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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 82 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.03.2009 10:03
Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Dieser Artikel ist aus Diskussionen in dem Thread über das Schulmassaker von Winenden hervorgegangen.

Dort wurde - vor allem von Ex-Blond - das angesprochen, worum es mir in dem Artikel geht: Diskutiert wird viel darüber, wie sich solche Taten verhindern lassen. Von ihrer moralischen Dimension, von der Schuld des Täters wird seltsamerweise kaum gesprochen.

Kaa Offline




Beiträge: 658

13.03.2009 10:53
#2 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Das ist sicher die wichtigste Frage. Ich hatte mich gestern entschlossen, darauf nicht einzugehen, weil ich glaube, daß der Zug sowieso schon abgefahren ist.

Zuerst eine unwichtigere Anmerkung zu Deinem Artikel, auch wenn es damit im Zusammenhang steht:

Zitat von Zettel
Dieser Tim Kretschmer - ja kein Kind, sondern strafmündig, wenn auch dem Jugendstrafrecht unterworfen - hat sich entschieden, Menschen zu töten. Nach allem, was man weiß, so viele, wie er nur konnte. ... Er hat sehr wahrscheinlich abgewogen, bevor er sich für das Morden entschied. Er muß sich im Klaren darüber gewesen sein, welches Leid er über viele Menschen bringen würde - die Opfer, deren Angehörige, seine Eltern.

Er kam zu dem Ergebnis, daß dieses Leid weniger wog als seine Wut, sein verletztes Selbstwertgefühl, sein Bedürfnis nach Rache - was immer ihn zu der Tat getrieben hat.

Manchmal kann man in der Pubertät nicht klar denken. Man selbst ist der Mittelpunkt der Welt. Das eigene Leid wie das Glück ist überwältigend. Es ist so groß, daß beim Abwägen das Leid anderer Menschen nicht so schwer wiegt.

Das ist aber nichts Neues. Das haben Jugendliche (damals Backfische, heute Teenies) schon immer erlebt. Nur - früher haben sie sich in Melancholie gefläzt oder sich schlimmstenfalls selbst umgebracht. Und da stimme ich mit Dir überein, etwas ganz Wichtiges wird heute vielen jungen Menschen nicht mehr als AbsolutesNein beigebracht. Es ist nicht denkbar andere zu verletzen, nur weil man selber schlechte Laune hat. Und ist das eigene Unglück noch so groß. Auch Kinderunglück kann ja sehr groß sein, weil man Unkraut jäten muß, weil die Nachbarin sagt, man darf nicht ihre Katze jagen, ... - und da haben Kinder früher gelernt, daß man trotz des eigenen Unglücks keine Übergriffe auf andere Menschen und keine Zerstörung von Sachen machen darf. Punkt. Das war eine unüberschreitbare Grenze.

Und innerhalb dieser Grenze konnte man dann sicherer als heute den Sturm Pubertät überstehen - mit den gleichen Erkenntnissen, nur ohne Zerstörung angerichtet zu haben.

Grenzen als unhinterfragbare Regeln zu vermitteln ist heute nicht mehr ohne Rechtfertigung, ohne Begründung (und sei es nur vor sich selbst) möglich. Ich glaube, das ist auch nicht mehr zu reparieren. Diese Gesellschaft wird sich nicht erholen.

Nach einen langem Winter kommt jetzt endlich ein Frühling.

Liebe Grüße
Kaa


Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus Autor im Netz bekannt

dirk Offline



Beiträge: 1.538

13.03.2009 11:09
#3 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

In Antwort auf:
Von ihrer moralischen Dimension, von der Schuld des Täters wird seltsamerweise kaum gesprochen.


Die Diskussion über die individuelle Verantwortung fehlt mir auch. Sie fehlt eigentlich immer.

Ich möchte aber anfügen, dass die Angewohnheit zunächst die Schuld bei sich selbst zu suchen und nicht bei anderen, ein recht angenehmer Zug unserer Gesellschaft ist, auf den ich auch ein wenig stolz bin.

Das zeigt sich vor allem in Diskussionen und Talkshows mit muslimischen Vertretern. Noch nie habe ich einen Moslem sagen hören "Da haben wir ordentlich Mist gebaut". Immer nur "Ihr diskriminiert uns. Ihr habt uns nicht integriert" usw.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.03.2009 11:13
#4 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Zitat von Kaa
Manchmal kann man in der Pubertät nicht klar denken. Man selbst ist der Mittelpunkt der Welt. Das eigene Leid wie das Glück ist überwältigend. Es ist so groß, daß beim Abwägen das Leid anderer Menschen nicht so schwer wiegt.

Das stimmt sicher, liebe Kaa. Nun war Tim schon 17. Wann beginnt heute die Pubertät? In meiner Generation begann sie mit 12, 13. Die Akzeleration dürfte inzwischen weitergegangen sein.

Mit 17 Jahren ist man fast volljährig. Wenn keine schwerwiegende psychische Erkrankung vorliegt, dann weiß man, was gut und böse ist. Man hat auch eine Vorstellung vom Leid anderer.
Zitat von Kaa
Und da stimme ich mit Dir überein, etwas ganz Wichtiges wird heute vielen jungen Menschen nicht mehr als Absolutes Nein beigebracht. Es ist nicht denkbar andere zu verletzen, nur weil man selber schlechte Laune hat. Und ist das eigene Unglück noch so groß.

Schau mal, wenn jetzt andere in Tims Alter die TV-Berichte sehen, vielleicht die Zeitung lesen - was erfahren sie? Daß man Tim, den Armen, vernachlässigt hat, daß Symptome nicht erkannt wurden. Daß er die Möglichkeit hatte, Killerspiele und Egoshooter zu spielen; das hätte die Gesellschaft doch verhindern müssen. Daß man die Beretta nicht weggeschlossen hat. Was konnte er also dafür, daß er sie gestohlen hat?

Kurz - sie erfahren überwiegend das, was die Verantwortung von Tim abwälzt, auf andere Menschen, auf "die Gesellschaft". Wie sollen sie da lernen, daß sie selbst für das verantwortlich sind, was sie tun?

Junge Leute wollen sich ja moralisch engagieren, die meisten. Sie wollen für sich selbst klare Maßstäbe finden. Aber die Pädagogen bieten sie ihnen nicht an. Es sei denn, es dreht sich um den Götzen Umwelt.
Zitat von Kaa
Auch Kinderunglück kann ja sehr groß sein, weil man Unkraut jäten muß, weil die Nachbarin sagt, man darf nicht ihre Katze jagen, ... - und da haben Kinder früher gelernt, daß man trotz des eigenen Unglücks keine Übergriffe auf andere Menschen und keine Zerstörung von Sachen machen darf. Punkt. Das war eine unüberschreitbare Grenze.

Exakt. Und wer sie überschritt, der bekam seine Strafe; statt daß man ihm erklärte, welche gesellschaftlichen Ursachen sein Verhalten hatte.
Zitat von Kaa
Grenzen als unhinterfragbare Regeln zu vermitteln ist heute nicht mehr ohne Rechtfertigung, ohne Begründung (und sei es nur vor sich selbst) möglich. Ich glaube, das ist auch nicht mehr zu reparieren. Diese Gesellschaft wird sich nicht erholen.

Da bin ich, wie immer, optimistischer.

Aber um noch die Brücke zu einem anderen Thema zu schlagen, das wir hier oft diskutieren: Junge Moslems leiden ja auch darunter, daß unsere Gesellschaft eine geradezu pathologische Ablehnung von Werten, von Festlegungen, von Verantwortlichkeit zeigt. Und die finden dann oft das, was sie suchen, im Islam, wenn nicht gar im Islamismus.

Herzlich, Zettel

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

13.03.2009 11:15
#5 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Sehr wahr das, Zettel.

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.
Aber beide sind aus Stein gemacht.

Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.

Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.

vivendi Offline



Beiträge: 663

13.03.2009 11:17
#6 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten
Wir stehen solchen Ereignissen hilflos und verständnislos gegenüber. Leider reagieren unsere Politiker in solchen Situationen der Verständnislosgkeit mit den einzigen - ihren Kenntnissen und ihrer selbstgegebenen Mission entsprechenden - aber ebenso verständnislosen Werkzeugen: Gesetzgebung.
Wir wissen alle, dass Gesetze allein keine bessere Welt schaffen, umso mehr, als die Macht des Gesetzes meist nach den vollbrachten Akt greift. Wer sich in einem Zustand wie Tim (oder wie der Mörder der 16-jährigen Lucie in der Schweiz, der die selben Motive wie Tim vorbrachte) befindet, hat wesentlich mehr und persönlich dringlichere Konsequenzen abzuwägen als die mögliche Bestrafung. Umso mehr, als solche Menschen unbewusst ja gerade nach einer Bestrafung lechzen, die sie von ihren schwarzen Gedanken erlösen und sie wieder in die Gesellschaft zurückbringen soll. Der Wunsch nach Anerkennung durch die Gesellschaft, auch wenn sie negativ ist.

Ich habe gestern an der Uni Genf einem Vortrag von Boris Cyrulnik beigewohnt, der mir wieder einmal die Augen geöffnet und gezeigt hat, wie komplex die menschliche Psyche ist und welche Faktoren auf sie einwirken: Genetik, Neuro-Biologie, familiäres und soziales Umfeld, Kommunikation mit Bezugspersonen (inklusive pre-verbale Kommunikation durch Gestik und Mimik) in den ersten Lebensmonaten.
Der Vortrag von Cyrulnik hatte die Scham zum Thema. Scham als Ausdruck der gesellschaftlichen und interpersonellen Interaktion. Scham, die in natürlicher Weise, mehr oder weniger ausgeprägt oder völlig abwesend, als Reaktion auf das Spiegelbild der eigenen Person in den Augen der Anderen entsteht. Eng verbunden mit diesem Komplex sind auch Phobien, Lebensangst, Gleichgültigkeit, Melancholie und Aggressivität.
Der Vortrag von Cyrulnik kann hier http://www.unige.ch/presse/archives/2009...ik-archive.html (französisch, 90 min) als Video abgerufen werden. Ganz am Schluss wurde Cyrulnik auch gebeten, zu den aktuellen Ereignissen einen Kommentar abzugeben ...

Zum diesem Themenkreis gibt es auch ein lesenswertes, leider vergriffenes Buch: Arno Plack, Die Gesellschaft und das Böse http://www.amazon.de/Die-Gesellschaft-B%...k/dp/B0000BT1BV
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.03.2009 11:26
#7 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Zitat von dirk
Ich möchte aber anfügen, dass die Angewohnheit zunächst die Schuld bei sich selbst zu suchen und nicht bei anderen, ein recht angenehmer Zug unserer Gesellschaft ist, auf den ich auch ein wenig stolz bin.

Ich finde es auch gut, wenn der Einzelne die Schuld bei sich selbst sucht - vorausgesetzt, sie liegt bei ihm.

Aber ich frage mich, ob das, was Sie meinen wirklich ein "die Schuld bei sich selbst suchen" ist. Wenn man "die Gesellschaft" für etwas verantwortlich macht, dann schiebt man ja im Grunde die Schuld von sich weg.

"Ein guter Mensch sein, ja wer wär's nicht gern? Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so". Das singt der Bettlerkönig Peachum bei Brecht. Es ist so etwas wie der Kernsatz linker Moral. Der Einzelne ist nicht für sich verantwortlich, sondern er wird als ein Spielball, als ein Opfer der Gesellschaft gesehen.

Der damit die Schuld zugeschoben wird. Ja, wir sind selbstkritisch. Aber im Grunde, lieber Dirk, nur gesellschaftskritisch.

Herzlich, Zettel

vivendi Offline



Beiträge: 663

13.03.2009 11:47
#8 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Zitat von Zettel
Ich finde es auch gut, wenn der Einzelne die Schuld bei sich selbst sucht - vorausgesetzt, sie liegt bei ihm.

Vorausgesetzt auch, er ist dazu in der Lage. Gemäss Cyrulnik kann ein solches Verhalten (oder der Mangel an Einsicht in die Schuld) durchaus auch genetisch prädisponiert sein. Sowohl in der Tierwelt als auch beim Menschen hat man festgestellt, dass 15-20% der Population einen überdurchschnittlich hohen Serotonin-Level aufweist. Serotonin ist eine der Substanzen, die für den "Gemütszustand" verantwortlich ist: das Gleichgewicht zwischen Hyperaktivitä, Angst, Aggressivität und Gleichgültigkeit. Prozac wirkt ebenso auf diesen Agenten wie Ritalin und Nikotin (Rauchen als unbewusste Selbstmedikation). Wir lernen normalerweise in den ersten Lebensmonaten, mit diesen Schwankungen umzugehen und unsere Reaktionen darauf in die sozial "richtigen" Bahnen zu lenken.

Wenn Kaa sagt "Diese Gesellschaft ..." dann möchte ich nicht als Teil dieser Gesellschaft betrachtet werden. Es gibt keine kollektive Schuld, auch wenn gesellschaftliche Entwicklungen gezwungenerweise die individuelle Entwicklung beeinflussen. Als Individuum wurden mir aber Werte übermittelt, die es mir erlauben, zwischen erwünschten und unerwünschten Entwicklungen zu diskriminieren. In meinem eigenen Interesse und im Interesse meiner Kinder versuche ich, diese Werte zu vermitteln.

ex-blond Offline




Beiträge: 155

13.03.2009 11:51
#9 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten
Zitat von vivendi
Als Individuum wurden mir aber Werte übermittelt, die es mir erlauben, zwischen erwünschten und unerwünschten Entwicklungen zu diskriminieren.

Diese Werte wurden Ihnen aber auch (wenn nicht sogar vor allem - das kommt auf die Familie an) durch die Gesellschaft vermittelt. Ein Kind, das in einer erzieherisch eher passiven Familie aufwächst (z.B. beide Eltern arbeiten, "Wertevermittlung" ist nicht ein bewusstes Thema) wird v.a. durch Schule, Hort, Medien erzogen - mit anderen Worten: durch die "Gesellschaft".

http://ex-blond.com

FTT_2.0 Offline



Beiträge: 537

13.03.2009 12:01
#10 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Zitat von Zettel
ich, ob das, was Sie meinen wirklich ein "die Schuld bei sich selbst suchen" ist. Wenn man "die Gesellschaft" für etwas verantwortlich macht, dann schiebt man ja im Grunde die Schuld von sich weg.


Meine Meinung.

Darum:
"I think we've been through a period where too many people have been given to understand that if they have a problem, it's the government's job to cope with it. 'I have a problem, I'll get a grant.' 'I'm homeless, the government must house me.' They're casting their problem on society. And, you know, there is no such thing as society. There are individual men and women, and there are families. And no government can do anything except through people, and people must look to themselves first. It's our duty to look after ourselves and then, also to look after our neighbour. People have got the entitlements too much in mind, without the obligations. There's no such thing as entitlement, unless someone has first met an obligation."

Ohne googeln: Wer hat´s gesagt?

Eltov Offline




Beiträge: 152

13.03.2009 13:58
#11 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

In Antwort auf:
Die unsägliche Justizministerin Zypries "rief Schützenvereine dazu auf, ihre Mitglieder künftig besser zu kontrollieren." Ja, ist denn der Vater von Tim Kretschmer schlecht kontrolliert worden?



Er hatte jedenfalls eine Waffe im Schlafzimmer und unverschlossene Munition herumliegen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

13.03.2009 14:37
#12 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Zitat von Eltov
Er hatte jedenfalls eine Waffe im Schlafzimmer und unverschlossene Munition herumliegen.

Vielleicht (wenn die Behörden nicht wieder eine Korrektur nachschieben).
Aber was hat das damit zu tun, ob Kretschmer "schlecht kontrolliert" wurde?
Soll etwa die Forderung sein, der Vereinsvorsitzende habe regelmäßige und unangekündigte Hausdurchsuchungen bei allen Vereinsmitgliedern zu machen?

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

13.03.2009 14:56
#13 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Zitat von Zettel

Dort wurde - vor allem von Ex-Blond - das angesprochen, worum es mir in dem Artikel geht: Diskutiert wird viel darüber, wie sich solche Taten verhindern lassen. Von ihrer moralischen Dimension, von der Schuld des Täters wird seltsamerweise kaum gesprochen.


Tja. Dialektik und Soziologie eben. Ein Wertekorsett welches sagt 'Pfui' gibt es nicht mehr, zugunsten eines 'wir drehen und wenden den Gegenstand so lange, bis wir alles beleuchtet haben'. Nur wenn man alles beleuchtet, gibt es keinen Schatten, kein Gut und Boese mehr.

Ich lese gerade auch, dass ggf. die Feminisierung des Bildungswesen dazu beitraegt, dass Jungs abgehaengt werden und ausrasten.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.03.2009 17:38
#14 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Zitat von FTT_2.0
"I think we've been through a period where too many people have been given to understand that if they have a problem, it's the government's job to cope with it. 'I have a problem, I'll get a grant.' 'I'm homeless, the government must house me.' They're casting their problem on society. And, you know, there is no such thing as society. There are individual men and women, and there are families. And no government can do anything except through people, and people must look to themselves first. It's our duty to look after ourselves and then, also to look after our neighbour. People have got the entitlements too much in mind, without the obligations. There's no such thing as entitlement, unless someone has first met an obligation."
Ohne googeln: Wer hat´s gesagt?

Hm, könnte John McCain gewesen sein. Oder vielleicht noch eher George W. Bush. Oder natürlich Ronald Reagan.

So, und jetzt geh ich Googeln.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.03.2009 17:41
#15 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Na, an meine Lieblingspolitikerin Nummer zwei hätte ich natürlich auch denken können.

vivendi Offline



Beiträge: 663

13.03.2009 20:02
#16 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Zitat von ex-blond
Diese Werte wurden Ihnen durch die Gesellschaft vermittelt.

Dazu müssen aber die entsprechenden synptischen Strukturen im Gehirn vorhanden, und diese Strukturen werden hauptsächlich im ersten Lebensjahr aufgebaut. Man weiss aus der Gehirnforschung, dass Teile des Gehirns veröden, wenn sie nicht rechtzeitig stimuliert werden. Nachträglich lässt sich das nur bedingt regenerieren, solche Menschen ziehen sich in der Folge aus dem sozialen Zusammenlaben zurück und bauen sich ihre eigene Welt auf.

vivendi Offline



Beiträge: 663

13.03.2009 20:25
#17 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Exakt meine Meinung: Wir sind uns, nicht der Gesellschaft gegenüber verantwortlich. Wir können uns in die Gesellschaft einbringen, aber nur als Individuen, nicht als "Gesellschaft" oder als "Vertreter" der Gesellschaft.
Wir sind auch frei, uns nicht in die Gesellschaft einzubringen oder eine andere Gesellschaft auszuwählen. Dabei handelt es sich aber immer nur um einen kleinen, selbstgewählten Teil unserer Gesellschaft, um unsere unmittelbare Umgebung, nicht um ein Land, eine Nation oder eine Menschengattung. Soziale Beziehungen spielen sich zwischen Individuen ab.

vivendi Offline



Beiträge: 663

13.03.2009 20:56
#18 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Zitat von Eltov
Er hatte jedenfalls eine Waffe im Schlafzimmer und unverschlossene Munition herumliegen.

Dass eine Waffe im Haus vorhanden war, hat die Tat sicher erleichtert, das Nichtvorhandensein einer Waffe hätte die Tat aber vermutlich nicht verhindert. Ich weiss aus meinem Umfeld, wie leicht es für einen 16-jährigen ist, eine Waffe zu beschaffen.

Es stellt sich die Frage, ob man den eigenen Familienmitgliedern grundsätzlich misstrauen muss. Soll man die Küchenmesser in einem Safe ablegen? Darf man Autoschlüssel herumliegen lassen, auf die Gefahr hin, dass ein Familienmitglied unerlaubterweise eine Amokfahrt unternimmt?

Jeder Schweizer im wehrpflichtigen Alter hat zuhause eine Waffe und einen Satz Munition. In einer Mietwohnung lässt sich eine Waffe nicht so verstecken, dass ein Kind sie nicht finden kann. Es ist mir trotzdem kein Fall bekannt, in dem mit einer solchen Waffe ein Amoklauf durchgeführt wurde.

Ohne den Hintergrund in deisem zu kennen, scheint mir das Problem nicht die Waffe gewesen zu sein, sondern die tatsache, dass offensichtlich die Eltern über den Zustand ihres Sohnes nicht ausreichend Bescheid wussten. Aber wenn sie Bescheid wussten, dann war es tatsächlich grobfahrlässig, eine Waffe frei zugänglich aufzubewahren.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.081

13.03.2009 21:08
#19 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Zitat von vivendi
Jeder Schweizer im wehrpflichtigen Alter hat zuhause eine Waffe und einen Satz Munition. In einer Mietwohnung lässt sich eine Waffe nicht so verstecken, dass ein Kind sie nicht finden kann. Es ist mir trotzdem kein Fall bekannt, in dem mit einer solchen Waffe ein Amoklauf durchgeführt wurde.

Ich bin mal kurz dem Amoklauf im Zuger Kantonsrat 2001 nachgegangen. Soweit ich das überblicken kann, war das in der Tat kein Armeegewehr, sondern die zivile Version des Sturmgewehrs 90.
http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Leibacher
http://serien-killer.com/downloads/schlu...chtattentat.pdf

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.081

13.03.2009 21:10
#20 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Zitat von vivendi
Ohne den Hintergrund in deisem zu kennen, scheint mir das Problem nicht die Waffe gewesen zu sein, sondern die tatsache, dass offensichtlich die Eltern über den Zustand ihres Sohnes nicht ausreichend Bescheid wussten. Aber wenn sie Bescheid wussten, dann war es tatsächlich grobfahrlässig, eine Waffe frei zugänglich aufzubewahren.

Der Sohn war anscheinend wegen Depressionen in Behandlung. Wenn der Vater das wusste, hätte er die Waffe auf jeden Fall nicht herumliegen lassen dürfen - von einem drohenden Amoklauf ganz abgesehen.

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

PeterCoyote ( Gast )
Beiträge:

13.03.2009 21:38
#21 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten
In Antwort auf:
Diskutiert wird viel darüber, wie sich solche Taten verhindern lassen. Von ihrer moralischen Dimension, von der Schuld des Täters wird seltsamerweise kaum gesprochen.


weil die Diskussion den Politikern überlassen werden und die nutzen die Gelegenheit um sich mit Lösungsangeboten zu profilieren. Zumal wir ja auch ein Superwahljahr vor uns haben.

Die Lösungsangebote zirkulieren um das Überwachen und Strafen. Die klassischen Instrumentarien der Staatsherrschaft. Solche Lösungsangebote erfreuen sich stets der höchsten Beliebtheit. Zwar ist der Schluss vom Schulmassaker zur Überwachung der Schützenvereine nicht unmittelbar einleuchtend, aber es finden sich jede Menge Bürger die jeder autoritären Maßnahme um der blossen Autoritätssteigerung willen gedankenlos zujubeln.

Solche Lösungsangebote sind sehr leicht zu machen und es stellt sich ja auch kaum einer der Politikerkaste entgegen und rechnet einmal hoch, wohin wir kommen würden, wenn man aus jeder Wogen schlagenden Schandtat eines Einzelnen oder einer Gruppe eine Erhöhung der Staatsmacht generieren würde. Derart könnte man ziemlich leicht den Übergang der BRD in die offene Diktatur errechen.

Die Politikerkaste meint sich allerdings auch unter dem Druck der Öffentlichkeit auf jedes Schulmassaker mit einem Lösungsvorschlag antworten zu müssen. Aus der Summe der Lösungsvorschläge entsteht insgesamt der Eindruck der beliebigen Gestaltbarkeit der Gesellschaft - eine wesentliche Komponente des Ideenamalgams des 19ten Jahrhunderts, welches zu Hitler und Marx führte.

Die Politikerkaste könnte sich allerdings auch auf den Standpunkt stellen, daß die Umsetzung obiger Lösungsvorschläge zu nichts anderem als zur weiteren Einschränkung der Freiheit führen würde und demzufolge nicht in Betracht kommt. Derart komplexe gesellschaftliche Gebilde lassen sich gar nicht beliebig gestalten und es ist auch nicht möglich, solche Dinge ganz abzuschalten. Selbst totalitäre Systeme waren nicht frei des Mordes ausgeübt von Privatpersonen, trotz Waffenverbot, Verbot von Killerspielen und verwanztem Schützenverein. Der Staat muß allerdings aus Gründen der Selbsterhaltung und Machterweiterung so tun, als ob sich komplexe gesellschaftliche Gebilde beliebig gestalten liessen.

Ich denke das man den Lösungsvorschlägen schon ablesen kann, wo man lebt. Ein Politikbegriff, der trotz der massenmordenden Konsequenzen des Ideenamalgams des 19ten Jahrhunderts die beliebige Gestaltbarkeit der Gesellschaft unterstellt, als ob nichts geschehen wäre. Die Grenzen zur Dummheit sprengenden Denkmodelle, welche in ihrer Einfachheit selbstverständlich stets Lösungen für jedes Problem in Windeseile abzuleiten erlauben und damit der Politikerkaste ermöglicht, aus jeder Greultat wahltaktischen Gewinn zu schlagen.

Das ein Verbot von Killerspielen und verwanzte Schützenvereine nichts anderes als zu weiteren Einschränkungen der Freiheit führen, diese Sensibilität hat die Politische Kaste nicht, denen die Freiheit nach Jahrzehnten erfolgreicher Wahlkampagnen anscheinend immer weniger bedeutet. Die Sensibilität in der Freiheitsfrage wiederum bedeutet nichts anders als ein Selbstkontrollmechanismus, der die Zügellosigkeit politisch-wahltaktischen Wollens eingrenzt. Ein solcher Selbstkontrollmechanismus ist nicht wirksam genug vorhanden im neuen Deutschland, welches bereits schon wieder die Gier der Manager und Geschäftsführer anprangert, von der Gier nach Macht des Staates jedoch zu schweigen vorzieht.
Llarian Offline



Beiträge: 7.115

13.03.2009 22:28
#22 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Zitat von Kaa
Und da stimme ich mit Dir überein, etwas ganz Wichtiges wird heute vielen jungen Menschen nicht mehr als AbsolutesNein beigebracht. Es ist nicht denkbar andere zu verletzen, nur weil man selber schlechte Laune hat. Und ist das eigene Unglück noch so groß.

Dem möchte ich mal ganz deutlich widersprechen, denn ich halte das Gegenteil für richtig. Das Verletzen anderer während des Heranwachsens ist heute seltener als vor 50 Jahren. Gewalt ist ziemlich verpönt, während man sich vor eben jener Zeit noch auf dem Schulhof kloppen konnte, so ist die Toleranz dessen heutzutage niedrig wie nie. Und das man keine Sachen zerschmeisst ? Nun, dann muss an den 68ern aber eine ganze Erziehungslinie vorbeigegangen sein.
Nein, mal ehrlich, die heutige Gesellschaft, und das schliesst die Jugend ein, ist erheblich gewaltfreier als vor 30 Jahren und noch viel, viel gewaltfreier als meinetwegen vor 70 Jahren. Wir neigen nur dazu die "gute, alte Zeit" zu idealisieren.

Ich denke man macht einen ganz erheblichen Fehler von gesellschaftlichen Beobachtungen auf Amokläufer zu schliessen. Amokläufer sind Extremfälle. Ein Mensch wird nicht zum Soziopathen weil die Gesellschaft so und so ist, das ist ein sehr individueller Prozess. Ich frage mich auch, was da schief gelaufen ist, aber ich glaube nicht das man die Antwort im kollektiven Erziehungsprozess findet, der funktioniert nämlich noch.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.03.2009 01:00
#23 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Zitat von Gorgasal
Der Sohn war anscheinend wegen Depressionen in Behandlung. Wenn der Vater das wusste, hätte er die Waffe auf jeden Fall nicht herumliegen lassen dürfen - von einem drohenden Amoklauf ganz abgesehen.

Das scheint mir ein wichtiger Punkt zu sein, lieber Gorgasal. Der Vater wird sich das vermutlich jetzt, wie man so sagt, Tag und Nacht fragen, warum er diese Gefahr nicht gesehen hat.

Nach einem Unglück stellt sich oft heraus, daß irgendwer eine Gefahr nicht gesehen hat oder sie unterschätzt hat. Deshalb sind Unfälle ja seltene Ereignisse; sie treten vor allem dann ein, wenn sich die vorausgehende Bewertung von Gefahren als irrig erweist.

Das Shuttle "Challenger" ging 1986 beim Start verloren, weil Dichtungsringe an den Feststoff-Raketen nicht hinreichend sicher waren. Daraufhin wurden die Flüge für zweieinhalt Jahre unterbrochen und das Shuttle nach allen denkbaren Gesichtspunkten sicherheitstechnisch überprüft. Fast genau sieben Jahre nach der "Challenger" ging die "Columbia" verloren. Nicht beim Start, sondern beim Wiedereintritt. Man hatte das Problem der Gefährdung durch herabfallende Isolierschaumteile nicht für kritisch gehalten, weil bisher immer alles gut gegangen war.

Es geht eben meistens alles gut. Wenn man den unwahrscheinlichen Fall, daß einmal nicht alles gut geht, ständig im Leben vor Augen hätte, würde man Züge von Zwangskrankheit entwickeln.

Herzlich, Zettel

john j Offline




Beiträge: 591

14.03.2009 03:14
#24 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

"Das ein Verbot von Killerspielen und verwanzte Schützenvereine nichts anderes als zu weiteren Einschränkungen der Freiheit führen..."

Mit DEN "Einschränkungen der Freiheit" kann eine demokratische Gesellschaft imho ganz gut leben. Es gibt Staaten in denen ein generelles Verbot fuer den privaten Besitz von Faustfeuerwaffen gilt, und diese Staten waren bereits Demokratien als man in Deutschland noch...aber lassen wir das. Immer wieder erstaunlich an welchen "Einschränkungen der Freiheit" man sich hochziehen kann.

Und weil es weiter oben angesprochen wurde: Deutschland hat ein "scharfes" Waffenrecht nur dann wenn es es um den Erstzugang/Berechtigung zur Waffe geht. Ist das mal geschafft kuemmert sich eigentlich keine Behoerde mehr gross darum. Und ich haette gern unangemeldete Kontrollen der sicheren Aufbewahrung von Schusswaffen, vor allem wenn jemand 16 davon im Haus hat, und wenn es auch nur einen einizigen potentiellen Amoklauf verhindert. Ich nehme naemlich kaum an dass Jungs wie Tim K in der Lage sind sich eine Waffe auf dem Schwarzmarkt in Winnenden zu beschaffen. Anzumerken ist noch dass Erfurt und Winnenden mit Waffen aus dem "Schiesssport" begangen wurden.

Ich halte das obige fuer wesentlich sinnvoller und ergebnisorientierter was Amoklauefe angeht als das jetzt ueberall zu lesende Gefasel von Psychologen, Psychiatern, Kriminologen etc die uns weismachen wollen dass sie einen potentiellen Amoklaeufer schon lange vor der Tat erkennen koennen...

Kaa Offline




Beiträge: 658

14.03.2009 08:32
#25 RE: Zitat des Tages: Warum wurde Tim K. zum Mörder? Antworten

Zitat von Llarian
Zitat von Kaa
Und da stimme ich mit Dir überein, etwas ganz Wichtiges wird heute vielen jungen Menschen nicht mehr als AbsolutesNein beigebracht. Es ist nicht denkbar andere zu verletzen, nur weil man selber schlechte Laune hat. Und ist das eigene Unglück noch so groß.

Dem möchte ich mal ganz deutlich widersprechen, denn ich halte das Gegenteil für richtig. Das Verletzen anderer während des Heranwachsens ist heute seltener als vor 50 Jahren. Gewalt ist ziemlich verpönt, während man sich vor eben jener Zeit noch auf dem Schulhof kloppen konnte, so ist die Toleranz dessen heutzutage niedrig wie nie.


Das ist auch richtig. Es wird nicht mehr gesellschaftlich akzeptiert, wenn Kinder und Jugendliche sich kloppen. (Ob es seltener ist, weiß ich nicht) Doch wenn sie gegen die Eltern und Lehrer aggressiv sind, wird das wegerklärt. "Hatte Stress in der Schule", "Wurde ungerecht behandelt". Anstatt daß eine klare Grenze gezogen wird, "das darfst du nicht".


Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus Autor im Netz bekannt

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