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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 49 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Noricus Offline



Beiträge: 2.362

02.11.2019 17:49
Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Die Kollegen Llarian und Meister Petz haben jüngst in diesem Blog die wunderschöne Idee eines Pro-und-Contra zur Bildung einer blau-schwarz-gelben Koalition in Thüringen zu Bildschirm gebracht. Da in der öffentlichen Debatte auch andere Möglichkeiten eines Regierungsbündnisses für den östlichen Freistaat angesprochen wurden und werden, habe ich mich dazu entschlossen, diese Konstellationen einer Erörterung zu unterziehen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

06.11.2019 11:59
#2 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Inzwischen ist die FDP ja sicher drin (war ja angesichts der Wahlmodalitäten zu erwarten), aber dennoch bleibt richtig, daß eine Koalition mit den drei linken Parteien völliger Irrsinn wäre.

Und politisch wäre in der Tat die Option 2 am naheliegendsten: Das sind die Wahlgewinner und da gibt es auch die meisten politischen Übereinstimmungen.
Aber natürlich werden das beide Parteien nicht machen, da sie ihre Wahlergebnisse ganz wesentlich aus der Konfrontation und der Mobilisierung gegen die jeweils andere Seite gewinnen.

Bleibt also wohl nur die Ramelow-Regierung mit CDU-Unterstützung.

Krischan Offline




Beiträge: 642

07.11.2019 08:05
#3 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #2


Bleibt also wohl nur die Ramelow-Regierung mit CDU-Unterstützung.




Lieber R.A., das würde aber bedeuten, dass Ramelow als Ministerpräsident mit Stimmen der CDU gewählt werden müsste - und dieses Szenarie kann man nach gegenwärtiger Faktenlage auch ausschließen. Die Situation ist in der Tat verfahren. Gleichwohl: Genau diese verfahrene Situation ermöglicht es eben, nicht mal schnell irgendwelche Formelkompromisse einzugehen, sondern erzwingt die Beschäftigung mit den Ursachen der Wählerwanderung zur AfD. Man kann hier also Demokratie live in Action erleben. Und auch die Emanzipation eines Landesverbandes vom Diktum aus Berlin. Wir Thüringer sind halt schon manchmal ein störrisches Bergvolk

Man könnte auch pathetisch sagen: Genau dafür sind die Ossis 1989 auf die Straße gegangen.

Freundlichst,
Krischan

Deutsche Wurst - alles andere ist Käse.

Krischan Offline




Beiträge: 642

09.01.2020 08:15
#4 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Hallo liebe Zimmerleute,

ich will ja nicht rechthaberisch sein, aber (und damit bin ich das dann doch): Hier!

Diese angedachte Projektregierung ist nichts weiter als eine Vereinbarung, bestimmte Sachthemen gemeinsam anzugehen. Darüber hinaus soll bei anderen Sachthemen Koalitionsfreiheit herrschen.
Das hat für mich mindestens einen augenscheinlichen Vorteil: Der Konsensdruck wird deutlich größer, absurde Lieblingsprojekte einer Splittergruppe können so nicht mehr im Rahmen eines Koalitionsvertrages durchgepeitscht werden. Fokus auf Sachpolitik halt. Zudem gibt das der Thüringer CDU die Möglichkeit, entsprechendes Profil wieder aufzubauen.

Eine Koalition mit der Linken ist natürlich gewöhnungsbedürftig, da bin ich auch noch sehr skeptisch. Aber außer Neuwahlen ist das wohl die einzige Alternative (die "Alternative" in Thüringen ist ja nun mal wirklich keine Alternative).

Freundlichst,
Krischan

Deutsche Wurst - alles andere ist Käse.

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

09.01.2020 21:01
#5 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von Krischan im Beitrag #4
Diese angedachte Projektregierung ist nichts weiter als eine Vereinbarung, bestimmte Sachthemen gemeinsam anzugehen. Darüber hinaus soll bei anderen Sachthemen Koalitionsfreiheit herrschen.
Das hat für mich mindestens einen augenscheinlichen Vorteil: Der Konsensdruck wird deutlich größer, absurde Lieblingsprojekte einer Splittergruppe können so nicht mehr im Rahmen eines Koalitionsvertrages durchgepeitscht werden. Fokus auf Sachpolitik halt. Zudem gibt das der Thüringer CDU die Möglichkeit, entsprechendes Profil wieder aufzubauen.

Eine Koalition mit der Linken ist natürlich gewöhnungsbedürftig, da bin ich auch noch sehr skeptisch. Aber außer Neuwahlen ist das wohl die einzige Alternative (die "Alternative" in Thüringen ist ja nun mal wirklich keine Alternative).

Sehe ich auch so. Ich würde der CDU aber raten, das Ganze möglichst wenig an eine Koalition gemahnen zu lassen. Das heißt: Einigung auf die zu realisierenden Themen (neue Themen nur bei Akzeptanz durch beide Seiten), eigenverantwortliche Durchführung in den Ministerien und Besetzung derselben möglichst nicht durch die erste Riege der Partei, am besten durch Externe. Ich weiß, dass vor allem letzteres parteipolitischer Logik widerspricht, die danach verlangen würde, über Ministerien Köpfe bekannt zu machen, aber die Lage verlangt m.E. eine CDU auf Distanz. Den Spitzenpolitikern der CDU die Aussicht auf Ministerposten zu nehmen, wäre aus meiner Sicht zudem ein gutes Mittel gegen ein Einknicken der Partei in den Themen. Ob es zu einer Zusammenarbeit käme, ist dann immer noch eine andere Frage, die vor allem davon abhinge, wie ideologisch die SED in Thüringen noch vorgehen will. Und besonders stabil wird das Gebilde auch nicht sein. Aber besser als eine Fortsetzung der letzten Koalition als Minderheitenregierung oder Neuwahlen erscheint mir das schon - wenn es denn machbar wäre. Zumal im Bundesrat dann wohl vier sichere linke Stimmen ausfallen würden.

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

Krischan Offline




Beiträge: 642

10.01.2020 08:37
#6 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Lieber Wehrwolf,

das von Ihnen vorgeschlagene Prozedere, Ministerposten mit Externen, vielleicht sogar mit Fachleuten, zu besetzt, gemahnt mich an die "Expertenregierung", die bis vor kurzem in Österreich die Geschäfte übergangsweise geführt hat. Ich hätte das ja nie gedacht, dass man außer Mehlspeisen und Schmäh von Österreich was lernen kann, nunja. Aber, und da liegt der Hase im Pfeffer: RRG (bzw. die Linkspartei) wird hier Ministerposten verlangen. Und damit muss meines Erachtens auch die CDU über dieses Stöckchen springen. Man weiss ja, wie die Exekutive jegliche Vorgaben der Legislative unterlaufen, verschleppen, ins Gegenteil verkehren kann.

Ich bin gespannt, wie es in meiner Heimat weitergeht. Vielleicht ist es ja auch Zeit für eine Doppelspitze beim Ministerpräsidenten - Herr Ramelow für das Repräsentative (das kann er wirklich gut), Herr Mohring für die Arbeit.

Freundlichst,
Krischan

Deutsche Wurst - alles andere ist Käse.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

05.02.2020 14:41
#7 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Bums! Ramelow abgewählt! Der Trick, durch Nichtwahl eines Nachfolgers im Amt zu bleiben, war doch zu wackelig.

Jetzt hat Thüringen eine Regierungskoalition mit Koalitionsvertrag aber ohne Mehrheit (das war absehbar) und Ministerpräsidenten. Umgekehrt hat Thüringen einen Ministerpräsidenten ohne Regierungskoalition.

Es kann spannend werden!

Florian Offline



Beiträge: 3.180

05.02.2020 14:52
#8 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #7
Bums!


Das eigentliche "Bums" ist für mich weniger das Ramelow abgewählt wurde.
Sondern dass die FDP (!) ab sofort einen Ministerpräsidenten stellt.

(Und der im Amt bleiben wird, solange es keine konstruktive Mehrheit gegen ihn gibt - und die wird es nicht geben).

Besonders lustig in Thüringen, wo die FDP ja mit 5,00% in den Landtag kam - genau 5 Stimmen über der 5%-Hürde.
Da kann also im Prinzip jeder 5-köpfige FDP-Stammtisch sich auf die Schulter klopfen, dass sie mit ihren Stimmen einen Ministerpräsidenten möglich gemacht haben.

Wie die Regierung im Tagesgeschäft laufen wird, wird jetzt natürlich spannend.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.574

05.02.2020 14:53
#9 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #7
Es kann spannend werden!


Spannend wird erst einmal, wie weit der Verlust der Contenance beim polit-medialen Komplex gehen wird. Der mediale Riesenzwerg Böhmermann schäumt schon von "ausgewiesenen Faschisten".

https://twitter.com/janboehm/status/1225040384755105793

Frau Henning-Welzow hat dem neuen Ministerpräsidenten denn auch den Gratulationsstrauß vor die Füße geschleudert. (Wobei dergleichen gerade Konjunktur zu haben scheint: Frau Pelosi hat gestern abend nach der SOTU des POTUS ja auch das Rumpelstilzchen gegeben).



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Martin Offline



Beiträge: 4.129

05.02.2020 15:13
#10 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #9
Zitat von Emulgator im Beitrag #7
Es kann spannend werden!


Spannend wird erst einmal, wie weit der Verlust der Contenance beim polit-medialen Komplex gehen wird. Der mediale Riesenzwerg Böhmermann schäumt schon von "ausgewiesenen Faschisten".

https://twitter.com/janboehm/status/1225040384755105793

Frau Henning-Welzow hat dem neuen Ministerpräsidenten denn auch den Gratulationsstrauß vor die Füße geschleudert. (Wobei dergleichen gerade Konjunktur zu haben scheint: Frau Pelosi hat gestern abend nach der SOTU des POTUS ja auch das Rumpelstilzchen gegeben).


Es darf ja auch mal geschmunzelt oder gar gelacht werden!

Jetzt muss die FDP halt zeigen, dass sie das politische Spiel virtuos spielen kann.

Gruß
Martin

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

05.02.2020 17:02
#11 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von Martin im Beitrag #10
Jetzt muss die FDP halt zeigen, dass sie das politische Spiel virtuos spielen kann.
Richtig. Gerade hat Ministerpräsident Kemmerich der AfD eine KoalitionsABsage erteilt (was natürlich kühn ist, aber auch listig sein kann). Er wurde gefragt, wie er jetzt ohne Mehrheit Gesetze machen will. Er antwortete, daß diese Frage sich so schon seit dem 27.10. stellt. Was haben Rot-rot-grün mit der Frage gemacht?

Kemmerich muß sich jetzt Mehrheiten ad hoc beschaffen, vielleicht manchmal sogar Gesetze gegen seinen Willen umsetzen. Das ist ungewohnt, kann aber der Gewaltenteilung und der Demokratie neuen Schwung geben. Es besteht die Möglichkeit, daß seine Wahl sich für die AfD rächen kann.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

05.02.2020 17:19
#12 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #8
Besonders lustig in Thüringen, wo die FDP ja mit 5,00% in den Landtag kam - genau 5 Stimmen über der 5%-Hürde.
Es waren 73 Stimmen. Hier kann man übrigens den Qualitätsjournalismus erkennen, der zwischen dem amtlichen und dem vorläufigen Endergebnis unterscheiden kann. taz gehört nicht dazu.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

05.02.2020 18:04
#13 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #11
Zitat von Martin im Beitrag #10
Jetzt muss die FDP halt zeigen, dass sie das politische Spiel virtuos spielen kann.
Richtig. Gerade hat Ministerpräsident Kemmerich der AfD eine KoalitionsABsage erteilt (was natürlich kühn ist, aber auch listig sein kann).


Es ist auf jeden Fall richtig, den Druck aus dem Kessel und auf ihn selbst zu nehmen. An einen derartigen Aufschrei der links-grünen Politik-und Medienlandschaft kann ich mich nicht erinnern. da sind einige Träume geplatzt.

Gruß
Martin

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

05.02.2020 19:43
#14 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Das macht richtig Spaß heute.
Die blinde Wut von Genossen und Journaille, daß ihr plumper Erpressungsversucht nicht geklappt hat - einfach schön.

Die Vorgeschichte dieser Wahl wird hier noch einmal gut dargestellt:
http://www.deliberationdaily.de/2020/02/...nsicht-mangelt/

Ich gehe davon aus, daß es jetzt bald Neuwahlen geben wird, da RRF konsequent alles blockieren wird.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.574

05.02.2020 20:09
#15 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #14
Das macht richtig Spaß heute.


Manchmal beweist der Weltgeist Humor, in Krähwinkel oder Seldwyla, wenn es den Politikern zu wohl und war sie zu sehr auf dem Eis getanzt haben. Den besten Witz an der Sache hat Klaus Kelle heute erwähnt:

Zitat
"Was in den Kommentaren wenig erwähnt wird ist, dass die rot-rot-grüne Vorgängerregierung bei der Landtagswahl vergangenes Jahr die Mehrheit verloren hatte. Und worüber auch nicht gesprochen wird ist, dass die rot-rot-grüne Ramelow-Regierung nur durch den vorherigen Übertritt eines AfD-Abgeordneten zur SPD damals weiterregieren konnte. Über Proteste gegen DIESE Zusammenarbeit mit einem AfDler ist in Erfurt nichts bekannt."



Reuige Sünder sind der Kirche die liebsten Kinder. Das ist in der Roten Kirche nicht anders.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

HR2 Offline



Beiträge: 1.008

05.02.2020 20:16
#16 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #14
Das macht richtig Spaß heute.
Die blinde Wut von Genossen und Journaille, daß ihr plumper Erpressungsversucht nicht geklappt hat - einfach schön.

Die Vorgeschichte dieser Wahl wird hier noch einmal gut dargestellt:
http://www.deliberationdaily.de/2020/02/...nsicht-mangelt/

Ich gehe davon aus, daß es jetzt bald Neuwahlen geben wird, da RRF konsequent alles blockieren wird.





Was versprechen sich denn alle von Neuwahlen? Sind dann andere Mehrheitsverhältnisse zu erwarten?
Was, wenn die AFD dabei noch an Zustimmung gewinnt?

Llarian Online



Beiträge: 7.131

05.02.2020 20:54
#17 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von HR2 im Beitrag #16
Was versprechen sich denn alle von Neuwahlen?

Das sich ein solcher "Betriebsunfall" nicht wiederholt. Beim nächsten Mal sind dann alle "gebrieft" und die SED stellt den MP wie vorgesehen. Das versprechen die sich davon. Die Afd hat heute die Planung übertölpelt. Das war nicht vorgesehen.

Zitat
Sind dann andere Mehrheitsverhältnisse zu erwarten?


Kaum. Die FDP würde dann rausfliegen. Ansonsten nix neues.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

05.02.2020 20:55
#18 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #14

Die Vorgeschichte dieser Wahl wird hier noch einmal gut dargestellt:
http://www.deliberationdaily.de/2020/02/...nsicht-mangelt/

Ich gehe davon aus, daß es jetzt bald Neuwahlen geben wird, da RRF konsequent alles blockieren wird.

Der Verlinkte Artikel gibt doch eine gute Beschreibung, wie es weitergehen kann: Die Regierung Kemmerich setzt das um, was die (wechselnde) Parlamentsmehrheiten beschließen. Daß er nicht glaubt, bei den gegebenen Verhältnissen FDP-Politik machen zu können, hat er ja schon eingeräumt.

Neuwahlen ermöglicht die Verfassung des Freistaats Thüringen,
1. wenn 2/3 der Abgeordneten für Neuwahlen stimmen und
2. wenn die Vertrauensfrage des Ministerpräsidenten scheitert.


Ersteres kann rechnerisch nur Zustandekommen, wenn alle außer einer Partei für die Auflösung stimmen. Es dürfte einfacher sein, eine einfache Mehrheit für eine Regierung zu finden als eine 2/3-Mehrheit für Neuwahlen. Außer eine Partei von RRG kooperiert in der Frage mit der AfD.

Letzteres liegt im Belieben Kemmerichs. Wenn er die Vertrauensfrage nicht stellen will, passiert das nicht. Das ist etwas anders als im GG und anderen Landesverfassungen. Edit: Das Mißtrauen kann nur ausgesprochen werden, wenn ein neuer Ministerpräsident gewählt wird (was in den gegenwärtigen Verhältnissen, also wenn die Linke und AfD sich nicht zusammentun wollen...), Mißtrauen ohne neuem Ministerpräsidenten läßt den alten im Amt, Art. 73. Insofern ist die kühne Kandidatur Kemmerichs womöglich sogar die einzige Chance, aus dem "hung parliament" herauszukommen, wenn man es denn so störend findet. Ich persönlich finde es nicht störend.

Und insofern war es auch so richtig bekloppt von RRG, eine Ministerpräsidentenneuwahl anzuberaumen. Aber vielleicht hat es vier listige CDU-Abgeordnete gegeben, die signalisiert haben, sie würden für RRG stimmen. Derartige Aufforderungen an die CDU gab es ja.

HR2 Offline



Beiträge: 1.008

05.02.2020 21:49
#19 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #17

Kaum. Die FDP würde dann rausfliegen. Ansonsten nix neues.



Das könnte passieren, da die FDP medial recht offensichtlich als der thüringische Buhmann dargestellt wird.
Die FDP kann eigentlich kein Interesse an Neuwahlen haben. Im Gegenteil, wenn Kemmerich und die FDP die Nerven behalten,
haben sie jetzt eine gute Möglichkeit sich zu profilieren. Der Sturm der Empörung dürfte sich übermorgen gelegt haben.
Deshalb verstehe ich Lindner nicht.

HR2 Offline



Beiträge: 1.008

05.02.2020 21:57
#20 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Und grundsätzlich frage ich mich seit heute, ob nicht jedes Gesetz,dem die AFD in irgendeinem Parlament zustimmt,
nicht übel nach Faschismus riecht.
Das könnte sich als Eigentor der linken Empörungsmaschinerie erweisen und gibt der AFD zumindest medial mehr Macht.

moise trumpeter Offline



Beiträge: 245

05.02.2020 23:25
#21 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #17
Die Afd hat heute die Planung übertölpelt. Das war nicht vorgesehen.


Darauf wird wohl die entschuldigende Erklärung bei den Bürgerlichen hinauslaufen. Nach einigem Nachdenken kann ich allerdings nicht zustimmen.
Das Abstimmungsverhalten der AfD war taktisch der logische Schachzug und absolut erwartbar. Als Thomas Kemmerich in den Ring gestiegen ist, waren bereits 27 Stimmen für ihn gesetzt, das muss sowohl der FDP-Fraktion als auch der CDU-Fraktion klar gewesen sein.
Versaut hat die Sache die CDU-Fraktion, 18 CDU-Abgeordnete haben für Thomas Kemmerich gestimm. Die Fraktion hätte mindestens 7 Enthaltungen sicherstellen müssen, um die Wahl von Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten statt Thomas Kemmerich zu garantieren. Stattdessen haben 18 CDU-MdL den Heidemörder gemacht.

Es gibt zwei Erklärungen. Zum ersten ist es möglich, dass es die Führung der Thüringer CDU aus Mangel an taktischem Geschick, Menschenkenntnis und Urteilsvermögen schlicht versaut hat.
Die zweite Möglichkeit wäre eine unausgesprochene Revolte großer Teile der CDU-Fraktion gegen die Führung der Bundes- und Landespartei (wahrscheinlich mit stiller Billigung der Masse der Parteibasis).

Ein Zusammenspiel beider Erklärungen ist natürlich auch möglich.
Das Scheitern einer "Projektregierung" sprich meines Erachtens für die zweite Möglichkeit.

Llarian Online



Beiträge: 7.131

05.02.2020 23:50
#22 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von moise trumpeter im Beitrag #21
Zitat von Llarian im Beitrag #17
Die Afd hat heute die Planung übertölpelt. Das war nicht vorgesehen.

Das Abstimmungsverhalten der AfD war taktisch der logische Schachzug und absolut erwartbar. Als Thomas Kemmerich in den Ring gestiegen ist, waren bereits 27 Stimmen für ihn gesetzt, das muss sowohl der FDP-Fraktion als auch der CDU-Fraktion klar gewesen sein.

Ich glaube nicht, dass denen das klar war. Mir wäre es auch nicht klar gewesen. So was verlangt absolute Fraktionsdisziplin bei gleichzeitiger Geheimhaltung. Das ist bei mehr als 20 Leuten schon eine wirklich(!) reife Leistung, insbesondere bei (und das meine ich nicht negativ) Neupolitikern. Zumal die AfD dann soviel auch nicht zu gewinnen hat. Sie kommt deswegen einer Regierung nicht näher.

Zitat
Versaut hat die Sache die CDU-Fraktion, 18 CDU-Abgeordnete haben für Thomas Kemmerich gestimm. Die Fraktion hätte mindestens 7 Enthaltungen sicherstellen müssen, um die Wahl von Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten statt Thomas Kemmerich zu garantieren. Stattdessen haben 18 CDU-MdL den Heidemörder gemacht.


Weil die wirklich nicht damit gerechnet haben. Die sind davon ausgegangen, dass die AfD ihren Mann wählt und sie eben die FDP, damit wenigstens klar wird, dass die alle gegen Ramelow sind. Zumindest auf dem Papier. Das hätte ja auch funktioniert und gleichzeitig sehr viel Verbundenheit zwischen FDP und CDU simuliert. Und selbst wenn: Stellen wir uns mal vor, die hätten wirklich mit der AfD gerechnet. Wie wäre es dann gelaufen, wenn sie sich wirklich enthalten hätten? Dann hätten wir heute einen dunkelroten MP von Gnaden der CDU. Wäre sicher, und das gerade in Thüringen, auch nicht so proper. Die Linke würde sich bep.... vor Lachen.

Zitat
Die zweite Möglichkeit wäre eine unausgesprochene Revolte großer Teile der CDU-Fraktion gegen die Führung der Bundes- und Landespartei (wahrscheinlich mit stiller Billigung der Masse der Parteibasis).


Das wäre tatsächlich mal spannend. Und das werden wir jetzt sogar sehen: Denn natürlich wird die Bundes-CDU, genauso wie die versammelte Gutmenschenmannschaft nichts unversucht lassen die Thüringen-CDU zur Totalopposition zu zwingen (die inhaltlich kaum zu rechtfertigen ist, aber aus rein macchttaktischen Gründen unverzichtbar). Ob die dann mitmachen ist die interessante Frage. Wenn die nämlich nicht mitmachen, dann wird zum einen Thüringen bis auf weiteres von der FDP regiert, zum anderen muss die Bundes-CDU überlegen ob sie wirklich die Partei spalten will, um den Grünen zu gefallen. An dieser Frage könnte sich die Zukunft der ganzen Republik entscheiden. Es könnte sich als verschärfend herausstellen, dass Merkel derzeit nicht da ist und nur ihre Stadthalter und Schosshunde Flaschet und Karrenbauer vor Ort sind. Merkel würde das Schisma sofort und ohne Rücksicht auf Verluste geschehen lassen. Aber wie sieht es die derzeitige Bundes-CDU? Sind die bereit ihre ostdeutschen Landesverbände zu opfern? (Denn bei Thüringen wird es kaum bleiben.)

Ich kann nur hoffen, dass die Thüringer CDU standhaft ist. Dann hat der eigentlich spannende Teil erst angefangen.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

06.02.2020 09:43
#23 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #14
Das macht richtig Spaß heute.
Die blinde Wut von Genossen und Journaille, daß ihr plumper Erpressungsversucht nicht geklappt hat - einfach schön.

Die Vorgeschichte dieser Wahl wird hier noch einmal gut dargestellt:
http://www.deliberationdaily.de/2020/02/...nsicht-mangelt/



In solchen Momenten zeigt sich auch, wer Führungsqualitäten besitzt. Das haben weder Lindner, noch AKK.

Anstatt öffentlicher Distanzierung von eigenen Parteigenossen hätte es genügt, dem neu gewählten Ministerpräsidenten zu gratulieren, und Kritiker auf die nun mal existierenden demokratischen Spielregeln zu verweisen. Natürlich hätten die Beiden auch die absehbar schwierige Lage einräumen können, aber ihre Parteigenossen ihrer Unterstützung versichern können.

Alles andere hätten die Beiden in der nächsten Zeit im Hintergrund und innerparteilich regeln können. Wer mit einer solchen Stresssituation nicht umgehen kann, sollte keinen Führungsanspruch haben.

Gruß
Martin

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

06.02.2020 09:54
#24 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von HR2 im Beitrag #16
Was versprechen sich denn alle von Neuwahlen? Sind dann andere Mehrheitsverhältnisse zu erwarten?

Die Mehrheitsverhältnisse sind schwer zu prognostizieren. Schließlich sind sowohl Grüne wie FDP nur ganz knapp im Landtag.
Der wesentliche Effekt von Neuwahlen wäre, daß die ganzen Schwüre von Zusammenarbeit und Nicht-Zusammenarbeit vom Tisch sind und man ohne "Wortbruch" irgendwie neu sortieren kann. Und natürlich gäbe es ohne einen Amtsinhaber Ramelow auch die Möglichkeit eines Kompromißkandidaten, der für diverse Parteien akzeptabel ist.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

06.02.2020 09:59
#25 RE: Noch einmal Thüringen: Zu den Koalitionsmöglichkeiten jenseits von Blau-Schwarz-Gelb Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #18
Und insofern war es auch so richtig bekloppt von RRG, eine Ministerpräsidentenneuwahl anzuberaumen.

Das war ganz bewußt so geplant um eine fünfjährige Erpressung zu starten.
Denn das Szenario wäre ja immer gleich geblieben: Wenn FDP und CDU mit der AfD zusammen stimmen, wäre das eine politische Zusammenarbeit und der shitstorm beginnt. Und wenn sie nicht zusammen stimmen, hat RRG immer eine relative Mehrheit und kann munter so regieren, als hätten sie die Wahl nie verloren.

Zitat
Aber vielleicht hat es vier listige CDU-Abgeordnete gegeben, die signalisiert haben, sie würden für RRG stimmen. Derartige Aufforderungen an die CDU gab es ja.


Ramelow hat ja zwei Stimmen mehr bekommen als RRG Abgeordnete hat. Die sind wohl von der CDU gekommen.

Die CDU Thüringen hatte in dieser Situation sowieso die A...-Karte.

Die Bundesführung hat verboten, mit RRG zu sprechen.
Die Bundesführung hat verboten, mit der AfD zu sprechen.
Die Bundesführung hat verboten, daß die CDU einen eigenen Kandidaten aufstellt.
Die Bundesführung hat verboten, daß die CDU den FDP-Kandidaten mitwählt.

De facto hätten Merkel und AKK auch gleich sagen können: Löst die Fraktion auf und macht in Thüringen keine politische Arbeit mehr.

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