Zitat von HR2 im Beitrag #2Ich bin sehr entschieden gegen Abtreibung. Es ist die unmöglichste Meinung, die ich habe.
Ich verstehe ihren Beitrag leider nicht ganz.
Natürlich ist es möglich einer vergewaltigten Schwangeren zu sagen, sie habe nun 9 Monate ihren Körper zur Verfügung zu stellen, damit das Kind ihres Vergewaltiger in ihr aufwachsen kann. Geschieht ja auch in Texas und einigen anderen Bundesstaaten.
Das ist eine durchaus mögliche Haltung. Auch gar nicht so selten. Aber nicht Mehrheitsfähig. Auch nicht in den USA. Unter Roe konnten die Republikaner aber mit entsprechenden Gesetzen Gesicht zeigen, ohne dass es wirklich eine Auswirkung hatte. Tugenden gratis zur Schau stelle ohne Kosten, da in Kraft treten eh von den Gerichten blockiert.
Das geht jetzt nicht mehr.
Wären die Democrats nicht gerade damit beschäftigt herauszufinden was eine Frau ist, dann gebe das auch einen backlash in den nächsten Wahlen auch in Republikanerstaaten.
Die Realität ist nun mal so, wie sie ist. Sie bringen es selbst auf den Punkt. Das gesamte Themengebiet ist vollständig durch-ideologisiert worden. Das ist nicht zuletzt deshalb möglich gewesen, weil wir es zum Teil mit (rechtlichen?) Definitionsfragen zu tun haben. Zum Beispiel "Was ist eine Frau?", "Wann beginnt menschliches Leben?" und dergleichen mehr. Da nach unserer modernen Auffassungen (*) Definitionen mehr oder weniger willkürlich sind, besteht kaum eine Aussicht auf eine andere Lösung als eine letztlich willkürliche Entscheidung.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Wenn man dabei der Überzeugung ist, dass das menschliche Leben ab Zeugung beginnt, dann erscheint Ihre Argumentation mit der Abtreibung bei Vergewaltigung etwa so: Das ungeborene Kind bekommt für das Verbrechen des Vaters die Todesstrafe. Klingt schon anders als das, was Ihre Formulierung suggeriert.
Ich will mich hier nicht polemisch auf eine der beiden Seiten stellen -- das haben andere zu genüge getan -- , sondern auf die Problematik hinweisen.
*: Damit möchte ich nicht sagen, dass andere Aufassungen irgendwie plausibler wären. Nur, in einem hypothetischen Szenario, in dem eine andere Auffassung verbreitet wäre, könnte man sich einen anderen Ausgang zumindest denken. Zum Beispiel Begriffsklärung auf Basis der Alltagssprache.
Zitat von Johanes im Beitrag #4 ...Wenn man dabei der Überzeugung ist, dass das menschliche Leben ab Zeugung beginnt, ...
Was bei stark religiösen Menschen nun mal nicht selten ist. Ich selbst bin überzeugter Atheist und hätte absolut kein Problem damit, wenn man eine Pille erfindet, die sämtlichen Aberglauben einfach verschwinden lässt. Aber Stand heute ist die deutliche Mehrheit der Menschheit nun mal religiös. Und damit wird weiterhin die deutliche Mehrheit der Menschheit Abtreibungen ablehnend gegenüberstehen. Viele religiöse Menschen empfinden die Erlaubnis einer Abtreibung bis zur x. Woche schon als "extremes Entgegenkommen".
Es ist nun mal so, dass der Großteil aller menschlichen Handlungen durch Aberglauben erklärt werden kann. Und der Rest durch Egoismus.
___________________ Verbote sind Freiheit. Meinungen sind Terror. Quoten sind Leistung. Linke Regierung ist Familie. (c) Rot-Grüne Allianz “Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten mäßig entstellt”, Georg Cristof Lichtenberg "Warum halten sie Begriffe wie 'Zigeunersoße' für rassistisch, aber 'Schei** Juden' für harmlos?", Hamed Abdel-Samad
Entschuldigen Sie, aber das Argument ist doch nun unlogisch. Sie schlussfolgern von der Tatsache, dass viele gläubige Menschen eine Position vertreten, dass diese Position falsch sein muss.
Jetzt stellt sich die Gegenfrage: Wann soll Ihrer Meinung nach das menschliche Leben beginnen? Und warum?
Zitat von Johanes im Beitrag #6Jetzt stellt sich die Gegenfrage: Wann soll Ihrer Meinung nach das menschliche Leben beginnen? Und warum?
Für das Thema Abtreibung ist diese Frage irrelevant. Abtreibung wird zwar gerne unter Mord subsumiert, aber schon in der Bibel sehen wir (Predigerbuch) den Gedanken, daß ein Fötus ja "nicht richtig" menschliches Leben sei.
Abtreibung wird explizit in der Zwölfapostellehre (Didache) geächtet. Der Kontrast dazu ist, daß die heidnischen Römer ihre Kinder sogar nach der Geburt bei Mißfallen getötet haben. Das war sozusagen die absolute Herrschaft der Familienpatriarchen über die Seinen. So sollte es unter Christen nicht sein.
Ein philosophisch sauberes Argument gegen Abtreibung ist, daß die Erlaubtheit dieser Handlung die Existenzgrundlage derer berührt, die sich für deren Erlaubtheit einsetzen. Man wird ja keinen kennen, der abgetrieben wurde, und es heute gut findet. Dieses Argument ist analog dazu, warum man für künftige Generationen die Erde bewohnbar halten müssen. Wer heute lebt, lebt deswegen, weil vergangene Generationen die Erde nicht unbewohnbar gemacht hat. Konsequenterweise war die Grünen-Mitbegründerin Petra Kelly strikt gegen Abtreibung. Heute wäre sie in ihrer Partei damit isoliert.
Zitat von Johanes im Beitrag #4 ...Wenn man dabei der Überzeugung ist, dass das menschliche Leben ab Zeugung beginnt, ...
Was bei stark religiösen Menschen nun mal nicht selten ist.
Dafür muss man nicht religiös sein. Es gibt genau zwei exakt definierte Zeitpunkte in jeder normalen (nicht künstlichen) Schwangerschaft. Die Empfängnis und die Geburt. Wenn man einen festen Zeitpunkt bestimmen will (also nicht nebeliges wie "irgendwann in der und der Woche, vielleicht oder manchmal...."), dann bleiben genau die beiden. Und wenn man beide betrachtet, ist der Zeitpunkt der Geburt als Definition zwar möglich, rennt aber in jede Menge Widersprüchlichkeiten und Logikbrüche. Am Ende bleibt nur die Empfängnis als konsistenterer Zeitpunkt und das ist keine Frage von Überzeugung sondern schlicht eine Definition.
Der einzige Grund warum man über diese Definition streitet, besteht eigentlich nur darin die Tötung dieses Lebens insofern zu rechtfertigen, dass man das Leben als solches wegdefiniert. Das kann man machen. Mit all den Folgen die dieses Denkmuster immer wieder historisch belegt hat. Nur wird eine Sache nicht zu einer anderen, weil man ein anderes Label drauf klebt.
Zitat Viele religiöse Menschen empfinden die Erlaubnis einer Abtreibung bis zur x. Woche schon als "extremes Entgegenkommen".
Zitat von Llarian im Beitrag #8Es gibt genau zwei exakt definierte Zeitpunkte in jeder normalen (nicht künstlichen) Schwangerschaft. Die Empfängnis und die Geburt.
Und die Einnistung in der Gebährmutter (wird in Deutschland verwendet und wurde so vom BVerfG akzeptiert). Oder der erste Herzschlag. Oder der erste Messbare Herzschlag. Oder die erste Gehirnaktivität. Oder der Zeitpunkt, aber der Reaktionen auf Schmerz beobachtbar sind. Oder die erste messbare Gehirnaktivität in bestimmten Hirnregionen, welche wir mit menschlichem Verstand assoziieren oder der Codierung menschlicher Persönlichkeit. Die sind nicht weniger exakt definiert.
Am besten sind Definitionen, deren Erfüllung sich möglichst gut in der Praxis messen lässt. Auf einer ganz praktischen Ebene.
Zitat von Llarian im Beitrag #8Und wenn man beide betrachtet, ist der Zeitpunkt der Geburt als Definition zwar möglich, rennt aber in jede Menge Widersprüchlichkeiten und Logikbrüche.
Du hast das bestimmt mit der Definition über die Befruchtung der Eizelle verwechselt. Es steht zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal fest, wie viele Menschen daraus entstehen könnten. Ich fand die Vorstellung, dass eine einzige Zelle bereits zwei (oder ist seltenen Ausnahmefällen auch mehr) Menschen darstellen könnte, schon immer eine der größten Inkonsistenzen der Definition über die Empfängnis. (Ich kenne die Antwort überzeugter Katholiken. Das zeige nur, wie gravierend die Beendigung einer Schwangerschaft schon in diesem Stadium sei: Durch das Abtöten der befruchteten Eizelle ermordert man evt. sogar zwei Menschen. Oder drei, vier, etc...). Es ist auch kein so seltener Ausnahmefall, eineiige Zwillinge kennt jeder. Und das sind ganz eindeutig am Ende(!) zwei Menschen, mit ganz unterschiedlicher Persönlichkeit. Waren aber mal eine einzige Zelle!
Es ist auch einer der Hauptgründe, warum in Deutschland die Einnistung in die Gebährmutter das entscheidende Kriterium ist.
Zitat von Llarian im Beitrag #8Der einzige Grund warum man über diese Definition streitet, besteht eigentlich nur darin die Tötung dieses Lebens insofern zu rechtfertigen, dass man das Leben als solches wegdefiniert.
Das Argument zielt alleine auf die unterstellte Motivation einer nicht einmal näher bestimmten Personen oder Personengruppe ("man") hinaus (ich nenne das ad hominem qua Gedankenlesen). Erwische ich mich auch ständig dabei. Macht fast jeder mal. Dummer weise gerade bei sehr polarisierten, aufgeheizten Diskussionen. Führt aber nicht weiter, da ein invalides Argument und dazu auch noch die Kommunikation auf die Ebene persönlicher Unterstellungen (basierend auf Spekulationen) ziehend.
Umgekehrt sehe ich bei radikalen Befürworten von Spätabtreibungen die Dominanz eines ähnlichen ad hominem qua Gedankenlesen. Die Unterstellung, mysogonistische Unterdrückungsstrukturen aufrecht erhalten zu wollen, um sich daranz zu ergötzen Frauen auf ihrem Platz zu halten. Falls gegen eine Frau gewandt, kommt der Vorwurf der Komplizenschaft mit dem Patriachat oder zumindest die eigene Unterdrückung internalisiert zu haben.
Einschub: An der Stelle muss ich immer an den Bericht über eine linke Veranstaltung - ich glaube der Jusos - zum Thema Abtreibung, ausgelöst durch die Debatte zum Werbeverbot, denken. Großer Konsens auf der Veranstaltung: Abtreibung bis ins zweite Trimester (also die ersten 6 Monate) ohne besondere Anforderungen, auch keiner Beratungspflicht, zu legalisieren. Eine Rednerin argumentiert an einer Stelle zusätzlich für die Legalisierung der Abtreibung im dritten Trimester bis kurz vor dem erwarteten Geburtstermin, einige wollen es sogar bis zum Einsetzen der Wehen legalisieren. Zwei Medizinstudentinnen, welche ebenfals die Abtreibung bis zum sechsten Monat ohne Beratungspflicht auf reinen Wunsch der Schwangeren ohne weitere Vorraussetzung unterstützen, sind bzgl. dieser Spätabtreibungen skeptisch - und werden sowas von zurecht gemobbt, mit den oben genannten Vorwürfen. Selbst dem berichtetenden Journalisten (ich glaube selber eine Frau und vom Spiegel) konnte man eine leichte Fassungslosigkeit angesichts dieser radikalen Spätabtreibungsbefürworter und ihres "Argumentationsstils" zwischen den Zeilen rauslesen.
Zitat von Llarian im Beitrag #8Viele nicht religiöse auch.
Das stimmt. Es korreliert zwar mit klassische Religiösität, über den Einzelfall sagt es aber nichts aus. Es ist auch nicht selten. Es gibt heute genügend Theisten mit einem differenzerten Blick und auch früher waren die religiösen Vorstellungen weitaus differenzierter, sowohl im Christentum , aber erst recht außerhalb des Chistentums. Selsbt im Christentum hat sich die Definition über die Befruchtung erst vor einigen hundert Jahren so fest durchgesetzt.
Im Judentum gab es die Tradition, den Eingang der Seele bei männlichen Föten 30 Tage, bei weiblichen Föten 60 Tage nach der Geburt anzunehmen. Im Mittelalter gab es darauf basieren christliche Juristen/Theologen, welche Argumentierten, erst ab dem 60. Tage sei die Abtreibung Mord (es ist zu Gunsten der Angeklagten davon auszugehen, dass es sich um einen weiblichen Fötus handelte, im Zweifel für den Angeklagten war zwar nicht als Phrase, aber als Prinzip durchaus schon bekannt).
Umgekehrt gibt es genügen Abtreibungsgegner unter Atheisten.
In beiden Fällen gibt es genug Abweichungen, dass man nicht mit ausreichender Sicherheit von der Selbstidentifikation als Theist oder Atheist auf die Position zur Abtreibung schließen kann.
Nachtrag: Anrede vom Sie auf Du gewechselt. Wenn man gedanklich noch in formaler Anrede steckt, da man einige sehr formelle Schreiben aufgesetzt hat...
Ich wollte mich zu diesem Thema eigentlich inhaltlich gar nicht äußern und bedauere es getan zu haben.
Nach meiner Meinung sind einseitig-polemische Stellungnahmen, egal in welche Richtung, nicht zielführend für eine Debatte. Damit soll nicht gesagt sein, dass man am Ende einer rationalen Diskussion nicht zu einer sehr eindeutigen Meinung kommen kann. Gegenwärtig sind die Gemüter erhitzt und das wird durch die Medien noch verstärkt.
In einer politischen Diskussion müsste man alles in die Waagschale werfen: Den ethischen, sozio-ökonomischen, rechtlichen und auch politischen Aspekt. Wobei es hier auf das individuelle Gewissen ankommt, wie weit man sich hier auf einen Kompromiss einlassen kann.
Was mich angeht werde ich am jetzt zu diesem Thema schweigen bis die Hitze abgekühlt ist. Es tut mir leid, falls ich jemandes Gefühle verletzt haben sollte.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #9 Und die Einnistung in der Gebährmutter (wird in Deutschland verwendet und wurde so vom BVerfG akzeptiert). Oder der erste Herzschlag. Oder der erste Messbare Herzschlag. Oder die erste Gehirnaktivität. Oder der Zeitpunkt, aber der Reaktionen auf Schmerz beobachtbar sind. Oder die erste messbare Gehirnaktivität in bestimmten Hirnregionen, welche wir mit menschlichem Verstand assoziieren oder der Codierung menschlicher Persönlichkeit. Die sind nicht weniger exakt definiert.
Definieren kann ich viel, das macht es aber weder exakt noch bestimmbar. Das ist im wesentlichen juristischer Bullshit, damit man irgendwie das, was man als Mittelweg gerne durchsetzen möchte, am Ende begründen kann. Es gibt keine exakte Bestimmung von irgendeinem dieser Zeitpunkte, das ist absolut unterschiedlich. Und was messbar ist oder nicht, solltest Du besser nicht mit einem Messtechniker diskutieren, der wird Dir nämlich auch nur sagen, dass ein Zeitpunkt wann etwas passiert, keinesfalls damit identisch ist, ab wann man etwas messen oder beobachten kann. Und gerade was Du dann schreibst, ist genau das Problem. Das ist allesamt eben nicht praktikabel, deswegen wird es eben auch nicht gemessen. Wir haben in Deutschland eine Fristenregelung (eben der typische faule "Kompromiss"), da geht niemand hin und misst auch nur irgendetwas. Die ganze Theorie von Zwischenzeitpunkten ist alles nur Theorie in Gesetzbüchern, in der tatsächlichen Praxis hat das null Relevanz.
Zitat Du hast das bestimmt mit der Definition über die Befruchtung der Eizelle verwechselt. Es steht zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal fest, wie viele Menschen daraus entstehen könnten. Ich fand die Vorstellung, dass eine einzige Zelle bereits zwei (oder ist seltenen Ausnahmefällen auch mehr) Menschen darstellen könnte, schon immer eine der größten Inkonsistenzen der Definition über die Empfängnis. (Ich kenne die Antwort überzeugter Katholiken. Das zeige nur, wie gravierend die Beendigung einer Schwangerschaft schon in diesem Stadium sei: Durch das Abtöten der befruchteten Eizelle ermordert man evt. sogar zwei Menschen. Oder drei, vier, etc...). Es ist auch kein so seltener Ausnahmefall, eineiige Zwillinge kennt jeder. Und das sind ganz eindeutig am Ende(!) zwei Menschen, mit ganz unterschiedlicher Persönlichkeit. Waren aber mal eine einzige Zelle!
Jeder Zwilling (oder Mehrling) war mal diese Zelle. Deswegen ist er trotzdem am Leben und nicht durch eine Zellteilung zum Leben erwacht (was ja die einzig konsistente Möglichkeit der Argumentation wäre). Du kannst das Argument gerne kaufen, ich finde es abwegig, die unterstellte Inkonsistenz kann ich nicht sehen. Und mit Empfängnis meinte ich die Befruchtung, ich dachte das wäre ziemlich eindeutig.
Zitat Das Argument zielt alleine auf die unterstellte Motivation einer nicht einmal näher bestimmten Personen oder Personengruppe ("man") hinaus (ich nenne das ad hominem qua Gedankenlesen). Erwische ich mich auch ständig dabei. Macht fast jeder mal. Dummer weise gerade bei sehr polarisierten, aufgeheizten Diskussionen. Führt aber nicht weiter, da ein invalides Argument und dazu auch noch die Kommunikation auf die Ebene persönlicher Unterstellungen (basierend auf Spekulationen) ziehend.
Und absolut treffend. Definition sind bekanntermaßen willkürlich, insofern ist eine Definition ad hoc genauso berechtigt wie eine andere (wie ja gerade hier angedeutet wurde, haben die Spartaner beispielsweise eine deutlich andere benutzt). Insofern stellt sich nicht die Frage ob eine Definition "richtig" ist, sondern nur wieviel Widersprüche sie erzeugt, sprich, wie konsistent sie ist. Und damit auch welche Folgen sie hat. Und damit stellt sich zwangsnotwendig(!) die Frage der Motivation. Über Definitionen kann man (wie ein dummer Spruch ja belegt) nicht streiten, man kann nur darüber streiten warum und wieso man etwas so und so definieren möchte. Und dann sind wir immer(!) beim Motiv.
Zitat Das stimmt. Es korreliert zwar mit klassische Religiösität, über den Einzelfall sagt es aber nichts aus. Es ist auch nicht selten. Es gibt heute genügend Theisten mit einem differenzerten Blick und auch früher waren die religiösen Vorstellungen weitaus differenzierter, sowohl im Christentum , aber erst recht außerhalb des Chistentums. Selsbt im Christentum hat sich die Definition über die Befruchtung erst vor einigen hundert Jahren so fest durchgesetzt.
Ah ja, und wer nicht deiner Meinung ist, der ist deswegen "undifferenziert"? Ich kann zwar damit leben, aber ich mag diese rhetorische Trickkiste nicht allzu sehr. Man muss nicht bei jedem Thema einen "Mittelweg" finden, weil das so viel differenzierter ist.
Nebenbei denke ich, dass die Religiösität dabei ziemlich unwichtig ist. Sie sagt etwas über Mehrheitsverhältnisse, aber das ist es dann auch. Mehrheitsverhältnisse sagen am Ende aber nur etwas über demokratische Legitimation aus, nicht darüber wie etwas ist oder was richtig oder falsch ist. Mir ist jedenfalls ziemlich schnuppe was ein Pfaffe, ein Imam oder ein Rabbiner darüber denkt oder was in einem staubigen Buch steht, bei dem sich seit Jahrhunderten die Menschen die Schädel einschlagen, weil sie nicht einig sind, was denn da nun wirklich steht. Nee.
Ich beobachte eher, dass der Schnitt nicht unbedingt religiös bedingt ist sondern sehr stark mit Lebenserfahrung, Empathie & Verantwortung korreliert. Aber das kann auch mein beschränkter Blick in die Realität sein. Politisch ist er jedenfalls vergleichsweise eindeutig. Und es wundert mich überhaupt nicht.
Zitat von Johanes im Beitrag #10 Gegenwärtig sind die Gemüter erhitzt und das wird durch die Medien noch verstärkt.
Nicht in Deutschland, bzw. nicht speziell jetzt. Es gibt eine generelle "Wärme" bei dem Problem, das einfach darin besteht, dass es für einen Teil der Bevölkerung ein Riesenproblem ist, dass der andere "Kinder" (die eigentlich Diskussion ausklammernd, deswegen die Anführungszeichen, keine Wertung) töten können möchte, der andere Teil aber keine Lust hat sich deswegen als "Kindermörder" (s.o.) nennen zu lassen. Das ist ein generell unlösbares Problem, das ist immer emotional und wird es auch bleiben, egal zu welcher Regelung eine Gesellschaft kommt. Man muss sich bewusst sein: Dieses Thema ist NICHT lösbar. Es existiert derzeit keine Lösung mit der beide Seiten zufrieden sein werden.
Zitat Wobei es hier auf das individuelle Gewissen ankommt, wie weit man sich hier auf einen Kompromiss einlassen kann.
Was wäre denn die Alternative?
Zitat Was mich angeht werde ich am jetzt zu diesem Thema schweigen bis die Hitze abgekühlt ist. Es tut mir leid, falls ich jemandes Gefühle verletzt haben sollte.
Himmelswillen, das ist ein politisches Forum und kein Kaffeekränzchen. Wenn ich Angst davor hätte anderer Leute Gefühle(!) zu verletzten, dann könnte ich hier keinen Beitrag mehr schreiben, mal ab von ein paar Kochrezepten. Hier herrscht insgesamt ein guter und höflicher Ton (was wir Zettel verdanken) und das wird und soll auch so bleiben. Aber es gilt ebenso, was der unnachahmliche Ben Shaprio immer so treffend ausdrückt: "Facts dont care about your feelings". Wer bei der Sache bleibt und nicht persönlich wird, der kann hier an Fakten aufschreiben, was er möchte. Und das schließt auch das Recht ein seine eigene Meinung zu vertreten.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #9 Das Argument zielt alleine auf die unterstellte Motivation einer nicht einmal näher bestimmten Personen oder Personengruppe ("man") hinaus (ich nenne das ad hominem qua Gedankenlesen). Erwische ich mich auch ständig dabei. Macht fast jeder mal. Dummer weise gerade bei sehr polarisierten, aufgeheizten Diskussionen. Führt aber nicht weiter, da ein invalides Argument und dazu auch noch die Kommunikation auf die Ebene persönlicher Unterstellungen (basierend auf Spekulationen) ziehend.
Umgekehrt sehe ich bei radikalen Befürworten von Spätabtreibungen die Dominanz eines ähnlichen ad hominem qua Gedankenlesen. Die Unterstellung, mysogonistische Unterdrückungsstrukturen aufrecht erhalten zu wollen, um sich daranz zu ergötzen Frauen auf ihrem Platz zu halten. Falls gegen eine Frau gewandt, kommt der Vorwurf der Komplizenschaft mit dem Patriachat oder zumindest die eigene Unterdrückung internalisiert zu haben.
Für Sie und mich mag es schlechtes Diskutieren sein, aber wir müssen uns damit arrangieren, daß so wirklich geglaubt wird. Das Thema Abtreibung ist ja gerade mit dem Marxismus-Leninismus aufgekommen. Die Lenin'sche Sowjetunion hat es legalisiert, übrigens auch den zwischenmännlichen Genital-Analverkehr. Ziel war die Abschaffung der Familie und des "Patriarchats", an dessen Stelle ja der Kommunismus treten sollte. Eine Sachdiskussion durch den Austausch objektiver Argumente ist in dieser Lehre nicht vorgesehen, weil es eine objektive Wahrheit nicht geben könne, sondern nur eine Lehre der jeweiligen Klasse, durch die sie ihre ökonomischen Ansprüche legitimiere. Sogar die "wissenschaftliche Weltanschauung" macht sich nicht die Mühe, sich als objektive Wahrheit zu verstehen, sondern zieht ihre Legitimation einzig daraus, laut eigener Voraussage später die faktisch herrschende Lehrmeinung zu sein. Die Partei hat also immer Recht. Andere Meinungen sind Rechtsabweichlertum, sind faschistisch.
Interessant ist, daß seit 1990 das schöne Endziel Kommunismus zwar aufgegeben wurde, das häßliche, diskussionsfeindliche Ideologem von der Klassenwahrheit hingegen fortbesteht. Wenn man das mit der Kirche vergleicht: Es wäre, als würde die Kirche noch überall Baptisterien für die Erwachsenentaufe durch Untertauchen bauen, obwohl es schon irgendwann in der Spätantike in bestimmten Regionen kaum mehr ungetaufte Erwachsene gegeben haben wird, sondern nur noch Säuglinge getauft wurden.
Bitte ohne h. Kommt von gebären, Geburt, geboren. Alles ohne h, deswegen auch die Gebärmutter.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #9Selbst dem berichtetenden Journalisten (ich glaube selber eine Frau und vom Spiegel) konnte man eine leichte Fassungslosigkeit angesichts dieser radikalen Spätabtreibungsbefürworter und ihres "Argumentationsstils" zwischen den Zeilen rauslesen.
Diese Journalisten hat damit bewiesen, daß sie mit Gefühlsduselei und zu wenig Klassenbewußtsein die Emanzipation der Unterdrückten behindert. Sie ist damit eine Menschenfeindin.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #9Im Mittelalter gab es darauf basieren christliche Juristen/Theologen, welche Argumentierten, erst ab dem 60. Tage sei die Abtreibung Mord
Wie gesagt, die christliche Moraltheologie leitet das Verbot der Abtreibung nicht aus dem Mordverbot her, sondern sieht darin eine eigenständige Sünde:
Zitat von ZwölfapostellehreDer Weg des Todes aber ist dieser: vor allem ist er schlecht und voll von Fluch: „Mord, Ehebruch, Leidenschaft, [...] ihre Kinder töten, das Gebilde Gottes (im Mutterleibe) umbringen, vom Bedürftigen sich abkehren [...].
Interessanterweise ist da gerade nicht die Frau diejenige, die zu bestrafen ist.
Diese Unterscheidung sollte man auch deswegen beibehalten, weil es ja Kulturkreise gibt, in denen Mord zwar geächtet ist, vielleicht auch Kindstötung, nicht aber Abtreibung.
Zitat von Llarian im Beitrag #11Definieren kann ich viel, das macht es aber weder exakt noch bestimmbar.
Man kann auch kaum exakt messen, wann im Mutterleib die Befruchtung stattfindet.
Zitat von Llarian im Beitrag #11Es gibt keine exakte Bestimmung von irgendeinem dieser Zeitpunkte, das ist absolut unterschiedlich. Und was messbar ist oder nicht, solltest Du besser nicht mit einem Messtechniker diskutieren, der wird Dir nämlich auch nur sagen, dass ein Zeitpunkt wann etwas passiert, keinesfalls damit identisch ist, ab wann man etwas messen oder beobachten kann. Und gerade was Du dann schreibst, ist genau das Problem. Das ist allesamt eben nicht praktikabel, deswegen wird es eben auch nicht gemessen.
Damit wäre dann auch die Befruchtung raus. Findet diese im Mutterleib statt, so können wir sie auch nicht beobachten und messen. Irgendwann können wir die Konsequenzen einer (vermutlichen) Schwangerschaft praktikabel am Hormonspiegel messen. Mit Unsicherheiten.
Zitat von Llarian im Beitrag #11Jeder Zwilling (oder Mehrling) war mal diese Zelle. Deswegen ist er trotzdem am Leben und nicht durch eine Zellteilung zum Leben erwacht (was ja die einzig konsistente Möglichkeit der Argumentation wäre).
Zitat Jeder Zwilling (oder Mehrling) war mal diese Zelle. Deswegen ist er trotzdem am Leben
Also eine Zelle, mehrere Menschen? Die Zelle ist, als Zelle, am leben. Wir wissen zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, wie viele Menschen daraus entstehen werden. Es ist zu diesem Zeitpunkt eventuell noch nicht einmal determiniert. Es hängt vermutlich von vielen Einflussfaktoren ab, einige von diesen von außerhalb der Zelle ab. Sollte das Erbgut im Zellkern nicht mit dem Erbgut der Mitochondrien kompatibel sein, stribt die Eizelle sehr wahrscheinlich vor der ersten Zellteilung. Ca. 25-50% der befruchteten Eizellen schaffen es nicht über die ersten 2 Wochen hinaus. Der Zeitpunkt der Befruchtung kann in jedem Fall nur geschätzt werden und die Anzahl an Menschen, die sich entwickelt, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgelegt.
Zitat und nicht durch eine Zellteilung zum Leben erwacht (was ja die einzig konsistente Möglichkeit der Argumentation wäre).
Vielleicht gibt es keine klare Grenzlinie. Vielleicht gibt es nicht den einem Moment, in dem ein Mensch "zum Leben erwacht". Wir müssten dazu aber erst einmal klären, was mit "zum Leben erwachen" gemeint ist. Hierzu aber später noch mehr, wird dann hier als Nachtrag verlinkt.
Zitat von Llarian im Beitrag #11Die ganze Theorie von Zwischenzeitpunkten ist alles nur Theorie in Gesetzbüchern, in der tatsächlichen Praxis hat das null Relevanz.
Bei praktischen Problemen beim Messen im Einzelfall stattdessen plausible Erfahrungswerte als Standardannahme zu schätzen ist ein vollkommen normaler Ansatz bei der praktischen Anwendung von Regeln. Auch das die Regeln evt. direkt auf Basis eben jener plausiblen Standardannahmen formuliert werden.
Zitat von Llarian im Beitrag #11Definition sind bekanntermaßen willkürlich, insofern ist eine Definition ad hoc genauso berechtigt wie eine andere (wie ja gerade hier angedeutet wurde, haben die Spartaner beispielsweise eine deutlich andere benutzt). Insofern stellt sich nicht die Frage ob eine Definition "richtig" ist, sondern nur wieviel Widersprüche sie erzeugt, sprich, wie konsistent sie ist.
Da hat die Befruchtung anderen Definitionen nichts voraus. Da ist die Geburt eindeutiger. Dann weiß man wenigstens wie viele neue Menschen man hat, selbst wenn miteinander verwachsen. Man zählt einfach die Gehirne ab.
(Ich definiere den Beginn einer menschlichen Person nicht mit der Geburt. Es geht hier nur um den Vergleich Befruchtung vs. Geburt, wenn andere Definitione nicht im Rennen sind. Und es geht nur um die "Eindeutigkeit" der Definition, nicht die moralische Qualität - woran auch immer gemessen.)
Zitat von Llarian im Beitrag #11Und damit auch welche Folgen sie hat. Und damit stellt sich zwangsnotwendig(!) die Frage der Motivation. Über Definitionen kann man (wie ein dummer Spruch ja belegt) nicht streiten, man kann nur darüber streiten warum und wieso man etwas so und so definieren möchte. Und dann sind wir immer(!) beim Motiv.
Dazu mehrere Anmerkungen/Fragen: 1) Wenn ad hominem Argumente für die valide Ebene der Auseinandersetzung gehalten werden, kann eine Diskussion dann noch zivilisiert bleiben? 2) Falls ad hominem Argumente die valide Ebene der Auseinandersetzung sind, folgt draus nicht, dass es keine allgemeingültige Antwort gibt und jede Antwort in ihrem Geltungsanspruch relativiert werden muss? 3) Wenn ad hominem via Gedankenlesen die valide Art von Argumenten in einer Auseinandersetzung sind, stellt sich dann nicht zwangsläufig die Frage nach den zulässigen und geeigneten Methoden, um auf die Gedanken/Motive anderer zu schliesen? Wenn ja, a) was sind die zulässigen und geeigneten Methoden, um auf die Gedanken/Motive anderer zu schliesen? b) ist nicht in jedem Fall mehr als einfach nur die bloße Behauptung/Unterstellung eines Motivs notwendig? c) nach welchen Maßstäben und woran sollen die Motive bewertet werden? d) wie soll sich das (unterstellte, glaubhaft gemachte oder belegte) Motiv auf die Zulässigkeit einer Definition auswirken?
Zitat von Llarian im Beitrag #11Ah ja, und wer nicht deiner Meinung ist, der ist deswegen "undifferenziert"?
Da war keine Wertung drin. Wirklich nicht. Differenziert ist rein deskreptiv, ohne Wertung und nicht normativ gemeint gewesen. Es bedeutet, dass nach Unterfällen unterschieden (differenziert) wird. In diesem Kontext ein verstärkteres Differenzieren über das üblich Ausmaß der meisten Abtreibungsgegner hinaus.
Zitat von Llarian im Beitrag #11Ich kann zwar damit leben, aber ich mag diese rhetorische Trickkiste nicht allzu sehr. Man muss nicht bei jedem Thema einen "Mittelweg" finden, weil das so viel differenzierter ist.
Ich bin erstaunt, wie viel du da zwischen die Zeilen gelesen hast, was nicht drin war.
Zitat von Llarian im Beitrag #11Ich beobachte eher, dass der Schnitt nicht unbedingt religiös bedingt ist sondern sehr stark mit Lebenserfahrung, Empathie & Verantwortung korreliert. Aber das kann auch mein beschränkter Blick in die Realität sein.
Das liese sich ja ermitteln. Gibt es Studien, die eine Metrik für Lebenerfahrung oder Emapthie mit der Haltung zur Abtreibungsfrage in Bezug setzen? Kam dabei eine Korrelation heraus?
Zwischen Religiösitet und der Haltung zur Abtreibung findet sich ein starker Zusammenhang. Das zeigt sich in Umfragen und Studien immer wieder.
Zitat The data show there are significant differences in attitudes toward abortion within religious groups based on individual religiosity. For example, the more religious the Protestant and the more religious the Catholic, the more likely the individual is to say that abortion should be illegal in all circumstances. Some 41% of Protestants and 43% of Catholics who attend church weekly say abortion should be illegal in all circumstances, while that number drops significantly among those who report attending less often.
Zitat von Llarian im Beitrag #11Politisch ist er jedenfalls vergleichsweise eindeutig. Und es wundert mich überhaupt nicht.
Empathie und Verantwortungsbewusstsein sind mW auf der Rechten nicht höher als auf der Linken. Vielmehr sind es andere Werte, welche die Rechte von der Linken unterscheidet.
Siehe die folgende Grafik (direkte Einbindung zerschoss die Darstellung im Forum):
Zitat von Llarian im Beitrag #12Nicht in Deutschland, bzw. nicht speziell jetzt. Es gibt eine generelle "Wärme" bei dem Problem, das einfach darin besteht, dass es für einen Teil der Bevölkerung ein Riesenproblem ist, dass der andere "Kinder" (die eigentlich Diskussion ausklammernd, deswegen die Anführungszeichen, keine Wertung) töten können möchte, der andere Teil aber keine Lust hat sich deswegen als "Kindermörder" (s.o.) nennen zu lassen. Das ist ein generell unlösbares Problem, das ist immer emotional und wird es auch bleiben, egal zu welcher Regelung eine Gesellschaft kommt. Man muss sich bewusst sein: Dieses Thema ist NICHT lösbar. Es existiert derzeit keine Lösung mit der beide Seiten zufrieden sein werden.
Eine unter Linksprogressiven vertretene Position liese sich an Anlehnung an obige Formulierung wie folgt paraphrasieren (nicht meine Position):
Es gibt eine generelle "Wärme" bei dem Problem, das einfach darin besteht, dass es für einen Teil der Bevölkerung ein Riesenproblem ist, dass der andere über die Körper "gebährfähiger Menschen" (die Diskussion ausklammernd, ob dies per Definition nur Frauen seien können) gegen den Willen der Betroffenen verfügen möchte, der andere Teil aber keine Lust hat sich deswegen "Mysogoniest", "Unterdrücker" oder "Menschenfeind" (s.o.) nennen zu lassen. Das ist ein generell unlösbares Problem, das ist immer emotional und wird es auch bleiben, egal zu welcher Regelung eine Gesellschaft kommt. Man muss sich bewusst sein: Dieses Thema ist NICHT lösbar. Es existiert derzeit keine Lösung mit der beide Seiten zufrieden sein werden.
Zitat von HR2 im Beitrag #2Ich bin sehr entschieden gegen Abtreibung. Es ist die unmöglichste Meinung, die ich habe.
Ich verstehe ihren Beitrag leider nicht ganz.
Natürlich ist es möglich einer vergewaltigten Schwangeren zu sagen, sie habe nun 9 Monate ihren Körper zur Verfügung zu stellen, damit das Kind ihres Vergewaltiger in ihr aufwachsen kann.
Da habe Sie sehr treffsicher die Ausnahme meiner Meinung getroffen, vorhersehbar. Analog dazu wäre, daß der Mann der Frau die Pistole an den Kopf hält und sofortige Abtreibung verlangt. Beides Gewaltanwendungen, die hier zu diskutieren nicht ins Thema passt.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #5 Viele religiöse Menschen empfinden die Erlaubnis einer Abtreibung bis zur x. Woche schon als "extremes Entgegenkommen".
Bis zum wievielten Monat ist denn ihrer Meinung nach eine Abtreibung erlaubt? Bis Sekunden vor der Geburt?
Und nein, ich bin überhaupt nicht religiös, vergessen Sie das Klischee. Die Religiösen sind nur die Wenigen, die hier eine abweichende Meinung noch vertreten und denen diese in eng gestecktem Rahmen noch erlaubt ist. Das sollte nicht zu falschen Rückschlüssen führen.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #14 Man kann auch kaum exakt messen, wann im Mutterleib die Befruchtung stattfindet.
Praktischerweise muss man das aber auch nicht. Es genügt in dem Falle vollständig, dass er da ist.
Zitat Also eine Zelle, mehrere Menschen?
Warum denn nicht? Wo ist das Problem dabei? Es gibt auch mehrere Menschen in einem Körper. So what?
Zitat Die Zelle ist, als Zelle, am leben. Wir wissen zu diesem Zeitpunkt nicht einmal, wie viele Menschen daraus entstehen werden. Es ist zu diesem Zeitpunkt eventuell noch nicht einmal determiniert. Es hängt vermutlich von vielen Einflussfaktoren ab, einige von diesen von außerhalb der Zelle ab.
Und vieles vom Zufall. Aber warum sollte das ein Problem sein? Das ganze Leben ist nicht determiniert, das ist nicht nur bei der ersten Zelle der Fall. Aber deswegen ist man doch nicht mehr oder weniger am Leben.
Zitat Sollte das Erbgut im Zellkern nicht mit dem Erbgut der Mitochondrien kompatibel sein, stribt die Eizelle sehr wahrscheinlich vor der ersten Zellteilung. Ca. 25-50% der befruchteten Eizellen schaffen es nicht über die ersten 2 Wochen hinaus.
Und einige Kinder nicht über die ersten 10 Jahre. Deswegen töten wir sie nicht. Davon mal ab wird die "Diskussion" an der Stelle ja nun absolut aberwitzig. Wir reden über Abtreibung und Du sprichst natürlichen Tod. Wenn das eintritt, brauchts keine Abtreibung und auch keine Diskussion darüber.
Zitat Vielleicht gibt es keine klare Grenzlinie. Vielleicht gibt es nicht den einem Moment, in dem ein Mensch "zum Leben erwacht". Wir müssten dazu aber erst einmal klären, was mit "zum Leben erwachen" gemeint ist.
Das ist tatsächlich die einzige(!) Schwäche der Argumentationslinie. Denn in der Tat muss es nicht immer eine exakte Grenze für etwas geben. Wir werden ja auch nicht biologisch genau an einem Tag erwachsen. Aber das Problem an solch weichen Betrachtungen ist, dass sie danach alles ins Ungefähre verlagern und man danach nur noch um die eigentliche Problematik rumredet. Man kann tatsächlich so definieren. Nur mit Ergebnis, dass man danach zwar keine Widersprüche mehr hat (wie andere Definitionen sie produzieren), aber man auch zu keinem Ergebnis mehr kommt, dass in irgendeiner Form greifbar ist.
Zitat Bei praktischen Problemen beim Messen im Einzelfall stattdessen plausible Erfahrungswerte als Standardannahme zu schätzen ist ein vollkommen normaler Ansatz bei der praktischen Anwendung von Regeln. Auch das die Regeln evt. direkt auf Basis eben jener plausiblen Standardannahmen formuliert werden.
Und willst Du an solche Standardannahmen dein Leben hängen? Oder das deines Kindes? Oder irgendeines Kindes? Ich habe einen Freund auf der Uni gehabt, bei dem die Ärzte den Eltern, als sie mit ihm schwanger waren, gesagt haben, dass er die Geburt nicht überleben wird. Er überlebte. Als er eine Woche alt war, sagten die Ärzte den Eltern, er werde kein Jahr alt werden. Und was soll ich sagen? Ich habe so manches Bier mit ihm getrunken. Nein, er bewegt sich nicht wie andere Menschen, er hat sicher seine Probleme, aber er hat mit mir zusammen den Abschluß gemacht und das letzte, was ich von ihm gehört habe, ist, dass er erfolgreich bei einer großen, deutschen Mobilfunkfirma untergekommen ist. Er entsprach nicht den "Standardannahmen", denn nach den Standardannahmen wäre er heute tot, weil abgetrieben. Ich halte sehr wenig von "Standardannahmen", wenn es um Menschenleben geht. Unabhängig davon, dass ich selbst eine genaue Bestimmung der von Dir vorgeschlagenen Zeitpunkte für nicht überzeugend halten würde.
Zitat Da hat die Befruchtung anderen Definitionen nichts voraus. Da ist die Geburt eindeutiger. Dann weiß man wenigstens wie viele neue Menschen man hat, selbst wenn miteinander verwachsen. Man zählt einfach die Gehirne ab.
Nur muss man nix abzählen, wenn man vorher schon kein Problem gehabt hat. Und natürlich ist die Geburt eindeutig, führt nur eben dazu, dass man sich eingestehen muss, dass man perfekt lebensfähige, kleine Kinder, aus Bequemlichkeit umbringen will. Man kann das tun, keine Frage, ethisches Verständnis ist sehr unterschiedlich ausgeprägt, aber ich glaube nicht, dass man dafür ernsthafte Mehrheiten bekommen wird. Im Gegenteil. Die Auswahl von Menschen, die so etwas gut heissen, ist glücklicherweise(!) sehr, sehr übersichtlich. Genau deswegen sprach ich ja von genau zwei Zeitpunkten. Man kann den zweiten verwenden, wenn man denn will. Aber ich denke man wird damit, eben glücklicherweise, sehr einsam sein.
Zitat Dazu mehrere Anmerkungen/Fragen: 1) Wenn ad hominem Argumente für die valide Ebene der Auseinandersetzung gehalten werden, kann eine Diskussion dann noch zivilisiert bleiben? 2) Falls ad hominem Argumente die valide Ebene der Auseinandersetzung sind, folgt draus nicht, dass es keine allgemeingültige Antwort gibt und jede Antwort in ihrem Geltungsanspruch relativiert werden muss? 3) Wenn ad hominem via Gedankenlesen die valide Art von Argumenten in einer Auseinandersetzung sind, stellt sich dann nicht zwangsläufig die Frage nach den zulässigen und geeigneten Methoden, um auf die Gedanken/Motive anderer zu schliesen? Wenn ja, a) was sind die zulässigen und geeigneten Methoden, um auf die Gedanken/Motive anderer zu schliesen? b) ist nicht in jedem Fall mehr als einfach nur die bloße Behauptung/Unterstellung eines Motivs notwendig? c) nach welchen Maßstäben und woran sollen die Motive bewertet werden? d) wie soll sich das (unterstellte, glaubhaft gemachte oder belegte) Motiv auf die Zulässigkeit einer Definition auswirken?
Die kannst Du uns beiden ersparen. Ich habe nicht das Interesse an solchen Debatten. Vielleicht jemand anders.
Zitat Da war keine Wertung drin. Wirklich nicht. Differenziert ist rein deskreptiv, ohne Wertung und nicht normativ gemeint gewesen.
Okay, dann ist mein Punkt nicht valide. Ich bin es halt zu sehr gewohnt, dass einem gerne vorgeworfen wird, man sehe etwas "nicht differenziert genug".
Zitat Das liese sich ja ermitteln. Gibt es Studien, die eine Metrik für Lebenerfahrung oder Emapthie mit der Haltung zur Abtreibungsfrage in Bezug setzen?
Vielleicht. Wobei ich nicht wüsste wie man Empathie am Ende wissenschaftlich messen wollte. Ich sprach explizit von meiner Lebenserfahrung, in der ich diverse Menschen kenne, die ihre Position mit zunehmendem Alter verändert haben (mich selbst eingeschlossen. :) ). Eigene Kinder verändern die Perspektive auf jeden Fall. Kinder im direkten Umfeld vermutlich auch.
Zitat Zwischen Religiösitet und der Haltung zur Abtreibung findet sich ein starker Zusammenhang. Das zeigt sich in Umfragen und Studien immer wieder.
Glaube ich gerne. Finde ich aber nicht so wichtig, habe ich ja schon begründet.
Zitat Empathie und Verantwortungsbewusstsein sind mW auf der Rechten nicht höher als auf der Linken.
Das glaube ich nicht. Sogar explizit nicht. Es hat seinen Grund warum die meisten Jugendlichen und jungen Menschen eher der linken Weltsicht zusprechen und gleichzeitig nicht einmal Verantwortung für sich selbst übernehmen können. Umgekehrt bewegen sich sehr viele Menschen im Laufe ihres Lebens von links nach rechts, nehmen gleichzeitig aber zunehmend Verantwortung für sich und andere wahr. Die Sicht der Welt "Nicht ich bin verantwortlich sondern die ganze Gesellschaft" ist so links wie verantwortungslos. Im wahren Sinne des Wortes. Verantwortung übernehmen Menschen, die vor allem sich selbst(!) in der Pflicht sehen, nicht die Gesellschaft, nicht den Staat, sondern sich selbst. Das ist nach meinem Dafürhalten, einer der wichtigsten Gründe, warum Extremkollektivisten wie Kommunisten, versucht haben die Familie, die im Kern eine Verantwortungsgemeinschaft ist, zu zerstören.
Entsprechend daraus finde ich es folgerichtig wie trivial, dass Abtreibungen gerade aus linker Sicht gefordert und aus rechter Sicht verdammt werden. Es ist die selbe Motivation, die auf linker Seite individuelle Verantwortung ablehnt, während die rechte Sicht diese fordert. Das sind natürlich am Ende immer -trivialerweise- Wertvorstellungen. Aber Verantwortungsbewusstsein IST eine Wertvorstellung und diese ist wiederum stark mit Empathie korreliert. Wer keine Verantwortung empfindet, ist in aller Regel auch nicht empathisch veranlangt. Umgekehrt sind diejenigen, die "die Verantwortung für die ganze Welt tragen", in aller Regel sehr stark von ihrer Empathie getragen.
Und ja, das unterscheidet Konservative und Linke ganz gewaltig.
Zitat von Llarian im Beitrag #12Nicht in Deutschland, bzw. nicht speziell jetzt. Es gibt eine generelle "Wärme" bei dem Problem, das einfach darin besteht, dass es für einen Teil der Bevölkerung ein Riesenproblem ist, dass der andere "Kinder" (die eigentlich Diskussion ausklammernd, deswegen die Anführungszeichen, keine Wertung) töten können möchte, der andere Teil aber keine Lust hat sich deswegen als "Kindermörder" (s.o.) nennen zu lassen. Das ist ein generell unlösbares Problem, das ist immer emotional und wird es auch bleiben, egal zu welcher Regelung eine Gesellschaft kommt. Man muss sich bewusst sein: Dieses Thema ist NICHT lösbar. Es existiert derzeit keine Lösung mit der beide Seiten zufrieden sein werden.
Eine unter Linksprogressiven vertretene Position liese sich an Anlehnung an obige Formulierung wie folgt paraphrasieren (nicht meine Position):
Es gibt eine generelle "Wärme" bei dem Problem, das einfach darin besteht, dass es für einen Teil der Bevölkerung ein Riesenproblem ist, dass der andere über die Körper "gebährfähiger Menschen" (die Diskussion ausklammernd, ob dies per Definition nur Frauen seien können) gegen den Willen der Betroffenen verfügen möchte, der andere Teil aber keine Lust hat sich deswegen "Mysogoniest", "Unterdrücker" oder "Menschenfeind" (s.o.) nennen zu lassen. Das ist ein generell unlösbares Problem, das ist immer emotional und wird es auch bleiben, egal zu welcher Regelung eine Gesellschaft kommt. Man muss sich bewusst sein: Dieses Thema ist NICHT lösbar. Es existiert derzeit keine Lösung mit der beide Seiten zufrieden sein werden.
Sollen Sie mal tun, das Ergebnis der Unlösbarkeit wird ja dadurch nicht beeinflusst.
Und nebenbei ist es mir sowas von Wumpe als was mich ein "Linksprogressiver" bezeichnet. Unabhängig davon, dass die ganz andere Wörter für mich haben, nehme ich Bezeichnungen von Leuten, die nicht einmal definieren können was eine Frau ist, nicht für zwei Cent ernst.
Zitat von HR2 im Beitrag #17 Bis zum wievielten Monat ist denn ihrer Meinung nach eine Abtreibung erlaubt? Bis Sekunden vor der Geburt? .
Das ist exakt der Grund, warum ich mich nicht an so einer Diskussion beteilige, denn ich habe weder Zeit noch Lust, auf die persönliche Ebene gezogen zu werden. Weiter oben habe ich auch schon Disclaimer gelesen, wenn jemand ein Argument brachte und sich absichern wollte mit "was nicht meine eigene Meinung ist... ". Und Llarian mag ja der Meinung sein, in ZkZ sei es so gesittet im gegenseitigen Umgang - das kann man wohl im Vergleich mit anderen Foren so sagen. Aber das sagt mehr über die toxische Kultur anderer Foren aus als über ZkZ, denn ich lese sehr oft persönliche Angriffe und moralische Verurteilungen hier. Würde ein solcher Gesprächsstil auf meiner Terrasse stattfinden, würde ich das niemals dulden und entweder das Gesprächsthema wechseln oder den Abend beenden. Gleichzeitig habe ich nicht den Eindruck, dass tatsächlich die Selbstreflektion so hoch ist, wie hier gern behauptet - siehe u.a. auch meinen Hinweis auf die Grenzen der liberalen Toleranz, wenn das Thema nur "das richtige ist", um selbst getriggert zu werden. (In dem Fall mal Übergewicht.)
Ich habe damit soweit kein Problem und lese auch mit - wie man ja hier sehen kann, denn ich reagiere ja auf die persönliche Ansprache - aber ich bleibe dann eben auf der Zuschauerbank. Zeit ist knapp, speziell im etwas höheren Alter, und da muss man priorisieren.
___________________ Verbote sind Freiheit. Meinungen sind Terror. Quoten sind Leistung. Linke Regierung ist Familie. (c) Rot-Grüne Allianz “Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten mäßig entstellt”, Georg Cristof Lichtenberg "Warum halten sie Begriffe wie 'Zigeunersoße' für rassistisch, aber 'Schei** Juden' für harmlos?", Hamed Abdel-Samad
Zitat von Llarian im Beitrag #18 Entsprechend daraus finde ich es folgerichtig wie trivial, dass Abtreibungen gerade aus linker Sicht gefordert und aus rechter Sicht verdammt werden. Es ist die selbe Motivation, die auf linker Seite individuelle Verantwortung ablehnt, während die rechte Sicht diese fordert. Das sind natürlich am Ende immer -trivialerweise- Wertvorstellungen. Aber Verantwortungsbewusstsein IST eine Wertvorstellung und diese ist wiederum stark mit Empathie korreliert. Wer keine Verantwortung empfindet, ist in aller Regel auch nicht empathisch veranlangt. Umgekehrt sind diejenigen, die "die Verantwortung für die ganze Welt tragen", in aller Regel sehr stark von ihrer Empathie getragen.
Und ja, das unterscheidet Konservative und Linke ganz gewaltig.
Lieber Llarian, vielen Dank, Ihre Beschreibung ("Wer mit 18 kein Kommunist ist, hat kein Herz. Wer mit 30 noch einer ist, keinen Verstand") trifft so ziemlich die Reise, die viele meiner Freunde mitgemacht haben. Der Wendepunkt war meistens die erste Gehaltsabrechnung.
Spannen ist ja dies: - Der Konservative in Ihrer Diktion steht auf Eigenverantwortung, Selber Machen, Selbst Entscheiden, Konsequenzen dieser Entscheidungen tragen. Das ist ja schon fast die "Mein Körper gehört mir" Position - diese ist aber so gar nicht konservativ - Der Progressive Ihrer Diktion ist ja eher das Produkt seiner Klasse / seiner Identity Group, wird also nicht bestimmt durch seine Individualität, sondern durch die Zugehörigkeit zur Arbeiterklasse und /oder zur oppressed und marginalized minority (Das Sein bestimmt das Bewusstsein). Das führt dann aber eigentlich nicht zur "Mein Körper gehört mir" Position, sondern eher zur staatlichen Geburtenplanung, mit so Exzessen wie der 1-Kind-Politik (und der massenhaften Abtreibung unerwünschter Kinder, Mädchen vor allem) auf der einen Seite und andererseits zum strikten Abtreibungsverbot im kommunistischen Rumänien, der Conducator braucht ja Bevölkerung.
Zitat von Llarian im Beitrag #18Zitat von Techniknörgler im Beitrag #14 Man kann auch kaum exakt messen, wann im Mutterleib die Befruchtung stattfindet. Praktischerweise muss man das aber auch nicht. Es genügt in dem Falle vollständig, dass er da ist.
Praktischer Weise gilt das auch für alle anderen Kriterien. Man muss nicht wissen, wann das Herz zu schlagen beginnt. Es genügt zu wissen, wann er da ist. Man muss nicht Wissen, wann die ersten Hirnströme angefangen haben. Es genügt zu wissen, dass sie da sind.
Die Behauptung, es gäbe nur zwei besonders herausgehobene Zeitpunkte, welche in Sachen "Eindeutigkeit" allen anderen Vorraus sind, ist falsch.
Zitat von Llarian im Beitrag #18Nur muss man nix abzählen, wenn man vorher schon kein Problem gehabt hat. Und natürlich ist die Geburt eindeutig, führt nur eben dazu, dass man sich eingestehen muss, dass man perfekt lebensfähige, kleine Kinder, aus Bequemlichkeit umbringen will. Man kann das tun, keine Frage, ethisches Verständnis ist sehr unterschiedlich ausgeprägt, aber ich glaube nicht, dass man dafür ernsthafte Mehrheiten bekommen wird.
Nein, und ich glaube das ist auch genau die Motivation hinter der (nicht haltbaren) Behauptung, es gäbe nur zwei "eindeutige" Definitionen, zwischen denen man sich entscheiden muss.
(Ich weis, ich rede jetzt selber über die Motivation, aber du betonst ja selber, dass es bzgl. Diskussionen um Definitionen die (einzige?) richtige herangehensweise ist. Auch wenn du dann wieder zurück gerudert bist bzw. die sich daraus ergebendes Fragen nicht behandeln willst.)
Du schreibst ja daraufhin auch selber:
Zitat Im Gegenteil. Die Auswahl von Menschen, die so etwas gut heissen, ist glücklicherweise(!) sehr, sehr übersichtlich. Genau deswegen sprach ich ja von genau zwei Zeitpunkten. Man kann den zweiten verwenden, wenn man denn will. Aber ich denke man wird damit, eben glücklicherweise, sehr einsam sein.
Ja, wird man. Selbst unter linken Journalisten fühlt sich nicht jeder mit der radikalen Pro-Spätabtreibungs-Krawallrhetorik wohl. Das will was heißen.
Nur ist dies ein mir sehr häufig begegneter Trick: Die Beschränkung der Optionen, in der Hoffnung, die eigene wird den anderen gegenüber relativ mangels Alternative vorgezogen. Daher wohl auch die Betonung, es gäbe nur exakt zwei "eindeutige" Definitionen.
Dem ist nicht so.
Zitat von Llarian im Beitrag #18Warum denn nicht? Wo ist das Problem dabei? Es gibt auch mehrere Menschen in einem Körper. So what?
Es gibt Menschen mit zwei verwachsenen Körpern, wobei diese evt. unvollständig sind und auf den anderen angewiesen sind. Ist aber wohl Definitionsfrage und auch nicht wirklich relevant. Woran erkennen wir, ob "in einem Körper"/zwei verwachsenen Körpern zwei Menschen sind? Woran machen wir das fest?
Zitat von Llarian im Beitrag #18Das ganze Leben ist nicht determiniert, das ist nicht nur bei der ersten Zelle der Fall. Aber deswegen ist man doch nicht mehr oder weniger am Leben.
Das stimmt. Hier geht es aber um einen Zeitpunkt, in dem noch nicht einmal die Anzahl der Menschen, die wir später haben werden, determiniert ist. Woran erkennen wir denn die Anzahl? Ganz praktisch.
Die Definition über das vorhanden sein eines Gehirns erscheint mir deutlich näher an unserem Konzept von "menschlicher Person". Und ist nicht weniger Eindeutig. Habe ich siamesische Zwillinge vor mir, dann erkenne ich sie an den Hinweise auf das Vorhanden sein von zwei Gehirnen.
(Jetzt könnte man mit dem Spezialfall unter den Spezialfällen kommen, wie sie vielleicht 1 mal in 100 Millionen Fällen auftreten und die siamesischen Zwillingen mit verwachsenen Gehirnen anführen. Es gab mal einen Präsidentschaftskandidaten in den republikanischen Vorwahlen, der als Neurochirurg zwei so verwachsene siamesische Zwillinge getrennt hat und hierfür viel Rum bekam. Die Tatsache, dass die beiden Gehirne aber gut getrennt werden konnten, um beiden das überleben zu sichern, zeigte, dass es sich um zwei Gehirne gehandelt hat, deren neuronale Netze zwei komplett unterschiedliche menschliche Personen codierten.)
Zitat von Krischan im Beitrag #21 vielen Dank, Ihre Beschreibung ("Wer mit 18 kein Kommunist ist, hat kein Herz. Wer mit 30 noch einer ist, keinen Verstand") trifft so ziemlich die Reise, die viele meiner Freunde mitgemacht haben. Der Wendepunkt war meistens die erste Gehaltsabrechnung.
Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Es stimmt das viele ihre wirtschaftliche linke Sicht der Dinge gerne ablegen oder in Frage stellen, wenn der Anspruch nach sozialer Gerechtigkeit sie plötzlich selber trifft. Hand aufhalten ist eben leicht, andere zu bezahlen eher schwer. Es gibt aber auch die Entwicklung zu mehr Verantwortung für sich und andere. Und die ist nicht allein wirtschaftlich begründet, es ist sicher ein Teil davon, aber eben nicht alleine. Ganz blödes Beispiel: Wer Verantwortung für eigene Kinder übernimmt, überdenkt auch sehr schnell die Position, dass der Staat oder eine Partei die "Lufthoheit über den Kinderbetten" einnehmen sollte (wie ein schlechter deutscher Kanzler mal in früheren Zeiten einforderte). So lange die Leute keine eigenen Kinder haben, haben sie damit meist weniger Probleme. Das ist eben Lebensentwicklung.
Zitat - Der Konservative in Ihrer Diktion steht auf Eigenverantwortung, Selber Machen, Selbst Entscheiden, Konsequenzen dieser Entscheidungen tragen. Das ist ja schon fast die "Mein Körper gehört mir" Position - diese ist aber so gar nicht konservativ
"Mein Körper gehört mir" ist ja nur eine Parole. Die übrigens viel besser ins libertäre Milieu passt. Aber ich glaube der Unterschied liegt hier darin, dass die Linke damit meint: "Mein Körper gehört mir und nicht dem Kind darin" und der Konservative meint "Mein Körper gehört mir und nicht dem Staat".
Zitat - Der Progressive Ihrer Diktion ist ja eher das Produkt seiner Klasse / seiner Identity Group, wird also nicht bestimmt durch seine Individualität, sondern durch die Zugehörigkeit zur Arbeiterklasse und /oder zur oppressed und marginalized minority (Das Sein bestimmt das Bewusstsein). Das führt dann aber eigentlich nicht zur "Mein Körper gehört mir" Position, sondern eher zur staatlichen Geburtenplanung, mit so Exzessen wie der 1-Kind-Politik (und der massenhaften Abtreibung unerwünschter Kinder, Mädchen vor allem) auf der einen Seite und andererseits zum strikten Abtreibungsverbot im kommunistischen Rumänien, der Conducator braucht ja Bevölkerung. Zwickmühle.
Zwickmühle oder Widerspruch? Linke Ideen stecken ja nun voll mit Widersprüchen, da ist das tatsächlich ein schönes Beispiel. Den hatte ich tatsächlich nicht sofort gesehen.
Zitat von Techniknörgler im Beitrag #22 Praktischer Weise gilt das auch für alle anderen Kriterien. Man muss nicht wissen, wann das Herz zu schlagen beginnt. Es genügt zu wissen, wann er da ist.
Nein, eben gerade nicht. Wenn Du etwas daraus ableiten willst, dann eben nicht. Es gibt vermutlich den Zeitpunkt des ersten Herzschlages. Aber Du kannst ihn nicht bestimmen und damit ist er nutzlos für irgendeine Anwendung. Die Befruchtung kannst Du auch nicht genau bestimmen, aber Du brauchst den Zeitpunkt auch für keine Ableitung. Das ist ein himmelweiter Unterschied.
Zitat Nein, und ich glaube das ist auch genau die Motivation hinter der (nicht haltbaren) Behauptung, es gäbe nur zwei "eindeutige" Definitionen, zwischen denen man sich entscheiden muss.
Das mag sein, ist aber genauso irrelevant wie die umgekehrte Frage. Ich habe keinen allzu großen Zweifel an der Motivation für "weitere Zeitpunkte", das ändert aber nix an ihrer nicht vorhandenen Eignung. Ich habe auch kein Problem damit, wenn Du hier eine Motivation unterstellst oder annimmst, das war nix weiter als ein Halbsatz ohne tiefere Bedeutung. Das ist auch der Grund warum ich sowas nicht debattiere, das ist ein sinnfreier Nebenkriegsschauplatz. Ich rudere da auch nicht zurück, ich habe da einfach keine Lust zu.
Zitat Nur ist dies ein mir sehr häufig begegneter Trick: Die Beschränkung der Optionen, in der Hoffnung, die eigene wird den anderen gegenüber relativ mangels Alternative vorgezogen. Daher wohl auch die Betonung, es gäbe nur exakt zwei "eindeutige" Definitionen. Dem ist nicht so.
Doch, dem ist so. Und es wird durch Wiederholung nicht anders. Hier geht auch einiges durcheinander. Es gibt ganz unterschiedliche Definitionen, aber nur zwei, die am wenigsten Widersprüche produzieren. D.h. sie sind am nützlichsten. Was man später daraus macht ist ein ganz anderer Punkt. Du kannst andere festlegen (definieren darf jeder), aber Du läufst damit in zig Widersprüche.
Zitat Das stimmt. Hier geht es aber um einen Zeitpunkt, in dem noch nicht einmal die Anzahl der Menschen, die wir später haben werden, determiniert ist. Woran erkennen wir denn die Anzahl? Ganz praktisch.
Gar nicht. Ganz praktisch. Das ist völlig irrelevant. Du kannst zu dem Zeitpunkt so vieles nicht erkennen, warum sollte das wichtig für die Existenz von Leben sein? Du stolperst nur deswegen darüber, weil Du nicht nachvollziehen kannst, dass eine Zelle zwei Menschen enthalten kann. Das ist aber völlig undramatisch. Und vor allem würde sich hier die Frage stellen, was denn daraus für Dich folgt. Der Zeitpunkt der letzten Zellteilung? Ist das sinnvoll? Der Mensch ist erst dann ein Mensch, wenn er keine Zelle mehr mit anderen Menschen teilt? Spätestens bei den siamesischen Zwilligen hat man dann ein Problem. Aber selbst ohne das Problem stellt sich wieder die Frage des Nutzens. Denn diese Definition würde einzig und alleine den Zeitpunkt um weniger als einen Tag verschieben. In der Praxis hätte das null Relevanz. Das ist Diskussion um der Diskussion willen.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #20 Und Llarian mag ja der Meinung sein, in ZkZ sei es so gesittet im gegenseitigen Umgang - das kann man wohl im Vergleich mit anderen Foren so sagen. Aber das sagt mehr über die toxische Kultur anderer Foren aus als über ZkZ, denn ich lese sehr oft persönliche Angriffe und moralische Verurteilungen hier. Würde ein solcher Gesprächsstil auf meiner Terrasse stattfinden, würde ich das niemals dulden und entweder das Gesprächsthema wechseln oder den Abend beenden.
Wie schon weiter oben geschrieben, das ist ein Diskussionsforum und kein Kaffeekränzchen. Und eben auch kein Grillabend auf deiner Terrasse. Wenn Menschen miteinander streiten (und das ist ein normaler Bestandteil von Diskussion), bleiben moralische Bewertungen oder eben auch persönliche Bemerkungen nie ganz aus. Es gibt Kommentatoren, die das können, aber es sind verdammt wenige. So einen Anspruch kann man nicht stellen, den stelle ich weder an andere noch an mich selbst. Ich, Ulrich und Kallias erwarten einen gesitteten Ton und das setzen wir auch durch. Aber ich für meinen Teil erhebe keinen Anspruch auf perfektes Verhalten.
Was Du auf deiner Terrasse machst ist etwas ganz anderes. Ich sage doch im persönlichen Gespräch auch keinem ins Gesicht für wie sinnfrei ich die Maske befinde, die er in seiner Freizeit trägt. Oder wie verwerflich ich es finde seine Kinder gegen Corona "impfen" zu lassen. Das gehört sich nicht. Aber das hier ist ein Diskussionsforum. Und da gehört das hin.
Zitat Gleichzeitig habe ich nicht den Eindruck, dass tatsächlich die Selbstreflektion so hoch ist, wie hier gern behauptet - siehe u.a. auch meinen Hinweis auf die Grenzen der liberalen Toleranz, wenn das Thema nur "das richtige ist", um selbst getriggert zu werden. (In dem Fall mal Übergewicht.)
Und auch wenn Du es noch viermal unterstellst, ich bin da nicht "getriggert". Allerdings empfinde ich den Vorwurf als persönlich. Ich kann nur damit leben. :)
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