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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 82 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Llarian Offline



Beiträge: 7.120

22.05.2022 13:36
#51 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #47
1. Ich gehe davon aus, ihr habt eure verschiedenen Positionen verstanden

Ich gehe nicht davon aus.

Zitat
2. Ihr (und das schließt Llarian ein ;-) ) wolltet den Graben künstlich etwas vergrößern, um eure jeweilige Position herauszuarbeiten.


Und auch das ist leider nicht ganz richtig (das einzige was ich getan habe ist die Bratwurst überbetont, weil sie so lächerlich erscheint). Ich habe da nix vergrößert sondern nur mein Abscheu davor dargestellt, wie lapidar manche Leute mit Rechten umgehen, die alles andere als selbstverständlich sind und die von vielen Leuten mit ihrem Leben erkämpft wurden. Ich finde diese Verachtung abstoßend, da habe ich nichts vergrößert, das ist meine Meinung. Deswegen bin ich für keine Wahlpflicht und auch nicht der Meinung, dass man an der Einseitigkeit nicht verzweifeln kann. Darf man. Aber das ist ein Prozess. Und auch wenn HR2 das nicht verstehen will, es ist ein himmelweiter Unterschied ob ich reflektiert zu keinem Ergebnis komme, mir Arbeit gemacht habe, aber kein Ergebnis finden kann, oder lieber in der Sonne gelegen habe und den Sonntag genossen habe. Und auch noch stolz drauf bin.

Vielleicht als Vergleich (ja, der darf auch ein bischen hinken): Es ist ein Unterschied ob sich jemand einen Tag hingesetzt hat, versucht hat eine Aufgabe zu lösen, aber daran wieder und wieder gescheitert ist, als jemand, der stattdessen lieber gezockt hat und sich nicht einmal die Aufgabenstellung angesehen hat. Obwohl beide keine Lösung gefunden haben. Ich habe genau diese beiden Extreme auf der Uni erlebt (das ist nicht überzeichnet) und das nicht nur einmal. Mit den Studenten aus der ersten Gruppe kann ich etwas anfangen, denn sie nehmen das ernst was sie tun, und viele brauchen nur einen Push, um in die richtige Richtung zu kommen. Vielleicht auch nicht, aber dann finden sie etwas anderes. Die zweite Gruppe dagegen stiehlt nur mir und anderen die Zeit. Sie haben keinen Respekt vor der Arbeit anderer und sehen nur den eigenen, kurzfristigen Vorteil. Das kann ich nicht leiden.

Und noch weniger kann ich es leiden, wenn jemand damit kokettiert. Um wieder beim Vergleich zu bleiben, das Studenten auch mal faul sind und lieber das Bier trinken als ins Buch zu schauen, das weiß ich. Ich bin ja nicht blöde und ich war ja auch mal Student. Und dann gibts einen ganzen Strauß von Ausreden, warum das so ist. Gut, so ist der Mensch. Und wenn das einmal, zweimal vorkommt, naja, nun denn. Aber wenn mir jemand erzählt, ja, ich wollte die Aufgabe nicht machen, weil ich die ganze Woche auf Partys war und mit einem Schädel ja nicht arbeiten kann, dann würde ich nachfragen ob er noch alle am Helm hat und ihn, falls er es dann immer noch nicht merkt, schlicht rausschmeissen.

Und, um den Bogen dann zu schließen: Respekt vor demokratischen Institutionen, Rechten und Prozessen kann man nicht erzwingen. Sollte man auch nicht erzwingen. Aber deswegen muss man Respektlosigkeit nicht gut heißen.

PS. Und was den Namen angeht, so weiß ich wohl wie Du heißt. ich weiß auch wie Du mit Nachnamen heißt und wo Du wohnst ("ich weiß wo dein Auto steht!" :) ). Ich weiß das von einigen. Ich denke nur, die legen ebenso wert darauf, dass ich bei den Pseudonymen bleibe. Und auch wenns mich in den Fingern juckt: There is no way on earth I'm calling you Moppelchen.

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.286

22.05.2022 15:05
#52 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Eine Nichtwählerpartei, die es bei einer Wahlbeteiligung von ca. 50-60% nicht ins Parlament schafft wäre auf jeden Fall exakt mein Humor.
...und nach meiner Einschätzung wäre so ein Szenario gar nicht mal unwahrscheinlich...

Schwarzhut Offline



Beiträge: 61

22.05.2022 15:16
#53 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Lieber Frank 2000,

einerseits habe ich viel Verständnis für Deine Frustreaktion. Als anständiger, braver, konservativer Bürger dieses Landes, hat man keine Partei zur Auswahl, der man spontan und bedenkenlos zustimmen kann. Es finden sich überall mehr oder weniger Haare in der Suppe. 
Andererseits muss man, wenn sich an den Zuständen etwas ändern soll, konsequent diejenige Seite unterstützen, die gegen die Zustände opponiert.
Früher, vor längerer Zeit, gab es in Deutschland im wesentlichen 3 Parteien, Sozialdemokraten, Konservative und sog. Freie Demokraten, die sich mal so, mal so durchlavierten.
Solange beide Großparteien unterschiedliche Gesellschaftsentwürfe vertraten und etwa gleich stark waren, war der ausgeglichene Kompromiss zwar ein langweiliges, aber für die Mehrzahl der Menschen zufriedenstellendes Ergebnis.
Ich habe damals meine Wahlentscheidung immer so getroffen, dass möglichst keine Partei alleine regieren konnte. Das haben viele so gemacht und wir sind damit gut gefahren.
Inzwischen wurde die konservative Seite zugunsten einer breiten, parteiübergreifenden Linksideologie praktisch eliminiert. 
Die von Merkels Politik versprengten Konservativen fanden sich in der neu gegründeten AfD zusammen und wurden sofort als Nazis, Faschisten, Ausländerfeinde , Europa-Gegner und ewig Gestrige diffamiert. 
Im Laufe der Jahre wurden bürgerlich Konservative in der AfD durch entsprechendes Framing , öffentliche Bloßstellung und Diffamierung, Aktionen des Verfassungsschutzes, und systematisches AfD-Bashing in allen Medien, aus der Partei gedrängt. 
Geschäftsleute, Selbstständige, Beamte,und Angestellte im öffentlichen Dienst, Intellektuelle verließen die Partei aus Angst vor öffentlicher Diskriminierung und beruflichen Nachteilen. Wirtsleute und Veranstalter wurden offen bedroht, wenn sie Räumlichkeiten für Veranstaltungen oder Stammtische zur Verfügung stellen wollten, Veranstaltungen in der Öffentlichkeit konnten nur unter Polizeischutz stattfinden. Gleichzeitig begannen Leute mit extremeren Ansichten die Partei zu beeinflussen und zu infiltrieren. (zum Teil absichtlich von Außen gesteuert!) Vor allem in den östlichen Bundesländern, die gegenüber nationalen Positionen weniger Berührungsängste haben, als der seit 45 systematisch indoktrinierte Westen, verfingen diese oft extremen Positionen leichter. 
Zudem bewährte sich ein gut organisierter Ansatz mit Unterstützern auf Parteitagen, um die entsprechenden Protagonisten, trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit, in leitende Positionen zu bringen. 
Die Presse nutzte dabei jede Gelegenheit, diese Protagonisten als Meinungsführer aufzubauschen und die vielen vernünftigen, gemäßigten Parteifunktionäre zu marginalisieren. Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt!
 Letztendlich ist es aber Schuld der gemäßigten Kräfte, die nicht genug Durchhaltewillen und Engagement an den Tag legten, um diese zahlenmäßig kleine Gruppe unbedeutend erscheinen zu lassen. 

Statt nun als bürgerlich, Konservativer in Resignation und Wahlenthaltung zu verfallen, wäre der Eintritt in die einzige Oppositionspartei eine echte Alternative. Nur durch konsequentes Engagement von gemäßigt, konservativen Kräften lässt sich die innere Ausrichtung dieser Partei beeinflussen. Eine Infiltration durch die Vernünftigen!
Allerdings sind bei vielen Neueinsteigern die Erwartungshaltungen völlig unrealistisch. Die Vorstellung, mit wenigen guten Argumenten die Meinungsführerschaft zu erobern und ohne mühsame Basisarbeit an die Spitze zu kommen, ist weit verbreitet und führt zu schneller Frustration.
 Gerade beruflich erfolgreiche Personen, sind oftmals wenig kompromissbereit und stecken schnell auf, wenn sie nicht alle ihre Ideale gleich umsetzen können. 
Der Höhenflug der Grünen ist nicht ihrer geistigen Überlegenheit, sondern der über viele Jahre gesponnenen Netzwerke in allen gesellschaftlichen Gruppen und speziell den Medien geschuldet. 
Letztendlich ist alles Propaganda und wir Konservative glauben immer noch, dass gute Argumente entscheiden. Welch ein Irrtum!
Noch einen schönen Sonntag!

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

22.05.2022 16:49
#54 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Lieber Schwarzhut,
du kannst das nicht wissen: ich gehörte zur ersten Mitgliederwelle der AfD. Meine Mitgliedsnummer war 1002 oder so. Ich war auf dem ersten Parteitag und kenne die alle persönlich: Lucke, Petry, Gauland...

Meine Zeit bei der AfD ist vorbei und meine Zeit mit der AfD scheint auch zu Ende zu gehen.

Dann schon eher eine Kleinstpartei - das Argument mit der Parteienfinanzierung hat was für sich.

___________________
Verbote sind Freiheit. Meinungen sind Terror. Quoten sind Leistung. Linke Regierung ist Familie. (c) Rot-Grüne Allianz
“Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten mäßig entstellt”, Georg Cristof Lichtenberg
"Warum halten sie Begriffe wie 'Zigeunersoße' für rassistisch, aber 'Schei** Juden' für harmlos?", Hamed Abdel-Samad

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

22.05.2022 16:57
#55 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

@Llarian
Hm, so ganz hab ich meine These wohl doch nicht erklären können. Ich bin jetzt hier kein Mediator oder so. Aber mein Eindruck ist:
HR2 wollte ausdrücken, dass er nicht aus 100% Faulheit zu Hause geblieben ist, sondern sehr wohl mangels Angebot.
Er hat sich also das Angebot angeschaut, nix für sich gefunden, und ist dann zum Schluss gekommen, dass ein freier Sonntag besser ist als ein leerer Wahlzettel.

Wenn man eine solche Sichtweise ändern möchte, dann eher mit Argumenten ("Warum leere Wahlzettel sinnvoll sind") als mit persönlichen Angriffen.

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HR2 Offline



Beiträge: 1.008

22.05.2022 22:14
#56 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #55

HR2 wollte ausdrücken, dass er nicht aus 100% Faulheit zu Hause geblieben ist, sondern sehr wohl mangels Angebot.
Er hat sich also das Angebot angeschaut, nix für sich gefunden, und ist dann zum Schluss gekommen, dass ein freier Sonntag besser ist als ein leerer Wahlzettel.



So ist es, so war es. Ich habe ganz bewusst zum ersten Mal in meinem Leben nicht gewählt.
Ich habe diese Auswahl entschieden abgelehnt.
Frustriert finde ich mich im fatalistischen Lager wieder, das ich als überzeugter "Macher" immer angegriffen hatte.
Ich habe innerlich keinen Vertrag mehr mit diesem Land, nur die Hoffnung, dass die Realität es richtet.

Frankenstein Offline




Beiträge: 891

23.05.2022 00:27
#57 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Schwarzhut im Beitrag #53
Der Höhenflug der Grünen ist nicht ihrer geistigen Überlegenheit, sondern der über viele Jahre gesponnenen Netzwerke in allen gesellschaftlichen Gruppen und speziell den Medien geschuldet. 
Letztendlich ist alles Propaganda und wir Konservative glauben immer noch, dass gute Argumente entscheiden. Welch ein Irrtum!

Obwohl Liberaler, trat Ludwig Erhard seinerzeit der CDU bei (was Liberale ihm auch sehr übel genommen hatten), und zwar mit der Begründung, dass es nötig wäre, dass auch in der CDU Liberale vertreten wären.

Aufgrund der für mich sehr überraschenden Ansage bezüglich des Angriffkriegs Russlands bin ich mittlerweile am Überlegen, ob ich aus ähnlichen Gründen (dass dort auch konservativ-liberale Positionen vertreten werden sollten) nicht den Grünen beitreten sollte. Rein soziokulturell bin ich halt einfach im grün-alternativen Milieu verankert, während ich mich bei CDU und FDP eher wie ein Fisch an Land fühle.

Obwohl die größte Schnittmenge lange Zeit mit der AfD bestand (und ich absoluter Stammwähler war, bis sich die AfD de facto mit Putin solidarisierte), finde ich den Großteil der AfD-Politker strange bis widerwärtig/ekelhaft und könnte mir eigentlich kaum vorstellen, mit solchen Leuten privat in irgendeiner Form näher was zu tun haben zu wollen (Ausnahmen bestätigen die Regel).

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

23.05.2022 01:02
#58 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #55
HR2 wollte ausdrücken, dass er nicht aus 100% Faulheit zu Hause geblieben ist, sondern sehr wohl mangels Angebot. Er hat sich also das Angebot angeschaut, nix für sich gefunden, und ist dann zum Schluss gekommen, dass ein freier Sonntag besser ist als ein leerer Wahlzettel.

Das ist eine schöne, goldene Brücke, die Du ihm da baust (und es war auch klar, dass er sofort darauf anspringt), aber der Hund hat doch ein paar Flöhe: Wenn ich zu einem solchen Schluss gekommen bin, dann kokettiere ich nicht damit was für einen tollen Sonntag ich stattdessen gehabt habe, während "die anderen" zur Wahl bewegt haben. Das ist schlicht Hochmut. Und Hochmut passt überhaupt nicht zu "Ich habe nix gefunden".

Zitat
Wenn man eine solche Sichtweise ändern möchte, dann eher mit Argumenten ("Warum leere Wahlzettel sinnvoll sind") als mit persönlichen Angriffen.


Ich kenne HR2 ja nun auch schon eine Weile und ich bin absolut sicher, dass ich ihn mit keinem Argument der Welt auch nur irgendwie erreichen könnte. Das hatten wir schon bei anderen Themen und ist maximal sinnlos, drücken wir es freundlich aus, HR2 hat ein ziemlich gefestigtes Weltbild, dass sich meinen Argumenten nicht öffnet, egal welcher Natur. Der einzige Grund warum ich es hier aufgegriffen habe liegt nicht darin HR2 von irgendetwas zu überzeugen sondern darin meine Abscheu auszudrücken gegen die Verachtung mit der so viele (HR2 eben eingeschlossen) mit den Grundfesten unserer Gesellschaft umgehen.

Und, das geht jetzt weit über diesen Aspekt hinaus, ich sehe das grundsätzliche Muster davon an vielen großen und kleinen Stellen und es frisst mich an. Das ist jetzt allgemein gesprochen, kein konkreter Anwurf an irgendjemanden hier. Aber ich sehe folgendes: Leute beschweren sich permanent über Politik, sind aber nicht in der Lage auch nur einen Briefwahlbogen auszufüllen. Leute beschweren sich über die zunehmende Kälte in der Gesellschaft, haben in ihrem Leben aber noch nie einen Tropfen Blut gespendet. Leute beschweren sich, dass die Renten immer geringer werden, beschweren sich aber über Kinderlärm auf der Straße. Etc. pp. Das sind alles berechtigte Anliegen, aber die Leute sehen ihren eigenen Anteil dabei so gar nicht. Unsere, die deutsche Gesellschaft, die Bonner Republik von der Du selber ja gerne schwärmst, hat vor allem funktioniert, weil viele Dinge selbstverständlich waren, die eben in keinem Gesetzbuch stehen, das, was ich gesellschaftliche Kohäsion nenne, war sehr viel höher. Und die werden immer weniger selbstverständlich. Es ist nicht das politische Siechtum alleine, dass dieses Land zerstört, es ist auch das gesellschaftliche Siechen. Das will ich alles HR2 nicht an die Backe binden (himmelswillen!), aber das, was er hier vorgetragen hat, auch wenn er es vermutlich witzig gemeint hat, ist für mich ein Teil dieser Degeneration.

Johanes Offline




Beiträge: 2.637

23.05.2022 13:22
#59 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Hallo,

meine Person war bis Dato der Auffassung, dass es zu den Vorzügen des bundesrepublikanischen Systems in Abgrenzung etwa zum System der sog. "DDR" gehörte, die Entscheidung Jedem selbst zu überlassen ob und warum er wählt.

Es handelt sich letztlich um eine persönliche Entscheidung, die das verantwortliche Individuum mit sich und seinen Gewissen ausmachen muss. Insofern sehe ich hier keinen Ansatzpunkt für eine Diskussion.

Aus Sicht einer Person, die weder durch eine Partei politisch repräsentiert wird, noch taktisch das kleinere Übel wählen kann, gibt es ja in unserem System drei Optionen:
1.) Nichtwählen. Also vollständig wegbleiben von der Wahlkabine.
2.) Ungültig wählen. Also einen falsch ausgefüllten Wahlschein abgeben.
3.) Sonstiges Wählen.

Wobei (1) und (2) beides keine eindeutigen Signale sind. Man kann allenfalls eine gewisse Frustration vermuten, aber selbst das ist nicht sicher. Es könnte ja sein, dass es den Betroffenen so gut geht, dass er keinen Druck verspürt zu wählen.

Option (3) ist ja eigentlich verführerisch, aber sie kann als inhaltliche Zustimmung zu dieser Kleinstpartei fehlgewertet werden. Dagegen hat man ja extra die Partei "DIE PARTEI" gegründet, aber selbst die haben inzwischen ein vergleichsweise linkes und grünes Profil. Wenn man also eine explizit wirtschaftsliberale Industrie- oder eine konservative Familienpolitik will, dann kommt das eigentlich nicht in Frage.

Es wäre meines Erachtens schon ein starkes Signal an die etablierten Parteien, wenn eines Tages der graue Balken "sonstiges" auf 10% klettern würde. Die Stimmen wären zwar alle für den Papierkorb, aber Schlussfolgerung daraus wäre eigentlich klar.

Da wir jetzt ja sowieso bald eine Wahlrechtsreform kriegen werden, bin ich überzeugt, dass bei der nächsten Bundestagswahl viele lustige Dinge passieren werden. Ich beneide die Wahlhelfer nicht.
Es ist bekannt, dass weite Bevölkerungskreise sich mit solchen technischen Details wie den Wahlrecht nicht herumschlagen. Es reicht zu wissen, dass man wählen darf. Das deutsche System ist jetzt schon relativ komplex mit seiner Erst- und Zweistimme und der Verrechnung. Bei den Wahlen in NRW gab es soweit ich weiß schon eine Verbindung zwischen Direktmandat und Listenplatz...

Wünsche schöne Woche,

Johanes.

P.S.: Das mit dem bewussten Beitreten in eine Partei, in der man dann der Exot ist, ist ein zweiseitiges Schwert. Will man wirklich, dass in jeder Partei quasi bereits alle Meinungen vertreten sind? Erzeugt man damit keinen Einheitsbrei?
Bei Volksparteien geht es meines Erachtens aber schon okay.



Jemanden darauf hinzuweisen, dass er etwas Falsches gesagt hat, ist ein Freundschaftsdienst.
Es gehört zur politischen Weisheit, niemals einen Feind beim Fehlermachen zu unterbrechen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

23.05.2022 15:25
#60 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #59
Wobei (1) und (2) beides keine eindeutigen Signale sind.

Erstaunlicherweise schon, es ist nur nicht so bekannt. Wer einen leeren Stimmzettel abgibt (oder einschickt), der wird als ungültige Stimme durchaus registriert. Das ist ein Unterschied zum Nichtwählen und wird ebenso statistisch erfasst. Leider passiert es fast gar nicht, das kommt so alle 300 Stimmzettel einmal vor. Die meisten ungültigen Stimmen sind eher solche, wo der Wähler gemurkst hat.

Zitat
Option (3) ist ja eigentlich verführerisch, aber sie kann als inhaltliche Zustimmung zu dieser Kleinstpartei fehlgewertet werden. Dagegen hat man ja extra die Partei "DIE PARTEI" gegründet, aber selbst die haben inzwischen ein vergleichsweise linkes und grünes Profil. Wenn man also eine explizit wirtschaftsliberale Industrie- oder eine konservative Familienpolitik will, dann kommt das eigentlich nicht in Frage.


Also zunächst: Die Partei wurde nicht als "Enthaltung" gegründet, sondern weil Sonneborn die Chance sah das deutsche politische System zu parodieren. Was er bravourös dann auch getan hat (Sonneborn ist meiner Meinung nach einer der ganz, ganz großen Satiriker, weit begabter als die hochgelobte und bezahlte Prominenz, die durchs Fernsehen gereicht wird). Aber der letzte Satz tut es mir an: Wer eine wirtschaftsliberale Industrie und/oder eine konservative Familienpolitik sehen will sieht sich schlicht gar nicht repräsentiert. Eine solche Partei gibt es derzeit in NRW nicht. Dann wäre es in dem Sinne auch "egal", weil ich meine Ziele nicht erreiche. Dann kann ich auch eine Kleinpartei wählen, um zumindest meinen Unmut mit dem Establishment auszudrücken. Oder simpel: Auch wenn die Partei grün abstimmt, ist es besser die Partei zu wählen als zuhause zu bleiben. Grüne Sauce bekomme ich sowieso, da kann ich mich wenigstens über den Kellner lustig machen.

Zitat
Es wäre meines Erachtens schon ein starkes Signal an die etablierten Parteien, wenn eines Tages der graue Balken "sonstiges" auf 10% klettern würde. Die Stimmen wären zwar alle für den Papierkorb, aber Schlussfolgerung daraus wäre eigentlich klar.


Meine Rede. Seit Jahren nebenbei.

Zitat
Da wir jetzt ja sowieso bald eine Wahlrechtsreform kriegen werden, bin ich überzeugt, dass bei der nächsten Bundestagswahl viele lustige Dinge passieren werden. Ich beneide die Wahlhelfer nicht.


Beim Zählen wird das nicht so schlimm. Die Wahlhelfer zählen ja am Ende nur Stimmen, die tatsächliche Auswertung findet in einem Rechner statt und wir wollen mal davon ausgehen, dass der, der das umsetzen muss, dann auch dafür bezahlt wird den Quatsch zu lesen und zu verstehen. Das größere Problem an diesem "Reförmchen" ist, dass es die ganze Sache für den Wähler wieder schwer macht und das Parteien wie eben die Grünen nicht die geringsten Skrupel haben die Unwissenheit des Bürgers voll auszunutzen ("wenigstens die Zweitstimme für die Grünen"). Ich behaupte mal frei und weg, dass ein Drittel der Wähler den Unterschied zwischen Erst- und Zweitstimme nicht versteht. Was in der Praxis dann aber nicht so dramatisch ausfällt, weil 80% der Wahlzettel ohnehin beide für die selbe Partei ausgefüllt werden (was, nebenbei bemerkt, das Auszählen deutlich vereinfacht). Wenn jetzt noch eine dritte Stimme dazu kommt, dann wirds bei vielen Tilt machen, vor allem weil sie nicht verstehen, dass die Drittstimme ja gerade nicht mit der ersten identisch sein soll. Darauf freue ich mich viel mehr, dass den Leuten zu erklären.....

Zitat
Bei den Wahlen in NRW gab es soweit ich weiß schon eine Verbindung zwischen Direktmandat und Listenplatz...


Davon wäre mir nichts bekannt.

Morn Offline




Beiträge: 173

23.05.2022 19:42
#61 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Ich war gerade 27 als ich zum ersten Mal wählen konnte. Das war auch der Zeitpunkt an dem ich beschloss, an jeder freien Wahlmöglichkeit die sich mir bieten würde, teilzunehmen.
Ganz artig bedanke ich mich auch immer bei der Wahlbesatzung und mache meine Wertschätzung für ihr wichtiges Tun kund. Was des Öfteren zu erstaunten Blicken führt.

Bei der letzten Bundestagswahl ist es mir schon schwergefallen, was Gescheites zu finden.
Es war dann tatsächlich ein Beitrag (wahrscheinlich von Llarian ) hier im Forum, der mir half, die Kehre zu kriegen. Ich mag jetzt nicht lange suchen aber meiner Erinnerung nach ging es u.a. um den Vergleich zwischen Hamburg und Bremen und das die Bremer immer die gleichen wählen offenbar aber trotzdem eine Änderung/Verbesserung erwarten (ein Vergleich zur Definition von Wahnsinn passt hier nur ganz zufällig). Da war es klar, dass ich nicht wie zuvor wählen konnte. Der Söder hätte zurecht sagen können, dass der Morn ihn gewählt hat, weil er mit seiner Politik zufrieden sei.
Im Nachhinein ist dann das eingetreten, was ich insgeheim erhofft habe: die Schwarzen sollten in die Opposition und die SED ins Klo.

Aber es ist durchaus enger geworden in der Wahlmöglichkeit und Zeit zu nehmen, sich ein paar Kleinparteien zukünftig näher anzuschauen, könnte durchaus lohnen.

Gruß
Morn <><
______________________________________
First we take Manhattan, then we take Berlin
1987, L. Cohen

schattenparker Offline



Beiträge: 150

23.05.2022 21:14
#62 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

LKR ist nicht angetreten, haben die 500 Unterstützerunterschriften nicht geschafft.

Ich hatte zwei Wahlziele: die Opposition stärken und die Grünen schwächen. Beim Wahlomat kommt bei mir in der Regel die AfD auf die Plätze 1 bis 3 und zuverlässig die Grünen auf den letzten Platz, mit weitem Abstand und egal, wieviele Parteien noch antreten.

Ziel 1 hieß AfD wählen, Ziel 2 FDP

Habe mich dann zum erstenmal seit etlichen Jahren wieder für FDP mit Zweitstimme und für AfD mit Erststimme entschieden. Vielleicht kommt es ja mal im bürgerlichen Lager an, daß einige Wähler die dauernde Ausgrenzung der AfD für verrückt halten.

Nicht wählen ist keine Option, das stärkt die Grünen.

Johanes Offline




Beiträge: 2.637

24.05.2022 12:46
#63 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #60
Wer einen leeren Stimmzettel abgibt (oder einschickt), der wird als ungültige Stimme durchaus registriert.


Ja, aber es wird nicht statistisch erfasst, ob jemand mit der zittrigen Hand abgerutscht ist oder der Wahlschein bewusst falsch ausgefüllt wurde. Die Schlussfolgerung ist daher nicht eindeutig.

Zitat von Llarian
Das größere Problem an diesem "Reförmchen" ist, dass es die ganze Sache für den Wähler wieder schwer macht und das Parteien wie eben die Grünen nicht die geringsten Skrupel haben die Unwissenheit des Bürgers voll auszunutzen ("wenigstens die Zweitstimme für die Grünen").



Das ist leider ein Faktor, der von unseren Experten leider häufig nicht gesehen wird: Ein "gerechtes Wahlsystem" wird fast zwangsläufig komplizierter. Und je komplizierter es wird, umso schwerer ist es zu handhaben. Sowohl auf Seiten der Wähler, die jetzt plötzlich eine Ersatzstimme haben als auch von den Zählern als auch...

Unser jetziges System mit der Kombination aus Listen- und Personalwahl führt schon zu seltsamen Konstrukten wie negativen Stimmgewicht und Überhangmandaten.

Ich meine, faktisch funktioniert das System ja irgendwie. Nur wie viele "Anwender" verstehen es noch? Das Wahlsystem kann auch als eine Art "Kommunikationstool" der Bevölkerung verstanden werden.

Zitat von Llarian
Darauf freue ich mich viel mehr, dass den Leuten zu erklären.....





Mein Beileid.



Jemanden darauf hinzuweisen, dass er etwas Falsches gesagt hat, ist ein Freundschaftsdienst.
Es gehört zur politischen Weisheit, niemals einen Feind beim Fehlermachen zu unterbrechen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

24.05.2022 15:55
#64 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #63
Ja, aber es wird nicht statistisch erfasst, ob jemand mit der zittrigen Hand abgerutscht ist oder der Wahlschein bewusst falsch ausgefüllt wurde. Die Schlussfolgerung ist daher nicht eindeutig.

Das stimmt übrigens nicht. Tatsächlich gibt es drei Arten von ungültigen Stimmen. Die erste ist die, dass ein leerer Stimmzettel abgegeben wird. Die zweite ist die, dass nur eine von beiden Stimmen verwendet wird (dann ist die andere ungültig). Und dann gibt es die sogenannten "Kuriositäten". Das sind dann Stimmen mit mehreren Kreuzen, Verzierungen, Unterschriften, Sprüchen, etc. pp. Über die wird dann abgestimmt. Und sie sind nur dann ungültig, wenn der Wählerwille nicht erkennbar ist und der Wahlvorstand das so beschlossen hat. Wenn der Wählerwillen zu erkennen ist, dann ist das eine normal gültige Stimme. Entscheidend ist aber: Die Menge der leeren Stimmzettel, also der tatsächlichen Enthaltungen, wird separat erfasst. Die wird selten nach außen kommuniziert, aber erfasst wird sie.

Zitat
Das ist leider ein Faktor, der von unseren Experten leider häufig nicht gesehen wird: Ein "gerechtes Wahlsystem" wird fast zwangsläufig komplizierter. Und je komplizierter es wird, umso schwerer ist es zu handhaben. Sowohl auf Seiten der Wähler, die jetzt plötzlich eine Ersatzstimme haben als auch von den Zählern als auch...
Unser jetziges System mit der Kombination aus Listen- und Personalwahl führt schon zu seltsamen Konstrukten wie negativen Stimmgewicht und Überhangmandaten.


Letzteres ist aber der reine Punkt. Es ist nicht deshalb so kompliziert, weil es besonders gerecht ist, sondern es ist die kompliziert wegen der abstrusen Mischung aus Listen- Und Personenwahl. Die muss man nicht haben. Zum einen wäre Personenwahl durchaus auch demokratisch (die Amis sind demokratischer als wir und arbeiten nur so), zum anderen könnten wir uns das Theater auch sparen und direkt Listen wählen, da die die Abgeordneten ohnehin die Gewissensfreiheit nur noch als die Freiheit vom eigenen Gewissen betrachten und brav das tun, was die Parteiführer vorgeben. Oder anders gesagt: Durch die Fraktionsdisziplin ist die Personenwahl ohnehin eine reine Farce, die etwas vorspielen soll, was nicht gegeben ist. Dann können wir es uns auch sparen. Und wenn ich schon am meckern bin: Real können wir uns den Bundestag sparen, zumindest so lange die Fraktionsdisziplin ein reales Thema ist. Dann könnte jeweils ein Vertreter einer Partei dort sitzen und seine Prozente einfach als Stimmen einbringen. Diskutieren tun die sowieso nicht, nach Gewissen entscheiden sie eh nicht, Quoren interessieren sie nicht, warum der ganze Affentanz nur um 700 Figuren den Gang zum Arbeitsamt zu ersparen?

Zitat
Ich meine, faktisch funktioniert das System ja irgendwie.


Weil es in sich stabil ist. Die Mehrheiten sind ja da. Ob da eine Stimme mehr oder weniger reinfällt, macht einfach nix aus und mittelt sich am Ende raus (schönen Gruß vom Gesetz der großen Zahlen). So lange der eigentliche Wahlprozess sauber abläuft, also kein "ballot harvesting" oder ähnlicher Mist stattfindet, oder man Wahlbeobachter ausschliesst, dann kommts auf das genaue System kaum an. Der ganze Quatsch mit dem negativen Stimmgewicht oder ähnlichen Effekten kommt real kaum zum tragen. Das ist sicher da, aber es spielt kaum eine Rolle. Die von mir ja durchaus immer wieder bedauerte strukturelle linke Mehrheit in Deutschland ist ja da. Und wird auch genau so repräsentiert.

Zitat

Zitat von Llarian
Darauf freue ich mich viel mehr, dass den Leuten zu erklären.....



Mein Beileid.



Sie dürfen gerne mitmachen. Bekommen Sie 40 Euro für.... :)

Johanes Offline




Beiträge: 2.637

24.05.2022 17:47
#65 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #64
Das stimmt übrigens nicht.


Danke, wusste ich nicht!
Was gelernt.

Zitat
Die muss man nicht haben. Zum einen wäre Personenwahl durchaus auch demokratisch (die Amis sind demokratischer als wir und arbeiten nur so)



Das amerikanische Wahlrecht hängt vom Bundesstaat und der Wahl ab.

Wobei es mehr als ein Personalwahlrecht gibt. In UK und USA gibt es eben das relative Mehrheitswahlrecht, wo die einfache Mehrheit genügt. Ich verstehe, wieso viele damit nicht einverstanden sind.
Es gibt aber andere Modelle. Zum Beispiel Frankreich mit seinen zweirundigen System, es wäre auch ein klassisches Stechen zwischen zwei stärksten Kandidaten (wie ARAIK im Kaiserreich) denkbar.
Von Rangfolgesystem mal zu schweigen, etwa Instant-Runoff oder Schulze.

Soweit ich informiert bin hat übrigens das Verfassungsgericht grundsätzlich nichts gegen ein Personal- oder Mehrheitswahlrecht, solange die Kriterien Allgemein, Gleich, Geheim, Direkt usw. erfüllt sind. Das GG ist in dieser Beziehung weitaus unbestimmter als man meinen könnte. Erst wenn der Bundestag zusammentritt beginnt der Augenblick, wo es harte verfassungsrechtliche Vorgaben gibt.

Zitat
zum anderen könnten wir uns das Theater auch sparen und direkt Listen wählen, da die die Abgeordneten ohnehin die Gewissensfreiheit nur noch als die Freiheit vom eigenen Gewissen betrachten und brav das tun, was die Parteiführer vorgeben.



Ist im UK auch kein Argument.

Früher hätte ich Ihrer Argumentation uneingeschränkt zugestimmt, inzwischen bin ich da weicher geworden. Ein Listensystem hat schon seine Vorteile, sofern das politische System am Ende an Parteien hängt und nicht so sehr an Einzelpersonen.
Es gibt am Ende des Tages mehrere denkbare Lösungen für die Fragestellung der Franktionsdisziplin.

Ein Problem, welches ich in unserem System sehe, ist, dass die eigentliche Entscheidung über die Regierungsbildung durch das Wahlsystem mehr und mehr in die Hinterzimmer bei Koalitionsverhandlungen verschoben wird. Ein Beispiel ist der Wechsel von Helmut Schmidt zu Helmut Kohl. Es wurde zwar später durch eine Wahl noch mal bestätigt, aber den Ausschlag gab eigentlich nicht der Wählerwille, sondern der Wechsel der FDP von einem Verbündeten der SPD zu einen der Union. Während der sozialliberalen Koalition hatte die Union immer relativ satte Mehrheiten.

Damit ist die Möglichkeit des Wählers, eine unerwünschte Regierung wieder loszuwerden, eingeschränkt. Es setzt sich tendenziell die Partei durch, die eine größtmögliche Schnittmenge zu allen anderen Parteien hat.

Natürlich lässt sich daran auch anders schrauben: Von einer große Parteien begünstigenden Verrechnungsmethode, kleinen Wahlkreisen, direkten Bonus für große Parteien, bis hin zur Vorschrift, dass die Partei mit den meisten Abgeordneten automatisch die Regierung bildet. Zur Not eben als Minderheit.

Auch die Kombination zwischen Personal- und Verhältniswahl ist möglich. Man teilt das Parlament einfach in zwei Teile auf. Eine (auf Wunsch ungleiche) Hälfte wird durch Direktwahlkreise gewählt, die andere durch Listen. Keine Verrechnung.
Wenn ein Parlament z. B. 500 Abgeordnete umfassen soll, so werden 250 Mandate per Listen bestimmt, 250 in Wahlkreisen.

Zitat
Der ganze Quatsch mit dem negativen Stimmgewicht oder ähnlichen Effekten kommt real kaum zum tragen. Das ist sicher da, aber es spielt kaum eine Rolle. Die von mir ja durchaus immer wieder bedauerte strukturelle linke Mehrheit in Deutschland ist ja da.



Nur um das Klarzustellen: Ich glaube ebenfalls nicht daran, dass die Mehrheitsverhältnisse durch das Wahlrecht irgendwie stark verzerrt werden. Dennoch beeinflusst ein Wahlrecht die politische Kultur indirekt doch mit. Ich vermute, die Bundesrepublik würde anders aussehen, wenn seit 1949 ein Wahlrecht wie in Amerika geherrscht hätte und ebenso wenn wir ein reines Listensystem gehabt hätten.
Damit meine ich nicht nur Fraktionsdisziplin, sondern auch solche Dinge wie Lokalvertretung. Könnte mir vorstellen, dass die SPD in Bayern noch anders drauf ist als die CDU in Schleswig-Holstein.



Jemanden darauf hinzuweisen, dass er etwas Falsches gesagt hat, ist ein Freundschaftsdienst.
Es gehört zur politischen Weisheit, niemals einen Feind beim Fehlermachen zu unterbrechen.

Florian Offline



Beiträge: 3.179

24.05.2022 17:53
#66 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #64
, zum anderen könnten wir uns das Theater auch sparen und direkt Listen wählen, da die die Abgeordneten ohnehin die Gewissensfreiheit nur noch als die Freiheit vom eigenen Gewissen betrachten und brav das tun, was die Parteiführer vorgeben. Oder anders gesagt: Durch die Fraktionsdisziplin ist die Personenwahl ohnehin eine reine Farce, die etwas vorspielen soll, was nicht gegeben ist. Dann können wir es uns auch sparen.


Falls das Ziel sein sollte, durch die Direktwahl von Wahlkreisabgeordneten unabhängig denkende Geister ins Parlament zu bekommen, die sich nicht um Fraktionsdisziplin kümmern:
ja, da haben Sie recht, dieses Ziel wird nicht erreicht.
(Übrigens auch nicht z.B. in Großbritannien, wo es ja trotz reinem Personenwahlrecht durchaus auch eine sehr starke Fraktionsdisziplin gibt.)

Das ist aber auch gar nicht das Ziel, das durch Wahlkreisabgeordnete erreicht werden soll.
Sondern vielmehr die Nähe von Abgeordneten zu den Wählern.
Und dieses Ziel WIRD m.E. schon erreicht.
Wahlkreisabgeordnete sind nach meiner Erfahrung in ihren Wahlkreisen ziemlich präsent. Und sie bekommen durchaus viel Feedback vor Ort.

Ich bin z.B. lokal in einigen Wirtschaftsverbänden und der IHK aktiv. Meinen Abgeordneten sehe ich immer wieder mal. Und wenn was nicht rund läuft, dann bekommt der das auch deutlich gesagt.
Und ich weiß, dass er Themen, die er lokal präsentiert bekommt auch in die Bundespolitik einbringt.
(Natürlich nicht immer mit Erfolg. Aber zumindest hat man als "normaler Bürger" so die Chance, überhaupt einmal Einfluss zu nehmen).

Gäbe es keine solchen Wahlkreisabgeordneten, dann müsste man als politisch interessierter Bürger seine Anliegen immer über irgendwelche bundesdeutschen Lobby-Gruppen transportieren.
Was dann letztlich die Macht konzentrieren würde bei irgendwelchen Leuten, die in Berlin miteinander gut können.

Statt der jetzigen Lösung, wo man auch als kleiner regionaler Verein eine Chance hat, seine Themen zu transportieren.

DAS ist der Grund, warum wir in Deutschland Wahlkreisabgordnete haben.
Und dieser Zweck wird auch halbwegs gut erreicht.

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.286

24.05.2022 20:16
#67 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #66
Das ist aber auch gar nicht das Ziel, das durch Wahlkreisabgeordnete erreicht werden soll.
Sondern vielmehr die Nähe von Abgeordneten zu den Wählern.
Und dieses Ziel WIRD m.E. schon erreicht.
Wahlkreisabgeordnete sind nach meiner Erfahrung in ihren Wahlkreisen ziemlich präsent. Und sie bekommen durchaus viel Feedback vor Ort.


...nur bringt das nicht viel, wenn der Abgeordnete am Ende trotzdem immer so abstimmt wie es die Partei vorgegeben hat. Der hat dann die Funktion des Kummerkastens. Da kann man genausogut seine Sorgen an info@partei.de schicken; selbes Resultat.
Mit der Bürgernähe beeindruckt man nur Leute, die denken dass der Abgeordnete sich für sie interessiert wenn sie ihm mal die Hand geschüttelt haben.

Florian Offline



Beiträge: 3.179

24.05.2022 22:37
#68 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #67
Zitat von Florian im Beitrag #66
Das ist aber auch gar nicht das Ziel, das durch Wahlkreisabgeordnete erreicht werden soll.
Sondern vielmehr die Nähe von Abgeordneten zu den Wählern.
Und dieses Ziel WIRD m.E. schon erreicht.
Wahlkreisabgeordnete sind nach meiner Erfahrung in ihren Wahlkreisen ziemlich präsent. Und sie bekommen durchaus viel Feedback vor Ort.


...nur bringt das nicht viel, wenn der Abgeordnete am Ende trotzdem immer so abstimmt wie es die Partei vorgegeben hat. Der hat dann die Funktion des Kummerkastens. Da kann man genausogut seine Sorgen an info@partei.de schicken; selbes Resultat.
Mit der Bürgernähe beeindruckt man nur Leute, die denken dass der Abgeordnete sich für sie interessiert wenn sie ihm mal die Hand geschüttelt haben.


Und wie bildet sich die Meinung der Partei? (Oder genauer: die Meinung der Fraktion).
Das ist die Summe der Meinung der einzelnen Abgeordneten.
Gelegentlich kann eine Parteiführung sicher auch mal ihre Meinung in der Fraktion durchdrücken.
Aber in den meisten Fällen ist die Fraktion nicht nur Stimmvieh sondern hat durchaus eine eigene Meinung.

Dass Sie einen anderen Eindruck haben liegt nur daran, weil Sie das ganze vom Ende her betrachten:
Am Ende eines fraktionsinternen Diskussionsprozesses gibt es einen erklärten Fraktions- (oder Partei-)Willen. Und dem folgen dann in der Tat i.d.R. alle Fraktionsmitglieder.
Aber diese Position muss erst einmal erarbeitet werden.

Und wie bildet sic die Meinung des einzelnen Abgeordneten?
Durch Gespräche, die er führt.

Und ja: ich glaube durchaus, dass diese Gespräche etwas bringen.
Weil ich es schon oft genug erlebt habe.

Es lohnt sich dabei, sich einmal in so einen Abgeordneten hineinzuversetzen.
Der sitzt in Berlin, reichlich isoliert vom "normalen" Leben. Und das weiß er auch, der ist ja nicht blöd.
Er MÖCHTE daher Feedback und Input von "normalen" Leuten haben. Und das bekommt er eben zu Hause im Wahlkreis.

Ich kann daher wirklich nur empfehlen, die Chance zu nutzen, mit seinem Abgeordneten zu sprechen.
(Am besten zu Themen, bei denen der auch Einfluss hat. Etwa zu Themen, bei denen er Ausschussmitglied ist. Oder vielleicht Berichterstatter für seine Fraktion.
Und am besten auch gleich die Argumente mitliefern und nicht nur rumheulen).

Ich kenne sehr konkrete Fälle, wo solche Gespräche wirklich etwas gebracht haben.
Ein ganz konkretes Beispiel:
Im Frühjahr 2021 war ich dabei, wie ein örtlicher Baumarkt-Unternehmer unseren Wahlkreisabgeordneten mit sehr präzise ausformulierten Argumenten versorgt hat, warum Gartencenter "täglicher Bedarf" sind und (trotz Corona) geöffnet bleiben sollten. Der Abgeordnete hat das mitgeschrieben und hatte am gleichen Tag noch eine kleine Gesprächsrunde mit seinem Fraktionsvorsitzenden. Am gleichen Abend höre ich den Fraktionsvorsitzenden im Radio, wie er mit den wörtlich gleichen Argumenten eine Ausnahmeregelung für Baumärkte fordert.
Kann eigentlich kein Zufall sein.

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.286

24.05.2022 23:24
#69 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #68
Und wie bildet sich die Meinung der Partei? (Oder genauer: die Meinung der Fraktion).
Das ist die Summe der Meinung der einzelnen Abgeordneten.
Gelegentlich kann eine Parteiführung sicher auch mal ihre Meinung in der Fraktion durchdrücken.


Ich vermute eher, dass ihr Alternativvorschlag, nämlich sich zusammenzutun und über Lobbyisten Druck auszuüben, da mehr bringt. Und vor allem schneller. Weil es dadurch direkt beim Parteivorstand landet, und man nicht erst die Meinungen von hunderten Abgeordneten einsammeln muss.

Wobei das alles natürlich davon abhängt, auf welcher politischen Entscheidungsebene man sich befindet. Auf Kommunalebene funktioniert das, was Sie hier beschreiben, exzellent. Auf Landes- oder Bundesebene wird die Partei dann wichtiger. Nur werden die Entscheidungen mit großer Tragweite eben auf den hohen Ebenen getroffen; auf Kommunalebene hat man dann - gem. Gerhard Polt - Einfluss darauf, "ob der Abort neikummt ins Leichenschauhaus"...

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

25.05.2022 01:56
#70 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #68
Und wie bildet sich die Meinung der Partei? (Oder genauer: die Meinung der Fraktion).

Nun, die leztzten 16 Jahre war das so, dass die Presse Artikel schrieb, die Parteiführerin diese gelesen hat und dann der Fraktion mitgeteilt hat, was deren Meinung ist. Bzw. wenn sich deren Meinung irgendwie vorher schon vorgebildet haben könnte, wie ihre Meinung demnächst umzuschwenken hat.
Das haben wir nicht nur einmal, das haben wir eigentlich permanent erlebt. Merkel liest Zeitung, Merkel gibt vor, was zu tun ist, Zeitung freut sich. Damit hat die Frau 16 Jahre regiert und wenn sie es körperlich weiter gepackt hätte, dann würde sie vermutlich immer noch regieren. Ich halte die Wahlkreis-Abgeordneten schlicht für Wählerveralberung. Zumindest in dem Moment, wo sie sich dann doch wieder der Fraktionsdisziplin unterordnen, deren Meinung vom Parteiführer vorgegeben wird. Selbst die großen Schreihälse, nehmen wir das beste Beispiel Kubicki, stimmt am Ende immer brav mit der Regierung ab. So lange sich durch das System Partei kein Abgeordneter unabhängig machen kann, ist dieser Zusammenhang eigentlich unvermeidbar. Der Bannstrahl der großen Führerin war die letzten 16 Jahre durch extrem gefürchtet. Da springt niemand aus der Reihe, weil sein Wahlkreis damit Probleme hat.

Zitat
Gelegentlich kann eine Parteiführung sicher auch mal ihre Meinung in der Fraktion durchdrücken. Aber in den meisten Fällen ist die Fraktion nicht nur Stimmvieh sondern hat durchaus eine eigene Meinung.


Nur setzt sie diese nicht durch. In den letzten 16 Jahren hat es nicht eine, nicht eine Abstimmung gegeben, wo sich die Fraktion gegen die Parteiführung gestellt hat. Selbst als auf dem CDU Parteitag Beschlüsse gefasst wurden, hat sich Merkel kackendreist hingestellt und der verdutzten Partei erklärt, dass sie das nicht umsetzen wird. Und am Ende sind wieder alle zu Kreuze gekrochen.

Zitat
Und wie bildet sic die Meinung des einzelnen Abgeordneten? Durch Gespräche, die er führt.


Vor allem mit der Parteiführung. Klassischer Meinungsaustausch: Der Abgeordnete geht mit seiner Meinung raus und kommt mit einer anderen wieder raus.

Zitat
Im Frühjahr 2021 war ich dabei, wie ein örtlicher Baumarkt-Unternehmer unseren Wahlkreisabgeordneten mit sehr präzise ausformulierten Argumenten versorgt hat, warum Gartencenter "täglicher Bedarf" sind und (trotz Corona) geöffnet bleiben sollten. Der Abgeordnete hat das mitgeschrieben und hatte am gleichen Tag noch eine kleine Gesprächsrunde mit seinem Fraktionsvorsitzenden. Am gleichen Abend höre ich den Fraktionsvorsitzenden im Radio, wie er mit den wörtlich gleichen Argumenten eine Ausnahmeregelung für Baumärkte fordert.


Und wenn ihm die Parteiführung dann erklärt, dass sie das anders sieht, ist die Forderung am nächsten Tag Geschichte. Wie gesagt: Zeigen Sie mir ein Beispiel, wo das anders gelaufen ist!

Llarian Offline



Beiträge: 7.120

25.05.2022 02:20
#71 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Johanes im Beitrag #65
Soweit ich informiert bin hat übrigens das Verfassungsgericht grundsätzlich nichts gegen ein Personal- oder Mehrheitswahlrecht, solange die Kriterien Allgemein, Gleich, Geheim, Direkt usw. erfüllt sind. Das GG ist in dieser Beziehung weitaus unbestimmter als man meinen könnte. Erst wenn der Bundestag zusammentritt beginnt der Augenblick, wo es harte verfassungsrechtliche Vorgaben gibt.

Den Seitenhieb, dass das heutige Verfassungsgericht auch eine Inthronisierung der letzten Kanzlerin als neue Monarchin akzeptieren würde, spare ich mir. Aber das ist der Punkt: Damit ein Wahlrecht die Kriterien erfüllt, muss es nicht kompliziert sein. Es kann ganz einfach sein. Es ist nur in der Bundesrepublik halt so gewachsen und da die Abgeordneten sich für ungeheuer wichtig halten, wird es auch beibehalten.

Zitat
Es gibt am Ende des Tages mehrere denkbare Lösungen für die Fragestellung der Franktionsdisziplin.


Welche? Ich sehe nämlich nur zwei: Entweder hat man keine Fraktionsdisziplin, dann kann man gerne Repräsentanten direkt wählen. Hat man aber welche kann man sich den Tanz sparen (und damit auch eine Menge Geld).

Zitat
Dennoch beeinflusst ein Wahlrecht die politische Kultur indirekt doch mit. Ich vermute, die Bundesrepublik würde anders aussehen, wenn seit 1949 ein Wahlrecht wie in Amerika geherrscht hätte und ebenso wenn wir ein reines Listensystem gehabt hätten.


Mit Sicherheit. Aber nicht unbedingt schlechter. Ich glaube es ist ziemlich common sense, dass die Parteien in Deutschland zu viel Macht haben, wir sprechen ja auch gerne mal von der "Parteiendiktatur". Das GG räumt den Parteien jedenfalls nicht die Macht zu, die sie heute ausüben. Und ein Grund dafür ist sicher das Listenwahlrecht, denn es stärkt natürlich Parteien über die Maßen. In einem reinen Personenwahlrecht sind Parteien immer noch wichtig, aber eben deutlich schwächer, weil ein populärer Kandidat auch schonmal dazwischen rutscht. Und vor allem würde es dafür sorgen, dass die Kandidaten auch wirklich lokale Belange vertreten MÜSSEN (denn sonst sie weg vom Fenster). Heute setzen sich Parteinbonzen auf den sicheren Listenplatz und fertig ist die Laube.

F.Alfonzo Offline



Beiträge: 2.286

25.05.2022 03:08
#72 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #70
Selbst die großen Schreihälse, nehmen wir das beste Beispiel Kubicki, stimmt am Ende immer brav mit der Regierung ab.


Mal eine Frage am Rande: Wie entstehen eigentlich die Direktkandidaten, die für eine Partei antreten? Das klappt doch auch nur dann, wenn die Partei sie entsprechend auswählt, oder?

Ist mir nur gerade bei den "Schreihälsen" eingefallen; ein gutes Beispiel in München war ja jahrzehntelang der Gauweiler, der immer das Direktmandat geholt hat, aber gleichzeitig so populär war, dass er auch öffentlich gegen die Parteipolitik wettern konnte... es gibt natürlich noch 1-2 Abgeordnete in Deutschland, bei denen das ähnlich läuft, aber das sind ja echt die bizarren Ausnahmen...

Johanes Offline




Beiträge: 2.637

25.05.2022 08:15
#73 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #71
Den Seitenhieb, dass das heutige Verfassungsgericht auch eine Inthronisierung der letzten Kanzlerin als neue Monarchin akzeptieren würde, spare ich mir.


Wäre auch falsch. Die Aussage ist älter, AFAIK.

Zitat von Llarian
Welche? Ich sehe nämlich nur zwei: Entweder hat man keine Fraktionsdisziplin, dann kann man gerne Repräsentanten direkt wählen. Hat man aber welche kann man sich den Tanz sparen (und damit auch eine Menge Geld).



Geheime Abstimmungen über Gesetze (haben wir über Bundeskanzler ja auch), von den Parteimitgliedern bestimmte Listen oder eben informelle "Mirkoabstimmungen" innerhalb der Fraktion.

Zitat von Llarian
Mit Sicherheit. Aber nicht unbedingt schlechter.



Habe ich nicht gesagt.

Zitat von Llarian
Heute setzen sich Parteinbonzen auf den sicheren Listenplatz und fertig ist die Laube.



Da ist was dran.

Das ist aber auch nur möglich, weil man es ihnen erlaubt.

Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #69
Ich vermute eher, dass ihr Alternativvorschlag, nämlich sich zusammenzutun und über Lobbyisten Druck auszuüben, da mehr bringt.


Das selbe Problem hat man dann bei den diversen Kammern, in denen man Zwangsmitglied wird.
Man selbst hat darin praktisch keinen Einfluss und falls man den gewinnen will, muss man eine Ochsentour durchmachen.

Zitat von Florian im Beitrag #68
Kann eigentlich kein Zufall sein.


Danke für Ihren Text.

Es stimmt schon, in den USA wenden sich Lobbies direkt ans Volk, während die europäischen Lobbies tendenziell eher auf die Parteien einwirken.

Zitat von Llarian im Beitrag #70
Da springt niemand aus der Reihe, weil sein Wahlkreis damit Probleme hat.


Man muss ja unterscheiden zwischen: Parteibasis - Parteivorstand - Fraktion und ggf. Regierung.

Die müssen nicht unterschiedlicher Meinung sein, können es aber.
Das war ja, wenn ich richtig erinnere, eines der Dinge, die Schröder bei den Hartz-Reformen so geschadet haben. Er musste mit Vertrauensfragen und "Basta"Sprüchen Diskussionen abwürgen. (Schröders Handlungsdruck kam übrigens aus der EU, vorher hat er mal eine ganze Legislaturperiode praktisch nix gemacht.)

Das Problem war nur, der Sozi-Parteibasis war so eine "unsoziale" Politik praktisch nicht zu vermitteln. Wahlkämpfer mussten sich damit rumschlagen. Die Quittung kam dann in Form von Merkel 2005.
Schröder wollte auch nur deshalb Neuwahlen, um die nervigen Abgeordneten zur Räson zu bringen.

Bei der CDU/CSU ist es eben anders. Das ist ein Kanzlerwahlverein. Solange die Wiederwahl sicher ist, ist die Loyalität sehr groß.

Zitat von F.Alfonzo im Beitrag #72
es gibt natürlich noch 1-2 Abgeordnete in Deutschland, bei denen das ähnlich läuft, aber das sind ja echt die bizarren Ausnahmen...


Das sind aber grade die Interessanteren.



Jemanden darauf hinzuweisen, dass er etwas Falsches gesagt hat, ist ein Freundschaftsdienst.
Es gehört zur politischen Weisheit, niemals einen Feind beim Fehlermachen zu unterbrechen.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

25.05.2022 13:32
#74 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #70
Nun, die leztzten 16 Jahre war das so, dass die Presse Artikel schrieb, die Parteiführerin diese gelesen hat und dann der Fraktion mitgeteilt hat, was deren Meinung ist. Bzw. wenn sich deren Meinung irgendwie vorher schon vorgebildet haben könnte, wie ihre Meinung demnächst umzuschwenken hat.
Das haben wir nicht nur einmal, das haben wir eigentlich permanent erlebt. Merkel liest Zeitung, Merkel gibt vor, was zu tun ist, Zeitung freut sich. Damit hat die Frau 16 Jahre regiert

Nun wird aber viel, viel mehr von Bundesregierung und -tag beschlossen, als von den Journalisten berichtet wird. Schauen Sie sich doch mal die Tagesordnungen der letzten Ausschüsse und des Plenums an sowie die zugehörigen Parlamentsdrucksachen! Das meiste wird redaktionell verschwiegen, kann aber sehr wichtig sein für bestimmte Branchen / Betroffene.

Wie wird dann entschieden? Richtig, es sind die Betroffenen, die sich durchsetzen.

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

25.05.2022 16:37
#75 RE: "Warum ich in das Lager der Nichtwähler wechseln werde" Antworten

Meine Stimmung wird nicht dadurch gebessert, dass ein Bruchteil dessen, was unterhalb des Radars der linken Presse läuft, noch rudimentär demokratisch diskutiert wird.

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