Das geht an der Tiefe des Themas vorbei. Wenn es so leicht zu beantworten wäre, ("Wie würdest du es denn machen? Entscheide!"), würde sich niemand damit beschäftigen.
Wenn der freie Wille so schwierig ist, wie könnte denn dann ein determinierter Wille aussehen? Kann ich mich mit einem determinierten Willen auch frei fühlen? Ich meine nicht so sehr frei "fühlen", sondern, der Meinung sein, ich würde frei entscheiden. Oder wäre mir dann bewußt, ich würde determiniert entscheiden? Es gibt einige psychische Krankheiten und Zustände, unter denen spricht man den Leuten den freien Willen ab - und die meisten der Betroffenen fühlen sich aber nicht unfrei in ihrer Entscheidung. Ganz und gar nicht.
Wir müßen auf jeden Fall, so schwer es fällt, das Problem loslösen von dem was wir persönlich von unserer Freiheit der Entscheidung glauben. Wir glauben, wir sind frei. Das heißt aber noch nicht, daß wir es auch sind. Und daß ich das schreibe, heißt noch nicht, daß ich glaube oder behaupte, daß wir das nicht sind.
Es ist verwunderlich, wie ein Forum mit so klugen und rationalen und erwachsenen Leuten bei der Verteidigung eines liebgewordenen Vorurteils (auch etwas, was zuerst nur ein ein Vorurteil ist, kann sich als Wahrheit erweisen) argumentativ ein kleines bißchen nachlassen.
Liebe Grüße Kaa
---------- Gründungsmitglied der Initiative: "Für ein abgetrenntes Signaturformat"
In Antwort auf:Vielleicht ist ja die Willensfreiheit wirklich eine Illusion und das Bewußtsein ein kausal unerhebliches Epiphänomen.
Hängen die beiden zusammen? Kann nicht auch Willensfreiheit eine Illusion sein und Bewußtsein kein Epiphänomen?
(Ich stelle nur Fragen! Das mache ich immer so, wenn ich von einer Sache nix verstehe).
In Antwort auf:Als Sachverhalt ist der freie Wille meines Erachtens unbestreitbar. Das sieht ja auch Searle so.
Das habe ich aus dem Interview nicht rausgelesen. Es war ja auch sehr kurz. Ich erinnere mich noch, daß es gar nicht so einfach ist, zu sagen, was der freie Wille genau sein soll.
Da ist ein Pfannkuchen und ein Kirschkuchen und ich werde mich für eines davon entscheiden. Freier Wille soll sein, daß es nicht vorherbestimmt war, welchen ich nehme? Und wenn es vorherbestimmt ist, aber niemand es vorher wissen kann, auch ich nicht und der Kirschkuchen nicht?
Ich finde, das ist ein wirklich schwieriges Problem. Viel zu schwierig, als daß man da eine felsenfeste Meinung zu haben kann - einfach aus dem Erleben heraus.
Kaa
---------- Gründungsmitglied der Initiative: "Für ein abgetrenntes Signaturformat"
In Antwort auf:in der eigenen Logikfalle - es lohnt nicht wirklich, sich inhaltlich mit ihnen zu beschäftigen.
So gehts mir grad mit den Gegnern. Wo ist denn hier plötzlich die Argumentationskultur hin. Bitte nicht von mir einfordern, ich bin zu emotional - aber ihr alle schreibt immer so vernünftig -und wenn euch was nicht passt werdet ihr ... die Argumente bleiben auf der Strecke.
Die Befürworter des freien Willens sind auch einem Dilemma ausgesetzt.
In Antwort auf:Wenn sie keinen freien Willen hätten, könnte man sie für unschuldig halten (was ja die Konsequenz mancher Determinismus-Anhänger ist). Aber dann werden sie halt eingesperrt, weil die Restgesellschaft deterministisch ihren Rachegelüsten folgt. Das Ergebnis ist letztlich das Gleiche.
Da kommen wir zu einem sehr interessanten Bereich. Wenn es keinen freien Willen gäbe - wozu dient dann die Illusion davon? Kann diese Funktion auch noch erfüllt werden, wenn die Wissenschaft recht unisono verkündet, daß es keinen freien Willen gibt.
Kaa
---------- Gründungsmitglied der Initiative: "Für ein abgetrenntes Signaturformat"
In Antwort auf:Das Problem ist aus meiner (momentanen) Sicht die Verantwortlichkeit. Wenn wir voraussetzen, daß das, was jemand tut, vollständig durch vorausgehende Prozesse determiniert ist - egal, ob sie, sagen wir, mehr durch das limbische System oder mehr durch das Präfrontalhirn gesteuert werden -, dann können wir "ihn" nicht für das verantwortlich machen, was er tut.
Dann ist die Konsequenz - etwa im Bereich der Kriminalität -, daß wir nicht Schuld bestrafen, sondern Maßnahmen ergreifen. Wir behandeln den Menschen dann im Grunde wie ein Mittel zum Zweck, um den Ausdruck von Kant zu verwenden.
Ich glaube (inzwischen), lieber DrNick, daß ein vernünftiges Zusammenleben nur möglich ist, wenn wir dem anderen Entscheidungsfreiheit zubilligen. Also nicht nur die Freiheit, zu tun, was er will, sondern auch sich aus freien Stücken zu entscheiden, ob er es denn will.
Wir können ihm diese Freiheit nicht zubilligen und zugleich der Meinung sein, sie sei eine Illusion. Und wir können erst recht nicht für uns selbst ernsthaft glauben, unsere Freiheit sei eine Illusion.
Es ist schön, daß es jetzt doch wieder sachlich wird. Ich glaube, du vermischt da zwei Sachen: "Wir können jemand nicht moralisch gerechtfertigt verurteilen" ist ein anderer Bereich als die Frage ob " das, was jemand tut, vollständig durch vorausgehende Prozesse determiniert ist". Letzteres war vorher. Letzteres ist unabhängig von ersterem.
Ich stimme dir darin zu, daß "ein vernünftiges Zusammenleben nur möglich ist, wenn wir dem anderen Entscheidungsfreiheit zubilligen." Das hat aber wie gesagt gar nichts damit zu tun, ob sie auch vorhanden ist.
Wir können wissen, daß das Konstrukt der Entscheidungsfreiheit (der Glaube an Entscheidungsfreiheit) unser Zusammenleben beeinflußt. Dieses Konstrukt ist etwas anderes als die Existenz von Entscheidungsfreiheit. Man kann sehr wohl an Dinge glauben die nicht existieren. Und sogar wissen, daß sie vielleicht nicht existieren. Denn der Glaube existiert. Und wirkt. Ich meine jetzt tatsächlich nicht den Gottesglauben, sondern den Glauben an die Entscheidungsfreiheit. Dieser Glaube hat Wirkkraft.
Und deswegen unterstelle ich dem Päderasten Willensfreiheit. Damit gebe ich ihm den ihm von mir zustehendem Anteil an Menschlichkeit - er muß daran glauben, daß er sich entscheiden kann, nicht verbrecherisch zu handeln. Seine Sache. Doch als Mensch muß er das tun.
Und wenn es keinen freien Willen gibt, wird das Menschsein halt noch schwieriger - doch das ändert nix an den Fakten.
Kaa
---------- Gründungsmitglied der Initiative: "Für ein abgetrenntes Signaturformat"
Zitat von KaaDas geht an der Tiefe des Themas vorbei. Wenn es so leicht zu beantworten wäre, ("Wie würdest du es denn machen? Entscheide!"), würde sich niemand damit beschäftigen.
Stimmt liebe Kaa, meine Antwort war etwas flapsig; tut mir leid.
Zitat von KaaWenn der freie Wille so schwierig ist, wie könnte denn dann ein determinierter Wille aussehen? Kann ich mich mit einem determinierten Willen auch frei fühlen? Ich meine nicht so sehr frei "fühlen", sondern, der Meinung sein, ich würde frei entscheiden. Oder wäre mir dann bewußt, ich würde determiniert entscheiden?
Genau das ist der Punkt, wo die Anhänger des Kompatibilismus sich meines Erachtens in die Tasche lügen. Sie sagen, eine freie Entscheidung sei doch eine, die man nach vernünftigen Erwägungen, die man verantwortlich trifft - aber welche Erwägungen man anstellt, wie man die Alternativen bewertet, nach welchem Algorithmus man die Entscheidung trifft, das sei eben doch determiniert.
(Leibniz, den ich dazu schon einmal erwähnt habe, hat es so formuliert (aus dem Gedächtnis zitiert): "Tout être fait toujours ce que lui semble le mieux" - jedes Wesen tut immer das, was ihm am besten erscheint. Und auf dieses "Erscheinen" (eine "Wahrnehmung" bei Leibniz) hat das Wesen keinen Einfluß.)
Aber wenn ich jetzt eben entscheide, ob ich diesen Punkt abschließe oder ihn noch weiter kommentiere - dann kann ich das nur unter der Voraussetzung, daß beide Möglichkeiten offenstehen und daß ich frei zwischen ihnen wählen kann.
Das ist das Gegenteil von Determinismus; und über diesen Sachverhalt kommt man auch mit den schönsten philosophischen Klimmzügen nicht hinweg.
Zitat von KaaEs gibt einige psychische Krankheiten und Zustände, unter denen spricht man den Leuten den freien Willen ab - und die meisten der Betroffenen fühlen sich aber nicht unfrei in ihrer Entscheidung. Ganz und gar nicht.
Ich glaube, das ist sehr verschieden. Diejenigen, die strafrechtlich als "nicht schuldfähig" gelten, befinden sich entweder in einem Bewußtseinszustand, in dem ihre Entscheidungsfreiheit aufgehoben ist, oder diese ist aufgrund einer schweren seelischen Erkrankung aufgehoben (zB Schizophrenie), oder sie sind aufgrund mangelnder Intelligenz nicht in der Lage, das Unrechtmäßige der Tat zu erkennen oder nach dieser Einsicht zu handeln (das ist jetzt auch aus dem Kopf zitiert; aber ungefähr so bestimmt es das Strafrecht).
In einigen dieser Fälle - ausgeprägter Schwachsinn, ein schwerer Rauschzustand - wird vielleicht keine Fremdbestimmtheit erlebt, aber vielleicht auch keine Eigenbestimmtheit. Das Erleben erreicht diese Dimension gar nicht. Bei Schizophrenen, die schwere Straftaten begehen, liegt in vielen Fällen eine Paranoia vor. Dort wird das eigene Handeln in der Tat als fremdbestimmt erlebt ("Stimmen" erteilen Befehle).
Aber grundsätzlich stimme ich dir zu: Wir können die Willensfreiheit nicht einfach als ein subjektives Gefühl definieren; das geht logisch nicht auf.
Zitat von KaaWir müßen auf jeden Fall, so schwer es fällt, das Problem loslösen von dem was wir persönlich von unserer Freiheit der Entscheidung glauben. Wir glauben, wir sind frei. Das heißt aber noch nicht, daß wir es auch sind. Und daß ich das schreibe, heißt noch nicht, daß ich glaube oder behaupte, daß wir das nicht sind.
Genau so!
Zitat von KaaEs ist verwunderlich, wie ein Forum mit so klugen und rationalen und erwachsenen Leuten bei der Verteidigung eines liebgewordenen Vorurteils (auch etwas, was zuerst nur ein ein Vorurteil ist, kann sich als Wahrheit erweisen) argumentativ ein kleines bißchen nachlassen.
Hm, liebe Kaa, was ist denn jetzt das Vorurteil? Die Glaube an die Willensfreiheit oder der Glaube an ihre Nichtexistenz?
Zitat von Zettel... oder sie sind aufgrund mangelnder Intelligenz nicht in der Lage, das Unrechtmäßige der Tat zu erkennen oder nach dieser Einsicht zu handeln (das ist jetzt auch aus dem Kopf zitiert; aber ungefähr so bestimmt es das Strafrecht).
was ist Intelligenz im Sinne des Determinismus? Sollte der Wille nicht frei sein, gäbe es dann überhaupt sowas wie Intelligenz - oder wie sähe die Definition dann aus?
Ein paar (zusammenhanglose) Fragen, die mir spontan zum Thema in den Sinn kommen: - Gäbe es keinen freien Willen, warum sollten dann Wesen entstehen, die die Frage stellen (können), ob es einen freien Willen gibt oder nicht? Das erscheint mir unlogisch. - Mir fällt die Vorstellung schwer, daß bspw. unmittelbar nach dem Urknall (wenn es denn einen gab) schon die Lottozahlen vom nächsten Wochenende festgestanden hatten. Okay, das taten sie natürlich nicht, wie uns Heisenbergs Unschärferelation lehrt (aber sie schließt eine vollständig deterministische Welt nicht aus, sondern zeigt uns nur, daß wir nicht genauer hingucken können). Zufall bzw. Willkür (mutmaßlich) bringt uns zwar grundsätzlich bzgl. des freien Willens nicht weiter, aber wird dadurch nicht auch deutlich, daß hier Komponenten versteckt sein könnten, die ihn eben doch möglich machen? Die wir möglicherweise nie verstehen (können)? - Wie wirken sich Quanteneffekte in der Nähe von Schwarzen Löchern auf die Entwicklung des Universums aus (spontane und zufällige (?) Entstehung von Teilchen und Antiteilchen am Rande des Ereignishorizonts - zu beobachten als Röntgenstrahlung)? (Das sind Effekte, die prinzipiell überall stattfinden können, nur daß sich sonst Teilchen und Antiteilchen eben sofort wieder gegenseitig vernichten.) Reichte es schon aus, wenn man Effekte nachweisen könnte, die keiner Gesetzmäßigkeit folgen, um den Determinismus zu Fall zu bringen? Und um so zu zeigen, daß es dann zwar noch keinen freien Willen geben muß, ihn aber grundsätzlich geben kann? - Das von der Natur hervorgebrachte "Konzept" des Bewußtseins will mir in dem Zusammenhang auch nicht einleuchten, wenn ich davon ausgehe, daß es keinen freien Willen gibt. Wozu brauche ich das dann? Sollte alles deterministisch, also quasi "mechanisch" ablaufen, wäre man dann nicht dazu verdonnert, daß man sich lediglich dem bewußt ist, was sowieso passiert, also zum Beobachter seiner selbst degradiert?
Zitat von Zettel... oder sie sind aufgrund mangelnder Intelligenz nicht in der Lage, das Unrechtmäßige der Tat zu erkennen oder nach dieser Einsicht zu handeln (das ist jetzt auch aus dem Kopf zitiert; aber ungefähr so bestimmt es das Strafrecht).
was ist Intelligenz im Sinne des Determinismus? Sollte der Wille nicht frei sein, gäbe es dann überhaupt sowas wie Intelligenz - oder wie sähe die Definition dann aus?
Ich habe jetzt den Paragraphen 20 StGB nachgesehen, den ich sinngemäß zitiert hatte:
Zitat von Paragraph 20 StGB§ 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
"Schwachsinn" ist ein in der heutigen Intelligenzforschung nicht mehr sehr verbreiteter Begriff. Gemeint ist eine stark verminderte Intelligenz; manchmal ein IQ unter 70.
Das nur als Nachtrag zu der von Ihnen zitierten Passage, lieber RexCramer. Ihre Frage führt ja aber in eine andere - und sehr interessante - Richtung: Hat der freie Wille etwas mit Intelligenz zu tun?
Der Kompatibilismus legt das nahe, weil er den freien Willen gewissermaßen rationalisiert; ihn mit Überlegen, Erwägen, Bewerten in Zusammenhang bringt.
Aus meiner Sicht ist das zwar ein wichtiger Aspekt. Aber es gibt ja auch freie Willensentscheidungen, die davon wenig haben: Jemand sieht zB jemanden in Gefahr und entschließt sich, ihn unter eigener Lebensgefahr zu retten. Einer solchen Willenstentscheidung liegen Mut und Charakter zugrunde, nicht unbedingt Intelligenz.
Also, ich tendiere dazu, keine sehr enge Beziehung zwischen Intelligenz und freiem Willen zu sehen.
Interessant wird es natürlich - und vielleicht steckt diese Überlegung hinter Ihrer Frage -, ob man sich Systeme oder Programme der KI vorstellen könnte, die so intelligent sind, daß wir ihnen einen freien Willen zuzusprechen geneigt sind. Weil wir nicht vorhersagen können, wie sie "sich entscheiden" werden.
Ich glaube das nicht, weil ich generell nicht glaube, daß die KI viel damit zu tun hat, wie Gehirne funktionieren. Aber das sollte man vielleicht bei Gelegenheit einmal getrennt diskutieren.
Zitat von RexCramer- Gäbe es keinen freien Willen, warum sollten dann Wesen entstehen, die die Frage stellen (können), ob es einen freien Willen gibt oder nicht? Das erscheint mir unlogisch.
Interessantes Argument. Ähnlich hat Descartes argumentiert: Da wir unvollkommene Wesen sind, könnten wir aus uns selbst heraus niemals den Gedanken an die Existenz eines vollkommenen Wesens fassen. Also muß dieses - Gott nämlich - uns diese Vorstellung eingegeben haben.
Man könnte so argumentieren (der Psychologe Narziß Ach hat in den zwanziger oder dreißiger Jahren so argumentiert): Wir erleben, daß wir tun können, was wir wollen. Wir können Gewolltes in die Tat umsetzen. Und diese Art von Erleben der Freiheit verführt uns dazu, zu glauben, wir könnten auch frei wollen. - Ich glaube aber nicht, daß das Ihre Frage wirklich beantwortet.
Zitat von RexCramer- Mir fällt die Vorstellung schwer, daß bspw. unmittelbar nach dem Urknall (wenn es denn einen gab) schon die Lottozahlen vom nächsten Wochenende festgestanden hatten.
Mir auch. Diese Idee des Laplace'schen Dämons ist ja im Grunde auch eine reine Annahme, die durch keine Erfahrung gestützt wird. Außer eben durch die Überzeugung, alles müsse seine zureichende Ursache haben.
Ich glaube, hier in diesem Thread hat jemand schon auf Schopenhauers Dissertation "Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grund" hingewiesen. Ein brillanter Text - unbedingt lesen, wer ihn noch nicht kennt!
Wenn man radikal an Ihre Frage herangehen will, lieber RexCramer, dann wird man sich, denke ich, jedenfalls mit der guten alten Erkenntnistheorie abgeben müssen, die ja nicht eben im Zentrum der heutigen analytischen Philosophie steht.
Die Zukunft erscheint uns "offen". Sie erscheint uns so. Aber vielleicht ist das ja nur eine Frage unserer Perspektive als Wesen, deren Welt nun einmal eine raumzeitliche ist. Man kann sich ein Wesen vorstellen, das dieser Beschränkung nicht unterliegt, für das "alles Gegenwart" ist. Das würde dann den Urknall ebenso "sehen" wie die Lottozahlen. Auf einer Zeitachse vielleicht; aber ohne die Beschränkung, daß ein Teil des darauf Befindlichen "noch unbekannt" ist.
Leibniz hatte solche Ideen. Er hat sich vorgestellt, daß jede Monade die Welt aus ihrer Perspektive "sieht" - aber nur in der Weise, daß ein (so könnten wir es heute versinnbildlichen) schon fertiger Film in ihr abläuft.
Im Grunde ist uns das ja heute geläufig, lieber RexCramer, wenn wir eine Video auf der Festplatte oder einer DVD haben: Was beim Abspielen einen zeitlichen Verlauf aufweist, ist als Datei komplett "simultan" vorhanden. Die Zeit ist natürlich in dieser Datei repräsentiert, aber nicht in einem selbst zeitlichen Kode.
Von einem Physiker habe ich mir mal erklären lassen, daß es für die Physik eigentlich keine "Gegenwart" gibt. Man analysiert zeitliche Abläufe, oder vielmehr raumzeitliche. Es gibt, mathematisch gesehen, keinen "ausgezeichneten" Punkt darauf oder darin, der unserem Erleben des "jetzt, in diesem Augenblick" entspricht.
hier der letzte Teil meiner Antwort auf Ihren ausgezeichneten (und, wie Sie sehen, sehr anregenden) Beitrag:
Zitat von RexCramer- Mir fällt die Vorstellung schwer, daß bspw. unmittelbar nach dem Urknall (wenn es denn einen gab) schon die Lottozahlen vom nächsten Wochenende festgestanden hatten. Okay, das taten sie natürlich nicht, wie uns Heisenbergs Unschärferelation lehrt (aber sie schließt eine vollständig deterministische Welt nicht aus, sondern zeigt uns nur, daß wir nicht genauer hingucken können). Zufall bzw. Willkür (mutmaßlich) bringt uns zwar grundsätzlich bzgl. des freien Willens nicht weiter, aber wird dadurch nicht auch deutlich, daß hier Komponenten versteckt sein könnten, die ihn eben doch möglich machen? Die wir möglicherweise nie verstehen (können)?
Ob Unbestimmtheit oder nur Unbestimmbarkeit - das ist ja, soweit ich diese Diskussion überblicke, nach wie vor umstritten. Aber man scheint sich doch weitgehend einig zu sein, daß der Akt der Beobachtung erst zum "Zusammenbrechen" (collapse) einer Wahrscheinlichkeitsfunktion führt und dadurch erst das erzeugt, was wir eben als "Teilchen an einem Ort" beobachten.
Auch ansonsten ist es ja in der Quantenwelt offenbar so, daß es vom Beobachtungsvorgang (mit) abhängt, was wir beobachten. Ob sich Licht zum Beispiel wie Wellen verhält (deren Interferenzmuster man beobachten kann) oder wie Teilchen (die man zählen kann).
Was halt, lieber RexCramer, wieder zu meinem Lieblingsthema führt: Es ist naiv, zu meinen, die Welt, die wir beobachten, sei "da draußen". Was wir beobachten - ob im Alltag, ob als Wissenschaftler - ist eine reale Welt (keine "idelle", erst recht keine eingebildete); aber es ist eine reale Welt, wie sie sich eben unserem Gehirn darstellt. "Die Welt" ist ein Ergebnis des Zusammentreffens des Beobachters mit dem, was er beobachtet.
Ungefähr so, wie wenn einer mit dem Kopf durch die Wand will: Was passiert, hängt von ihm und seinem Kopf ab (mit welcher Wucht er sich der Wand nähert, wie widerstandsfähig sein Kopf ist), aber auch von der Wand (wenn es zB eine Kulisse ist, kann er vielleicht mühelos mit dem Kopf durch die Wand).
Zitat von RexCramer- Wie wirken sich Quanteneffekte in der Nähe von Schwarzen Löchern auf die Entwicklung des Universums aus (spontane und zufällige (?) Entstehung von Teilchen und Antiteilchen am Rande des Ereignishorizonts - zu beobachten als Röntgenstrahlung)? (Das sind Effekte, die prinzipiell überall stattfinden können, nur daß sich sonst Teilchen und Antiteilchen eben sofort wieder gegenseitig vernichten.) Reichte es schon aus, wenn man Effekte nachweisen könnte, die keiner Gesetzmäßigkeit folgen, um den Determinismus zu Fall zu bringen? Und um so zu zeigen, daß es dann zwar noch keinen freien Willen geben muß, ihn aber grundsätzlich geben kann?
Wie kann man nachweisen, daß Effekte keiner Gesetzmäßigkeit folgen? Könnte es nicht immer auch eine sein, die man nur noch nicht versteht?
Aber einmal vorausgesetzt, ein solcher Nachweis sei möglich: Ich würde dann (so wie Sie es andeuten), daraus schließen, daß es in der Natur Kausalketten gibt, die neu beginnen. Und ein Willensakt ist ein solche Vorgang.
Übrigens hat Kant eine ähnliche Überlegung angestellt. Er fragt sich auch, ob wir das denn annehmen dürften, daß eine Kausalkette neu beginnt. Und sagt - natürlich - , daß das nicht gedacht werden kann, weil unser Verstand an die Kategorie der Kausalität gebunden ist. Etwas, das keine Ursache hat, können wir nicht denken. Aber - sagt Kant - das Problem der Willensfreiheit ist ja nicht das einzige, das diese Schwierigkeit beinhaltet. Denn auch den Anfang der Welt können wir nicht denken, aus demselben Grund.
Zitat von RexCramer- Das von der Natur hervorgebrachte "Konzept" des Bewußtseins will mir in dem Zusammenhang auch nicht einleuchten, wenn ich davon ausgehe, daß es keinen freien Willen gibt. Wozu brauche ich das dann? Sollte alles deterministisch, also quasi "mechanisch" ablaufen, wäre man dann nicht dazu verdonnert, daß man sich lediglich dem bewußt ist, was sowieso passiert, also zum Beobachter seiner selbst degradiert?
Ja, so wäre es dann.
Welchen Selektionsvorteil es in der Evolution hatte, daß Bewußtsein entstand, weiß wohl noch niemand.
Die kurioseste Idee dazu habe ich mal Karl Pribram äußern hören (da hatten wir alle allerdings schon kräftig dem Wein zugesprochen): Es mache sexuell attraktiv.
(Jetzt konnte ich endlich mal dieses Smilie einsetzen).
Zitat von RexCramerFragen über Fragen. :-)
Außerordentlich kluge, lieber RexCramer. Weshalb ich mir gern die Zeit für den Versuch genommen habe, das eine oder andere dazu zu antworten.
Zitat von KaaHallo Meister Petz Das meine ich nicht. "Die Leute" regen sich auf, bevor das Ergebnis bekannt ist. Sie sagen, es kann nicht sein, daß es keinen freien Willen gibt, bevor die Wissenschaft überhaupt etwas festgestellt hat. Und sollte sie einmal festgestellt haben, daß es keinen freien Willen gibt, dann würden sie Wissenschaftsbashing betreiben - weil es nicht sein kann, daß die Wissenschaft recht hat und ihr Empfinden unrecht.
Naja, mit dem von Zettel kurz erwähnten Libet-Experiment gab es ja diese Situation vor ein paar Jahren schon einmal. "Die Wissenschaft", genauer gesagt Libet und seine Anhänger, haben eine Beobachtung in dieser Hinsicht interpretiert.
Zitat von KaaABER: Wenn die Wissenschaft feststellen sollte, daß es keinen freien Willen gibt - dann sähe ich kein Problem.
Aber es geht doch überhaupt nicht darum, ob der freie Wille empirisch bewiesen oder widerlegt wird! Wenn der Physikalismus wahr ist, dann gibt es keinerlei Raum für einen freien Willen, weil so etwas wie mentale Verursachung nicht möglich ist. Ob der Physikalismus aber wahr ist, ist m. E. mit empirischen Mitteln nicht zu beweisen.
Zitat von KaaWir sind ja ein kluges Forum. Wir betreiben ja kein Wissenschaftsbashing. Sondern wir achten die wissenschaftlichen Tugenden. Also, wenn die Wissenschaft feststellt, daß es keinen freien Willen gibt, und wir anderer Meinung sind, was können wir tun: 0) Wir können einige Sachen nicht machen - die Wissenschaft verteufeln, ironisch werden, an der Sache vorbeireden, auf unserem Standpunkt beharren. 1) Wir könnten Methodenkritik betreiben. Das ist eine interessante Disziplin, die sollte man unbedingt so 5 bis 10 Jahre geübt haben. Auf Forumsniveau finde ich das in meinem Alter aber nicht ergiebig. 2) Wir könnten die Wissenschaftler in ihrer Integrität und Wissenstiefe anerkennen - und uns fragen, was untersuchen die eigentlich?
Möglichkeit 0) fällt aus guten Gründen aus. Möglichkeit 1) und 2) fallen für mich zusammen. Wobei ich ja der Meinung bin, dass ein guter Wissenschaftler die Methodenkritik gleich mitliefern muss. Wie kommen Sie auf ausgerechnet 5-10 Jahre?
Zitat von KaaDie Wissenschaftler, das sind Menschen, wie Du und ich. Also ich meine, die erleben sich auch mit einem freien Willen. Die werden also nicht etwas Triviales untersuchen.
Und das ist genau der spannende Punkt! Die Subjektivität des Menschen ist in gewissem Sinne trivial, weil jeder sie erlebt und keiner bezweifeln kann. Sie ist im Prinzip so etwas wie "vorempirisches Wissen". Die genialste Zusammenfassung dieser These liefert Descartes mit drei Worten: Cogito ergo sum. Ich kann nicht bezweifeln, dass ich es bin, der sich da erlebt. Nichttrivial wird die ganze Sache erst, wenn man versucht, die Subjektivität in die Objektivität zu verlagern. Die Wissenschaft kennt keine Subjektivität, ihre Sichtweise ist die dritte Person. Die methodenkritische Frage aus der philosophischen Ecke lautet also: Kann die 3. Person-Perspektive die 1.Person-Perspektive (ich erlebe mich als frei entscheidenden) ausreichend beschreiben? Wenn der Physikalismus recht hat (und nach dem gängigen wissenschaftlichen Paradigma MUSS er recht haben), kann es so etwas wie subjektives Erleben nicht geben. Ende.
Zitat von KaaSo - und ich bin immer zu gutgläubig. Haut man mir einen Satz um die Ohren "das halte ich - mit Verlaub - für eine sehr unphilosophische Denkweise", dann denke ich, jemand der sich sowas erlaubt, das muß für Qualität bürgen. So eine absolute niederschmetternde Kritik würde ich mir nicht erlauben, und dann im nächsten Satz eine völlig unphilosophische Behauptung hinzuknallen. Der erste Satz schreit einfach nach Qualität im gesamten Beitrag. Und wenn Sie die nicht liefern können, Herr Petz, sollten sie die Kritik auch lassen. Ne, also wirklich. Kaa
Das Unphilosophische an der Denkweise ist, sich mit diesem Ende (s.o.) zufriedenzugeben, ohne die Frage zu stellen, ob damit wirklich die Subjektivität in unserem Erleben (als Illusion oder whatever) ausreichend wegerklärt ist. Im übrigen war das gar nicht niederschmetternd gemeint, es ist ja keine Schande, kein Philosoph zu sein. Ich habe z. B. in manchen Bereichen auch sehr unwissenschaftliche Denkweisen, und würde mich nicht auf den Schlips getreten fühlen, wenn man mir das bescheinigen würde!
Zitat von ZettelTrotzdem gibt es aus meiner Sicht so etwas wie einen berechtigten "Absolutsheitanspruch" der Wissenschaft: Nur mit wissenschaftlichen Methoden lassen sich Erkenntnisse finden, die allgemeine Verbindlichkeit beanspruchen können. Es mag religiöse, es mag philosopische Erkenntnis geben, die für denjenigen, der sie hat, von höchster Evidenz ist. Aber für andere verbindlich ist sie nicht. Wissenschaftler dagegen können sich weltweit, über alle Grenzen der Kulturen, der Religionen, der Gesellschaftsformen verständigen. Nicht unbedingt darauf verständigen, daß x oder daß y der Fall ist. Sich aber auf Methoden verständigen, mit denen sie gemeinsam herausfinden können, ob x oder y der Fall ist.
Da wäre ich ganz vorsichtig. Das gilt sicher für den Bereich empirisch zugänglicher Daten ohne Einschränkung. Hier aber schon einen Absolutheitsanspruch abzulsiten, halte ich für einen Szientismus, der zu weit führt. Damit ist in anderen Bereichen dem Relativismus Tür und Tor geöffnet.
Wie ist es z. B. mit einem Absolutheitsanspruch der Menschenrechte? Empirisch belegbar? Schwierig. Philosophische Erkenntnis, die nur für den, der sie hat, verbindlich ist? Wäre folgerichtig, spräche aber gegen alles, was ich sonst von Ihnen lese.
Wie wäre es mit: Philosophische Erkenntnis, die für alle verbindlich ist?
Zitat von Zettel <blockquote><font size="1">Zitat von KaaWir müßen auf jeden Fall, so schwer es fällt, das Problem loslösen von dem was wir persönlich von unserer Freiheit der Entscheidung glauben. Wir glauben, wir sind frei. Das heißt aber noch nicht, daß wir es auch sind. Und daß ich das schreibe, heißt noch nicht, daß ich glaube oder behaupte, daß wir das nicht sind.
Genau so![/quote]
Einspruch! Dadurch wird das Problem nur verschoben. Wenn der Physikalismus wahr ist, gibt es strenggenommen auch kein subjektives Erleben, da es ja keine Bewusstseinsqualitäten gibt! Wir könnten also nicht einmal erleben, wie es ist, eine freie Entscheidung zu treffen (unabhängig davon, ob es tatsächlich so ist oder nicht), oder die Überzeugung haben, frei zu entscheiden. Selbst die "Illusion" braucht einen Träger.
Insofern hängen die beiden Themen aus meiner Sicht sehr wohl zusammen. Wenn wir die Freiheit verwerfen, aber das Bewusstsein halten wollen, bleibt die explanatory gap trotzdem offen
Zitat von ZettelTrotzdem gibt es aus meiner Sicht so etwas wie einen berechtigten "Absolutsheitanspruch" der Wissenschaft: Nur mit wissenschaftlichen Methoden lassen sich Erkenntnisse finden, die allgemeine Verbindlichkeit beanspruchen können.
Da wäre ich ganz vorsichtig. Das gilt sicher für den Bereich empirisch zugänglicher Daten ohne Einschränkung. Hier aber schon einen Absolutheitsanspruch abzulsiten, halte ich für einen Szientismus, der zu weit führt.
Ich kann, lieber Meiser Petz, mit dem Wort "Szientismus" nichts anfangen.
Natürlich kann Wissenschaft nur dort Aussagen machen, wo sie zuständig ist. Das ist ja eine Trivialität. Und natürlich gilt das, was ich da geschrieben hatte, nur für diesen Zuständigkeitsbereich.
Wenn Nichtwissenschaftler - oder schlechte Wissenschaftler - der Wissenschaft etwas aufbürden, was sie nicht leisten kann (zB uns zu verraten, ob es einen Gott gibt oder ob die Bilder von van Gogh besser sind als die von Manet), dann ist das das Problem der Betreffenden. Die Wissenschaft kann nichts dafür, wenn sie mißverstanden wird.
Zitat von Meister PetzDamit ist in anderen Bereichen dem Relativismus Tür und Tor geöffnet.
Ja, richtig. Außerhalb dessen, worauf sich alle verständigen können, gibt es halt nichts, worauf sich alle verständigen können. (Das erkläre ich jetzt mit dem Absolutheitsanspruch, den alle analytischen Urteile beanspruchen dürfen ).
Zitat von Meister PetzWie ist es z. B. mit einem Absolutheitsanspruch der Menschenrechte? Empirisch belegbar?
Nein, natürlich nicht. Und deshalb kann in Bezug auf sie auch kein Absolutheitsanspruch in dem Sinn erhoben werden, wie ich das erläutert hatte: Es gibt keine Methoden, mit deren Hilfe sich jeder, der es denn möchte, davon überzeugen kann, daß bestimmte Rechte Menschenrechte sind und daß Menschenrechte überhaupt für jeden "gelten".
Sie "gelten" nur in dem Sinn, daß sie akzeptiert werden. Glücklicherweise von immer mehr Menschen. Aber wenn jemand zB der Meinung ist, es gebe kein Menschenrecht auf freie Wahl der Religion, dann gibt es keine Methode, mit der Sie oder ich ihn davon überzeugen könnten, daß er Unrecht hat.
Zitat von Meister PetzSchwierig. Philosophische Erkenntnis, die nur für den, der sie hat, verbindlich ist? Wäre folgerichtig, spräche aber gegen alles, was ich sonst von Ihnen lese.
Nein, lieber Meister Petz, einen solchen Absolutheitsanspruch im ethischen Bereich, wie Sie ihn mir jetzt - wenn ich Sie recht verstehe - zuschreiben, habe ich nicht (hoffe ich jedenfalls ).
Ich trete - ich vermute, Sie beziehen sich darauf - mit einer gewissen Entschlossenheit für "unsere westlichen Werte" ein (um das mal so schwammig zusammenzufassen). Wenn jemand sie attackiert, dann müssen wir sie nach meiner Überzeugung verteidigen. Wo sie nicht gelten, dort sollten wir versuchen, ihnen Gültigkeit zu verschaffen.
Aber mit einem Absolutheitsanspruch in dem Sinn, daß diese Werte auch von Andersdenkenden akzeptiert werden müßten (so, wie eine wissenschaftliche Beobachtung, wenn sie replizierbar ist, von allen akzeptiert werden muß), hat das nichts zu tun. In der Ethik gibt es keine Bestätigung von Vorhersagen, keine Falsifikation, kein experimentum crucis. Es gibt kein Verfahren, auf das sich alle verständigen könnten, um herauszufinden, wer Recht hat.
Zitat von KaaWir müßen auf jeden Fall, so schwer es fällt, das Problem loslösen von dem was wir persönlich von unserer Freiheit der Entscheidung glauben. Wir glauben, wir sind frei. Das heißt aber noch nicht, daß wir es auch sind. Und daß ich das schreibe, heißt noch nicht, daß ich glaube oder behaupte, daß wir das nicht sind.
Genau so!
Einspruch! Dadurch wird das Problem nur verschoben. Wenn der Physikalismus wahr ist, gibt es strenggenommen auch kein subjektives Erleben, da es ja keine Bewusstseinsqualitäten gibt!
Das mag für ein sehr enges Verständnis von Physikalismus gelten. Vielleicht deshalb wird ja inzwischen meist von "Naturalismus" gesprochen.
Das Bewußtseinsproblem ist dann das Problem der "Naturalisierung des Bewußtseins" - also seiner Einbeziehung in ein wissenschaftliches Weltbild, in dem es zwischen allen Ebenen "Brückengesetze" gibt.
Wo also das Bewußtsein nicht mehr - wie jetzt noch - als sozusagen ein erratischer Stein in der Gegend herumsteht, sondern durch Gesetzmäßigkeiten so mit Gehirnprozessen verknüpft werden kann, wie zB. die - ein Beispiel, das John Searle gern benutzt - die "Härte" eines Tischs mit Sachverhalten auf der Ebene von Molekülen verknüpft werden kann.
Zitat von Meister PetzWir könnten also nicht einmal erleben, wie es ist, eine freie Entscheidung zu treffen (unabhängig davon, ob es tatsächlich so ist oder nicht), oder die Überzeugung haben, frei zu entscheiden. Selbst die "Illusion" braucht einen Träger.
Das stimmt. Willensfreiheit ohne Qualia und ohne Intentionalität - das geht nicht. Deshalb bin ich auch der Meinung, daß es nicht nur falsch, sondern nachgerade unsinnig ist, Robotern oder Zombies Willensfreiheit zuzusprechen. Sie können so erscheinen, als hätten sie einen freien Willen. Nur haben sie ihn nicht.
Zitat von Meister PetzInsofern hängen die beiden Themen aus meiner Sicht sehr wohl zusammen. Wenn wir die Freiheit verwerfen, aber das Bewusstsein halten wollen, bleibt die explanatory gap trotzdem offen
Zitat von Zettel"Schwachsinn" ist ein in der heutigen Intelligenzforschung nicht mehr sehr verbreiteter Begriff. Gemeint ist eine stark verminderte Intelligenz; manchmal ein IQ unter 70.
spannend wird es, wenn der erste Angeklagte auf die Idee kommt, sich vor Gericht mit Kausalität und Determinismus zu verteidigen.
Zitat von ZettelInteressant wird es natürlich - und vielleicht steckt diese Überlegung hinter Ihrer Frage -, ob man sich Systeme oder Programme der KI vorstellen könnte, die so intelligent sind, daß wir ihnen einen freien Willen zuzusprechen geneigt sind. Weil wir nicht vorhersagen können, wie sie "sich entscheiden" werden.
Ich glaube das nicht, weil ich generell nicht glaube, daß die KI viel damit zu tun hat, wie Gehirne funktionieren. Aber das sollte man vielleicht bei Gelegenheit einmal getrennt diskutieren.
Das ist in der Tat ein interessanter Punkt. Nehmen wir mal an, freier Wille existiert: Wenn das menschliche Gehirn ihn hat, warum sollte es dann nicht möglich sein, eine Maschine mit eben dieser Eigenschaft zu bauen?
Zitat von ZettelDie Zukunft erscheint uns "offen". Sie erscheint uns so. Aber vielleicht ist das ja nur eine Frage unserer Perspektive als Wesen, deren Welt nun einmal eine raumzeitliche ist. Man kann sich ein Wesen vorstellen, das dieser Beschränkung nicht unterliegt, für das "alles Gegenwart" ist. Das würde dann den Urknall ebenso "sehen" wie die Lottozahlen. Auf einer Zeitachse vielleicht; aber ohne die Beschränkung, daß ein Teil des darauf Befindlichen "noch unbekannt" ist.
dieses Wesen müßte quasi "von außen" aufs Universum blicken können. Wir müßten unser Universum also verlassen können, um Erkenntnisse zu gewinnen. Dummerweise hälfe uns das nicht wirklich weiter, da wir uns dann nur im nächstgrößeren System befänden. (Jetzt mal außer Acht gelassen, ob solche linearen Begriffe in diesem Zusammenhang sinnvoll sind.)
Zitat von ZettelAuch ansonsten ist es ja in der Quantenwelt offenbar so, daß es vom Beobachtungsvorgang (mit) abhängt, was wir beobachten. Ob sich Licht zum Beispiel wie Wellen verhält (deren Interferenzmuster man beobachten kann) oder wie Teilchen (die man zählen kann).
das ist grundsätzlich immer so. Auch wenn Sie nur die Spannung in einem Stromkreis messen, dann ist diese nicht so, wie sie wäre, mischten Sie sich nicht ein. Die Besonderheit auf Quantenebene ist nur die, daß es nicht möglich ist, den Einfluß der Messung auf ein unwesentliches Maß zu reduzieren.
Zitat von ZettelWie kann man nachweisen, daß Effekte keiner Gesetzmäßigkeit folgen? Könnte es nicht immer auch eine sein, die man nur noch nicht versteht?
Ja, so sehe ich das auch. Und zwar mit der Betonung auf "immer".
Was ist z. B. mit so einer "simplen" Sache wie der Gravitation? Wir können zwar deren Auswirkungen beschreiben, aber danach sieht es ganz schnell mager aus. Woher "weiß" bspw. der Mond, daß er sich mit unserer Erde um den gemeinsamen Massenschwerpunkt zu drehen hat?
Analog zu oben könnte man hier argumentieren, ganz egal wie die Ergebnisse sind, die einer rausgefunden hat, daß alles auch ganz anders aussehen könnte, wenn man mit der Betrachtung im Maßstab bloß noch eine Stufe heruntergeht. Woher wollen wir wissen, daß es sowas wie Elementarteilchen gibt? Oder allgemeiner gesagt: Existiert absolute Größe? Falls nein: Wäre die Frage nach dem freien Willen dann (prinzipiell) nicht beantwortbar?
Oder noch einen Schritt weitergedacht: Sollte die Frage nicht beantwortbar sein, schlösse das die Möglichkeit des freien Willens nicht aus. Wenn das aber der Fall ist, gibt es einen freien Willen, denn wenn wir uns in die Unendlichkeit bewegen, egal ob im Kleinen oder im Großen, ist die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Ereignisses, das grundsätzlich eintreten kann, eins! Da die Frage aber gleichzeitig auch nicht beantwortbar wäre, befänden wir uns in einem netten Paradoxon ...
Zitat von ZettelWelchen Selektionsvorteil es in der Evolution hatte, daß Bewußtsein entstand, weiß wohl noch niemand. Die kurioseste Idee dazu habe ich mal Karl Pribram äußern hören (da hatten wir alle allerdings schon kräftig dem Wein zugesprochen): Es mache sexuell attraktiv.
Apropos Wein zusprechen: Bei solchen Themen, wenn z. B. jemand in kosmischen Dimensionen bei Galaxienhaufen von einer lokalen Gruppe spricht, bekomme ich meistens das Gefühl, ich müßte mich betrinken.
Zitat von ZettelAußerordentlich kluge, lieber RexCramer.
Zuviel des Lobes - nur Physik Leistungskurs vor langen Jahren.
Zitat von RexCramerWas ist z. B. mit so einer "simplen" Sache wie der Gravitation? Wir können zwar deren Auswirkungen beschreiben, aber danach sieht es ganz schnell mager aus. Woher "weiß" bspw. der Mond, daß er sich mit unserer Erde um den gemeinsamen Massenschwerpunkt zu drehen hat?
Man versucht natürlich immer, die "Gesetze hinter den Gesetzen" herauszufinden. Im Augenblick geht es, wenn ich das recht verfolgt habe, ja darum, die vier Grundkräfte, zu denen die Gravitation gehört, innerhalb einer einheitlichen Theorie zu fassen.
Irgendwann ist natürlich Schluß. Nur weiß man nicht, wann das ist. Es ist wie bei einer Schnitzeljagd, wo jeder gefundene Hinweis nur die Jagd nach einem neuen steuert.
Zitat von RexCramerWoher wollen wir wissen, daß es sowas wie Elementarteilchen gibt? Oder allgemeiner gesagt: Existiert absolute Größe? Falls nein: Wäre die Frage nach dem freien Willen dann (prinzipiell) nicht beantwortbar?
Das, lieber RexCramer, sind Fragen, die sozusagen nach Kant schreien.
Warum Teilchen? Weil, würde Kant sagen, "Substanz" ebenso eine Kategorie unseres Verstandes ist wie "Kausalität". Ein Welt, die nicht aus "irgendetwas" besteht, können wir so wenig denken wie einen Vorgang ohne Ursache.
In einer wenig gelesenen Schrift, "Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft", hat Kant versucht, die gesamte Physik auf solche Verstandeskategorien zu gründen. Aus heutiger Sicht nicht sehr überzeugend, weil im wesentlichen die Physik seiner Zeit herauskam - aber doch ein faszinzierendes gedankliches Experiment.
Zitat von RexCramerOder noch einen Schritt weitergedacht: Sollte die Frage nicht beantwortbar sein, schlösse das die Möglichkeit des freien Willens nicht aus. Wenn das aber der Fall ist, gibt es einen freien Willen, denn wenn wir uns in die Unendlichkeit bewegen, egal ob im Kleinen oder im Großen, ist die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Ereignisses, das grundsätzlich eintreten kann, eins!
Ich weiß nicht, ob ich das ganz verstanden habe. Was meinen Sie mit "Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses, das grundsätzlich eintreten kann"? Für jedes Ereignis braucht es einen zureichenden Grund. Und wenn der fehlt, dann tritt es nicht ein, auch wenn es grundsätzlich möglich ist.
Möglich ist alles, was nicht - nach Leibniz - einer verité de raison widerspricht, einer Vernunftwahrheit. Real wird aber aus diesem Universum der Möglichkeiten nur das, was einen zureichenden Grund hat; dann erst wird es zur verité de fait, zur Tatsachenwahrheit.
Dazu bedarf es aber einer raison suffissante, eines zureichenden Grundes. Sonst tritt das Mögliche nicht ein. Bis zum Sankt Nimmerleinstag nicht.
Zitat von RexCramerDa die Frage aber gleichzeitig auch nicht beantwortbar wäre, befänden wir uns in einem netten Paradoxon ...
Könnten Sie das noch a bisserl erläutern?
Zitat von RexCramerApropos Wein zusprechen: Bei solchen Themen, wenn z. B. jemand in kosmischen Dimensionen bei Galaxienhaufen von einer lokalen Gruppe spricht, bekomme ich meistens das Gefühl, ich müßte mich betrinken.
Das geht mir auch so. Es gibt ja nicht nur eine "Ausdehnung des Alls" im Sinn der Expansion seit dem Urknall (wenn's denn so ist), sondern gewissermaßen auch eine in den Köpfen der Astronomen.
Man muß sich das mal vorstellen: Das immer so gepriesene "kopernikanische Weltbild" war ja im Grunde nicht viel besser als das ptolemäische; denn die Sonne im Zentrum des Universums ...
Dann kam die Einsicht, daß auch Fixsterne Sonnen sind. Die Sonne war nun eine unter vielen, aber das Universum war unsere Galaxie. Dann die Entdeckung, daß ein Teil der "Nebel" ebenfalls Galaxien sind. Das war der Stand, als ich mal mit dem Gedanken gespielt habe, Astronomie zu studieren. Und jetzt gehören alle diese Galaxien, die wir so kennen, zu unserer "lokalen Gruppe". Und überhaupt tanzen die Galaxien umanand, daß man fast den Verstand verliert, durchdringen sich, vereinigen sich; was auch immer.
Was wird wohl als Nächstes kommen? Daß unser 14 oder so Milliarden Lichtjahre (damals, als ich ... usw., waren es noch acht) großes Universum wieder nur ein lüttes ist, irgendwo am Rand einer Welt aus lauter solchen Alls?
der Kommentar zur absoluten Größe dürfte klar sein: Wenn wir uns auf Quantenebene befinden oder über kosmische Dimensionen reden, solange es immer noch die Möglichkeit einer noch kleineren oder größeren Kategorie gibt, die die bisherigen Erkenntisse umdrehen könnte, können wir keine eindeutige Aussage treffen. Auch nicht zum freien Willen.
Zitat von RexCramerOder noch einen Schritt weitergedacht: Sollte die Frage nicht beantwortbar sein, schlösse das die Möglichkeit des freien Willens nicht aus. Wenn das aber der Fall ist, gibt es einen freien Willen, denn wenn wir uns in die Unendlichkeit bewegen, egal ob im Kleinen oder im Großen, ist die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Ereignisses, das grundsätzlich eintreten kann, eins! Da die Frage aber gleichzeitig auch nicht beantwortbar wäre, befänden wir uns in einem netten Paradoxon ...
Aber bitte nehmen Sie diesen Absatz nicht so ernst, weshalb ich mit und nicht sparsam war.
Mir kam nur dieses Theorem in den Sinn: http://de.wikipedia.org/wiki/Unendlich-viele-Affen-Theorem Es geht dabei um Wahrscheinlichkeiten im Unendlichen: - "Die Tatsache, dass es eine gewisse – wenn auch sehr kleine – positive Wahrscheinlichkeit für das zufällige Schreiben aller Werke Shakespeares gibt, ist der Schlüssel zum Beweis des Infinite monkey theorem: Bereits aus dem Null-Eins-Gesetz von Kolmogorow und Borel folgt, dass der Limes superior einer unendlichen Folge von unabhängigen Ereignissen eine Wahrscheinlichkeit entweder von Eins oder von Null haben muss. Übersetzt bedeutet dies: Entweder treten unendlich viele dieser Ereignisse fast sicher (also mit Wahrscheinlichkeit Eins) oder fast nie (entsprechend der Wahrscheinlichkeit Null) ein." - "Der Gedanke, dass bei Betrachtung von unendlichen Zeiträumen ein derart unwahrscheinliches Ereignis mit Sicherheit eintritt, dient hier also zur Veranschaulichung von Unendlichkeit."
Der Grund in dem Gedankenexperiment, daß das Ereignis grundsätzlich eintreten kann und die Wahrscheinlichkeit größer null ist - wenn auch noch so klein -, ergibt sich aus dem Versuchsaufbau. Sie haben natürlich ganz richtig erkannt, daß dieser Grund vorhanden sein muß, aber in unserem Beispiel fehlt der Affe, ohne den auch in jenem Experiment die Wahrscheinlichkeit im Unendlichen nicht eins, sondern null wäre, da schlicht gar nichts passierte. Die bloße Überlegung, was wäre, gäbe es keine Grenzen sowohl im Kleinen wie im Großen, bringt uns also nicht weiter. Daher wüßte ich auch nicht, was ich da weiter erläutern sollte, weil das eine spontane, wilde Spekulation war, wie schon durch die Emotikons angedeutet.
Zitat von ZettelWas wird wohl als Nächstes kommen? Daß unser 14 oder so Milliarden Lichtjahre (damals, als ich ... usw., waren es noch acht) großes Universum wieder nur ein lüttes ist, irgendwo am Rand einer Welt aus lauter solchen Alls?
Als ob es da noch eine Rolle spielt, wenn in einem unbedeutenden Universum in einem unbedeutenden Superhaufen in einer unbedeutenden Galaxie in einem unbedeuteden Spiralarm in einem unbedeutenden System auf einem mikroskopisch kleinen Planeten unbedeutende Wesen, die gerade mal ein paar Vertreter auf einen noch kleineren Mond geschickt haben, ohne da irgendwas zu machen, einen freien Willen haben oder nicht ...
Zitat von RexCramerder Kommentar zur absoluten Größe dürfte klar sein: Wenn wir uns auf Quantenebene befinden oder über kosmische Dimensionen reden, solange es immer noch die Möglichkeit einer noch kleineren oder größeren Kategorie gibt, die die bisherigen Erkenntisse umdrehen könnte, können wir keine eindeutige Aussage treffen. Auch nicht zum freien Willen.
Diese Folgerung, lieber RexCramer, habe ich immer noch nicht so ganz verstanden. Das eine ist eine Frage der Physik und der Kosmologie, das andere der Psychologie oder vielleicht allgemeiner Gehirnforschung.
Warum sollten wir die Frage des freien Willens (die aus meiner Sicht eine Frage des Verständnisses der Funktionsweise des Gehirns ist) nicht beantworten können, auch wenn die Physik und die Kosmologie nicht sagen können, wie weit wir im Kleinen und Großen noch kommen werden?
Ja, diese Einsicht ist ja alt. Ich habe davon das erste Mal in der Erzählung von Jorge Luis Borges erfahren, den ich als Jugendlicher ungemein geschätzt habe; sie wird ja auch in dem Wikipedia-Artikel erwähnt: Man kann sich eine Bibliothek vorstellen, die alle denkbaren Bücher in allen denkbaren Sprachen enthält. Man bekommt sie, wenn man einfach alle Buchstaben immer wieder zufällig aneinanderreiht, zu hinreichend langen Reihen. Und das muß man dann solange tun, bis alle kombinatorischen Möglichkeiten durch sind.
Meist wird dabei Schrott herauskommen; aber rein kombinatorisch eben auch jedes Buch. Man muß nur lange genug variieren.
Streng genommen illustriert das nicht das Affen-Theorem, denn hier geht es um Kombinatorik und dort um Wahrscheinlichkeit. Aber der Grundgedanke ist derselbe.
Zitat von RexCramerDer Grund in dem Gedankenexperiment, daß das Ereignis grundsätzlich eintreten kann und die Wahrscheinlichkeit größer null ist - wenn auch noch so klein -, ergibt sich aus dem Versuchsaufbau. Sie haben natürlich ganz richtig erkannt, daß dieser Grund vorhanden sein muß, aber in unserem Beispiel fehlt der Affe, ohne den auch in jenem Experiment die Wahrscheinlichkeit im Unendlichen nicht eins, sondern null wäre, da schlicht gar nichts passierte.
Nicht ganz. Die Wahrscheinlichkeit für die Existenz eines freien Willens ist weder null noch von null verschieden. Wir kennen sie schlicht nicht.
Wir wissen nicht, ob so etwas überhaupt möglich ist. Das ist ja das Problem. Wüßten wir, daß es möglich ist, dann könnten wir argumentieren: In einer unendlich großen Welt muß es dann auch vorkommen; eben wegen des Theorems des Affen.
Das war es, was ich mit dem Hinweis auf den Unterschied zwischen verité de raison und vérité de fait sagen wollte.
Treffend ist dieses Argument übrigens in Bezug auf die Existenz von Leben im Weltall und auf die Existenz von intelligentem Leben: Wäre das All unendlich, dann könnten wir aus unserer eigenen Existenz zwingend auf die nicht nur von intelligenten Wesen anderswo schließen, sondern darauf, daß sie uns so ähneln wie ein Ei dem anderen.
Das Dumme ist nur, daß die Welt nicht unendlich ist. Und auch bei hundert Milliarden Galaxien mit je hundert Milliarden Sternen muß es nicht zwingend so sein, daß irgendwo anders als auf der Erde auch nur Leben auf dem Niveau von Einzellern entstanden ist.
Mehr noch: Es ist noch nicht einmal wahrscheinlich, solange wir kein Leben im Labor schaffen können, solange wir also nicht das Geheimnis der Ursuppe kennen, durch das in ihr Leben entstand. Würden wir es kennen, könnten wir also Leben erzeugen, dann könnten wir - irgendwann - ermitteln, auf wievielen Planten ähnliche Bedingungen herrschen. Und dann immerhin abschätzen, wie wahrscheinlich Leben anderswo ist. Aber vielleicht sind das ja dann alles Zombies. Über den freien Willen erfahren wir leider aus der Kosmologie nix.
Zitat von ZettelDiese Folgerung, lieber RexCramer, habe ich immer noch nicht so ganz verstanden. Das eine ist eine Frage der Physik und der Kosmologie, das andere der Psychologie oder vielleicht allgemeiner Gehirnforschung.
es könnte doch sein, wir finden heraus, wenn uns eine genauere Betrachtung der Welt im Kleinen und/oder Großen möglich ist, daß wir ohne Kausalität auskommen.
Zitat von ZettelWarum sollten wir die Frage des freien Willens (die aus meiner Sicht eine Frage des Verständnisses der Funktionsweise des Gehirns ist) nicht beantworten können, auch wenn die Physik und die Kosmologie nicht sagen können, wie weit wir im Kleinen und Großen noch kommen werden?
Weil wir sonst nicht wissen, ob am Determinismus was dran ist oder nicht?
Zitat von ZettelDas Dumme ist nur, daß die Welt nicht unendlich ist.
Soweit ich weiß, ist das zwar sehr wahrscheinlich, aber längst nicht klar?
Na dieser Thread war es, der mich meine letzten Nerven gekostet hat. Plötzlich wurden Leute irrational. Und sagten Dinge wie (sinngemäß) "es ist doch offensichtlich, daß ich mich frei entscheide. Wer das nicht sieht, ist dumm." Aber jetzt habe ich wieder Nerven.
Zitat von ZettelGenau das ist der Punkt, wo die Anhänger des Kompatibilismus sich meines Erachtens in die Tasche lügen. Sie sagen, eine freie Entscheidung sei doch eine, die man nach vernünftigen Erwägungen, die man verantwortlich trifft - aber welche Erwägungen man anstellt, wie man die Alternativen bewertet, nach welchem Algorithmus man die Entscheidung trifft, das sei eben doch determiniert.
Genau. <blockquote><font size="1">Zitat von ZettelAber wenn ich jetzt eben entscheide, ob ich diesen Punkt abschließe oder ihn noch weiter kommentiere - dann kann ich das nur unter der Voraussetzung, daß beide Möglichkeiten offenstehen und daß ich frei zwischen ihnen wählen kann.[/quote] Da ist der Knackpunkt. Wir sind uns ja schon soweit einig, daß zwischen gefühlter Freiheit (des Willens) und existierender Freiheit kein notwendiger Zusammenhang besteht. Erst mal, die einfacher persönliche Frage: Entscheidest Du das wirklich? Ich nicht. (Soll heißen: Kommt es Dir wirklich so vor, als würdest Du das entscheiden? Mir nicht) Bei mir passieren solche kleinen Dinge einfach. Ich kommentiere weiter, ich beende den Beitrag. Ich wüßte nicht mal, wann ich mich entschieden habe, daß ich einen LaserDrucker kaufe. Es hätte auch noch, mit viel kleinerer Wahrscheinlichkeit, passieren können, daß es nochmal so ein bescheuerter Tintenstrahldrucker wird. So ist mein Leben immer spannend. Ich weiß nie, was ich tun werde. Ja, auf jeden Fall habe ich nun einen Laserdrucker und morgen installiere ich den und bezahle den. Aber das war keine Entscheidung, das war ein Prozess. Nun, das ist philosophisch irrelevant.
Zurück zum Zitat: Ja, Dir stehen beide Möglichkeit offen. "Du" bist aber auch die prozessierende (informationsverarbeitende) Einheit. Welche Möglichkeit Du (diese Einheit) wählt, weißt Du (diese Einheit) erst, wenn Du (diese Einheit) gerechnet hat. Vorher bist Du (diese Einheit) der objektiv richtigen Meinung, daß es keine Grenzen im Aussen gibt, die Dir (dieser Einheit) eine der beiden Möglichkeiten verbauen.
Du kannst doch nicht die ganze Zeit "wissen" welche Kriterien gerade die vernünftigsten für jedes Problem das Dir begegnet sind. Das ist eine Frage der Kapazität. Du kannst es für die meisten Fälle berechnen - ... naja. Das ist der eine Ansatz. Der ist falsch, glaube ich.
Ich fürchte, die Wirklichkeit ist viel irrationaler. Tatsächlich fürchte ich das nicht, denn ich lebe ja darin und es ist, wenn schon nicht vorhersehbar, doch spannend und meistens sicher.
Du entscheidest dich nicht für etwas. Das ist "moment driven". Was die Regeln betrifft, die sind keine PRO Regeln, (wenn das, dann das und wenn zu soviel % so, dann .... ) sondern NEIN- und Einspruch!- Regeln. Grundsätzlich antwortest Du auf keine ... (deine Regel einsetzen). Wenn der dritte Buchstabe im Name des ...-Schreibers ein x ist, und wir Frühling haben, antwortest du zu 1/3 Wahrscheinlichkeit doch auf ... - aber nur kurz. Niemals kaufst du etwas an der Haustür, außer der Kirschbaum blüht, und deine Frau war vorher beim xyz-Arzt - dann kann es passieren, daß Du einem reisenden Händler was abkaufst, aber nur, wenn er braunen Anzug trägt und das Wort "Mondfinsternis" nicht erwähnt. Das ist ein absoluter Geschäftsstopper für dich. Wegen diesem Wort bist du schon auf freiem Feld aus einem Taxi ausgestiegen. Nein, nicht wirklich, du bist ja rational.
Ich glaube, du hast Einspruchsregeln. Die sind mehr oder weniger vernünftig. Auf jeden Fall sind sie "erprobt", "gelernt" - aus Erfahrung entwickelt. Was wirklich passiert wird mehr durch Zufälle im Moment entschieden. Es passiert selten was wirklich dummes, weil viele Möglichkeiten gut wären, und das wirklich dumme von den Einsrpuchsregeln verhindert wird.
Ich hätte nix gegen Willensfreiheit. Aber ganz im Gegenteil zu den Leuten, die ihrer bedürfen, kann ich auch ganz gut ohne sie leben. Als Gläubiger glaube ich sogar, daß es sie gibt. Als Denkender halte ich sie aber für sehr schwer erklärbar. Was um alles in der Welt soll das denn sein? Mit der Willensfreiheit, sollten wir die jemeils belegt kriegen, führen wir doch einen Gottesbeweis ein. Wo soll der freie Wille herkommen, wenn nicht aus einem irgendwie geartetem JENSEIST? Sehr mysteriös, wenn NaturWissenschaftler den freien Willen vertreten.
Also, meine Frage: Was soll der freie Wille sein?
Liebe Grüße Kaa
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus Autor im Netz bekannt
In Antwort auf:- Gäbe es keinen freien Willen, warum sollten dann Wesen entstehen, die die Frage stellen (können), ob es einen freien Willen gibt oder nicht? Das erscheint mir unlogisch.
Warum gibt es den Blinddarm. Welchen Zweck hat Musik? Gibt es den Sandmann? Ich kann mir schon vorstellen, wie das abläuft: Der Mensch ist ja "frei" in einem gewissen Rahmen. Es macht einfach keinen Sinn, daß er vorher weiß, wie er sich entscheiden wird. Er wird es ja wissen, wenn er sich entschieden hat. Unmöglich im Voraus zu berechnen ist die Entscheidung, wenn, wie in meiner Antwort an Zettel vermutet, die Entscheidung "moment driven" ist - vom Entscheidungsmoment abhängt.
In Antwort auf:Mir fällt die Vorstellung schwer, daß bspw. unmittelbar nach dem Urknall (wenn es denn einen gab) schon die Lottozahlen vom nächsten Wochenende festgestanden hatten. Okay, das taten sie natürlich nicht, wie uns Heisenbergs Unschärferelation lehrt (aber sie schließt eine vollständig deterministische Welt nicht aus, sondern zeigt uns nur, daß wir nicht genauer hingucken können). Zufall bzw. Willkür (mutmaßlich) bringt uns zwar grundsätzlich bzgl. des freien Willens nicht weiter, aber wird dadurch nicht auch deutlich, daß hier Komponenten versteckt sein könnten, die ihn eben doch möglich machen? Die wir möglicherweise nie verstehen (können)?
Ja, ich hoffe in einer Antwort darauf wird das mit dem Urknall erklärt. Ich habe nämlich nur gehört, daß das so deterministisch nicht sein soll, habe das aber nie verstanden. Ja, es kann Komponenten geben, die wir nicht kennen, evtl sogar nicht kennen können. Ich war auch ne Zeitlang bei den "Die Welt ist was wir von ihr Denken"-Leuten unterwegs. Es kann Dinge geben, die wir noch nicht kennen.
In Antwort auf:Wie wirken sich Quanteneffekte in der Nähe von Schwarzen Löchern auf die Entwicklung des Universums aus (spontane und zufällige (?) Entstehung von Teilchen und Antiteilchen am Rande des Ereignishorizonts - zu beobachten als Röntgenstrahlung)? (Das sind Effekte, die prinzipiell überall stattfinden können, nur daß sich sonst Teilchen und Antiteilchen eben sofort wieder gegenseitig vernichten.) Reichte es schon aus, wenn man Effekte nachweisen könnte, die keiner Gesetzmäßigkeit folgen, um den Determinismus zu Fall zu bringen? Und um so zu zeigen, daß es dann zwar noch keinen freien Willen geben muß, ihn aber grundsätzlich geben kann?
Verstehe ich Sie richtig, daß Sie Zufall gegen Determismus setzen und den freien Willen auf Seiten des Zufalls beheimaten? Ich habe freien Willen bisher als etwas hehreres verstanden - drum weiß ich ja nicht, wie er gehen soll.
In Antwort auf:- Das von der Natur hervorgebrachte "Konzept" des Bewußtseins will mir in dem Zusammenhang auch nicht einleuchten, wenn ich davon ausgehe, daß es keinen freien Willen gibt. Wozu brauche ich das dann? Sollte alles deterministisch, also quasi "mechanisch" ablaufen, wäre man dann nicht dazu verdonnert, daß man sich lediglich dem bewußt ist, was sowieso passiert, also zum Beobachter seiner selbst degradiert?
Wozu man Bewußtsein braucht, weiß keiner. Und soweit ich weiß, hat niemand auch nur eine plausible Vermutung dafür. Und wenn es einen freien Willen gäbe, wäre das erklärt? Selbst wenn der freie Wille auf Zufall basiert? Kann sein, aber im Zufallsfall doch nur zur Selbsttäuschung? Ich würde mich über eine genauere Erklärung freuen.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus Autor im Netz bekannt
Zitat von KaaVerstehe ich Sie richtig, daß Sie Zufall gegen Determismus setzen und den freien Willen auf Seiten des Zufalls beheimaten? Ich habe freien Willen bisher als etwas hehreres verstanden - drum weiß ich ja nicht, wie er gehen soll.
einen freien Willen gibt es dann nicht, wenn die Vorstellung des vollständigen Determinismus der Realität entspricht, denn der Kausalität entkommt keiner. Das bedeutete auch, daß diese Effekte dann einer Gesetzmäßigkeit folgen müßten. Könnte man jedoch den Nachweis erbringen, daß sie zufällig sind, hieße das nicht notwendigerweise, daß es doch einen freien Willen gibt - aber die Möglichkeit wäre dann immerhin gegeben, denn der Determinismus wäre dann zu Fall gebracht. Mehr bedeutete es aber nicht, denn wenn man dann vom Zufall statt Kausalität abhängig wäre, hätte man bzgl. des freien Willens noch nichts gewonnen. Quasi wüßte man lediglich, daß man mit der Untersuchung noch nicht fertig sei.
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