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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 30 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Noricus Offline



Beiträge: 2.362

28.12.2016 08:54
#26 RE: Weihnachtswunschkonzert Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #18
Zitat von Noricus im Beitrag #17
Meines Erachtens zeigt sich hier wieder das viel zu wenig beachtete Prinzip der économie du langage, wie André Martinet das genannt hat, also der Ökonomie der Sprache: Eine Sprachgemeinschaft hat Wörter für diejenigen Begriffe, die für sie wichtig sind, und ist in den für sie unbedeutenden Bereichen lexikalisch dürftig.
Das mag für primitive Gesellschaften zutreffen. Aber wir reden doch von solchen, wie sie sich in der Neuzeit darstellen. Da geht es weniger darum, Begriffe für konkrete Gegenstände zu finden, sondern wie sie eingesetzt werden, wo Assoziationen suggeriert werden, wo Abstraktes konstruiert wird.



Wenn man auf dieser abstrakten Ebene über den Zusammenhang zwischen der Sprache und dem Denken sinniert, läuft man Gefahr, schnell ins Esoterische oder in völkerpsychologische Klischees abzudriften. Was sagt es über das Denken der deutschen Sprachgemeinschaft aus, dass die deutsche Sprache noch wirklich ein Neutrum kennt, während es in anderen Idiomen verschwunden ist (oder nie existent war) bzw. nur noch äußerst rudimentär vorhanden ist? Da wird man sich ebenso wie bei Ulrich Elkmanns Grammatikbeispielen schwertun.

Von der Sprache an und für sich zu trennen sind die Begriffe als gedankliche Konzepte, die freilich durch sprachliche Zeichen definiert werden, weshalb der Einfluss der Sprache auf das Denken, so er besteht, ein indirekter wäre. Was unter Liebe zu verstehen ist, hat in unserer Kultur einen Wandel durchgemacht, und in von der Globalisierung noch unbeleckten Kulturen wird man darunter wohl auch etwas ganz anderes verstehen, als wir das tun.

Bei den lexikalischen Beispielen muss man ja nicht beim Schnee oder bei den landwirtschaftlichen Geräten bleiben. Jede Fachsprache reicht als Gegenstand für ein Sinnieren über den Zusammenhang zwischen Sprache und Denken aus.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

28.12.2016 09:16
#27 RE: Weihnachtswunschkonzert Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #20
Die Sapir-Whorf-Hypothese dürfte so etwas wie die Pièce de résistance am linguistischer Exotik darstellen; alle ~20 Jahre wird sie mal wieder durch die Medienmanege geführt;


Als Hypothese ist sie feste Zutat der Lehrbuchliteratur.

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #20
Bei solch trivialen Befunden ist das geblieben; welche Konsequenzen sich daraus für "Welthaltung", "Zugang zur Welt" oder das Betreiben von Nachdenken & praktische Handhabung ergeben sollten: das wüßte man gern. [...] Was hier an Weltzugang, Neugier, usw. bis in die (in dem Fall wohl eher nichtvorhandene) Wissenschaftskultur hineinfunkt, ist die Kultur (so wat hebb wi nie nich maakt, do kenn wi nix vun, bi us gifft dat nich) & nicht die Sprache.



Da bin ich absolut Deiner Meinung, siehe auch meine Antwort auf des Werwohlfs Beitrag. Am ehesten kann ich mir einen Zusammenhang zwischen Sprache und Denken (das ja auch immer ein von der Kultur beeinflusstes Denken ist) aber tatsächlich im Bereich des Lexikons vorstellen.

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #21
Zitat von Noricus im Beitrag #17
Natürlich fällt es leichter, verschiedene Arten von Schnee zu unterscheiden, wenn man unterschiedliche Wörter dafür hat. Doch die Notwendigkeit, zwischen verschiedenen Arten von Schnee sprachlich zu differenzieren, entsteht natürlich nur dann, wenn der Schnee in der Erfahrung der Sprachgemeinschaft eine (wichtige) Rolle spielt.


*Räusper* Ich verweise nur kurz darauf, daß es sich bei den vielen Wörtern der Eskimos für Schnee um nichts als eine "moderne Legende" handelt, die eben auch in Gelehrtenstuben gerne blühen.


Danke für den Hinweis, aber im Deutschen haben wir verschiedene Wörter für verschiedene Schneearten, siehe meinen Beitrag Nr. 17. Derjenige, der nie mit Schnee zu tun hat, wird sie nicht kennen oder vielleicht nicht genau wissen, was sie bedeuten. Wer die Bedeutung dieser Wörter kennt, wird weniger Schwierigkeiten haben, verschiedene Schneearten zu unterscheiden, weil er Schubladen zur Verfügung hat, in welche er konkret vorgefundenen Schnee im Sinne der Prototypensemantik einordnen kann. Der Einwand, dass hier weniger die Sprache (das sprachliche Zeichen), sondern vielmehr der Begriff (das gedankliche Konzept, der prototypische Referent) das Denken prägt, ist freilich berechtigt.

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

28.12.2016 09:23
#28 RE: Weihnachtswunschkonzert Antworten

1)
Zeitreisen wären eigentlch nicht schlecht, liebe Fee. Selbstverständlich in die Vergangenheit. Die Zukunft ist ja momentan schwer im Verschiss.

Früher war alles besser - und wenn nicht grad alles, dann mindestens so dies und jenes?

Bitte ein Angebot für diese weit verbreitete Ansicht, die immer beliebter wird. America will be great AGAIN - hört man. Dass ohne Zeitreise AGAIN nicht zu haben ist, dürfte einleuchten. Der Begriff führt das schon mit sich und macht das zwingend.

Also, liebe Fee, her damit. Wie das dann wohl so im Detail funktioniert? Nu ja, is natürlich noch Neuland, aber die Fee wird das schon wissen.


2)
Im Zeitreisebüro keine Rückfahkarten anbieten: Das wäre irgendwie unfair. NEIN heißt NEIN und AGAIN heißt AGAIN.


3)
Metawünsche (auch das sind WÜNSCHE) werden ja nicht ausgeschlossen. Also: Erweiterung auf unendlich.


∞)
Überleg ich mir noch. Endet aber vermutlich wie in der Geschichte vom Fischer und siine Fru.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

28.12.2016 09:52
#29 RE: Weihnachtswunschkonzert Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #20
Goethe hat id Farbenlehre noch "gelbroth", aber er kannte natürlich das Land wo die Orangen blühn


Nicht ganz:

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
Im dunklen Laub die Goldorangen glühn [...]


J.W. von Goethe, Mignon (Hervorhebungen Noricus)

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

28.12.2016 10:53
#30 RE: Weihnachtswunschkonzert Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #25
Zitat von Fluminist im Beitrag #22
Das, lieber Elkmann, halte ich beides für 1 Gerücht.

Nachtrag in Sachen . Russisch: Geben tuts den & jede Grammatik bietet es. Ist eine der Überraschungen, wenn mans lernt: wann immer der mal vorkommt, geht es formal, definitorisch zur Sache. In der Sprachpraxis kommt da immer 3. Person Singular; jedes Verb im Diktionär findet sich so.

Ich kann wirklich nicht sehen, worauf Sie hier hinauswollen. Der Infinitiv begegnet in der russischen Sprache (mündlich wie literarisch) auf Schritt und Tritt und hat da dieselbe Funktion* wie in den anderen indoeuropäischen Sprachen. Als völlig zufällig ausgewähltes Beispiel hier der Anfang von Евгений Онегин:

Zitat von Пушкин
Мой дядя самых честных правил,
Когда не в шутку занемог,
Он уважать себя заставил
И лучше выдумать не мог.


Ebenso ist die dem Konjunktiv funktional entsprechende Konstruktion von бы + Vergangenheitsform nicht gerade rar.
Das Russische verzichtet allerdings meistens auf die finiten Formen von "sein" und paraphrasiert oft "haben" - zwei der wichtigsten und häufigsten Wörter der westeuropäischen Sprachen.

Nachtrag: Eine wirkliche Eigenart der russischen Sprache gegenüber dem romanischen und germanischen Kreis ist die durchgehende Beachtung des Verbaspekts (der sich z.B. im Englischen und Französischen nur noch in der Unterscheidung zwischen imperfekter und perfekter Vergangenheitsform hält und im Deutschen praktisch völlig fehlt), das erfordert von dem, der sich mit der Sprache anfreunden will, ein Umdenken. Deutet dieses Umdenken nicht darauf hin, daß die Russen von vornherein 1 bißchen anders denken? Umgekehrt finden diese es in der Regel sehr schwierig, sich in die richtige Verwendung bestimmter und unbestimmter Artikel hineinzufinden, was doch auch darauf hindeutet, daß diese Unterscheidung eine (wenn auch vielleicht nicht sehr wichtige) Denkkategorie wiedergibt, die dem Muttersprachler einer artikellosen Sprache erst einmal fehlt?

Noch 1 Nachtrag:
* And die Stelle des a.c.i. tritt allerdings eine Partizipialkonstruktion: "ich höre ihn hustenden" statt "ich höre ihn husten".
Die Vielfalt der Sprachen hat auch eine Ästhetik, die zu verlieren sehr schade wäre.

Und noch 1er:

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #25
In der Sprachpraxis kommt da immer 3. Person Singular; jedes Verb im Diktionär findet sich so.

?...??!?... muß ich doch mal nachsehen... ?...!!: also in Ожеговs russischem Wörterbuch (20. Aufl. Moskau 1988; Erstausgabe 1949) stehen alle Verblemmata im Infinitiv... im russisch-deutschen Wörterbuch von Никонова & Zwilling (Moskau 1982) ebenso...
Stammt nun natürlich alles noch aus Sowjetzeiten... : !
Sollte etwa... der schlimme Putin... den armen Russen neuerdings ihren Infinitiv weggenommen haben?

Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 14.396

04.01.2017 00:39
#31 RE: Weihnachtswunschkonzert Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #5
Obacht! Im Fall des Paktes mit dem da => , was ja in Sachen Anwendungslogik ein Paralleldunkelfall zum Wunschkonzert ist (in beiden Fällen läuft es schnell auf weitere Rahmenbedingungen ("sich nicht als 3. Wunsch 3 weitere wünschen") & Kleingedrucktes im Vertrag hinaus)


Hhm. Boxring im narrativen Kosmos. In Dietmar Daths Besprechung von Andreas Brandhorsts neuem Roman "Omni" (ja, ich weiß, Dath. Aber er hat nicht nur die Existenz Brandthorsts, des letzten verbliebenen Vollzeit-SF-Autors im deutschen Logoversum außerhalb des Heftchenformats, also Perry Rhodan & vielleicht Maddrax, verbucht, sondern sich das Buch auch angetan), in DDs Rezension in der FAZ vom 26.11.2016 also schreibt er:

Zitat von FAZ, 26.11.2016, Nr. 277, L5, "Das Schreiben von Welten als unendliches Risikospiel"
Die James-Bond-Handlungsebene wird beherscht von einem Gegenstand, den alle haben wollen, einem Gral oder (wie Hitchcock derlei nannte) einem McGuffin, dem Brandthorst einen doppeldeutigen Namen gegeben hat: Mal heißt das Gerät "Opus", mal "Kreator", es ist also einerseits eine Schöpfung, andererseits selbst schöpferisch, oder in Märchensprache: Der erfüllte Wunsch, sich noch mehr Wünsche erfüllen lassen zu dürfen. Das schöpferische Intelligenz in gewissem Sinne nicht Ursache, sondern eher Feldeffekt von Schöpfungsakten und Geschöpfen ist, hat die Kunst- und Literaturtheorie des letzten Jahrhunderts bekanntlich breit beschäftigt und tief verwirrt. In "Omni" gehört dieser Zusammenhang zum spekulativen Baugerüst.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

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