Zitat von FAB.
Jenseits der Wirrnisse und des Kleinkleins der Tagespolitik kann ich zwei politische Grundprinzipien benennen, die mir überragend wichtig erscheinen. Das eine ist die Souveränität des deutschen Staates, i.e. das Selbstbestimmungsrecht der deutschen Nation über ihre innere Ordnung. Das andere ist die souveräne Gleichheit und Freiheit der Rechtsgenossen (ein schöner Ausdruck, der sich in älteren juristischen Werken noch findet; er verdeutlicht m.E. die Verschiedenheit des Bürgers einer liberalen Privatrechtsgesellschaft vom Untertanen), d.h. das Selbstbestimmungrecht des Einzelnen über seine private Lebensführung und seine individuellen Rechtsbeziehungen.
Die heutige CDU arbeitet fleißig und, soweit ich das beurteilen kann: aus Überzeugung, an der Auflösung beider.
Danke für diesen wie immer durchdachten und mit brillanter Klarheit formulierten Beitrag!
Ich kann, lieber FAB., Ihre Position gut nachvollziehen, teile sie aber nicht. Wobei ich die beiden Punkte unterschiedlich sehe:
Die Souveränität hat Deutschland paradoxerweise genau damals aufgegeben, als es sie formal errungen hat - mit der Wiedervereinigung. Es gab überall in Europa eine (historisch begründete und insofern berechtigte) Angst vor einem Wiederbeginn des alten Mächtespiels, wenn erst einmal die beiden Blöcke aufgelöst sein würden und Deutschland wieder zum mit Abstand mächtigsten Staat Europas geworden wäre. Diese Furcht hatten nicht nur die Wortführer Thatcher und Mitterand. Sie grassierte überall in Europa, gerade auch bei unseren kleineren Nachbarn.
Die Wiedervereinigung war nur möglich, weill Kohl bereit war, die Weichen in Richtung auf ein supranationales Europa zu stellen; die Option "Europa der Vaterländer" wurde 1990 begraben. Das Symbol war die Einigung auf die Einführung des Euro.
Jede deutsche Regierung, lieber FAB., wird deshalb die Politik betreiben, die Sie bei der CDU kritisieren. Es gibt dazu keine Alternative mehr; auch wenn es sicher wünschenswert wäre, wenigstens die Macht Brüssels in Schranken zu halten.
Beim zweiten Punkt ist es ganz anders: Hier ist die CDU seit 2005 in der Tat auf den Kurs der SPD eingeschwenkt. Zum Teil hängt das zwar mit Punkt 1 zusammen (Brüsseler Direktiven); aber die CDU hat sich in dieser Koalition eindeutig zu wenig für die Rechte des Einzelnen eingesetzt.
In einer Koalition mit der FDP würde/wird das anders sein. Koalitionen bewirken ja immer auch eine interne Machtverschiebung innerhalb der Parteien. In der Koalition mit der SPD ist jetzt der linke Flügel der CDU mächtig; in der Koalition mit der FDP wird/würde es der liberale sein.
Noch eine Überlegung auf einer allgemeineren Ebene, lieber FAB.: Ich entscheide bei Wahlen nicht ausschließlich danach, ob eine Partei meine Grundsätze vertritt, sondern welche Folgen meine Stimmabgabe hat. Eine Regierung Steinmeier/Trittin/Westerwelle wird zB:
- dem EU-Beitritt der Türkei zustimmen. Dagegen ist Merkels CDU die letzte Bastion
- eine israelfeindliche Politik betreiben. Trittin und Roth haben ja gestern einen Vorgeschmack gegeben, als sie die Nichtteilnahme an der "Antirassismus"-Konferenz vehement kritisiert haben
- den "Aussstieg aus der Atomenergie" endgültig machen und damit eine langfristige Energieverknappung bewirken, die natürlich das Ziel der Rotgrünen ist
- die Abhängigkeit von Rußland unumkehrbar machen. Schon jetzt wird in internationalen Analysen (zB bei Stratfor) immer wieder betont, daß Deutschland eine rußlandfreundliche Politik betreiben müsse, weil es auf die russischen Energieliferungen angewiesen ist
- im Verein mit den von der Linken kontrollierten Medien ein Klima erzeugen, in dem jeder Konservative als Freund der Nazis hingestellt werden wird; schaffte ein, zwei, drei, viele Chemnitz!
Wenn Sie, lieber FAB., Ihre Stimme nicht der CDU oder der FDP geben, dann tragen Sie dazu bei, daß es so kommen wird. Es gibt auch ein Tun durch Unterlassen - aber das brauche ich dem Juristen ja nicht zu sagen!
Herzlich, Zettel