Schöner Artikel, lieber Meister Petz und eine interessante Diskussion. Ich denke, jede im Bundestag vertretende Partei wirkt auf die Bundespolitik, in dem sie auf die öffentliche Meinung wirkt. Das mal als Entgegnung auf R.A. und der erwarteten schwachen parlamentarischen Arbeit der AfD. Antiamerikanismus und Annäherung an Putin sind zwei Punkte die von der AfD in der öffentlichen Meinung verstärkt werden und mit ihnen wird auch ihre Akzeptanz steigen. Der Boden für ein anderes Deutschland wurde von der GroKo längst bereitet. Die einzige verschlossene Richtung ist der Weg zum Erhalt und Ausbau individueller Freiheit und Abbau staatlicher Regulierung. Wer alle drei Parteien der Groko mit seiner Wahl zur Verantwortung ziehen will, kann nur eine Partei wählen, die weder der Union noch der SPD erneut zur Macht verhilft. Oder er wählt gar nicht. In der Hoffnung mit einer historisch niedrigen Wahlbeteiligung seinen Unmut über die Politik der letzten vier Jahre Ausdruck verleihen zu können. Denn ansonsten macht sich dieser Wähler mitverantwortlich für alles was angekündigt wurde, wie Dekarbonisierung, weitere Einwanderung über das Asylrecht und mehr EU (mit weniger Subsidiarität). Ich dreh hier ganz bewusst mal den Spieß um. Nicht der Nichtwähler handelt verantwortungslos, sondern der, der die Abgeordneten wählt, die den Status Quo einer faktischen Allparteienkoalition aufrechterhält. In anderen Ländern Europas, die schon weiter sind, haben die Wähler den beiden (ehemaligen) Volksparteien die Fähigkeit genommen, die Opposition abzuschaffen und sich alternativlos mehr und mehr über Recht und Gesetz hinwegzusetzen. Auch dort begann der Prozess der Marginalisierung abgehobener Volksparteien mit einer niedrigen Wahlbeteiligung.
Zitat aus dem Artikel: "Die Umfragen sind aber erstaunlich stabil, eine schrödereske Aufholjagd wie 2002 ist nicht zu erwarten."
Naja, Schröder hatte aber auch das "Schicksal" auf seiner Seite. Die Flut, der anstehende Irak-Krieg und Stoiber als Gegner, der einen klaren Kontrast zur eigenen Politik bilden konnte und wollte. Da hat St. Martin es deutlich schwerer, er kann keine großen politischen Fragen zum Anlass nehmen, sondern muss mit den Sozialingenieuren darüber streiten, um wie viel Prozent die Mietpreise sich erhöhen.
Zitat aus dem Artikel: "Bisweilen kam man sich von der Rhetorik vor wie auf einem Parteitag der MLPD oder der kommunistischen Plattform, aber in der Hinsicht schenken sich die sowieso nichts."
Respekt. Ich hätte nicht den Nerv und auch nicht die Zeit, mir dieses Video anzusehen.
Zitat aus dem Artikel: "Raus aus der NATO, Bruch mit den USA, Annäherung an Moskau."
Nun, meine Person gehört eher zu der "Atlantiker"-Fraktion, die hier im Forum einmal klar die Mehrheit stellte. Mit anderen Worten: Das ist ein weiterer Punkt, den diese Partei für mich unwählbar macht. Ich wünsche mir weder ein starkes Brüssel, das mit den USA wetteifert, noch will ich eine Orientierung nach Osten. Wobei da allerdings Russland wohl noch die am Wenigsten unerträgliche Alternative darstellt, muss ich zugeben. Wenn ich da an China oder die Türkei denke...
Zitat aus dem Artikel: "Radebrechende Spätaussiedler wurden als wahre Träger des Deutschtums gefeiert (das ist besonders lustig, weil gerade diese Gruppe nach ihrer Ankunft in den 90er Jahren kaum besser integriert war als die heutigen Invasoren und eine vergleichbare Kriminalitätsstatistik hatte)"
Nun, ich sehe allerdings schon eine größere kulturelle Nähe zu einem orthodoxen Christen oder einem Einwanderer jüdischen Glaubens, der in der Sowjetunion sozialisiert wurde als zu jemanden aus einem Land, wo die Frauen grundsätzlich verschleihert das Haus verlassen. Generell scheint selbst der Marxismus mit seiner weltlichen Ortientierung noch näher an uns zu sein als eine Kultur die durch eine gewisse Religion geprägt wurde.
Das soll jetzt ausdrücklich keine Bewertung der Kulturen sein, sondern ausschließlich die "Nähe" zur eigenen Kultur darstellen. Es ist aber unter manchen gebildeten Deutschen die Ansicht, die Osteuropäer als kulturell zurückgebliebe Entwicklungsländer zu behandeln und sie zu ihrem Glück zu zwingen, während die Einwanderung aus islamischen Ländern als "Kulturbereicherung" begrüßt wird.
Zitat aus dem Artikel: "Aber der ist doch nicht einmal ein Parteimitglied, und das Parteiprogramm lautet doch auch ganz anders?"
Mal im Ernst, nimmt noch irgendwer die Parteiprogramme ernst? Ich beurteile die Politiker eher nach ihren Öffentlichen Auftreten, den Ansichten und Argumenten, die sie mir präsentieren. Ich erwarte von einer politischen Partei auch keine weltanschaulichen Bekenntnisse oder das mir ihre kluge Argumentation etwas neues beibringt, ich erwarte klare Forderungen und eine ungefähre "Marschrichtung".
Zitat aus dem Artikel: "Da hilft auch nicht die - wie ich sie nennen möchte - 'Stecknadellegende' (von einem Dolchstoß redet ja eh keiner mehr) der Radikalisierung der AfD durch die mediale Negativdarstellung."
Naja, Meister Petz, so völlig von der Hand zu weisen ist das nun auch nicht. Ursprünglich war die AfD aus dem Protest gegen die Europolitik der Merkel-Regierung entstanden. Die Europolitik ist zwar heute immernoch genauso unsinnig und schädlich wie zuvor, aber inzwischen wurde sie aus der Aufmerksamkeit der Medien verdrängt. Die AfD wurde dabei aber systematisch in die "rechte Ecke" gerückt. Dabei kann man die zunehmende Etablierung einer Umverteilungsunion sehr wohl kritisch sehen und trotzdem ein - auch wenn diese Bezeichnung inzwischen ideologisch gekapert wurden - "weltoffener Mensch" sein.
Das Ganze erinnert mich immer an gewisse Linksextreme, für die Faschismus, Autoritarismus und Kapitalismus auch immer das selbe sind. Weshalb am Ende des Kampfes gegen den Faschismus in den Augen einiger eine sozialistische Gesellschaft stehen soll. Nur ware es bisher im Mainstream nicht die Ansicht, aber beim Thema "Europa" hört bei dem Deutschen eben der Spaß auf. Entweder man ist für die EU oder man ist ein Nationalist, der zurück in die finsteren Tage des 19. Jahrhunderts gehört.
Dieses "in die Ecke stellen" hat wohl dazu beigetragen, dass viele für solche Positionen tatsächlich affine Leutchen sich auf den Weg gemacht haben in diese Partei einzutreten. Hinzu kommen noch die üblichen Verschwörungstheoretiker, Karrieristen (häufig im zivilen Leben versagt, aber das ist leider oft der zwischen den Zeilen stehende Grund, in die Politik zu gehen) und Leute mit sonstigen Visionen, die jetzt unbedingt auch mitspielen wollen.
Fazit: Inzwischen ist die AfD für mich nicht mehr wählbar. Mit dem CDU-SPD-Grünen-Mainstream bin ich allerdings auch nicht einverstanden. Leider erscheint aus dieser Perspektive Merkel fast schon als das kleinere Übel, denn Schulz würde die negativen Tendenzen nur fortentwickeln, AfD und Linke kommen nicht in Frage und es gibt gegenwärtig einfach keine annehmbare politische Alternative.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #13]Das mag ja sein, aber daraus hat sich auch eine gewisse "Heilserwartung" an die AfD entwickeln, die ich ein wenig gerade rücken möchte.
Genau das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, Meister Petz, dass grade die Leute, die sich über die Heilserwartung in den "Messias Obama" nur lustig gemacht haben jetzt völlig unkritisch solchen Figuren wie der AfD oder eben Trump hinterherlaufen.
Zitat Beispiel Putin - nach Lindners Bewerbung bei Gazprom ist (da ich die CDU nicht wählen kann, sondern nur die CSU mit dem regelmäßigen Moskautouristen Seehofer) die einzige Partei, die meine Position teilt, die GRÜNEN .
Geben Sies zu, Sie sind heimlicher Wahlkämpfer der Grünen und wollen uns in diesem Forum für eine bürgerliche Variante dieser Partei bekehren.
Nun aber etwas ernsthafter, für manchen Linke ist Russland und Putin zum absoluten Feindbild geworden. Wobei sich solche kritischen Töne gegenüber Staaten wie Saudi-Arabien, Iran oder gar China überhaupt nicht finden. (Zugegeben, gegenüber China schweigen auch die Liberalen oder Konservativen oder "Liberalkonservativen" beharrlich. Dennoch ist das wahrscheinlich das Land mit den meisten Hinrichtungen weltweit, einer starken Zensur und absolut undemokratisch.) Nun muss man, weil man eine schlechte Tat geleistet hat, nicht noch weitere der hinzufügen.
Denoch halte ich es für gerechtfertigt, aus einer realo-Perspektive zumindest über eine vorsichtige Wiederaufnahme der Beziehungen zu Russland nachzudenken. Natürlich nicht in der Hoffnung von "Wandel durch Annäherung", das gilt natürlich nur für Kommunisten, die im Traum nicht an Wandel denken, sondern für um die Probleme diplomatisch zu lösen. Russland unter Putin ist an allen großeren Konflikten beteiligt, die momentan die Weltpolitik aus europäischer Sicht prägen: Ukraine, Syrien, auch Türkei. Grund genug, zumindest darüber nachzudenken, den Ist-Zustand so zu akzeptieren. Haben wir in anderen Fälle (Taiwan) auch gemacht. Mal ehrlich, sehen sie langfristig eine Möglichkeit, die Besatzung der Krim wieder rückgängig zu machen?
Nur um das klarzustellen: Es geht mir nur um die ergebnisoffene, öffentliche Diskussion. Immerhin verkauft unser Land ohne solche Diskussion Waffen an Saudi-Arabien (!), baut Handelsbeziehungen zu dem Iran auf (trotz allem, das dagegen spricht) und betrachtet China als einen wichtigen Handelspartner, obwohl es auch dort jede Menge offene Fragen gibt. Dass in diesem Zusammenhang allein Lindner angesprochen wird, scheint mir, sehen sie mir die Wortwahl nach, heuchlerisch. Das ist die typische Anti-FDP-Kampagne.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #27Ich glaube ich weiß jetzt, wo meine Bauchschmerzen bei der ganzen Diskussion um die AfD herkommen. Für mich beschäftigt sie sich viel zu viel mit der medialen Darstellung (und ist damit genauso postmodern wie das, was immer kritisiert wird) der AfD als mit den Personen und ihren Inhalten.
Da haben sie absolut recht. Die mediale Darstellung hat nur deshalb so viel Raum einnehmen können, weil er teils von bestimmten linken Gruppen aktiv genutzt wurde. Etwa wenn jede Form der Kritik am Euro pauschal in die rechte Ecke gestellt wurde, als ob man nicht gegen die konkrete Währungspolitik sein könnte, ohne menschenverachtende Ansichten zu vertreten. Genau das selbe beim Thema "Einwanderung", auch hier spürt man teilweise den Druck, dass nur eine einige Position moralisch legitim sei.
Deshalb springen wohl viele "konservative bis liberale" der AfD bei. Dabei ist das meines Erachtens eine denkbar schlechte Entscheidung. Die AfD trägt mit ihren "rechten Ausfällen" (vorsichtig formuliert) langfristig dazu bei, dass die Wahl nur noch zwischen Linken Mainstream (mit Gender, keine deutsche Kultur außer der Sprache etc.) und den Unmenschen besteht.
Leider wird das dann als Aufhänger betrachtet, um über die Inhalte gar nicht mehr zu diskutieren...
Zitat Ich verstehe auch nicht ganz, was Sie meinen: wie kann "Wahrheit" diffamieren?
Es geht um das Verhältnis zur Wahrheit, das von einigen Publizisten gepflegt wird. Die offenkundige Doppelmoral bei der Beurteilung der "Guten" und der "Bösen".
... und natürlich die nicht ganz unbedeutende Aussicht, dass man selbst früher oder später zu den "Bösen" gerechnet werden wird. Man sieht ja deutlich, wohin die Reise geht.
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