Nein, überrascht hat mich das Verhalten dieses Mannes nicht, den ich seit langem für einen Opportunisten halte, wie ihn das Weiße Haus noch nicht gesehen hat: Als ein klares Wort seitens der USA der Opposition geholfen hätte, schwieg er und wiegelte ab. Jetzt, wo die Weichen für einen harten Kurs des Regimes gestellt sind und seine Stellungnahme im Iran kaum noch etwas bewirken kann, stellt er sich auf einmal auf die Seite der Opposition. Dazu die Zitate des Tages.
Was hilft das den Demokraten im Iran? Jetzt gar nichts mehr. Aber es hilft dem Präsidenten Obama, im Einklang mit der Öffentlichen Meinung in seinem Land zu bleiben. Wie das ein Opportunist eben braucht.
Aber hätte denn eine Festlegung für die Opposition dieser nicht geschadet, weil sie als Einmischung der USA aufgefaßt worden wäre? Dazu hat gestern ein Exiliraner in CNN etwas angemerkt: Wieso hat eigentlich niemand dieses "Argument" vorgetragen, als es darum ging, das rassistische Regime in Südafrika anzuprangern?
Die Wahrheit ist, daß eine Verurteilung durch die Weltmeinung noch jedem totalitären Regime geschadet hat. Und dazu hätte Obama Entscheidendes beitragen können.
Zitat von Washington PostObama signaled earlier this year that he recognized the current ruling structure of Iran and hoped to seek a dialogue with officials close to the country's supreme leader, Ayatollah Ali Khamenei.
Diese Herrschaftsstruktur, die Obama anerkennt, und diese Verantwortlichen, mit denen Obama gern einen Dialog führen will, sind jetzt in Gefahr. Kein Wunder, daß das Obama nicht freut.
Es wird immer deutlicher, daß seine Außenpolitik ein ganz anderes Fundament hat als die von Präsident Bush. Dieser war überzeugt, daß nur eine Demokratisierung einer Region Frieden bringen kann und daß dies letztlich den Interessen des Westens dient. Obama interessiert sich offenbar nicht für die inneren Zustände in einem Land. Er will mit denen verhandeln, die die Macht haben; egal, ob es Demokraten sind oder blutige Tyrannen.
Anders gesagt: Der vielgescholtene Bush hat eine moralisch begründete Politik betrieben, in der Tradition der USA. Obama betreibt reine Machtpolitik. Deshalb sein Desinteresse an Osteuropa, deshalb seine kühle Haltung gegenüber Israel, deshalb seine Bereitschaft, mit einer Diktatur wie der persischen gute Beziehungen zu pflegen.
Und noch ein bemerkenswerter Satz aus dem Artikel in der Washington Post:
Zitat von Washington PostU.S. officials say Obama is intent on calibrating his comments to the mood of the hour.
Ja, so ist es. Das Chamäleon paßt sich der Farbe seiner jeweiligen Umgebung an.
ich habe auch an das Beispiel Südafrika gedacht und zunächst dazu tendiert, Obamas Zurückhaltung zu verurteilen. Inzwischen habe ich aber meine Ansicht geändert. Ich glaube jetzt, dass eine frühe entschiedene Stellungnahme Obamas für die Opposition im Iran dieser tatsächlich eher geschadet hätte, weil die USA leider noch immer bei der Mehrheit der Iraner kein hohes Ansehen genießen, ganz im Gegenteil. Die Ursachen sind allgemein bekannt (Rolle beim Sturz Mossadeghs, Unterstützung des Schah). Dazu kommt der große kulturelle Abstand. Unter diesen Umständen ist für mich nicht zu erkennnen, welche positive Rolle eine entschiedene Stellungnahme Obamas im Iran hätte haben können. Selbst die Mehrheit der Demonstranten hält sicherlich wenig von den USA. Zwischen Regime und Opposition schwankende Teile der Bevölkerung wären womöglich der unvermeidlichen Propaganda auf den Leim gegangen, dass die USA der eigentliche Motor der Protestbewegung gewesen wären. Ich denke deshalb, dass sich Obama, was immer seine Beweggründe gewesen sein mögen, in diesem Fall richtig verhalten hat.
Daraus will ich keine allgemeine Regel machen. Beispielsweise gibt es in Osteuropa meines Wissens eine viel größere Sympathie für die USA, und eine starke Unterstützung z. B. für die Demokraten in Weißrussland gegen Lukaschenka kann tatsächlich helfen. Dasselbe gilt für viele Länder Afrikas, in denen die USA laut Meinungsumfragen als Freund gesehen werden. Im Iran ist das leider definitiv z. Zt. nicht der Fall. In Südafrika lagen die Dinge gänzlich anders als im Iran. Es gab (von schwachen Minderheiten abgesehen) eine verglechsweise klare Frontstellung Schwarz-Weiß und Schwarz war jede Unterstützung gegen Weiß recht.
Ich würde meine Meinung überdenken, wenn aus der iranischen Opposition selbst repräsentative Stimmen zu hören wären, die Obamas Verhalten kritisieren. Haben Sie von solchen Äußerungen gehört?
Ich bin ausgesprochen verwundert von diesen auf den zweiten Blick rein moralischen Vorwürfen. Ist es verwunderlich dass das gewählte Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten nicht so hemmungslos die Moralkeule schwingen kann wie ein Senator? Welchen vernünftig betrachteten Sinn hat es, Vorwürfe gegen Obama zu erheben die nicht auf realen Handlungen von ihm basieren sondern entweder rein moralisch sind (er hat sich nicht geäußert obwohl er die moralische Pflicht dazu gehabt hätte und weil frühere Präsidenten wie Präsident Bush stets moralisch völlig integer gehandelt haben, ist das unzumutbar für einen Präsidenten) oder einzig und allein auf der in Frage stellbaren Annahme fußen, dass eine Äußerung Obamas den Lauf der Geschichte im Iran ausschießlich positiv hätte verändern können. In der deutschen Presse war zu lesen, dass die Zurückhaltung Obamas, zu den Protesten eindeutig Stellung zu beziehen, von Protestierenden positiv beurteilt wurde, weil so den Mullahs kein Vorwand geliefert wurde, die Proteste als vom Erzfeind USA gesteuert hinzustellen. Ob das die Meinung der Mehrheit war weiß ich nicht.
Ich möchte meine Stellungnahme von heute vormittag noch um einen Punkt ergänzen. Gerade habe ich im "Presseclub" der ARD von Katajun Amirpur eine Forderung gehört, die ich unterstützenswert finde. Die meisten europäischen Staaten haben nämlich heute viel eher als die Amerikaner Möglichkeiten, auf die Entwicklung im Iran einen positiven Einfluss zu nehmen, da weniger historischer Ballast und darum weniger Antipathien im Iran im Weg sind. Das Regime versucht natürlich, auch Proteste aus dieser Weltregion als "imperialistische Einmischung" mit finsteren Zielen zu diskreditieren, was ihm aber relativ schwer fallen dürfte, vor allem, wenn der Protest aus Deutschland kommt. Gerade unsere Regierung kann und sollte darum deutlich mehr als bisher für die Demokratiebewegung im Iran tun und braucht auch nicht so zurückhaltend zu urteilen, wie das für den Präsidenten der USA empfehlenswert ist.
Zu viel Hoffnung sollte man auf europäischen Einfluss allerdings auch nicht setzen, denn nicht nur der historische Ballast, sondern auch das politische Gewicht etwa Deutschlands ist natürlich ungleich geringer als das der USA.
Die (bis jetzt) positive Einstellung zu den USA in vielen ostruropäischen Ländern rührt ja gerade daher, dass Demokraten sich von ir (anders als von unseren Sozen & Co.) Unterstützung erhoffen konnten.
str1977
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21.06.2009 14:20
#7 RE: Zitate des Tages: Obamas beschämendes Verhalten
Ich bin nun wirklich nicht als Obamaniac bekannt und erwarte von seiner Regierungsarbeit noch viele schlimme Dinge, die wir dann über Jahrzehnte auslöffeln dürfen.
Aber wo er recht hat, hat er recht. So groß sind die Unterschiede der beiden Kandidaten wirklich nicht. Insbesondere nicht in der für uns relevanten Atomfrage.
(Zu behaupten, es gäbe gar keine wäre natürlich absurd, aber das sagt O. ja auch nicht. Das schiebt ihm Senator McCain nur unter.)
Um Feindschaft zu der bösen Theokratie (die es in Sachen Demokratie aber die meisten muslimisch-nahöstlichen Staaten übertrifft und es mit den Menschenrechten ebenso ernst hält wie die Türkei) geht es bei den beiden Kandidaten ja gar nicht. Sie haben nur unterschiedliche Auffasungen über deren Ausgestaltung - so wie es Banisadr und Khamenei damals auch hatten.
Was die Unterstützer Massuwis angeht, mag es natürlich anders aussehen. Er sammelt bestimmt die gesamte, auch die fundamentale Opposition um sich, was ihm wahlkampftechnisch recht war, inhaltlich aber eher unangenehm.
Und was die Feindschaft zu Amerika angeht: Herrn Krauthammer mag das interessieren und die Amerikaner auch. Nur spielt es für die Unterscheidung der beiden Kandidaten keine Rolle. Und schon gar nicht dafür, wer denn nun gewählt ist. Denn Amerikafreundschaft ist keine Pflicht für die Regierenden der Welt.
Ob die Wahlen gefälscht waren, weiß ich nicht. Ich halte es für möglich. Aber das viele hier im Westen gleich davon ausgehen, ist in der Tat Wunschdenken. Da im demokratistischen Dogma "das Volk" ja "gut" ist, kann "das Volk" ja keinen Bösen wählen (seltsamerweise hat es das vor vier Jahren doch schon mal getan?) und deshalb kann es nur gefälscht sein. Das kennen wir doch zur Genüge: so war es bei der letzten mexikanischen Präsidentschaftswahl oder bei der polnischen Parlamentswahl (bei beiden führte der DLF Wahlkampf per Berichterstattung), bei Frankreich (Pfui Sarkozy!) und Italien (Quod licet Clinton, not licet Berlusconi) und last but not least bei Bush vs. Gore 2000 (und hätte nicht der Weltenretter die letzte Wahl gewonnen, hätten wir es nun auch wieder). Ob es uns gefällt oder nicht: Achmadinejad, der einfache Mann aus dem Volk, hat nun mal durchaus seine Anhänger.
PS. Und das letzte was die iranische Opposition braucht ist der öffentliche Zuspruch aus Amerika. Will man dieses kleine Pflänzchen denn schon im Keim abtöten?
PPS. Was die Freitagspredigt angeht - Khamenei hat da ja nur die Wahl, entweder für den einen oder anderen Partei zu ergreifen. Ein neutrales "Wählen wir halt noch mal" gibt es in Ganz- und Halb-Demokratien halt nicht; es gibt nur ein Neuwahl wegen Wahlfälschung (die aber erstmal belegt gehört) - was aber den Wahlfälscher Achmadinejad dann für den erneuten Urnengang disqualifiziert - oder eine Bestätigung des Ergebnisses wegen korrekter Wahl. Und im Zweifelsfall gilt letztere Option. Von den Sympathien des Revolutionsführers mal ganz abgesehen.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
The business of Progressives is to go on making mistakes. The business of the Conservatives is to prevent the mistakes from being corrected. (G.K. Chesterton)
Die gestrigen Äußerungen Mussawis zum islamischen Regierungssystem lassen Obamas Einschätzung ziemlich realistisch aussehen. Da Mussawi das Placet des "Wächterrats" bekommen hat welches ein wirklicher Oppositionskandidat wohl nicht bekommen hätte und auch aufgrund seiner Vergangenheit als Ministerpräsident und Außenminister erwecken in mir eher den Eindruck er wäre, ähnlich wie Gorbatschow, ein Getriebener der Verhältnisse.
Man könnte auch zu dem Schluss kommen, Zurückhaltung sei momentan das Beste, was Obama zugunsten der Opposition im Iran leisten kann, denn eine Parteinahme brächte diese sofort in den Verdacht, von außen gesteuert zu sein und schweißte die Reihen der z.T. zerstrittenen Herrscherclique wieder zusammen.
Übrigens sehe ich das nicht so, dass die Außenpolitik der USA "traditionell" moralisch gesteuert sei. Es gibt da immer wieder unterschiedliche Phasen. Und selbst bei Bush jr. kann man nicht wirklich davon reden. Flammende Aufrufe zum Sturz der Diktatur Saudi-Arabiens sind mir jedenfalls von ihm nicht überliefert.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
str1977
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21.06.2009 14:34
#10 RE: Zitate des Tages: Obamas beschämendes Verhalten
Zitat von ZettelUnd hier eine Verteidigung der Politik von Obama.
Darin dieser bemerkenswerte Satz:
Zitat von Washington PostObama signaled earlier this year that he recognized the current ruling structure of Iran and hoped to seek a dialogue with officials close to the country\'s supreme leader, Ayatollah Ali Khamenei.
Diese Herrschaftsstruktur, die Obama anerkennt, und diese Verantwortlichen, mit denen Obama gern einen Dialog führen will, sind jetzt in Gefahr. Kein Wunder, daß das Obama nicht freut.
Nein. Wenn diese Strukturen wirklich stürzen würden, dann wäre das kein Problem.
Aber wenn man mit jemandem Dialog führen will, dann wäre es reichlich dumm, deren Sturz auch noch zu betreiben.
Ganz abgesehen davon, daß generell die Regierenden eines Landes sich aus den Wahlen eines anderen raushalten sollten. Immer!
PS. Worin besteht eigentlich die in ZR erwähnte nachträgliche Parteinahme für die schon geschlagene Opposition?
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
The business of Progressives is to go on making mistakes. The business of the Conservatives is to prevent the mistakes from being corrected. (G.K. Chesterton)
Zitat von Abrahamich habe auch an das Beispiel Südafrika gedacht und zunächst dazu tendiert, Obamas Zurückhaltung zu verurteilen. Inzwischen habe ich aber meine Ansicht geändert. Ich glaube jetzt, dass eine frühe entschiedene Stellungnahme Obamas für die Opposition im Iran dieser tatsächlich eher geschadet hätte, weil die USA leider noch immer bei der Mehrheit der Iraner kein hohes Ansehen genießen, ganz im Gegenteil.
Stimmt das? Können wir es denn wissen? Könnte es nicht auch sein, daß viele Iraner auf die USA ihre Hoffnungen setzen, einmal so frei zu leben wie, sagen wir, die Menschen im Irak?
Ich weiß es nicht. Jedenfalls möchte ich die Selbstverständlichkeit ein wenig problematisieren, mit der angenommen wird, daß Zuspruch aus den USA der Opposition geschadet hätte.
Weiter: Hat nicht Obama in seiner Kairoer Rede sich kräftig in den Nahen Osten eingemischt? Er hat ausführlich davon gesprochen, daß er die Beziehungen zu den Moslems verbessern will, daß er aber Extremismus ablehnt. Jetzt hatte er eine Woche Zeit, das konkret zu machen. Er hat es nicht getan.
Drittens: Hätte er geschwiegen, wäre das ja vielleicht akzeptabel gewesen. Aber indem er behauptet hat, daß es zwischen Ahmadinedschad und Mussawi keinen großen Unterschied gebe, hat er sich ja eingemischt, und zwar massiv. Er hat der Opposition mitgeteilt, daß sie aus Sicht der USA keinen Grund hat, Leben, Gesundheit und Freiheit aufs Spiel zu setzen für einen Wechsel, der doch keiner wäre.
Die einzige rationale Erklärung, die ich sehe, ist, daß Obama am Fortbestand des Regimes interessiert ist. Es ist eine feste Größe in seinem Kalkül für den Nahen Osten, das ja vor allem gegen Israel gerichtet ist.
Und viertens schließlich: Warum äußert sich Obama denn jetzt auf einmal so viel massiver? Jetzt, wo es zu spät ist? Wo seine Intervention den Konflikt nur noch verschärfen kann?
Kennen Sie dafür, lieber Abraham, einen außenpolitischen Grund? Ich kann keinen sehen. Aber in der Innenpolitik wäre Obama zunehmend in Schwierigkeiten geraten, wenn er sich jetzt nicht geäußert hätte. Das meine ich mit Opportunismus.
Krauthammer ist ein Meister der Zuspitzung, den zu lesen ich mir selten entgehen lasse. Aber Ihr ständiges krauthammering Obama, lieber Zettel, finde ich ehrlich gesagt auf die Dauer etwas einseitig, um nicht zu sagen eintönig. Diesmal leiten Sie aus seiner Kritik ein rein gesinnungsethisch fundiertes Verdikt ab. Ich renne bei Ihnen gewiß offene Türen ein, wenn ich daran erinnere, daß ein Präsident auch die Folgen seiner Handlungen - also auch seiner Worte - bedenken muß. Daß dies auch gerade in der gegenwärtigen Irankrise gilt, zeigen die bedenkenswerten Argumente demokrarischer Senatoren, die unter http://thehill.com/leading-the-news/iran...2009-06-20.html zusammengefaßt sind. Herzlich, Rembert
Zitat von MarriexDie (bis jetzt) positive Einstellung zu den USA in vielen ostruropäischen Ländern rührt ja gerade daher, dass Demokraten sich von ir (anders als von unseren Sozen & Co.) Unterstützung erhoffen konnten.
Ja, eben, lieber Marriex, konnten. Nämlich unter Präsident Bush, für den Freiheit etwas bedeutete. Der auch in der gemeinsamen europäisch-amerikanischen Kultur verankert war.
Obama, in Hawaii und Indonesien aufgewachsen, richtet den Blick nach Asien. Ihn interessiert der Nahe Osten, Afghanistan, die moslemische Welt.
Gegen die russische Expansionspolitik wird er keinen Finger rühren. Im Gegenteil: Rußland interessiert ihn insofern, als es die terrestrischen Nachschubwege nach Afghanistan kontrolliert. Also wird er ihm Zugeständnisse dafür machen, daß es das weiter tut.
Zitat von RembertKrauthammer ist ein Meister der Zuspitzung, den zu lesen ich mir selten entgehen lasse. Aber Ihr ständiges krauthammering Obama, lieber Zettel, finde ich ehrlich gesagt auf die Dauer etwas einseitig, um nicht zu sagen eintönig.
Ja, wenn Sie ihn schon gelesen haben, dann ist es natürlich langweilig, das nochmal in ZR zu lesen, lieber Rembert.
Gewiß, Krauthammer ist einseitig; das ist der Job eines Kolumnisten. Ich lese ihn gern, weil er (fast) immer intelligent schreibt, ein Thema aus einem neuen Aspekt sieht, glänzend formuliert. Nicht umsonst galt er als der einflußreichste amerikanische Publizist; heute wohl eher nicht mehr.
Und schauen Sie, lieber Rembert - auch in ZR sehe ich meinen Job ähnlich wie den eines Kolumnisten. Ich versuche, das zu schreiben, was nicht schon überall zu lesen ist. Ich spitze oft auch zu.
Wochentags lesen täglich ungefähr 800 Menschen ZR; manchmal mehr, am Wochenende vielleicht 600. Die meisten lesen vermutlich nicht die Washington Post. Für sie schreibe ich; und ich vermute, daß die meisten ganz gern lesen, was Charles Krauthammer da wieder zugespitzt hat.
Und ich bin noch dazu meist mit dem einverstanden, was Krauthammer schreibt. Es ist ihm zB mit Obama so gegangen wie mir: Ich hatte zunächst eine eher positive Meinung von ihm, bis ich mir eine Veranstaltung nach der anderen angesehen und gemerkt habe, mit welchen demagogischen Mitteln er operiert.
Zitat von Rembert Diesmal leiten Sie aus seiner Kritik ein rein gesinnungsethisch fundiertes Verdikt ab. Ich renne bei Ihnen gewiß offene Türen ein, wenn ich daran erinnere, daß ein Präsident auch die Folgen seiner Handlungen - also auch seiner Worte - bedenken muß.
Nein, lieber Rembert, ich argumentiere nicht gesinnungsethisch. Das tut freilich Obama ständig, der ja bekanntlich angetreten ist, die Welt heil zu machen.
Max Weber hat am Ende seines Vortrags sinngemäß gesagt, daß auch der Verantwortungsethiker letztlich eine Gesinnungsthik brauche. Natürlich gilt das für einen amerikanischen Präsidenten.
Obama muß sich an den Folgen dessen orientieren, was er sagt und tut. Aber welche Folgen wünschenswert sind und welche nicht - das ist eine gesinnungsethische Beurteilung.
Wenn ich Obamas Iranpolitik nicht völlig falsch verstehe, dann basiert sie auf der Hinnahme und Anerkennung des jetzigen Regimes. Mit ihm will Obama politisch ins Geschäft kommen. Oppositionelle stören da nur; also hat er nichts getan, ihnen zu helfen.
Das ist eine verantwortungsethische Entscheidung, weil Obama sich an der Folge seines Handelns orientiert - er will offensichtlich, daß die Mullahs an der Macht bleiben.
Aber daß er das will, ist eine gesinnungsethische Entscheidung. Anders als die Politik Präsident Bushs ist Obamas Außenpolitik - soweit ich das beurteilen kann - frei von einer moralischen Grundlage. Ihn interessiert nicht die Freiheit Osteuropas, nicht die Sicherheit Israels. Er war 2007 bereit gewesen, auf dem Höhepunkt der Gewalt im Irak diesen seinem Schicksal zu überlassen.
Was also strebt er an? Soweit ich sehe, ein Machtkartell zwischen den USA und dem islamischen Block; zum gegenseitigen Nutzen.
Herzlich, Zettel
PS: Übrigens tritt die Außenminsterin auch in dieser Krise wieder kaum in Erslcheinung. Welch ein Gegensatz zu Condoleezza Rice! Ich bin gespannt, wie lange Hillary Clinton die proislamische Politik Obamas noch mitträgt.
Zitat von OmniIch bin ausgesprochen verwundert von diesen auf den zweiten Blick rein moralischen Vorwürfen. Ist es verwunderlich dass das gewählte Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten nicht so hemmungslos die Moralkeule schwingen kann wie ein Senator?
Moralkeule? Hemmungslos? Sie meinen doch nicht die ruhigen Anmerkungen von John McCain?
Zitat von OmniWelchen vernünftig betrachteten Sinn hat es, Vorwürfe gegen Obama zu erheben die nicht auf realen Handlungen von ihm basieren sondern entweder rein moralisch sind (er hat sich nicht geäußert obwohl er die moralische Pflicht dazu gehabt hätte und weil frühere Präsidenten wie Präsident Bush stets moralisch völlig integer gehandelt haben, ist das unzumutbar für einen Präsidenten) oder einzig und allein auf der in Frage stellbaren Annahme fußen, dass eine Äußerung Obamas den Lauf der Geschichte im Iran ausschießlich positiv hätte verändern können.
Dazu, lieber Omni, habe ich gerade in meiner Antwort an Rembert etwas geschrieben.
Zitat von OmniIn der deutschen Presse war zu lesen, dass die Zurückhaltung Obamas, zu den Protesten eindeutig Stellung zu beziehen, von Protestierenden positiv beurteilt wurde, weil so den Mullahs kein Vorwand geliefert wurde, die Proteste als vom Erzfeind USA gesteuert hinzustellen. Ob das die Meinung der Mehrheit war weiß ich nicht.
Ich auch nicht. Niemand weiß es; es gibt ja im Iran keine Umfragen. Schon gar nicht läßt sich das, was "die Menschen" denken, in einer solchen aufgeregten Situation wie im Augenblick beurteilen.
Die Frage ist, was Obama will. Will er einen Umsturz im Iran? Oder will er sich mit dem Regime arrangieren? Mir scheint, sein Verhalten spricht für die zweite Alternative.
leider liegen mir keine Umfrageergebnisse zur Haltung der Iraner zu den USA vor. In einer Studie des Pew-Instituts vom Juni 2007 hatten beispielsweise nur 21% der Ägypter, 15% der Marokkaner, 13% der Palästinenser und 9% der Türken eine gute Meinung von den USA. Warum sollten die Ansichten der Iraner positiver sein? Die Revolution war explizit antiamerikanisch. Die Botschaftsbesetzer galten als Volkshelden. Der Krieg gegen den Irak, bei dem die USA auf der Seite Saddam Husseins standen, hat sicherlich auch keine Sympathie für dieses Land geweckt. Summa summarum: ich kann es nicht beweisen, aber es scheint mir zumindest sehr wahrscheinlich, dass die USA im Iran unbeliebt sind. Eine sehr energische Intervention des amerikanischen Präsidenten gleich zu Beginn der Protestbewegung hätte deshalb einen überwiegend negativen Effekt gehabt.
Als kräftige Einmischung würde ich Obamas Kairoer Rede auch nicht bewerten. Wäre seine Rede in der islamischen Welt so verstanden worden, hätte es sicher massive Widersprüche gegeben, was (abgesehen von Al Qaida) nicht der Fall war. Und selbst wenn diese Rede eine ungeschickte Einmischung gewesen wäre, würde das an meinem Urteil über Obamas Iran-Politik nichts ändern.
Zum dritten Punkt. Obama sagte: "Although there is amazing ferment taking place in Iran, the difference between Ahmadinejad and Mousavi in terms of their actual positions may not be as great as has been advertised," Obama told CNBC on Tuesday. "We've got long-term interests in having them not weaponize nuclear power and stop funding organizations like Hezbollah and Hamas. And that would be true whoever came out on top in this election." (http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/con...9061703850.html) Es ging ihm also um die Frage, ob sich an den genannten Punkten der Außenpolitik des Iran viel ändern würde, wenn Mussawi Präsident würde. So viel ich weiß, hat Mussawi in der Tat in dieser Hinsicht keine Änderungen angekündigt. Obama hat also nichts falsches gesagt. Er hätte allerdings meiner Ansicht nach hinzufügen sollen, dass der amerikanischen Regierung nicht gleichgültig sein kann, ob die Iraner wenigstens die bisherigen bescheidenen Rechte bei der Präsidentwahl behielten, unter den zugelassenen Kandidaten zu wählen. Insofern stimme ich Ihrer Kritik zu. Ich sehe aber keine Anzeichen dafür, dass diese Äußerung direkt an die Protestierenden im Iran gerichtet war oder dort großen Eindruck hinterlassen hat.
Daraus abzuleiten, dass Obama am Fortbestand von Achmadinedschads Regime interessiert ist, damit Druck auf Israel erhalten bleibt, finde ich nun weit überzogen. Es ist mir unbegreiflich, wie Sie aus so spärlichen Äußerungen so gewagte Schlussfolgerungen ableiten können. Iran unter Achmadinedschads Diktatur (das ist es ja wohl nach dieser "Wahl") soll Obama und der Führung der amerikanischen Demokraten lieber sein als eine auf bescheidene Reformen und vielleicht etwas weniger aggressive Außennpolitik oriente iranische Regierung? Das glaube ich nie und nimmer.
Wenn sich Obama jetzt schärfer äußert, gibt es dafür zwei Erklärungen. Entweder reagiert er damit tatsächlich auf innenpolitischen Druck oder er geht davon aus, dass er sich nun lange genug zurückgehalten hat, so dass im Iran niemand glaubwürdig sein Engagement als Beweis für eine amerikanische Fernsteuerung der Proteste nutzen kann. Wie auch immer, ich halte es für objektiv nützlicher, dass er sich zunächst zurückgehalten hat und sich erst jetzt lauter und deutlicher äußert.
Tut mit Leid, lieber Zettel, aber diesmal kann ich Ihre Ansichten nicht teilen.
Zitat von AbrahamTut mit Leid, lieber Zettel, aber diesmal kann ich Ihre Ansichten nicht teilen.
Was ja gut ist, lieber Abraham. Wie kommen wir sonst zu einer interessanten Diskussion?
Zitat von Abraham In einer Studie des Pew-Instituts vom Juni 2007 hatten beispielsweise nur 21% der Ägypter, 15% der Marokkaner, 13% der Palästinenser und 9% der Türken eine gute Meinung von den USA. Warum sollten die Ansichten der Iraner positiver sein?
Das war auf dem Höhepunkt des Irakkriegs. Vor allem aber geht es jetzt ja um den Versuch, das Regime der Mullahs abzuschütteln. Da braucht man Unterstützung, Zuspruch, Verbündete. Auch wenn man mit vielem vielleicht nicht einverstanden ist.
Schauen Sie, als am Freitag Chamenei predigte, hatte sich die Regierung Obama wirklich extrem zurückgehalten. Dennoch war der ganze Tenor der Predigt, daß die Unruhen durch schmutzige Zionisten und ihre Helfershelfer ausgelöst worden seien. Allerdings hat Chamenei explizit nur die Briten genannt. Wie auch heute wieder die Europäer vom iranischen Regime kritisiert werden, die Amerikaner aber kaum.
Chamenei sieht offensichtlich Obama als zumindest keinen Gegner seines Regimes.
Zitat von Abraham Die Revolution war explizit antiamerikanisch. Die Botschaftsbesetzer galten als Volkshelden. Der Krieg gegen den Irak, bei dem die USA auf der Seite Saddam Husseins standen, hat sicherlich auch keine Sympathie für dieses Land geweckt.
Das ist jetzt 30 Jahre her. Die Träger der jetzigen revolutionären Bestrebungen sind überwiegend junge Leute, die damals allenfalls Kinder waren, viele noch gar nicht geboren. Könnte es nicht sein, daß sie sich längst am Westen orientieren - seiner Freiheit, seinem Wohlstand?
Zitat von AbrahamZum dritten Punkt. Obama sagte: "Although there is amazing ferment taking place in Iran, the difference between Ahmadinejad and Mousavi in terms of their actual positions may not be as great as has been advertised," Obama told CNBC on Tuesday. "We've got long-term interests in having them not weaponize nuclear power and stop funding organizations like Hezbollah and Hamas. And that would be true whoever came out on top in this election." (http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/con...9061703850.html)
Es ging ihm also um die Frage, ob sich an den genannten Punkten der Außenpolitik des Iran viel ändern würde, wenn Mussawi Präsident würde. So viel ich weiß, hat Mussawi in der Tat in dieser Hinsicht keine Änderungen angekündigt. Obama hat also nichts falsches gesagt.
Aber er hat nun einmal den Eindruck erweckt, es sei den USA gleichgültig, wer Sieger der Wahl sei. Ob Mussawi übrigens als Präsident die Unterstützung von Hamas und Hisbollah fortgesetzt hätte, ist keineswegs sicher.
Zitat von AbrahamDaraus abzuleiten, dass Obama am Fortbestand von Achmadinedschads Regime interessiert ist, damit Druck auf Israel erhalten bleibt, finde ich nun weit überzogen. Es ist mir unbegreiflich, wie Sie aus so spärlichen Äußerungen so gewagte Schlussfolgerungen ableiten können. Iran unter Achmadinedschads Diktatur (das ist es ja wohl nach dieser "Wahl") soll Obama und der Führung der amerikanischen Demokraten lieber sein als eine auf bescheidene Reformen und vielleicht etwas weniger aggressive Außennpolitik oriente iranische Regierung? Das glaube ich nie und nimmer.
Das weiß ich ja auch nicht. Jedenfalls hat Obama auf einen Ausgleich mit dem Regime in Teheran gesetzt, um den Friedensplan des saudischen Königs Abdallah realisieren zu können, hinter dem er steht.
In Antwort auf: Das ist eine verantwortungsethische Entscheidung, weil Obama sich an der Folge seines Handelns orientiert - er will offensichtlich, daß die Mullahs an der Macht bleiben.
Aber daß er das will, ist eine gesinnungsethische Entscheidung. Anders als die Politik Präsident Bushs ist Obamas Außenpolitik - soweit ich das beurteilen kann - frei von einer moralischen Grundlage. Ihn interessiert nicht die Freiheit Osteuropas, nicht die Sicherheit Israels. Er war 2007 bereit gewesen, auf dem Höhepunkt der Gewalt im Irak diesen seinem Schicksal zu überlassen.
Was also strebt er an? Soweit ich sehe, ein Machtkartell zwischen den USA und dem islamischen Block; zum gegenseitigen Nutzen.
... lieber Zettel, in folgendem Artikel haben sie vor einiger Zeit mal auf die Unlogik in einer Äußerung unseres Wirtschaftsministers hingewiesen http://zettelsraum.blogspot.com/2009/05/...rnographie.html Was sie in diesem Statement an den Tag legen ist meiner Meinung nach in analoger Weise unlogisch. Aus der nicht stattgefundenen Parteinahme für die Opposition im Iran schließen sie, dass "offensichtlich" Präsident Obama für die Gegner der Opposition sei, genauso wie Guttenberg aus dem Widerstand gegen eine Internetsperre suggierierend eine Parteinahme für Kinderpornographie ableitet. Das ist keine logische Schlussfolgerung.
ich habe gerade ein bisschen im Internet nach Informationen über die Haltung der iranischen Bevölkerung zu den USA gesucht. Für mich ist das wie gesagt der wichtigste Punkt. Ist die große Mehrheit der Bevölkerung antiamerikanisch, konnte eine entschiedene Stellungnahme des amerikanischen Präsidenten für die Oppositionsbewegung in einem frühen Stadium der Krise nur kontraproduktiv sein. Ist eher von einer proamerikanischen Tendenz der Bevölkerung auszugehen, ist Obamas Politik zu verurteilen (er hat sicher weit bessere Informationsquellen zur Verfügung als wir - Unwissenheit kann ihn nicht entschuldigen). Bisher bin ich von einer vorherrschenden antiamerikanischen Tendenz ausgegangen. Jetzt habe ich zwar auch leider keine Aussagen über die aktuelle Einstellung der Iraner gefunden, aber sehr interessante Informationen über die Ansichten vor dem Irak-Krieg:
"Die Unterstützung der USA für das Schah-Regime ist nicht vergessen – dennoch ist die iranische Bevölkerung heute sicherlich bei weitem die amerikafreundlichste der islamischen Welt. Ironischerweise provoziert gerade die Amerika-Feindschaft der Herrschenden den Gegenausschlag der Volksmeinung. Vor allem bei jüngeren Leuten – und 70 Prozent des iranischen Volkes sind jünger als 30 Jahre – hört man wenig Amerika-Kritik. Im Gegenteil! Amerika übt eine enorme Anziehungskraft aus." (Katajun Amirpur in DIE ZEIT, 2002: http://www.zeit.de/2002/48/Iran?page=1).
"Während der Schlachtruf "Tod Amerika" immer noch die Propagandaveranstaltungen des Regimes ziert, haben sich in einer Umfrage 70 Prozent der Iraner zu ihren Sympathien für Amerika bekannt. Der Grund dafür ist nicht, dass die USA in Iran besonders segensreich wirken. Vielmehr ist die Sympathie für die USA zunächst nur eine unspezifische Form der Opposition gegen das Regime. Sind die USA aber einmal als das positive Gegenbild zum Regime etabliert, bleibt es nicht aus, dass gerade die jungen Leute sich auch inhaltlich an den USA orientieren." (Stefan Weidner in der taz, 2003)
Diese Fakten sind neu und überraschend für mich. Vielleicht habe ich mich von dem von den Vertretern des Regimes zur Schau getragenen Antiamerikanismus blenden lassen. Im Licht dieser Informationen erscheint es mir gut möglich, dass die Stimmung heute nicht anders ist als vor dem Irak-Krieg. Ich werde weiter nach Hinweisen zur heutigen Einstellung der iranischen Bevölkerung suchen. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich mich bisher geirrt hätte und Sie Recht gehabt hätten. Einiges spricht dafür.
Lieber Zettel, übrigens hat Kissinger die Haltung Obamas unterstützt. http://www.huffingtonpost.com/2009/06/19...i_n_217778.html Anscheinend ist er in der Praxis den Real- und Machtpolitikern nächer als man bei seiner Wahlkampfrhetorik vermuten würde. Ich mag den Mann auch nicht, aber er muss ja den Fall bedenken, dass diese Revolution nicht klappt. Ich finde auch das Argument erwägenswert, die derzeitigen Probleme des Regimes seien darauf zurückzuführe, dass die Kriegsdrohung vom Tisch ist. Nur weil die Appeaser so argumentieren, muss es ja nicht gleich immer falsch sein. Davon abgesehen: Moussavi möchte das System vielleicht nur reformieren, es ist aber mE nicht reformierbar, weil es auf einem Absolutheitsanspruch ruht. Da heißt es entweder oder. Davon abgesehen: Ich bin mir nicht sicher, wie genau die Strömungen der Protest- bewegung sind. Ich habe vor Jahren mal ein Buch von Bahman Nirumand über die Chomeini-Revolution gelesen ("Hinter den Gittern verdorren die Blumen"). Über den Autor kann man geteilter Meinung sein. Aber ich habe darin viel über den Ablauf von Revolutionen gelernt. Damals versuchten die Intellektuellen, sich mit den Islamisten zu verbünden. Man wollte sich sozusagen ihren Fanatismus und ihre Muskelkraft zu Nutze machen. Das ist dann bekanntermaßen nach hinten losgegangen. Könnte es vielleicht sein, dass heute wieder irgendwelche Fanatiker mitmischen bzw. es sich zT auch um einen inner-islamistischen Konflikt handelt? Die Farbe der Demonstranten ist grün, also auch die Farbe des Islams. Sie rufen wohl zT "Allahu Akbar". Ich weiß zwar, dass das auch eine Reminiszenz an die vorige Revolution sein soll, aber trotzdem. Gestern wurde offenbar ein Selbstmordattentat auf das Mausoleum von Chomeini verübt. SOLLTE das stimmen:Welche Bewegung hat solche Anhänger? Viele Grüße, Chripa
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21.06.2009 22:26
#22 RE: Zitate des Tages: Obamas beschämendes Verhalten
Okay. Danke. Aus dem Beitrag in ZR ging das nämlich nicht hervor.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
The business of Progressives is to go on making mistakes. The business of the Conservatives is to prevent the mistakes from being corrected. (G.K. Chesterton)
Wieso, lieber Zettel, schwingen Sie derart die Moralkeule und nennen Obamas Verhalten "beschämend"? Verzerrt seine Äußerung, er könne keine so großen Unterschiede zwischen A. und M. erkennen, etwa die Wahrheit, wider besseres Wissen? Abraham, mit dem ich vollkommen übereinstimme, hat vorhin zur Außenpolitik das Nötige gesagt. Auf ZEIT-online lese ich zudem, daß sich M. ausdrücklich zur islamischen Republik bekennt. Krauthammers Behauptung, "the demonstrators are fighting on their own, but they await just a word that America is on their side", verdient da schon erheblich mehr Zweifel, und zwar nicht nur im Hinblick auf ihren Wahrheitsgehalt. Denn seine argumentative Zuspitzung bedeutet - berücksichtigt man die Äußerungen republikanischer Politiker - faktisch eine politische Zuspitzung, und zwar ohne Rücksicht auf die daraus erwachsenen konkreten Gefahren für die iranische Oppositionsbewegung. Oder sollte Amerika intervenieren, wenn die Demonstranten, ermutigt vom Präsidenten der Vereinigten Staaten, zusammengeschossen würden? Die potentiellen politischen Folgen bleiben bei Ihnen, lieber Zettel, außer Betracht, weil Sie Krauthammers - vermeintlich - moralische Position zum Nennwert nehmen. Das meine ich, wenn ich Ihre Kritik an Obama vorhin als "gesinnungsethisch" bezeichnet habe. Von Max Weber, in dessen Vortrag ich nochmal hineingeschaut habe, fühle ich mich dabei nicht eines Besseren belehrt. Herzlich, Rembert
Zitat von RembertWieso, lieber Zettel, schwingen Sie derart die Moralkeule und nennen Obamas Verhalten "beschämend"?
Schon wieder die Keule!
Wo kommt diese Metapher von der "Moralkeule" eigentlich her? Ich weiß nicht, ob Walser sie geprägt oder schon vorgefunden hat; jedenfalls war das ein spezifischer, ein sehr spezifischer Kontext.
Zitat von Rembert Die potentiellen politischen Folgen bleiben bei Ihnen, lieber Zettel, außer Betracht, weil Sie Krauthammers - vermeintlich - moralische Position zum Nennwert nehmen. Das meine ich, wenn ich Ihre Kritik an Obama vorhin als "gesinnungsethisch" bezeichnet habe. Von Max Weber, in dessen Vortrag ich nochmal hineingeschaut habe, fühle ich mich dabei nicht eines Besseren belehrt.
Es ist, lieber Rembert, für mich offenbar schwer, deutlich zu machen, was ich meine.
Nein, ich lasse die potentiellen politischen Folgen nicht außer Betracht. Nein, ich sehe bei Krauthammer überhaupt keine moralische, sondern eine politische Position; und diese teile ich allerdings.
Lesen Sie bitte einmal diesen Artikel in der NYT vom 1. November 2007. Darin wird über ein "stundenlanges" Interview mit dem damaligen Senator - und bereits Präsidentschaftskandidaten - Barack Obama berichtet. Auszüge (Hervorhebungen von mir):
Zitat von New York Times Senator Barack Obama says he would "engage in aggressive personal diplomacy” with Iran if elected president and would offer economic inducements and a possible promise not to seek "regime change" if Iran stopped meddling in Iraq and cooperated on terrorism and nuclear issues. (...)
“We are willing to talk about certain assurances in the context of them showing some good faith,” he said in the interview at his campaign headquarters here. “I think it is important for us to send a signal that we are not hellbent on regime change, just for the sake of regime change, but expect changes in behavior. And there are both carrots and there are sticks available to them for those changes in behavior.”
Die damals angekündigte Politik setzt Obama jetzt um. Gut möglich, daß er über diplomatische Kanäle den Machthabern im Iran längst die Garantie gegeben hat, er werde ihr Regime nicht zu stürzen versuchen. Jedenfalls können sie damit rechnen, daß er sie stützt.
Nun kann man darüber streiten, ob es beschämend ist, wenn jemand, der ständig die Moral im Mund führt, eine blutige Dikatur respektiert und stützt; auch dann, wenn Demokraten verzweifelt versuchen, sie loszuwerden. Ich empfinde das als beschämend.
Das ist eine subjektive Wertung; darüber gibt es natürlich keine Diskussion. Jedem ist unbenommen, es großartig, in Ordnung oder was immer zu finden.
Danke, lieber Abraham, für diese informative Recherche!
So deutlich hätte ich es mir nicht vorgestellt. Mir war nur aufgefallen, daß bei Straßeninterviews von CNN, als diese noch möglich waren, sich einige Befragte amerikafreundlich geäußert hatten.
Übrigens hat sich ja auch im Irak die Stimmung sehr gewandelt; darüber haben wir kürzlich diskutiert. Dort ist jetzt die Mehrheit für die bestehende Demokratie; nur Minderheiten sind noch für einen islamischen Staat.
Falls der Irak weiter auf Erfolgskurs ist, dann wird sich der ganze Nahe Osten tiefgreifend wandeln. Man wird den Amerikanern vielleicht nicht unbedingt dankbar sein, aber man wird zumindest den Irak zum Vorbild nehmen. Das ist genau das, was Präsident Bush erreichen wollte.
Er hat es als Präsident nicht mehr erlebt, daß sich der Erfolg seine Politik eingestellt hat. Obama könnte jetzt davon profitieren - wenn er nicht alles kaputt macht, indem er (siehe meine Antwort an Rembert vor ein paar Minuten) den schlimmsten Diktatoren eine Überlebensgarantie gibt, statt die Politik des regime change fortzusetzen.
Nochmal Dank für die interessanten Funde - und, wenn Sie das erlauben, auch für Ihren gerade bei gegensätzlichen Meinungen fairen Diskussionsstil.
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