen, in dem die Millionärin Clinton dem Milliardär (?) Trump ihre angebliche Selbstlosigkeit und moralische Überzeugung (die sie freilich schon mal ändert) entgegenhält.

Florian Offline



Beiträge: 3.180

17.10.2016 16:46
#37 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #34
Und ein Landrat oder Abgeordneter werden in Relation viel schlechter bezahlt als in den 50ern.


Ist das wirklich so?

Ich glaube gerne, dass in den 50ern das soziale Prestige eines Bundestagsabgeordneten oder Landrats relativ viel höher war als heute.
Aber war auch das Einkommen relativ viel höher?

Hätte ich nicht vermutet und habe deshalb nachrecherchiert:

2016 beträgt die Abgeordneten-Entschädigung 9.237€ pro Monat. zzgl. 4.305€ Kostenpauschale.
1951 war die Abgeordneten-Entschädigung 600DM pro Monat (=307€), eine zusätzliche Kosten-Pauschale gab es noch nicht.

(Wobei ich vermuten würde, dass die Abgeordneten auch damals schon Kosten abrechnen konnten. Nur halt nicht als Pauschale wie heutzutage. Lassen wir also die Kostenpauschale mal aus dem Vergleich raus und konzentrieren uns auf die eigentlichen Diäten).

(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Abgeordnetenentsch%C3%A4digung )

Also eine nominale Steigerung um den Faktor 9237/307 = 30


Die 600DM/307€ des Jahres 1951 sind inflationsbereinigt so viel wert wie 1.571€ im Jahr 2016.
(http://www.finanzen-rechner.net/inflationsrechner.php)
Also ein Faktor von 5,1.
Dieser Vergleich ist allerdings nicht ganz fair. Denn auch die deutschen Durchschnittseinkommen sind ja nicht nur mit der Inflation gestiegen, sondern haben auch real zugenommen.

Fairer wäre ein Vergleich der nominellen Diätenentwicklung mit der nominalen Entwicklung eines Durchschnittseinkommens.

Das reale Durchschnittseinkommen eines Haushalts ist von 1950 bis 2008 von 3.471 € auf 18.974€ gestiegen.
(Quelle: http://www.bpb.de/izpb/7579/von-der-selb...haushalte?p=all )
Das ist ein Faktor von rund 5,5.
(1950 und 2008 sind nicht ganz die richtigen Bezugsjahre. Aber für eine überschlägige Berechnung gut genug).
Nominal ist das durchschnittliche Haushaltseinkommen also um einen Faktor von rund 5,1 x 5,5 = 28 gestiegen.


Fazit:
Die Diäten sind seit 1950 nominal um den Faktor 30 gestiegen.
Das deutsche Durchschnittseinkommen ist um den Faktor 28 gestiegen.
Also innerhalb der Rechenungenauigkeit die genau gleiche Steigerung.

Dass Abgeordnete heutzutage in Relation viel schlechter bezahlt werden als in den 50ern kann ich daher nicht sehen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

17.10.2016 17:34
#38 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #37
Ist das wirklich so?

Vielen Dank für die Überprüfung!
Ich gebe zu, daß ich das nicht nachgeschlagen habe sondern auf anekdotische Evidenz zurückgegriffen habe (erkläre ich noch), das hat natürlich Schwächen. Und diese Evidenz bezog sich auf die 60er (sozusagen im etablierten Zustand der Republik), kurz nach Gründung war das wohl noch anders.

Zitat
2016 beträgt die Abgeordneten-Entschädigung 9.237€ pro Monat. zzgl. 4.305€ Kostenpauschale.
1951 war die Abgeordneten-Entschädigung 600DM pro Monat (=307€), eine zusätzliche Kosten-Pauschale gab es noch nicht.


Die 600,- waren nur der Einstieg in die neue Republik. Zehn Jahre später, also 1961 waren es dann schon 1270,- DM. Ab dann gab es "normale" Erhöhungen, die Verdoppelung in den ersten Jahren war eine Ausnahme.
Zusätzlich gab es aber noch Tagegeld (wenn man die Sitzungen normal besuchte), im Schnitt etwa 500,- pro Monat!
http://www.flegel-g.de/entwicklung-abgeo...chaedigung.html

Zitat
Wobei ich vermuten würde, dass die Abgeordneten auch damals schon Kosten abrechnen konnten. Nur halt nicht als Pauschale wie heutzutage.


Es gab eine Unkosten- und eine Fahrtkosten-Pauschale plus Abrechnung gegen Beleg bei höheren Kosten (bis zu einer Grenze). Im wesentlichen kann man das wohl außen vor lassen.

Gibt also eine Steigerung zwischen 1961 und 2016 um etwa den Faktor 10.
Für das Durchschnittseinkommen seit 1960 wäre der Faktor etwa 14.

Das würde also schon bedeuten, daß Abgeordnete in der Relation zurückgefallen sind. Noch mehr vermute ich das für die kommunalen Wahlbeamten, die eigentlich das Hauptreservoir für politische Karriereideen sind. Die Vermutung stützt sich darauf, daß es 1977 bei den MdBs einen heftigen Lohnsprung gab (mit Umstellung diverser Berechnungsarten), den es so m. W. bei keiner anderen politischen Ebene gab.

Und nun noch zu meiner anekdotischen Evidenz: Ich kenne privat die Häuser, die sich ein Landrat, ein Bundestagsabgeordneter (Hinterbänkler) und ein Bürgermeister in den 60ern gebaut haben. Im wesentlichen aus dem Einkommen ihres politischen Jobs. Und die sind alles drei recht ordentliche Villen in guter Lage, in Nachbarschaft von Leuten, die damals leitende Positionen der hiesigen Wirtschaft inne hatten.
Das wäre heute nicht mehr denkbar. Da reicht es vielleicht noch für ein gehobenes Reihenhaus, die Möglichkeiten von Führungskräften der Wirtschaft sind deutlich größer.

Florian Offline



Beiträge: 3.180

17.10.2016 18:30
#39 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #38
Die 600,- waren nur der Einstieg in die neue Republik. Zehn Jahre später, also 1961 waren es dann schon 1270,- DM.


Zum Vergleich auch hier das "normale" Haushaltseinkommen:

Entwicklung von 1950 bis 1960:
real Faktor 2,0 (Quelle: http://www.bpb.de/izpb/7579/von-der-selb...haushalte?p=all )
und Inflation Faktor 1,1 (Quelle: http://www.finanzen-rechner.net/inflationsrechner.php).
Also nominale Einkommenssteigerung um den Faktor 2,0 x 1,1 = 2,2

Innerhalb der Rechenungenauigkeit also auch hier die gleiche Steigerung wie bei den Abgeordneten.

Man kann also grob sagen, dass sich Abgeordneten-Diäten immer schon ziemlich im Gleichklang mit der allgemeinen Lohnentwicklung entwickelt haben.

Eventuell berücksichtigen müsste man hier noch die Entwicklung der Steuersätze. Spitzensteuersätze griffen früher viel später als heute. Dem Abgeordneten blieb damals also netto deutlich mehr als heute.



Und zu Ihren Anekdoten:

Vielleicht lassen die sich auch durch andere Prioritäten erklären.
In den 50ern/60ern war das eigene Haus vielleicht noch viel wichtiger als heute.

Also falls ich recht habe:
1950 verdient ein Arbeitnehmer 100, davon gehen 80 in den normalen Konsum und 20 in Hausbau oder Miete.
Ein MdB verdient 200. Davon gehen 100 in den normalen Konsum und 100 in den Hausbau. (d.h. das zusätzliche Einkommen wird für das verwendet, was besonders wichtig ist. Also das Haus). Der MdB verdient also das doppelte vom normalen Arbeitnehmer, kann aber das fünffache in sein Haus investieren.

2016 verdient ein MdB immer noch doppelt so viel wie ein normaler Arbeitnehmer. Gibt das Delta aber z.B. v.a. für Urlaubsreisen oder sonstigen Spass aus. Und nur geringfügig mehr für das eigene Haus. Weil das nicht mehr so wichtig ist wie in den 50ern.

Eine alternative Erklärung wäre Korruption.
Da ist die Öffentlichkeit heutzutage viel sensibler als früher.
Ein Landrat konnte in den 50ern noch relativ leicht von einem Bauunternehmer Sonderpreise beim Hausbau bekommen (als Gegenleistung für z.B. Unterstützung bei einer Baugenehmigung), ohne dass das ein Riesen-Skandal gewesen wäre. [Franz-Josef Strauß war in den 50ern Landrat in meinem Landkreis. Ich weiß, wovon ich spreche]. Heutzutage stürzt ein Bundespräsident schon über ein Bobbycar-Geschenk.

Und dann noch ein letzter Erklärungsversuch für Ihren Eindruck des relativen Einkommensverlusts:
Das Einkommen hat sich womöglich gar nicht so viel schlechter entwickelt als beim normalen Arbeitnehmer.
Aber mit Sicherheit schlechter entwickelt hat sich der dafür notwendige Arbeitsaufwand.
Politiker (egal ob Landrat oder Bundeskanzler) war in den 50ern ein relativ geruhsamer Job. Mit Arbeitszeiten, die nicht höher waren als die eines normalen Arbeitnehmers (der damals auch noch mindestens 50 Stunden gearbeitet hat). Heutzutage arbeitet der Bundeskanzler und Landrat deutlich mehr als ein normaler Arbeitnehmer. Ist also ein deutlich schlechterer Deal als damals.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

18.10.2016 10:05
#40 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #39
Innerhalb der Rechenungenauigkeit also auch hier die gleiche Steigerung wie bei den Abgeordneten.

Richtig.
Bleibt also als Unterschied nur das Tagegeld, das damals ja fast ein Drittel der Abgeordnetenbezüge ausmachte und später in die Diät einbezogen wurde. Bleibt also unterm Strich eine leichte Verschlechterung (Faktor 14 vs. 10) für die Bundestagsabgeordneten und vielleicht die von mir vermutete größere Verschlechterung für die kommunale Ebene.
Eine Berechnung für die dritte Ebene, also die Landtage, ist nur begrenzt sinnvoll. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind hier sehr groß und in den meisten Parlamenten gab es in dieser Zeit eine Umstellung von Teilzeit- auf Vollzeit-Parlamentarier.

Zitat
Eventuell berücksichtigen müsste man hier noch die Entwicklung der Steuersätze. Spitzensteuersätze griffen früher viel später als heute.


Das trifft aber die Verdienste in der Privatwirtschaft genauso, berührt also nicht die relative Attraktivität der politischen Laufbahn.

Zitat
In den 50ern/60ern war das eigene Haus vielleicht noch viel wichtiger als heute.


Möglich - aber auch hier sehe ich keinen Unterschied zu den Beschäftigten der Privatwirtschaft. Ich glaube nicht, daß es bei den privaten Konsum-Präferenzen wesentliche Differenzen gibt.

Zitat
Eine alternative Erklärung wäre Korruption.


Da kann in Einzelfällen etwas dran sein. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung geht da heute fast nichts mehr, früher waren die Sitten lockerer.
Der Effekt ist natürlich nicht meßbar. Aber ich würde bezweifeln, daß die Korruptionsgewinne so groß und so verbreitet waren, daß sie als Gehaltsbestandteil eingeplant werden konnten.

Zitat
Aber mit Sicherheit schlechter entwickelt hat sich der dafür notwendige Arbeitsaufwand.


Richtig. Was zwar nicht erklärt, daß sich Politiker keine Villen mehr leisten können - aber natürlich die Attraktivität von Politik deutlich verschlechtert.

Aber ein anderer Aspekt spielt natürlich für den Hausbau eine Rolle: Die Jobsicherheit.
Früher konnte man sich als Politiker ziemlich darauf verlassen, auf Jahre hinaus ein sicheres Einkommen zu haben. Was ja ganz zentral ist für die Überlegung, sich für einen Immobilienkauf zu verschulden.
Die Amtszeit kommunaler Wahlbeamter war deutlich länger (bis zu 12 Jahre), eine parteiübergreifende Wiederwahl bei halbwegs ordentlicher Amtsführung die Regel. Die Nichtwiederaufstellung oder Nichtwiederwahl von Abgeordneten war selten, die Fluktuation im Parlament erfolgte im wesentlichen über normales Altersausscheiden und Neulinge.
Heute kann nur das vordere Drittel der beiden "Volksparteien" mit Jobsicherheit rechnen. Und auf kommunaler Ebene kann alle fünf Jahre der große Wechsel kommen, Vertreter einer alten Mehrheit werden im Regelfall abgeräumt.

Natürlich ist auch die Jobsicherheit in der Privatwirtschaft deutlich gesunken. Aber da kann man halt in einer neuen Firma anfangen, wenn es in der alten nicht weitergeht.
"Firmenwechsel" ist aber in der Politik fast nie möglich, wenn Politiker irgendwo abgewählt werden (egal ob durch eigenes Verschulden oder Trend), dann bekommen sie in der Regel kein neues Amt mehr.

Johanes Offline




Beiträge: 2.641

22.11.2016 14:18
#41 RE: Alles freiwillig Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #22
Wir erleben derzeit nicht nur in Deutschland eine massive Auseinandersetzung um unsere eigene Identität und was wir wirklich sein wollen. Und an dieser Stelle könnte nirgendwo der Gegensatz stärker sein als zwischen Grünen und AfD. Kein einziges Parteienpaar (oder besser Ideologieenpaar) hat unterschiedlichere Positionen, man könnte auch sagen, beide Parteien verkörpern genau die beiden Positionen, die derzeit nicht vereinbar sind.


Das ist eigentlich erschreckend. Ich möchte ja nicht die künftigen Leitideologien der Gesellschaft bestimmen, sondern nur ganz bescheiden die Politik der nächsten Legislatur, vielleicht hier und dort ein paar ungeeignete Politiker abservieren.

Im Ernst: Es mag wahr sein, dass wir mit unserer Gesellschaft jetzt an so eine Art Wendepunkt angekommen sind.
Aber das scheint mir irgendwie als ein falsches Dilemma. Es gibt so viele andere Möglichkeiten, eine menschliche Gesellschaft zu organisieren, dass es ganz einfach nicht auf eine einzige Alternative (also zwei Optionen) hinausläuft.
Das erinnert mich ja fast schon an so manche Linke, bei denen jedes politische Problem unweigerlich auf die "Systemfrage" hinausläuft...

Natürlich sollte man zur Kenntnis nehmen, dass bestimmte Themen extrem ideologisch besetzt sind. Aber ist es wirklich klug, sie zum Lackmustest einer Weltanschauung zu machen? Ich kann mich irren, aber das entspricht bisher nicht der Antwort dieses Forums!

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