Der Begleiter des Journalisten, Marcelo Aptekmann, der über "zum Antijudaismus im Christentum" forscht, sagt:
"Ihr Antisemitismus liegt darin, dass Sie sich nicht bewusst sind, Hass zu lehren."
Und das ist es, was mich aufregt. Wenn wir anfangen in Gesprächen den Leuten Motive zu unterstellen, derer sie sich nicht bewußt sind, die aber wirkkräftig sind, geht die Welt grausamer unter als mit Atombomben. Natürlich gibt es solche Motive, massenhaft. Aber es ist schon schwierig, zu erkennen, was jemand glaubt, wenn er sich dessen bewußt ist - er muß ja nicht die Wahrheit sagen oder er schweigt überhaupt darüber oder er drückt sich schlecht aus.
Und wenn wir tatsächlich mit großer innerer Sicherheit auf so ein Motiv in einem anderen stoßen, dessen er sich nicht bewußt ist, was macht man dann? Das kommt auf das Ziel und die Art der Beziehung an. Wenn man Dampf ablassen will, kann man locker sagen, daß der Gegenüber ein unbewußtes Motiv hat und welches. Ebenso ist es klug, das zu sagen, wenn man für andere spricht und hinweisen möchte.
Wenn man möchte, daß er es erkennt oder anerkennt, muß man anders vorgehen. Unter Umständen muß man dann sogar den Mund halten und auf die Zukunft warten - denn wenn die Beziehung nicht tragfähig ist, kann man niemanden von der Existenz eines bestimmten unbewußten Motifs überzeugen. Und wenn man eine gute Beziehung hat, wird man versuchen, den Inhalt zu kommunizieren ohne die Beziehung zu ruinieren.
Doch bei den Zitaten im Internet, die ich in letzter Zeit bewußter lese (das ist das dritte in dieser Woche), wo Menschen unbewußter Antisemitismus unterstellt wird, fehlt (wenigstens für den Leser) ein Hinweis, woraus das wahrscheinlich wird.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus Autor im Netz bekannt
Zitat von KaaEin Journalist berichtet im SpOn über einen Besuch in Williamsons Seminar Der Begleiter des Journalisten, Marcelo Aptekmann, der über "zum Antijudaismus im Christentum" forscht, sagt: "Ihr Antisemitismus liegt darin, dass Sie sich nicht bewusst sind, Hass zu lehren." Und das ist es, was mich aufregt. Wenn wir anfangen in Gesprächen den Leuten Motive zu unterstellen, derer sie sich nicht bewußt sind, die aber wirkkräftig sind, geht die Welt grausamer unter als mit Atombomben. Natürlich gibt es solche Motive, massenhaft. Aber es ist schon schwierig, zu erkennen, was jemand glaubt, wenn er sich dessen bewußt ist - er muß ja nicht die Wahrheit sagen oder er schweigt überhaupt darüber oder er drückt sich schlecht aus.
Ich stimme dir vollkommen zu, liebe Kaa. Du sprichst mir aus dem Herzen (außer daß ich den Vergleich mit Atombomben nicht so ganz nachvollziehen kann ).
In dem "Spiegel- Online"- Bericht würde ich allerdings gar nicht mal den Satz für so kritisch halten, den du zitierst. Denn kann man, wenn man wohlwollend ist, noch so verstehen, daß sie selbst keinen Haß empfinden, auch nicht unbewußt, aber gar nicht merken, daß sie ihn anderen vermitteln.
Schlimmer, ganz im Sinn deiner Kritik, finde ich diesen Satz: "Aber wenn sie ein gläubiger Christ sind, haben sie sicher antijüdische Gefühle, derer sie sich vielleicht gar nicht bewusst sind."
Ob es überhaupt Gefühle gibt, deren man sich gar nicht bewußt ist, darüber kann man trefflich streiten. Aber ich stimme dir völlig zu: Falls es so etwas (Seltsames) geben sollte, dann kann man es jemandem doch nicht einfach unterstellen.
Es tötet jeden Dialog. Man kann nur rational diskutieren, wenn man dem anderen unterstellt, daß er sich dessen bewußt ist, was er sagt. Inklusive dessen, was er über seine Gefühle sagt. Gibt man diese Voraussetzung auf, dann verlaufen Dialoge ungefähr so:
"Du sagst das ja nur, weil du mich demütigen willst" - "Daß ich das sage, weil ich dich demütigen will, sagst du nur, weil du dich mir unterlegen fühlst" - "Du behauptest ja nur, daß ich mich dir unterlegen fühlst, weil du unbedingt den Überlegenen spielen mußt, sonst verletzt das dein Ego" - "Du behauptste ja nur, daß ich den Überlegenen spielen muß, weil du nicht ertragen kannst, daß ich manches besser weiß als du" - "Du bildest dir ja nur ein, daß du manches besser weißt als ich, weil du dir nicht eingestehen kannst, daß ich dir überlegen bin".
Dieser Vorwurf des unbewußten Gefühls, der unbewußten Einstellung - ich habe den betreffenden Test hier verlinkt - ist nicht widerlegbar.
Bei den Freudianern geht das ja so weit, daß sie sagen: Wenn jemand eine psychoanalytische Deutung nicht "annimmt", dann ist das ein Beweis für einen unbewußten "Widerstand". Also ein Beleg dafür, daß die Deutung richtig ist.
Freud selbst war da differenzierter. Aber dieses ganze Herumstochern im Sumpf des Unbewußten ist von Übel.
Ja das mit den Atombomben ist meine irdische Version der Hölle (Zitat Zettel: "Und so fort, ad infinitum, a straight way to hell"). Ich wollte ein schlimmes Unglück möglichst plastisch ausdrücken. Obwohl die Schäden der Hölle und auch der Zuweisung von unbewußten Motiven prinzipiell direkt an den geschädigten Seelen und Menschen korrigierbar sind, die der Atombombe aber nicht. Insofern traf dieser drastische Hammer mal wieder daneben. Ich hoffe, ich habe nur meinen Daumen getroffen.
Ob es Gefühle gibt, die einem nicht bewußt sind, und ob es Motive (Absichten) gibt, die einem nicht bewußt, sind sind zwei unterschiedliche Fragestellungen. Sie mögen die gleiche Antwort haben. Evtl ist ein Gefühl nur da, wenn es da ist. Also, wenn dann so ein Psychologe oder ein Erlebnis ein vorher unzugängliches/unbekanntes Gefühl aktiv werden läßt - man kann ja wohl kaum sagen, es wäre die ganze Zeit dagewesen. Obwohl natürlich in der Rückschau die Vergangenheit vom aktuellen Gefühlszustand eingefärbt wird.
Bezüglich der Motive ... da neige ich schon zu der Ansicht, daß es starke Kräfte geben kann, die einen treiben und derer man sich nicht bewußt ist. Aber sind das dann Motive/Absichten? Selbst wenn man sich der treibenden Kraft irgendwann einmal bewußt wird und sie mit einem Motiv bezeichnet ("Ich kämpfte immer um die Achtung meines Vaters." "Ich wollte meine Schuld büßen, weil mein Freund bei dem Unfall starb", ...) - waren das Motive, als sie unbewußt waren?
Auf jeden Fall kann sich dieses Suchen nach unbewußten Gefühlen und Motiven, das ich als junger Mensch spannend fand, wie eine Schatzsuche - was es alles verborgen gibt in mir und anderen - vor allem, wenn man in anderen sucht und findet, und von anderen in einem gesucht und gefunden wird, als eine Reise in die Hölle erweisen, die Du sehr schön beschrieben hast. Fragt sich, was die Kontrahenden in Deinem Beispiel anstelle dessen machen würden, wenn sie das eines Tages beschließen bleiben zu lassen. Zwanzig Jahre gegenseitige Innenlebenzuweisungen lassen nicht viel Raum, um andere Fertigkeiten zu erlernen. Das ist wahre Vollbeschäftigung. *g*
Liebe Grüße
Kaa
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus Autor im Netz bekannt
Der Titel ist mißverständlich. Der Artikel beschreibt Antisemitismus in einer Weltgegend, in der es weder persönliche Erfahrungen mit jüdischen Mitbürgern noch eine religiöse Wurzel des Antisemitismus gibt. Ein aus dem Westen importierter Antisemitismus.
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