Zitat von Florian im Beitrag #7Liebe Forums-Kollegen,
nichts für ungut, aber für meinen Geschmack gibt es hier in letzter Zeit ein Übermaß an Polemik und Zynismus. Und ein Defizit an der nüchternen Analyse, für die dieses Forum eigentlich steht.
Natürlich kann man die Politikerinnen vdL und AKK kritisieren. Dafür gibt es sicher auch gute Argumente und die kann man gerne auch bringen. Aber doch bitte mit Niveau. "Panzer-Uschi" finde ich als Abqualifizierung ein bißchen zu billig.
Statt solcher Polemik hätte ich mir eher eine nüchterne Beurteilung gewünscht, was Frau vdL für ihr neues Amt qualifiziert oder auch nicht. Und was von ihrer politischen Agenda zu halten ist.
Zitat von Florian im Beitrag #7... aber für meinen Geschmack gibt es hier in letzter Zeit ein Übermaß an Polemik und Zynismus. Und ein Defizit an der nüchternen Analyse, für die dieses Forum eigentlich steht.
Da stimme ich voll zu. Das hat mit Zettels Stil nicht mehr viel zu tun.
Ich nehme diese Kritik, die sich auch gegen meinen threadgegenständlichen ZR-Beitrag richtet, natürlich gern an und kann ihr eine gewisse Berechtigung nicht absprechen. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach hatte und hat Polemik hier auch ihren Platz (Stichwort: "Meckerecke"), aber ich sehe es auch so, dass der Ton in diesem Forum in den letzten Jahren zunehmend und vielleicht auch übermäßig schroff und grämlich geworden ist.
"Panzer-Uschi" war von meiner Seite übrigens keineswegs despektierlich gemeint. Der in vielerlei Hinsicht (juristisch, politisch, historisch) schiefe Titel sollte vielmehr den Ton für das Folgende setzen und all jene, die im Zeitpunkt der Eilmeldung der Wahl der Niedersächsin einen ausführlich analysierenden Text und keine gnadenlos individuelle und auch viszerale Einschätzung erwarteten, davor warnen, dass sie keine politikwissenschaftliche Bachelorarbeit erhalten würden. Bei aufmerksamer Lektüre konnte und kann man dem bewusst kurz gehaltenen Beitrag aber sehr wohl einige sachliche Kritikpunkte entnehmen. Zu diesem Zweck muss man vielleicht die Bereitschaft aufbringen, sich nicht an der stacheligen Verpackung zu stören.
Dass ich von der Leyens diverse Spitznamen im Text genannt habe, sollte einen kleinen Hinweis auf ihre Rezeption in Deutschland darstellen. Ich kenne keinen amtierenden (bzw. gerade zurückgetretenen) Minister (m/w), der sich zumindest zweier einigermaßen bekannter Spitznamen ("Zensursula" und "Panzer"- oder "Flinten-Uschi") erfreut. Auch ein alter Fahrensmann wie Schäuble kann sich nicht solcher Apostrophierungen rühmen. Spitznamen können für hohe Beliebtheit bzw. Achtung im Volk oder für das genaue Gegenteil sprechen. Bei UvdL ist es wohl eher Letzteres.
Lieber Florian, das Folgende haben Sie sich jetzt selbst zuzuschreiben : Ich lade Sie hiermit herzlich ein, zu einem Thema Ihrer Wahl einen Gastbeitrag einzureichen, der Ihren Erwartungen an eine nüchterne Analyse genügt. Für eine solche Belebung des Blogs wäre ich (und - ich vermute - auch die geschätzten Mitautoren und viele Leser) sehr dankbar.
Zitat von Florian im Beitrag #7Vorteil Nr. 1: Sie ist Deutsche. Aus reinem deutschen Patriotismus finde ich es gut, dass der Posten auch mal an uns geht. (Und natürlich ist mir auch lieber, dass der Posten jetzt an eine deutsche Christdemokratin geht. Und nicht schon vor 5 Jahren an den deutschen Sozialdemokraten Schulz gegangen ist.
Diesen Vorteil hätten Sie mit der Modifikation, dass es sich bei ihm um einen Christsozialen handelt, auch bei Weber gehabt.
Zitat von Florian im Beitrag #7Vorteil Nr. 2: [...] Und sie wird auch in anderen EU-Ländern als politisches Schwergewicht gesehen.
Ganz und gar nicht. In den anderen Ländern sieht man, dass vdL in ihren Ministerämtern eine sehr schlechte Figur gemacht und in der deutschen Spitzenpolitik nur überlebt hat, weil Merkel ihre schützende Hand über die Niedersächsin hielt. Wenn Sie einem Macron oder einem Orbán sagten, vdL sei ein politisches Schwergewicht, würden die beiden in seltener Eintracht schallend lachen.
Zitat von Florian im Beitrag #7(Anders als der Herr Weber. Vielleicht ist es ja meinem oberbayerischen Überlegenheitsgefühl geschuldet. Aber ich sehe und höre bei Manfred Weber leider immer den niederbayerischen Bauernfünfer.)
Hier äußern Sie sich nun tatsächlich abwertend, wobei Sie allerdings noch so taktvoll sind, von einem "Bauernfünfer" und nicht dem mir viel geläufigeren und noch weitaus boshafteren "Bauernfünferl" zu sprechen.
Weber ist natürlich in gewisser Weise ein Schulz-Typ, weil er wie der Rheinländer nie im engeren Dunstkreis der Macht angesiedelt war. Dies war ja auch letztlich die offzielle Begründung Macrons, gegen den CSU-Politiker als EK-Präsidenten zu opponieren. In Wirklichkeit befürchtete das französische Staatsoberhaupt, dass der langjährige EP-Abgeordnete dem Parlament im politischen Alltag eine stärkere Stellung einräumen würde, wie das der Vertrag von Lissabon ja eigentlich auch vorsieht. Wer sich hierzulande immer noch der Illusion hingibt, dass Macron dieselben Ziele habe wie die deutschen Supranationalisten, sollte jetzt wirklich eines Besseren belehrt sein. Macron hat mitnichten die Schaffung eines demokratischen europäischen Bundesstaates vor; er sieht die Union, wie man das in Paris schon immer getan hat, als Vehikel französischer Interessen.
Zitat von Florian im Beitrag #7Aber nachdem sie den Posten nun hat: ich bin eigentlich vorsichtig optimistisch, dass sie sich da passabel schlagen wird.
Warten wir's ab. Wenn Sie mich zur Hälfte von vdLs Amtszeit daran erinnern, werde ich versuchen, eine nüchterne Analyse ihrer bis dorthin erfolgten Präsidentschaftsgestion zu Bildschirm zu bringen.
Mal mein Senf zu diesem neuen Thema der Unpolitik. Ich bitte um Verzeihung, wenn ich angesichts der fortgeschrittenen Diskussion nicht auf das von Zettel so geliebte Verfahren "Zitat und Antwort" zurückgreife.
Zunächst mal vdL als Kommissionspräsidentin. Vielleicht wird der Job ein wenig überschätzt. Er ist wichtig, ohne Frage, aber er ist mächtiger beim Bremsen als beim Voranbringen. Was daran liegt, dass im Parlament leider regelmäßig die EU-Besoffenen die Mehrheit haben, also diejenigen, die am liebsten jeden Aspekt des Lebens in der EU detailliert einheitlich geregelt sehen möchten. Wenn es um das geliebte "Europa" gilt, den ersehnten Ausweg aus der nationalen Schuld, vergessen auch CDU/CSU-Abgeordnete die in Sonntagsreden gerne beschworene Subsidiarität, und die FDP-Parlamentarier... ach, gehen wir auf die lieber nicht ein. Im Zweifel will das Parlament viel mehr als sogar vdL versprach. Insofern kann man die Personalie eher gelassen sehen. Dass es sich um eine Deutsche handelt, ist mir so schnurz wie piepe. Mir wäre z.B. ein Engländer aus diversen Gründen deutlich lieber gewesen, aber auch das ist ein anderes Thema... Oder ersatzweise irgendein Nordlicht.
R.A. hat allerdings völlig Recht, dass es in diesem Geschacher einen eindeutigen Sieger gab: Macron. Und es ist geradezu überflüssig wie er daran zu erinnern, dass französische Staatspräsidenten die EU vor allem als Vehikel zur Durchsetzung nationaler Interessen betrachten. Das haben die nämlich mit den Regierungen aller anderen EU-Staaten gemein. Bis auf die dieses einen Staates... Es macht einen Teil der Unheimlichkeit Deutschland für unsere Nachbarn aus, dass es diese Rolle einnimmt. Denn sie wird nicht geglaubt, so dass an Stelle dieser Erklärung mitunter eigenartige Verschwörungstheorien treten.
Ich sehe das Problem bei der Besetzung des IBUK weniger darin, dass AKK "nich jedient" hat (oder Spahn nicht hätte). Sondern vor allem darin, dass dieses Ministerium in Jahren der Vernachlässigung zu einem Augiasstall verkommen zu sein scheint, den auszumisten das Wissen eines Insiders erforderte. VdL hat versucht, dieses Defizit durch Berater in den Griff zu kriegen - eigentlich ein probates Mittel, aber auch da schlug der Augiasstall wieder zu, denn anscheinend hatten sich persönliche Beziehungen zwischen einzelnen Ministeriumsmitarbeitern und Beratern entsponnen, was der Sache auch nicht gut tat. Berater sind schön und gut, aber man sollte nicht dem Irrtum unterliegen, sie arbeiteten für den Auftraggeber. Das tun sie nur, soweit es sich nicht vermeiden lässt. Vor allem arbeiten sie für sich, für das Anschlussmandat. Deswegen müssen sie streng geführt werden, und auch daran mangelte es offenbar. Wie auch generell vdL eine falsche Prioritätensetzung vorgeworfen werden muss, und eben, wie Frank2000 ebenfalls zu Recht anmerkt, ein völliges Unverständnis (so würde ich das statt "Hass" formulieren) für das, was eine Armee ausmacht und ihre Soldaten bewegt. Stattdessen hatte man den Eindruck, ihr sei das Ganze nicht geheuer, und in der "Nazi-Reinigungs-Aktion" fand dieses Misstrauen dann auch seinen sichtbaren Ausdruck. Spätestens da war das Tischtuch zwischen Truppe und IBUK zerschnitten. Immerhin, und das muss man als positives Ergebnis ihres Wirkens dann doch notieren, konnte sie eine Steigerung des Etats erreichen, was in dem durchpazifizierten Deutschland auch gleich mal als "Aufrüstung" durchgeht (Aufrüstung ist, wenn von sechs U-Booten mehr als eins einsatzbereit ist).
AKK steht nun vor demselben Problem. Sie erbt ein dysfunktionales Ministerium und hat keine Ahnung, wo sie ansetzen soll und mit wem. Dass eine Regierungschefin diesen Zustand zur Regel macht, gälte in jedem anderen Land dieser Welt als unverzeihlicher Fehler. In Deutschland ist es egal. Ja, wir haben aus der Geschichte gelernt. Nur leider wieder das Falsche. Deutschland muss, gerade für die Länder, in denen es früher sein Besatzungsunwesen trieb, ein starker NATO-Partner sein und nicht der Vorreiter einer Flower-Power-Bewegung, die den Schutz dieser Länder vor dem Hegemon im Osten aufweicht. Merkel interessiert das nicht. Ich bin fertig mit dieser Frau.
-- Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau, verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau. (Reinhard Mey)
Zitat von Werwohlf im Beitrag #27 ... die EU vor allem als Vehikel zur Durchsetzung nationaler Interessen betrachten. Das haben die nämlich mit den Regierungen aller anderen EU-Staaten gemein. Bis auf die dieses einen Staates...
Das ist nicht ganz richtig. Deutschland setzt seine nationalen Interessen auf EU-Ebene teilweise sehr massiv durch und verursacht damit heftige Spannungen. Nur ist die Bundesregierung eben etwas eigenartig in der Definition von "nationalem Interesse" - sie folgt damit aber weitgehend dem Volkswillen. Und während andere Länder bei "nationalen Interessen" z. B. ihre Firmen oder Branchen protegieren wollen, hat Deutschland "Klimaschutz" oder absurd niedrige Emmissionsgrenzwerte als oberste nationale Priorität gesetzt und dabei in Kauf genommen (oder nicht kapiert), daß es damit eigene Industriezweige schädigt.
Zitat von R.A. im Beitrag #28Das ist nicht ganz richtig. Deutschland setzt seine nationalen Interessen auf EU-Ebene teilweise sehr massiv durch und verursacht damit heftige Spannungen. Nur ist die Bundesregierung eben etwas eigenartig in der Definition von "nationalem Interesse" - sie folgt damit aber weitgehend dem Volkswillen.
Sollte man dann nicht eher sagen, daß Deutschland keine Skrupel kennt, wenn es darum geht, die eigene Hypermoral europaweit durchzusetzen? Und da es ja um das Gute geht, dürfen natürlich die Interessen von niemandem eine echte Rolle spielen.
Zitat von DrNick im Beitrag #29Sollte man dann nicht eher sagen, daß Deutschland keine Skrupel kennt, wenn es darum geht, die eigene Hypermoral europaweit durchzusetzen?
Das mit "keine Skrupel" würde ich nicht sagen. Zur Durchsetzung der jeweiligen Interessen verwenden m. W. alle EU-Staaten, auch Deutschland, im wesentlichen die gleichen Methoden. Die sind in Deutschland nicht skrupelloser als anderswo. Nur daß eben die Deutschen die Hypermoral als nationales Interesse sehen und andere Staaten andere Schwerpunkte setzen.
Zitat von R.A. im Beitrag #28Nur ist die Bundesregierung eben etwas eigenartig in der Definition von "nationalem Interesse"
Ja, aber das ist doch der Punkt. Es handelt sich eben nicht um das "nationale Interesse", was die anderen ja noch irgendwie nachvollziehen könnten, sondern um etwas, das den Anspruch erhebt, dieses Interesse überwunden zu haben. Und mit derart irrationalem Verhalten Deutschlands haben unsere Nachbarn keine guten Erfahrungen gesammelt.
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Zitat von R.A. im Beitrag #28 Nur ist die Bundesregierung eben etwas eigenartig in der Definition von "nationalem Interesse" - sie folgt damit aber weitgehend dem Volkswillen.
Das bezweifele ich deutlich. Den Volkswillen als solchen kennt schlicht keiner. Was die Bundesregierung tut ist ihren eigenen Willen zu verfolgen und lässt das durch ihre ureigenen Propagandakanäle verbreiten. Welches Interesse "das Volk" an sich hat, weiß niemand so genau.
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