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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 26 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Llarian Offline



Beiträge: 7.120

21.02.2017 02:18
Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Eine kurze Anmerkung zur Auseinandersetzung zwischen Hadmut Danisch und dem MDR.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

21.02.2017 08:51
#2 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat
Die Staatssender reden von einer Demokratieabgabe und benutzen die Gelder um genau diese abzuschaffen

Ich würde eher sagen, sie benutzen die Gelder (zumindest in diesem Falle), um gegen die Meinungsfreiheit vorzugehen. Was in meinen Augen noch schlimmer ist.

Rechtsstaaltlichkeit und Meinungsfreiheit sind die Grananten unserer offenen und freien Gesellschaft, nicht die Demokratie. Es scheint nur eine starke Korrelation zu geben, zwischen den beiden ersten Eigenschaften und der genannten Regierungsform.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

21.02.2017 09:00
#3 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Ich stimme zwar Deiner Lobhudelei des Kollegen Danisch keineswegs zu, weiß es es aber in diesem Fall sehr zu schätzen, welche Erkenntnisse er über die Organisation der öffentlich-rechtlichen Medien und deren Selbstverständnis er unter hohem persönlichen Einsatz zu Tage fördert.

Ich gehe auch bei Deiner Pauschalvermutung nicht mit, dass der Rechsstaat ihn im Stich lassen wird. Bislang ist trotz aller Bemühungen der Politik nicht zu erkennen, dass die Justiz sich grundsätzlich zum Erfüllungsorgan der Einschränkung der Meinungsfreiheit macht. So wünsche ich ihm viel Erfolg bei der Wahrung seiner Rechte und eine kluge Richterin (hilft ja vielleicht beim Abbau von ein paar Vorurteilen ).

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

F.Alfonzo Online



Beiträge: 2.286

21.02.2017 10:30
#4 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #2

Zitat
Die Staatssender reden von einer Demokratieabgabe und benutzen die Gelder um genau diese abzuschaffen
Ich würde eher sagen, sie benutzen die Gelder (zumindest in diesem Falle), um gegen die Meinungsfreiheit vorzugehen. Was in meinen Augen noch schlimmer ist.



Richtig. Danisch selbst hat es ja auf den Punkt gebracht: Letztendlich versucht hier eine Behörde, die Grundrechte als Abwehrrechte des Staates gegen die Bürger umzuinterpretieren. Das ist schon eine juristisch sehr seltsame Konstellation (um es mal freundlich zu formulieren), und man darf gespannt sein wie das LG entscheidet.

Jakob Nierstein Offline



Beiträge: 133

21.02.2017 11:32
#5 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Es ist unglaublich. Das ist an mir vollkommen vorbeigegangen, aber der Streisand-Effekt sorgt dafür, dass ich Wochen später davon erfahren. Das halte ich nicht für Lappalie, denn hier kann man dem MDR nicht nur mangelnde Sorgfaltspflicht vorwerfen, sondern muss ihm vorsätzliche Manipulation vorwerfen. Ein Redakteur, der offen zugibt, dass man Szenen rausschneidet, um den "friedlichen Protest" zu zeigen, sollte seinen Job an den Nagel hängen. Der ist absolut verkehrt in seinem Beruf.

Peter Zeller Offline



Beiträge: 164

21.02.2017 14:23
#6 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Frage: Wieso ist von Mehltau bzw Sumpf die Rede?

P. Zeller

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

21.02.2017 21:17
#7 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #3
Ich gehe auch bei Deiner Pauschalvermutung nicht mit, dass der Rechsstaat ihn im Stich lassen wird.

Dazu fällt mir ein treffender Satz ein: 80% der Deutschen haben Vertrauen in den Rechtsstaat. Die anderen 20% haben ihn schon kennengelernt.
Es ist schwer zu sagen was am Ende rauskommen wird, aber das sich deutsche Gerichte, gerade in Bezug auf Meinungsfreiheit, öfter staatstragend geben, ist nicht neu. Und damit meine ich nicht einmal Böhmermann.

Zitat
Bislang ist trotz aller Bemühungen der Politik nicht zu erkennen, dass die Justiz sich grundsätzlich zum Erfüllungsorgan der Einschränkung der Meinungsfreiheit macht.


Grundsätzlich nicht. Aber oftmals schon. Und alleine das Risiko ist ja schon eine gewaltige Drohkulisse. Danisch wurde eine Abmahnung zugestellt deren Kosten alleine schon anderthalbtausend Euro sind. Das Verfahren ist eingeleitet, da sind ganz schnell noch ein paar tausend Euro mehr drin. Dem MDR macht das gar nichts, die zahlen das aus der Portokasse. Aber für einen Privatier ist das schon ganz erwachsen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

21.02.2017 21:18
#8 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat von Peter Zeller im Beitrag #6
Frage: Wieso ist von Mehltau bzw Sumpf die Rede?

Und wieso liest Peter Zeller nicht den verlinkten Beitrag zum Mehltau und beantwortet sich die Frage selbst?

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

21.02.2017 21:20
#9 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat von Jakob Nierstein im Beitrag #5
Ein Redakteur, der offen zugibt, dass man Szenen rausschneidet, um den "friedlichen Protest" zu zeigen, sollte seinen Job an den Nagel hängen. Der ist absolut verkehrt in seinem Beruf.

Das kommt darauf an, was man als seinen Beruf(!) versteht, nicht wahr? Wenn man seine Berufung darin sieht Menschen neutral zu informieren, dann sicher. Aber wenn man seine Berufung in Volkserziehung sieht, dann ist der einzige Fehler doch nur der, dabei erwischt worden zu sein.

Stoertebeker Offline



Beiträge: 5

21.02.2017 21:45
#10 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Wie wäre es mit einer harmloseren Interpretation des Ereignisses: Ein Paranoiker hat einen Journalisten zum Teil eines Unrechtssystems erklärt, weil er Gewalt verharmlose und verschweige. Dabei hatte der grob Verunglimpfte die Gewalt erwähnt und verurteilt. Also wehrt er sich - mithilfe einer ungeschickten Abmahnung. Der Paranoiker sieht darin den Beweis all seiner Theorien. Und er schreibt einen irre langen Text, der jedes noch so harmlose Detail so auslegt, dass es sein Selbstbild des letzten Wackeren gegen das Schweinesystem stützt.

Was die Tagesschau mit Pirinci gemacht hat, war mies. Das hier ist gar nichts.

Peter Zeller Offline



Beiträge: 164

21.02.2017 21:54
#11 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Vielleicht, weil er es nicht kapiert hat?

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

21.02.2017 21:57
#12 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat von Stoertebeker im Beitrag #10
Wie wäre es mit einer harmloseren Interpretation des Ereignisses: Ein Paranoiker hat einen Journalisten zum Teil eines Unrechtssystems erklärt, weil er Gewalt verharmlose und verschweige. Dabei hatte der grob Verunglimpfte die Gewalt erwähnt und verurteilt.

Das ist sicher eine mögliche Interpretation. Wenn man von der Verunglimpfung absieht, denn die findet sich wohl nicht. Der Begriff "Paranoiker" wiederum ist eine.

Zitat
Also wehrt er sich - mithilfe einer ungeschickten Abmahnung.


Ungeschickt ? Anderthalbtausend Euro ? Der Kasus macht schon lachen. Da ist nix ungeschickt dran, das ist schlicht schmierig. Und passt leider zu ihrer Interpretation sehr schlecht, zu der kanonischen dagegen recht gut.

Zitat
Was die Tagesschau mit Pirinci gemacht hat, war mies.


Pirincci. Wenn man sich schon darauf beruft. Und das eine hat nix mit dem Fall hier zu tun.

Zitat
Das hier ist gar nichts.


Da Sie vermutlich jeden Tag solche Abmahnungen erhalten, vertraue ich ihrem Urteil.

Stoertebeker Offline



Beiträge: 5

21.02.2017 22:38
#13 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat
Das ist sicher eine mögliche Interpretation. Wenn man von der Verunglimpfung absieht, denn die findet sich wohl nicht.



Ich nenne das sehr wohl eine Verunglimpfung:

Zitat
Heißt: Stephan Schulz und der MDR wollten die Situation bewusst falsch darstellen, und haben sie falsch dargestellt. Während es in Wirklichkeit Schlägereien gab und vermummte Schläger (anscheinend mit Waffen) pünktlich rein- und wieder rausgelassen worden, malte der MDR uns hier das Bild von ein paar netten Mädchen, die artig auf den Bänken sitzen. Dummerweise lief’s aus dem Ruder und andere Videos kamen raus.



Das sind die zwei Berichte von Herrn Schulz:
http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/magdebu...deburg-100.html
http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/magdebu...deburg-100.html

Ehrlich gesagt sind mir die Artikel auch zu linksduselig. Und ja: Das Bild im Header zeigt nicht die Antifa-Idioten mit ausgestrecktem Zeigefinger - hätte man als AFD-nahes Organ sicherlich gemacht. Der Artikel verschweigt aber nichts von dem, was passierte und der Autor hat die Gewalt der Antifa verurteilt. Der Vorwurf, den Danisch konstruiert, ist einfach abenteuerlich.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

21.02.2017 23:07
#14 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat von Stoertebeker im Beitrag #13

Das sind die zwei Berichte von Herrn Schulz:
http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/magdebu...deburg-100.html
http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/magdebu...deburg-100.html




Nun, lieber Stoertebeker,

wissen Sie denn genau, auf welchen Beitrag sich Danisch bezog? Und wenn Sie Danisch genau gelesen haben, dann wissen Sie um eine Problematik des Internets, das bis in das Zitaterecht reicht: Beiträge können sich unter ein und demselben Link ändern. Es besteht keine Dokumentierpflicht für die ganzen Versionen. Man kann aus einem Beitrag zitieren, am nächsten Tag ist es ein anderer.

Ein gutes Grundverständnis des Netzes hilft mit Beschuldigungen zurückhaltend zu sein.

Gruß, Martin

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

21.02.2017 23:28
#15 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #7
Zitat von Meister Petz im Beitrag #3
Ich gehe auch bei Deiner Pauschalvermutung nicht mit, dass der Rechsstaat ihn im Stich lassen wird.

Dazu fällt mir ein treffender Satz ein: 80% der Deutschen haben Vertrauen in den Rechtsstaat. Die anderen 20% haben ihn schon kennengelernt.

Wie es immer mit catchprases ist, ist das natürlich einseitig. Die anderen 80% lernen ihn auch tagtäglich - funktionierenderweise - kennen, nur fällt es ihnen nicht auf - erst dann, wenn sie mal geschäftlich in Ländern zu tun haben, wo die Rechtssicherheit nicht gewährt ist.

Korrekt, aber weniger catchy müsste mal wohl sagen: 20% haben erlebt, dass der Rechtsstaat nicht in ihrem Sinne gehandelt hat (ob "zu Recht" oder nicht, bleibt erst mal offen).

Zitat
Es ist schwer zu sagen was am Ende rauskommen wird, aber das sich deutsche Gerichte, gerade in Bezug auf Meinungsfreiheit, öfter staatstragend geben, ist nicht neu. Und damit meine ich nicht einmal Böhmermann.


Wieso Böhmermann? Das Gericht in Mainz war so staatstragend, dass es die Klagen von Merkel/Erdogan nicht mal für würdig hielt, darüber auch nur zu befinden. Während Du als 20-Prozenter Böhmermann schon im Kerker schmoren hast sehen. Ich glaube, dass das aktuell in Mode gekommene grundsätzliche Misstrauen in die Justiz auch deswegen so verbreitet ist, weil es so folgenlos ist, wenn man danebenliegt. Dazu ein schönes Beispiel, weil es genau diesen Bereich betrifft: Das BVerfG hat eine geradezu tiradenartige Richterschelte als von der Meinungsfreiheit gedeckt beurteilt. Darin finden sich Beleidigungen ("perfide Lüge", "schäbig", "niederträchtig"), die - gegenüber einer Zivilperson geäußert - mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Strafe geführt hätten. Das ist das Gegenteil von "staatstragend" und ein schönes Beispiel dafür, dass der Rechtsstaat auch die schützt, die ihm nicht vertrauen (Wenn Du unten nachschaust, sogar Danischs Lieblingsrichterin hat unterschrieben)...

Mal völlig ab davon, dass es in dem Rechtsstreit ja gar nicht so klar ist, ob es darum geht, inwieweit Danischs Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt sind oder um das Urheberrecht.

Zitat

Zitat
Bislang ist trotz aller Bemühungen der Politik nicht zu erkennen, dass die Justiz sich grundsätzlich zum Erfüllungsorgan der Einschränkung der Meinungsfreiheit macht.


Grundsätzlich nicht. Aber oftmals schon. Und alleine das Risiko ist ja schon eine gewaltige Drohkulisse. Danisch wurde eine Abmahnung zugestellt deren Kosten alleine schon anderthalbtausend Euro sind. Das Verfahren ist eingeleitet, da sind ganz schnell noch ein paar tausend Euro mehr drin. Dem MDR macht das gar nichts, die zahlen das aus der Portokasse. Aber für einen Privatier ist das schon ganz erwachsen.



Ich sehe die Abmahnproblematik ähnlich, weil sich da halt die Unsitte eingebürgert hat, abstrus hohe Gegenstandswerte anzusetzen. Ich habe ja den Verdacht, dass die Gerichte das aus einem gewissen Eigennutz heraus zulassen, um die Abgemahnten davon abzuschrecken, die Sache vor Gericht auszutragen. Das Ganze ist ein Teufelskreis, denn dadurch lohnt es sich für die Anwälte erst richtig, und die Abmahnwelle wird noch einmal gefördert. Ist aber im Endeffekt eine Sache des Gesetzgebers.

Das Problem fehlender Waffengleichheit ist wohl eins, das dem Rechtsstaat intrinsisch innewohnt - wer den finanziell längeren Atem hat, hat bessere Chancen. Aber wie willst Du das lösen, ohne Grundrechte wie die freie Wahl der anwaltlichen Vertretung einzuschränken?

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

22.02.2017 00:25
#16 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat von Stoertebeker im Beitrag #13
Ehrlich gesagt sind mir die Artikel auch zu linksduselig. Und ja: Das Bild im Header zeigt nicht die Antifa-Idioten mit ausgestrecktem Zeigefinger - hätte man als AFD-nahes Organ sicherlich gemacht. Der Artikel verschweigt aber nichts von dem, was passierte und der Autor hat die Gewalt der Antifa verurteilt. Der Vorwurf, den Danisch konstruiert, ist einfach abenteuerlich.

Ganz im Gegenteil, er ist recht eindrucksvoll belegt. Ich meine: Wo ist der Witz? Da ist ein Mann vom MDR mit seiner Kamera bewaffnet, erlebt eine Antifa-typische Eskalation und wählt dann ein wunderschön friedliches Bild für seinen Artikel aus. Ich denke der Vorwurf den Danisch erhebt ist damit geradezu bilderbuchartig belegt. Hier gehts gezielt (!) um Verharmlosung. Was sich auch im Text widerspiegelt, wo ja ebenso scheinbar "äquidistant" berichtet wird. Und der grosse Hohn ist ja: Er hats ja sogar zugegeben. Inzwischen hat er den Tweet wohl gelöscht, aber Herr Schulz hat ja offen eingeräumt, dass er eben lieber friedliche Bilder zeigen wollte und eben nicht die Schläger. Da ist nix abenteuerliches dran, es ist eher absurd das offensichtliche nicht sehen zu wollen.

Und nebenbei bemerkt: Was Herr Schulz am nächsten Tag nachschiebt, nachdem er voll auf die Schnauze gefallen ist, wäre mir persönlich relativ egal. Natürlich ist das blöd, wenn man erwischt worden ist. Und auch hier trifft Herr Danisch übrigens den Nagel auf den Kopf: Man muss nicht nur den Eindruck bekommen, dass Herr Schulz weniger ein Problem damit hat, dass man hier die Rechte anderer mit Füssen getreten hat, er hat vor allem ein Problem damit, dass das ein positives Licht auf die AfD werfen könnte. Frei nach dem Motto: Einen Nazi zusammentreten ist nicht schlimm. Er darf nur nicht wie ein Opfer aussehen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

22.02.2017 01:03
#17 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat von Meister Petz im Beitrag #15
Wie es immer mit catchprases ist, ist das natürlich einseitig. Die anderen 80% lernen ihn auch tagtäglich - funktionierenderweise - kennen,

Nein, das tun sie eben nicht. Die funktionierende Ordnung ist keine direkte Funktion des Rechtsstaates sondern vor allem eine einer funktionierenden Gesellschaftsordnung. Eine funktionierende Ordnung gibt es auch in Ländern, die weit vom Rechtsstaat entfernt sind, und ebenso gibt es Rechtsstaaten, in denen die Ordnung trotzdem schlecht funktioniert. Den Rechtsstaat lernst Du kennen, wenn Du wirklich mal mit ihm zu tun hast: Wenn Du verklagt wirst. Oder jemanden verklagst. Oder vor Gericht stehst. Oder auch nur gegen Dich ermittelt wird. Ich habe einiges davon hinter mir. Und ich habe meine Erfahrungen damit gemacht, die mich das ganze nicht nur als catchphrase sehen lässt. Ich weiss nicht wieviele Prozesse Du selber aus der Nähe erlebt hast. Wenn es ein halbes Dutzend ist und Du immer noch die Meinung hast, dann lasse ich es gerne so stehen.

Zitat
20% haben erlebt, dass der Rechtsstaat nicht in ihrem Sinne gehandelt hat (ob "zu Recht" oder nicht, bleibt erst mal offen).


Bei Zivilprozessen sind es sogar 50%. Und das wäre völlig undramatisch. Es kann ja nur einer Recht haben. Aber wie Urteile zu Stande kommen, das ist etwas gänzlich anderes. Ich habe mal von einem Anwalt da auch eine schöne catchphrase bekommen, kann die aber nur sinngemäß wiedergeben: Da ist jetzt eine Verhandlung und da kommt ein Richter mit einer Meinung rein und den Rest der Zeit prügelt der so lange auf den Parteien rum, bis die diese Meinung akzeptieren. Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Das ist eine verdammt gute Beschreibung.

Zitat
Wieso Böhmermann? Das Gericht in Mainz war so staatstragend, dass es die Klagen von Merkel/Erdogan nicht mal für würdig hielt, darüber auch nur zu befinden.


Das sieht das Hamburger Landrecht wohl so ein bischen anders. Wobei ich nicht umsonst schrieb, dass man Böhmermann nicht unbedingt heran ziehen muss. Aber das LG Hamburg ist schon das richtige Stichwort. Wenn man das ein paar Jahre so mitliest, kommt da immer wieder so ein Klopper vor.

Zitat
Ich glaube, dass das aktuell in Mode gekommene grundsätzliche Misstrauen in die Justiz auch deswegen so verbreitet ist, weil es so folgenlos ist, wenn man danebenliegt.


Und es ist noch viel folgenloser, wenn man dieses Misstrauen nicht teilt und danebenliegt. :)

Zitat
Mal völlig ab davon, dass es in dem Rechtsstreit ja gar nicht so klar ist, ob es darum geht, inwieweit Danischs Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt sind oder um das Urheberrecht.


Es geht am Ende um alles womit man ihm am Zeug flicken kann. Die eigentliche Argumentation ist dabei eigentlich nebensächlich.

Zitat
Das Problem fehlender Waffengleichheit ist wohl eins, das dem Rechtsstaat intrinsisch innewohnt - wer den finanziell längeren Atem hat, hat bessere Chancen. Aber wie willst Du das lösen, ohne Grundrechte wie die freie Wahl der anwaltlichen Vertretung einzuschränken?


Das ist in dem Sinne gar nicht lösbar. Und bis zu einem gewissen Grad auch in Ordnung, gerade wenn sich Privatpersonen streiten. Wenn eine Seite aber der Staat ist, der wiederum auf nahezu unbegrenzte Ressourcen zurück greifen kann, dann muss man schon mal von draussen schauen, ob das so korrekt ist. Wenn jemand angeklagt wird, der Staat mit hundert Gutachtern kommt, der Privatier sich aber keins leisten kann, dann ist das nicht wirklich fair. Und der MDR ist, auch wenn die tausend mal das Gegenteil behaupten, der Staat.
Was mich persönlich aber am meisten anfrisst, und das liegt ebenso im System: Wenn Danisch seinen Prozess verliert, dann kostet ihn das ganz schnell eine fünfstellige Summe. Das kann bis zur Existenzgefährdung führen. Wenn der MDR verliert, dann zuckt die Intendantin allenfalls mit der Schulter. Das ist etwas was man vielfach erlebt, wenn Prozesse zwischen Bürger und Staat geführt werden. Da verklagt ein Bürger das Finanzamt, mit gewaltigem eigenen Risiko, und wenn er gewinnt, hat das für die eigentliche staatlich Beteiligten genau null Konsequenz. Da darf man sich auch nicht wundern, wenn bestimmte Gruppen im Staat diesen Mechanismus für sich ausnutzen. Und das finde ich gerade in diesem Zusammenhang nicht nur bedenklich.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

22.02.2017 01:48
#18 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat
Die funktionierende Ordnung ist keine direkte Funktion des Rechtsstaates sondern vor allem eine einer funktionierenden Gesellschaftsordnung. Eine funktionierende Ordnung gibt es auch in Ländern, die weit vom Rechtsstaat entfernt sind, und ebenso gibt es Rechtsstaaten, in denen die Ordnung trotzdem schlecht funktioniert.


Die funktionierende Ordnung in Unrechtsstaaten beruht aber immer auf dem Recht des Stärkeren. Natürlich funktioniert eine Ordnung, wenn Forderungen nicht aufgrund von Gesetzen, sondern von Schmiergeldzahlungen durchgesetzt werden. Oder Verwandtschaftsverhältnissen zum Patron. Wenn jeder weiß, wie der Hase läuft, ist das System stabil. Picture it. Sicily, 1922. Aber glaubst Du, dass unsere Ordnung tatsächlich nur funktioniert, weil die Menschen von sich aus sich gegenseitig vertrauen - mehr als der Justiz? Dass sie Gebrauchtwagen beim Fähnchenhändler kaufen, weil der so einen ehrlichen Eindruck macht, und nicht weil sie noch nach 6 Monaten Sachmängelhaftung einklagen können?

Zitat
Ich weiss nicht wieviele Prozesse Du selber aus der Nähe erlebt hast. Wenn es ein halbes Dutzend ist und Du immer noch die Meinung hast, dann lasse ich es gerne so stehen.


Halbes Dutzend kommt knapp hin, aber zugegeben hatte ich es als gesetzestreuer Feigling nur mit Zivil- und Arbeitsrecht zu tun, das ist wahrscheinlich nicht so aussagekräftig. Jedenfalls waren meine Erfahrungen mit anderen "Erfüllern hoheitlicher Aufgaben" deutlich unangenehmer - und damit meine ich nicht zwingend nur die Uniformierten, sondern vor allem die Sozialbehörden.

Zitat
Da ist jetzt eine Verhandlung und da kommt ein Richter mit einer Meinung rein und den Rest der Zeit prügelt der so lange auf den Parteien rum, bis die diese Meinung akzeptieren. Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Das ist eine verdammt gute Beschreibung.


Wie gesagt, die Erfahrung fehlt mir persönlich - wenn mein Ex-Arbeitgeber mir noch mehrere Monatsgehälter schuldet, dann erwarte ich nix anderes als dass der Richter auf dem solange rumprügelt, bis ich mein Geld bekomme .

Zitat
Und es ist noch viel folgenloser, wenn man dieses Misstrauen nicht teilt und danebenliegt. :)


Wie jetzt? Ich dachte es ist fatal, wenn man sich vertrauensselig in die Fänge der Justiz begibt?

Zitat
Wenn eine Seite aber der Staat ist, der wiederum auf nahezu unbegrenzte Ressourcen zurück greifen kann, dann muss man schon mal von draussen schauen, ob das so korrekt ist. Wenn jemand angeklagt wird, der Staat mit hundert Gutachtern kommt, der Privatier sich aber keins leisten kann, dann ist das nicht wirklich fair. Und der MDR ist, auch wenn die tausend mal das Gegenteil behaupten, der Staat.
Was mich persönlich aber am meisten anfrisst, und das liegt ebenso im System: Wenn Danisch seinen Prozess verliert, dann kostet ihn das ganz schnell eine fünfstellige Summe. Das kann bis zur Existenzgefährdung führen. Wenn der MDR verliert, dann zuckt die Intendantin allenfalls mit der Schulter. Das ist etwas was man vielfach erlebt, wenn Prozesse zwischen Bürger und Staat geführt werden. Da verklagt ein Bürger das Finanzamt, mit gewaltigem eigenen Risiko, und wenn er gewinnt, hat das für die eigentliche staatlich Beteiligten genau null Konsequenz. Da darf man sich auch nicht wundern, wenn bestimmte Gruppen im Staat diesen Mechanismus für sich ausnutzen. Und das finde ich gerade in diesem Zusammenhang nicht nur bedenklich.


Da sind wir völlig d'accord.

Gruß Petz

Free speech is so last century. (Brendan O'Neill)

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

22.02.2017 07:49
#19 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

"Der Vorwurf, den Danisch konstruiert, ist einfach abenteuerlich."

@Stoertebecker

Sie tappen in die übliche Falle.

Es geht nämlich nicht darum zu diskutieren, ob Danish URSPRÜNGLICHE Aussage vertretbar ist. Was ich dazu denke, brauche ich gar nicht auszusprechen - aber wie gesagt: das ist nicht das Thema.

WENN das das Thema gewesen wäre, dann wäre nämlich die von Danish angebotene Möglichkeit der Gegendarstellung der richtige Weg gewesen.

Das Thema ist also nicht, ob Danish mit seiner MEINUNG der einseitigen, manipulativen Berichterstattung Recht hatte.

Das Thema ist, wie der ÖR darauf reagiert.

Anders fomuliert: Sie tappen in die zutiefst deutschte Falle, dass Grundrechte nur für die Mitmenschen gelten dürfen, die man mag.

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

22.02.2017 10:29
#20 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #17
Aber wie Urteile zu Stande kommen, das ist etwas gänzlich anderes. Ich habe mal von einem Anwalt da auch eine schöne catchphrase bekommen, kann die aber nur sinngemäß wiedergeben: Da ist jetzt eine Verhandlung und da kommt ein Richter mit einer Meinung rein und den Rest der Zeit prügelt der so lange auf den Parteien rum, bis die diese Meinung akzeptieren. Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Das ist eine verdammt gute Beschreibung.

Nein, das ist eine völlig absurde Beschreibung. So ein Stammtischspruch für Anwälte, weil Gerichte halt oft anders urteilen als sie es in ihrer subjektiven Sicht gerne hätten.

Ich war 12 Jahre lang als Schöffe am Gericht tätig (und noch 6 Jahre beim Jugendgericht), habe auch eine gewisse Erfahrung als Partei - und in der Regel funktioniert unser Justizsystem sehr gut.
Es gibt einige merkwürdige Gesetze (und vor allem zu viel gesetzlich verordnete Langmut mit gewissen Straftätern) und es gibt natürlich auch immer Fälle, wo der Ermessensspielraum anders ausgeschöpft wird als erwartet.
Aber Fehlurteile gibt es extrem selten und die werden dann halt in der nächsten Instanz korrigiert.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

22.02.2017 10:43
#21 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #20

Aber Fehlurteile gibt es extrem selten und die werden dann halt in der nächsten Instanz korrigiert.




Ich vermute aber, dass nur solche Fehlurteile als solche anerkannt sind, die korrigiert wurden. 'Halt' korrigiert muss nicht heißen 'in der Regel' korrigiert. Der Rest bleibt dann nur Bauchgefühl.

Gruß, Martin

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

22.02.2017 17:37
#22 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #20
Nein, das ist eine völlig absurde Beschreibung. So ein Stammtischspruch für Anwälte, weil Gerichte halt oft anders urteilen als sie es in ihrer subjektiven Sicht gerne hätten.

Nein, genau darum geht es gerade nicht. Ich habe es von beiden Seiten der Perspektive erlebt. Auch als Prozessgewinner. Dann bleibt zwar das Gefühl "man habe gewonnen", aber am Ende ist es etwas hohl, wenn man sieht, wie mit der anderen Seite umgegangen worden ist, die frappierend eben daran erinnert, was man selber auch schon erlebt hat. Ich habe das Dutzend zwar noch nicht voll, aber ich kann sagen, bei der grossen Mehrheit der Prozesse, die ich erlebt habe, hat der Richter die Verhandlung mit einer festen Meinung betreten und hat die Verhandlung eigentlich nur dazu gebraucht diese Meinung durchzusetzen. Und zwar in einer Form, dass bitte nicht noch jemand in Berufung geht. Deswegen lieben wohl die meisten Richter auch Vergleiche so. Nicht weil sie im Ergebnis unbedingt richtig sind, sondern weil durch die Zustimmung beider Seiten die Sache vom Tisch ist. Da wird auch gerne gedroht, wie ich durchaus aus eigener Erfahrung weiss.

Zitat
Ich war 12 Jahre lang als Schöffe am Gericht tätig (und noch 6 Jahre beim Jugendgericht), habe auch eine gewisse Erfahrung als Partei - und in der Regel funktioniert unser Justizsystem sehr gut.


Ist nicht meine Meinung.

Zitat
Aber Fehlurteile gibt es extrem selten und die werden dann halt in der nächsten Instanz korrigiert.


Erzähl das mal Harry Wörz.

Nein, auch wenn das jetzt vom Thema wegführt: Das Problem der Juristerei ist die absolute Konsequenzenarmut für Fehler und schlechtes Verhalten. Das hat eben auch Folgen. Während die Privatwirtschaft sich permanenten Qualitätskontrollen und Überprüfungen unterziehen muss, sind Richter darüber absolut erhaben. Keine Konsequenzen. Selbst Politiker kann man austauschen. Aber Richter? Sieh Dir mal den skandalösen Mollath Prozess mit dem Richter Brixner an. Eine Sternstunde deutsche Justiz. Konsequenzen? Null. Jetzt ist das sicher ein Einzefall. Aber er ist bezeichnend. Man kann von einem System nicht erwarten, dass es sich selber überwacht. Das hat noch nie funktioniert. Aber die deutsche Justiz hält an dieser Fiktion eisern fest.

crastro Offline



Beiträge: 212

22.02.2017 17:53
#23 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Werter Stoertebecker,

der Danisch schreibt seine MEINUNG. Bisher hielt ich das für vom Grundgesetz abgesichert - ob einem eine Meinung passt oder nicht, DARF dabei keine Rolle spielen.
Genau um den Punkt gehts in der Angelegenheit.

Schreibt Danisch übrigens in bemerkenswerter Deutlichkeit: Die Grundrechte sind dazu da, den Bürger vor dem Staat zu schützen - hier versucht der Staat mittels Grundrecht sich vorm Bürger zu schützen.

Ansonsten hat Frank2000 bereits alles wesentliche geschrieben. Zu meinem Ärger auch noch besser formuliert, als ichs gekonnt hätte.

Florian Offline



Beiträge: 3.179

22.02.2017 18:23
#24 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #22


Nein, auch wenn das jetzt vom Thema wegführt: Das Problem der Juristerei ist die absolute Konsequenzenarmut für Fehler und schlechtes Verhalten. Das hat eben auch Folgen. Während die Privatwirtschaft sich permanenten Qualitätskontrollen und Überprüfungen unterziehen muss, sind Richter darüber absolut erhaben. Keine Konsequenzen.


Nun, in gewisser Weise ist das halt die Folge von der Unabhängigkeit der Justiz.
Die von Ihnen gewünschten Konsequenzen müsste ja irgendjemand beschließen.
Will man aber wirklich, dass z.B. der Justizminister das Recht hat, "schlechte" Richter zu entlassen?

Ohnehin:
"Schlechte" Urteile haben schon auch Konsequenzen für Richter.
Bei Beförderungen schaut man sich schon an, wieviele Urteile eines Richters später korrigiert wurden (und warum).
Wer da sehr oft höheren Instanzen extra Arbeit macht, weil seine Prozessführungen und Urteile schlampig waren, der wird nicht so schnell befördert.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

22.02.2017 21:42
#25 RE: Der Mehltau schlägt zurück. Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #24
Nun, in gewisser Weise ist das halt die Folge von der Unabhängigkeit der Justiz.
Die von Ihnen gewünschten Konsequenzen müsste ja irgendjemand beschließen.
Will man aber wirklich, dass z.B. der Justizminister das Recht hat, "schlechte" Richter zu entlassen?

Das wäre wohl ein Verstoss gegen die Gewaltenteilung und es ist schon absurd genug, dass Richter (vor allem Verfassungsrichter) von der Politik ernannt werden. Das Problem besteht aber darin, dass die Justiz tatsächlich völlig unabhängig ist. Und zwar von allem. Sie hat keine Kontrollinstanz, außer sich selbst. Und das funktioniert natürlich nicht. Wie man ja eben auch sieht. Ich denke es wäre eine gute Idee auch bei Richtern mal über Demokratie nachzudenken. Oder ein anderes Kontrollgremium zu finden, dass wenigstens nicht aus Richtern besteht. Aber ich muss ein Problem auch nicht unbedingt lösen zu können, um es zu beschreiben. :)

Zitat
"Schlechte" Urteile haben schon auch Konsequenzen für Richter. Bei Beförderungen schaut man sich schon an, wieviele Urteile eines Richters später korrigiert wurden (und warum). Wer da sehr oft höheren Instanzen extra Arbeit macht, weil seine Prozessführungen und Urteile schlampig waren, der wird nicht so schnell befördert.


Aber Richter bleibt er trotzdem. Und nur weil Urteile keine Arbeit erzeugen heisst das ja nicht, dass sie richtig sind. Im Gegenteil, es ist die Motivation möglichst so zu arbeiten, dass wenig Arbeit entsteht. Beispielsweise wäre eine Strafrechtler beraten nicht zu hart zu urteilen. Eine Lektion, die an Ronald Schill ja deutlich wurde. Weichere Urteile sind besser, die Staatsanwaltschaften wollen auch keine zusätzliche Arbeit und Verurteilte sind mit milderen Urteilen sicher zufriedener. In Zivilprozessen wird mit extremen Druck auf Vergleiche gesetzt. Denn die gehen auch in keine Berufung. Mit Gerechtigkeit hat all das wenig zu tun.

R.A. wirds mir wieder als eine typische catchphrase ankreiden, aber ich habe schon vor einiger Zeit begriffen, dass es vor Gericht nicht um Gerechtigkeit geht. Es geht um die Wiederherstellung des Rechtsfriedens. Und das ist keinesfalls identisch. Wenn ein Richter die Parteien zu einem Kompromiss zwingt, dann ist danach vor allem eins geschehen: Der Rechtsfrieden ist wieder hergestellt. Keiner kann mehr Klage erheben. Wenn ein mildes Urteil ergeht ist der Rechtsfrieden wieder hergestellt. Das Opfer kann sich nicht darauf berufen, dass es keine Strafe gegeben hätte. Aber gerecht muss es deswegen nicht sein. Ich verstehe den dahinter stehenden Gedanken durchaus: Auch ein juristisches System muss sich an der Realität und nicht an einem Ideal orientieren (wobei ich meine, dass die deutsche Justiz bei weitem zu sehr an der Realität und zu wenig am Ideal ausgerichtet ist). Aber dann komme ich nicht gleichzeitig auf die Idee zu glauben es würde so gut funktionieren. Das tut es nicht. Der Grund warum wir in Deutschland eine so friedliche Gesellschaftsordnung haben ist nicht die Justiz. Sondern die Kultur.

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