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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 26 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.01.2008 16:54
Anmerkungen zur Sprache (6): Amtlich angeordnete Sprachverlotterung Antworten

Ein Verbrechen, das als solches diskutiert zu werden verdient. Aber auch Anlaß für eine Anmerkung zu den Folgen der sogenannten Rechtschreibreform.

vivendi Offline



Beiträge: 663

06.01.2008 19:45
#2 RE: Anmerkungen zur Sprache (6): Amtlich angeordnete Sprachverlotterung Antworten

Als ich zur Schule ging, gab es die Sprachreform noch nicht einmal im Traum, jetzt bin ich ganz verwirrt: muss man jetzt "zusammen schlagen" zusammen schreiben oder zusammenschreiben?
Ich bin an und für sich Befürworter der Sprachreform, solange es darum geht, Unlogisches oder Hergebrachtes, zu dem niemand den Ursprung kennt, zu eliminieren. Aber die Sprache muss verständlich bleiben und logisch werden.

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

06.01.2008 19:57
#3 RE: Anmerkungen zur Sprache (6): Amtlich angeordnete Sprachverlotterung Antworten

Es müßte übrigens auch "Sie wurden niedergeschlagen und gegen den Kopf getreten" und nicht "Sie wurden niedergeschlagen und gegen die Kopf getreten".

In Antwort auf:
Wann endlich wird die Asylgarantie aus dem Grundgesetz gestrichen, in dem sie nichts zu suchen hat? Wann endlich handhaben wir es wie alle anderen Staaten der Welt - ein Land kann sich aus freien Stücken entscheiden, jemandem Asyl zu gewähren; und ein freiheitliches Land sollte das großzügig tun.


Und genau das tun wir auch (und haben uns dafür entschieden). Wann endlich wird das ständige Herumschneiden an unserer Verfassung aufhören. Gut das es wenigstens dafür einer Zwei-Drittel-Mehrheit bedarf. Im übrigen, könnte der angeprangerte Mißstand in diesem Fall einfach ohne eine Verfassungsverstümmelung behoben werden.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.01.2008 23:02
#4 RE: Anmerkungen zur Sprache (6): Amtlich angeordnete Sprachverlotterung Antworten

Zitat von str1977
Es müßte übrigens auch "Sie wurden niedergeschlagen und gegen den Kopf getreten" und nicht "Sie wurden niedergeschlagen und gegen die Kopf getreten".

... oder "gegen die Köpfe getreten"; und als unvollständige Korrektur ist der Fehler entstanden. Danke für den Hinweis, lieber str1977. Ich habe es jetzt umformuliert.
Zitat von str1977
In Antwort auf:
Wann endlich wird die Asylgarantie aus dem Grundgesetz gestrichen, in dem sie nichts zu suchen hat? Wann endlich handhaben wir es wie alle anderen Staaten der Welt - ein Land kann sich aus freien Stücken entscheiden, jemandem Asyl zu gewähren; und ein freiheitliches Land sollte das großzügig tun.

Und genau das tun wir auch (und haben uns dafür entschieden).

Meines Wissens nicht. Wir müssen jemanden aufnehmen, der nachweist, daß er aus einem Land kommt, in dem er politisch verfolgt wurde. Es wurden zwar Beschränkungen eingeführt (zB hat kein Recht auf Asyl, wer aus einem sicheren Drittstaat einreist; denn dort war er ja bereits in Sicherheit vor Verfolgung gewesen). Aber daß das Asylrecht aus dem Grundgesetz gestrichen worden wäre, ist mir nicht bekannt. Falls ich mich da irre - könnten Sie bitte Infos verlinken?
Zitat von str1977
Wann endlich wird das ständige Herumschneiden an unserer Verfassung aufhören. Gut das es wenigstens dafür einer Zwei-Drittel-Mehrheit bedarf.

Unsere Verfassung, lieber str1977, ist in fast sechzig Jahren ungewöhnlich wenig verändert worden.

Die US-Verfassung ist natürlich eine Ausnahme; die war und ist für die Ewigkeit. (Und wird auch nur sparsam durch Amendments ergänzt). Aber schauen Sie sich Frankreich an; da wurde die Verfassung 1958 radikal verändert, und gerade jetzt ist eine Debatte darüber im Gang, sie wieder komplett umzukrempeln. Nehmen Sie Italien. Nehmen Sie Spanien, wo heute nichts mehr an die Verfassung unter Franco erinnert.

Das Asylrecht ist 1949 in das GG aufgenommen worden, weil man an die deutschen politischen Flüchtlinge dachte - Demokraten, die von den Nazis verfolgt wurden -, die Schwierigkeiten gehabt hatten, Asyl zu finden. Niemand dachte damals daran, jeden Bewerber aufzunehmen, in dessen Heimatland politische Unterdrückung herrscht.

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

07.01.2008 09:16
#5 RE: Anmerkungen zur Sprache (6): Amtlich angeordnete Sprachverlotterung Antworten

Hier die Website eines von mir sehr geschätzten Professors, der als Gegener der Rechtschreibreform den Rechtschreibrat von innen erleben durfte: http://www.sprachforschung.org/ickler/
Die Reform mit ihren Fehlern ist eines seiner Lieblingsthemen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.01.2008 09:35
#6 RE: Anmerkungen zur Sprache (6): Amtlich angeordnete Sprachverlotterung Antworten

Lieber califax,

vielen Dank für den Link! Die Artikel von Ickler zu lesen ist immer ein Genuß - selten wird der Wahnwitz der amtlichen Sprachverhunzung so erbarmungslos aufgedeckt.

Für die Frage der Getrennt- oder Zusammenschreibung habe ich hier ein Florilegium gefunden.

Dafür, daß dieser Rattenschwanz von Regeln, Ausnahmen, Ausnahmen von den Ausnahmen, Ausnahmen von den Ausnahmen von den Ausnahmen, von Einzel- und Sonderfällen, von Erlaubtem, Verbotenem und Freigestelltem - daß das alles als Vereinfachung verkauft wird, dafür gehört jeder Einzelne, der dem zugestimmt hat, in den Karzer der Universität Tübingen gesperrt und dort bei Wasser und Brot sich selbst überlassen. Solange, bis er bereut und abschwört.

Herzlich, Zettel

M.Schneider Offline



Beiträge: 672

07.01.2008 10:11
#7 RE: Anmerkungen zur Sprache (6): Amtlich angeordnete Sprachverlotterung Antworten

Lieber Zettel

Zur Sprachverlotterung habe ich eben einen Ketzerbeitrag eingestellt, hier:

http://83273.homepagemodules.de/t880f5-D...land-statt.html



Herzlich M.Schneider

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

07.01.2008 10:51
#8 RE: Anmerkungen zur Sprache (6): Amtlich angeordnete Sprachverlotterung Antworten

Zettel,

In Antwort auf:
Meines Wissens nicht. Wir müssen jemanden aufnehmen, der nachweist, daß er aus einem Land kommt, in dem er politisch verfolgt wurde.


Aber dafür haben wir uns entschieden. Die tatsächlichen Problem kann man auch ohne Verfassungsänderung lösen. Notfalls sogar per Ausführungsbestimmungsgesetz.

In Antwort auf:
Unsere Verfassung, lieber str1977, ist in fast sechzig Jahren ungewöhnlich wenig verändert worden.


Ander Länder verbrauchen sogar mehrere Verfassungen in der gleichen Zeit, das ist wahr. Aber gerade in letzter Zeit wird doch ständig herumgedoktort bzw. das versucht, nicht nur Ihr "Aufruf" - ein anderer hier wollte sämtliche Grundrechte außer Artikel 1 streichen und die Einfügung von sog. Kinderrechten (auch Hinzufügen kann verstümmeln) dürfte Ihnen nicht entgangen sein. Ihre "heißgeliebten" Kommunisten würde bestimmt auch gerne zu Werke gehen.

Es ist mir völlig egal was andere Länder tun (die US Verfassung ist auch nicht so stabil, weil sie von ihre Kompetenzen überschreitende Richter unterlaufen wird, aber lassen wir das - für die Ewigkeit ist ohnehin nichts.) - mir geht es allein darum, daß unsere gute Verfassung verschlimmbessert wird.

In Antwort auf:
Das Asylrecht ist 1949 in das GG aufgenommen worden, weil man an die deutschen politischen Flüchtlinge dachte - Demokraten, die von den Nazis verfolgt wurden -, die Schwierigkeiten gehabt hatten, Asyl zu finden. Niemand dachte damals daran, jeden Bewerber aufzunehmen, in dessen Heimatland politische Unterdrückung herrscht.


Dafür bedürfte es aber ein Beleg. Es scheint mir sehr weit hergeholt, in Widerspruch zum tatsächlichen Wortlaut des Textes. deutsche politische Flüchtlinge mußten diesen Artikel ohnehin nie nutzen, denn entweder waren sie als Deutsche ohnehin schon Staatsbürger oder hatten (siehe Aussiedler) ein Recht auf Einbürgerung. Und faktisch wird heutzutage nicht jeder Bewerber aufgenommen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.01.2008 22:33
#9 Asylrecht und Grundgesetz Antworten

Lieber str1977,

Zitat von str1977
In Antwort auf:
Meines Wissens nicht. Wir müssen jemanden aufnehmen, der nachweist, daß er aus einem Land kommt, in dem er politisch verfolgt wurde.

Aber dafür haben wir uns entschieden.

Dafür hat sich der Parlamentarische Rat 1949 entschieden (s.u.) Als noch niemand an Zuwanderung aus der Türkei, aus dem Nahen Osten, aus Afrika nach Deutschland dachte.
Zitat von str1977
In Antwort auf:
Unsere Verfassung, lieber str1977, ist in fast sechzig Jahren ungewöhnlich wenig verändert worden.

(...) Aber gerade in letzter Zeit wird doch ständig herumgedoktort bzw. das versucht, nicht nur Ihr "Aufruf" - ein anderer hier wollte sämtliche Grundrechte außer Artikel 1 streichen und die Einfügung von sog. Kinderrechten (auch Hinzufügen kann verstümmeln) dürfte Ihnen nicht entgangen sein. Ihre "heißgeliebten" Kommunisten würde bestimmt auch gerne zu Werke gehen.

Viele wollen immer Vieles. Tatsächlich wurde die Verfassung bisher in ihrer Substanz nicht verändert; auch wenn es viele kleine Verfassungsänderungen gegeben hat.
Zitat von str1977
... die US Verfassung ist auch nicht so stabil, weil sie von ihre Kompetenzen überschreitende Richter unterlaufen wird

Darüber, daß das nicht geschieht, wacht der Supreme Court, dessen Richter auf Lebenszeit ernannt werden und also völlig unabhängig sind.
Zitat von str1977
In Antwort auf:
Das Asylrecht ist 1949 in das GG aufgenommen worden, weil man an die deutschen politischen Flüchtlinge dachte - Demokraten, die von den Nazis verfolgt wurden -, die Schwierigkeiten gehabt hatten, Asyl zu finden. Niemand dachte damals daran, jeden Bewerber aufzunehmen, in dessen Heimatland politische Unterdrückung herrscht.

(...) deutsche politische Flüchtlinge mußten diesen Artikel ohnehin nie nutzen, denn entweder waren sie als Deutsche ohnehin schon Staatsbürger oder hatten (siehe Aussiedler) ein Recht auf Einbürgerung.

Da haben Sie mich mißverstanden, lieber str1977. Ich meinte nicht, daß das Asylrecht im GG für Deutsche als Nutznießer gedacht gewesen war. Sondern daß die Mitglieder des Parlamentarischen Rats, viele ja selbst zurückgekehrte Emigranten, das demokratische Deutschland als Asylland für Menschen mit einem ähnlichen Schicksal öffnen wollten - also Demokraten, die zB unter Franco, im Ostblock oder sonst in einer Diktatur für die Demokratie kämpften und dafür verfolgt wurden.

Solche Menschen sollten, lieber str1977, nach meiner Überzeugung auch heute unbedingt Asyl erhalten. Aber nicht als einklagbares Recht. Denn sobald es dieses einklagbare Recht gibt, kann jeder, der alles andere als ein verfolgter Demokrat ist, erst einmal nach Deutschland kommen, Asyl beantragen und sich durch alle Instanzen hindurchklagen. Bis er verliert und dann meist aus humanitären Gründen geduldet wird; er hat ja inzwischen seinen "Lebensmittelpunkt" in Deutschland, hier vielleicht eine Familie gegründet usw.

Das ist schlicht ein Mißbrauch des Asylrechts - ein Mißbrauch, der aber solange nicht unterbunden werden kann, wie es sich um ein Grundrecht handelt.

Würde das Asylrecht so gehandhabt wie überall sonst in demokratischen Ländern, dann gäbe es dieses Klagerecht nicht. Man würde jemanden, der offenbar kein Demokrat ist und/oder kein Widerstandskämpfer, ohne viele Umstände abschieben können.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

07.01.2008 22:53
#10 Warum die "Rechtschreibreform" ein Unfug ist Antworten

Zitat von M.Schneider
Zur Sprachverlotterung habe ich eben einen Ketzerbeitrag eingestellt

Das hat mich nun wirklich gewundert, lieber M. Schneider - daß Sie, den ich immer für einen in der Wolle gefärbten Liberalen gehalten haben, für dieses bürokratische Machwerk eintreten.

Ich will gar nicht darüber diskutieren, ob einzelne Änderungen sinnvoll sind oder nicht. Sondern es erscheint mir der Hinweis völlig ausreichend, daß die Änderung als solche ein Skandal ist.



Sie kennen das Englische und das Französische. Sie wissen, das beides sogenannte "orthographisch tiefe" Sprachen sind, während das Deusche "orthographisch flach" ist.

Damit ist gemeint, daß im Deutschen zwischen der Ausssprache eines Worts und seiner Schreibung ein enger, weitgehend regelhafter Zusammenhang besteht.

Im Englischen ist das bekanntlich nicht so - niemand, der es nicht gelernt hat, kann z.B. ableiten, daß das "o" in "women" als "[i]" gesprochen wird. George Bernhhard Shaw hat einmal sarkastisch geschrieben, man könne "Fish" auch "Ghoti" schreiben - mit "gh" wie in "laugh", mit "o" wie in "women" und mit "ti" wie in "mention".

Ähnlich im Französischen. Dasselbe gesprochene Wort "[sa~]" können Sie zum Beispiel cent, cents, sans, sang, sens, sent, s'en schreiben. mer, mers, mère, mères, maire, maires werden ebenfalls alle gleich ausgesprochen.

Die englische oder französische Rechtschreibung zu lernen ist also ungleich schwerer als beim Deutschen - und trotzdem denkt seit Jahrhunderten niemand an eine "Rechtschreibreform".



Es gab einmal die Notwendigkeit, die Rechtschreibung zu vereinheitlichen. Das geschah in Deutschland vor rund hundert Jahren. Seither lebt die Sprache. Schreibweisen ändern sich also durch Gebrauch, und die Duden-Redaktion hat das immer mitgemacht; aus Friseur wurde zB gleichberechtigt Frisör, aus Elephant wurde Elefant.

Was zum Geier war es überhaupt nötig, an der Sprache herumzupfuschen? Warum nicht auch gleich an der Phonologie des Deutschen, damit alle eine einfache, hochverständliche Aussprache bekommen?

Herzlich, Zettel

Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

08.01.2008 03:32
#11 RE: Warum die "Rechtschreibreform" ein Unfug ist Antworten



Schonmal nen Bayern oder Sachsen dabei erlebt, wie er krampfhaft versucht, Hochdeutsch zu sprechen und es partout nicht hinbekommt ?

M.Schneider Offline



Beiträge: 672

08.01.2008 09:33
#12 RE: Warum die "Rechtschreibreform" ein Unfug ist Antworten

Lieber Zettel

Ich schreibe meine Antworten im Unterpfad, damit das Thema zusammen bleibt.
Das ist sicher sinnvoller.

Herzlich M.Schneider

C. Offline




Beiträge: 2.639

08.01.2008 10:25
#13 RE: Warum die "Rechtschreibreform" ein Unfug ist Antworten

In Antwort auf:
Schonmal nen Bayern oder Sachsen dabei erlebt, wie er krampfhaft versucht, Hochdeutsch zu sprechen und es partout nicht hinbekommt ?


Wir können alles. Außer Hochdeutsch. Wir sprechen mitteldeutsch, wohingegen die Bayern oberdeutsch sprechen. Allerdings gehört beides zu den hochdeutschen Dialekten, um die Verwirrung endgültig zu machen. Was fälschlicherweise als "hochdeutsch" bezeichnet wird ist das künstliche "Standard"deutsch, das deutsche Esperanto. Es ist erlernbar, auch für Pfälzer. aber das führt dann doch etwas zu weit weg, da die Diskussion wohl eher um das Schriftdeutsche geht.

Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

08.01.2008 13:47
#14 RE: Warum die "Rechtschreibreform" ein Unfug ist Antworten

Auch für Pfälzer ? Das lassen sich Kohl und K.Beck aber wirklich nicht anmerken

Frankfurter Offline



Beiträge: 233

09.01.2008 15:54
#15 RE: Warum die "Rechtschreibreform" ein Unfug ist Antworten
Lieber Sparrowhawk,

"Auch für Pfälzer?" als jemand der in der Pfalz geboren und aufgewachsen ist, und in Bad Dürkheim/Weinstrasse in die Schule ging, fühle ich mich leicht beleidigt.

Helmut Kohl spricht ein einwandfreies Hochdeutsch. Das eine gewisse regionale Färbung herauszuhören ist, halte ich für vollkommen in Ordnung. Auch bei mir nach Jahrzehnten in Frankfurt, kann man, wenn man genau zuhört auch heraushören, dass ich nicht in Hannover grossgeworden bin. So What?
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.01.2008 00:26
#16 RE: Warum die "Rechtschreibreform" ein Unfug ist Antworten

Zitat von Frankfurter
Auch bei mir nach Jahrzehnten in Frankfurt, kann man, wenn man genau zuhört auch heraushören, dass ich nicht in Hannover grossgeworden bin. So What?

Ei bleiwe Se, wie Se sinn.

Un alles Gude im Neue Jahr,

Zeddel

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

10.01.2008 09:01
#17 RE: Asylrecht und Grundgesetz Antworten

Zettel,

In Antwort auf:
Dafür hat sich der Parlamentarische Rat 1949 entschieden (s.u.) Als noch niemand an Zuwanderung aus der Türkei, aus dem Nahen Osten, aus Afrika nach Deutschland dachte.


Ja und. Die Entscheidung durch den deutschen Verfassungsgeber ist dennoch gültig, egal was dieser angeblich (!!) im Blick hatte oder nicht. Beim Asylrecht geht es ja auch eben nicht um Zuwanderung.

In Antwort auf:
Da haben Sie mich mißverstanden, lieber str1977. Ich meinte nicht, daß das Asylrecht im GG für Deutsche als Nutznießer gedacht gewesen war. Sondern ...


Okai, akzeptiert.

In Antwort auf:
Solche Menschen sollten, lieber str1977, nach meiner Überzeugung auch heute unbedingt Asyl erhalten. Aber nicht als einklagbares Recht.


Werden sie dann aber nicht. Im übrigen steht da nirgends "demokratischgesinnte politisch Verfolgte genießen Asylrecht" - und es wäre ja auch absurd. Sie können sich sicher sein, wie schnell das als Vorwand zur Ablehnung verwandt wurde. Sie als Antikommunist müßten wissen, was man mit dem Wort "Demokratie" alles machen kann. Und ich sehe auch nicht ein, warum es nur Demokraten sein dürften. Außerdem gibt sicher auch viele politische Gründe, die sich nicht so einfach auf die doch eher schlichte und hohle "Demokratie"-Formel bringen lassen. Was viel passender wäre ist, daß darauf geschaut wird, daß ein Asylbewerber oder -suchender sich natürlich an die Gesetze hierzulande wie auch die politische Ordnung halten muß. Aber dafür brauchen Sie keine Abschaffung des Asylrechts sondern, wenn überhaupt, nur eine kleine Änderung am betreffenden Gesetz. Schließlich kann man Grundrechte auch verwirken. Man könnte auch den Klageweg vereinfachen.

In Antwort auf:
Viele wollen immer Vieles. Tatsächlich wurde die Verfassung bisher in ihrer Substanz nicht verändert; auch wenn es viele kleine Verfassungsänderungen gegeben hat.


Ja, Gott sei Dank. Aber sie versuchens immer wieder und zwar nicht nur die Kommunisten. Im übrigen muß man nicht erst anfangen sich zu sorgen, wenn die Substanz selbst angegriffen wird. Durch diverse verfassungswidrige Gesetze geschieht das schon.

In Antwort auf:
Darüber, daß das nicht geschieht, wacht der Supreme Court, dessen Richter auf Lebenszeit ernannt werden und also völlig unabhängig sind.


Das ist ja der Witz, Zettel. Das dies geschieht, darüber wacht der Supreme Court, die in den letzten Jahrzehnten genau das getan haben. Mich wundert, daß gerade Sie darüber hinweggehen, wo Sie sich doch so gerne über illegitime Ge- und Verbote aufregen. Sicher, dank den letzten Ernennungen ist man auf dem Weg der Besserung aber über den Berg ist man noch nicht.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.01.2008 13:22
#18 RE: Asylrecht und Grundgesetz Antworten

Lieber str1977,

mein Eindruck ist, daß wir die wichtigsten Argumente ausgetauscht haben. Lassen Sie mich deshalb auf einer etwas allgemeineren Ebene antworten:

Daß das Asylrecht Verfassungsrang hat, ist eine Besonderheit, die - meines Wissens - außer Deutschland kein Land der Welt hat.

Nun kann man fragen, ob wir da vielleicht ein Vorbild für die Welt sind, oder ob es sich um eine historische Besonderheit handelt, entstanden in einer bestimmten geschichtlichen Situation, die heute nicht mehr besteht. Woraus sich die Notwendigkeit ergibt, das GG in diesem Punkt an die Realität anzupassen.

Wenn ich Sie nicht falsch verstehe, dann neigen Sie der ersteren Meinung zu. Ich jedenfalls neige eindeutig und aus Überzeugung zur zweiten Meinung.



Was die damalige historische Situation angeht - die Beratungen des Parlamentarischen Rats in Bonn und der vorausgehenden Versammlung auf der, wenn ich mich recht erinnere, Insel Reichenau sind ja, soviel ich weiß, dokumentiert. Ich habe jetzt keine Zeit, das herauszusuchen - aber es dürfte sich klären lassen, wie das Asylrecht gemeint gewesen ist.

Sollte es auch für Menschen gelten, die gegen Freiheit und Demokratie gekämpft haben? Sollten auch Nazis politisches Asyl genießen, Falangisten, Franquisten? Ausländische Kollaborateure der deutschen Nazis?

Lieber str1977, ich halte das für ausgeschlossen. Und würde - weil ich zur ausführlichen Recherche, wie gesagt, jetzt keine Zeit haben - meinen, daß bitte Sie Ihre Interpretation belegen sollten, daß auch solche Personen nach der Intention des Parlamentarischen Rats unter "politisch Verfolgte" fallen sollten.

Aber selbst wenn Sie Recht hätten - für Wirtschaftsflüchtlinge, für Flüchtlinge aus Diktaturen, die selbst gar nicht politisch tätig gewesen waren, sondern nur unter den Verhältnissen gelitten hatten, sollte dieses Recht gewiß nicht gelten.



Der Kern meines Arguments ist aber ein anderer:

Wenn eine gesetzliche Regelung in dem Maß mißbraucht wird, wie das hier geschieht, dann wird sie ausgehöhlt. Man muß sie dann so ändern, daß sie wieder der ursprünglichen Intention entspricht.

So macht man es ja auch in allen anderen Bereichen. Wenn sich zB herausstellt, daß eine Regelung im Steuergesetz regelmäßig mißbraucht wird, dann schließt man dieses "Steuerschlupfloch". Wenn ein Anbieter von Waren die gesetzlichen Regelungen mißbraucht, dann ändert man die Gesetze so, daß er seine Kunden nicht mehr betrügen kann.

Die weitaus meisten, die in der Bundesrepublik politisches Asyl beantragen, sind keine politisch Verfolgten - noch nicht einmal als Kommunisten, Islamisten oder Faschisten.

Sie fliehen vor Bürgerkriegen, vor Armut. Sie werden sehr oft von ihren Familien nach Europa geschickt, um Geld zu verdienen. Sie kommen nach Deutschland, weil sie hier mit Drogen handeln wollen. Der Mißbrauch des Asylrechts ermöglicht es ihnen, erst einmal aufgenommen zu werden, und dann kann man weitersehen. Einige werden am Ende abgeschoben, viele nicht. Die haben es geschafft.

Die Folge ist, daß das politische Asyl in Deutschland zunehmend in Mißkredit geraten ist. Kaum jemand denkt bei Begriffen wie "Asylbewerber" und "Asylant" noch an Demokraten, die wegen ihres Kampfs für die Freiheit verfolgt werden. Diese werden mit Wirtschaftsflüchtlingen, mit Kriminellen in einen Topf geworfen.

Das ist zwar nicht mehr so schlimm wie vor der Änderung des Asylrechts, die wenigstens die schlimmsten Fälle von Mißbrauch eindämmt.

Aber ich halte es für einen inakzeptablen Zustand, gerade weil ich es für richtig halte, daß verfolgte Demokraten in demokratischen Ländern Aufnahme finden.



Eine letzte Anmerkung, lieber str1977: Wenn Sie der Meinung sind, daß jeder, der das will, nach Deutschland einwandern dürfen soll - dann sollten Sie meines Erachtens für ein entsprechendes Einwanderungsgesetz eintreten. Mit Asyl hat das aber nichts zu tun.

Herzlich, Zettel

Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

10.01.2008 15:19
#19 RE: Asylrecht und Grundgesetz Antworten
Zur Einstimmung mal kurz eine Liste der Mitglieder des Parlamentarischen Rats:

http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_M...ntarischen_Rats

Hier ein wenig mehr Details, v.a. mit Wochenschaubericht von 1948:

http://www.dhm.de/lemo/html/Nachkriegsja...rischerRat.html

Direkt vom Bundestag die Chronik des Herrenchiemseer Konvents:

http://www.bundestag.de/geschichte/chronik/15610.html


Hier mal die Frankfurter Dokumente:

http://www.derhistoriker.de/deutsch/04+F...om_01-07-48.pdf

oder

http://www.verfassungen.de/de/de49/frank...dokumente48.htm

Leider steht da nichts vom Asylrecht drin.


Zum Konvent von Herrenchiemsee hier etwas mehr:

http://books.google.com/books?id=V5Q--2J...qoDh8Y#PPA38,M1


Zum Thema "Asylrecht" hab ich auf die SChnelle nur eine kurze Passage gefunden:

"Wie andere europäische Verfassungen gewährleistet das Grundgesetz Asylrecht für politisch Verfolgte. Den Verfassungsvätern und -müttern waren 1948/49 die Erfahrungen der deutschen Verfolgten des Nationalsozialismus sehr gegenwärtig. 800.000 von ihnen hatten im Ausland Zuflucht gefunden, viele andere aber waren von den Nachbarstaaten in Verfolgung und Tod zurückgewiesen worden, oft mit der Begründung, sie seien Wirtschaftsflüchtlinge. Deshalb wurde bewusst eine Formulierung gewählt, die "generös" sein sollte (Carlo Schmid):"

http://www.bpb.de/wissen/098579427896462...r_und_Asyl.html

(BPB = Bundeszentrale für Politische Bildung)


Etwas mehr zum Asylrecht findet sich hier:

"Asyl und Flüchtlinge
„Politisch Verfolgte genießen Asylrecht", heißt es in Artikel 16a des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahre 1949. Damit genießt das Asylrecht in Deutschland einen besonderen Stellenwert. .

Es wird in Deutschland nicht nur - wie in vielen anderen Staaten - auf Grund der völkerrechtlichen Verpflichtung aus der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 gewährt, sondern hat als Grundrecht Verfassungsrang und kann vor Gericht eingeklagt werden.

Die besondere Bedeutung des Asylrechts in Deutschland geht vor allem auf die leidvollen Erfahrungen aus der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur zurück. Viele Deutsche waren in dieser Zeit selbst als Verfolgte auf den Schutz anderer Staaten angewiesen. Daraus ist der starke Wunsch nach einer besonderen Verantwortung für Menschen, die Schutz und Zuflucht vor Verfolgung suchen, entstanden.

Die Bedeutung des Asylrechts hat sich seit der Einführung eines gesetzlich geregelten Asylverfahrens 1953 wesentlich verändert. In den ersten Jahren der Bundesrepublik suchten noch vergleichsweise wenige Ausländer Asyl in Deutschland. In den ersten Jahrzehnten handelte es sich zudem vorwiegend um Flüchtlinge aus den damals kommunistisch regierten Ostblockstaaten, die auch größtenteils als asylberechtigt anerkannt wurden. Erst Mitte der 70er Jahre kamen vermehrt Asylbewerber aus anderen Staaten - und zunehmend auch solche, die tatsächlich nicht verfolgt waren. In den Jahren 1984 bis 1992 kam es in Deutschland zu einem starken Anstieg der Asylbewerberzahlen, der seinen Höhepunkt 1992 mit 440.000 Asylbewerbern erreichte. Gleichzeitig wurden immer weniger Asylbewerber als asylberechtigt anerkannt (1992 waren es 4,25 %). Der größte Teil suchte aus persönlichen Gründen eine Aufenthaltsmöglichkeit in Deutschland. Durch die hohen Antragszahlen dauerten die Verfahren erheblich länger, die Kosten für Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber stiegen. Das führte zu erheblichen gesellschaftlichen Spannungen, die sich auch negativ auf die Akzeptanz des Asylgrundrechts in der Bevölkerung auswirkten.

Der so genannte Asylkompromiss
Resultierend aus dieser Entwicklung erfolgte eine umfassende Reform des Asylrechts und die Einfügung von Artikel 16a Grundgesetz mit Zustimmung der Parteien CDU, CSU, SPD und FDP im Jahr 1993. Die Gewährung des Asylrechts in Form eines Grundrechts blieb bestehen. Es wurden aber Regelungen eingeführt, mit denen erreicht werden sollte, dass sich nur noch auf das Asylrecht berufen kann, wer tatsächlich als (politisch) Verfolgter auf den Schutz in Deutschland angewiesen ist. Das Asylrecht des Grundgesetzes besteht weiterhin neben den völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands.

Der Verpflichtung aus der Genfer Flüchtlingskonvention kommt Deutschland dabei auch insoweit nach, als in Anwendung dieser Konvention verfolgten Ausländern, die nicht als Asylberechtigte anerkannt werden können, im Rahmen des Aufenthaltsrechts Schutz vor Abschiebung gewährt wird."

(...)

Einschränkungen des Flüchtlingsbegriffs
Allgemeine Notsituationen wie Armut, Bürgerkriege, Naturkatastrophen oder Perspektivlosigkeit sind damit als Gründe für eine Asylgewährung grundsätzlich ausgeschlossen.

Nichtstaatliche Verfolgung
Die Einschränkung des Flüchtlingsbegriffs auf Ausländer, denen staatliche oder zumindest dem Staat zurechenbare Verfolgung droht, galt in Deutschland bis zum Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 auch im Hinblick auf die Gewährung des so genannten "kleinen Asyls", also der Anerkennung des Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Mit dem Zuwanderungsgesetz wurde der Flüchtlingsschutz insoweit deutlich verbessert. Nach dem jetzt gültigen Aufenthaltsgesetz kann in Anwendung der Konvention auch eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure zur Flüchtlingsanerkennung führen, wenn der Staat oder staatsähnliche Strukturen bzw. internationale Organisationen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten. Damit schließt sich Deutschland der Praxis in den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der überwiegenden internationalen Staatenpraxis an.

Geschlechtsspezifische Verfolgung
Umstritten war in der Vergangenheit, ob die Voraussetzungen für die Flüchtlingsanerkennung auch dann vorliegen, wenn eine Verfolgungsmaßnahme allein an das Geschlecht anknüpft. Auch im Hinblick auf diese geschlechtsspezifischen Verfolgungsmaßnahmen, von denen vor allem Mädchen und Frauen betroffen sind, bietet das neue Aufenthaltsgesetz einen verbesserten Schutz. Es stellt klar, dass eine Flüchtlingsanerkennung auch erfolgen kann, wenn in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention eine drohende Verfolgungsgefahr festgestellt wird, die allein an das Geschlecht anknüpft.

Ausschluss des Asylrechts
Der Schutzanspruch aus dem Asylrecht gilt nicht grenzenlos. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit bereits festgestellt, dass es für den Staat eine Grenze gibt, über die hinaus eine Schutzverpflichtung nicht mehr besteht. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn sich ein Asylsuchender terroristisch betätigt hat. Das Asylrecht steht daher unter einem so genannten Terrorismusvorbehalt. Eine Asylanerkennung ist auch ausgeschlossen, wenn der Asylsuchende als eine Gefahr für die Sicherheit Deutschlands anzusehen ist oder wegen der Begehung besonders schwerer Straftaten eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. In diesen Fällen war auch bereits in der Vergangenheit die Flüchtlingsanerkennung nach der Genfer Flüchtlingskonvention verwehrt. Mit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar 2002 wurden zusätzliche Ausschlusstatbestände in Anlehnung an die Flüchtlingskonvention eingeführt, die eine Flüchtlingsanerkennung ausschließen. Danach kommt eine Anerkennung und die Gewährung von Abschiebungsschutz nicht in Frage, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Betreffende ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder außerhalb Deutschland ein schweres nichtpolitisches Verbrechen begangen hat oder dass er gegen Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen gehandelt hat."

http://www.zuwanderung.de/1_fluechtlinge.html


Leider hab ich auf die Schnelle auch keine Protokolle der Tagungen des Parlamentarischen Rats gefunden... "yet another one may succeed" (Mary Shelley, "Frankenstein").
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.01.2008 19:07
#20 RE: Asylrecht und Grundgesetz Antworten

Lieber Sparrowhawk,

vielen Dank für diesen informativen Beitrag!

Ja, richtig, Herrenchiemsee. Interessant, welche Informationen noch hängenbleiben und welche man vergißt. Mir war offenbar noch "Insel in einem süddeutschen See" gegenwärtig gewesen.

Aus dem Material, das du zusammengestellt hast, geht ein Unterschied hervor, der wichtig ist, der aber in dieser Diskussion oft übersehen wird: Der zwischen der Aufnahme von Asylsuchenden und der Aufnahme von Flüchtlingen.

Flüchtlinge müssen nicht politisch verfolgt worden sein. Auch diejenigen, die in meiner Jugend als einzige bei uns "Flüchtlinge" genannt wurden - die Heimatvertriebenen, die aus Ostpreußen usw. vor der Roten Armee Geflüchteten - waren ja nicht politisch verfolgt worden.

Jedenfalls die meisten nicht; und vertrieben worden oder geflohen waren sie nicht wegen ihrer politischen Arbeit, sondern weil sie Deutsche waren. Darunter ja auch Sozialdemokraten wie Wenzel Jaksch.

Solche Flüchtlinge aufzunehmen verpflichtet uns die Genfer Konvention. Der Paragraph 16a GG bezieht sich aber auf einen ganz anderen Personenkreis, nämlich eben "politisch Verfolgte".

Und da wäre es nun interessant, zu wissen, ob damit - wie ich vermute - nur politisch verfolgte Demokraten gemeint waren, wie die erwähnten Hunderttausende deutscher Emigranten, oder ob z.B. auch verfolgte Faschisten unter diesen Paragraphen fallen sollten.

Herzlich, Zettel

Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

10.01.2008 19:54
#21 RE: Asylrecht und Grundgesetz Antworten

"Jedenfalls die meisten nicht; und vertrieben worden oder geflohen waren sie nicht wegen ihrer politischen Arbeit, sondern weil sie Deutsche waren. Darunter ja auch Sozialdemokraten wie Wenzel Jaksch. Solche Flüchtlinge aufzunehmen verpflichtet uns die Genfer Konvention."

Was wir ja auch z.B. im Zuge des Jugoslawienkriegs getan haben, als v.a. viele Bosnier auf der Flucht waren.

"Und da wäre es nun interessant, zu wissen, ob damit - wie ich vermute - nur politisch verfolgte Demokraten gemeint waren, wie die erwähnten Hunderttausende deutscher Emigranten, oder ob z.B. auch verfolgte Faschisten unter diesen Paragraphen fallen sollten."

Das ist in der Tat ein sehr interessanter Punkt, der, falls er bei den damaligen Tagungen des Parlamentarischen Rats besprochen wurde - mangels Quellen vermag ich im Folgenden nur zu spekulieren - dürfte er für einige Kopfschmerzen gesorgt haben.
Nun gut, bei verfolgten Demokraten wird es da sicherlich kein Problem gegeben haben, da dürfte man sich durch die Bank weg einig gewesen sein.
Bei verfolgten Kommunisten... ich schätze, aber auch hier kann ich erstmal nur spekulieren, hätte man sich sicherlich auch dazu durchringen können, sie aufzunehmen. Schließlich wurden sie ja noch 3 Jahre vorher im Dritten Reich auch verfolgt und in den Lagern ermordet. Vielleicht würde man sie deshalb mit einschließen, als eine Art "Wiedergutmachung" oder irgendwas in der Art (ein passenderer Ausdruck fällt mir gerade nicht ein). Woebi natürlich auch politisch verfolgte Kommunisten politisch verfolgte sind und somit der Asylparagraph zutrifft.
Ob man aber verfolgten Faschisten Asyl gewähren wollte, das dürfte der große Kopfschmerzpunkt sein. Kurz vorher hatte man die Extremfassung davon im eigenen Land, war bis zum Umsturz in Italien mit Mussolini verbündet, und dann soll man sie wieder aufnehmen ? Andererseits... auch politisch verfolgte Faschisten sind politisch Verfolgte, die eigentlich den entsprcehenden Asylstatus genießen müssten.

Außerdem fehlt noch die Definition von "politisch verfolgt." Oberflächlich gesehen... Jemand, der wegen seiner politischen Zugehörigkeit, Ansichten und/ oder Arbeit im eigenen Land staatlichen Repressionen ausgesetzt ist. Was aber, wenn seine Arbeit mit den Kategorien "Demokrat", "Kommunist" oder "Faschist" nichts zu tun hat ?

Ich gebe einmal ein Beispiel: Im Iran werden öfter mal Leute am nächsten Kran aufgehängt, weil sie schwul sind. Angenommen, es gäbe Aktivisten im Iran, die sich dafür einsetzen, daß die staatliche Drangsalierung von Homosexuellen im Iran aufhört. Das ist ja dann auch politische Arbeit. Was, wenn diese Aktivisten aufgrund ihrer politischen Arbeit staatlich verfolgt werden ? Sie müssen nicht unbedingt Demokraten, Kommunisten oder Faschisten sein... wäre das dann auch politische Verfolgung und würden diese Aktivisten unter die Asyldefinition fallen ?

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

16.01.2008 21:27
#22 RE: Asylrecht und Grundgesetz Antworten

In Antwort auf:
Nun kann man fragen, ob wir da vielleicht ein Vorbild für die Welt sind, oder ob es sich um eine historische Besonderheit handelt, entstanden in einer bestimmten geschichtlichen Situation, die heute nicht mehr besteht. Woraus sich die Notwendigkeit ergibt, das GG in diesem Punkt an die Realität anzupassen.

Wenn ich Sie nicht falsch verstehe, dann neigen Sie der ersteren Meinung zu. Ich jedenfalls neige eindeutig und aus Überzeugung zur zweiten Meinung.


Ja, Zettel, sie verstehen mich falsch.

Ich glaube nicht, daß wir ein "Vorbild für die Welt" sind. Jedes Land kann und soll sich da so oder so entscheiden.

Ich glaube, daß es sich um "eine Besonderheit" handelt, "entstanden in einer bestimmten geschichtlichen Situation".

Ich glaube aber nicht, daß es einen Unterschied macht, ob "die geschichtlichen Situation ... heute nicht mehr besteht".

Und schon gar nicht glaube ich an die angeblich "Notwendigkeit ... das GG in diesem Punkt an die" (angebliche) "Realität anzupassen." Das lehne ich sogar entschieden ab, unser GG andauernd anzupassen, weil irgendjemandem irgendwas nicht paßt. Da bin ich ganz Verfassungspatriot.

Ganz abgesehen davon, daß ich finde, daß man alle Probleme, die sich hier ergeben, auch im Ausführungsgesetz regeln kann.

Herzlich (aber dennoch entschieden),
Str1977



str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

16.01.2008 21:39
#23 RE: Asylrecht und Grundgesetz Antworten
Und noch ein paar einzelne Bemerkungen:

In Antwort auf:
Ich habe jetzt keine Zeit, das herauszusuchen - aber es dürfte sich klären lassen, wie das Asylrecht gemeint gewesen ist.

Sollte es auch für Menschen gelten, die gegen Freiheit und Demokratie gekämpft haben? Sollten auch Nazis politisches Asyl genießen, Falangisten, Franquisten? Ausländische Kollaborateure der deutschen Nazis?


Der Verfassungstext ist klar, "Politisch verfolgte genießen Asyl", nicht "politisch verfolgte Demokraten". Das ist schon nötig, weil sonst die Gesinnungen der Asylsuchenden untersucht werden müßten, ob denn nun ihre Gesinnung asylwürdig sei. Es geht aber nicht um Gesinnungen, die Asyl genießen, sondern um die Menschen. Egal, was die Väter und Mütter des GG sich dabei gedacht haben. Unser GG ist besser ausformuliert als die amerikanische Verfassung (und hiesige Richter auch weniger kreativ was die Grundrechtserzeugung aus dem Nichts angeht), weshalb wir nicht nötig haben, diese Intentionsforschugn zu betreiben.[/quote]

In Antwort auf:
für Wirtschaftsflüchtlinge, für Flüchtlinge aus Diktaturen, die selbst gar nicht politisch tätig gewesen waren, sondern nur unter den Verhältnissen gelitten hatten, sollte dieses Recht gewiß nicht gelten.


Natürlich nicht. Gilt es ja auch nicht. Ein Problem ergibt sich höchstens bei der praktischen Umsetzung.

In Antwort auf:
Wenn eine gesetzliche Regelung in dem Maß mißbraucht wird, wie das hier geschieht, dann wird sie ausgehöhlt. Man muß sie dann so ändern, daß sie wieder der ursprünglichen Intention entspricht.


Ja und nein. Sie muß so geändert (aber nicht abgeschafft werden), daß die vorhandenen Mißbräuche unterbunden werden. Ich bin vorsichtig was die Intention angeht, denn wie oben dargelegt kann man auch dabei auch von falschen oder irrelevanten Intentionen ausgehen.

In Antwort auf:
Die weitaus meisten, die in der Bundesrepublik politisches Asyl beantragen, sind keine politisch Verfolgten - noch nicht einmal als Kommunisten, Islamisten oder Faschisten.


Dann muß man den Antrag eben ablehnen. Und das geschieht ja wohl auch. Ich finde Sie kochen hier kalten Kaffee noch mal auf, der aktuell war als ich noch Realschulbänke drückte.

In Antwort auf:
Kaum jemand denkt bei Begriffen wie "Asylbewerber" und "Asylant" noch an Demokraten, die wegen ihres Kampfs für die Freiheit verfolgt werden. Diese werden mit Wirtschaftsflüchtlingen, mit Kriminellen in einen Topf geworfen.


Ja das mag so sein. Sie z. B. tun sogar beides. Meiner Ansicht nach ist aber ein Asylant weder das eine noch das andere. Übrigens, des einen Freiheitskämpfer ist des anderen Terrorist, sie den bekannten Italiener von den Roten Brigaden, der bei Mitterand Aufnahme fand. Das ist insofern ein Skandal, weil er ein Mörder ist, nicht weil er Kommunist wäre.

In Antwort auf:
Eine letzte Anmerkung, lieber str1977: Wenn Sie der Meinung sind, daß jeder, der das will, nach Deutschland einwandern dürfen soll - dann sollten Sie meines Erachtens für ein entsprechendes Einwanderungsgesetz eintreten. Mit Asyl hat das aber nichts zu tun.


Was soll die Unterstellung? Einwanderung ist etwas anderes ... für ungebremste Einwanderung bin ich sicher nicht.
Enha Offline



Beiträge: 59

22.01.2008 16:51
#24 RE: Warum die "Rechtschreibreform" ein Unfug ist Antworten

Haben Sie noch nicht gemerkt,dass Ihrem Wunsch nach einer allgemeinen un(d)verständlichen Phonologie tagtäglich z.B. in der Tagesschau der ARD entsprochen wird. Klar und deutlich artikuliert der Sprecher: "Noaden" (Norden) oder "Mär" (Meer). Aber man erfährt in der "Schule der Nation" auch, dass die Kreuzritter "ein Schild" (Neutrum) trugen, statt sich mit einem Schild (Maskulinum) zu schützen. Sicher, eine Sprache verändert sich im Laufe der Zeit. Doch scheint hier eine Minderheit mit durchaus anzuzweifelnder Qualifikation der Mehrheit einen dauerhaften Stempel aufdrücken zu wollen. Hierzu zählen auch das Überschwappen der Fäkalsprache und des "Denglischen".
Übrigens, ist Ihnen schon aufgefallen, dass die Anzahl der Falschschreibungen in einigen Tageszeitungen in den letzten (zehn) Jahren deutlich angestiegen ist?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

22.01.2008 21:46
#25 RE: Warum die "Rechtschreibreform" ein Unfug ist Antworten

Liebe(r) Enha,

Zitat von Enha
Aber man erfährt in der "Schule der Nation" auch, dass die Kreuzritter "ein Schild" (Neutrum) trugen, statt sich mit einem Schild (Maskulinum) zu schützen.

Ja, mit den Genera ist das so eine Sache. Ich würde mich nicht wundern, wenn "das Schild" für die Abwehrwaffe demnächst auch im Duden stehen würde. So, wie statt des richtigen "der Primat" inzwischen - das habe ich gerade nachgesehen - auch "das Primat" als richtig gilt.
Zitat von Enha
Sicher, eine Sprache verändert sich im Laufe der Zeit. Doch scheint hier eine Minderheit mit durchaus anzuzweifelnder Qualifikation der Mehrheit einen dauerhaften Stempel aufdrücken zu wollen. Hierzu zählen auch das Überschwappen der Fäkalsprache und des "Denglischen".

Kürzlich habe ich einen erwachsenen Teilnehmer an irgendeiner Diskussionsrunde sagen hören, er fände irgend etwas "geil". Und der meinte nicht, daß es ihn in sexuelle Erregung versetzt hatte, sondern er hatte es einfach nur beeindruckend gefunden.
Zitat von Enha
Übrigens, ist Ihnen schon aufgefallen, dass die Anzahl der Falschschreibungen in einigen Tageszeitungen in den letzten (zehn) Jahren deutlich angestiegen ist?

Ja. Überall. Übrigens auch in meinen Texten.

Bis zur Einführung von Neuschreib war ich in Rechtschreibung (nach meiner bescheidenen Einschätzung) absolut sicher. Jetzt bemühe ich mich, die alte Rechtschreibung beizubehalten; aber natürlich gerät man allmählich unter den Einfluß dessen, was man ständig liest. Also schreibe ich jetzt eine Mischung aus alter, neuer und gar keiner Rechtsschreibung.

Herzlich, Zettel

PS: Herzlich willkommen in kleinen Zimmer!

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