Sehr schön aufgespießt. Diese beiden Politiker mit ihrem althergebrachten Stil und der ähnlich tickende FAZ-Journalist. Wobei die Anwesenheit des Journalisten natürlich das Meßergebnis erheblich verfälscht: Die Politiker reden so, daß sie hoffentlich gut im Artikel rüberkommen, die Bürger antworten nicht wirklich, weil das kein echtes Gespräch mehr sein kann. Überhaupt ist die "Versuchsanordnung" künstlich und verzerrt, weil die "Durchschnittlichkeit" des Ortes dazu führt, daß regelmäßig die Medien vorbeischauen und man schon Erfahrungen gesammelt hat.
Und wie mustergültig der Artikel die übliche Fehlschlüsse präsentiert - unglaublich. Besonders krass finde ich immer die "Argumentation" von wegen wo wenig Ausländer präsent sind, müsse das doch zu weniger Ablehnung gegenüber Ausländern führen. Es wird überhaupt nicht in Betracht gezogen, daß die Leute einfach mit diesem Zustand zufrieden sein könnten ...
Noch ein besonderes Schmankerl zum Politikverständnis des Journalisten (Hervorhebungen von mir):
Zitat Vielleicht hat man die Bürger die letzten Jahre auch zu sehr umsorgt, mit all den Kampagnen, Verboten und Regelungen.
Wer wirklich glaubt, jemanden mit Verboten "umsorgen" zu können, der wird auch die Unzufriedenheit der Leute nicht kapieren können.
Zitat von R.A. im Beitrag #3Besonders krass finde ich immer die "Argumentation" von wegen wo wenig Ausländer präsent sind, müsse das doch zu weniger Ablehnung gegenüber Ausländern führen. Es wird überhaupt nicht in Betracht gezogen, daß die Leute einfach mit diesem Zustand zufrieden sein könnten ...
Lieber R.A.,
ich fürchte fast, daß Ihnen meine Idee, kaltwassertaugliche Piranhas zu züchten und diese zur Erhöhung der Artenvielfalt in unseren Badegewässern auszusetzen, auch nicht gefallen wird.
Dabei fehlt Ihnen vermutlich jede Erfahrung mit Baden in piranhaverseuchten Gewässern, und bei Ihnen in der Gegend sind derzeit praktisch keine zu finden.
Woran erkennt man ein linksgrünes Märchen? Es beginnt mit: Es wird einmal sein. __________________________________________ __________________________________________
Zitat von R.A. im Beitrag #3Sehr schön aufgespießt.
Noch ein besonderes Schmankerl zum Politikverständnis des Journalisten (Hervorhebungen von mir):
Zitat Vielleicht hat man die Bürger die letzten Jahre auch zu sehr umsorgt, mit all den Kampagnen, Verboten und Regelungen.
Wer wirklich glaubt, jemanden mit Verboten "umsorgen" zu können, der wird auch die Unzufriedenheit der Leute nicht kapieren können.
Seufz. Ich bin auf dem falschen Planeten... da diese Einstellung, die selbsternannte Elite müsse erwachsene Menschen mit Verboten umsorgen, eher die Regel statt einer Ausnahme ist.
Ich geh mich jetzt erschiessen. War schön mit euch.
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Zitat von H_W im Beitrag #4 ich fürchte fast, daß Ihnen meine Idee, kaltwassertaugliche Piranhas zu züchten und diese zur Erhöhung der Artenvielfalt in unseren Badegewässern auszusetzen, auch nicht gefallen wird. Dabei fehlt Ihnen vermutlich jede Erfahrung mit Baden in piranhaverseuchten Gewässern, und bei Ihnen in der Gegend sind derzeit praktisch keine zu finden.
Die Diskussion hatten wir in ganz realem Zusammenhang vor einigen Jahren auch schon. Da gab es die Idee in Deutschland wieder Bären und Wölfe anzusiedeln, vonwegen Artenvielfalt und so. Und da konnten auch so viele Gaia-Besorgte gar nicht verstehen, dass die, die neben diesen Wäldern leben, nicht ganz so viel Lust auf diese Idee hatten.
Zitat von R.A. im Beitrag #3Sehr schön aufgespießt.
Noch ein besonderes Schmankerl zum Politikverständnis des Journalisten (Hervorhebungen von mir):
Zitat Vielleicht hat man die Bürger die letzten Jahre auch zu sehr umsorgt, mit all den Kampagnen, Verboten und Regelungen.
Wer wirklich glaubt, jemanden mit Verboten "umsorgen" zu können, der wird auch die Unzufriedenheit der Leute nicht kapieren können.
Seufz. Ich bin auf dem falschen Planeten... da diese Einstellung, die selbsternannte Elite müsse erwachsene Menschen mit Verboten umsorgen, eher die Regel statt einer Ausnahme ist.
Ich geh mich jetzt erschiessen. War schön mit euch.
Halt immerhin gibt es noch die vage Hoffnung ... was ist, wenn es nun doch Einhörner gibt? Bekanntlich können sie Wunder wirken.
♥lich Nola
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Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken. Zettel im August 2008
Zitat von Agotbronn im Beitrag #10 (Ich bin aber trotzdem für Wölfe und Bären.)
Können Sie ruhig sein, mir gings nur um den Umstand, dass sehr oft Leute für Wölfe und Bären sind, die hunderte Kilometer weg leben und garantiert auch nie einem begegnen werden. Ich bins übrigens nicht. Ich sehe keinen Vorteil darin gefährliche Tierarten in Deutschland ins freie Land zu setzen. Ich habe auch nie verstanden was Leute dolles an Eisbären, Löwen oder Tigern finden.
Zitat von Llarian im Beitrag #13Ich habe auch nie verstanden was Leute dolles an Eisbären, Löwen oder Tigern finden.
Hatten wir das nicht schon im März im Wolfsdraht? Fern, exotisch, im Alltagsleben nie gesichtet, Apex der Nahrungskette, mithin per se selten (außer bei Edgar Rice Burroughs/Tarzan), vermeintliche Autonomie (ist ja auch in allen Fällen sichtbar, wo solche Biester zu Romanhelden werden; von Kipling bis Richard Adams' Shardik). Wenn man die kennt, dann nur aus dem Zoo, wo der Rilkesche Panther-Effekt sofort anspringt (geht bei Okapis & Co. nicht). Edelste Jagdbeute, der man gönnt, wenn sie mal siegt (bei Stieren geht das ja auch noch: das Publikum nimmt nicht krumm, wenn der den Torero auf die Hörner nimmt; dafür ist aber die Arena Voraussetzung; auf der Wiese funktioniert das nicht.) Ruf der Wüldnis. Heraldische Viecher ("Wodurch er zu erinnern liebt / daß es ihn immerhin noch gibt").
Ach, und deshalb:
Zitat von Turnvater Jahn, zitiert nach ETAH, zit n. de BruynSpäter, in der Restaurationsperiode, hat der Kammergerichtsrat E.T.A. Hoffmann in seinen amtlichen Schriften einige treffende Belege zur Charakteristik des Turnvaters geliefert, als dieser wegen angeblichen Landesverrats im Gefängnis saß. Um darzulegen, daß Jahns Schriften und Vorträge große Wirkung nicht gehabt haben können, verweist er auf ihren altertümlichen, mit "selbstgemachten Wörtern ausgestatteten Stil, in den man sich förmlich einstudieren muß, um das mindeste zu verstehen." Und um die Harmlosigkeit von Jahns oft "abenteuerlichen Ideen" zu beweisen, zitiert er einen von ihm entworfenen Plan zur Vaterlandsverteidigung, der an der Grenze die Schaffung einer künstlichen Wüste vorsieht. Da sollen dann "Marschen vermoorasten, Auen einsumpfen, Höhen verharren, Niederungen verbruchen, gewässter Täler durch Wall und Mauer zu Seen stauen. In diese Wüste sollen dann Rot- und Schwarzwild, Elendtiere (gemeint sind Elche), Auerochsen und zuletzt Raubtiere aller Art hineingesetzt werden. Aus alten Klöstern entstehen dann Eulenschläge, Adlerhorste aus ausgebrannten Turmzinnen. Durch Feuersbrünste ist zu Hyänenbauten vorgearbeitet, unterirdisch aufgebaute Irrgänge dienen gleich Schneckenbergen zu Werken für Giftschlangen. Die mit einer Doppelreihe von Verwallungen und Dornhecken eingezäunte Wüste ist wenigstens einen Grad breit. Kein Leichtfuß kann sie in Einem Futter ohne Rast durchhüpfen. Hungrige Bären, Wölfe, und dergleichen passen Einschleichern, Kundschaftern und Landstreichern auf den Dienst. Beginnen die reißenden Tiere einander selbst zu verspeisen, so werden sie mit Drehern und Seglern von Schafen, Franzosenkühen, unbrauchbaren Pferden usw. gefüttert, und der beständige Kampf, den die an der Wüste wohnenden Leute mit ihnen zu führen haben, ist die beste Schule der Landwehr." (Günter de Bruyn, Die Zeit der schweren Not: Schicksale aus dem Kulturellen Berlin 1807 bis 1815, S. Fischer 2010)
Hört sich, mal von den Stauseen ab, ganz nach Grünem Parteiprogramm an. Weiß einer, ob dieser Turmvater nun Künast oder Höcke wählt?
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
1. Es wäre ja eigentlich sogar positiv, wenn irrationale Ängste fürderhin nicht mehr als politisches Argument akzeptiert würden. Denn bislang war das ja eher eine Spezial-Disziplin der Grünen. Es gibt keine wissenschaftlichen Studien, die eine Gefährlichkeit von gentechnisch veränderter Nahrung zeigen würden? Egal, der Grüne hat trotzdem Angst und trägt diese Angst als Argument vor sich her. Wenn man solche Argumente in Zukunft als "postfaktisch" aussortieren könnte, wäre ja immerhin etwas gewonnen.
2. Besonders unredlich argumentieren übrigens oft gerade Großstädter, die sich über die Sorgen der Provinzler lustig machen, obwohl dort auf dem Land ja statistisch weniger Ausländer Leben würden. Während man selbst als Großstädter ja ständig viele Ausländer im Umfeld habe und damit noch nie Probleme gehabt habe.
Diese Argumentation hakt aus verschiedenen Gründen: Erstens: Die Ausländerquote ist in Großstädten tatsächlich höher als in der Provinz. Nicht allerdings die Flüchtlingsquote. Die wird nach Königssteiner Schlüssel verteil. In einem oberbayerischen Bauerndorf ist daher der Flüchtlingsanteil höher als in z.B. Bremen.
Zweitens: Großstädte bieten viel bessere Möglichkeiten, sich vor Flüchtlingen/Ausländern abzuschirmen als kleine Städte. In großen Städten haben z.B. Schulen und Kindergärten gewisse Sprengel. Wer in einem bürgerlichen Viertel wohnt, dessen Kinder besuchen eine Schule mit einem hohen Anteil an Kindern aus ähnlichem sozialen Umfeld. Und das bedeutet: wenige sozial schwache Ausländer oder Migranten. Dito auch im Quartiers-Sportverein oder im Quartier-Supermarkt. Auch z.B. Clubs und Diskos gibt es in der Großstadt viele - und damit die Möglichkeit, eine zu finden in der man "unter sich ist". In kleinen Städten gibt es solche Trennlinien nicht. Es gibt vielleicht nur eine Grundschule, die alle Kinder des Ortes besuchen. Eine Disko, in die alle gehen. Kann also gut sein, dass der Haßlocher Arbeiter im täglichen Leben deutlich mehr Kontakt zu Flüchtlingen hat, als der aus Frankfurt angereiste Journalist. Was letzteren natürlich nicht daran hindert, sich moralisch über den Haßlocher Provinzler zu erheben.
Zitat von Florian im Beitrag #15Es gibt keine wissenschaftlichen Studien, die eine Gefährlichkeit von gentechnisch veränderter Nahrung zeigen würden? Egal, der Grüne hat trotzdem Angst und trägt diese Angst als Argument vor sich her.
Und folgt damit dem in der Umwelt- und Gesundheitspolitik zum Maß aller Dinge erklärten precautionary principle. Auf andere Politikfelder angewandt würde dieses Prinzip als reiner Populismus verdammt werden. Manche irrationale Ängste sind halt gleicher als andere.
Zitat von Florian im Beitrag #15In einem oberbayerischen Bauerndorf ist daher der Flüchtlingsanteil höher als in z.B. Bremen.
Wie hoch ist denn der Flüchtlingsanteil in Bremen? Sind das wirklich weniger als die 1,25 % die hier für Haßloch genannt wurden? Oder ist der in einem oberbayrischen Bauerndorf höher?
Das wären ca. 1% der Gesamtbevölkerung in der Erstaufnahme und in Notunterkünften. (Wieviele außerhalb wohnen, vermag ich dem Text nicht zu entnehmen.)
Zitat von Nobster im Beitrag #17Oder ist der in einem oberbayrischen Bauerndorf höher?
Zitat Die absolute Zahl der Flüchtlinge ist vor allem in den großen Gemeinden hoch. Mit 375 Flüchtlingen hat Wasserburg die meisten aufgenommen - und auch Raubling, Prien und Kiefersfelden stechen mit hohen Zahlen hervor. Wirft man einen genaueren Blick auf die prozentualen Anteile der Flüchtlinge im Vergleich zur Einwohnerzahl fällt auf, dass diese in den verschiedenen Gemeinden stark variieren.In Höslwang machen die Flüchtlinge ganze 3,8% der Bevölkerung aus. Auch in Prien, Wasserburg und Raubling ist ein hoher Asylantbewerberanteil aufzuweisen. Dahingegen sind es in Tuntenhausen nur 0,1% und auch in Griesstätt und Oberaudorf kommt man auf geringe Prozentwerte.
Zitat von Florian im Beitrag #15In einem oberbayerischen Bauerndorf ist daher der Flüchtlingsanteil höher als in z.B. Bremen.
Wie hoch ist denn der Flüchtlingsanteil in Bremen? Sind das wirklich weniger als die 1,25 % die hier für Haßloch genannt wurden? Oder ist der in einem oberbayrischen Bauerndorf höher?
Grundsätzlich werden in Deutschland Flüchtlinge nach dem "Königsteiner Schlüssel" auf die einzelnen Bundesländer verteilt. ( https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nig..._Schl%C3%BCssel ). Intern ist das einzelne Bundesland dann m.W. in der Verteilung frei. Wobei soweit ich weiß innerhalb Bayerns schon auch eine halbwegs gleichmäßige Verteilung angestrebt wird. In den Königsteiner Schlüssel fließen Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft eines Bundeslandes ein.
Weil Bremen relativ wirtschaftschwach ist, würde ich vermuten, dass es dort relativ eher weniger Flüchtlinge gibt als in Bayern. Nach dieser Quelle hat Bremen derzeit übrigens rund 6000 Flüchtlinge: http://www.n-tv.de/politik/In-Bremen-bek...le15631861.html Bezogen auf Bremens 560.000 Einwohner ist das eine Quote von 1,07%. Also geringfügig weniger als in Haßloch.
Was nun die oberbayerischen Bauerndörfer betrifft: wie gesagt: in Bayern wird in etwas gleichmäßig auf die Gemeinden verteilt. Allerdings lassen sich gerade für kleinere Gemeinden keine absolut fairen Verteilungen erreichen. Es kommt da zwangsläufig zu Klumpen-Effekten. Zum Beispiel hier Zahlen (von Anfang 2016 - dürften mittlerweile also eher noch höher sein) für einen oberbayerischen Landkreis: https://www.merkur.de/lokales/schongau/s...en-6078531.html
Im Durchschnitt waren in diesem Landkreis Anfang letzten Jahres 1,3% der Bevölkerung Flüchtlinge. Aber es gibt dort auch einige kleinere Dörfer mit beachtlich höheren Werten. Zum Beispiel Rottenbuch, wo 99 von 1706 Einwohner Flüchtlinge waren, das sind 5,8%. Mittlerweile vermutlich mehr. (Übrigens dürfte es in Rottenbuch in der Altersgruppe 20 bis 30 Jahre weniger als 100 männliche deutsche Einwohner geben).
Und wie gesagt: In Rottenbuch kann man sich nicht in einzelne Stadtteile oder Lebenswelten abkapseln wie in einer Großstadt. Da ist der Kontakt dann zwangsläufig relativ intensiv. Und was die Rottenbucher dann sicher am aller wenigsten brauchen, sind irgendwelche Journalisten aus einem wohl behüteten bürgerlichen Frankfurter Stadtviertel, die ihnen ihre im Vergleich zu Frankfurt niedrige Ausländerquote vorrechnen und sie für paranoid-hinterwäldlerisch erklären.
Zitat von Daska im Beitrag #18Das wären ca. 1% der Gesamtbevölkerung in der Erstaufnahme und in Notunterkünften. (Wieviele außerhalb wohnen, vermag ich dem Text nicht zu entnehmen.)
Das heißt allein in den Erstaufnahmen und Notunterkünften sind anteilsmäßig fast so viele Asylbewerber wie in Haßloch.
Zitat von Florian im Beitrag #19Übrigens dürfte es in Rottenbuch in der Altersgruppe 20 bis 30 Jahre weniger als 100 männliche deutsche Einwohner geben
Nach dieser Statistik waren es 2014 ca 200 Männer und knapp 100 Frauen. Das dortige Asylantenheim gab es 2014 noch nicht => Es dürfte sich um oberbayrische Oberbayern handeln, mit dem ortsüblichen Migrantenanteil.
Zitat von Florian im Beitrag #19Übrigens dürfte es in Rottenbuch in der Altersgruppe 20 bis 30 Jahre weniger als 100 männliche deutsche Einwohner geben
Nach dieser Statistik waren es 2014 ca 200 Männer und knapp 100 Frauen. Das dortige Asylantenheim gab es 2014 noch nicht => Es dürfte sich um oberbayrische Oberbayern handeln, mit dem ortsüblichen Migrantenanteil.
Sie haben die Statistik falsch gelesen (sie ist auch etwas unglücklich formuliert). Es sind in der Altersgruppe 18 bis 30 genau 108 Männer und 93 Frauen. So in etwa hatte ich also mit meiner Aussage für den Bereich 20 bis 30 also recht gehabt haben.
Zitat von Florian im Beitrag #15 Es wäre ja eigentlich sogar positiv, wenn irrationale Ängste fürderhin nicht mehr als politisches Argument akzeptiert würden. Denn bislang war das ja eher eine Spezial-Disziplin der Grünen. Es gibt keine wissenschaftlichen Studien, die eine Gefährlichkeit von gentechnisch veränderter Nahrung zeigen würden? Egal, der Grüne hat trotzdem Angst und trägt diese Angst als Argument vor sich her. Wenn man solche Argumente in Zukunft als "postfaktisch" aussortieren könnte, wäre ja immerhin etwas gewonnen.
Ich finde nicht. Ich bin nach einem Nachdenken sogar eher zu der Auffassung gekommen: Um Himmels willen. Was dem eine seine irrationale Angst ist, ist dem anderen seine wohlüberlegte Sorge. Wir haben ja nun keine Wahrheitsinstanz, die uns das festlegen kann, und wenn ich mir um den Stand der Wissenschaft und deren Verhalten, beispielsweise beim Klimawandel, ansehe, dann hätte ich nicht nur ein bischen Sorgen mit einer solchen Argumentation beliebig den Leuten das Argument an sich abzusprechen. Das Problem bei "irrationalen Ängsten" ist eine fast zwangsnotwendig folgende Pathologisierung von Argumenten, die wir nicht teilen. Das ist nicht nur ein gefährlicher Weg, er ist aus liberaler Sicht eher undenkbar. Wenn jemand Angst hat, die man für irrational hält, dann kann man versuchen ihm diese auszureden. Man kann sie aber nicht wegbefehlen, weil sie irrational ist. Ratio liegt stark im Auge des Betrachters.
Zitat 2. Besonders unredlich argumentieren übrigens oft gerade Großstädter, die sich über die Sorgen der Provinzler lustig machen, obwohl dort auf dem Land ja statistisch weniger Ausländer Leben würden. Während man selbst als Großstädter ja ständig viele Ausländer im Umfeld habe und damit noch nie Probleme gehabt habe.
Das Argument teile ich, allerdings würde ich es noch um zwei Nuancen erweitern wollen: In Großstädten leben auch deutlich mehr Menschen, die alleinstehend sind und sich selber einer anderen Kultur zugehörig empfinden (damit meine ich keine ausländische, aber eine städtische Kultur). Man hat dadurch deutlich weniger Sorge vor dem Verlust der eigenen Identität, aber auch deutlich mehr Sorge um den eigenen Nachwuchs. Der Prototyp des grünlinken, alternativen Städters ist ein alleinstehender Lehrer oder eine alleinstehende Angestellte im öffentlichen Dienst, maximal ein Kind und das wird so erzogen, dass es möglichst keine Bindung zum Land hat. Leute die sich der "Miefkultur" ohnehin nicht zugehörig fühlen und ausserdem wenig Sorge vor dem haben, was mal in 20 oder 30 Jahren sein wird. Es ist einfach ein Mentalitätsunterschied wer etwas bewahren möchte und wer meint, dass es ohnehin wertlos ist. Ebenso sind es gerade die Eltern, die die schnellsten Erfahrungen damit machen, wie das Land sich wandelt. Wenn Schulwege nicht mehr sicher sind. Wenn Schwimmbäder zum Problem werden. Wenn die Turnhallen fehlen oder plötzlich bei der Einschulung die Idee aufkommt, dass das Kind demnächst in eine Klasse gehen soll, in der 20% der Schüler kein Wort deutsch sprechen. Vielleicht nur aus meinem eigenen Umfeld eine kleine solche Erfahrung: Jeder Vater fährt mit aller Wahrscheinlichkeit mit einem sehr kleinen Kind dann und wann in die Notfallpraxis am Wochenende. Bleibt nicht aus, Kinder tun sich was, fangen sich was, und wenn man Freitag hohes Fieber bekommt, kann es ziemlich doof sein auf Montag zu warten in der Frage, ob jetzt ein Antibiotikum notwendig wird oder nicht. Wenn ich das früher gemacht habe, dann hat man in der Notfallpraxis so eine Stunde bis zwei Stunden gesessen. Das letzte mal das ich da war, waren es mehr als vier. Und das mal davor drei. Und man sieht natürlich auch woran das liegt, die Kopftuchquote ist da gewaltig. Ich will den Leuten gar nichts, wer krank ist, muss zum Arzt, aber es wird einem schon bewusst, dass sich hier etwas verändert hat. Und nicht zum Besseren. Die Sozialtante in ihrer drei Zimmer Altbauwohnung im besseren Wohnviertel kriegt das nicht mit. Sie geht nicht in die Notfallpraxis. Oder in eine Grundschule oder eine Kita. Und in ihrem Kaffee wo es den guten Macchiato aus fairgehandelten, kubanischen Bohnen gibt, trifft sie auch niemanden, der ihr Sorgen macht. Sie kapiert es auch nicht.
Zitat von Turnvater Jahn, zitiert nach ETAH, zit n. de Bruyn
Turnelter-1 Friedrich Ludwig Jahn, ff.: de Bruyn zitiert doch? und Eckart Kleßmann, in dessen Hoffmann-Bio "Die Tiefe zwischen Stern und Erde" ich das vor vielen Jahren zuerst gefunden habe, auch? Wo steht so wildes Zeugs bei dem? Jahn gilt ja als absolut nationalfanatisch; die Braunen Herren haben den gleich in ihrer Ahnengalerie aufgehängt (in effigie ). Stellt sich heraus: nur bei Hoffmann.
(Beiseit: Die Götter haben mir fürs Neue Jahr anscheinend den Part des Chronisten des Mikrohistorischen mit Chronofixum 1820/40 & als die beiden Brennpunkte der räumlichen Ellipse a) Berlin & b) die norddeutsche Kaltsteppe zugemessen. Weiß der Henker warum.)
Hoffmanns Gutachten findet sich, komplett, in Juristische Schriften, hg. Friedrich Schnapp, München: Winkler, 1973, als Nr. 49. Ist ein Riesenriemen, S. 290-382. Und liest sich absolut spannend. . Jahn ist im Juli 1819 in Spandau in die Festung gekommen, nach der Ermordung Kotzebues durch Karl Ludwig Sand im März. Der Verdacht steht im Raum, daß der "Deutsche Turnerbund" nicht nur so ein komischer Rumhüpfverein ist, sondern Jahn hier den Verein 1812 mit folgender Absicht aufgesetzt hat:
Zitat von 'Votum des Dezernenten,' 18. Febr, 1820, S.337Wenige Männer, zum Theil schon aus den Jünglingsjahren von unbescholtenem Ruf sollen zusammengetreten seyn um gleichzeitig mit der Vertreibung des Feindes [= Napoleons] alle in Deutschland bestehenden Verfassungen umzustürzen und die deutschen Staaten in eine große Republick zu vereinen.
Die Idee konnte unmöglich in den Köpfen verständiger Männer entstehen, sondern nur in verbrannten Hirnen brüten.
Es gibt eine Anzeige/aktive Denunziation bei der Polizei; es gibt drei weitere Zeugenaussagen von Mitgliedern: Jahn habe zum aktiven Umsturz und ganz konkret zum Mord an ein oder zwei preußischen hohen Regierungsbeamten aufgerufen, weil das anders nicht umzusetzen sei. Mit andern Worten: im Raum steht Hochverrat gegenüber dem preußischen Staat, der Regierung & dem König, Bildung einer terroristischen Vereinigung, à la RAF & NSU. Kammergerichtsrat H. kriegt die Aufgabe, ein umfassendes Gutachten unter Berücksichtigung aller Aktenstücke anzulegen, damit das Gericht entscheiden kann, ob es zur Anklage kommt. Hoffmann zerlegt die Widersprüchlichkeiten der Zeugenaussagen klein auf klein; zitiert die Hörer seiner Vorlesungen ad Uni, daß er nie staatsfeindliche Äußerungen getan hat, betont immer wieder, er sei zwar ein Wirrkopf, aber alles andere als ein Landesverräter & gehöre sofort auf freien Fuß. Und in Sachen "Schwarmkopf" findet sich die Passage mit den Stauseen.
Zitat Was ferner die von dem p Jahn über Volksthum und Volksthümlichkeit öffentlich gehaltenen Vorlesungen betrifft so hat der Dezernent die zu den Akten gekommenen Concepte derselben Wort für Wort durchgelesen und sich überzeugt das nichts darin enthalten ist, was gerade zu Mißvergnügen gegen die bestehenden Staatsverfassungen erregen oder gar die Gemüther zur revolutionairen Tendenz aufregen sollte, vielmehr erklärt sich Jahn sehr bestimmt und heftig gegen alle Staatsumwälzungen. (S. 359)
Neben jenen guten Gedanken, neben logisch geordneten Stellen, die ganze Seiten einnehmen, erstaunt man aber nicht wenig auf die paradoxesten Sätze, auf die abentheuerlichsten Ideen und bittre gegen geachtete Personen gerichtete Ausfälle zu stoßen, ohne zu begreifen wie sie auf einmal hineinkommen. ... So schlägt Jahn ferner vor, um das Land an einer schwachen Seite gegen das Eindringen des Feindes zu wahren eine künstliche Wüste anzulegen. Und zwar sollen zu dem Wohl des Vaterlandes Marschen vermoorasten... [---] (361)
Die Sache ist bekanntlich hin & her gegangen, Jahn ist im März 1820 freigelassen; der Prozeß ging 1824 mit 2 Jahren Festungshaft aus; Jahn ist in Revision gegangen vorm Oberlandesgericht Frankfurt/O. mit Freispruch am 15.3.1825.
Irgendwie ist man doch überrascht, daß die Gerichtsbarkeit zur Zt. von "Fürst Mitternacht" effektiver & kommendabler gearbeitet hat als heute. Und dann wieder auch nicht: das war eben das, was das preußische Beamtentum ausmachte.
Und jetzt sag mir noch mal einer, philologische Schartekenwälzerei sei öde.
PS. Detailkorrektur: Im Gutachten wird viel auf die Grundlagen der Turnerei abgehoben; die inkriminierte Geheimgesellschaft dahinter ist Jahns "Deutscher Bund", gegr. 1810. Der Denunziant war Johann Ernst Theodor Janke (1781-1841), der aus dem preußischen Staatsdienst entlassen wurde, weil er seine Anschuldigungen nicht belegen konnte. Ist umnachtet gestorben.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Nochmal Jahn. In den beiden Schriften, die er bis dahin publiziert hatte, findet sich nichts dergleichen. Id "Runenblättern", 1814, ein Pamphlet von 30 Seitchen, wird immerhin klar, warum Hoffmann ihm selbstgestrickten Gruselstil zuschreibt. Das dampft so komplett inhaltsfrei daher, daß einem ganz rautiert zumute wird.
Zitat Walte und Schalte sind die beiden Gegenkräfte, so in den Staatenwesen ewig zustreben und abstreben. ... Wo die Schalte das Uebergewicht erringt, wird das Staatenwesen eine immer aufgefrischte Blutbühne, wo die schrecklchsten Trauerspiele wechseln. Da hat Zerstörung und Gährung ihren Schreckensitz, da wüthet jegliche Umwälzung. Genossen befehden sich um schnöden Genieß. ... Verführungskünste entzweien ohne Versöhnung, der Abfall ist leicht, und das Zurücktreten von der allgemeinen Sache lockend. Getreue Nachbaren, Mitstände, Mitstaaten, Mitbündner werden im Stich gelassen, wenn der Stillsitzer Hehler- und Heuchlergewinn zieht und Schmeichler-, Schweige- und Schweizerlohn. Ein Nießlingsgeist lässet keinen Gemeingeist aufkommen, die Staatenschalter feilschen und fälschen. Aussenehre überwiegt die Landwehr, Tand und Band gelten mehr als das Vaterland. Jeder sorgt für sich, für das Ganze Niemand.
Schrift Nr. 1, "Deutsches Volkstum", 1810 (also wohl zumindest als Rahmen der späteren Vorlesungen genommen) ist 1935 (ah, ja) bei Hirt in Breslau neu aufgelegt. Reihe "Deutsche Sammlung", Abt. IX. Die Herausgeber, Wolfgang Stammler & Georg Wolff, haben durchaus Vorbehalte:
Zitat von Nachwort, S. 96Daß Jahn dabei sehr einseitig wird und das Gute anderer Völker übersieht, zeigt sich überall. Seine Sprache ist für uns Heutige oft gesucht deutsch, man könnte fast sagen, deutschtümelnd.
Aber; aber...in seiner Philippika wider Zuchtlosigkeit findet sich so etwas:
Zitat von Furchtbar brauner Nachdruck, S. 36/37Man zieht die Kinder zu allen Gesellschaften, wodurch sie frühzeitig altkluge Taugenichtse werden und Sünden vom Hörensagen lehrbegriffsmäßig kennenlernen, die das zarte Alter noch unfähig ist auszuüben. Erschrecklich, daß es so weit gekommen ist, daß der gesellschaftliche Umgang der Erwachsenen verderblich für die Jugend wirkt! ... Man läßt die Kinder an der ganzen Lebensweise der verkehrten Welt teilnehmen, wo der Tag zur Nacht, die Nacht zum Tagewerk und Nichtstuerei zum Zeitvertreib wird. Die Kinder machen alle Vergnügungen mit, amusieren und ennuyieren sich - Begriffe und Dinge, die es in jener Kinderwelt noch nicht gab. Denn unter sich haben unentkindlichte Kinder nie Langeweile. Diese lernen sie schulmäßig in unsern großen Frongesellschaften, und das Höchste der Weltbildung ist dann sie mit Anstand zu ertragen und ohne es sich merken zu lassen. Die Kinder werden in alle Sinnengenüsse und Sinnschwelgereien eingeweiht, als sollten sie das hohe Priesteramt bei den Orgien verwalten.
Ich nehme das mal als Nachweis meiner ewiggestrigen Dumpfheit, wenn mir da prompt gewisse grüne Lehrpläne in den Sinn kommen.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
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