Ein kurzer Kommentar zu einem Interview mit Christian Lindner. Vielleicht ein bischen mit der heissen Nadel geschrieben, aber irgendwann platzt einem der Kragen.
Wie wenig die FDP aus ihren Fehlern gelernt hat, sieht man z.B. daran, dass sie die Chance hat verstreichen lassen in Rheinland-Pfalz in die Opposition zu gehen. Stattdessen mischt ist sie wieder mit in der Regierung und trägt natürlich auch die Entscheidungen der Roten und Grünen mit. Dass die FDP dort positiven Einfluss nimmt, sehe ich nicht.
Political Correctness ist nichts anderes als betreutes Denken.
Zitat von Tiefseetaucher im Beitrag #2Wie wenig die FDP aus ihren Fehlern gelernt hat, sieht man z.B. daran, dass sie die Chance hat verstreichen lassen in Rheinland-Pfalz in die Opposition zu gehen. Stattdessen mischt ist sie wieder mit in der Regierung und trägt natürlich auch die Entscheidungen der Roten und Grünen mit. Dass die FDP dort positiven Einfluss nimmt, sehe ich nicht.
Wenn man nachsehen will, was die Landtagsfraktionen treiben, kann man hier in den aktuellen Vorgängen stöbern. Ist manchmal ganz erhellend, was da im Schatten der Medienaufmerksamkeit aus der Hauptstadt des ARD-Hauptstadtstudios getrieben wird.
Ich mag den Lindner ja eigentlich ganz gerne (insbesondere in Relation zu den Flitzpiepen im Reichstag als auch denen in seiner eigenen Partei), aber natürlich sind seine Aussagen nicht weiter ernst zu nehmen.
Solange Frank Schäffler sich im Abseits befindet und Christian Lindner mit Scheißhausparolen gegen die AfD hetzt bleibt die FDP für mich ohnehin ein absolutes No-Go.
Als FAZ-Leserbrief ist so eine Aussage übrigens nicht satisfaktionsfähig ;)
Zitat von Tiefseetaucher im Beitrag #2... dass sie die Chance hat verstreichen lassen in Rheinland-Pfalz in die Opposition zu gehen.
Wie bitte? Die Chance der Opposition? Wenn eine Partei solche Chancen sucht ist sie überflüssig. Zweck einer Partei ist es, in die Regierung zu gehen und dort etwas im Sinne ihrer Wähler zu verändern. Man kann jetzt gerne eine Detaildiskussion anfangen, was in Rheinland-Pfalz früher gelaufen ist und was jetzt läuft und ob es da einen ausreichenden Unterschied gibt. Aber dazu muß man halt in die Einzelpunkte einsteigen und die belegen.
Zitat von Llarian im Beitrag #1Vielleicht ein bischen mit der heissen Nadel geschrieben, ...
Vielleicht. Ich kann ja verstehen, daß Leute sauer sind, weil die FDP mit großer Klappe 2009 in die Koalition gegangen ist und dann ihr wesentliches Wahlkampfversprechen mit den Steuern nicht eingelöst hat. Andere Wahlversprechen hat sie geliefert, aber eben solche minderer Wichtigkeit. Da war es dann am Ende verständlich, daß 2013 die Quittung kam. Und wem es Spaß macht kann deswegen natürlich FDP-Bashing betreiben bis ans Ende dieser Tage.
Aber einen echten Zusammenhang mit dem Lindner-Interview sehe ich nicht. Der ganze Artikel sagt eigentlich nur: "2009 hat mich sehr geärgert, und deswegen schimpfe ich heute noch bei jeder Gelegenheit, bei der dieses Parteienlogo auftaucht". Kann man so machen, ist aber eigentlich nicht wirklich interessant.
Zitat von R.A. im Beitrag #5Wie bitte? Die Chance der Opposition? Wenn eine Partei solche Chancen sucht ist sie überflüssig. Zweck einer Partei ist es, in die Regierung zu gehen und dort etwas im Sinne ihrer Wähler zu verändern.
Eine engagierte und starke Opposition kann mehr für ihre Wähler erreichen als ein willfähriger Koalitionspartner. Da ist die FDP der beste Beleg. In Westerwelles Oppositionszeit gab es mehr Steuersenkungen als in der Mitregierungszeit der FDP. Die oppositionellen Mahnungen zur Senkung des Solidaritätszuschlages, zur Reform der Sozialversicherung (Hartz IV) haben gefruchtet. Die Merkel-Regierungen mußten aber nie Angst vor der FDP haben, weil man entweder sowieso eine GroKo mit komfortabeler Mehrheit hatte oder die FDP mitregierende Geisel der Bundeskanzlerin war.
Zitat von Emulgator im Beitrag #7Eine engagierte und starke Opposition kann mehr für ihre Wähler erreichen als ein willfähriger Koalitionspartner.
Eine Opposition kann erst einmal überhaupt nichts erreichen - egal wie engagiert sie ist. Sie kann damit nur ihre Chancen erhöhen, nach der nächsten Wahl zu regieren. Eine indirekte Wirkung kann es geben, wenn die Medien Themen aufgreifen und sich die Regierung unter Druck setzen läßt. Das ist aber sehr selten der Fall und es ist sinnlos in die Opposition zu gehen und auf diesen Effekt zu hoffen. Und schon gar nichts wird man erreichen können, wenn man freiwillig in die Opposition geht und eine Regierungschance ausschlägt - dann hat man sich öffentlich kastriert und die Regierung muß gar nichts mehr fürchten.
Ein willfähriger Koalitionspartner erreicht natürlich gar nichts. Aber den hat hier ja auch keiner gefordert.
Zitat von R.A. im Beitrag #5Wie bitte? Die Chance der Opposition?
Lieber R.A.,
da möchte ich dir, im Sinne Emulgators, widersprechen. In einer Zeit in der das Fehlen einer funktionierenden Opposition eine gravierende Schwäche unseres parlamentarischen Systems offenbart, empfinde ich das als eine Selbstverständlichkeit. Die Opposition ist fundamental für die "Checks and Balances" und sie fehlt in diesem Land aller Orten.
Zumal wir beide glaube ich sogar schon einmal die Rede davon hatten, dass gravierende Entscheidungen immer von den "gegenläufigen Regierungen" umgesetzt werden, wohl auch aufgrund des Drucks einer (funktinorienden) Opposition (siehe Agenda 2010, Atomausschieg, Energiewende, Nato Doppelbeschluß, Mindestlohn, etc.).
Um dies im angerissenen Beispiel zu glauben, muß man nicht alle Punkte einzeln durchgehen im Rhl.Pfl Regierungsprogramm. Ich muß nur in meine alte Heimat fahren, wo mittlerweile selbst die "eingefleischten Zeitgeistlichter" auf die Windräder schimpfen und trotzdem jedesmal wieder ein paar mehr Windräder zu zählen sind. Diese Irrsinnspolitik geht mit knapp 5% der Grünen weiter wie bisher. Unter mithilfe der FDP. Ohne das sich ernstzunehmender parlamentarischer Widerspruch regt.
Nein. Da hätte die FDP in der Opposition politisch mehr erreichen können. Hier ging es, natürlich ist das eine Unterstellung, vor allem um die Fleischtöpfe der Regierungsbeteiligung (ohne das moralisch werten zu wollen).
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #9In einer Zeit in der das Fehlen einer funktionierenden Opposition eine gravierende Schwäche unseres parlamentarischen Systems offenbart, ...
Falls die Wähler tatsächlich eine "funktionierende" Opposition wollen, dann müssen sie beim nächsten Mal halt entsprechend abstimmen.
Ich bin mir aber nicht sicher, ob es wirklich eine relevante Anzahl von Leuten gibt, die das wollen. In der Regel wollen zufriedene Wähler, daß die Regierung bleibt und unzufriedene Wähler wollen, daß die Regierung nicht bleibt und eine andere Politik gemacht wird. Ich kann mir nur ganz wenige Leute vorstellen die wollen, daß die Regierung bleibt, und auch weiterhin ihre Politik macht - nur eben ergänzt durch eine "funktionierende" Opposition.
Und mit den Anführungszeichen möchte ich andeuten, daß ich nicht wirklich verstehe was genau denn da funktionieren soll.
Zitat Die Opposition ist fundamental für die "Checks and Balances" und sie fehlt in diesem Land aller Orten.
Richtig. Aber für "Checks and Balances" braucht man eine Opposition, die darauf brennt die Regierung abzulösen und es endlich anders zu machen. Was man NICHT braucht ist eine Partei, die es sich nach der Wahl in der Opposition bequem macht um die Regierung möglichst ungehindert weitermachen zu lassen.
Zitat Um dies im angerissenen Beispiel zu glauben, muß man nicht alle Punkte einzeln durchgehen im Rhl.Pfl Regierungsprogramm.
Doch. Eine Bilanz kann man nur ziehen, wenn man alle Punkte einbezieht. Dann kann man gewichten, welche davon eine relevante Änderung sind und welche nicht, und ob die positiven Veränderungen die Sache wert sind.
Zitat Diese Irrsinnspolitik geht mit knapp 5% der Grünen weiter wie bisher.
Das liegt aber weder an den Grünen noch an der FDP. Sondern daran, daß sowohl SPD wie CDU dafür sind, und daher bei keiner Regierungskonstellation eine Anti-Windkraft-Mehrheit möglich wäre.
Zitat Da hätte die FDP in der Opposition politisch mehr erreichen können.
Eben genau nicht. In der Regierung konnte man die Bedingungen ändern, daß weniger Windräder möglich sind. Ob da mehr drin gewesen wäre, weiß ich nicht - aber mehr wäre auf jeden Fall nicht in der Opposition möglich gewesen.
Zitat von R.A. im Beitrag #10In der Regel wollen zufriedene Wähler, daß die Regierung bleibt und unzufriedene Wähler wollen, daß die Regierung nicht bleibt und eine andere Politik gemacht wird. Ich kann mir nur ganz wenige Leute vorstellen die wollen, daß die Regierung bleibt, und auch weiterhin ihre Politik macht - nur eben ergänzt durch eine "funktionierende" Opposition.
R.A. hat in dieser Diskussion natürlich absolut recht. Und ich bin ehrlich gesagt etwas verwundert über die Verhaltens-Anforderungen, die da an die FDP herangetragen werden.
Im linken Spektrum mag es ja angesagt sein, die eigene Ideologie wichtiger zu nehmen als eine Machtperspektive. (Daher auch die typischen Selbstzerfleischungen linker Parteien bei der Suche nach der reinen Lehre). Bei bürgerlichen Parteien gewinnt i.d.R. der pragmatische Macht-Trieb. Und damit ist man i.d.R. auch gut gefahren.
Auch die FDP hatte damit über Jahrzehnte grundsätzlich Erfolg. Und man darf auch nicht übersehen, dass die FDP immer eine 5-10%-Partei war. Ihr faktischer Einfluss auf die Bundespolitik war über Jahrzehnte überproportional groß. Die FDP-Regierungsbeteiligung HAT sich für den Liberalismus in Deutschland ausgezahlt. * Auf jeden Fall viel mehr, als dies bei einer FDP als beleidigte Leberwurst in der Opposition wahrscheinlich wäre.
Denn mal ganz im Ernst: Folgendes Szenario: Nach der Bundestagswahl 2009 gab es eine Mehrheit für Union+FDP. Wenn die FDP damals eine Regierungsbeteiligung ausgeschlagen hätte, weil sie im gemeinsamen Regierungsproramm zu wenig durchsetzen konnte, dann wäre die Folge eine Union+SPD-Regierung gewesen. Die Presse hätte sich eine Zeitlang über die weltfremde FDP lustig gemacht. Und dann wäre sie vergessen worden. In der Oppostion hätte sie auf jeden Fall Null komma Null liberale Poltik durchsetzen können. Es hätte ihr ja auch jedes Drohpotenzial gefehlt. Denn so lange die FDP keine absolute Mehrheit holt, hätte Merkel eine FDP-Fundamental-Opposition getrost ignorieren können.
* Richtig ist, dass 2009-2013 für die FDP ein ziemlicher Flop war. Das lag allerdings auch sehr stark an Merkel. Dass die der FDP nicht das Schwarze unter den Fingernägeln gönnen würde, war im Vorfeld so eigentlich nicht absehbar. Ein Kohl (oder auch ein Adenauer) hätten einen kleinen Partner nie so behandelt.
Zitat von Florian im Beitrag #11Denn mal ganz im Ernst: Folgendes Szenario: Nach der Bundestagswahl 2009 gab es eine Mehrheit für Union+FDP. Wenn die FDP damals eine Regierungsbeteiligung ausgeschlagen hätte, weil sie im gemeinsamen Regierungsproramm zu wenig durchsetzen konnte, dann wäre die Folge eine Union+SPD-Regierung gewesen. Die Presse hätte sich eine Zeitlang über die weltfremde FDP lustig gemacht. Und dann wäre sie vergessen worden. In der Oppostion hätte sie auf jeden Fall Null komma Null liberale Poltik durchsetzen können.
Sie haben die Geschichte nicht ganz zu Ende erzählt, lieber Florian. Eine FDP in der Fundamentalopposition hätte 2013 gute Chancen gehabt - um eine beliebige Zahl aus der Luft zu greifen -, vielleicht 18% der Stimmen zu bekommen statt 4,7%.
Gaulands Alles-oder-Nichts-Strategie ergibt schon Sinn, wonach die AfD nur als stärkster Partner in eine Koalition geht und andernfalls weiter Rabatz macht, um Wählerstimmen hinzuzugewinnen. Etwas Ähnliches könnte die FDP eigentlich auch versuchen.
Jetzt, wo Merkel ein weiteres halbes Jahrzehnt weiterkanzlert, besteht nämlich die einmalige historische Chance, die Union zu schlachten. Die Nationalisten und Konservativen holt sich die AfD inzwischen bereits ab. Die bürgerliche Mitte könnte sich die FDP holen, während die Merkelfans an die Bündnisgrünen fallen würden. Im Jahre 2025 könnte die CDU Geschichte sein, während die FDP eine von fünf Parteien mit um die 20% der Stimmen werden könnte. Und diese Chance soll sie sich entgehen lassen, nur um in einer "Jamaika"-Koalition ein paar Windräder zu verhindern?
Zitat von R.A. im Beitrag #10Falls die Wähler tatsächlich eine "funktionierende" Opposition wollen, dann müssen sie beim nächsten Mal halt entsprechend abstimmen.
[...]
Ich bin mir aber nicht sicher, ob es wirklich eine relevante Anzahl von Leuten gibt, die das wollen.
Nun habe ich mich daran gewöhnt, zu größenmäßig irrelevanten Gruppen zu gehören. Ich denke aber in der Tat darüber nach, die Linke zu wählen, denn ich glaube eine rot-rot-grüne Regierung würde zu einem Paradigmenwechsel in der CDU samt Merkel Sturz führen. Ein Parlament mit einer starken CDU in der Opposition, die auch wieder eigene Positionen offensiv vertritt, wäre für dieses Land besser als der aktuelle Zustand. Zumindest erscheint mir diese Möglichkeit vielversprechender als lediglich 25% für die AfD bei weiterführen der großen Koalition.
Kannst du dir vorstellen ein SPD Kanzler einer rot-rot grünen Regierung, mit einer 35% CDU Opposition im Nacken, sitzt bei Anne Will und verkündet unwidersprochen es sei moralisches Gebot und faktische Notwendigkeit die Grenzen Deutschlands in geschehenem Maße zu öffnen? Ich nicht.
Zitat von R.A. im Beitrag #10Und mit den Anführungszeichen möchte ich andeuten, daß ich nicht wirklich verstehe was genau denn da funktionieren soll.
Ganz einfach: Die Tätigkeit der Opposition soll nicht darin bestehen lediglich noch mehr des gleichen Unsinns zu fordern, den die Regierung ohnehin macht, sondern sie sollte eine wählbare Gegenposition dazu profilieren.
Zitat von R.A. im Beitrag #10Richtig. Aber für "Checks and Balances" braucht man eine Opposition, die darauf brennt die Regierung abzulösen und es endlich anders zu machen.
Da sind wir einig. Nur ist das nicht das einzige Kriterium. Es müssen auch inhaltlich kontroverse Standpunkte vertreten werden.
Zitat von R.A. im Beitrag #10Was man NICHT braucht ist eine Partei, die es sich nach der Wahl in der Opposition bequem macht um die Regierung möglichst ungehindert weitermachen zu lassen.
Darum geht es mir auch nicht.
Zitat von R.A. im Beitrag #10Das liegt aber weder an den Grünen noch an der FDP. Sondern daran, daß sowohl SPD wie CDU dafür sind, und daher bei keiner Regierungskonstellation eine Anti-Windkraft-Mehrheit möglich wäre.
Sondern darum. Der Weg über die Opposition und das glaubhafte Vertreten einer Position führt mitunter zu neuem Wählerpotetial, welches dann politisches Gestalten möglich macht, weil das viele Dinge ins Wanken bringen kann. Weder CDU noch SPD bringt man von dieser Position ab, solange keine Partei glaubhaft die Gegenposition vertritt und sie im parlamentarischen Wettbewerb anbietet. Dieser Weg führt meines Ermessens derzeit nur über die Opposition.
Zitat Da hätte die FDP in der Opposition politisch mehr erreichen können.
Eben genau nicht.
Ich teile deine Meinung an dieser Stelle nicht. Wenn die FDP in die Opposition gegangen wäre, mit einer Begründung warum, hätte sie ein klares Profil, das unbedingt politische Wirkung hat... und wenn es die ist, dass sie trotzdem keiner wählt. Dann soll sich aber keiner mehr über den Windrad Irrsinn (und einiger anderer der dort läuft) in Rhl. Pfl. beschweren.
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Zitat von Florian im Beitrag #11 als dies bei einer FDP als beleidigte Leberwurst in der Opposition wahrscheinlich wäre.
Das ist doch arg platt. Warum soll man Opposition als "beleidigte Leberwurst" interpretieren? Man hat alle Chancen klar zu machen, dass die Politik für die man steht in der Konstellation nicht umzusetzen ist und man daher weiter für einen anderen Regierungswechsel kämpfen wird. Eben in der Opposition.
Zitat von Florian im Beitrag #11Wenn die FDP damals eine Regierungsbeteiligung ausgeschlagen hätte,...
... hätte sie das Regierungsbündnis ausgeschlagen, für das sie vorher mehr oder weniger offen geworben hat. In Rhl. Pfalz bildet sie eine Regierung mit zwei planwirschaftlich denkenden, sozialistischen Parteien, welche sie vorher politisch bekämpft hat. Da erkenne ich doch einen graduellen Unterschied.
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Zitat von Kallias im Beitrag #12Eine FDP in der Fundamentalopposition hätte 2013 gute Chancen gehabt ...
Eine FDP, die 2009 tolle Sachen verspricht - aber dann lieber in die Opposition geht als zu liefern, die hätte 2013 noch viel schlechter abgeschnitten als knapp unter 5%. Fundamentalopposition geht nur ganz selten, und bei liberalen Wählern fast nie. Die wollen nämlich in erster Linie Ergebnisse sehen, nicht ideologische Treueschwüre.
Zitat Gaulands Alles-oder-Nichts-Strategie ergibt schon Sinn ...
Nur in der aktuellen Situation - niemand will mit der AfD koalieren und ihre Forderungen werden aus Prinzip komplett abgelehnt.
Aber man stelle sich vor, die Union würde nach der Wahl 2017 ein Angebot zur gemeinsamen Regierung machen. Und die AfD kriegt die Obergrenze und ein paar weitere Goodies - und wenn sie nicht darauf eingeht, kommt RRG und macht die Grenzen wieder auf. Da würde von Fundamentalopposition keine Rede mehr sein ...
Zitat Etwas Ähnliches könnte die FDP eigentlich auch versuchen.
Nein. Sie hat eine Vorgeschichte und sie hat Wähler, die in erster Linie konkrete Erfolge erwarten. Es gibt keine andere Partei, bei der die Wähler so wenig auf Linientreue Wert legen, es zählen nur Ergebnisse.
Zitat Jetzt, wo Merkel ein weiteres halbes Jahrzehnt weiterkanzlert, besteht nämlich die einmalige historische Chance, die Union zu schlachten.
Aber nur, wenn man eine Regierungsalternative anbietet. Die Wähler wählen nicht mit Mehrheit Fundamentalopposition, da akzeptieren selbst CDU-Stammwähler lieber eine rot/rot/grüne Regierung.
Zitat Im Jahre 2025 könnte die CDU Geschichte sein ...
D.h. die CDU würde noch zwei Wahlen stärkste Partei bleiben - um sich anschließend auf Null zu reduzieren? Das Szenario sehe ich nicht. Ich sehe auch nicht wie die AfD nach dem Lucke-Abgang noch eine Chance hat, eine seriöse CDU-Nachfolgerin zu werden. Entweder gibt es noch eine weitere Neugründung, diesmal eindeutig ohne rechten Rand - oder die CDU kriegt doch noch die Kurve und entmerkelt sich wieder. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, daß Merkel bis 2025 durchhält.
Zitat nur um in einer "Jamaika"-Koalition ein paar Windräder zu verhindern?
"Ein paar Windräder verhindern" ist ohnehin der falsche Ansatz. Solange es eine so breite Mehrheit für die Vögelshredder gibt, und solange das ein so zentral wichtiger Fetisch für die Grünen und die Medien ist, kann man da nur Symbolwirkung erzielen. Und das hilft keinem. Wenn überhaupt, dann die Windräder akzeptieren, um in anderen Bereichen wirklich Substanz durchzusetzen (z. B. die komplette Nahles-Gesetzgebung zu shreddern). Entscheidend ist: Man kann und sollte als FDP in der Opposition bleiben, wenn zu wenig durchsetzbar ist. So eine Entscheidung kann man dann auch vernünftig begründen. Aber völlig falsch ist Opposition um der Opposition willen.
Zitat von Florian im Beitrag #11Im linken Spektrum mag es ja angesagt sein, die eigene Ideologie wichtiger zu nehmen als eine Machtperspektive. (Daher auch die typischen Selbstzerfleischungen linker Parteien bei der Suche nach der reinen Lehre). Bei bürgerlichen Parteien gewinnt i.d.R. der pragmatische Macht-Trieb. Und damit ist man i.d.R. auch gut gefahren.
Die Frage ist nicht zwischen Ideologie und Pragmatismus sondern Politikelastizität so wie Preiselastizität: Wer nicht preiselastisch ist, zahlt hohe Preise. Wer als Wähler unelastisch auf die Politik seiner Vorzugspartei reagiert, muß damit leben, wenn die eigene Partei an der Regierung das Programm der Konkurrenzpartei umsetzt. Die Politiker der eigenen Partei überlegen nämlich für die nächste Wahl: Verliere ich durch eine Maßnahme mehr eigene Stimmenprozente als die Konkurrenz? Wenn nein, weil man "treue" (dumme) Stammwähler hat, dann wird das Programm der Konkurrzenpartei umgesetzt. Das ist wie Hotellings Gesetz in der Mikroökonomik. Liberale sollten so etwas nachvollziehen können.
Und @Llarian zeigt in seinem Artikel, daß er politikelastisch wählt. In der Kommunikation mit den eigenen FDP-Kandidaten sollte man es auch so machen. Man sagt einem Verkäufer ja auch nicht, daß Geld keine Rolle spiele (d.h. daß man preisunelastisch sei).
Zitat von Florian im Beitrag #11Denn mal ganz im Ernst: Folgendes Szenario: Nach der Bundestagswahl 2009 gab es eine Mehrheit für Union+FDP. Wenn die FDP damals eine Regierungsbeteiligung ausgeschlagen hätte, weil sie im gemeinsamen Regierungsproramm zu wenig durchsetzen konnte, dann wäre die Folge eine Union+SPD-Regierung gewesen. Die Presse hätte sich eine Zeitlang über die weltfremde FDP lustig gemacht. Und dann wäre sie vergessen worden. In der Oppostion hätte sie auf jeden Fall Null komma Null liberale Poltik durchsetzen können. Es hätte ihr ja auch jedes Drohpotenzial gefehlt. Denn so lange die FDP keine absolute Mehrheit holt, hätte Merkel eine FDP-Fundamental-Opposition getrost ignorieren können.
Die SPD hätte den Anschein liberaler Politik versucht, um die FDP klein zu halten, wenn sie clever gewesen wäre (etwa unter der Parole "den Errungenschaften der Agenda 2010 treu bleiben"). Das hätte freilich Stimmen im eigenen Lager gekostet, aber das ist bei einer Regierungszeit sowieso der Fall und man hat ja noch viel Luft bis zu 5%. Eine dumme SPD hätte der FDP 4 Jahre später einen Stimmengewinn gebracht, evtl. sogar auf Kosten der CDU. Dann hätte man zwar wieder vor derselben Frage gestanden "Koalition mit der CDU oder nicht", aber man wäre elastischer, d.h. durchsetzungsstärker gewesen. Außerdem hat man nicht seinen Abstand zur 5% riskiert, denn so zutreffend es ist, daß die Wähler ihre Lieblingspartei an der Regierung sehen, hören sie doch nicht auf, diese Partei zu wählen, wenn sie eine Regierungsbeteiligung mal nicht erreicht hat.
Zitat von Florian im Beitrag #11* Richtig ist, dass 2009-2013 für die FDP ein ziemlicher Flop war. Das lag allerdings auch sehr stark an Merkel. Dass die der FDP nicht das Schwarze unter den Fingernägeln gönnen würde, war im Vorfeld so eigentlich nicht absehbar. Ein Kohl (oder auch ein Adenauer) hätten einen kleinen Partner nie so behandelt.
Wenn man die FDP beurteilen will, kommt es auf die Fehler der FDP an. Dazu gehört auch, die Treulosigkeit der Koalitionsparterin zu antizipieren. Die FDP-Größen haben in den Koalitionsverhandlungen und in der Ministeriumsvergabe völlig falsche Prioritäten gesetzt. Man hat das Ministerium für touristische Dienstreisen in wichtige Länder (AA) und das Ministerium für touristische Dienstreisen in Länder mit Kunsthandwerk (Entwicklungshilfeministerium) bekommen, wobei man letzteres sogar vor der Wahl hat abschaffen wollen. Westerwelle und Niebel haben diese beiden Ämter mit ihren Selbstdarstellungsmöglichkeiten geliebt, aber für die Parteiziele so gar nichts erreicht. Man hätte beides gegen das Finanzministerium tauschen sollen.
Die FDP hat von 2009-2013 in Teilen sehr gute Arbeit geleistet (z.B. das ANMOG von Rösler), aber Niebel und Westerwelle überhaupt nicht. In den unvorhersehbaren Tagesentscheidungen (Stromerzeugung!) hat Merkel ungestört ihre Ahnungslosigkeit und Angst zur Politik machen können. So hat man das Argument, warum die FDP an der Regierung beteiligt sein soll, selber untergraben.
Zitat von Kallias im Beitrag #12 Sie haben die Geschichte nicht ganz zu Ende erzählt, lieber Florian. Eine FDP in der Fundamentalopposition hätte 2013 gute Chancen gehabt - um eine beliebige Zahl aus der Luft zu greifen -, vielleicht 18% der Stimmen zu bekommen statt 4,7%.
Mag sein. Glaube ich aber nicht.
Nehmen Sie mal mich: Ich habe 2009 FDP gewählt. In der Erwartung, dass meine Stimme zu Schwarz-Gelb beiträgt. Wenn die FDP 2009 in die Opposition gegangen wäre - und dadurch eine Fortsetzung der großen Koalition erzwungen hätte - hätte ich das überhaupt nicht witzig gefunden. Warum hätte ich also 2013 dann noch einmal FDP wählen sollen? Also eine Partei, die eine mögliche Regierungsbeteiligung ausschlägt. Ob so eine Partei nun auf 18% oder auf 12% kommt spielt doch dann gar keine Rolle. Sie ist auf jeden Fall Opposition. Und die Politik wird von der schwarz-roten Koalition gemacht.
Also: MEINE Stimme bekommt eine garantierte Oppositionspartei ganz sich sicher nicht. Das allein ist übrigens auch schon Grund genug für mich, nicht die AfD zu wählen. Faktisch bedeutet eine Stimme für die AfD eine Zementierung von Schwarz-Rot. Und das will ich nicht.
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #14Warum soll man Opposition als "beleidigte Leberwurst" interpretieren?
Zur Erinnerung: Ausgangspunkt der Diskussion war die These, Opposition wäre eine "Chance". Und das ist sie nicht. In die Opposition zu gehen nur weil man dann porenreine Idealforderungen postulieren kann kommt beim Wähler zu Recht als "beleidigte Leberwurst" an. "Aut Cäsar aut nihil" ist kein liberales Motto.
Zitat Man hat alle Chancen klar zu machen, dass die Politik für die man steht in der Konstellation nicht umzusetzen ist ...
Wenn das so ist, sollte man natürlich nicht regieren. Aber das muß man dann auch beweisen.
Zitat In Rhl. Pfalz bildet sie eine Regierung mit zwei planwirschaftlich denkenden, sozialistischen Parteien, welche sie vorher politisch bekämpft hat.
Zitat von Florian im Beitrag #17Also: MEINE Stimme bekommt eine garantierte Oppositionspartei ganz sich sicher nicht.
So etwas sagt man ja auch nicht vorher. Aber es ist schon wichtig zu wissen für den künftigen Koalitionspartner, daß er für eine Koalition mehr Zugeständnisse machen muß als ein paar touristische Dienstreisen und einen afghanischen Teppich. Wenn man nicht für das Risiko bereit ist, aus einem guten Wahlergebnis keine Regierungsbeteiligung machen zu können, ist man politikunelastisch. Sind die eigenen Wähler politikelastischer, verschwindet man unter der 5%-Hürde, weil die eigenen Wähler daheim bleiben oder sich eine andere Partei suchen (z.B. um eine noch schlimmere Regierungskonstellation zu verhindern, etwas Rot-Grün aus FDP-Sicht).
Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #13Ich denke aber in der Tat darüber nach, die Linke zu wählen, ...
Eine interessante taktische Überlegung. Nur von sehr vielen schwierig zu prognostizierenden Rahmenbedingungen abhängig. Je nach konkreten Wahlergebnis und merkwürdigen Entscheidungen diverser Leute kann da alles mögliche rauskommen. Es ist daher eher unwahrscheinlich, daß man die gewünschte Wirkung erzielt. Aber man hat auf jeden Fall eine widerliche antidemokratische Bande gestärkt ...
Ich würde da eher "Protest" in Form einer Splitterpartei à la Sonneborn wählen als Kommunisten oder Nazis.
Zitat Kannst du dir vorstellen ein SPD Kanzler einer rot-rot grünen Regierung, mit einer 35% CDU Opposition im Nacken, sitzt bei Anne Will und verkündet unwidersprochen es sei moralisches Gebot und faktische Notwendigkeit die Grenzen Deutschlands in geschehenem Maße zu öffnen?
Kann ich mir angesichts einer inhaltlich völlig entkernten Union schon vorstellen. Die Partei ist so entkernt, daß sie m. E. nicht zur früher üblichen starken Opposition in der Lage wäre. Da hätte ein RRG-Kanzler ganz andere Möglichkeiten als früher. Ich will mir lieber nicht ausmalen, was da alles möglich wäre.
Zitat Die Tätigkeit der Opposition soll nicht darin bestehen lediglich noch mehr des gleichen Unsinns zu fordern, den die Regierung ohnehin macht, sondern sie sollte eine wählbare Gegenposition dazu profilieren.
OK. Dann wäre die AfD nach bisherigen Erfahrungen in den Landtagen keine funktionierende Opposition. Weswegen sie es ja auch nicht wirklich schafft, die Regierung unter Druck zu setzen. Die machen einfach weiter, weil sie keine Ablösung durch eine solche Oppositionspartei fürchten müssen.
Zitat von R.A. im Beitrag #6 Ich kann ja verstehen, daß Leute sauer sind, weil die FDP mit großer Klappe 2009 in die Koalition gegangen ist und dann ihr wesentliches Wahlkampfversprechen mit den Steuern nicht eingelöst hat.
Das ist doch völlig nebensächlich. Was interessiert mich eine "Steuerreform" bei der am Ende ein paar Zehneuro rauskommen und sich jemand auf die Schulter klopft ? So lange wir nicht eine grundsätzliche Reform ala Merz oder Solms bekommen, interessiert mich das wenig. Was dagegen interessiert sind die zwei verheerenden Entscheidungen für den ESM und den Energieirrsinn, beide mit Kosten im Billionenbereich. Ich nehme es der FDP nicht übel, dass sie ihre Steuerreform nicht durchbekommen hat. Ich nehme ihr übel, sogar sehr übel, dass sie diese beiden Entscheidung mitgetragen hat. Und das heute noch tut, weil sie keinerlei Einsicht in das eigene Versagen hat. DAS nehme ich der FDP übel. Was ich der FDP vorwerfe ist nicht, dass sie "zu wenig Gutes" umgesetzt hat, was ich ihr vorwerfe ist, dass sie Deutschland in diesen vier Jahren schlechter gemacht hat.
Zitat Aber einen echten Zusammenhang mit dem Lindner-Interview sehe ich nicht. Der ganze Artikel sagt eigentlich nur: "2009 hat mich sehr geärgert, und deswegen schimpfe ich heute noch bei jeder Gelegenheit, bei der dieses Parteienlogo auftaucht".
Dann hast Du meinen Artikel nicht verstanden, lieber R.A.. Es geht gar nicht so sehr darum die FDP zu beschimpfen, das Beschimpfen von politischen Parteien bringt erstaunlich wenig. Der zentrale Artikel meines Artikel ist ein einziges Wort, auch wenn es selber im Artikel nicht auftaucht: Vertrauen. Ich finde auch diesen Thread erstaunlich wie wenig Leute sich noch erinnern warum 2009 die FDP diesen erdrutschartigen Sieg erringen konnte. 14,6% der Stimmen war der totale Hammer. Das sind nicht alles "Kernliberale" gewesen. Es waren auch Menschen die von einer konkreten Wahl beeindruckt waren und zwar der hessischen Landtagswahl von 2008. Wo Jörg Uwe Hahn standhaft blieb und eben nicht hinter dem Pöstchen herlief. Er hielt sein Wahlversprechen (ist ja schon was besonderes). DAS hat sehr viel Respekt abgenötigt, auch von Leuten, die sonst im Leben nicht die FDP wählen würden. Und das schafft Vertrauen. Es war eine große Leistung, die man heute gerne vergisst (und soviel zum Thema Opposition ist für Idioten). Und dieses Vertrauen, das dort geschaffen wurde, wurde in der Regierung Merkel II mit Füßen getreten. Und das war das Problem. Und wenn Lindner sich heute hinstellt und einen davon erzählt, dass es dies oder das mit einer FDP Regierung nicht geben würde, dann ist das genau sein Problem: Vertrauen. Denn wer glaubt das denn bitte ? Wie glaubwürdig ist die FDP, die sich bis heute nicht mit dem Kabinett Merkel II auseinandersetzen kann und will ? Die die einzigen wirklich aufrechten Kritiker bis heute mit Verachtung straft? Ich schimpfe nicht in dem Sinne, ich finde es aber absurd wie schnell man daher kommt und unterm Strich wieder verkündet "Vertrauen Sie uns. Mit uns wäre das nicht passiert.". Natürlich wäre es passiert. Es ist ganz und gar unglaubwürdig, dass es nicht passiert wäre.
PS. Und nebenbei gesprochen, deine Argumentation hier, belegt (!) in meinen Augen sehr eindrucksvoll mein Problem der FDP. Regieren um des Regierens willen, damit man "wenigstens kleine Dinge" erreichen kann. Ich will aber keine kleinen Dinge. Mir ist das Leben zu kurz für kleine Dinge. Und wer Dinge wie ESM und Energieirrsinn mitmacht, weil er angeblich "kleine Dinge" dafür ändert, dem gehört mit dem Wiesbadener Programm von Hamburg bis München der Hintern versohlt. So, das war jetzt auch mal schimpfen.
PPS. Der einzige der mir ins Gesicht sagen darf "Vertrauen Sie mir. Ich weiss was ich tue." heisst Sledge Hammer. Und er ist nicht in der FDP (SCNR).
Zitat von Llarian im Beitrag #21Das ist doch völlig nebensächlich. Was interessiert mich eine "Steuerreform" bei der am Ende ein paar Zehneuro rauskommen und sich jemand auf die Schulter klopft?
Das ist jetzt aber nicht repräsentativ für die FDP-Wähler von 2009. Die wollten mit erster Priorität eine Steuerreform. Und weil die verdaddelt wurde, sind die Umfrageergebnisse in wenigen Monaten von 15% auf unter 5% gefallen und die panischen Versuche gegenzurudern ("spätrömische Dekandenz") haben es nicht besser gemacht.
Zitat Was dagegen interessiert sind die zwei verheerenden Entscheidungen für den ESM und den Energieirrsinn ...
Die haben aber nun wenig mit 2009 und irgendwelchen Wahlversprechen zu tun, also insbesondere auch nichts mit Vertrauen bzw. dem Fehlen davon. Und es ist wenig sinnvoll diese beiden Entscheidungen nun speziell einer Partei vorzuwerfen, obwohl ALLE Parteien hier exakt dieselbe Position hatten. Und speziell nach Fukushima war das eben auch die deutliche Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung und wohl auch in der FDP-Wählerschaft. Zettel sprach ja nicht zu Unrecht von der "kollektiven Besoffenheit". Es gab damals niemand, der sich öffentlich noch für Kernkraftnutzung aussprach - nicht einmal die Betreiber der Kraftwerke selber, oder fachkundige Wissenschaftler oder Ingenieurverbände. Und da hätte die Parteiführung ohne jede demokratische Legitimierung durch Parteitage oder Mitglieder die Koalition platzen lassen sollen? Um sich nach dem selbst verschuldeten Steuerdesaster auch noch als verbohrte Atom-Splittergruppe ins Nichts zu begeben?
Und beim ESM muß man halt auch akzeptieren, daß mehr als eine Meinung legitim sein kann. Wir beide waren einer Meinung, aber viele Leute, auch Experten, waren eben anderer Meinung. Und da sind wir halt in der Minderheit geblieben. Ich bin immer noch mit Dir einer Meinung, daß es eine Fehlentscheidung war. Aber eben kein "Versagen" und schon gar kein Vertrauensbruch.
Zitat Ich finde auch diesen Thread erstaunlich wie wenig Leute sich noch erinnern warum 2009 die FDP diesen erdrutschartigen Sieg erringen konnte.
NICHT wegen der Kernkraft und NICHT wegen einer hypothetischen ESM-Ablehnung. Sondern wegen einer Reihe von anderen Themen, die Steuerreform vorneweg.
Zitat von R.A. im Beitrag #22Es gab damals niemand, der sich öffentlich noch für Kernkraftnutzung aussprach - nicht einmal die Betreiber der Kraftwerke selber, oder fachkundige Wissenschaftler oder Ingenieurverbände.
Das, lieber R.A., ist aber weit ab von der Wahrheit. Schon kurz nach Fukushima erschienen sogar fachkundige Bücher zum Thema. Noch während die sogenannte Katastrophe im Gange war, diskutierten die Fachleute drüber, wie erstaunlich robust die alten Reaktoren waren und dass die Katastrophe ausbleiben würde. Das Deutsche Atomforum hat hier eine vorbildliche Rolle gespielt, auch später beim Monitoring der Strahlung rund ums Gelände.
Es hat halt in der Öffentlichkeit niemand davon Notiz genommen, unter anderem weil kein Politiker genug Arsch in der Hose hatte, um es mal volkstümlich auszudrücken. Und ein durchschnittlicher FDP-Wähler erwartet von dieser Partei einfach eine rationale Grundhaltung, die hier mit Füßen getreten wurde. Vertrauensverlust ist die natürliche Folge.
Doch wenigstens heute, nachdem man viel mehr über das "Unglück" weiß, sollte eine Partei wie die FDP wenigstens den Mut haben, den Irrtum einzugestehen und wieder zu einer faktenbasierten Politik zurückkehren anstatt im postfaktischen Nirvana zu verharren. Auch hier: Vertrauensverlust.
Zitat von R.A. im Beitrag #22 Das ist jetzt aber nicht repräsentativ für die FDP-Wähler von 2009. Die wollten mit erster Priorität eine Steuerreform.
Sagst Du. Ich glaube das nicht. Die FDP tritt fast immer mit Steuerreformen hat, hat vorher auch nie so viele Wähler angesprochen (in den letzten Jahren). Aber das Vorfeld 2009, das war ein anderes. Ist aber ein Streit um Kaisers Bart, denn:
Zitat Die haben aber nun wenig mit 2009 und irgendwelchen Wahlversprechen zu tun, also insbesondere auch nichts mit Vertrauen bzw. dem Fehlen davon. Und es ist wenig sinnvoll diese beiden Entscheidungen nun speziell einer Partei vorzuwerfen, obwohl ALLE Parteien hier exakt dieselbe Position hatten.
DOCH. Unbedingt sogar. Denn Grünen Wähler sind eben keine FDP Wähler. Für einen Grünen Wähler ist der Energieschwachsinn folgerichtig und logisch. Es entspricht genau dem, was er will. Ein FDP Wähler dagegen verspricht sich wirtschaftliche Kompetenz und Liberalität. Und deshalb muss man es natürlich der FDP vorwerfen (auch der Union, aber hier geht es ja um die FDP). Wenn meine Putzfrau mir erzählt, dass man demnächst Wasser tanken kann, dann ist das okay für mich, ich weiss ja, wer es sagt und das die Dame es nicht besser weiss. Wenn dagegen ein Chemieprofessor an der Uni den selben Quatsch erzählt, ist das etwas ganz anderes. Die FDP hat nicht das Verteidigungsargument der Dämlichkeit.
Zitat Und speziell nach Fukushima war das eben auch die deutliche Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung und wohl auch in der FDP-Wählerschaft. Zettel sprach ja nicht zu Unrecht von der "kollektiven Besoffenheit". Es gab damals niemand, der sich öffentlich noch für Kernkraftnutzung aussprach - nicht einmal die Betreiber der Kraftwerke selber, oder fachkundige Wissenschaftler oder Ingenieurverbände.
Letzteres stimmt nicht. Siehe den Beitrag von hubersn. Allerdings kann man auch nicht erwarten, dass sich Wissenschaftler laut und öffentlich verheizen, wenn nicht mal eine angeblich der Ratio verpflichtete Partei sich hinter sie stellt.
Zitat Und da hätte die Parteiführung ohne jede demokratische Legitimierung durch Parteitage oder Mitglieder die Koalition platzen lassen sollen?
Dann muss man es eben legitimieren. Allerdings hat man beim ESM gesehen wie der Wille der Parteiführung zu solchen Dingen aussieht. Und ja, dann muss man auch mal aufstehen und bereit sein zu gehen. Aber diese Bereitschaft war ja nicht da. Ich mag Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nicht besonders, aber ich habe bei ihr (und nur bei ihr) keinen, nicht den allergeringsten Zweifel an ihrer persönlichen Integrität im Bezug auf ihre Überzeugungen und die eigene Karriere. Kannst Du Dir vorstellen warum?
Zitat Und beim ESM muß man halt auch akzeptieren, daß mehr als eine Meinung legitim sein kann. Wir beide waren einer Meinung, aber viele Leute, auch Experten, waren eben anderer Meinung.
Und keiner hat Recht behalten. Schon bei der ersten Griechenlandkrise haben nahezu alle Ökonomen (nicht Politiker) von Rang und Namen gesagt, dass das nicht funktionieren wird. Insbesondere die Aussagen von Sinn dazu sind ja alle wunderbar eingetroffen. Wenn man sich natürlich auf bezahlte Hampelmänner wie Fratscher beruft (der sich grundsätzlich für "die gute Sache" irrt), darf man sich nicht wundern. Ich glaube nicht das der ESM eine Frage der Meinung war. Es ist genau das eingetreten was die Ökonomen vorhersagten. Auch hier ist Unwissen keine Verteidigung. Und man murkste ja auch damals munter weiter.
Zitat Aber eben kein "Versagen" und schon gar kein Vertrauensbruch.
Wenn ich antrete mein Land besser zu machen und dabei mehr als eine Billion Euro in den Sand setze, dann ist das Versagen in gigantischer Form. Vertrauensbruch ist an der Stelle wirklich schwierig. Denn natürlich ist es in dem Sinne nicht gebrochen worden. Was gebrochen wurden waren Prinzipien. Und wer traut jemandem, der für Posten und Geld seine Prinzipien verkauft? Beantworte mir einfach folgende Frage: Drehen wir die Zeit zurück. Durch ein Wunder hat die Regierung Merkel II Bestand gehabt und die FDP hat ab 2013 weiter regiert. Und jetzt kam Merkel mit ihrem Streichelvideo. Und Lindener ist Vizekanzler von Deutschland (ob Aussenminister oder Wirtschaftsminister sei egal). Glaubst Du allen Ernstes Lindner würde in dieser Situation sich hinstellen und sagen: Nein, wir öffnen die Grenzen jetzt nicht. Wir verlassen sonst die Koalition. Glaubst Du das? Ich kann es mir nicht im Ansatz vorstellen. Und genauso wenig kann ich es mir vorstellen, dass er sich hinstellt und seinen Posten aufgibt, weil Deutschland nicht den Pariser Klimaquatsch mitmacht. Das sind alles nur Sprüche von einem Mann, der seiner Frau alle Kleider kaufen will, dummerweise ist halt Sonntag und die Läden sind zu.
Zitat von Florian im Beitrag #11Denn mal ganz im Ernst: Folgendes Szenario: Nach der Bundestagswahl 2009 gab es eine Mehrheit für Union+FDP. Wenn die FDP damals eine Regierungsbeteiligung ausgeschlagen hätte, weil sie im gemeinsamen Regierungsproramm zu wenig durchsetzen konnte, dann wäre die Folge eine Union+SPD-Regierung gewesen. Die Presse hätte sich eine Zeitlang über die weltfremde FDP lustig gemacht. Und dann wäre sie vergessen worden. In der Oppostion hätte sie auf jeden Fall Null komma Null liberale Poltik durchsetzen können. Es hätte ihr ja auch jedes Drohpotenzial gefehlt. Denn so lange die FDP keine absolute Mehrheit holt, hätte Merkel eine FDP-Fundamental-Opposition getrost ignorieren können.
* Richtig ist, dass 2009-2013 für die FDP ein ziemlicher Flop war. Das lag allerdings auch sehr stark an Merkel. Dass die der FDP nicht das Schwarze unter den Fingernägeln gönnen würde, war im Vorfeld so eigentlich nicht absehbar. Ein Kohl (oder auch ein Adenauer) hätten einen kleinen Partner nie so behandelt.
Das halte ich für ausgemachten Unsinn. Es ging nur darum, dass Westerwelle 4 Jahre lang Außenminister spielen und mit seinem Freund durch die Weltgeschichte reisen durfte. Um die gesamten 4 Jahre voll auskosten zu können, hat er praktisch alles abgenickt.
Und eine Union, die eine schwarz-gelbe Regierung an einer Steuerreform hätte scheitern lassen um erneut mit den Sozis ins Bett zu gehen, hätte zu einem für deutsche Verhältnisse politischem Erdbeben geführt, zumal Merkel das nie und nimmer in der Union hätte durchsetzen können, da dies zu viele Ministerämter gekostet hätte.
Wäre die FDP bei der Griechenlandkrise ausgestiegen, hätte es die AfD nicht gegeben und es gäbe in Deutschland jetzt eine liberale Partei mit gesamtdeutschen Wahlergebnissen mindestens in Höhe derer der AfD im Osten. Aber dann hätte Westerwelle ja nicht mehr Außenminister spielen können, das war natürlich wichtiger, dem musste unbedingt alles untergeordnet werden.
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