Zitat von R.A. im Beitrag #23Über Glasers inkriminierte Äußerungen will ich gar nicht urteilen. Sie scheinen dumm und wahrscheinlich grundgesetzwidrig zu sein
Aber sowas von.
Zitat Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art 18
Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel 5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht (Artikel 16a) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.
"Jedenfalls kann sich auf die Glaubensfreiheit nicht berufen, wer die Schranken übertritt, die die allgemeine Wertordnung des Grundgesetzes errichtet hat. Das Grundgesetz hat nicht irgendeine, wie auch immer geartete freie Betätigung des Glaubens schützen wollen, sondern nur diejenige, die sich bei den heutigen Kulturvölkern auf dem Boden gewisser übereinstimmender sittlicher Grundanschauungen im Laufe der geschichtlichen Entwicklung herausgebildet hat." BVerfGE 12, 1 (Beschluss v. 8. November 1960)
Bitte mal zur Kenntnis nehmen, daß die Kairoer Erklärung der Menschenrechte in der Präambel die Gültigkeit eben dieser Menschenrechte nur soweit anerkennt, wie sie nicht im Gegensatz zur Scharia stehen. Die Scharia als Rechtsform, die sich aus den Bestimmungen der 3 Schriftquellen des Islam ergibt - Koran, Sira und Hadithe - kennt nicht die Gleicheit der Geschlechter, die Trennung von Staat und Religion, die freie Religionsausübung und die Abkehr vom Islam. Um nur die wichtigsten Punkte zu nennen. Die Rechtspraxis in den 57 islamischen Staaten und ihre Menschenrechtssituation sprechen Bände. Selbst bei Zugestehung einer davon völlig absehenden Betrachtung, gewissermaßen "auf Augenhöhe" bliebe als ulteriores Kalkül die Freiheit, der Fortschritt, der materielle Wohlstand, die Entwicklungsoffenheit, das Spektrum der Möglichkeiten gegenüber einer unfreien Zwangsgesellschaft, die nur das Kollektiv und nicht das Individuum kennt. Das kann man unter Absehung moralischer Aspekte ganz platt auf ein utilitaristisches Kalkül herunterbrechen.
Damit ihr einen Trost habt: Natürlich könnte man die entsprechenden Artikel des GG über Gleichheit von Mann und Frau etc. per 2/3-Mehrheit kippen und der Scharia gemäß anpassen. Das wird auch der Fall sein. Sobald die entsprechenden Bevölkerungsverhältnisse hergestellt sind. Und das ist nur eine Frage der Zeit. Wenn nicht in zwei Generationen, dann in drei. Der Islam wartet seit 1400 Jahren auf die Übernahme; er braucht sich nicht zu verändern. Die beharrende Kraft, die er seit dieser Zeit vorführt, reicht vollkommen aus. Das ist keine Frage des OB, sondern allein des WANN. Alea iacta est.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat von Meister Petz im Beitrag #22Aber man kann offensichtlich eine undifferenzierte Aussage möglichst positiv interpretieren?
Wenn man jemanden nicht kennt sollte man das auf jeden Fall tun.
Zitat Denn die freie Religionsausübung setzt zwingend eine Gemeinschaft voraus (der Traum der Laizisten vom "Stillen Kämmerlein" käme einem Religionsverbot gleich).
Das trägt zwar jetzt nichts zum Thema bei, aber das ist falsch. Selbstredend kann ich für mich ganz alleine meinen ganz privaten Glauben leben. Was ich nebenbei gesprochen sogar tue. Aber wie gesagt: Kein Bezug zum Thema.
Zitat Und was ist jetzt so besonders böswillig interpretiert daran, dass Glaser damit selbstverständlich pauschal alle Personen meint, die sich in Deutschland zum Islam bekennen?
Nicht was sondern ob. Ja, das ist böswillig. Weil er das schlicht nicht gesagt hat.
Zitat Hätte er differenzieren wollen, hätte er es in a) tun können.
Das ist ein Stöckchen, dass inzwischen von allen so politisch korrekt beseelten Menschen dieser Tage hochgehalten wird. Warum hat er nicht differenziert? Dann ist er halt selber schuld. Ich halte davon sehr wenig, um nicht zu sagen: Gar nichts. Wem etwas nicht differenziert genug ist, der darf gerne nachfragen. Dafür ist Sprache da. Aber das tut ja keiner. Weil wir ja das Urteil schon gesprochen haben.
Zitat von R.A. im Beitrag #23Auch wenn es bei der Wahl der Vize-Präsidenten gewisse Traditionen gibt, bleibt es immer noch eine Wahl. Die Tradition besteht im Kern daraus, daß eine informelle Verteilung der Präsidiumsposten anerkannt wird und die anderen Fraktionen keinen Gegenkandidaten stellen, wenn eine Fraktion mit "ihrer" Position dran ist.
Was eine schöne Beschreibung des Problem des Geschäftsordnungstricks ist. Denn natürlich ist das auch legal. Genauso wie niemand verpflichtet ist, je auch nur irgendeinen AfD Kandidaten zu wählen. Das geht alles. Die Frage ist einfach wie es am Ende ankommt und was man damit erreicht. In diesem Fall zeigt man nichts weiter als eine Verweigerungshaltung die bei nicht wenigen Wählern extrem schlecht ankommt.
Zitat Aber es gibt überhaupt keine Verpflichtung irgendeines Abgeordneten, moralisch nicht und juristisch schon gar nicht, einen Kandidaten auch zu wählen.
Genausowenig wie es eine Verpflichtung gab oder gibt, dass die AfD an öffentlichen Scheindiskussionen teilnimmt (schönen Gruss von Illner, Maischbeger oder wie die Proopagandaonkel dieser Tage sonst alles heissen). Und vielleicht könnte man auch bei allen AfD Reden im Bundestag demnächst das Plenum verlassen. Oder einfach das Mikro abstellen (ist ja auch nicht neu). Das geht alles. Nur obs klug ist, das ist die andere Frage. Vielleicht könnte man es auch anders formulieren: Es gibt keine Verpflichtung sich klug zu verhalten.
Zitat Ansonsten muß die AfD halt ausprobieren, ob sie irgendeinen Kandidaten hat, der eine Mehrheit im Parlament überzeugen kann.
Nein, das muss sie nicht. Und das ist auch genau der Punkt. Die AfD hat überhaupt keinen Grund über das Stöckchen zu springen, nur um auch einen Frühstücksdirektor zu benennen. Die Möglichkeit sich weiter als das Opfer des Establishments darzustellen ist bei weitem wertvoller. Dann hat die AfD demnächst halt wieder ein Prozent mehr. Toll gemacht. Applaus.
Zitat Und wenn dann alle Fraktionsmitglieder nacheinander antreten und durchfallen - dann ist das halt so. Nennt sich Demokratie.
Nee. Nennt sich sklerotische Dämlichkeit in Vollendung. Es sind genau diese(!) Sätze, die der AfD mehr Wähler zutreiben. Und damit haben wir uns einmal im Kreis gedreht: Wir haben verstanden.
Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #26Natürlich könnte man die entsprechenden Artikel des GG über Gleichheit von Mann und Frau etc. per 2/3-Mehrheit kippen und der Scharia gemäß anpassen.
Das dürfte aufgrund der Ewigkeitsklausel wohl nicht möglich sein, aber letztlich ist es auch egal: was man nicht legal ändern kann, kann man zur Not auch illegal ändern.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #22Aber man kann offensichtlich eine undifferenzierte Aussage möglichst positiv interpretieren?
Wenn man jemanden nicht kennt sollte man das auf jeden Fall tun.
Hm, meinetwegen. Leg ich mir mal auf Wiedervorlage
Zitat
Zitat Denn die freie Religionsausübung setzt zwingend eine Gemeinschaft voraus (der Traum der Laizisten vom "Stillen Kämmerlein" käme einem Religionsverbot gleich).
Das trägt zwar jetzt nichts zum Thema bei, aber das ist falsch. Selbstredend kann ich für mich ganz alleine meinen ganz privaten Glauben leben. Was ich nebenbei gesprochen sogar tue. Aber wie gesagt: Kein Bezug zum Thema.
Deinen Glauben ja, das deckt auch bereits der Artikel 4 Abs. 1 ab. Aber eine Religion im üblichen Sprachgebrauch (und auch nach dem Verständnis des GG) umfasst schon mehr - wenn Du sagen wir mal Katholik bist, und das Gesetz von dir verlangen würde, dich selber zu taufen, dir selber die Beichte abzunehmen und dich am Schluss auch noch selber zu beerdigen, wird das eine recht einsame Geschichte. Deshalb gibt es den Absatz 2, der die freie Religionsausübung garantiert.
Der Themenbezug ist schon gegeben, weil da ja das Konfliktpotenzial mit anderen Rechtsgütern besteht, bei Abs. 2., und deshalb ist dort auch der Ansatzpunkt für die Einschränkungen der Religionsfreiheit (in welcher Form und für welche Zielgruppe auch immer).
Zitat
Zitat Hätte er differenzieren wollen, hätte er es in a) tun können.
Das ist ein Stöckchen, dass inzwischen von allen so politisch korrekt beseelten Menschen dieser Tage hochgehalten wird. Warum hat er nicht differenziert? Dann ist er halt selber schuld. Ich halte davon sehr wenig, um nicht zu sagen: Gar nichts.
Sei mir nicht böse, aber ich finde, Du verrennst Dich da etwas. Hier geht es um die Einschränkung eines Grundrechts, und zwar von einem, das nicht mal im vom Kollegen Elkmann ins Feld geführten Artikel 18 als verwirkbar erscheint. Einem unveräußerlichen. Und wenn man da eine konkrete Maßnahme fordert, dieses Grundrecht nicht nur einzuschränken, sondern zu *entziehen*, sollte man wirklich sagen, für wen man das genau tut. Da braucht es nicht allzuvie politisch korrekte Beseelung dazu.
Zitat Wem etwas nicht differenziert genug ist, der darf gerne nachfragen. Dafür ist Sprache da. Aber das tut ja keiner. Weil wir ja das Urteil schon gesprochen haben.
Zitat von Llarian im Beitrag #28Die Frage ist einfach wie es am Ende ankommt und was man damit erreicht. In diesem Fall zeigt man nichts weiter als eine Verweigerungshaltung die bei nicht wenigen Wählern extrem schlecht ankommt.
Völlig richtig. Bei dieser Frage (wie es am Ende ankommt) bin ich völlig bei Dir und alle Deine weiteren Beispiele sind richtig. Ich finde das Vorgehen der Bundestagsmehrheit weitgehend ungeschickt und taktisch falsch (wobei ich als MdB vielleicht auch nicht einen aus meiner Sicht schlechten Kandidaten gewählt hätte, nur um taktisch geschickt zu sein).
Aber meine Ausführungen gingen vor allem um eine andere Frage: Hat die AfD recht mit ihren Klagen? Und da ist die Sache für mich völlig klar: Sie hat nicht nur unrecht, sie konterkariert ihr Jammern auch noch durch ihr eigenes Handeln (Nichtwählen der anderen Kandidaten). Die meisten AfD-Wähler werden das zwar ignorieren, aber ich finde es trotzdem wichtig, hier auch inhaltlich klarzustellen was Sache ist.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #30 Aber eine Religion im üblichen Sprachgebrauch (und auch nach dem Verständnis des GG) umfasst schon mehr ... Deshalb gibt es den Absatz 2, der die freie Religionsausübung garantiert.
Hier geht es um die Einschränkung eines Grundrechts, und zwar von einem, das nicht mal im vom Kollegen Elkmann ins Feld geführten Artikel 18 als verwirkbar erscheint. Einem unveräußerlichen. Und wenn man da eine konkrete Maßnahme fordert, dieses Grundrecht nicht nur einzuschränken, sondern zu *entziehen*, sollte man wirklich sagen, für wen man das genau tut. Da braucht es nicht allzuvie politisch korrekte Beseelung dazu. Gruß Petz
Werter Meister Petz,
zwei Fakten müssen bei dieser Diskussion immer präsent sein:
- Diese ganze Grundrecht-Diskussion gilt nur für ANERKANNTE Religionen - Atheismus gilt nicht als Religion und damit sind Religionen gegenüber politischen Glaubensgrundsätzen und Ideologien bevorzugt
Für einen Atheisten ist die Diskussion nur sehr schwer erträglich. Warum haben Christen, Juden und Moslems Vorrechte, die Scientology-Mitglieder nicht haben? Warum dürfen die Mitglieder anerkannter Religionen unter dem Deckmantel der Religionsausübung schlimmste Meinungen äußern - aber ich darf als Atheist nicht adäquat antworten (Verbot der Verunglimpfung)? Das alles ist so gaga, dass man auch mit größter Mühe da keine innere Logik reinbekommt.
Das ist einzig und allein ein Machtkampf: die Inhaber eines Machtmonopols verteidigen mit Zähnen und Klauen ihre Vorrechte gegen Konkurrenten. Das ist auch der Grund, warum die christliche Kirche selbst allerübelste Ausfälle von muslimischen Gemeinden und Predigern unterstützen: es geht um den Machtkampf der "Anerkannten Religionen" auf der einen Seite gegen "Alle anderen" auf der andreren Seite.
Weder die christliche Kirche noch die Moslems haben das geringste Interesse daran, diesen umfassenden Grundrechtsschutz auch Parteien oder Verbänden oder gar Privatleuten zur Verfügung zu stellen. Oder anderen nicht anerkannten Religionen. Die wollen diese wertvollen Vorrechte für sich selbst behalten.
___________________ Kommunismus mordet. Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.
Zitat Glaser für seine klare Haltung gegenüber dem Islam abzustrafen, ist scheinheilig - die meisten CDU-Mitglieder werden es genauso sehen wie Glaser, die Mitglieder der CSU sowieso, die meisten Mitglieder der FDP, sofern nicht total verblödet, auch.
Sie haben ihn ja nicht für eine "Haltung" abgestraft, sondern für eine konkrete politische Forderung, 4 Millionen Menschen pauschal ein Grundrecht zu verweigern. Das mag zwar immer noch scheinheilig sein, ebenso wie es bei Bisky scheinheilig war, ihn wegen Stasi-Mitarbeit nicht zu wählen, während IM Sekretär jahrelang Ministerpräsident von Brandenburg sein durfte.
Ich bin hier eher bei Meister Petz. Jede Fraktion hat ein Anrecht auf einen Stuhl im Präsidium, aber nicht die Personen brauchen dennoch die Mehrheit der Abgeordneten. Dabei ist diese Wahl aber eher ein Veto-Recht Solange nichts gröberes vorliegt, geht der Kandidat durch. (Das Frau Roth nach Meinung der Abgeordneten nicht unter "gröberes" fällt, ist ein anderes Thema.)
Und Glasers Haltung (und die sich daraus ergebende Forderung) ist eben nunmal nicht GG-kompatibel. Und die bezieht sich nicht nur auf den Islam, auch seine Haltung zu anderen nicht-protestantischen Konfessionen stehen nicht auf dem Boden des GG. Deshalb dürfte er auch kaum ach so große Sympathien bei der CSU genießen. Bei einer FDP nach dem Zuschnitt Thomas Dehlers dann schon, aber diese Zeiten sind ja Gottseidank lange vorbei.
Ein Geschmäckle hat das ganze aber schon, vor allem weil die Alt-Parteien eben vorher mit der Geschäftsordnung getrickst haben, um dem zweitdienstältesten Abgeordneten zum "Alterspräsidenten" (was er aber faktisch weder Schäuble noch Solms sind) gemacht haben. Es steht daher an zu vermuten, dass auch man auch bei einem anderen AfD-Kandidaten etwas gefunden hätten, auch wenn nichts zu finden gewesen wäre. Der Gauland'schen Wahltaktik nutzt das aber natürlich.
Was Stefan Heym angeht: hat jemand ein Anrecht auf Applaus. Mir würe nichts fehlen, wenn im Bundestag (oder im Theater) gar nicht mehr geklatscht würde.
------------------------------------------------ "Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!" Und nimm den Staat weg, dann bleiben unorganisierte Räuber zurück!
Zitat von Florian im Beitrag #5Diese Formulierung zeigt nun tatsächlich ein etwas seltsames Verständnis davon, was Grundrechte sind. Grundrechte sind Abwehrrechte des Einzelnen gegen den Staat. Es sind (zumindest von der Grundidee her, die allerdings in jüngerer Zeit etwas durchlöchert wurde) KEINE Rechte, die den Einzelnen binden.
Ich weiß, dass dies das Mantra einiger Zimmerleute ist. Wird durch Wiederholung nicht besser, allerdings ist auch die Diskussion darüber nicht zielführend.
Zitat von Llarian im Beitrag #9Was ist denn die Religionsfreiheit, um die es hier geht? Man kann Religionsfreiheit so definieren, dass jeder glauben darf, was er will. Keiner kann dazu gezwungen werden etwas anderes zu glauben. Dieses Grundrecht hat aber Glaser nicht gemeint, denn wie sollte so etwas praktikabel aussehen? Will er Moslems dazu zwingen in der Kirche zu beten? Oder ihnen befehlen nicht mehr an Mohammed zu glauben? Das ist nicht sehr realistisch. Und auch nicht gemeint.
Wenn mir voraussetzen, dass Glasers Forderung wirklich durchdacht (was m.M.n. nicht sicher ist), und uns fragen, was er realistischerweise verbieten wollte, dann darf man eben die Religionsfreiheit* nicht verkürzt darstellen. Sie schützt nicht nur, dass zu glauben, was man für richtig hält, und zu keiner anderslautenden religiösen Bekundung gezwungen zu werden, sondern auch: 1. seinen Glauben öffentlich zu bekennen. 2. nicht nur eine bestimmte Glaubensmeinung zu haben, sondern auch sich daraus ergebende Gebote zu befolgen, z.B. an Gottesdiensten teilzunehmen, bestimmte Zeiten einzuhalten, evt. bestimmte Dinge nie oder nur zu bestimmten Zeiten zu konsumieren, usw. 3. sich mit seinen Mitgläubigen zu diesen Zwecken zusammenzutun.
Glaser könnte wollen, dass ein Moslem sich nicht öffentlich sich als solcher zu erkennen geben darf (zu 1.), seine Gebete nur in den eigenen vier Wänden verrichtet darf (2), es keine Moscheen geben darf (2), er sich mit dem Schweinefleisch nicht so haben soll (2), ein Beschneidungsverbot (2), dass es keine islamischen Vereine - egal zu welchem Zweck - geben darf (3).
Es findet sich also genug Betätigungsfeld für Glaser'schen Aktionismus, sollte er denn etwas konkret gemeint haben.
Im übrigen nützt die Aberkennung des Religionsstatus auch gar nichts, denn das Grundgesetzt sagt folgendes (Hervorhebung von mir):
Zitat Artikel 4 (1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
Es ist also auch das weltanschauliche (Fremdwort: ideologische) Bekenntnis geschützt.
Zitat Beispielsweise Tiere zu quälen. Oder unterschiedliches Recht für Mann und Frau zu definieren. Oder eben Hass zu predigen. Und das kann man sehr wohl verbieten.
Religionsfreiheit entbindet ja nicht von der Gesetzestreue (das ist eher ein Problem der US-Diskussion, Stichwort: Peyote), wobei sich allerdings auch Gesetze an diesem Verfassungsgrundsatz zu orientieren haben. Was Sie aber im einzelnen aufführen sind allesamt recht vage Punkte. Was bedeutet Tierquälerei? Was ist mit "Rechten" von Mann und Frau gemeint. "Hass predigen" ist ohnehin einer der verbalen Schnellschüsse des Herrn Schäuble. Wenn nicht, dann lasst uns gleich morgen die Giordano-Bruno-Stiftung verbieten.
Zitat
Zitat Wenn ein Moslem seiner minderjährigen Tochter verbietet, mit einem Christen auszugehen, dann ist das kein Eingriff in die Religionsfreiheit dieses Christen.
Aber in die Handlungsfreiheit seiner Tochter.
Und doch wäre es, völlig ohne Schutz durch Artikel 4 sein absolutes Recht. Auch wenn es uns nicht gefällt.
Zitat Dann stelle ich jetzt mal eine ganz blöde Frage: Was ist wenn ein Nazi morgen die Nazi-Religion gründet
Absurde Beispiele machen selten ein gutes Argument. Aber angenommen es gäbe so etwas (neben Jedis und Pastafariern und Scientologen) und der Religionsstatus täte irgendetwas zur Sache (siehe Artikel 4), dann wäre hier wohl zwischen dem Glaubensleben des einzelnen und einer etwaigen Religionsgesellschaft zu unterscheiden. Aber es gäbe sicherlich viel Arbeit fürs Bundesverfassungsgericht (was gut wäre, wenn es das Gericht von Unsinnsurteilen abhält.)
Denn es sind ja schließlich auch bereits (einzelne!) Moscheevereine wegen Terrorverbindungen verboten worden. Glaser aber will das auf alle ausweiten. Und da liegt der Hund begraben...
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Zitat von Meister Petz im Beitrag #22Denn die freie Religionsausübung setzt zwingend eine Gemeinschaft voraus (der Traum der Laizisten vom "Stillen Kämmerlein" käme einem Religionsverbot gleich).
Das trägt zwar jetzt nichts zum Thema bei, aber das ist falsch. Selbstredend kann ich für mich ganz alleine meinen ganz privaten Glauben leben. Was ich nebenbei gesprochen sogar tue. Aber wie gesagt: Kein Bezug zum Thema.
Es hat sehr wohl einen Bezug zum Thema und Meister Petz hat hier ganz recht.
Es mag religiöse/weltanschauliche Überzungen geben, die das "stille Kämmerlein" zu lassen. Das gilt aber nicht für alle, wahrscheinlich noch nicht mal für die meisten. Auf jeden Fall nicht für jene Religion, der ich - und meines Wissens auch Sie, Llarian - angehören und gegen deren Rechte Glaser auch schon im Hessischen Fernsehen problematisiert hat.
Und ja, "Religionsverbot" oder zumindest "Hinregieren in Religion" war schon immer das Ziel des Laizismus. Das französische Gesetz von 1905 mag "Trennung von Kirche und Staat" betitelt sein, hatte aber ganz andere Inhalte. Insbesondere sollten alle Gotteshäuser Staatseigentum werden und eine bestimmte Kirchenverfassung durchgedrückt werden. Das hat sich allerdings nicht durchsetzen lassen, weshalb das Eigentum von Kirchen in Frankreich noch immer umstritten ist. Auch der türkische Laizismus trennte nicht den Islam vom Staat sondern leistete sich (über Jahrzehnte und bis heute) eine Religionsbehörde.
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Zitat von Frank2000 im Beitrag #32zwei Fakten müssen bei dieser Diskussion immer präsent sein:
- Diese ganze Grundrecht-Diskussion gilt nur für ANERKANNTE Religionen - Atheismus gilt nicht als Religion und damit sind Religionen gegenüber politischen Glaubensgrundsätzen und Ideologien bevorzugt
Diese beiden Fakten sind halt nur keine, weil sie nicht zutreffen.
1. Träger des Grundrechts auf freie Ausübung von Religion oder Weltanschauung ist der einzelne Mensch. Das hat nichts mit irgendwelchem Anerkennen zu tun und gilt ebenso für Atheisten und Scientologen.
2. Es gibt in Deutschland die Anerkennung einer Religionsgemeinschaft (oder Weltanschauungsgemeinschaft) als "Körperschaft des öffentlichen Rechtes". Daraus ergeben sich dann bestimmte Sonderrechte, die aber nicht immer in Anspruch genommen werden. Auch hier steht es einem Atheisten zu, einen Atheistenverein zu gründen und diesen Status anzustreben. Voraussetzung sind hier eine gewisse Größe und Stabilität und die Verfassungstreue.
Diesen Status haben bisher die Katholische Kirche und die evangelischen Landeskirchen (Weimarer Verfassung), die Jüdische Gemeinde, inzwischen auch die Zeugen Jehovas (wenn ich da jetzt nichts verwechsle) und ganz vereinzelt auch islamische Vereine. Es ist nicht so, dass "die Moslems" dazugehören. Was damit zusammenhängt, dass der (sunnitische) Islam nie eine vom Staat unterschiedene Instutionalität entwickelt hat. Über die Anerkennung weiterer Religionsgemeinschaften als Körperschaften öffentlichen Rechts entscheiden selbstverständlich nicht - wie von Ihnen, Frank2000, suggeriert - irgendwelche christlich-islamischen Dunkelmänner sondern staatliche Stellen und am Ende Gerichte.
3. Man kann auch ohne diesen Status einen entsprechenden Verein gründen. Und faktisch gibt es ja auch Atheistenvereine. Über deren Betägigungsfeld sage ich hier mal nichts, wenn auch das weiter unten geschriebene hier durchaus zutrifft.
4. Auch Scientology kann sich in Deutschland frei betätigen. den Scientologen wurde auch nie verbindlich abgesprochen, eine Religion zu sein. Lediglich der Organisation "Church of Scientology" wurde bescheinigt, keine Religionsgemeinschaft sondern ein Wirtschaftsunternehmen zu sein. Damit erübrigt sich ein Antrag nach Nr. 2, der dann aber auch an der fehlenden Verfassungstreue scheitert.
Es sind in der Tat solche Beschwerden über völlig fiktive Zurücksetzungen die für Nicht-Atheisten (vielleicht auch für klarsehende Atheisten) unerträglich sind.
Und Verunglimpfungen? Eine Verunglimpfung von Atheismus hört man selten (eher Verunglumpfung anderer durch Atheisten), Verunglimpfung traditioneller Religionen sind dagegen an der Tagesordnung.
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Zitat von Meister Petz im Beitrag #22Denn die freie Religionsausübung setzt zwingend eine Gemeinschaft voraus (der Traum der Laizisten vom "Stillen Kämmerlein" käme einem Religionsverbot gleich).
Das trägt zwar jetzt nichts zum Thema bei, aber das ist falsch. Selbstredend kann ich für mich ganz alleine meinen ganz privaten Glauben leben. Was ich nebenbei gesprochen sogar tue. Aber wie gesagt: Kein Bezug zum Thema.
Es hat sehr wohl einen Bezug zum Thema und Meister Petz hat hier ganz recht.
Es mag religiöse/weltanschauliche Überzungen geben, die das "stille Kämmerlein" zu lassen. Das gilt aber nicht für alle, wahrscheinlich noch nicht mal für die meisten. Auf jeden Fall nicht für jene Religion, der ich - und meines Wissens auch Sie, Llarian - angehören und gegen deren Rechte Glaser auch schon im Hessischen Fernsehen problematisiert hat.
Der bekannteste laizistische Theologe, der das stille Kämmerlein als Ort der Religionsausübung vorschrieb, war Jesus von Nazareth. (Siehe Matthäus 6,6. Die Übersetzung "Kemmerlin" ist von Luther, die kath. Bibel von 2016 übersetzt mit "Kammer".)
Almosen geben, beten und fasten soll der Mensch im Verborgenen: "Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten."
Ernstgenommen wird das im Christentum offenbar so gut wie gar nicht. Eine oder vielleicht sogar die einzige Ausnahme ist die "Christliche Gemeinschaft Hirt und Herde", die 1894 gegründet wurde und heute in Sachsen mit schätzungsweise 1500 oder 2000 Mitgliedern verbreitet ist. Auf "Zeremonien" wie Taufe oder Beerdigung usw. wird generell verzichtet. (Eine recht sympathische Herde, wie ich finde, vgl. die Schilderung in http://www.religio.de/sekten/hirtherde.html)
Zitat von Kallias im Beitrag #38Der bekannteste laizistische Theologe, der das stille Kämmerlein als Ort der Religionsausübung vorschrieb, war Jesus von Nazareth. (Siehe Matthäus 6,6. Die Übersetzung "Kemmerlin" ist von Luther, die kath. Bibel von 2016 übersetzt mit "Kammer".)
Almosen geben, beten und fasten soll der Mensch im Verborgenen: "Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten."
Der Gedanke hat was, und es kommt ja nicht von ungefähr, dass man sich fragen muss, ob dieser Jesus von Nazareth tatsächlich ein "Religionsstifter" ist und wenn ja, was diese Religion mit dem gemeinsam hat, was wir heute "christliche Kirchen" nennen. Oder ob nicht vielmehr Paulus das Fundament dafür gelegt hat.
Ich denke, dass man zum einen den Kontext sehen muss, und zwar zunächstmal ist das das Gegenmodell zum eitlen Pharisäismus, also einer konkreten zeitgebundenen Form der Ausübung des Judentums. Inwieweit diese Lehre davon beeinflusst worden ist, dass der historische Jesus mit dem amtskirchlichen Judentum durchweg bis hin zu seiner Verurteilung ziemlich miese Erfahrungen gemacht hat, mögen belesenere Leute als ich entscheiden.
Andererseits ist das Religionsverständnis von Jesus durchaus "proto-kirchlich", da eine öffentlich wahrnehmbare Gemeinschaft besteht, die einige wesentliche Elemente wie Missionsauftrag ("geht hinaus in die Welt"), Auswahl von Würdenträgern (Apostel), Sakramentsspendung (wem ihr die Sünden vergebt,...) einer Kirche enthält. Und sich zumindest theologisch in der Tradition des Judentums sieht. Ich denke, dass die Diskussion hier auf unterschiedliche Aspekte des Themenfeldes "Religion" Bezug nimmt Mal bezeichnet "Religion" den persönlichen Glauben, mal eine theologische Lehre, und mal eine konkrete Religionsgemeinschaft bzw. Kirche, und zwar hier wiederum einmal im juristischen Sinne als Körperschaft oder Verein, und ein andermal im Sinne einer Menge von Einzelpersonen, die gemeinsam religiöse Handlungen vornehmen.
Dadurch werden Widersprüche konstruiert, die gar nicht da wären, wenn man die Begriffe sauber unterscheidet - ohne dass man sie natürlich strikt trennen kann.
Meister Petz hat hier das nötige bereits gesagt. Ich will noch einen entscheidenden Punkt anbringen, der auch zeigt, dass Jesus kein "Laizist" war (Theologe war er ohnehin nicht).
Der Laizismus verlangt von oben herab, dass jeder sich mit seiner Religion in sein stilles Kämmerlein zu scheren hat. Er rät nicht, er schlägt nicht vor, er befiehlt und nutzt die Staatsgewalt, seine Befehle durchzusetzen. Ziel ist die Vertreibung "der Religion" (wie er das dann meistens nennt) aus der Öffentlichkeit und damit langfristig aus der Existenz.
Das hat nun überhaupt nichts mit Jesus zu tun, der das stille Kämmerlein als Ort des Gebets empfiehlt und lehrt, mal solle heimlich Gutes tun. Absicht ist dabei, der Heuchelei und dem Hochmut vorzubeugen.
PS. Ich glaube "Religionsstifter" hängt an der Wirkung, weniger an der Absicht, die jemand hatte. Dass Jesus aber eine Religion haben wollte, lässt sich nicht bezweifeln.
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Man könnte ja einwenden, dass er - qua Abstammung - sowieso direkt an der Quelle gesessen ist.
Allerdings war der historische Jesus ein ausgebildeter Rabbi und konnte mit den Schriftgelehrten (also den Theologen des Judentums) auf Augenhöhe diskutieren. Insofern war er sehr wohl einer.
Man könnte ja einwenden, dass er - qua Abstammung - sowieso direkt an der Quelle gesessen ist.
Durchaus, durchaus.
Zitat Allerdings war der historische Jesus ein ausgebildeter Rabbi und konnte mit den Schriftgelehrten (also den Theologen des Judentums) auf Augenhöhe diskutieren. Insofern war er sehr wohl einer.
Das wiederum halte ich für nicht belegt. M.M.n. hängt dabei zuviel an der gelegentlichen Anrede "Rabbi", was ja auch nur hebräisch für Meister ist. Das Judentum war ja in der Zeit vor 70 n. Chr. viel weniger durchorganisiert. Da existierte vieles nebeneinander.
Gruß Jane
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Zitat Das Frau Roth nach Meinung der Abgeordneten nicht unter "gröberes" fällt, ist ein anderes Thema.
Vielleicht ist auch nur die Aussicht, sich dadurch des zweifelhaften Genusses ihrer Redebeiträge zu entledigen, einfach zu verlockend .
Diesen Bonus hatte ich noch gar nicht bedacht.
Kann aber auch nach hinten losgehen. Rita Süssmuth redete als Bundestagspräsidentin nicht weniger als als Ministerin. Und durfte dabei noch arme Abgeordnete herumschubsen.
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Zitat Das wiederum halte ich für nicht belegt. M.M.n. hängt dabei zuviel an der gelegentlichen Anrede "Rabbi", was ja auch nur hebräisch für Meister ist.
Nicht nur. Er predigte in der Synagoge und hatte laut herrschender Auffassung der Religionshistoriker Thorakenntnisse und einen typisch rabbinischen Argumentationsstil.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #44Das wiederum halte ich für nicht belegt. M.M.n. hängt dabei zuviel an der gelegentlichen Anrede "Rabbi", was ja auch nur hebräisch für Meister ist.
Rabbi (mein Rav) war zur Zeit Jesu ein Mann, der aus einer Rabbinerfamilie stammte und/oder Schüler einer angesehenen Rabbinerschule war und dadurch die Tora auslegen konnte. Es waren Männer wie die berühmten Hillel und Schammai, aber später auch Gamliel aus Yavne und Rabi Yehuda HaNasi sowie viele andere. Ob Jesus zu seiner Zeit als Rabbi anerkannt war, entzieht sich meiner Kenntnis, mindestens wird er dort nicht als Rabbiner geführt. Das mag aber auch daran liegen, dass das Christentum eigene, nicht gerade judenfreundliche Wege gegangen war (Wein, Berel: The oral law of Sinai: an illustrated history of the Mishnah. An Arthur Kurzweil Book. John Wiley and sons. San Francisco 2008)
Zitat Das wiederum halte ich für nicht belegt. M.M.n. hängt dabei zuviel an der gelegentlichen Anrede "Rabbi", was ja auch nur hebräisch für Meister ist.
Nicht nur. Er predigte in der Synagoge und hatte laut herrschender Auffassung der Religionshistoriker Thorakenntnisse und einen typisch rabbinischen Argumentationsstil.
Das Jesus von allen anderen jüdischen Religionsparteien den Pharisäern - die ja die Wurzel des rabbinisch/talmudischen Judentums waren - am nächsten stand, ist klar. Einerseits ist es aber auch so, das Jesus seinen Argumentationsstil dem Gegenüber anpasst (z.B. vs. den Sadduzäern in der Frage der Auferstehung), andererseits belegt der Stil nicht, dass Jesus auch eine formale Rabbinerausbildung hatte. In der Tat wird im Evangelium ja auch der Vorwurf erhoben, das man über Jesu Autorität nichts wisse. Auch das Predigen in der Synagoge ist hier nicht hinreichend. Aus der Tora zu lesen gehört bis heute zu den Dingen, die ein männlicher Jude mindestens einmal im Leben tut. Und ob es bei diesem einen Satz "Diese Prophezeiung hat sich heute erfüllt" wirklich um eine formale Predigt handelte und diese damals irgendeinen Rabbinerschein erforderte, halte ich für fraglich.
Zitat von nocheiner im Beitrag #45Rabbi (mein Rav) war zur Zeit Jesu ein Mann, der aus einer Rabbinerfamilie stammte und/oder Schüler einer angesehenen Rabbinerschule war und dadurch die Tora auslegen konnte. Es waren Männer wie die berühmten Hillel und Schammai, aber später auch Gamliel aus Yavne und Rabi Yehuda HaNasi sowie viele andere. Ob Jesus zu seiner Zeit als Rabbi anerkannt war, entzieht sich meiner Kenntnis, mindestens wird er dort nicht als Rabbiner geführt. Das mag aber auch daran liegen, dass das Christentum eigene, nicht gerade judenfreundliche Wege gegangen war (Wein, Berel: The oral law of Sinai: an illustrated history of the Mishnah. An Arthur Kurzweil Book. John Wiley and sons. San Francisco 2008)
Dennoch sollte man nicht Vorgaben des rabbinisch-talmudischen Judentums auf die Zeit vor 70 n. Chr. übertragen, als das Judentum keine Einheit darstellte. Und das der Talmud solche Rückprojektionen (Stichwort: Großer Sanhedrin) oder auch Vermischungen (Flavius Josephus und Rabbi Johanan Ben Zakkai; Jesus, Ben Pandera etc.) betreibt ist erwiesen.
Die Wege des Christentums zu der Zeit, da der Talmud abgefasst, gesammelt, kommentiert wurde, waren nicht "judenfeindlicher" als die Wegen es sich bildenden rabbinischen Judentums "christenfeindlich" waren. Man sollte auch hier nicht spätere Missetaten zurückprojezieren.
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Zitat Es sind in der Tat solche Beschwerden über völlig fiktive Zurücksetzungen die für Nicht-Atheisten (vielleicht auch für klarsehende Atheisten) unerträglich sind.
1. Seit wann sind Beschwerden über fiktive Gefahren oder Benachteiligungen für religiöse Menschen unerträglich?
Zitat Und Verunglimpfungen? Eine Verunglimpfung von Atheismus hört man selten (eher Verunglumpfung anderer durch Atheisten), Verunglimpfung traditioneller Religionen sind dagegen an der Tagesordnung.
2. Was halten Sie von den regelmäßig vorgebrachten Assoziationen von Atheismus mit Nationalsozialismus, die insbesondere von katholischen (aber auch protestantischen) Bischöfen regelmäßig gegenüber (atheistischen) Humanisten ins Feld geführt werden?
Zitat von lois jane im Beitrag #37Träger des Grundrechts auf freie Ausübung von Religion oder Weltanschauung ist der einzelne Mensch. Das hat nichts mit irgendwelchem Anerkennen zu tun und gilt ebenso für Atheisten und Scientologen.
Wenn jetzt z. B. ein Satanist der Glaubensansicht ist, dass er gewisse schlechte oder böse Dinge aus religiösen Gründen verbreiten muss, gelten dann für ihn die bekannten Einschränkungen der Meinungsfreiheit nicht mehr? Falls doch, wieso darf man dann religiöse Bücher verteilen, in denen sich Aussagen finden, die man (je nachdem) als hetzerisch, bösartig oder pervers bezeichnen könnte?
Mir ist schon klar, dass die meisten Gläubigen von heute mit diesen Aussagen wenig zu tun haben, sie meist sogar nicht kennen und sich bei Kenntnis davon distanzieren durch die Auslegung beispielsweise. Die Theologen und sonstigen Glaubensgelehrten können mit solchen Aussagen zumeist auch weniger anfangen, nehmen sie jedenfalls selten wörtlich.
Zitat Daraus ergeben sich dann bestimmte Sonderrechte, die aber nicht immer in Anspruch genommen werden.
Also gibt es sehr wohl im Sinne staatlichen Rechts einen Unterschied zwischen anerkannter und nicht anerkannter Religionsgemeinschaft.
Zitat Auch hier steht es einem Atheisten zu, einen Atheistenverein zu gründen und diesen Status anzustreben. Voraussetzung sind hier eine gewisse Größe und Stabilität und die Verfassungstreue.
Ich stelle hiermit fest, dass diese Regelung alle Religionen diskriminiert, die so einen Verein nicht gründen können oder wollen. Das deutsche Recht ist wohl mit Blick auf das Christentum entstanden, in dem die Gründung und Angehörigkeit zu einer Kirche einen Wert an sich darstellt.
Aber was wäre beispielsweise mit den Anhänger eines Mysterienkultes im antiken Sinne? Einen bürgerlichen Verein kann dieser schwerlich gründen, sollen doch die Rituale und geheimen Lehren streng vertraulich bleiben. Oder eben der Islam, der so etwas wie eine Kirche eigentlich auch nicht kennt.
Zitat Es sind in der Tat solche Beschwerden über völlig fiktive Zurücksetzungen die für Nicht-Atheisten (vielleicht auch für klarsehende Atheisten) unerträglich sind.
Ich kann hier nur mit Sarkasmus antworten: Solche Ausagen wie, der Atheismus sei eine Form des Autismus nie gegeben? Oder wird nicht eine moralisch abstoßende Handlung von manchen Gläubigen bis heute als "gottlos" bezeichnet? Wenn der Glaube an sich als etwas positives oder wünschenswertes dargestellt wird, wird damit nicht auch ein Druck auf den Atheisten aufgebaut, der für seine Überzeugungen im Zweifelsfall nichts kann?
Haben Sie eigentlich eine Idee dafür, wie es sich für einen Atheisten anfühlen muss, z. B. die Präambel des Grundgesetzes zu lesen, wo von Verantwortung vor Gott die Rede ist? Insbesondere dann, wenn dieser Atheist nicht einmal klar weiß, was mit dem Begriff "Gott" gemeint ist?
Ist es für Sie etwa keine Zurückweisung, wenn ein Atheist einen komplizierten Aufsatz verfassen muss, während der Namenschrist, der vielleicht den Katechismus seines Glaubens kaum kennt, sich einfach auf diesen beruft um den Wehrdienst zu verweigern?
Was ist mit den gelegentlich aufkommenden Predigten, in denen z. B. Naturkatastrophen als Strafe der Gesellschaft für ihre Gottlosigkeit dargestellt werden? Zugegeben, die hört man eher selten und nicht von den großen Kirchen. Dennoch kommen auch von dort manchmal Töne, die die Gottlosigkeit (=Unmoral) der Gesellschaft bedauern.
Zitat Und Verunglimpfungen? Eine Verunglimpfung von Atheismus hört man selten (eher Verunglumpfung anderer durch Atheisten), Verunglimpfung traditioneller Religionen sind dagegen an der Tagesordnung.
1. Ja, natürlich hört man eine "Verunglimpfung von Atheisten" selten. Atheist ist ein rein negativer Begriff. Er beschreibt, welche Eigenschaften eine Person nicht haben muss, aber setzt keine positiven Kritierien, die eine Person erfüllen muss, um unter diesen Begriff zu fallen. Kurz gesagt, "Atheist" sagt aus, was jemand nicht ist. Deshalb fällt ein Schopenhauer genauso unter Atheismus wie der orthodoxe Marxist oder der (angeblich) strenge Anhänger der Naturwissenschaften mit vage philosophischen Ideen. Auf den ersten oberflächlichen Blick gibt es genauso wenig Grund jemanden für seinen Atheismus zu tadeln wie dafür, jemanden dafür zu tadeln, dass er nicht angelt oder keine Gedichte verfasst. 2. Siehe oben. Atheisten werden durchaus verunglimpft. 3. Es erweckt den Anschein als haben bei Ihnen die traditionellen Religionen einen Vorrang gegenüber neueren "Sekten" oder Atheisten. Nun, diese Ansicht dürfen Sie privat gern haben, ob sie (die Ansicht) argumentativ zu halten ist, bleibt eine andere Frage. Fakt ist jedoch, dass es schwer zu begründen ist, wieso der Staat althergebrachte Religionen gegenüber neueren Ansichten oder dem Ausbleiben bestimmter Ansichten bevorzugen soll. 4. Ich stelle hiermit in Frage, dass das Verunglimpfen von Religionen, egal ob durch Atheisten oder andere Religion oder sonstige Leute, an der Tagesordnung ist. Es kommt natürlich vor, aber selbst Satiriker suchen sich oft genug lieber andere Ziele. Wenn Sie an dieser Behauptung festhalten wollen, so fordere ich hiermit Beweise dafür. 5. Letzter Punkt: Einiges, was als "Verunglimpfung", "Missverständnis" oder sonstwie bezeichnet wird, ist ganz einfach traditionelle Religionskritik. Wenn zum Beispiel auf nach heutigen ethischen Verständnis problematische Handlungsaufforderungen in den Heiligen Büchern hingewiesen wird. Nehmen wir die Opferung Isaaks, oder das 21. Kapitel des 5. Buches Mose, auch schön, die Rolle der Frauin den Briefen an die Korinther. Natürlich sollte eine Religionskritik etwas subtieler sein und nicht nur irgendwelche problematische Aufforderungen anführen, doch auch dann ist sie legitim. Eine Religion hat (nach meinen Verständnis) nicht pauschal ein Recht darauf, von Kritik ausgenommen zu werden, bloß weil die Religion den Menschen sehr viel bedeutet. Selbst wenn die Religionskritik keine Hilfe für die Religionen ist, um etwa ein besseres Verständnis zu entwickeln, ist sie doch legitim, da hier verschiedene Weltanschauungen um Anhänger werben. Wieso sollte Mission nur von Seiten der Gläubigen gestattet sein?
Zusammenfassend kann ich nur feststellen, dass ich Ihre Argumente zurückweisen muss.
In Übrigen darf man neben den Atheisten auch solche Gruppen wie Anhänger des Deismus, Pantheisten, Freireligöse, Neu-Heiden usw. nicht vergessen oder Anhänger esoterisch-spiritueller Lehren oder Leute, die sich auf den Gebiet des Glaubens überhaupt nicht klar bekennen können oder wollen (Agnostiker usw.). Es mag zwar z. B. nicht mehr viele Deisten geben, aber das allein ist kein Grund, diese Gruppierung zu ignorieren oder ihnen Rechte zu verweigern. Immerhin waren einige der größten Denker der Aufklärung Deisten.
Zitat von Meister Petz im Beitrag #39Andererseits ist das Religionsverständnis von Jesus durchaus "proto-kirchlich", da eine öffentlich wahrnehmbare Gemeinschaft besteht, die einige wesentliche Elemente wie Missionsauftrag ("geht hinaus in die Welt"), Auswahl von Würdenträgern (Apostel), Sakramentsspendung (wem ihr die Sünden vergebt,...) einer Kirche enthält.
Nun, von Jesus wissen wir vor allen Dingen aus dem neue Testament und da werden sich die Theologen seit zahllosen Generationen dran abgearbeitet haben.
Nach dem Neuen Testament hört allerdings die Bibel nicht plötzlich auf. Beispielsweise in der Apostelgeschichte tauchen schon Dinge auf, die uns später bekannt vorkommen: das Apostelkonzil, Entstehung und Pflege von Gemeinden, die wiederum von eigenen Zuständigen betreut werden und nicht zuletzt die Behandlung theologischer Fragen. Das wurde dann später in der Briefliteratur weitergeführt. Ich sehe da schon eine direkte Linie bis hin zu den späteren Spaltungen und Streits innerhalb des Christentums.
Das Urchristentum ist historisch relativ schlecht zu beleuchten, weshalb es wohl Gegenstand von Spekulation und Projektion bleiben wird. Manche sehen da den Prototyp einer sozialistischen Gesellschaft ohne Privateigentum, andere eine Art Mysterienkult usw.
Zitat Ich denke, dass die Diskussion hier auf unterschiedliche Aspekte des Themenfeldes "Religion" Bezug nimmt Mal bezeichnet "Religion" den persönlichen Glauben, mal eine theologische Lehre, und mal eine konkrete Religionsgemeinschaft bzw. Kirche, und zwar hier wiederum einmal im juristischen Sinne als Körperschaft oder Verein, und ein andermal im Sinne einer Menge von Einzelpersonen
Zumindest die meisten Religionskritiker, Philosophen und Theologen sehen die Religion wohl zumeist als eine Art Menge von Aussagen, die besonders wichtig, wahr und "über die Welt hinausweisend" sind. Es gibt natürlich andere Auffassungen von Religion, die darin etwas anderes sehen.
Hier im Forum habe ich schon einmal [1] die "wittgensteinische" Aufteilung der Religion als Theorie über richtige und falsche Handlungen (kommt übrigens aus dem Band "Über Gewissheit" der Werkausgabe) und der Religion als Theorie über Verbleib der Seele nach dem Tode geschrieben.
Man könnte die Religion natürlich auch als eine Folge von Ritualen begreifen, die man ausführen muss, bei denen es aber keine Vorschriften über den Glauben oder ethischen Normen gibt. Man könnte Religion auch als einen Satz von Normen und Wertvorstellungen verstehen. Diese Auffassung führt uns allerdings in ihrer groben Form zu einem Problem. Dieses Problem wird erst Mals vom Philosophen Platon in aller schärfe formuliert, ist also quasi ein absoluter Klassiker und bekannt unter dem Namen "Euthyphron-Dilemma" [2]. Man könnte es mit den "Argument der offenen Frage" (Moor, Principia Ethica) gut zusammenfasst: "Wenn das Wort 'Gut' nur 'entspricht den göttlichen Willen' bedeutet, ist der göttliche Wille dann gut?" Da es sich hierbei offenbar um eine sinnvolle Frage handelt, kann "gut" nicht wirklich (definitorisch) auf den göttlichen Willen reduziert werden.
Für die meisten liberalen Theologen mit historisch-kritischer Auslegungspraxis, die sich an Werten der Aufklärung wie den Menschenrechten orientieren stellt sich das Problem sogar ziemlich praktisch. Es gibt nämlich in den großen Religionen gewisse Anweisungen, die sich schwer mit unserer gewöhnlichen ethischen Auffassung verbinden lassen. Nehmen wir das 22 Kapitel des 2. Buch Mose, dort heißt es etwa im Vers 2, dass ein Dieb, der das Gestohlene nicht wiedererstattet, in die Sklaverei verkauft werden soll. Das ist nun etwas, dass dem heute sozialisierten Menschen eher nicht so in den Sinn kommt. Hier wird der ein oder andere Kritiker die Feststellung machen, dass häufig einfach die Moral genommen wird, die man eh schon hat und diese wird dann nur noch durch die Heiligen Texte begründet. Die Moral wird aber nicht eigentlich den Texten selbst entnommen.
Natürlich kann man diesen Probleme entgehen, wenn man eine quasi lessingsche Auffassung hat, demnach die Gebote eine Art sittliche Erziehung des Menschengeschlechts bewirken.
Zitat Dadurch werden Widersprüche konstruiert, die gar nicht da wären, wenn man die Begriffe sauber unterscheidet - ohne dass man sie natürlich strikt trennen kann.
Du schreibst selbst, sie sind quasi nicht zu trennen.
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