Sie sind vermutlich noch nicht im Forum angemeldet - Klicken Sie hier um sich kostenlos anzumelden  

ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



Sie können sich hier anmelden
Dieses Thema hat 38 Antworten
und wurde 3.561 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Martin Offline



Beiträge: 4.129

19.12.2018 22:22
#26 RE: Seefahrende Trolle Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #25


Der Skandal ist, dass "politischer Journalismus" heute die Normalität ist.


Danisch hat gerade eine Laudatio auf einen Tränen rührenden Artikel des Herrn Relotius ausgegraben: https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/d...atio-Riekel.pdf

Lesen, bevor sie evtl. verschwunden ist. Die Laudatio spricht für sich und die Stimmung der Medienwelt selbst.

Gruß, Martin

Llarian Offline



Beiträge: 7.108

19.12.2018 23:55
#27 RE: Seefahrende Trolle Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #22
Nun muss man fairerweise dem Spiegel zugute halten, dass er mit diesem Fake-News-Skandal offen und aufrichtig umgeht.

Offen vielleicht, aber aufrichtig wäre ich nicht so sicher. Der Spargel betreibt vor allem eins: Schadensbegrenzung. Und genauso wie der Stern bei den Hitler-Tagebüchern und später bei Michael Born, versucht man das ganze als "Einzeltat" eines durchtriebenen Journalisten auszugeben und die eigene Verantwortung gegen null zu reden. Wie bei jedem guten Skandal will man sich in die erste Reihe der "Aufklärer" stellen, um nicht nur die Stoßrichtung vorzugeben, sondern vor allem um zu verhindern, dass andere das Ganze aufgreifen und womöglich eine Reihe von Fragen aufwerfen, die man lieber nicht beantworten möchte.

Denn in der Tat kann man dem Spargel kaum vorwerfen, dass er nicht jedes einzelne Details einer Geschichte unabhängig überprüft hat (das würde die Kosten für Journalismus derart in die Höhe treiben, dass man wohl kaum noch wettbewerbsfähig wäre). Was man allerdings aufbringen kann sind zwei Dinge, die zumindest die Professionalität der Konfettikanone der Demokratie recht deutlich zeigen:

1. In den Geschichten von Relotius sind Details vermerkt, die teilweise geradezu grotesk offenkundig fragwürdig sind. Der Mann schreibt über Guantanamo und kennt minutiöse Abläufe aus einem Hochsicherheitstrakt? Er findet ein in höchstem Maße emtionalisierendes Schild an einer Kleinstadt, das zwar gut zu sehen ist, aber von dem er kein Foto hat? Es gilt der Grundsatz, wenn jemand etwas extrem unwahrscheinliches behauptet, dann braucht er extrem gute Beweise. Offenkundig hat beim Spargel niemand es für nötig gehalten auch nur einen(!) dieser Beweise je einzufordern. Die sich so zeigende journalistische Qualität ist grausam schlecht.

2. (Und das ist der wichtigere Punkt.) Niemand beim Spargel hat es je in Zweifel gezogen, dass die Welt nicht die ist, die sich Linke vorstellen. Die Artikel von Relotius sind fast 100% auf die Weltsicht des Spargels abonniert. Es werden sämtliche linken Urteile über die Welt bestätigt: Von armen Flüchtlingen, dummen Amerikanern, brutalen Gefängniswärtern, naiven Kindern, etc. etc. etc.
Das Dumme ist: So ist die Welt aber nun einmal nicht. Die Welt ist ein unglaublich komplexer Ort, mit so verschiedenen Menschen und Ereignissen, dass zwei gleich erzogenene Zwillinge getrennt durch die Welt gehen könnten und nach einem Jahr aufgrund dessen, was sie selbst erlebt haben, völlig gegenteilige Sichten auf die Welt entwickelt haben. Rein basierend auf dem Zufall welchen Teil der Welt sie gesehen haben. Wenn ein Reporter, der angeblich der Neutralität verpflichtet wäre, durch die Welt geht, wird er auch Dinge erleben, die eher einer linken oder eine rechten Weltsicht entsprechen. Wer eine Reportage über Flüchtlinge in Deutschland machen will, der wird bei der Recherche vorbildliche Menschen treffen, deren Integration derart gut verläuft, dass jedes Land der Welt sie mit Kußhand nehmen würde. Er wird auch widerwärtige Menschen treffen, bei denen man anschließend froh ist, sie nie wieder treffen zu müssen. Die Artikel von Relotius entsprechen dagegen einer Auswahl von Dingen, die eindeutig die linke Sicht der Hamburger Redaktion widergeben. Es gibt keinen Widerspruch zur linken Weltsicht, kein Tröpfen Wermut im Wein, nichts was dem "Wohlfühljournalismus" des Spargels für seine Leser auch nur ein bischen den Kuschelfaktor nähme. Insofern ist es auch kein Wunder, dass die Arbeiten von Relotius mit Preisen überhäuft wurden. Es entspricht genau dem linken Medienmainstream, der eben genau nur die eine Sicht auf diese Welt für richtig und berichtenswert hält.
Aber genau darin liegt die große Schwäche und damit auch die journalistische Impotenz des Spargels: Man ist völlig blind gegen die Unterschiede zwischen Realität und der eigenen Weltsicht. Einer neutralen Zeitung wäre ein solcher Widerspruch schon lange(!) aufgefallen. Und genau dieser Wahrheit will sich der Spargel beileibe nicht stellen. Denn das geht weit über die kriminellen Machenschaften einer Einzelperson hinaus.

Zitat
(Wobei ich dennoch darauf wetten würde, dass dieser Skandal nicht dazu führen wird, dass der Spiegel seine Trump-Berichterstattung nun fairer gestalten würde).


Das ist genau der Punkt. Es wird sich genau gar nichts ändern. Allenfalls muss man in Zukunft darauf achten, dass man die Schlagseite über inhärent nicht widerlegbare Aussagen gestaltet.

strubbi77 Offline



Beiträge: 337

20.12.2018 13:15
#28 RE: Seefahrende Trolle Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #23
Nachtrag:

Dankenswerterweise sind aktuell im Spiegel-Online-Archiv auch noch alle Artikel von Claas Relotius einsehbar.

Und noch ein besonders krasses Beispiel:
Laut Spigel ist dieser Artikel über eine amerikanische Stadt mitten im "Trump-Gebiet" wohl komplett frei erfunden:
https://magazin.spiegel.de/SP/2017/13/150231550/index.html

Der Artikel ist hinter einer Bezahlschranke.
...
E-KEL-HAFT!


Zu dem besagten Artikel gibt es von zwei Bewohnern von Fergus Falls eine Auflistung von elf! Punkten im Artikel, die eindeutig gelogen sind.

Zitat von 11. The High School New York Trip

We reached out to several sources on this one, and no one recalls a busload of high school students traveling to New York. We asked two high school students, an assistant principal, and a teacher who is tuned in to all the happenings at the school, and all cited an every-other-year band trip that goes to New York, but 2017 was an off year. We searched our local newspaper archives for mention of a trip by any of our 29 churches or a service clubs but came up short. We couldn’t find our fictional friend “Israel,” who went on the trip and we even reached out to our network of Facebook contacts to see if anyone recalled such a trip happening, but no one had. As with many other vignettes painted by Relotius, this one, too, appears to be complete fiction.


Ich bin gespannt ob es die Auflistung als Gegendarstellung in den gedruckten Spiegel schafft. Leider ist die 3 Monate Frist schon abgelaufen. Deswegen mache ich mir da keine Hoffnung.
Das wird unter den Teppich gekehrt und die Berichte sind danach weiterhin Meinung durch und durch. Wobei es mich ja nicht betrifft. SPON wird von mir seit 2012 genau aus diesem Grund gemieden. Kein Klick für Schrott ... selbst die Entschuldigungsartikel werde ich nicht öffnen.

strubbi
Es geht nichts verloren, ausser der Fähigkeit es wiederzufinden.

Florian Offline



Beiträge: 3.171

20.12.2018 16:54
#29 RE: Seefahrende Trolle Antworten

Noch ein krasser Fall:

Auch das Interview mit dem Weiße-Rose-Mitglied Traute Lafrenz ist wohl z.T. gefälscht.

(http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaf...-a-1244756.html )

Besonders ein Lügen-Detail möchte ich rausgreifen, weil das erstens symptomatisch und zweitens besonders perfide ist:

Traute Lafrenz soll laut Interview (bezogen auf auf Neonazis in Chemnitz) gesagt haben:
"Deutsche, die streckten auf offener Straße den rechten Arm zum Hitlergruß, wie früher."
Nun stellt sich raus:
"Die Sätze in der vierten Antwort habe sie nie benutzt, sagt Lafrenz. Sie habe auch nie aktuelle Fotos in US-Zeitungen von entsprechenden Aufmärschen in Deutschland gesehen."

Ich finde das deshalb so perfide, weil es ja den (wohl nicht ganz unbegründeten) Vorwurf gibt, dass die sogenannten "Hetzjageden" in Chemnitz entweder gar nicht stattgefunden haben oder zumindest in den deutschen Medien überdramatisiert worden sind. Sofern man diesen Vorwürfen folgt, wurde Chemnitz' Ruf von den Medien (incl. Spiegel) da schon übel mitgespielt.
Und nun benutzt Relotius ausgerechnet eine historische moralische Instanz wie Frau Lafrenz, um ihr Worte in den Mund zu legen, die man wunderbar im aktuellen innerdeutschen politischen Diskurs verwenden kann - natürlich für die "richtige" Sache und um den "bösen" Sachsen zusätzlich eins reinzuwürgen, quasi mit der ultimativen (weiße-Rose-zertifizierten) Nazi-Keule. Echt mies!

(Übrigens kommt diese Passage ganz am Anfang des Intervies. Lafrenz bringt im Artikel-Interview selbst das Gespräch auf Chemnitz. Es wird so dargestellt, als habe sie die dortigen Geschehnisse so aufgewühlt, dass dies letztlich den Ausschlag gab, warum sie dem Interview überhaupt zustimmte. Jahrelang wollte sie keine Interviews mehr geben. Aber dann kam "Chemnitz". Und weil sie über die aus ihrer Sicht so furchtbaren dortigen Vorgänge einfach nicht schweigen wollte kam es nun zum Interview. Also quasi ein letztes Aufbäumen der Weißen Rose gegen die Nazis.
In Wahrheit kannte sie die Vorgänge und die Berichte über Chemnitz gar nicht! Geschweige denn, dass sie die dortigen Demonstranten auf eine Stufe mit Hitlers Nazis gestellt hätte!)

Ich hatte das Interview mit Lafrenz seinerseits gelesen.
Und ich kann mich daran erinnern, dass mich genau diese Antwort durchaus beschäftigt hat und ins Grübeln gebracht hat.
Was für ein mieser Journalismus!

Florian Offline



Beiträge: 3.171

15.01.2019 11:39
#30 RE: Seefahrende Trolle Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #10
Zitat von Florian im Beitrag #9
Eine der dramatischsten Fehlleistungen, die man als Außenminister überhaupt bringen kann.

Leider absolut richtig. Eine Fehlleistung mit voller Rückendeckung der Bundesregierung.
Und ja, falls die Medien überhaupt mitbekommen würden, was da gelaufen ist, würden sie noch Beifall klatschen.

Es ist ja auch kein Zufall, daß die Planungen für den Bau eines Flüssiggasterminals in Deutschland nicht vom Fleck kommen.


Zum Themenkomplex "deutsche Außenpolitik / Nordstream-Pipeline / US-Außenpolitik" gibt es aktuell einen Artikel auf SpiegelOnline:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unterne...-a-1247942.html

Und - oh Wunder - der Artikel nimmt die außenpolitische Gemengelage zumindest halbwegs realitätsnah zur Kenntnis:

Zitate:
"Der Widerstand gegen Nord Stream 2 ist allerdings keine Schrulle von Trump und seinen Mitarbeiterin, sondern parteiübergreifend Konsens in den USA. Und auch EU-Energiekommissar Maros Sefcovic war gegen das Projekt, viele osteuropäische EU-Mitglieder sowieso."

"Außenminister Heiko Maas (SPD) sagt, er komme inzwischen aus dem Wundern nicht mehr heraus. In Sachen Nord Stream 2 wehe ihm nun überall der Wind hart ins Gesicht, in Gesprächen mit osteuropäischen Nachbarn ebenso wie "in der Nato", und selbst bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen müsse er sich "anhören, dass wir uns in Deutschland anscheinend auf dem falschen Weg befinden", sagte Maas beim Neujahrsempfang des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft in der vergangenen Woche. Da sei aber nichts dran."

"Deutschland stehe in den Augen vieler Nachbarstaaten nun als böser Bube da. Es sei gut möglich, dass sich das noch einmal rächen könnte - und die EU-Nachbarn deutsche Interessen blockieren, warnt Meister: "Kanzlerin Merkel ist mit ihrem Prinzip gescheitert, das Problem nach Möglichkeit zu ignorieren."

Florian Offline



Beiträge: 3.171

07.02.2019 22:04
#31 RE: Seefahrende Trolle Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #30

Zum Themenkomplex "deutsche Außenpolitik / Nordstream-Pipeline / US-Außenpolitik" gibt es aktuell einen Artikel auf SpiegelOnline:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unterne...-a-1247942.html

Und - oh Wunder - der Artikel nimmt die außenpolitische Gemengelage zumindest halbwegs realitätsnah zur Kenntnis:

Zitate:
"Der Widerstand gegen Nord Stream 2 ist allerdings keine Schrulle von Trump und seinen Mitarbeiterin, sondern parteiübergreifend Konsens in den USA. Und auch EU-Energiekommissar Maros Sefcovic war gegen das Projekt, viele osteuropäische EU-Mitglieder sowieso."

"Außenminister Heiko Maas (SPD) sagt, er komme inzwischen aus dem Wundern nicht mehr heraus. In Sachen Nord Stream 2 wehe ihm nun überall der Wind hart ins Gesicht, in Gesprächen mit osteuropäischen Nachbarn ebenso wie "in der Nato", und selbst bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen müsse er sich "anhören, dass wir uns in Deutschland anscheinend auf dem falschen Weg befinden", sagte Maas beim Neujahrsempfang des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft in der vergangenen Woche. Da sei aber nichts dran."

"Deutschland stehe in den Augen vieler Nachbarstaaten nun als böser Bube da. Es sei gut möglich, dass sich das noch einmal rächen könnte - und die EU-Nachbarn deutsche Interessen blockieren, warnt Meister: "Kanzlerin Merkel ist mit ihrem Prinzip gescheitert, das Problem nach Möglichkeit zu ignorieren."




Mittlerweile sind wir einen Schritt weiter:
https://www.welt.de/wirtschaft/article18...-isolieren.html

Deutschland hat sich hier international weitgehend isoliert.
Es hält verbissen an einem Projekt fest, das von den USA abgelehnt wird. Das von der Nato abgelehnt wird. Das vom EU-Parlament abgelehnt wird. Das von den allermeisten europäischen Staaten abgelehnt wird (von Polen, allen östlichen EU-Staaten, von den Ostsee-Anrainern) und nun auch noch von Frankreich.
Es ist geradezu erschütternd, wie naiv und unprofessionell Außenminister Maaß hier agiert. (Ich kann nur jedem empfehlen sich das Video von der UN-Vollversammlung anzuschauen, als Trump die Nord Stream Pipeline kritisiert - und der Herr Maaß feixend im Publikum sitzt).

Llarian Offline



Beiträge: 7.108

07.02.2019 22:55
#32 RE: Seefahrende Trolle Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #31
Deutschland hat sich hier international weitgehend isoliert.
Es hält verbissen an einem Projekt fest, das von den USA abgelehnt wird. Das von der Nato abgelehnt wird. Das vom EU-Parlament abgelehnt wird. Das von den allermeisten europäischen Staaten abgelehnt wird (von Polen, allen östlichen EU-Staaten, von den Ostsee-Anrainern) und nun auch noch von Frankreich.

Auf die Gefahr den Putin-Versteher zu spielen: Ich frage mich was die vereinigten Staaten, die östlichen EU Staaten, die Ostsee Anrainer oder auch Frankreich es angeht, ob sich Deutschland eine Pipeline baut? Man kann sicher darüber diskutieren ob man russisches Gas nun kauft oder ob man Boykotte fährt, aber die Frage ob Deutschland sich eine Möglichkeit(!) schafft russisches Gas zu importieren, geht das Ausland ja nun wirklich einen feuchten Schmutz an.
Zumal das ja wirklich nur ein(!) Transportweg ist. Das die östlichen Staaten, vor allem die, die die bisherigen Pipelines auf ihrem Staatsgebiet hatten (und damit durchaus Druck auf die Handelspartner ausüben konnten) nicht begeistert sind, weil sie nun keinen Zugriff mehr auf russisch-deutsche Geschäfte haben, kann man trivial nachvollziehen. Aber das wird dadurch kaum legitim. Und das die Amerikaner lieber ihr eigenes Gas nach Deutschland verschicken würden, ist auch recht naheliegend.

So richtig fehlt mir der Bezug dazu, was sich irgendjemand einzumischen hat ob Deutschland eine Pipeline baut.

Das Maas eine Fehlbesetzung ist (bei allem was er tut) tut dabei nicht wirklich was zur Sache.

Florian Offline



Beiträge: 3.171

08.02.2019 01:14
#33 RE: Seefahrende Trolle Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #32
So richtig fehlt mir der Bezug dazu, was sich irgendjemand einzumischen hat ob Deutschland eine Pipeline baut.


Erstens: Russland hat jüngst Teile der Ukraine annektiert. Die erste gewaltsame Eroberung fremden Staatsgebiets in Europa seit über 70 Jahren.
Dies hatte internationale Sanktionen zur Folge, die Deutschland mit der Pipeline unterläuft.

Zweitens: Energiepolitik ist keine reine Innenpolitik sondern hat eine europäische Komponente. Bei anderer Gelegenheit beschwört ja Deutschland auch immer die gemeinsame europäische Energieversorgung. (Ohne den europäischen Energieverbund wären im Energiewende-Deutschland schon etliche Male die Netze zusammen gebrochen). Wenn man diesen Verbund will, dann sollte man sich halt auch mit den europäischen Partnern abstimmen, bevor man solche Projekte angeht.

Drittens: Aufgrund der Verflechtung des europäischen Energiemarkts bedeutet die deutsche Entscheidung, verstärkt auf russisches Gas zu setzen, dass zwangsläufig die europäische Gasversorgung mehr auf russischem Gas basieren wird. Dies kann man richtig oder falsch finden. Aber auf jeden Fall hat das für ganz Europa strategische Auswirkungen. Und unsere europäischen Partner empfinden diese strategischen Auswirkungen überwiegend als nachteilhaft.

Rein rechtlich KANN Deutschland diese legitimen Sorgen seiner Partner natürlich ignorieren. Sich über diese Sorgen lustig zu machen (wie Maaß) ist aber zumindest einmal höchst undiplomatisch.

Tremorius Offline



Beiträge: 85

08.02.2019 10:43
#34 RE: Seefahrende Trolle Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #32
Ich frage mich was die vereinigten Staaten, die östlichen EU Staaten, die Ostsee Anrainer oder auch Frankreich es angeht, ob sich Deutschland eine Pipeline baut?


Warum soll das die Ostseeanrainer nichts angehen?

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

11.02.2019 18:47
#35 RE: Seefahrende Trolle Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #32
Auf die Gefahr den Putin-Versteher zu spielen: Ich frage mich was die vereinigten Staaten, die östlichen EU Staaten, die Ostsee Anrainer oder auch Frankreich es angeht, ob sich Deutschland eine Pipeline baut?


Was die EU angeht: wie ich meiner Tageszeitung entnehmen kann, gibt es doch tatsächlich etwas namens "Europäische Gasrichtlinie". Ja, die Planwirtschaft ist in der EU schon weiter vorangekommen als man gemeinhin annimmt.

Allerdings hatte diese Gasrichtlinie eine dicke Regulierungslücke: sie hatte nur den innereuropäischen Gasmarkt im Blick, aber keine Pipelines von außerhalb des EU-Gebiets! Das durfte natürlich nicht sein, deshalb jetzt der Kompromiss. Wo kämen wir hin, wenn sich die EU auf die Regulierung des Binnenmarktes beschränken würde.

UK, Du hast es besser...sobald der BREXIT endlich durch ist. Hoffentlich. Bald.

Gruß
hubersn

--
Mein Politik-Blog: http://politikblog.huber-net.de/
Mein Mischmasch-Blog: http://miscblog.huber-net.de/

Llarian Offline



Beiträge: 7.108

11.02.2019 23:32
#36 RE: Seefahrende Trolle Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #33
Erstens: Russland hat jüngst Teile der Ukraine annektiert. Die erste gewaltsame Eroberung fremden Staatsgebiets in Europa seit über 70 Jahren.
Dies hatte internationale Sanktionen zur Folge, die Deutschland mit der Pipeline unterläuft.

Die Pipeline selber unterläuft ja nun erst einmal gar nichts. Ob man Gas per Tanker oder per Pipeline liefert ist eine Kostenfrage, keine Frage des Ob. Ob Deutschland dagegen auch wirklich Gas aus Russland kauft, ist eine ganz andere Frage.

Zitat
Zweitens: Energiepolitik ist keine reine Innenpolitik sondern hat eine europäische Komponente. Bei anderer Gelegenheit beschwört ja Deutschland auch immer die gemeinsame europäische Energieversorgung. (Ohne den europäischen Energieverbund wären im Energiewende-Deutschland schon etliche Male die Netze zusammen gebrochen). Wenn man diesen Verbund will, dann sollte man sich halt auch mit den europäischen Partnern abstimmen, bevor man solche Projekte angeht.


Dann soll Frankreich demnächst in Warschau anfragen, ob sie australische Kernbrennstäbe kaufen dürfen? Und ich neige zur Vermutung, dass rein von der Stabilität her, russisches Gas mit Sicherheit(!) für die europäischen Partner sinnvoller ist als der weitere Ausbau von Zufallsstromquellen.

Zitat
Drittens: Aufgrund der Verflechtung des europäischen Energiemarkts bedeutet die deutsche Entscheidung, verstärkt auf russisches Gas zu setzen, dass zwangsläufig die europäische Gasversorgung mehr auf russischem Gas basieren wird. Dies kann man richtig oder falsch finden. Aber auf jeden Fall hat das für ganz Europa strategische Auswirkungen. Und unsere europäischen Partner empfinden diese strategischen Auswirkungen überwiegend als nachteilhaft.


Das können sie gerne tun. Aber dann müssten sie sich ebenso gefallen lassen, wenn Deutschland die Energieversorgung mit Kernenergie als überwiegend nachteilhaft empfindet. Ich sage nicht, dass das richtig ist. Aber wer meint anderen seine Meinung aufdrücken zu können, wird auch damit leben müssen, dass dieses Pendel in zwei Richtungen schlägt.

Zitat
Rein rechtlich KANN Deutschland diese legitimen Sorgen seiner Partner natürlich ignorieren. Sich über diese Sorgen lustig zu machen (wie Maaß) ist aber zumindest einmal höchst undiplomatisch.


Maaß ist schon vorher ein Totalausfall gewesen, daran muss man sich kaum abarbeiten. Deswegen muss er in der Sache nicht unrecht haben.

Llarian Offline



Beiträge: 7.108

11.02.2019 23:40
#37 RE: Seefahrende Trolle Antworten

Zitat von Tremorius im Beitrag #34
Warum soll das die Ostseeanrainer nichts angehen?

Weil es nur die Staaaten etwas angeht, über deren Gebiet die Pipeline verläuft und selbst dann nur, wenn ihnen das Seerecht ein Mitspracherecht einräumt. Das ist bei den allerwenigsten Ostseeanrainern der Fall.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

12.02.2019 21:14
#38 RE: Seefahrende Trolle Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #37
Zitat von Tremorius im Beitrag #34
Warum soll das die Ostseeanrainer nichts angehen?

Weil es nur die Staaaten etwas angeht, über deren Gebiet die Pipeline verläuft und selbst dann nur, wenn ihnen das Seerecht ein Mitspracherecht einräumt. Das ist bei den allerwenigsten Ostseeanrainern der Fall.


Zitat von Art. 79 UNCLOS

(1) Alle Staaten haben das Recht, in Übereinstimmung
mit diesem Artikel auf dem Festlandsockel unterseeische
Kabel und Rohrleitungen zu legen.
(2) Der Küstenstaat darf das Legen oder die Unterhal-
tung dieser Kabel oder Rohrleitungen nicht behindern,
vorbehaltlich seines Rechts, angemessene Maßnahmen zur
Erforschung des Festlandsockels, zur Ausbeutung seiner
natürlichen Ressourcen und zur Verhütung, Verringerung
und Überwachung der Verschmutzung durch Rohrleitun-
gen zu ergreifen.
(3) Die Festlegung der Trasse für das Legen solcher
Rohrleitungen auf dem Festlandsockel bedarf der Zustim-
mung des Küstenstaats.



Es sind also alle Anrainerstaaten betroffen, vor deren Küste die Pipeline verlaufen soll, und die haben ein Mitspracherecht bei der Trassierung und bei Umweltschutzfragen. Rußland als Veranstalter der größten Ölpest der Welt dabei zu mißtrauen, ist wohl völlig berechtigt.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

12.02.2019 21:46
#39 RE: Seefahrende Trolle Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #38
Zitat von Llarian im Beitrag #37
Zitat von Tremorius im Beitrag #34
Warum soll das die Ostseeanrainer nichts angehen?

Weil es nur die Staaaten etwas angeht, über deren Gebiet die Pipeline verläuft und selbst dann nur, wenn ihnen das Seerecht ein Mitspracherecht einräumt. Das ist bei den allerwenigsten Ostseeanrainern der Fall.


Zitat von Art. 79 UNCLOS

(1) Alle Staaten haben das Recht, in Übereinstimmung
mit diesem Artikel auf dem Festlandsockel unterseeische
Kabel und Rohrleitungen zu legen.
(2) Der Küstenstaat darf das Legen oder die Unterhal-
tung dieser Kabel oder Rohrleitungen nicht behindern,
vorbehaltlich seines Rechts, angemessene Maßnahmen zur
Erforschung des Festlandsockels, zur Ausbeutung seiner
natürlichen Ressourcen und zur Verhütung, Verringerung
und Überwachung der Verschmutzung durch Rohrleitun-
gen zu ergreifen.
(3) Die Festlegung der Trasse für das Legen solcher
Rohrleitungen auf dem Festlandsockel bedarf der Zustim-
mung des Küstenstaats.


Es sind also alle Anrainerstaaten betroffen, vor deren Küste die Pipeline verlaufen soll, und die haben ein Mitspracherecht bei der Trassierung und bei Umweltschutzfragen. Rußland als Veranstalter der größten Ölpest der Welt dabei zu mißtrauen, ist wohl völlig berechtigt.



Lieber Emulgator,

m.W. geht es um Gas, nicht um Öl . Und so weit ich weiß, hat Gazprom auch mit Anrainern verhandelt, die Zustimmung Dänemarks steht wohl noch aus, sonst nimmt die Pipeline eine andere Route.

Gruß, Martin

Seiten 1 | 2
 Sprung  



Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.



Xobor Xobor Forum Software
Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz