In Antwort auf:Ein Bauwerk, daß auf seine Wirkung im Aquarellentwurf optimiert ist
wenn's nur so wäre. das wurde erst gar nicht versucht.
Die Bilder, die ich bisher gesehen habe, waren gut optimiert. Da sah die Brücke gut aus. Blöderweise war das die blütenweise Konstruktion aus Hubschrauberperspektive in Aquarell gefaßt.
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Zitat von Zettel Wie konnte es passieren, daß man nicht eine ästhetisch geglückte Lösung für die Dresdner Brücke gefunden hat?
Zettel, das fragen wir uns hier auch. Die Antwort ist zu vielschichtig heute Nacht. (Ich bin vom und des Diskutierens so MÜDE.) Ganz gut haben es für mich die Süddeutsche und FAZ auf den Punkt gebracht: - schrankenlose Selbstverliebtheit - vorzeitige vergebene Bauaufträge (Lobbyismus) - gezielte Des-/Misinformation … I could go on.
Zitat von stefanolixDie Hässlichkeit des aktuellen Entwurfes liegt auch nicht im Material (Stahl, Beton), sondern in der Form.
Ich hatte das nicht für möglich gehalten. Fast alle heutigen architektonischen Lösungen sind doch gelungen.
Nö. Fast alle architektonischen Prestigeprojekte sind gelungen. Ok. Aber in der Alltagsarchitektur liegt vieles im Argen. Da wird das Bauhaus vergewaltigt, bis nur noch dreckig-fleckig-rostschmierige Betonwürfel mit Plastik und Zinkblech übrig sind. Daß da auch irgendwie Menschen leben sollen, ist doch eher nebensächlich.
Und das ist kein sozialistisches Phänomen. Meine Frau kann immer noch voller Wut erzählen, wie ihre Heimatstadt (Bocholt) durch moderne Architektur und Städteplanung zerstört wurde.
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Zitat von ElbnympheIch finde die Idee der UNESCO, ungeachtet der jeweiligen Religion, des Entwicklungsstandes, der Geschichte eines Landes den Wert seines kulturellen Erbes äquivalent mit einem völlig anderen Land zu behandeln, etwas sehr Fortschrittliches. Damit wurde die sehr nationalistische und eurozentristische Denkmalpflege des 19. Jahrhunderts weit hinter sich gelassen.
War die so eurozentrisch, liebe Elbnymphe? Mir scheint eher, daß gerade das 19. Jahrhundert sehr viel für die Rettung des Kulturerbes anderer Weltgegenden getan hat. Von der altägyptischen und der sumerischen Kultur bis hin zu dem, was Forschungsreisende in Afrika, Amerika und Asien, in der Südsee usw. fotografiert, gesammelt, dokumentiert haben. Ohne diese überhaupt nicht "eurozentrische" und schon gar nicht nationalistische Forschung wären viele Kulturen verschwunden, ohne Spuren zu hinterlassen. Und die Ägypter wüßten noch heute so gut wie nichts über ihre großartige Vergangenheit.
Zitat von Elbnymphe Inzwischen können sogar immaterielle Konzepte (wie z.B. der Tango am Rio de la Plata) als Welterbe aufgenommen werden. Das ist eine hochmoderne, aus den Cultural Studies kommende Idee, die wirklich sich an der Frage kultureller Praktiken und Identitäten orientiert, anstelle von dorischen Säulen und anderer Korinthenkackerei.
Hm, liebe Elbnymphe. Jetze erregen Sie meinen Zorn ungefähr so, wie ich Ihren mit der Meckerecke erregt habe.
Was in aller Welt kritisieren Sie an der Befassung mit dorischen Säulen? Es ist doch unser eigenes Erbe, um das es geht. Ich bin sehr dafür, daß jede Kultur ihr eigenes Erbe pflegt. Ich bin auch dafür, daß ärmere Nationen dazu finanzielle Unterstützung erhalten.
Aber wozu in aller Welt brauchen wir dazu eine bürokratische Superorganisation? Ja, können denn die Argentinier ihren Tango nicht selbst pflegen?
Oh, Zettel - übrigens, siezt man sich hier im Forum? How very 19th century … Ich bleibe beim Du, wenn's genehm ist, und biete als (den bürgerlichen Normen verhaftetet Frau) dem Mann selbiges an. Herrlich, wie Du mir gerade in die Hände spielst.
In Antwort auf:War die so eurozentrisch, liebe Elbnymphe? Mir scheint eher, daß gerade das 19. Jahrhundert sehr viel für die Rettung des Kulturerbes anderer Weltgegenden getan hat. Von der altägyptischen und der sumerischen Kultur bis hin zu dem, was Forschungsreisende in Afrika, Amerika und Asien, in der Südsee usw. fotografiert, gesammelt, dokumentiert haben. Ohne diese überhaupt nicht "eurozentrische" und schon gar nicht nationalistische Forschung wären viele Kulturen verschwunden, ohne Spuren zu hinterlassen. Und die Ägypter wüßten noch heute so gut wie nichts über ihre großartige Vergangenheit.
Wir kommen hier vom Hundertsten ins Tausendste. Mal drei Beispiele: - die Elgin Marbles, bis heute in London, wo sie die Massen anlocken - anstelle in ihrem Ursprungsland, ihrem Kontext präsentiert zu werden, wie seit Jahren gefordert - Indianerleichen, die bis heute in irgendwelchen Medizinkabinetten in Gläsern schwimmen, anstatt menschenwürdig und wie von ihren Erben gefordert bestattet zu werden. - was Forschungsreisende "gesammelt" haben? Sie haben geräubert, ausgeführt und mit ihrem tollen europäischen Wissen mitnichten vor Ort die Entstehung einer heimischen Denkmalpflege gefördert. Sicher, dann kommt wieder das Beispiel, wie der Pergamonaltar zu zement verfeuert werden sollte, und wie die noblen Deutschen oder Briten ihn gerettet haben - ja - ein Beispiel gegen Aborigines, Kaffern, minderwertig erachtete Kulturen, verschifft, patronized, von oben herab als dumme oder edle Wilde stilisiert.
In Antwort auf:Was in aller Welt kritisieren Sie an der Befassung mit dorischen Säulen? Es ist doch unser eigenes Erbe, um das es geht.
Nichts, in dem Fall habe ich mich Deiner Rhetorik bedient, um meinerseits polemisch zum Denken anzuregen bzw. Widersprüche in Deinem Denken anzuregen - und wie ich sehe, mit Erfolg, denn: auf der einen Seite geißelst Du die UNESCO als verstaubt, andererseits bist Du ja doch nicht der große Ikonoklast und radikale Modernisierer (ist ja auch ok).
In Antwort auf:Ja, können denn die Argentinier ihren Tango nicht selbst pflegen?
Hahahahahahahaha, nein, können sie eben nicht. Buenos Aires und das fast gegenüber am Fluß gelegene Montevideo stritten sich Jahrzehnte erbittert, wer denn nun den echten, wahren, einzigen Tango für sich reklamieren dürfte. (Fakt: die Europäer, die von dort vertrieben an beiden Ufern sich niederließen und einheimische Traditionen neu befruchteten - sehr, sehr verkürzt ausgedrückt). Mein Punkt ist: ohne die ÜBERnationale Vermittlung der UNESCO wäre man nie zu diesem in meinen Augen tollen Kompromiß zwischen beiden Ufern, Ländern, Nationen gelangt. Und wenn Argentinien nur argentinische Musiker fördert und Uruguay nur uruguyanische Tangotänzer, guckt einer in die Röhre - der Tango. Die Situation mit der Brücke ist ähnlich … die Situation schadet allen und nutzt niemandem.
ich danke Dir für das Willkommen zur Diskussion, an der ich mich heute aber nur sporadisch beteiligen kann. Ich habe mir gerade einen Artikel auf meinem Blog abgerungen und ich hoffe, dass ich ihn hier einfach hineinkopieren kann. Vielleicht hilft es Euch beim Diskutieren. Ich schaue ab und zu mal hinein, aber ich bin auch nicht nur dafür da;-)
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Journalisten, Blogger, Kommentatoren und Politiker aus aller Welt projizieren ihre Meinungen von weit oben auf die wunderbaren Wiesen des Elbtals. Auf unseren Elbwiesen haben viele Bilder Platz:
Einige Konservative und Liberale projizieren das Bild vom Sieg der Demokratie gegen die Bürokratie. Das kleine Dresden gegen die übermächtige Bürokratie der Unesco. Vergesst es ganz schnell wieder! Dresden hat nicht gegen die Unesco, sondern immer nur gegen sich selbst gekämpft. Und ab heute geht der Kampf in Selbstzerfleischung über.
Einige Demokraten projizieren das Bild vom Musterbeispiel für Bürgerbeteiligung. Die Wahlbürger Dresdens hätten frei über eine Brücke entschieden. Vergesst es ganz schnell wieder! Den Dresdnern wurde eine bis ins Detail vorgefertigte Entscheidung vorgelegt. Auf dem Wahlzettel stand in unsichtbaren Buchstaben: »Friss oder stirb!«. Die Bürgerbeteiligung wurde zur Farce. Demokratie war nur noch nach den Vorgaben der freistaatlichen Verwaltungsdiktatur möglich.
Alternative und Grüne in den Redaktionsbüros und Umweltorganisationen projizieren ihr Bild von urbanen verkehrsberuhigten Zonen auf Dresden. Das kleine Dresden als Objekt alternativer Verkehrsplanung und Verkehrsberuhigung. Vergesst es ganz schnell wieder! Eine wachsende Großstadt am Fluss braucht auch Straßen, Tunnel und Brücken. Wir lieben alle unsere Nischen, aber wir müssen sie hin und wieder verlassen.
Wir Dresdner sind nicht die Zielgruppe Eurer Projektionen. Wir müssen hier leben. Aus Dresden geht man nicht weg, obwohl es in letzter Zeit sehr wehtut. Deshalb lasst uns allein mit all dem Mist, den wir uns hier eingebrockt haben. Sucht Euch andere Themen. Und wenn Ihr doch über Dresden schreiben wollt: dann kommt zu uns und schaut Euch die Stadt an, über die Ihr schreibt.
Stellt Euch in die Brückenbaustelle und schaut 35 Meter in die Luft. Stellt Euch an die potentielle Tunnelbaustelle und denkt Euch ein riesiges schwarzes Loch, in dem auch alte Bäume verschwinden werden. Lauft durch das Gebiet, in dem der »Turm« spielt und atmet die Vergangenheit ein. Dann fahrt nach Hause und schreibt!
In der Demokratie wird einmal gewählt und dann wird jahrelang regiert. Diese Stadt wird derart weit unter ihrem Wert regiert, dass man es sich kaum vorstellen kann. Wir haben eine Oberbürgermeisterin, die lediglich ihre Macht auf der kommunalen Ebene absichert. Mehr kann sie nicht. Sie kann sich international überhaupt nicht verständlich machen, sie versagt auch bei der Vertretung unserer Stadt gegenüber Freistaat und Bund.
Warum diese harten Worte? Im Schatten dieser Ereignisse tagt der alte Stadtrat zum letzten Mal und er wird auf Drängen der Oberbürgermeisterin eine millionenschwere Entscheidung treffen: Ein »Supermanager« soll installiert werden, um Dresden besser zu vermarkten.
Wenn man aber einen Supermanager braucht, dann impliziert das meist ein vorangegangenes Totalversagen. Der Erwählte ist ohne formelle Qualifikation, er kommt von keiner adäquaten Position, er hat unzureichende Referenzen und er hat keine Erfahrung in der Verwaltung einer Großstadt. Sein einziges Konzept besteht darin, »mehr Geld in die Hand zu nehmen«.
Wenn eine solche Entscheidung noch am letzten Tag ohne fundierte Vorbereitung mit der alten Mehrheit durchgepeitscht wird, dann kann das einfach nicht in Ordnung sein. So wird die Demokratie immer weiter demontiert: Gerade sind die Bürger zur Wahl gegangen, um über die Politik der Zukunft abzustimmen. Kurz danach treffen die Alten eine millionenschwere Fehlentscheidung. Das wird nur dann ohne Auswirkungen auf die Demokratie bleiben, wenn die Leute vergessen. Aber das Netz vergisst nie.
Zitat von ZettelLieber Stefanolix, ich hatte gehofft, daß du dich an dieser Diskussion beteiligen würdest. Und da ich weiß, welche schönen Fotos du machst, dachte ich, du stellst vielleicht ein Foto vom Elbtal herein, wie es jetzt aussiehrt . Ich habe auch gerade deinen eigenen Blogeintrag zu diesem Thema gelesen.
Ich habe inzwischen auch geordnete Gedanken gepostet ;-) Ich halte es für sehr schwer, dieses Bild als Foto zu vermitteln. Man müsste sich in Pillnitz auf einen Dampfer setzen und in die Innenstadt fahren. Für ein wirklich professionelles Foto fehlt mir andererseits auch die Ausrüstung, ich habe mich gerade erst mal für ein Teleobjektiv entschieden und jetzt mache ich damit meine ersten Gehversuche. Ich beobachte aber den Markt;-)
(Update) Kein Foto, aber eine Simulation der Brücke: http://www.sz-online.de/bilder/2009_04/g...5_194796790.jpg -- soviel zum Thema gelungene Architektur. Hier wurde das Tragwerksmodell aus der Nähe betrachtet, was natürlich auch ein wenig auf Schockwirkung ausgelegt ist. Aber irgendwann wird man beim Lauftraining da drunter durchlaufen müssen.
Zitat von ElbnympheOh, Zettel - übrigens, siezt man sich hier im Forum?
Nein, liebe Elbnymphe. Ja, liebe Elbnymphe. Jeder hält es wie er mag, und wie der jeweilige Partner mag.
Ich für meinen Teil - aber das gilt nur für mich - habe eine Meinung zum Duzen, die ich hier und hier a bisserl erläutert habe. Kurz gesagt: Ich finde, wenn man sich im Internet trifft, dann sollte man es nicht anders handhaben, als wenn man sich zB an einer Hotelbar trifft. Also, wenn es Ihnen nichts ausmacht - ich würde gern beim Sie bleiben, so wie ich es generell handhabe; es sei denn, es sind alte Bekannte, mit denen ich mich schon lange duze.
Aber nun zum Thema; einem Thema, das ich eminent wichtig finde und das mich schon lange beschäftigt.
Zitat von Elbnymphe
In Antwort auf:War die so eurozentrisch, liebe Elbnymphe? Mir scheint eher, daß gerade das 19. Jahrhundert sehr viel für die Rettung des Kulturerbes anderer Weltgegenden getan hat. Von der altägyptischen und der sumerischen Kultur bis hin zu dem, was Forschungsreisende in Afrika, Amerika und Asien, in der Südsee usw. fotografiert, gesammelt, dokumentiert haben. Ohne diese überhaupt nicht "eurozentrische" und schon gar nicht nationalistische Forschung wären viele Kulturen verschwunden, ohne Spuren zu hinterlassen. Und die Ägypter wüßten noch heute so gut wie nichts über ihre großartige Vergangenheit.
Wir kommen hier vom Hundertsten ins Tausendste.
Ja, das ist in diesem Forum erlaubt. Hier gibt es kein OT, ganz wie an der Hotelbar.
Zitat von Elbnymphe Mal drei Beispiele: - die Elgin Marbles, bis heute in London, wo sie die Massen anlocken - anstelle in ihrem Ursprungsland, ihrem Kontext präsentiert zu werden, wie seit Jahren gefordert - Indianerleichen, die bis heute in irgendwelchen Medizinkabinetten in Gläsern schwimmen, anstatt menschenwürdig und wie von ihren Erben gefordert bestattet zu werden. - was Forschungsreisende "gesammelt" haben? Sie haben geräubert, ausgeführt und mit ihrem tollen europäischen Wissen mitnichten vor Ort die Entstehung einer heimischen Denkmalpflege gefördert.
Was wäre denn die Alternative gewesen, liebe Elbnymphe? Daß Grabräuber, wie seit Jahrhunderten, ihr Handwerk betreiben?
Es gab in Äypten keine Ägyptologie, bevor im Gefolge von Bonapartes Feldzug sich europäische Gelehrte massiv für das alte Ägypten zu interessieren begannen.
Unnd meinen Sie, der Padischah in Stambul hätte Troja und Ninive ausgraben lassen? Mit welchen Gelehrten denn? Türkischen, arabischen?
Es ist, liebe Elbnymphe, doch nicht die Schuld der Europäer, daß außerhalb von Europa keine Altertumsforschung existierte, mit Ausnahme vielleicht von China.
Sie sprechen von "räubern" und "ausführen". Ich würde sagen, man hat diese Kunstwerke gerettet.
Jetzt, wo es auch in einigen nichteuropäischen/nichtamerikanischen Ländern in Ansätzen eine Altertumsforschung gibt - Ägypten ist da, soweit ich sehe, einsam an der Spitze, wieder von China abgesehen -, könnte man überlegen, ob man nicht einige dieser Gegenstände auch wieder dort ausstellt. Aber das ist natürlich auch eine finanzielle Frage.
Zitat von ElbnympheSicher, dann kommt wieder das Beispiel, wie der Pergamonaltar zu zement verfeuert werden sollte, und wie die noblen Deutschen oder Briten ihn gerettet haben - ja - ein Beispiel gegen Aborigines, Kaffern, minderwertig erachtete Kulturen, verschifft, patronized, von oben herab als dumme oder edle Wilde stilisiert.
Ich kann das überhaupt nicht sehen, daß Altertumsforscher und Ethnologen andere Kulturen als "minderwertig erachtet" hätten. Warum haben sie diese denn dann erforscht? Schon Humboldt - dessen "Kosmos" es in einem wunderbaren Reprint gibt, eines der schönsten deutschen Bücher - hatte größe Hochachtung vor den südamerikanischen Kulturen.
Was Sie beschreiben, liebe Elbnymphe, war die Haltung von Politikern, Kaufleuten, den vielen Desperados und Glücksrittern, die es in die Kolonien zog. Nicht die der Wissenschaftler.
Soweit erst mal. Auf den zweiten Teil Ihres Beitrags antworte ich getrennt.
Zitat von Elbnymphe... denn: auf der einen Seite geißelst Du die UNESCO als verstaubt, andererseits bist Du ja doch nicht der große Ikonoklast und radikale Modernisierer (ist ja auch ok).
Ich glaube, liebe Elbnymphe, wenn Sie ein wenig in ZR herumlesen, werden Sie finden, daß ich kein Ikonoklast bin. Im Gegenteil, ich bin sehr für die Bewahrung des kulturellen Erbes; aller seiner Facetten. Nur sehe ich nicht, daß ein Brückenbauwerk eine Landschaft so verändert, daß sie nicht mehr Weltkulturerbe sein kann.
Oder sagen wir: Ich sah es nicht, als ich die Meckerecke geschrieben habe. Denn ich bin davon ausgegangen, daß man eine gute architektonische Lösung gefunden hatte. Wenn es stimmt - was ich hier im Thread lese, aber selbst nicht beurteilen kann -, daß die Brücke architektonisch mißglückt ist, dann sieht auch für mich die Sache anders aus. Denn das hätte ja nicht sein müssen. Die Brücke als solche war aber wohl, soweit ich das beurteilen kann, dringend erforderlich.
Zitat von Elbnymphe
In Antwort auf:Ja, können denn die Argentinier ihren Tango nicht selbst pflegen?
Hahahahahahahaha, nein, können sie eben nicht. Buenos Aires und das fast gegenüber am Fluß gelegene Montevideo stritten sich Jahrzehnte erbittert, wer denn nun den echten, wahren, einzigen Tango für sich reklamieren dürfte. (Fakt: die Europäer, die von dort vertrieben an beiden Ufern sich niederließen und einheimische Traditionen neu befruchteten - sehr, sehr verkürzt ausgedrückt).
Hm, hm. Ist denn ein solcher Streit nicht förderlich? Sollen doch die Argentinier ihre Version pflegen und die Urus die ihrige. Um Arno Schmidt zu variieren: Der Rio de la Plata ist in seiner Mündungsbucht doch breit genug, daß alle an seinen Ufern Unrecht (oder Recht) haben können.
Zitat von ElbnympheMein Punkt ist: ohne die ÜBERnationale Vermittlung der UNESCO wäre man nie zu diesem in meinen Augen tollen Kompromiß zwischen beiden Ufern, Ländern, Nationen gelangt. Und wenn Argentinien nur argentinische Musiker fördert und Uruguay nur uruguyanische Tangotänzer, guckt einer in die Röhre - der Tango.
Nehmen Sie es mir nicht übel, liebe Elbnymphe, aber aus einer solchen Betrachtungweise scheint mir a bisserl genau das zu sprechen, was Sie in Bezug auf das 19. Jahrhundert verurteilt haben: Paternalismus.
Angenommen, die Bayern und die Österreicher würden sich über den richtigen Schuhplattler streiten - käme dann jemand auf den Gedanken, daß sie ausgerechnet die UNESCO brauchen, um sich zusammenzuraufen? Sie sind doch selbst für ihren Schuhplattler zuständig, und das geht niemanden in Paris etwas an, oder wo immer die zuständige Unterorganisation der UNESCO sitzen mag.
Lassen Sie mich noch etwas Allgemeineres anfügen, liebe Elbnymphe: Gerade für die Pflege des kulturellen Erbes sollte meines Erachtens das Prinzip der Subsidiarität gelten.
Was wir Deutsche als unser wichtigstes Kulturerbe ansehen, das geht allein uns etwas an und nicht irgendwelche Bürokraten oder von mir aus "Experten" (wie wird man Experte für Kulturerbe?) der UNESCO.
Die Auswahl ist doch vollkommen willkürlich. Ich zähle Ihnen jetzt mal auf, was mir unsystematisch in den Sinn kommt, wenn ich an "Deutsches Kulturerbe" denke. Wobei ja Landschaften eingeschlossen sein sollen.
Landschaften: Wattenmeer, Lüneburger Heide, Müritzseen, Spreewald, Rhein zwischen Mainz und Koblenz, Bergstraße, Bayrischer Wald, Bodensee. (Vermutlich werden vielen, die das lesen, weitere genauso erhaltenswerte Landschaften einfallen).
Sakralbauten: Kölner Dom, Aachener Kaiserdom, Magdeburger Dom, die Dome von Speyer und Worms, der Frankfurter Dom, das Freibuger und das Ulmer Münster, zahlreiche Barockkirchen in Bayern und BW, die Frauenkirche in Dresden
Nichtsakral: Haithabu, die Hamburger Speicherstadt, das Holstentor in Lübeck, die Lüneburger Altstadt, der Park von Sanssouci, die klassizistische Innenstadt von Berlin, die Altstädte von Quedlinburg und Görlitz, die Mathildenhöhe in Darmstadt, die Königshalle in Lorsch, der Dresdner Zwinger. Ohne die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs wären es noch weitaus mehr - die Frankfurter Altstadt zum Beispiel, über deren Vernichtung mein Großvater nie hinweggekommen ist.
Die Liste ist, wie gesagt, ganz unvollständig. Daraus pickt die UNESCO willkürlich irgendwas raus und ernennt es zum Weltkulturerbe. Und ebenso willkürlich entzieht sie in ihrer Majestät diesen Titel, wenn es ihr gefällt.
"Das einzig wirklich Ärgerliche an dieser Posse ist, daß deutsche Politiker - Tiefensee, Bernd Neumann, Steinmeier - mitspielen. Statt der UNESCO zu signalisieren, ihre verstaubte Ästhetik könne Deutschland gestohlen bleiben, übt man sich im Kotau."
Mal abgesehen von der Diskussion darum, ob diese Brücke schlecht/hässlich/unpassend oder sonstwas ist: Wundert sich wirklich jemand, wenn aus der Politik nur der Kotau von der UNO kommt? Die ist doch sakrosankt. Was von dort kommt, ist mehr als Evangeliusm, ist mehr als die Partei, die immer recht hat und muss unter allen Umständen heilig gehalten werden.
Dieser Aspekt stört mich an der Sache mit Dresden. Was die Brücke angeht, so müsste vor Ort entschieden werden und da hat sich niemand so drohend einzumischen. Ob vor Ort vernünftig entschieden wurde, ist die zweite Sache, die man diskutieren kann. Die Art der Einmischung der UNO gefällt mir nicht. Und das "Katastrophe" rufen, weil die UNESCO jetzt was entschieden hat und nicht, weil vor Ort Sch... gebaut wurde, gefällt mir genauso wenig.
Zitat von heplevMal abgesehen von der Diskussion darum, ob diese Brücke schlecht/hässlich/unpassend oder sonstwas ist: Wundert sich wirklich jemand, wenn aus der Politik nur der Kotau von der UNO kommt? Die ist doch sakrosankt. Was von dort kommt, ist mehr als Evangelium, ist mehr als die Partei, die immer recht hat und muss unter allen Umständen heilig gehalten werden.
Das sehe ich genauso, lieber Heplev. Wie erklären Sie diese Überhöhung der UNO und ihrer Einrichtungen?
Ist es die Sehnsucht nach einer Weltregierung, also nach der unumschränkten Macht einer Zentrale? Ist es eine Variante dessen, was man in Frankreich tiersmondism nennt, die Identifikation mit der "Dritten Welt", als deren Sprachrohr und zugleich Fürsprecher die UNO gilt?
Keine Ahnung. Ich kann leider nur feststellen, wie es ist. Vielleicht hat sich der deutsche Untertanengeist verlagert? National dürfen wir nicht mehr anhimmeln, also tun wir's international?
Was die EU vorgibt, darf nicht wirklich angegriffen werden. Die EU-Bürokratie, die Kommissare halten den Reifen hin und Deutschland springt. Noch wilder ist es bei der UNO - die brauchen nur zu hüsteln und schon liegt ganz Deutschland auf'm Gesicht. Kritik ist da - anders als noch in Grenzen bei der EU - nicht mal mehr ansatzweise zulässig.
In Antwort auf:Was wir Deutsche als unser wichtigstes Kulturerbe ansehen, das geht allein uns etwas an und nicht irgendwelche Bürokraten oder von mir aus "Experten" [...] der UNESCO.
OK. Aber müsste Ihnen dann nicht das:
In Antwort auf:Daraus pickt die UNESCO willkürlich irgendwas raus und ernennt es zum Weltkulturerbe. Und ebenso willkürlich entzieht sie in ihrer Majestät diesen Titel, wenn es ihr gefällt.
In Antwort auf:Was wir Deutsche als unser wichtigstes Kulturerbe ansehen, das geht allein uns etwas an und nicht irgendwelche Bürokraten oder von mir aus "Experten" [...] der UNESCO.
OK. Aber müsste Ihnen dann nicht das:
In Antwort auf:Daraus pickt die UNESCO willkürlich irgendwas raus und ernennt es zum Weltkulturerbe. Und ebenso willkürlich entzieht sie in ihrer Majestät diesen Titel, wenn es ihr gefällt.
... völlig egal sein? Warum dann die Aufregung?
Was Sie Aufregung nennen, das gehört nun mal zum Format "Zettels Meckerecke". Ebenso könnten Sie, lieber Daddeldu, fragen, warum in Kochbüchern immer diese Rezepte stehen.
Das Problem hat meines Erachtens Heplev richtig gekennzeichnet: Wir Deutsche haben eine Neigung, der UNO mit allen ihren Unterorganisation eine Weihe zu verleihen, für die es meines Erachtens keine Rechtfertigung gibt.
Die Reaktion auf die Entscheidung war, soweit ich sie zur Kenntnis genommen habe, überwiegend Zerknirschung und Selbstkritik. Warum sagen nicht Politiker, warum schreiben nicht Journalisten: Na und? Wir sind doch nicht auf die UNESCO angewiesen, damit die Menschen weltweit erfahren, wie schön das Elbetal ist. Und Dresden erhält jetzt erst recht Fördergelder, um diesen Flecken auf seinem Image möglichst schnell zu beseitigen.
So hätte man in Frankreich reagiert. Vermutlich in den meisten Staaten der Erde.
Zitat von ZettelWas Sie Aufregung nennen, das gehört nun mal zum Format "Zettels Meckerecke". Ebenso könnten Sie, lieber Daddeldu, fragen, warum in Kochbüchern immer diese Rezepte stehen.
Dass Sie es überhaupt in eine Meckerecke aufnehmen, beißt sich mit der Behauptung, es sei egal. Als ob jemand eine Anleitung in ein Kochbuch schriebe, mit dem ausdrücklichen Bemerken, was da raus komme, sei aber keine Speise und überhaupt gänzlich zu ignorieren. Da fragt man schon, warum es denn im Kochbuch steht. Oder wieder auf Ihren schönen Blog bezogen: Sie hätten ja auch eine Marginalie daraus machen können.
Zitat von ZettelWir Deutsche haben eine Neigung, der UNO mit allen ihren Unterorganisation eine Weihe zu verleihen, für die es meines Erachtens keine Rechtfertigung gibt.
Da stimme ich zu. Ich fand z. B. das Streben nach einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat auch ziemlich albern.
Zitat von ZettelNa und? Wir sind doch nicht auf die UNESCO angewiesen,
Genau meine Einstellung zu der ganzen Sache. Geht mir völlig am Popöchen vorbei, ob das Elbtal ein Weltkulturerbe ist oder nicht.
Zitat von Zetteldamit die Menschen weltweit erfahren, wie schön das Elbetal ist.
Mir ist eigentlich auch egal, ob das jemand erfährt.
Zitat von ZettelUnd Dresden erhält jetzt erst recht Fördergelder
Da allerdings bin ich dagegen. Keine Staatsknete für niemand.
Zitat von stefanolixKein Foto, aber eine Simulation der Brücke: http://www.sz-online.de/bilder/2009_04/g...5_194796790.jpg -- soviel zum Thema gelungene Architektur. Hier wurde das Tragwerksmodell aus der Nähe betrachtet, was natürlich auch ein wenig auf Schockwirkung ausgelegt ist. Aber irgendwann wird man beim Lauftraining da drunter durchlaufen müssen.
Ja, lieber Stefanolix, man kann jedes Bauwerk so fotografieren bzw. so zeichnen, daß es häßlich aussieht.
Ich habe jetzt nach Bildern der fertigen Brücke gesucht und zwar nicht viel gefunden; das meiste kam mir aber gar nicht häßlich vor. Durch diese Bogen-Architektur erscheint mir die Brücke im Gegenteil recht, sagen wir, grazil; wenn das denn auf ein solches Bauwerk paßt, das von seiner Funktion her natürlich groß sein muß.
Beim Suchen bin ich auch auf diesen Brief des FDP-Politikers Jan Mücke gestoßen (das Bild kann man durch Anklicken vergrößern), der auch an dem Bürgerbegehren beteiligt war. Er schreibt das, was auch meine Meinung ist.
Freilich als Außenstehender. Du kannst das, lieber Stefanolix, ungleich besser beurteilen als ich. Aber daß diese Brücke die Landschaft verschandelt und gar ein hinreichender Grund für eine solche Maßnahme wie die der UNESCO ist, kann ich jetzt, nachdem ich mir die Bilder angesehen habe, noch weniger erkennen als zuvor.
In unserer Lokalzeitung war heute ein Bericht, in dem die UNESCO-Kommission mit den Worten zitiert wird, die Dresdner könnten doch nicht machen, was sie wollen; so ungefähr. Das scheint mir den Kern zu treffen: Die UNESCO hatte "gewarnt" und erwartet, daß die Dresdner kuschen. Sie haben das nicht getan, sondern in dem Bürgerbegehren als der Souverän entschieden. Und jetzt will ihnen die UNESCO dieses Aufbegehren heimzahlen. Wo kämen wir denn da hin, wenn die dummen Bürger gegen den Sachverstand der Experten in Paris entscheiden dürften.
Ich habe, liebe Elbnymphe, erst jetzt Ihren schönen Blog aufgesucht und dort entdeckt, daß Sie sich intensiv dem Tango widmen.
Unter diesen Umständen nehme ich den Vergleich mit dem Schuhplattler natürlich mit Respekt zurück; ich möchte ja nicht unsensibler erscheinen, als ich eh bin.
Zitat von heplevVielleicht hat sich der deutsche Untertanengeist verlagert? National dürfen wir nicht mehr anhimmeln, also tun wir's international?
Ein interessanter Gedanke, lieber heplev. Nur stört mich dabei das Wort "Untertanengeist" ... das klingt so nach "Führer befiehl, wir folgen dir".
Ich denke eher, dass es die Sehnsucht nach einer umfassenden Ordnung ist, die uns anfällig für übergeordnete Systeme macht. Es geht gar nicht so sehr um Obrigkeiten, sondern eher um einen umfassenden Ordnungskonsens, dem man sich genauso unterordnet, wie es der Nachbar gefälligst auch tun sollte. Ganz Deutschland eine Kleingartensparte, besser noch ganz Europa, oder die ganze Welt.
Es geht um Ruhe, um Frieden ... um Ordnung. Das scheint jetzt spießig zu sein, aber ich kenne auch diesen Wohlgefallen, wenn ich aus südlichen Ländern heimkomme und sofort merke, dass ich in Deutschland bin, weil einfach alles seine Ordnung hat. Man mag als Privatmann das Ordnungsamt für die Pest halten, aber seine strikten, zentimetergenauen Vorgaben gewährleisten dann doch, dass das Gesamtbild wohlgefällig ist.
Eine ähnliche Funktion hat die EU. Sie planiert die länderspezifischen Unterschiede durch eine übergreifende Gesetzgebung ein und wir Deutschen zahlen dafür. Wenn einige Länder auch mal Sonderregelungen gewährt bekommen ärgert uns dies, aber wir zahlen trotzdem weiter, weil uns Ruhe, Frieden und Ordnung dann doch wichtiger sind. Lächerlich macht sich die EU nur durch Gurkenkrümmungsgrade und Seilbahngesetze, die wir dann doch nicht für soo relevant halten. Aber wenn irgendetwas in der Gemeinde durch EU-Gelder gefördert wird, scheint uns das etwas Wichtiges (weil förderungswürdig) zu sein. Eine Auszeichnung quasi.
Die UNO ist dann ein noch größerer Brocken. Ordnung für die ganze Welt! Alle reden miteinander! Eine Weltregierung, so man sie dann ließe ... Ruhe, Frieden und Ordnung allüberall! Ein deutscher Traum! Dabei wird leider gern ausgeblendet, dass die UNO eine (durchaus auch korrupte) Bürokratenorganisation darstellt, in der geschätzte 2/3 der Mitglieder aus Bananenrepubliken und Diktaturen kommt. Die UNO mag noch so unfähig sein, aber eine Auszeichnung von ihr bedeutet etwas ganz Großes. Weltkulturerbe ... die Welt schaut auf dieses, unser Tal! Es ist wichtig, es ist besonders, es bedeutet etwas für die Welt, die ganze Erde, jetzt und immerdar!
Ist so etwas wie die Auszeichnung für das schönste Blumenbeet der ganzen Kleingartensparte, aber diesmal im globalen Rahmen. Man ist stolz und freut sich, aber eigentlich weiß morgen kein Außenstehender mehr was davon. Und, mal ehrlich, möchte man ein einmal ausgezeichnetes Blumenbeet wirklich für immer und ewig im gleichen Zustand belassen?
Bissl weniger Fixierung auf EU und UNO täte uns gut. Bissl weniger Geld in der Welt verstreuen und zusehen, dass wir unseren eigenen Laden in Schuss halten auch. Wenn man so will ... ein bissl weniger Untertanengeist.
Zitat von ZettelUnter diesen Umständen nehme ich den Vergleich mit dem Schuhplattler natürlich mit Respekt zurück; ich möchte ja nicht unsensibler erscheinen, als ich eh bin. Herzlich, Zettel
Da hast Du ja gerade noch mal die Kurve gekriegt;-)
Nun, vielleicht sollten wir auch unsere Fixierung auf zwölf Jahre Tausendjähriges Reich ein wenig lockern. "Der Untertan" wurde deutlich vorher geschrieben. Und die Kaiser-Deutschen wollten auch Ordnung, Ruhe, Spießigkeit. Ich bin nicht gegen Spießigkeit. Kann in so manchem Bereich ganz gut sein und so lange sie anderen nicht aufgedrückt wird, ist es eine Lebensform, die zu respektieren ist.
Dem Untertanengeist in Sachen EU und UNO ist gemein, dass deren Vorgaben nicht in Frage gestellt werden (dürfen). Das ist auch eine Art Totalitarismus, insbesondere, wenn man bedenkt, dass beide nicht demokratisch sind. Das Phänomen dabei ist, dass es verordnete Hörigkeit und Kadavergehorsam nicht vorhanden sind, sondern die Deutschen in ihrer übergroßen Mehrheit einfach akzeptieren und für sich entscheiden, dass, was aus der EU und aus der UNO kommt, richtig zu sein hat. Die Nazis haben ihren Gehorsamseinforderung durchgesetzt; das Kaiserreich hatte das so nicht nötig - EU und UNO bei uns auch nicht. Das ist das, was ich als Untertanengeist bezeichne, nicht die erzwungene und gewaltsam indoktrinierte Hörigkeit der Nazis.
Zitat von heplevNun, vielleicht sollten wir auch unsere Fixierung auf zwölf Jahre Tausendjähriges Reich ein wenig lockern. "Der Untertan" wurde deutlich vorher geschrieben. Und die Kaiser-Deutschen wollten auch Ordnung, Ruhe, Spießigkeit.
So, wie die Franzosen unter Louis Philippe, unter dem zweiten Empereur, in der Zeit des Fin de Siècle. (Kürzlich lief in Arte ein Stück von Eugène Labiche, der diese Spießigkeit sehr schön karikiert hat). So, lieber Heplev, wie damals die Engländer, die Amerikaner, alle.
Ich weiß, es ist eine weit verbreitete Meinung. Aber ich sehe keinen Hinweis darauf, daß der Untertanengeist in Deutschland besonders entwickelt gewesen ist, oder speziell im 19. Jahrhundert war.
Dieses Jahrhundert begann mit dem Gegenteil von Untertanengeist, nämlich den Freiheitskriegen. Es folgten die Turner, die Burschenschafter - alles aufmüpfige Leute, die für die Freiheit kämpften. Dann 1848.
Der zweite Teil jenes Jahrhunderts war ruhiger, das ist wahr. Aber er war es überall in Europa. Es war halt eine Gründerzeit. Man begeisterte sich an dem wachsenden Wohlstand, den man so lange vermißt hatte. Erträglich frei war man in den meisten Ländern; wenn auch nicht in Rußland. Aber insgesamt stand das Thema Freiheit nicht mehr im Vordergrund.
Die Nazis waren nach meiner Überzeugung, lieber Heplev, ein Betriebsunfall der deutschen Geschichte. Ein fürchterlicher, ein unbegreiflicher. Aber weder die Ideologie des Österreichers Hitler, dessen Antisemitismus osteuropäischen Ursprungs war, noch das Herrschaftssystem der Nazis hatten Wurzeln in der deutschen Geschichte. Es hätte ebenso in Frankreich, in Polen, in Spanien oder Italien passieren können (wo es ja fast passiert ist).
Wahrscheinlich nicht in Britannien und in den USA. Dort gab und gibt es eine tiefer verwurzelte Tradition des Mißtrauens gegen den Staat. Noch; unter Obama sind die USA ja mit Riesenschritten auf dem Weg dorthin, an die Stelle dieser Tradition einen übermächtigen Staat zu setzen.
da sind wir absolut einer Meinung. Die übergroße Mehrheit fügt sich einfach, meckert zwar privat, aber ist ansonsten zufrieden. Es gibt da ja einige Baustellen, bei denen ich mich frage: "Wie lange hält der Deckel auf dem Topf noch?" Was passiert, wenn ein begnadeter Agitator mal den Nerv der Volksseele trifft?
Die Geschichte zeigt, dass der Mensch nicht aus der Geschichte lernt. Hab ich unlängst irgendwo gelesen...
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