Nein, Nietzsche war kein Vorläufer oder gar geistiger Wegbereiter der Nazis; auch wenn er von ihnen manchmal als solcher reklamiert wurde. Sein Nachlaß freilich war durch seine Schwester Elisabeth Förster- Nietzsche, verheiratet mit einem Antisemiten, in die Hände dieser Kreise geraten.
Dieses Zitat des Tages ist ein zufälliger Fund; eigentlich habe ich in dieser Nacht Nietzsche gelesen, weil ich aus Anlaß einer kleinen Diskussion mit Gorgasal mein Bild vom "Untergehen in Würde", das ich bei ihm als Thema sehe, ein wenig auffrischen wollte.
Wahrscheinlich hätte ich die beiden Sätze zum Antisemitismus überlesen, wenn ich nicht zurvor Egon Monks glänzenden TV-Film von 1983 "Die Geschwister Oppermann" gesehen hätte.
So verband sich das eine mit dem anderen, und es ist ein kleiner Artikel daraus geworden. Zu einem Thema, das mich beschäftigt wie kaum ein anderes.
Im Kaiserreich war der Antisemitismus in Deutschland schon gleichfalls verbreitet (siehe "Judenzählung" im deutschen Heer während des 1. Weltkrieges). Goldhagen schrieb zu dieser Frage, wenn ich mich richtig erinnere, dass im Kaiserreich und in der Weimarer Republik die Bluthunde von SA und SS, die dann später bei Pogromen, im Lagersystem und in den Kellern der Gestapo wüteten, vorher einfach nicht von der Leine gelassen wurden. Die Wahrung von Recht und Ordnung wurde höher bewertet als die Lösung der "Judenfrage". Nach 1933 hat sich das wohl geändert. Fragt sich nur wieso die Verantwortlichen das zuließen, während die Nazis ihr Programm zur Ermordung und Sterilisierung Behinderter auf Protest hin einstellen mussten? Es gab ja auch noch einen in Europa bis heute verbreiteten "rationalen" Antisemitismus, der von der Annahme ausging, die Juden würden die Welt beherrschen und überall ihre Finger drinhaben ( die Zionisten haben ja selber mit mit diesem Mythos gespielt, um ihr politisches Gewicht in London zu erhöhen). Vielleicht erklärt dieser das Handeln der nicht-jüdischen Eliten, bei denen ich weniger Unterlegenheitsgefühle gegenüber Juden vermuten würde.
Zitat von OmniIm Kaiserreich war der Antisemitismus in Deutschland schon gleichfalls verbreitet (siehe "Judenzählung" im deutschen Heer während des 1. Weltkrieges). Goldhagen schrieb zu dieser Frage, wenn ich mich richtig erinnere, dass im Kaiserreich und in der Weimarer Republik die Bluthunde von SA und SS, die dann später bei Pogromen, im Lagersystem und in den Kellern der Gestapo wüteten, vorher einfach nicht von der Leine gelassen wurden.
Es spricht allerdings, lieber Omni, meines Wissens wenig dafür, daß dieser Antisemitismus in Deutschland verbreiteter oder tiefersitzend war als in anderen europäischen Ländern. Da hat sich Goldhagen meines Erachtens in eine These verrannt, die er nicht belegen kann.
Die schlimmsten Pogrome hat es damals in Rußland und Polen gegeben. In Frankreich gab es einen weit verbreiteten Antisemitismus, der im Fall Dreyfus seinen eklatantesten Ausdruck gefunden hat. Im k.u.k. Reich war jener Antisemitismus weit verbreitet, der den Österreicher Hitler geprägt hat. In England war der Antisemitusmus wohl geringer, in den USA sicherlich. Aber auch dort war es so ausgeprägt, daß zB viele Juden in Hollywood unter Pseudonymen arbeiteten, die nicht jüdisch klangen.
Warum der Antisemitismus in Deutschland diese mörderische Form angenommen hat, ist eine schwierige Frage. Ich glaube nicht, daß die Antwort in der deutschen Geschichte liegt. Es hätte in fast jedem anderen Land passieren können.
Zitat von Omni Es gab ja auch noch einen in Europa bis heute verbreiteten "rationalen" Antisemitismus, der von der Annahme ausging, die Juden würden die Welt beherrschen und überall ihre Finger drinhaben ( die Zionisten haben ja selber mit mit diesem Mythos gespielt, um ihr politisches Gewicht in London zu erhöhen). Vielleicht erklärt dieser das Handeln der nicht-jüdischen Eliten, bei denen ich weniger Unterlegenheitsgefühle gegenüber Juden vermuten würde.
Daß die Zionisten mit diesem Mythos gespielt haben, ist mir neu. Können Sie dazu, lieber Omni, vielleicht Quellen angeben?
Ansonsten stimme ich Ihnen zu: Dieser aus Sozialneid, aus Neid der Dummen gegenüber dem Geist sich speisende Antisemitismus ist nicht der ganze Antisemitismus; das habe ich ja auch geschrieben.
Eine andere Form basiert auf der Arroganz von Eliten, die niemanden in ihre Reihen eindringen lassen wollen, der nicht zu ihnen gehört. Das spielte zB in der Affäre Dreyfus eine Rolle; es dürfte bei dem Antisemitismus eine Rolle gespielt haben, wie er zB am Hof des Deutschen Kaisers herrschte; der Hofprediker Stöcker war einer der Protagonisten.
In Antwort auf:Zitat von Omni Es gab ja auch noch einen in Europa bis heute verbreiteten "rationalen" Antisemitismus, der von der Annahme ausging, die Juden würden die Welt beherrschen und überall ihre Finger drinhaben ( die Zionisten haben ja selber mit mit diesem Mythos gespielt, um ihr politisches Gewicht in London zu erhöhen). Vielleicht erklärt dieser das Handeln der nicht-jüdischen Eliten, bei denen ich weniger Unterlegenheitsgefühle gegenüber Juden vermuten würde.
Daß die Zionisten mit diesem Mythos gespielt haben, ist mir neu. Können Sie dazu, lieber Omni, vielleicht Quellen angeben?
Man kann das u.a. bei Tom Segev in seinem Buch "Es war einmal ein Palästina" finden. Ob das jetzt historisch korrekt ist, kann ich allerdings nicht beurteilen. Ich bin jedenfalls kein besondere "Fan" von Tom Segev.
In Antwort auf: Daß die Zionisten mit diesem Mythos gespielt haben, ist mir neu. Können Sie dazu, lieber Omni, vielleicht Quellen angeben?
Tom Segev schreibt in "Es war einmal ein Palästina"
In Antwort auf: Weizmann war sich seines Rufs als <<König der Juden>> bewusst; hin und wieder verschickte er Briefe, die aussahen, als stammten sie aus der Schaltzentrale einer Weltmacht. "Amerikanische Freunde müssen alle Kräfte mobilisieren, um unsere russischen Freunde dazu zu bringen, die Politik der Briten und der Entente zu unterstützen und alle feindlichen Kräften entgegenwirken" telegrafierte er einmal einem zionistischen Aktivisten in Washington. [...] In einem Telegramm an Louis Brandeis, Richter am Obersten Bundesgericht der Vereinigten Statten, forderte er " [...] Wir glauben, dass Juden, die in Südrussland den Handel kontrollieren, im Bündnis mit der Ukraine den deutschen und bolschewistischen Bemühungen wirksam entgegentreten können Wir haben unseren Freunden in St. Petersburg, Rostow, Kiew, Odessa telegrafiert und bitten Sie, zugunsten der alliierten und palästinensischen Sache dasselbe zu tun [...] Die Juden haben nun die großartige Gelegenheit, England und Amerika ihre Dankbarkeit zu zeigen." Dies war zweifellos für den britischen Zensor bestimmt. Verschwörerisch, vielleicht mit einem Augenzwinkern an den Zensor, ermahnte er den amerikanischen Juristen, die Sache streng vertraulich zu behandeln. Gleichzeitig telegrafierte er seinen Bekannten in Russland und drängte sie, rasch zu handeln, wobei er das Telegramm nach St. Petersburg demonstrativ in Englisch abfasste.[...] Weizmanns wichtigste Leistung bestand darin, britischen Politikern das Gefühl gegeben zu haben, die zionistische Bewegung und das "Weltjudentum" seien eins. Lloyd George sprach unterschiedslos von "der jüdischen Rasse", "dem Weltjudentum" und "den Zionisten", als wären es Synonyme.
ist Ihnen eigentlich schon mal aufgefallen, daß Síe selbst nicht frei von Ressentiments sind. Um nicht zu sagen, sie beherrschen Sie mitunter. So wie Sie glauben, Antisemiten hätten den erfolgreichen jüdischen Mitbürgern den Geist geneidet, so blicken Sie auf die Zukurzgekommen, auf die Niederen, herab. Das fällt mir nicht das erste Mal auf. Alleine Ihre Wortwahl müßte Ihnen als Ihr Beobachter und zugleich schärfster Kritiker, nicht als Schreibender, auffallen.
Ich glaube nicht, daß es der Neid auf Geist ist, denn Sie so plastisch beschreiben. Die Menschen, auf den Sie anspielen, kennen diesen Neid auf Geist nicht.
Ihr Idealbild ist der geistig tiefstehende Antisemit, der vor allem gar nicht der gesellschaftlichen Schicht angehört, der Sie angehören. Dieses Idealbild lässt sich nur deshalb aufrechterhalten, weil man die antisemitische Seite im Leben vieler großer Gelehrter, die unzweifelhaft erfolgreich waren und Geist hatten, taktvoll übergangen wird.
Ich war diesen Sommer in Wien und wurde dort auf Schritt und Tritt mit diesen Antisemiten, die ich vorher nur als herausragende Gelehrte kannte, konfrontiert. Nehmen wir den großen Theodor Billroth. Eine Zierde der Wissenschaft, innovativer Mediziner mit bahnbrechenden fortschrittlichen Operationen, Freund der Künstler, unter anderem Johannes Brahms. Ein Mensch, der zurecht selbstbewußt und auf seine Leistungen stolz war. So kannte ich diesen Mann, lange bevor ich nach Wien kam.
Der übelste Antisemit und fanatische Germane Billroth hat zusammen mit seinen rassistisch gesinnten Studenten die jüdischen Studenten aus Galizien gemobbt. Das finden Sie in seinen offiziellen Biographien recht selten.
Nach Ihrer Auffassung besass Billroth all das, was Ihnen zu einem Menschen gemacht hätte, der Geist und damit auch geistreiche jüdische Menschen schätzte. Er schätzte tatsächlich geistreiche Menschen. Außer es waren Juden.
Nun werden Sie denken, der hochgeachtete, selbstverständlich in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof liegende Professor Billroth war ein schamhafter Einzelfall in der deutschen Professorenschaft. Nein, er war es leider nicht, ich kann noch zahlreiche Namen hinzufügen, möglicherweise auch Namen aus Ihrer eigenen Fachrichtung.
Ihr Weltbild ist einfach. Auf der Seite Israels und der jüdischen Mitbürger stehen die Gebildeten, die Geist und Kultur und Erfolg schätzen. Antisemiten sind nur die Zukurzgekommenen, die Niederen, die anderen bloß ihren Erfolg neiden. Wenn Sie sich da mal nicht irren.
Ferndiagnosen via Internet sind eine gewagte Sache. Der Kaffeesatz dürfte da psychodiagnostisch geeigneter sein.
Diskutieren wir also nicht über Zettel, sondern über Nietzsche, über Lion Feuchtwanger, über den Antisemitismus; einverstanden?
Der Artikel war, das wird Ihnen nicht entgangen sein, ein "Zitat des Tages". Ich nehme bei diesem Format einen Gedanken eines anderen zum Ausgangspunkt und kommentiere ihn. Hier war es der Gedanke Nietzsches, daß die Antisemiten die Schlechtweggekommenen sind. Wie es der Zufall wollte, hatte ich just an diesem Abend "Die Geschwister Oppermann" gesehen; der Film illustriert denselben Gedanken.
Ich glaube, daß an diesem Gedanken viel Wahres ist. Ich glaube nicht, daß er ausreicht, um das Phänomen Antisemitismus vollständig zu erklären; da fließt viel zusammen, ja auch Religiöses.
Weil ich Einwände wie den Ihrigen geahnt habe, habe ich in den Artikel diese Passage gesetzt (ich hebe jetzt das hervor, was Sie offenbar überlesen haben):
Zitat von Zitat des TagesDie "Nationale Revolution" der Nazis war auch - nicht nur, natürlich - eine Aufruhr derer, die Nietzsche die "Schlechtweggekommenen" nennt. Getragen von Ressentiments gegen Bildung, Wissenschaft, Kunst. Nicht nur ihr Geld neideten diese Aufrührer den Juden, sondern vor allem, ganz wie Nietzsche schrieb, ihren Geist.
Mag sein, daß ich das in ein, zwei Sätzen hätte sagen sollen, damit es nicht überlesen wird. Auch Omni hat ja hier im Thread darauf hingewiesen, daß es auch einen Antisemitismus gibt, der sich nicht aus diesem Neid speist. Mir scheint, lieber Libero, auch das haben Sie nicht gelesen; deshalb zitiere ich aus meiner zustimmenden Antwort:
Zitat von Antwort an OmniAnsonsten stimme ich Ihnen zu: Dieser aus Sozialneid, aus Neid der Dummen gegenüber dem Geist sich speisende Antisemitismus ist nicht der ganze Antisemitismus; das habe ich ja auch geschrieben.
Eine andere Form basiert auf der Arroganz von Eliten, die niemanden in ihre Reihen eindringen lassen wollen, der nicht zu ihnen gehört. Das spielte zB in der Affäre Dreyfus eine Rolle; es dürfte bei dem Antisemitismus eine Rolle gespielt haben, wie er zB am Hof des Deutschen Kaisers herrschte; der Hofprediker Stöcker war einer der Protagonisten.
Nehmen Sie das auch als Antwort auf Ihren Einwand.
Und lassen Sie uns dann, sachlich, wie es hier Brauch ist, weiter über die Wurzeln des Antisemitismus diskutieren. Welche sind nach Ihrer Auffassung bisher nicht zur Sprache gekommen?
Zitat von ZettelEine andere Form basiert auf der Arroganz von Eliten, die niemanden in ihre Reihen eindringen lassen wollen, der nicht zu ihnen gehört. Das spielte zB in der Affäre Dreyfus eine Rolle; es dürfte bei dem Antisemitismus eine Rolle gespielt haben, wie er zB am Hof des Deutschen Kaisers herrschte; der Hofprediker Stöcker war einer der Protagonisten.
Ähnliches war auch zwischen den in Deutschland lange ansässigen, verwurzelten und assimilierten Juden sowie den aus dem Osten, aus Polen zuziehenden Juden im 19. Jh. erkennbar. Die "Ostjuden" sprachen Jiddisch, trugen Kaftane, waren unassimiliert, pflegten eine "unaufgeklärten" Religion und Liturgie. Die assimilierten Juden sahen ihre vermeintlichen Fortschritte in der deutschen Gesellschaft in Gefahr und stemmten sich eifrigst gegen weiteren Zuzug.
-- El reaccionario, hoy, es meramente un pasajero que naufraga con dignidad. - Nicolás Gómez Dávila
Das Misteriöse am Antisemitismus ist, dass er sich allen äußeren Veränderungen anpassen kann. Vereinfacht gesagt: Solange Europa von der Kirche beherrscht war, äußerte er sich religiös, mit Fortschreiten der Wissenschaft nahm die rassische Komponente zu. Lange wurden die Juden als Eindringlinge in die jeweilige Nation angesehen, jetzt, wo sie ihren eigenen Staat haben, wirft man ihnen kleingeistigen Nationalismus vor (Juden ab nach Palästina, Juden raus aus Palästina). Der Urgrund des Antisemitismus ist wahrscheinlich, dass nach christlicher und jüdischer Auffassung Gott alle Menschen nach bestimmten moralischen Maßstäben richtet. Dieses Prinzip haben die Juden gewissermaßen erfunden. Hitler selber hat sich glaube ich auch darüber aufgeregt, dass das Gewissen eine jüdische Erfindung sei. Viele Grüße, Chr.
Ich denke, im Antisemitismus kommt der Neid und Hass auf das Prinzip eines gefühlten hohen moralischen und mit einem einzigen, persönlichen, mächtigen Gott begründeten Anspruchs, (das im Judentum zuerst ausbuchstabiert wurde, dann im Christentum und sich schließlich in den westlichen Kulturen verwurzelt hat) irrational zum Ausdruck, den der Neidende und Hassende fürchtet und in Einzelne hineinprojiziert, anstatt sich selbst dem Anspruch zu stellen. Daher sind Anti-Amerikanismus und Christenhass mit Antisemitismus verwandt, ebenso der Hass auf ein freiheitliches, auf Selbstverantwortung setzendes Gesellschaftssystem (Antikapitalismus).
Im Rassismus hingegen kommt der Hass auf das in sich selbst gefühlte menschlich Niedere, Schwache, Unzulängliche, Unvollkommene, Unversöhnte zum Ausdruck, das der Rassist in Fremde hineinprojiziert, anstatt selbst eine aktive und konstruktive Antwort darauf zu finden.
Und im rassisch begründeten Antisemitismus der Nazis wurden diese beiden Prinzipien miteinander verbunden.
Das klingt mir ehrlich gesagt zu psychoanalytisch. Ich glaub man kann auch ohne unterbewussten Selbsthass ein passabler Rassist oder Antisemit sein. In unserer Gesellschaft wird immer noch ein unagressiver Sexismus gepflegt. Man will die Frau nicht mehr an den Herd verbannen, aber dann sind Bücher wie "Wieso Männer schlecht zuhören und Frauen schlecht einparken", die clichéhafte Rollenmuster biologisch zu erklären versuchen, doch wieder der Renner. Und während der Eugenikbewegung in den USA, als Einreisebeschränkungen für Behinderte und Besitzer "niederwertiger Erbanlagen" erlassen wurden, wollte man auch wieder menschliches Verhalten (nämlich Kriminalität und soziales Elend) auf Biologie zurückführen. Steckt da jetzt auch überall unbewusster Selbsthass dahinter?
Zitat von Omni... Bücher wie "Wieso Männer schlecht zuhören und Frauen schlecht einparken", die clichéhafte Rollenmuster biologisch zu erklären versuchen...
Das ist eine interessante Nebenbemerkung, werter Omni. Sind Sie der Meinung, statistische Verhaltensunterschiede zwischen Männern und Frauen seien nur sozial bedingt und hätten keine biologische Grundlage?
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Zitat von OmniDas klingt mir ehrlich gesagt zu psychoanalytisch. Ich glaub man kann auch ohne unterbewussten Selbsthass ein passabler Rassist oder Antisemit sein.
Ob Selbsthaß, Haß auf andere oder irgendein anderes Phänomen: "Rein rational" läßt sich ein Ressentiment nicht erklären, im Unterschied zum Vorurteil.
Zitat von OmniDas klingt mir ehrlich gesagt zu psychoanalytisch. Ich glaub man kann auch ohne unterbewussten Selbsthass ein passabler Rassist oder Antisemit sein.
Ob Selbsthaß, Haß auf andere oder irgendein anderes Phänomen: "Rein rational" läßt sich ein Ressentiment nicht erklären, im Unterschied zum Vorurteil.
Ich glaube da irren Sie ganz erheblich, liebe Jana, natürlich kann man Ressentiments ganz rational erklären. Sie können durchaus den Nutzen einer Gruppe durch Unterdrückung einer anderen vermehren. Umgekehrt stimmst aber auch nicht unbedingt: Vieles lässt sich nicht rational erklären, vor allem keine Gefühle, und dennoch muss keines davon aus unterbewusstem Selbsthass entspringen. Es mag modern sein alles was faschistoid oder rassistisch denkt und argumentiert in die psychische Ecke des kranken Selbsthasses zu drängen, aber das ist einfach falsch. Es gibt ganz rationale (und nebenbei eiskalte) Rassisten ohne einen Funken Selbsthass und mit tiefer Überzeugung im richtigen Wertesystem zu stehen. Und man springt viel zu kurz, wenn man solchen Menschen ein Krankheitsbild aufdrücken will. Ich glaube letzten Endes ist das die Sorge, dass abgrundtief "böses" Verhalten immer aus einer Krankheit geboren sein muss, kein Mensch ist "böse", er ist nur krank. Vor 70 Jahren haben in diesem Land Millionen einen ganz erheblichen Rassismus ausgelegt, die waren nicht krank. Und die haben sich auch nicht selbst gehasst. Die haben was falsches geglaubt, nämlich dass sie MEHR wert sind als andere.
ich habe nicht von Krankheit gesprochen; für mich wird dieser Begriff sowieso zu stark strapaziert. Ich sprach nur von Irrationalem.
"Vor 70 Jahren haben in diesem Land Millionen einen ganz erheblichen Rassismus ausgelegt, die waren nicht krank. Und die haben sich auch nicht selbst gehasst. Die haben was falsches geglaubt, nämlich dass sie MEHR wert sind als andere."
Ja, aber sie haben sich damit objektiv (falls dieser Ausdruck erlaubt ist ;-) geschadet.
"Es mag modern sein alles was faschistoid oder rassistisch denkt und argumentiert in die psychische Ecke des kranken Selbsthasses zu drängen"
Also nochmals: Das tue ich nicht.
" Es gibt ganz rationale (und nebenbei eiskalte) Rassisten ohne einen Funken Selbsthass und mit tiefer Überzeugung im richtigen Wertesystem zu stehen."
Das stimmt schon. Hab jetzt nicht genug Zeit, um zu sehen, von welcher Sorte wir jetzt konkret gerade sprechen. ;-) Ich denke, bei dieser Diskussion, vor allem an unsere Antizionisten, die, wenn sie von Israels Recht auf Existenz & Selbstverteidigung reden, immer "Ja, aber" sagen. Ich seh/hör da immer die - mehr oder weniger unbewußte - Verteidigung der eigenen Eltern oder Großeltern am Werkeln.
Ich weiß, das ist nicht ausführlich genug, aber (but).
Natürlich sind Mann und Frau nicht biologisch gleich. Aber was genau die Unterschiede sind, ist für Sexismus genauso irrelevant wie für den Rassismus der Umstand, dass genetisch der Begriff der Rasse bei Menschen blödsinnig ist. Am Anfang steht nicht die biologische Erkenntnis sondern das Vorurteil, das Cliché. Wenn die Biologie dafür Argumente liefert, werden diese dankbar verarbeitet. Außerdem: Wenn man die Statistik hernimmt um die Biologie im Verhalten zu entdecken, dann könnte man auch ableiten dass Männer eine angeborene Behinderung besitzen, Röcke zu tragen.
Zitat von OmniNatürlich sind Mann und Frau nicht biologisch gleich. Aber was genau die Unterschiede sind, ist für Sexismus genauso irrelevant wie für den Rassismus der Umstand, dass genetisch der Begriff der Rasse bei Menschen blödsinnig ist. Am Anfang steht nicht die biologische Erkenntnis sondern das Vorurteil, das Cliché. Wenn die Biologie dafür Argumente liefert, werden diese dankbar verarbeitet. Außerdem: Wenn man die Statistik hernimmt um die Biologie im Verhalten zu entdecken, dann könnte man auch ableiten dass Männer eine angeborene Behinderung besitzen, Röcke zu tragen.
In Antwort auf:Ja, aber sie haben sich damit objektiv (falls dieser Ausdruck erlaubt ist ;-) geschadet.
Haben Sie das ? Das ist meines Erachtens nach, nicht so einfach zu sagen. Zwei Arten von Schaden kann ich mir vorstellen: Zum einen ein verlorener Krieg. Der ist aber nicht unbedingt eine Folge von Rassismus gewesen. Es ist denkbar, wenn auch nicht historisch so gelaufen, dass ein Rassismus ohne Kriege existieren kann, bzw. schlimmer noch, dass er einen Krieg auch gewinnen kann. Und die Frage ob man einen Krieg gewinnen kann, ist oftmals ein Produkt von Zufall und vielen anderen Faktoren, die alleine noch keine Irrationalität darstellen. Zum anderen natürlich der Verlust an Humanität, der sicher ein sehr deutlicher Schaden ist. Für jemand, der humane Werte emfindet. Da gehört aber auch nicht jeder zu. Wenn jemand tatsächlich keine Empathie für andere Menschen emfindet, dann schadet er sich auch nicht mit den Folgen des von ihm ausgeübten Rassismus.
Zusammengefasst und auch auf die Antithese zum Vorhergesagten bezogen: Ich glaube durchaus, dass es einen ganz rationalen Rassismus gibt. Weil es nämlich, wie gesagt meines Erachtens nach, ganz rationale Menschen mit gänzlichen anderen Vorstellungen von Humanität gibt. Man neigt dazu das Wort böse nicht zu benutzen, weil wir lieber mit der Illusion komplexer Analyse leben, aber ich denke es gibt ganz objektiv böse Menschen. Böse im Sinne von einem Wertesystem, dass sich von einem aufgeklärt christlichen Werteverständnis vollständig unterscheidet. Das ist deswegen nicht unobjektiv oder irrational. Wenn ich Rassismus als Werkzeug begreife um meine "Gruppe" über eine andere zu erheben, dann kann das einen ganz rationalen Nutzen haben.
[quote=Llarian]Böse im Sinne von einem Wertesystem, dass sich von einem aufgeklärt christlichen Werteverständnis vollständig unterscheidet.[/quote]
Das ist glaube ich der entscheidende Punkt (und die Ursache des Missverständnisses zu Jana). Rationalität heisst nur, dass man im Hinblick auf seine Präferenzen möglichst zweckdienlich handelt. Die Präferenzen an sich sind aber weder rational noch irrational.
Mein Vater behauptet zum Beispiel Rauchen sei irrational, weil es gesundheitsschädlich sei und und und. Damit gibt aber nur Gründe an, warum er nicht raucht. Jemand mit einer anderen Präferenzordnung kann zu einer ganz anderen Abwägung kommen. Wenn ich zum Beispiel einen riesen Lustgewinn erführe, wenn ich Plüschtieren den Kopf abreisse, kann es durchaus rational sein, nachts in ein Kaufhaus einzubrechen um an die Teddybären heranzukommen.
Die Vorstellung es gebe eine objektive Vernunft im Sinne einer richtigen Präferenzordnung, ist, Stichwort volonte generale, wohl ein Überbleibsel der linken Aufklärung. Ein ziemlich ärgerliches, denn gerade das führt jetzt zu Gesetzen wie dem Rauchverbot und dem Kampf gegen Übergewicht usw.
Zitat von OmniAußerdem: Wenn man die Statistik hernimmt um die Biologie im Verhalten zu entdecken, dann könnte man auch ableiten dass Männer eine angeborene Behinderung besitzen, Röcke zu tragen.
Ohne Ihren Ausführungen über Sexismus und die Vereinnahmung der Biologie zu widersprechen: natürlich vergewaltigt keiner die Statistik so. Aber wenn man ein Röcke-Trag-Hormon fände und feststellen würde, dass Frauen davon typischerweise einen deutlich höheren Spiegel haben als Männer, dann darf man das durchaus in Beziehung setzen. In der biologischen Psychologie wird genau so vorgegangen.
-- El reaccionario, hoy, es meramente un pasajero que naufraga con dignidad. - Nicolás Gómez Dávila
In Antwort auf:Zitat Gorgasal: Ohne Ihren Ausführungen über Sexismus und die Vereinnahmung der Biologie zu widersprechen: natürlich vergewaltigt keiner die Statistik so. Aber wenn man ein Röcke-Trag-Hormon fände und feststellen würde, dass Frauen davon typischerweise einen deutlich höheren Spiegel haben als Männer, dann darf man das durchaus in Beziehung setzen. In der biologischen Psychologie wird genau so vorgegangen.
Selbst wenn ich das in Beziehung setze, wird oder gibt es ein ganz simples Faktum zu beachten, unabhängig jeglicher psychologischer "Triebfeder" - Frau gefällt sich im Rock, wenn er ihre Waden oder Knie umschmeichelt. Es ist manchmal so einfach ...
In Antwort auf:Zitat Gorgasal: Ohne Ihren Ausführungen über Sexismus und die Vereinnahmung der Biologie zu widersprechen: natürlich vergewaltigt keiner die Statistik so. Aber wenn man ein Röcke-Trag-Hormon fände und feststellen würde, dass Frauen davon typischerweise einen deutlich höheren Spiegel haben als Männer, dann darf man das durchaus in Beziehung setzen. In der biologischen Psychologie wird genau so vorgegangen.
Selbst wenn ich das in Beziehung setze, wird oder gibt es ein ganz simples Faktum zu beachten, unabhängig jeglicher psychologischer "Triebfeder" - Frau gefällt sich im Rock, wenn er ihre Waden oder Knie umschmeichelt. Es ist manchmal so einfach ...
Hm, wenn ich als Mann das sage, werde ich als frauenfeindlich bezeichnet
-- El reaccionario, hoy, es meramente un pasajero que naufraga con dignidad. - Nicolás Gómez Dávila
In Antwort auf:Zitat Gorgasal: Ohne Ihren Ausführungen über Sexismus und die Vereinnahmung der Biologie zu widersprechen: natürlich vergewaltigt keiner die Statistik so. Aber wenn man ein Röcke-Trag-Hormon fände und feststellen würde, dass Frauen davon typischerweise einen deutlich höheren Spiegel haben als Männer, dann darf man das durchaus in Beziehung setzen. In der biologischen Psychologie wird genau so vorgegangen.
Selbst wenn ich das in Beziehung setze, wird oder gibt es ein ganz simples Faktum zu beachten, unabhängig jeglicher psychologischer "Triebfeder" - Frau gefällt sich im Rock, wenn er ihre Waden oder Knie umschmeichelt. Es ist manchmal so einfach ...
Hm, wenn ich als Mann das sage, werde ich als frauenfeindlich bezeichnet
So weit ist es schon gekommen, die einfachsten "normalsten" fraulichen Regungen/Empfindungen werden infrage gestellt, zugunsten einer selbsternannten "Pseudo-Wissenschaft" und sind dann "frauenfeindlich" - wo steht geschrieben, wo ist bewiesen, daß Frau sich nicht wohl fühlt damit.
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