Welchen ideellen Wunsch, dessen Erfüllung nicht nur für Sie oder Ihr persönliches Umfeld von Relevanz ist, würden Sie gegenüber einer guten Fee äußern? (Es können bis zu drei Wünsche genannt werden.)
Mein erster Wunsch besteht aus zwei Halbwünschen, ich hoffe das gilt auch. Zumal aus logischen Gründen höchstens einer dieser Wünsche erfüllbar ist.
Also ich wünsche mir von der Fee einen Beweis der Goldbachschen Vermutung, wonach jede gerade Zahl die Summe zweier Primzahlen sei, für den Fall, dass dem so ist.
Für den Fall, dass die Vermutung falsch ist, wünsche ich mir das konkrete Gegenbeispiel - also nicht irgendeinen abstrusen Existenzbeweis, sondern die Angabe der kleinsten geraden Zahl, die nicht Summe zweier Primzahlen ist.
Das ist die erste unbewiesene mathematische Vermtuung, von der ich als Kind gehört habe. Und während andere, von denen ich erst später erfahren habe, wie das Vierfarbentheorem und der Große Fermat inzwischen bewiesen worden sind (beim Großen Fermat fehlt wohl nur noch der Beweis, dass der Beweis auch der Beweis ist), also während das inzwischen geklärt ist, harrt die Goldbach-Vermutung in ihrer provozierenden Einfachheit immer noch der Lösung.
Sigmund Freud meinte, es habe drei Demütigungen der Menschheit gegeben, durch Kopernikus, Darwin und Freud selbst. Mir fällt es in allen drei Fällen schwer, das Demütigende daran zu fühlen. Aber die hartnäckige Ungelöstheit der Goldbach-Vermutung, die ist schon ziemlich peinlich. Die Universität von Porto versucht seit Jahren, durch schlichtes Durchprobieren ein Gegenbeispiel zu finden. Bis 10 hoch 19 oder so ist man inzwischen gekommen. Was für ein klägliches Unterfangen angesichts der Unendlichkeit der Natürlichen Zahlen!
Nein, so wird das nichts, wir sollten die Waffen strecken, unsere Niederlage akzeptieren und die Fee das für uns lösen lassen.
Als Zweites wünsche ich mir von der Fee die Aufhebung des Wirthschen Gesetzes, wonach Software schneller langsamer wird als Hardware schneller. Seit Jahrzehnten ist das ein tägliches Ärgernis. Vor 25 Jahren brauchten Rechner eine halbe Minute zum Booten, heute dauert es doppelt so lang. Wollte man ein modernes Textsystem auf einem 20 Jahre alten Rechner starten, würde das eine Stunde dauern. Auf heutigen Maschinen dauert es so lange wie damals. Anschließend macht man genau das Gleiche damit wie immer, schreibt Briefe, formatiert Absätze usw. Webseiten werden heute so "schnell" gerendert wie vor 10 Jahren, es steht auch nicht mehr drin, nur werden 20 mal mehr Taktzyklen dabei verbraten.
Ich nenne das eine Schweinerei! Alle Fortschritte, die wir dem Mooreschen Gesetz verdanken, wonach die Prozessoren immer schneller werden, werden flugs aufgezehrt durch die Anstregungen der Programmierer, die immer neue Möglichkeiten erkunden, die Programme umständlicher und träger zu machen. Infolge des Wirthschen Gesetzes laufen Computer stets so langsam, dass die Nutzer die Geduld gerade so eben nicht verlieren.
Die nächste Ineffizienzrevolution ist auch schon angelaufen: die Künstliche Intelligenz. Während heute noch zum Beispiel große Datenmengen in durchstrukturierten Datenbanksystemen aufgehoben werden, die effiziente Abfragen ermöglichen, wird die KI in Zukunft in der Lage sein, aus jedem wirren Datenhaufen, wenn er nur groß genug ist, brauchbare Antworten herauszufischen. Das wird die Datenbankentwickler arbeitslos machen, vor allem aber wird es in den kommenden Jahren und Jahrzehnten jeden Zugewinn an Hardwarepower zuverlässig aufzehren.
Davon habe ich die Nase jetzt schon voll. Ich wünsche mir von der Fee einen Packen Software, die so effizient geschrieben ist, wie man das in den 60er-Jahren notgedrungen tat, um die damalige Hardware niederzuhalten, und die trotzdem auf heutigen Maschinen läuft. Man drückt einen Knopf: der Rechner ist da. Man tippt mit dem Finger, das Textsystem wartet auf Eingaben. Man ruft welt.de auf, in einem Wimpernschlag steht die Seite lesebereit vor Augen. Danke im voraus, liebe Fee! Dafür schenke ich dir den dritten Wunsch.
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Be careful what you wish for. You just might get it.
Den alten Griechen in zahlreichen Variationen geläufig. Deshalb: Daß Gustav Schwab (oder, anglosphärisch, Thomas Bullfinch) allgemein geläufig sein möchten.
Tangential zum Thema: Vor gut 20 Jahren habe ich mir mal, um sie zu kopieren & den üblichen Neujahrsgrüßen beizulegen, eine kleine Fabel gestrickt.
Ein Junge, wir denken ihn uns im Alter von 12, rettet eine Katze vor der Experimentierlust böser Buben. Diese erweist sich als die gute Fei, offeriert die drei Wünsche. "Ich möchte für immer leben!" Gut, sagt sie, wir sind hier aber auf der Erde, da muß deine Biologie geändert werden, in jeder Zelle...das ist aber kein Problem für Wesen mit göttlichen Kräften. Sie zwinkert (eine Geste, deren Anspielung er nicht versteht, aber deren Bedeutung klar ist). Was nützt es mir, denkt er, wenn das Leben dann nur aus Sorge & Armut besteht? "Ich möchte immer reich sein?" - zu unbescheiden, gerade im Angesicht der Ewigkeit, also: "Ich möchte immer so viel Geld haben, wie ich brauche." Das ist leicht, da muß man nicht mehr tricksen als Regierungen und die Mafia. Sie zwinkert. Und das Dritte? Er hat alles, was sein Herz begehrt, er will mit dem letzten Wunsch auch der übrigen Welt helfen [=> obige Rahmenbedingung], er weiß, daß die Menschen streitsüchtig sind & kein frommer Wunsch ihnen das nehmen wird... Und als jemand, der in der Schule gut zugehört hat, bittet er: "Ich möchte, daß es keinen Treibhauseffekt mehr gibt!" Eine Herausforderung, sagt sie: da müssen wir die physikalischen Eigenschaften von Gasmolekülen ändern. Wir schaffen das. Ist das jetzt dein Wunsch? "Ja." Zwinkern. Und dann setzt der Dämon die Maske ab & fügt lächelnd hinzu: "Du weißt ja, daß dein zweiter Wunsch in einem Jahr belanglos sein wird?"
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat von Kallias im Beitrag #2Also ich wünsche mir von der Fee einen Beweis der Goldbachschen Vermutung, wonach jede gerade Zahl die Summe zweier Primzahlen sei, für den Fall, dass dem so ist.
Die binäre Goldbachsche Vermutung also. Die ternäre gilt per Erschöpfung des geneigten pp. Publicum ("Publikum, total verrückt / wartet heut noch auf Musik" *) seit 2013 als beweisen. Bis 10^30 haben sie mittlerweile ausgezählt.
Zitat von Kallias im Beitrag #2Für den Fall, dass die Vermutung falsch ist, wünsche ich mir das konkrete Gegenbeispiel - also nicht irgendeinen abstrusen Existenzbeweis, sondern die Angabe der kleinsten geraden Zahl, die nicht Summe zweier Primzahlen ist.
Das ist die erste unbewiesene mathematische Vermtuung, von der ich als Kind gehört habe. Und während andere, von denen ich erst später erfahren habe, wie das Vierfarbentheorem und der Große Fermat inzwischen bewiesen worden sind (beim Großen Fermat fehlt wohl nur noch der Beweis, dass der Beweis auch der Beweis ist)...
Obacht! Im Fall des Paktes mit dem da => , was ja in Sachen Anwendungslogik ein Paralleldunkelfall zum Wunschkonzert ist (in beiden Fällen läuft es schnell auf weitere Rahmenbedingungen ("sich nicht als 3. Wunsch 3 weitere wünschen") & Kleingedrucktes im Vertrag hinaus) verweise ich auf Arthur Porges' "The Devil and Simon Flagg" von 1954. Wo sich der Faust-in-spe vom Deuker innert 24h einen Beweis für den Satz Fermats ausbittet (den dieser nicht erbringen kann). Damals nicht . Die Story findet sich am leichtesten als Nachdruck in Clifton Fadimans Anthologie Fantasia Mathematica (1958), S. 63-69 - oder hier bei Simon Singh himself: http://simonsingh.net/books/fermats-last...sh-short-story/
Wer aufgrund traditioneller Festtagsgepflogenheiten eher auf passiven Medienkonsum hält: Es gibt eine russische Filmfassung von 1972, 20 min., Regie Semen Raitburt. Hier mit engl. Untertiteln: https://www.youtube.com/watch?v=Ieu0H2DLJmo (Математик и чёрт/Der Mathematiker & der ). PS. * War einmal ein Musikant, / kam daher aus Schwabenland, Seine Geige aber war / leider aller Seiten bar. Publikum - total verrückt - / wartet heute noch auf Musik.
War noch mal ein Musikant, / ebenfalls aus Schwabenland. Dieser wollt' Trompete blasen, / hat Mundstück zu Haus gelassen. Publikum - diesmal entgeistert - / fühlte sich bescheibenkleistert. (Erich Gruber)
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Zitat von Frank2000 im Beitrag #3Eine einzige Sprache auf der Welt.
Ach, nein. (Stimme aus dem Off: "You're a fine one to talk...") Zum einen, weil es das längst gibt. Ist in unserem Fall, ersichtlich, das Englische, und wird es auf absehbare Generationen wohl blieben. Das Phänomen ist nun älter; es entsteht immer, seit es eine Notwendigkeit dafür gibt. Davor war es das Französische; davon das Lateinische. Die älteste geläufige lingua franca war die Koine der hellenistischen Welt; für die Sinosphäre das Chinesische (erstaunliches Epiphänomen: es ist das erste Mal, daß mir die reformierte, "vereinfachte" chinesische Schreibweise eines Ausdrucks, hier für den Einflussbereich der chinesischen Kultur & Sprache, 东亚文化圈, wesentlich uneinleuchtender vorkommt als die traditionelle Schreibweise 東亞文化圈).
Die Voraussage einer Weltsprache des 20. Jahrhunderts findet sich mWn im deutschsprachigen Bereich zuerst bei Friedrich Nietzsche, 1878, und zwar mit der Voraussage der internationalen Luftfahrt.
Zitat von Menschliches, Allzumenschliches I, 5. Hauptstück (1878) # 267 Viele Sprachen lernen.Endlich ist es die Axt, welche dem feineren Sprachgefühl innerhalb der Muttersprache an die Wurzel gelegt wird: dies wird dadurch unheilbar beschädigt und zugrunde gerichtet. Die beiden Völker, welche die größten Stilisten erzeugten, Griechen und Franzosen, lernten keine fremden Sprachen. – Weil aber der Verkehr der Menschen immer kosmopolitischer werden muß und zum Beispiel ein rechter Kaufmann in London jetzt schon sich in acht Sprachen schriftlich und mündlich verständlich zu machen hat, so ist freilich das Viele-Sprachen-lernen ein notwendiges Übel; welches aber, zuletzt zum äußersten kommend, die Menschheit zwingen wird, ein Heilmittel zu finden: und in irgendeiner fernen Zukunft wird es eine neue Sprache, zuerst als Handelssprache, dann als Sprache des geistigen Verkehrs überhaupt, für alle geben, so gewiß als es einmal Luft-Schiffahrt gibt.
Zum andern: Daß ein gemeinsames Idiom die Menschen friedlicher macht (worum es hier nicht geht; aber es ist DAS Standardargument bei allen Plädoyers, wenn es darum geht, das babylonische Kuddelmuddel um ein weiteres, künstliches Element von Volapük bis Esperanto, anzureichern), scheint zweifelhaft. Die blutigen Bürgerkriege nicht nur des 20. Jhdts, zwischen Roten & Weißen, in China, zwischen Hutus & Tutsi, das 30-jährige Chaos 1618ff hier, die Vendée, Nord gegen Süd 1861-65: das verdankt sich nicht den Sprachen. In der islamischen Welt werden die arabischsprechenden Christen von anderen Sprechern des Arabischen nicht wegen ihrer Sprache drangsaliert.
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Ich bin überrascht von einem gebildeten Menschen so etwas zu lesen.
Erstens ist Englisch keine Weltsprache. Möglicherweise ist es nicht mal die Sprache, die am häufigsten gesprochen wird - das könnte Chinesisch sein. Aber selbst wenn Englisch die am häufigsten gesprochene Sprache wäre, dann wird sie nicht mal annähernd von allen Menschen gesprochen. Moment, mal kurz googeln...
Jupp, laut Wiki etwa 1,5 Mrd Teilnehmer bei Englisch, das entspricht etwa einem Sechstel der Menschheit. Damit hat Englisch einen hauchdünnen Vorsprung vor Chinesisch, ist aber weit von einer Weltsprache entfernt.
Zweitens ist die Beherrschung einer Zweitsprache Lichtjahre entfernt von einer Muttersprache. Mark Twain beherrschte unfassbar gut Deutsch und war ein überragend intelligenter Mensch. Und hat vermutlich doch nicht jede Nuance eines deutschen Gesprächs mitbekommen. Weil es unmöglich ist, bei einer lebendigen Sprache aktuell zu bleiben, wenn man sie nicht täglich spricht.
Drittens habe ich nichts von Friede , Freude, Eierkuchen gesagt. Da Sie meine Motive für den Vorschlag nicht kennen, haben Sie pauschal irgendwas in die Welt gesetzt und erwarten jetzt von mir, mich gegen Unterstellungen zu wehren?
Eine gemeinsame Sprache würde zunächst mal die Transaktionskosten der Welt in enormen Ausmaß senken - so ganz spontan schätze ich, dass da ein einmaliger Hub von 10% Wirtschaftsleistung drin sind. Bei der Einführung des Euro hat man einen Hub von 3% geschätzt auf Grund der geringeren Transaktionskosten und die Sprachen haben weitaus höhere Transaktionskosten.
Aber auch beim Zusammenleben ist die Sprache zumindest nicht egal. Was da für Entwicklungen möglich wäre, müsste ich in Ruhe überlegen- aber egal ist es mit Sicherheit nicht. Selbstverständlich ist eine Muttersprache (!) auch sozialisierend.
Viertens führen unterschiedliche Sprachen auch immer wieder mal dazu, dass Wissen verloren geht, wenn eine Sprache ausstirbt. Manches kann man vielleicht mühsam rekonstruieren, aber insgesamt finde ich es schade, wenn Sprachen aussterben. Ich habe davon keine schlaflosen Nächte, aber es ist mir auch nicht egal.
Fünftens führen unterschiedliche Sprachen zu Wissensvorsprüngen Einzelner. Wer schneller eine Übersetzung wichtiger Informationen hat, hat einen Vorteil vor dem Rest. Das kann sowohl zur Ausbeutung als auch zur Manipulation von Menschen genutzt werden. Beides schmeckt mir nicht. Nur so ganz nebenbei kann das Thema Übersetzung auch zur subtilen Demütigung von Menschen genutzt werden: nö, in eure Sprache übersetze ich nicht (oder viel später) , ihr seid nicht wichtig genug....
Jetzt klarer, was ich meine?
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Sechstens ermöglicht die Vielfalt unterschiedlicher Sprachen (und damit auch Denkweisen) erst viele von Dingen, die du gerne mit der Einheitssprache sichern möchtest.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #7Bei der Einführung des Euro hat man einen Hub von 3% geschätzt auf Grund der geringeren Transaktionskosten
Wie sich dieses Projekt ja auch insgesamt als Segen erwiesen hat...
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Zitat von Noricus im Beitrag #1Welchen ideellen Wunsch, dessen Erfüllung nicht nur für Sie oder Ihr persönliches Umfeld von Relevanz ist, würden Sie gegenüber einer guten Fee äußern? (Es können bis zu drei Wünsche genannt werden.)
Für einen Liberalen stellt diese Aufforderung eine Falle dar, in die er keinesfalls tappen sollte. Warum, muss ich in diesem Forum doch wohl nicht erläutern. Da ich aber kein Liberaler bin, kann ich es mir erlauben, den Wunsch aller Wünsche zu äußern: Möge Hertha BSC innerhalb eines Jahres Meisterschaft und Champions League gewinnen!
(Ja, ich weiß, realistischer wäre es gewiesen, Friede auf Erden zu wünschen, aber um Realismus geht es hier ja wohl gerade nicht...)
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Zitat von xanopos im Beitrag #10- einen funktionierenden Fusionsreaktor
Mir würde eine preiswerte, nach menschlichen Zeithorizonten unerschöpfliche und saubere Wärme- und Strom"quelle" völlig ausreichen, müsste nicht unbedingt ein Fusionsreaktor sein.
Hoppla, gibt's ja schon - nennt sich Brutreaktor...
Ich wäre also wunschlos glücklich, wenn die Menschheit endlich klug genug wäre, diese Technologie auch tatsächlich einzusetzen.
Zitat von Noricus im Beitrag #1Welchen ideellen Wunsch, dessen Erfüllung nicht nur für Sie oder Ihr persönliches Umfeld von Relevanz ist, würden Sie gegenüber einer guten Fee äußern? (Es können bis zu drei Wünsche genannt werden.)
Ich habe einige Zeit nachgedacht und weiß jetzt nicht ob das schlecht ist, aber ausser persönlichen Wünschen habe ich einfach keine.
Ich bin wohl eine Egoist.
Herzlich
nachdenken_schmerzt_nicht
"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu
Zitat von Werwohlf im Beitrag #8Sechstens ermöglicht die Vielfalt unterschiedlicher Sprachen (und damit auch Denkweisen) erst viele von Dingen, die du gerne mit der Einheitssprache sichern möchtest.
Jetzt haben die Mitleser die Wahl zwischen:
- Sprache hat gar keine sozialisierende Wirkung (Ulrich) - Ein bischen (Frank) - Dramatische Wirkung bis zu unterschiedlichen Denkweisen (Werwohlf)
Kann sich jetzt jeder raussuchen, was ihr/ihm gefällt.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #7Bei der Einführung des Euro hat man einen Hub von 3% geschätzt auf Grund der geringeren Transaktionskosten
Wie sich dieses Projekt ja auch insgesamt als Segen erwiesen hat...
Ich teile Ihre Kritik am Euro. Ändert aber nix daran, dass Transaktionskosten die Geißel der Menschheit sind. Zwischen der realen Welt und den wunderschönen Theorien, die da (insbesondere Links) ausgearbeitet werden steht was? Genau: die Transaktionskosten.
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Zitat von Frank2000 im Beitrag #13Jetzt haben die Mitleser die Wahl zwischen:
Ich bin ja leider kein Dokumentierer vor dem Herrn, aber nach dem, was ich so bisher an verschiedenen Stellen gelesen habe, wirken unterschiedliche Sprachen nicht unbedeutend dabei mit, wie sich verschiedene Geister mit verschiedenen Problemen auseinandersetzen, vor allem im künstlerischen und geisteswissenschaftlichen Bereich.
Mich würde es jedenfalls wundern, wenn die vielen unterschiedlichen Sprachen, in die ich bisher hineinschnuppern durfte, nicht auch zu unterschiedlichen Herangehensweisen an die Welt geführt haben sollen. Wobei sich das - diesen linken Fehler wollen wir ja nicht begehen - nicht in jedem Individuum widerspiegeln muss, aber in der Gesamtheit des Wissens- und Erfahrungsschatzes eines Volkes.
A propos links: Dass Sprache die Welt bewegt, scheinen zumindest linke Sprachwissenschaftler längst als gegeben zu betrachten, wie wir wissen...
Zitat von Frank2000 im Beitrag #13Ändert aber nix daran, dass Transaktionskosten die Geißel der Menschheit sind. Zwischen der realen Welt und den wunderschönen Theorien, die da (insbesondere Links) ausgearbeitet werden steht was? Genau: die Transaktionskosten.
Nicht nur die. Es gibt noch viel mehr Kosten, wenn man das eine tut und das vielfältige andere lässt.
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Zitat von Kallias im Beitrag #2Also ich wünsche mir von der Fee einen Beweis der Goldbachschen Vermutung, wonach jede gerade Zahl die Summe zweier Primzahlen sei, für den Fall, dass dem so ist.
Ah bitte nicht! Die goldbachsche Vermutung ist doch gerade aufgrund ihrer Einfachheit ein so wunderbares Beispiel für Dinge, die man simpel erklären kann und doch (bisher) nicht entscheiden kann. Wäre die Vermutung belegt, so müsste man dann plötzlich auf beispielsweise das PNP Problem oder die riemannsche Vermutung zurückgreifen. Und für beides braucht man schon viel fachlichen Hintergrund um sie zu verstehen. Nein, Goldbach ist toll, wenn man jemandem zeigen will, dass einfach zu erklärende Probleme furchtbar schwer sein können.
Zitat Als Zweites wünsche ich mir von der Fee die Aufhebung des Wirthschen Gesetzes, wonach Software schneller langsamer wird als Hardware schneller. Seit Jahrzehnten ist das ein tägliches Ärgernis. Vor 25 Jahren brauchten Rechner eine halbe Minute zum Booten, heute dauert es doppelt so lang.
Das kann ich nun gar nicht nachvollziehen. Vor 25 Jahren brauchte ein Rechner bis er zunächst das BIOS durchgenudelt hat, das DOS gebootet hat und dann noch das Windelweich geladen hat (um bei einem fairen Vergleich zu bleiben) locker eine Minute. Noch wenige Jahre vorher brauchte das Booten der Workbench auf einem Amiga (um nicht immer beim PC zu bleiben) locker anderthalb Minuten (da gabs ja noch keine Platten). Heute braucht meine Kiste im Warmstart keine 10 Sekunden, im Kaltstart keine 30. Und wenn ich mir endlich mal die Zeit nehmen würde mir ein vernünftiges Board mit M.2 Schnittstelle zuzulegen, dann kannst Du letztere Zeit nochmal knapp halbieren.
Ich halte das "Wirthsche Gesetz" für schlichten Unsinn, populären Unsinn zwar, aber Unsinn nichtsdestotrotz. Es ist auch immer eine Frage was man vergleicht. Viele Leute nutzen ihre Rechner jahrelang, spielen neue Software auf und wundern sich, dass die Dinger langsamer werden. Dabei ist die Software gar nicht für diesen Rechner gedacht. Wer mit der Software nicht so schnell vorwärts geht, erlebt dagegen das genaue Gegenteil. Mein Kiste rennt. Zum einen weil sie gut gebaut ist (und ich mir bewusst bin was einen Rechner wirklich schnell macht und was nicht), aber auch weil ich ja gar nicht den neuesten Kram brauche. Ich benutze Windoof 7, läuft prima, und ausser DirectX12 gibts wirklich keinen Grund mir den Rechner mit einer neuen Version zu verstopfen. Und ich schreibe meine Texte entweder in Word2010 oder in LibreOffice, notfalls in TeX. Das geht ab. Und ich wüsste kein Feature von neueren Versionen, die ich brauchen könnte. Und wenn ich zocke ? 1995 waren wir froh, wenn wir beim Zocken 25-30 Frames pro Sekunde hatten (schönen Gruss von Doom). Heute habe ich, wenn ich nicht gerade in 4K Auflösungen rechne, locker 80-200 Frames (letzteres kriegt weder mein Monitor noch meine Augen auf die Kette). Und das ganze, btw., für die Hälfte des Geldes.
Zitat Davon habe ich die Nase jetzt schon voll. Ich wünsche mir von der Fee einen Packen Software, die so effizient geschrieben ist, wie man das in den 60er-Jahren notgedrungen tat, um die damalige Hardware niederzuhalten, und die trotzdem auf heutigen Maschinen läuft. Man drückt einen Knopf: der Rechner ist da. Man tippt mit dem Finger, das Textsystem wartet auf Eingaben. Man ruft welt.de auf, in einem Wimpernschlag steht die Seite lesebereit vor Augen.
Bis auf die Seite von der Welt ist das kein Problem. Krieg ich jetzt den dritten Wunsch ?
- Sprache hat gar keine sozialisierende Wirkung (Ulrich) - Ein bischen (Frank) - Dramatische Wirkung bis zu unterschiedlichen Denkweisen (Werwohlf)
Da sind wir mitten in einer der interessantesten Fragen der Linguistik. Die Sapir-Whorf-Hypothese besagt, ganz kurz und knapp formuliert, dass die Sprache das Denken beeinflusse. Andererseits liegt es auf der Hand, dass das Denken bzw. die außersprachliche Wirklichkeit auch die Sprache determiniert.
Natürlich fällt es leichter, verschiedene Arten von Schnee zu unterscheiden, wenn man unterschiedliche Wörter dafür hat. Doch die Notwendigkeit, zwischen verschiedenen Arten von Schnee sprachlich zu differenzieren, entsteht natürlich nur dann, wenn der Schnee in der Erfahrung der Sprachgemeinschaft eine (wichtige) Rolle spielt. Wo es nie schneit, braucht man zwischen Pulverschnee, Firn, Harsch und Sulz etc. nicht zu unterscheiden, warum auch? Dialektologische Studien werden oft zu wissenschaftlichen Schmetterlingssammlungen, weil sie sich mit Wörtern befassen, die kein Mensch mehr kennt, weil die betreffenden Gegenstände (Gerätschaften der manuellen landwirtschaftlichen Arbeit) nur noch im Bauernhofmuseum hängen und seit Generationen nicht mehr zum Einsatz gelangen.
Meines Erachtens zeigt sich hier wieder das viel zu wenig beachtete Prinzip der économie du langage, wie André Martinet das genannt hat, also der Ökonomie der Sprache: Eine Sprachgemeinschaft hat Wörter für diejenigen Begriffe, die für sie wichtig sind, und ist in den für sie unbedeutenden Bereichen lexikalisch dürftig. Wenn es eine einzige menschliche Sprache gäbe, würde sie sich wohl auch in dieser Art und Weise ausdifferenzieren (also dass man auf Grönland verschiedene Wörter für den Schnee und in der Sahara verschiedene Wörter für den Sand hätte).
Zitat von Noricus im Beitrag #17Meines Erachtens zeigt sich hier wieder das viel zu wenig beachtete Prinzip der économie du langage, wie André Martinet das genannt hat, also der Ökonomie der Sprache: Eine Sprachgemeinschaft hat Wörter für diejenigen Begriffe, die für sie wichtig sind, und ist in den für sie unbedeutenden Bereichen lexikalisch dürftig.
Das mag für primitive Gesellschaften zutreffen. Aber wir reden doch von solchen, wie sie sich in der Neuzeit darstellen. Da geht es weniger darum, Begriffe für konkrete Gegenstände zu finden, sondern wie sie eingesetzt werden, wo Assoziationen suggeriert werden, wo Abstraktes konstruiert wird.
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Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #12Ich habe einige Zeit nachgedacht und weiß jetzt nicht ob das schlecht ist, aber ausser persönlichen Wünschen habe ich einfach keine.
Ich bin wohl eine Egoist.
Mir geht es noch schlimmer: Vor manchen hier geäußerten Wünschen kann ich nur hoffen, daß sie nicht so schnell wahr werden, weil das schlecht fürs Geschäft wäre.
@#17. Das kommt von das, wenn man zwischenzeitlich nachtmahlt. Die Sapir-Whorf-Hypothese dürfte so etwas wie die Pièce de résistance am linguistischer Exotik darstellen; alle ~20 Jahre wird sie mal wieder durch die Medienmanege geführt; in diesem Fall zuletzt von Guy Deutscher in Through the Language Glass: Why the Worlds Looks Different in Other Languages von 2010 & am speziellen Fall der brasilianischen Indianersprache Piraha zwei Jahre davor in Daniel Everetts Don't Sleep, There Are Snakes: Life and Language in the Amazonian Jungle. Embryonal findet sich die These in der deutschen Romantik, hier speziell bei den Sprachreflexionen Wilhelm von Humboldts - "Jede Sprache hat ihren eigenen Zugang zu Welt". Bei Whorf - der sich auf die Indianersprachen des amerikanischen Südwestens beschränkt hat: Navaho, diverse Varianten der Apachen & das Hopi - ist das nur zugespitzt: daß Sprachen durch ihre Strukturen, ihre grammatischen Zwänge & ihre Lexematik bedingen, WIE deren Sprecher die Welt wahrnehmen & WAS ihnen zugänglich ist. Unglücklicherweise - oder glücklich: aus Sicht skeptischer Geister, die es nicht so nicht der Human-Exotik haben - ist Whorfs wildeste These - daß die Hopis keinerlei Zeitunterschiede kennen, weil ihre Sprache keine temporalen Marker aufweist, krachend an die Wand der Evidenz gefahren. Nachzulesen bei Ekkehard Malotzke, Hopi Time, 1983: es gibt jede Menge, lexemische wie grammatische (sowieso undenkbar, daß vom Ackerbau lebende Menschen keiner Auffassung bzw. Ausdruckmöglichkeiten für Saat & Ernte haben sollten).
Deutschers Buch ist auf weite Strecken eine Chronik der vergeblichen Versuche, Einflüsse von Sprache auf Denkkategorien, auf das Vermerken von Unterschieden bei Perzeption u.dgl. empirisch nachzuweisen. Es ist eins der Gebiete der Linguistik, wo man wirklich belastbare Meßreihen konstruieren kann & nicht auf unscharfe Assoziationen angewiesen ist. Zwei der klassischen (nu ja: wenn man das für Versuchanordnugnen sagen kann, die gerade mal 20 Jahre alt sind) Fälle:
Das Russische hat nicht einen generellen Terminus für Blau, sondern zwei: голубой, goluboi, hell/babyblau & синий, sinii, für tiefes, gesättigtes Dunkelblau. Muß fakultativ unterschieden werden. (Eselsbrücke: wenn in einem russischen Roman von den blauen Augen der Liebsten geschwärmt wird, sind das stets голубые глаза). Eine der Testreihen, die 2007/08 durch die Fachpresse rauschte, hat tatsächlich Unterschiede bei den Reaktionen von russischen Muttersprachlern & dem Weltrest festgestellt. Die Anordnung bestand darin, ein ziemlich-mittig-blaues Referenzfeld neben einem 2. auf dem Monitor zu zeigen, das von hell > dunkel & retour zirkulierte; Knopfdruck, пожалуйста, bei empfundenem Gleichstand. Die Russen reagierten im Durchschnitt schneller. Und zwar um 147 Millisekunden. Gleiches Ergebnis fürs Chinesische: das lagert Zeitabschnitte in vertikale Begrifflichkeit (der Monat über/unter dem nächsten/vorigen), statt wie wirs gewohnt sind, in räumliche Tiefe (der folgende Monat, the preceding month, le mois suivant). Da ergibt sich, daß chinesische Muttersprachler schneller auf den Knopf drücken, wenn 2 zutreffende Daten in "korrekter Weise" übereinander projiziert werden als nebeneinander. Der Unterschied beträgt ebenfalls die wohl physiologisch bedingte Schrecksekunde. In der Stillen Post (engl. "Chinese Whispers") des Medienzoos führt das am Ende zu komplett hirnrissigen Titelzeilen wie "You Only See Colors You Can Name".
(Apropos Farbbezeichnungen: da lassen sich Gesetzmäßigkeiten nachweisen, die so hart sind wie die Grimmsche Lautverschiebung: welche Teile des Spektrum bei zwei, drei, mehr verfügbaren Adjektiven abgedeckt werden, usf. "Orange" als Farbadjektiv wandert erst Mitte des 19. Jhdt.s ins Dt. ein; Goethe hat id Farbenlehre noch "gelbroth", aber er kannte natürlich das Land wo die Orangen blühn & Eichendorff bezeichnet die bekanntlich am liebsten als "golden"; der hatte keinen Knick in der Optik, sondern in der Metaphorik. Das nur, weil der erste Anlaß, um darüber Pirouetten zu drehen, genau zu Eichendorffs Zeit id deutschen Gelehrtenrepublik mit der Frage nach Homers ständigem "weindunklen Meer" auftaucht: hatte der etwa eine anders verschraubte Sinnesphysiologie? Odyssee, 1. Gesang, Vers 183 auch noch Πλέων ἐπὶ οἴνοπα πόντον ἐπ ἀλλοθρόους ἀνθρώπους/Segelnd auf weinfarbenem Meer zu anderssprachigen Menschen. )
Bei solch trivialen Befunden ist das geblieben; welche Konsequenzen sich daraus für "Welthaltung", "Zugang zur Welt" oder das Betreiben von Nachdenken & praktische Handhabung ergeben sollten: das wüßte man gern. Das Chinesische eignet sich überhaupt für Zweifel (Albert Bloom hat das 1980 aufs Tapet gebracht): weil es eine komplett unflektierte Sprache ist, keine Artikel, alles wird über die Wortstellung kommuniziert; Numerus & Zeitaspekte werden ganz spärlich dosiert & fehlen zuallermeist (das ergibt sich aus dem Kontext): wie beim Russischen, das zwar den Infinitiv hat, ihn aber nie braucht. Konjunktiv ditto: formal nicht 1x ausdrückbar. Funktioniert trotzdem so gut wie in allen Sprachen, die sich solchen Zierrat wie Futur II leisten.
Was hier an Weltzugang, Neugier, usw. bis in die (in dem Fall wohl eher nichtvorhandene) Wissenschaftskultur hineinfunkt, ist die Kultur (so wat hebb wi nie nich maakt, do kenn wi nix vun, bi us gifft dat nich) & nicht die Sprache.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat von Noricus im Beitrag #17Natürlich fällt es leichter, verschiedene Arten von Schnee zu unterscheiden, wenn man unterschiedliche Wörter dafür hat. Doch die Notwendigkeit, zwischen verschiedenen Arten von Schnee sprachlich zu differenzieren, entsteht natürlich nur dann, wenn der Schnee in der Erfahrung der Sprachgemeinschaft eine (wichtige) Rolle spielt.
*Räusper* Ich verweise nur kurz darauf, daß es sich bei den vielen Wörtern der Eskimos für Schnee um nichts als eine "moderne Legende" handelt, die eben auch in Gelehrtenstuben gerne blühen.
Zitat von Gregory Pullum, 'The Great Eskimo Vocabulary Hoax', Natural Language and Linguistic Theory, 7, 1989, 275-81In Lanford Wilson's 1978 play The Fifth of July it is "fifty". From 1984 alone (two years after her 1982 presentation to the American Anthropological Association meetings on the subject -- not that mere announcement at a scholarly meeting could have been expected to change anything), Martin cites the number of Eskimo snow terms given as "nine" (in a trivia encyclopedia, Adams 1984), "one hundred" (in a New York Times editorial on February 9), and "two hundred" (in a Cleveland TV weather forecast).
Und ja, die Popularisierung dieses Mems geht auf Whorfs Kappe.
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Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #20Unglücklicherweise - oder glücklich: aus Sicht skeptischer Geister, die es nicht so nicht der Human-Exotik haben - ist Whorfs wildeste These - daß die Hopis keinerlei Zeitunterschiede kennen, weil ihre Sprache keine temporalen Marker aufweist, krachend an die Wand der Evidenz gefahren. Nachzulesen bei Ekkehard Malotzke, Hopi Time, 1983: es gibt jede Menge, lexemische wie grammatische (sowieso undenkbar, daß vom Ackerbau lebende Menschen keiner Auffassung bzw. Ausdruckmöglichkeiten für Saat & Ernte haben sollten).
Verstehe ich das richtig (da Malotzke leider nicht zur Hand), daß die Whorfsche Behauptung, daß die Hopi-Sprache die Zeitunterschiede nicht ausdrücken könne, durch neuere Evidenz widerlegt ist? Wie ergibt das dann aber eine Widerlegung der Sapir-Whorf-Theorie?
(Und ist das alles der Grund dafür, daß Whorf alles hingeschmissen und eine 2. Karriere auf Starship Enterprise unternommen hat?)
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #20wie beim Russischen, das zwar den Infinitiv hat, ihn aber nie braucht. Konjunktiv ditto: formal nicht 1x ausdrückbar.
Das, lieber Elkmann, halte ich beides für 1 Gerücht.
Zitat Example #1: “I wish you had come to my party” — 我希望你有来我的聚会 (Wǒ xīwàng nǐ yǒu lái wǒ de jùhuì)
–I believe this is a good subjunctive translation as this Chinese sentence does imply that you did not come to my party. Notice that this neither has “if, then” nor “如果。。。就” (Rúguǒ. . . Jiù), nor does it have “的话” (De huà), yet it is still a counterfactural sentence, speaking of something after the event. This could be thought of as like “Chinese past tense subjunctive”.
Für Whorf (Benjamin Lee) ist die hypostasierte "zyklische" Zeitauffassung der Hopi, ohne Vor- oder Nachordnung von Ereignissen, als Ewige Gegenwart, der Beweis, daß temporäre Kategorien, wie sagt man heute?, soziale Konstrukte sind & mit dem Ding-an-sich (Saussures chose réelle) erst mal nix zu tun haben; daß aber das Hopi der "modernen Sicht der Wissenschaft" adäquater sei als die "klassisch-abendländische Auffassung". Auf seine Weise ist er da ein Seitentrieb von Korzybskis "General Semantics".
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #20Was hier an Weltzugang, Neugier, usw. bis in die (in dem Fall wohl eher nichtvorhandene) Wissenschaftskultur hineinfunkt, ist die Kultur (so wat hebb wi nie nich maakt, do kenn wi nix vun, bi us gifft dat nich) & nicht die Sprache.
Und das kann man ja beliebig trennen, wie wir wissen...
Wie gesagt, ich erhebe da keinen Anspruch auf Expertise, aber ich bin von Natur aus misstrauisch gegenüber allen Zentralisierungs- und Vereinheitlichungsversprechen. Ich weiß nicht, welchen Teil die Sprachenvielfalt zu Europas Aufstieg in der Welt beigetragen hat, aber geschadet scheint sie ihm dabei nicht zu haben.
Was die Reduzierung von Transaktionskosten angeht, wie sie von Frank2000 ausgelobt werden, so kenne ich diese zur Genüge aus der Unternehmenswelt unter dem Namen "Synergien". Auf wundersame Weise pflegen diese sich erst zu realisieren und dann durch mehr und mehr interne Bürokratie wieder aufgefressen zu werden. Die Innovationskraft beider Unternehmen verschwindet dann in der Regel auf ebenso magische Weise.
Es gilt die einfache Regel: Je umfassender das Vorhaben, um so schädlicher seine Auswirkungen. Hätte man doch erst den Hayek gelesen.
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Zitat von Fluminist im Beitrag #22Das, lieber Elkmann, halte ich beides für 1 Gerücht.
Nachtrag in Sachen . Russisch: Geben tuts den & jede Grammatik bietet es. Ist eine der Überraschungen, wenn mans lernt: wann immer der mal vorkommt, geht es formal, definitorisch zur Sache. In der Sprachpraxis kommt da immer 3. Person Singular; jedes Verb im Diktionär findet sich so.
Chinesisch: Der Berührungspunkt/Whorfianismus ist Alfred H. Bloom, The Linguistic Shaping of Thought: A Study in (sic) the Impact of Language on Thinking in China and the West (1981, nicht 80. Das kommt, wenn man aus dem Gedächtnis referiert. ).
Zitat English is highly particular in encoding hypothecality. To an English speaker, it seems as normal as the law of gravity that there are three similar but different sentences such as: - If you see my sister, you'll know she is pregnant. - If you saw my sister, you'd know she was pregnant. - If you had seen my sister, you'd have known she was pregnant. The three connote different shades of nonreality. the first (If you see my sister) implies that something will likely happen. The second (If you saw my sister) makes he business an imagined scenario. The third (If you had seen my sister) shifts the entire matter, complete with its hypothecality, into the past. In Mandarin, only with a studious elaboration unnecessary to casual speech could one convey those differences. All three sentences would be rendered as "If you see my sister, you know she is pregnant," without the specific marking of pastness and the conditional (you'd, i.e. you would) that English uses as a matter of course. Word for word the rendition is roughly "If you see I sister you know she pregnant get" for all three of the English sentences.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
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