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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 50 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.07.2009 07:46
Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

In den Bereichen des Umwelt- und des Gesundheitswahns gibt es nichts Groteskes, das nicht irgendwann Wirklichkeit wird. In Frankreich werden jetzt in der Werbung Zigarette und Pfeife wegretouchiert.

In heutigen Filmen wird zwar oft gemordet, was das Zeug hält. Geraucht aber wird nicht mehr. Wie lange wird es dauern, bis ältere Filme, in denen noch, sagen wir, Humphrey Bogart seine Zigarette raucht oder ein Darsteller von Sherlock Homes die Pfeife, indiziert werden?

FTT_2.0 Offline



Beiträge: 537

17.07.2009 09:02
#2 RE: Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

Ich finde es auch bedenklich, dass man in Frankreich in den letzten Jahren dazu übergegangen ist, sich den Président de la République fast wie in einer Diktatur schön zu retouchieren (Rolex, Spreckröllchen).

Vielleicht haben sie dort die Retouchitis?

Ach ja, Glückwunsch zum renovierten Heim, Herr Zettel!

califax Offline




Beiträge: 1.502

17.07.2009 10:50
#3 RE: Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

Bei der letzten Neuauflage von E.T. (DVD-Version IIRC) hat man in den USA die Schrotflinten der Jäger durch Taschenlampen ersetzt. Mal schauen, wann man in den Deutschland die Odyssee zensiert.

Klug und fleißig - Illusion
Dumm und faul - das eher schon
Klug und faul - der meisten Laster
Dumm und fleißig - ein Desaster

The Outside of the Asylum

Colombia Offline



Beiträge: 119

17.07.2009 10:56
#4 RE: Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

Ich kann niemandem empfehlen der sich seines Virenschutzes nicht 100% sicher ist, auf die in "Hier sehen Sie Monsieur Hulot auf dem Plakat zu dem Film "Mon Oncle" verlinkte Seite zu klicken. Bei mir hat sich dort (wohl über ein Bild) der Spywar/Malware-Downloader rn.tmp auf meinem Computer abgelegt. Als er dann raus wollte um irgendwas runterzuladen hat ihn die Firewall gottseidank davon abgehalten.

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

17.07.2009 11:07
#5 RE: Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

In Antwort auf:
Aus der einst vernünftigen Warnung vor den Gefahren des Rauchens ist längst die Errichtung eines Tabus geworden. Mit all dem Irrationalen, das ein Tabu umgibt.

Genau wie bei Sexualtabus. Was vor einem halben Jahrhundert die Genitalien waren, die unbedingt wegretouchiert werden mußten, das sind in unserer Zeit Pfeife, Zigarette, Zigarre.

Bald sind auch die Gedanken an der Reihe, bei den "Retoucheuren", diesesmal bei uns. Im Internet werden dafür bereits die technischen Voraussetzungen geschaffen und der "Konsument" wird auch schon psychologisch vorbereitet. Und im Zuge der EU-Harmonisierung bekommen irgendwann auch wir die Zigaretten wegretuschiert und die Frazosen die Gedanken. Die kleineren EU-Mitglieder, die so gerne mal "eine günstige Gelegenheit zum Schweigen verpassen", natürlich ebenso.
In Antwort auf:
Gewiß, es gibt in Frankreich ein Gesetz (Loi Evin), das die Werbung für das Rauchen verbietet.

Ich bin ja eher so ein ängstlicher gesetzestreuer Typ, aber auch mir drängt sich immer öfter der Gedanke auf, ab welchem Zeitpunkt es ratsam sein könnte, solche unsinnigen Gesetze bewußt zu ignorieren.
In Antwort auf:
Aber selbst der Urheber dieses Gesetzes, Claude Evin, fand das Vorgehen der Verkehrsbetriebe "lachhaft".

Das nützt uns ja wenig, schwer zu sagen, ob es Dummheit oder eine peinliche Ausrede ist.

Die Verwundungen, die die europäische Kultur und Identität auf diese und ähnliche Weise erleiden, sind oft nur klein, mit etwas Geduld wird es aber dennoch gelingen, sie beide zur Strecke zu bringen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.07.2009 11:09
#6 RE: Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

Zitat von FTT_2.0
Ich finde es auch bedenklich, dass man in Frankreich in den letzten Jahren dazu übergegangen ist, sich den Président de la République fast wie in einer Diktatur schön zu retouchieren (Rolex, Spreckröllchen).

In der Tat: Hier sieht man das verschwundene Speckröllchen, dh man sieht es nicht mehr.

Aber es scheint, lieber FTT, daß die Franzosen sich an die Extravaganzen von Sarkozy gewöhnt haben. Als sie entdeckten, daß sie da einen unbeherrschten, eitlen Narziß gewählt hatten, waren die Umfragewerte im Keller. Das war in der ersten Hälfte 2008, und ich habe damals darüber berichtet (Serie Gedanken zu Frankreich, Folgen 21 bis 23). Aber on s'habitue à tout. Inzwischen ist man wohl eher a bisserl stolz auf Sarkozy. Seine Umfragewerte liegen bei 45 bis 50 Prozent, ungefähr gleichauf mit Fillon, der damals weit vor ihm gewesen war.
Zitat von FTT_2.0
Ach ja, Glückwunsch zum renovierten Heim, Herr Zettel!

Vielen Dank, lieber FTT. Ich hoffe, daß alle Bewohner und Gäste sich schnell eingewöhnen.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.07.2009 11:16
#7 RE: Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

Zitat von califax
Bei der letzten Neuauflage von E.T. (DVD-Version IIRC) hat man in den USA die Schrotflinten der Jäger durch Taschenlampen ersetzt.

Das finde ich nun verwunderlich, lieber Califax. Denn Gewalt ist doch bisher eigentlich nicht tabu.

Ich sehe solche Filme selten, aber irgendwann habe ich mir mal im TV "Piraten der Karibik" angesehen, der ja so toll sein soll. Die Handlung schien mir infantil zu sein, aber was da an Brutalitäten zu sehen war, hat mich doch erschreckt. Man hat mich aber aufgeklärt, daß das heute ganz normal ist.

Also - vielleicht lag es nur daran, daß es sich um Flinten handelte? Also um Waffen, für deren freien Verkauf die amerikanische NRA eintritt, die der Buhmann der Linken ist?

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.07.2009 11:18
#8 RE: Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

Zitat von Colombia
Ich kann niemandem empfehlen der sich seines Virenschutzes nicht 100% sicher ist, auf die in "Hier sehen Sie Monsieur Hulot auf dem Plakat zu dem Film "Mon Oncle" verlinkte Seite zu klicken. Bei mir hat sich dort (wohl über ein Bild) der Spywar/Malware-Downloader rn.tmp auf meinem Computer abgelegt. Als er dann raus wollte um irgendwas runterzuladen hat ihn die Firewall gottseidank davon abgehalten.


Danke! Ich werde den Link ersetzen.

Herzlich, Zettel

Colombia Offline



Beiträge: 119

17.07.2009 11:25
#9 RE: Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

In Antwort auf:

In Antwort auf:
Aber selbst der Urheber dieses Gesetzes, Claude Evin, fand das Vorgehen der Verkehrsbetriebe "lachhaft".



Das nützt uns ja wenig, schwer zu sagen, ob es Dummheit oder eine peinliche Ausrede ist.

Die Verwundungen, die die europäische Kultur und Identität auf diese und ähnliche Weise erleiden, sind oft nur klein, mit etwas Geduld wird es aber dennoch gelingen, sie beide zur Strecke zu bringen.


Wahrscheinlich ist es ihm wirklich peinlich, dass sein eigenes Gesetz diese Auswirkungen hat. Aber zumindest als Politiker sollte man doch wissen, dass Gesetze nie nur darauf angewendet werden, wofür sie gedacht sind. Gesetze werden auf alles angewendet worauf es möglich ist sie anzuwenden. Und noch schlimmer, erzeugen bei den Bürgern (wie in diesem Fall) die Angst etwas etwas lieber zu unterlassen, da ein Gesetz ja möglicherweise greifen könnte.
Das erinnert mich an das neue Waffenrecht und die Bundeswehrsoldaten, welche nun aufgrund ihres mitgeführten Bundeswehrtaschenmessers Probleme bekommen haben und an viele andere Gesetze. Seien das AGG oder die neuen Internetgesetze...

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.07.2009 11:40
#10 RE: Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

Zitat von Zettel
Zitat von Colombia
Ich kann niemandem empfehlen der sich seines Virenschutzes nicht 100% sicher ist, auf die in "Hier sehen Sie Monsieur Hulot auf dem Plakat zu dem Film "Mon Oncle" verlinkte Seite zu klicken. Bei mir hat sich dort (wohl über ein Bild) der Spywar/Malware-Downloader rn.tmp auf meinem Computer abgelegt. Als er dann raus wollte um irgendwas runterzuladen hat ihn die Firewall gottseidank davon abgehalten.

Danke! Ich werde den Link ersetzen.

Ist geschehen. Ich entschuldige mich bei allen, die durch den ursprünglichen Link möglicherweise jetzt ein Problem haben. Shit happens.

Nochmal Dank an Colombia.

Herzlich, Zettel

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

17.07.2009 11:40
#11 RE: Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

In Antwort auf:
Aber zumindest als Politiker sollte man doch wissen, dass Gesetze nie nur darauf angewendet werden, wofür sie gedacht sind.

Und wenn man selber nicht genug Erfahrung besitzt, dann gibt es doch genügend kluge Leute, mit denen man sich beraten kann. Es liegt wohl am Sendungsbewußtsein, das lässt keine Zweifel zu Fragen zu.
In Antwort auf:
...und an viele andere Gesetze. Seien das AGG oder die neuen Internetgesetze...

Ja, es ist eine Seuche, jeder Trottel möchte als Retter von Unschuldigen in die Geschichte eingehen. Hoffentlich entsteht noch rechtzeitig eine Immunisierung.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.07.2009 11:56
#12 Europäische Identität Antworten

Zitat von Ungelt
Die Verwundungen, die die europäische Kultur und Identität auf diese und ähnliche Weise erleiden, sind oft nur klein, mit etwas Geduld wird es aber dennoch gelingen, sie beide zur Strecke zu bringen.

Da haben Sie, lieber Ungelt, glaube ich - glänzend formuliert - den Kern der Sache genannt.

Unsere europäische Kultur basiert auf den Werten der Aufklärung. Rechtsstaatlichkeit also, Freiheit des Einzelnen, Toleranz und Rationalität. Das macht unsere gemeinsame Identität in Europa aus.

Als Osteuropa von den Russen okkupiert war, galten dort diese Werte nicht. Nachdem man sich vom Kommunismus befreit hat, werden sie dort, vermute ich, besonders hochgehalten. Der tschechische Präsident Václav Klaus - ich würde mich wundern, lieber Ungelt, wenn Sie ihn nicht ebenso schätzen würden wie ich - ist ein Musterbeispiel.

Zunehmend wird aber unter unserer europäischen Identität etwas ganz Anderes verstanden. Das ist erstmals in der Debatte um die USA von George W. Bush deutlich geworden. Da war die Rede davon, daß "wir Europäer" eben die Solidarität, die staatliche Fürsorge usw. hoch halten würden, im Unterschied zu den USA.

Mit anderen Worten, man wollte die Botschaft verbreiten, die europäische Identität sei sozialdemokratisch und etatistisch.

Inzwischen werden nur noch wenige Länder Europas sozialdemokratisch regiert. Aber das Traurige ist, daß ausgerechnet das rechts regierte Frankreich, aus seiner etatistischen Tradition heraus, den Vorreiter bei der Einschränkung der Freiheiten spielt.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.07.2009 12:07
#13 RE: Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

Zitat von Colombia
Wahrscheinlich ist es ihm wirklich peinlich, dass sein eigenes Gesetz diese Auswirkungen hat. Aber zumindest als Politiker sollte man doch wissen, dass Gesetze nie nur darauf angewendet werden, wofür sie gedacht sind. Gesetze werden auf alles angewendet worauf es möglich ist sie anzuwenden. Und noch schlimmer, erzeugen bei den Bürgern (wie in diesem Fall) die Angst etwas etwas lieber zu unterlassen, da ein Gesetz ja möglicherweise greifen könnte.

Und genau das, lieber Colombia, ist bei dieser Art von Gesetzen ja beabsichtigt. Man verbietet die Werbung für Tabakprodukte ja nur, um damit "das Gesundheitsbewußtsein" der Bürger zu beeinflussen. Man richtet Umweltzonen ein, deren Effekt null ist, die aber "das Umweltbewußtsein" der Bürger schärfen sollen.

Es ist ja nicht mehr nur der Nanny-Staat, sondern es ist der Erziehungsstaat, den viele sich erträumen.

Wir sind weit davon entfernt, ihn tatsächlich zu haben. Und ich bin überzeugt, daß bei einem Sieg von Schwarzgelb Deutschland ein Vorreiter der Freiheit in Europa sein wird. Die Union ist in Bezug auf Liberalität gespalten. In der Koalition mit der FDP wird sie in diesem Punkt der bürgerlichen Freiheiten eine liberale Politik machen.

Herzlich, Zettel

Calimero Offline




Beiträge: 3.280

17.07.2009 13:11
#14 RE: Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

Zitat von Zettel
Wir sind weit davon entfernt, ihn tatsächlich zu haben.


Na, ich weiß ja nicht. Sabine Bätzing und Ursula von der Leyen z.B. verkörpern den "Nanny-Staat" perfekt und man lässt sie gewähren. Dieser, unserer Staat ist stets auf unsere geistige und körperliche Gesundheit bedacht. Da schränkt er auch schonmal Freiheiten ein - alles für unser "Wohl".

Zitat von Zettel
Und ich bin überzeugt, daß bei einem Sieg von Schwarzgelb Deutschland ein Vorreiter der Freiheit in Europa sein wird. Die Union ist in Bezug auf Liberalität gespalten. In der Koalition mit der FDP wird sie in diesem Punkt der bürgerlichen Freiheiten eine liberale Politik machen.


Ihr Wort in Gottes Ohr. Bei Aktivposten wie Schäuble, Rüttgers, von der Leyen und auf der anderen Seite Mehrin, Mazyek, Barfuß und Leuthäuser-Schnarrenberger habe ich da hingegen Zweifel.

Herzlich, Calimero

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.07.2009 13:32
#15 RE: Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

Zitat von Calimero
Zitat von Zettel
Wir sind weit davon entfernt, ihn tatsächlich zu haben.

Na, ich weiß ja nicht. Sabine Bätzing und Ursula von der Leyen z.B. verkörpern den "Nanny-Staat" perfekt und man lässt sie gewähren. Dieser, unserer Staat ist stets auf unsere geistige und körperliche Gesundheit bedacht. Da schränkt er auch schonmal Freiheiten ein - alles für unser "Wohl".

Es ist aber, lieber Calimero, nicht dieser Staat, sondern es sind bestimmte Tendenzen in der aktuellen Regierung.

In jedem demokratischen Rechtsstaat schwingt das Pendel von links nach rechts und zurück. In den USA erleben wir gerade einen Ausschlag nach links, den viele - ich auch - für unvorstellbar gehalten hatten. Auch da wird das Pendel wieder zurückschwingen.

Es gibt keine Linkstendenz in diesem Staat. Es gibt nur eine Regierung, die nun einmal zur Hälfte aus Sozialdemokraten besteht, und die also - weil die Sozialdemokraten durch den linken Flügel der Union gestärkt werden- eine überwiegend linke Politik macht.

In einer schwarzgelben Koaltion wird der liberale Flügel der Union durch die FDP gestärkt werden. Dann wird eine andere Politik gemacht werden. Deshalb sind diese Wahlen ja so wichtig. Wer nicht wählen geht und die FDP oder wenigstens die CDU wählt, der soll sich bitte nach dem 27. September nicht beschweren.
Zitat von Calimero
Zitat von Zettel
Und ich bin überzeugt, daß bei einem Sieg von Schwarzgelb Deutschland ein Vorreiter der Freiheit in Europa sein wird. Die Union ist in Bezug auf Liberalität gespalten. In der Koalition mit der FDP wird sie in diesem Punkt der bürgerlichen Freiheiten eine liberale Politik machen.

Ihr Wort in Gottes Ohr. Bei Aktivposten wie Schäuble, Rüttgers, von der Leyen und auf der anderen Seite Mehrin, Mazyek, Barfuß und Leuthäuser-Schnarrenberger habe ich da hingegen Zweifel.

Warten wir's ab, lieber Calimero. Zweifeln ist immer gut.

Nur, wie gesagt: Wer am 27. September nicht die FDP oder wenigstens die CDU wählt, der hat aus meiner Sicht das Recht verloren, die Entwicklung in Deutschland zu kritisieren. Der Sieg von Schwarzgelb ist ja noch alles andere als sicher.

Herzlich, Zettel

PS: Ich möchte Ihnen, lieber Calimero, wie auch Gorgasal und Kallias, noch einmal sehr für Ihre Mitwirkung bei der Neugestaltung des Forums danken!

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

17.07.2009 13:42
#16 RE: Europäische Identität Antworten

In Antwort auf:
- glänzend formuliert -

Sie sind nach Thomas Pauli jetzt schon der Zweite, der meine Formulierungen lobt - ich glaube, ich muß wieder mehr auf den Inhalt achten

PS: Der Ungelt (ein mittelaltericher Zollhof, also Niemandsland) befindet sich ja auch gleich um die Ecke von Kafka's Wohnhaus in Prag, da gibt es sicher noch Steigerungsmölichkeiten

Václav Klaus halte ich natürlich auch beide Daumen, er (und nicht nur er) wird es in der nächsten Zeit gut gebrauchen können. Wenn man sich so die Methoden betrachtet, mit denen er und ähnlich denkende fertiggemacht werden sollen, könnte man aber schon daran zweifeln, ob wir noch so weit von einem "europäischen Erziehungsstat" entfernt sind, wie sie in einer anderen Antwort formulieren. Ich sehe es deutlich kritischer. Unsere "Erzieher" sind dogmatische Überzeugungstäter und im Dienste der "guten Sache" natürlich zu jeder schmutzigen Tat berechtigt.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.07.2009 13:59
#17 Die Feinheiten der deutschen Sprache Antworten

Zitat von Ungelt
In Antwort auf:
- glänzend formuliert -

Sie sind nach Thomas Pauli jetzt schon der Zweite, der meine Formulierungen lobt - ich glaube, ich muß wieder mehr auf den Inhalt achten

Es gibt da, lieber Ungelt, ein eigenartiges und interessantes Phänomen.

Diejenigen, die hier schreiben, achten unterschiedlich stark auf die deutsche Sprache, auf Stil. Das ist völlig in Ordnung, denn man kann einen Gedanken auch so ausdrücken, daß er verständlich ist, ohne daß man ihn geschliffen formuliert.

Es gibt einige, die viel Wert auf deutschen Stil legen. Und in der Spitzengruppe sind Sie und Jana (die mit der deutschen Sprache spielt). Sie Beide sind, wenn ich das richtig verstehe, keine Native Speakers. Aber Sie Beiden haben mehr Verständis für die Feinheiten der deutschen Sprache als viele von Denjenigen, die sie mit der Muttermilch eingesogen haben.

Josef Conrad ist das klassische Beispiel. Eigentlich interessieren mich seine Geschichten nicht besonders. Aber sein Englisch - seine Zweitsprache - ist atemberaubend.

Herzlich, Zettel

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

17.07.2009 14:09
#18 RE: Zettels Meckerecke: Retoucheure am Werk Antworten

In Antwort auf:
In jedem demokratischen Rechtsstaat schwingt das Pendel von links nach rechts und zurück. In den USA erleben wir gerade einen Ausschlag nach links, den viele - ich auch - für unvorstellbar gehalten hatten. Auch da wird das Pendel wieder zurückschwingen.

- bis einer eben einen Pflok einschlägt, im richtigen Augenblick. Einen Pfock in Gestalt von, wie soll ich sagen, "einheitlich argumentierender Medien", mit Unterstützung von z.B. privaten Bekanntenkreisen, die als Wahlhelfer eingesetzt werden.

Ich gehe davon aus, daß kein Pendel ewig pendelt.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.07.2009 14:16
#19 Dynamik des demokratischen Rechtsstaats Antworten

Zitat von Ungelt
Václav Klaus halte ich natürlich auch beide Daumen, er (und nicht nur er) wird es in der nächsten Zeit gut gebrauchen können. Wenn man sich so die Methoden betrachtet, mit denen er und ähnlich denkende fertiggemacht werden sollen, könnte man aber schon daran zweifeln, ob wir noch so weit von einem "europäischen Erziehungsstat" entfernt sind, wie sie in einer anderen Antwort formulieren. Ich sehe es deutlich kritischer. Unsere "Erzieher" sind dogmatische Überzeugungstäter und im Dienste der "guten Sache" natürlich zu jeder schmutzigen Tat berechtigt.

Keine Frage, lieber Ungelt. Aber ich halte das nicht für unabwendbar.

In den siebziger Jahren hat Henry Kissinger damit gerechnet, daß bald ganz Europa sozialistisch werden würde (ich erinnere mich an den Satz, konnte ihn allerdings nicht verifzieren). Er lag völlig daneben. Heute werden die meisten Länder Europas von Rechtskoalitionen regiert.

Also, ich finde, man sollte nicht defätistisch sein. Im demokratischen Rechtsstaat sind drastische Veränderungen möglich. Noch einmal USA: Wenn jemand vor zehn Jahren prophezeit hätte, daß 2009 in den USA ein Präsident regieren würde, der eine sozialdemokratische Wirtschaftspolitik, eine multikulturelle Innenpolitik, eine grüne Umweltpölitik und eine auf Freundschaft mit den islamischen Ländern gerichtete Außenpolitik betreiben würde, dann hätte man den vermutlich für verrückt erklärt.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.07.2009 14:21
#20 Das Wesen des demokratischen Rechtsstaats Antworten

Zitat von Ungelt
Ich gehe davon aus, daß kein Pendel ewig pendelt.

Doch, lieber Ungelt, das tut es, wenn die Reibung null ist.

Das ganze Wesen des demokratischen Rechtsstaat basiert auf diesem Pendel. Es schlägt mal heftig aus, mal weniger heftig.

Im jedem System, das kein demokratischer Rechtsstaat ist, kommt es zu extremen Ausschlägen. Änderungen sind nur durch Revolutionen möglich, durch Putsche, durch Machtkämpfe innerhalb der herrschenden Clique. Nur im demokratischen Rechtsstaat ist der Machtwechsel systemimmanent. Also schlägt das Pendel sanft aus.

Herzlich, Zettel

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

17.07.2009 15:35
#21 RE: Das Wesen des demokratischen Rechtsstaats Antworten

In Antwort auf:
In Antwort auf:
Ich gehe davon aus, daß kein Pendel ewig pendelt.
Doch, lieber Ungelt, das tut es, wenn die Reibung null ist.

Ich meinte nicht, daß sich das Pendel irgendwann "von selbst" auspendelt. Ich meinte, daß es in der Geschichte noch nie vorgekommen ist, daß eine Demokratie nicht wieder von einer Diktatur oder einem anderen System, Sie werden es besser wissen, abgelöst wurde. Würde es aber irgendwo ein solches Land geben, daß wüßte ich es und alle Anderen vermutlich auch.
In Antwort auf:
Das ganze Wesen des demokratischen Rechtsstaat basiert auf diesem Pendel. Es schlägt mal heftig aus, mal weniger heftig.

Das ist zweifellos richtig, aber eben offenbar nicht für alle Zeiten sichergestellt. Es gibt durchaus immer wieder Kräfte, die das Pendel gerne anhalten würden. Und irgendwann geligt es diesen Kräften auch. Bisher war es zumindest immer so.
In Antwort auf:
Im jedem System, das kein demokratischer Rechtsstaat ist, kommt es zu extremen Ausschlägen...

Ich argumentiere ja nicht gegen die Demokratie, ich habe auch überhaupt nichts gegen das Pendeln, das ist schon ein sehr gesunder Mechanismus. Ich behaupte nur, daß auch die Demokratie irgendwann zwangsläufig ein (möglicherweise vorübegehendes) Ende findet, weil es irgendwelchen Kräften gelingt, das Pendeln vorübergehend zu unterbinden. Üblicherweise wohl im Interesse irgend einer "strahlenden Zukunft", oder auch nur im Interesse "der Rettung der Erde vor dem Klimatod". Und mich beschleicht das Gefühl, daß Anstrengungen in dieser Richtung aktuell unternommen werden. Warum akzeptiert man nicht einfach, daß sich die Franzosen und die Holländer, und die Iren demokratisch gegen die fortgesetzte europäische Integration entschieden haben? Weil irgendwelche Leute wild entschlossen sind, es durchzusetzen, mit welchen Mitteln auch immer.

Das ist keine Verschwörungstheorie, denn es muß sie geben, diese Leute. Sonst hätte man ja sagen können "Nun gut, die dummen Menschen wollen es nicht, dann eben nicht."

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

17.07.2009 16:15
#22 RE: Die Feinheiten der deutschen Sprache Antworten

In Antwort auf:
Sie Beide sind, wenn ich das richtig verstehe, keine Native Speakers.

Ich kann nur für mich sprechen, ahoj Jano!

Es ist, wie immer, nicht so eindeutig, mit dem "Native Speaker". Bis zur Einschulung soll ich mit einem deutsch-tschechischen Gemisch gesprochen haben, danach nur noch tschechisch, und nach 68 praktisch nur noch deutsch. Das Reden war daher kein sehr großes Problem, ich konnte mich schon immer notdürftig verständigen. Schreiben war und ist aber für mich schwierig, wenn es so werden soll, daß ich es durchgehen lassen kann. Ich nehme mit jedem Beitrag ein Pfund ab und alter um ein halbes Jahr.

Ich halte es natürlich für selbstverständlich, die Sprache des Landes in dem man lebt so gut es geht zu lernen. Es ist auch, finde ich, extrem unhöflich, sich in einer Gruppe laut in einer Sprache zu unterhalten, die die Anderen nicht verstehen. Aber das ist schon eine ganz andere Geschichte...

jana Offline




Beiträge: 348

20.07.2009 16:39
#23 RE: Die Feinheiten der deutschen Sprache Antworten

@ Zettel:
Lieber Zettel,

vielen Dank für das Kompliment. Tatsächlich komme ich, im Moment, nur sporadisch dazu, hier zu lesen; insofern wäre es wahrscheinlicher, daß mir Ihr Kompliment entgangen wäre, als daß nein. ;-)

Ich bin kein Native Speaker. Meine Mutter sprach zwar kein akzentfreies Tschechisch, aber das kam daher, weil sie aus der Slowakei stammte. Mein Vater war waschechter Tscheche, wurde aber zufällig in Wien geboren. Und da es, als Geburtsort, in seim Paß stand, sagte er immer, daß er sich als Wiener fühlte. Er sprach aber immer tschechisch. Und dann gehörte, zum Haushalt, noch die Großmutter, die oft zu Besuch war, und die eine Mischung aus Slowakisch & Ungarisch sprach. Als ich eingeschult wurde, durfte meine Oma dann nur noch mit meiner Mutter ungarisch sprechen, mit mir also nur noch slowakisch, damit ich mich nicht in der Öffentlichkeit auf Ungarisch verplapper.

@ Ungelt:

In Antwort auf:
ahoj Jano!


Dir auch ein Ahoj von mir. Ein Glỷck aber auch, daß ich die Nachricht mitgekriegt hab! Gibt's hier noch mehr davon? Falls ja, bitte um Info. ;-)

In Antwort auf:
Es ist, wie immer, nicht so eindeutig, mit dem "Native Speaker". Bis zur Einschulung soll ich mit einem deutsch-tschechischen Gemisch gesprochen haben, danach nur noch tschechisch,


Haben denn Deine Eltern, als Du eingeschult wurdest, aus selben Gründen mit Deutsch aufgehört wie meine Oma mit Ungarisch? ... Jedenfalls dürfte klar sein, weshalb wir keine glỷhenden Patrioten geworden sind, oder? Denn: Fỷr wen? Wo4? ...

Ungelt ( gelöscht )
Beiträge:

21.07.2009 09:11
#24 RE: Die Feinheiten der deutschen Sprache Antworten

In Antwort auf:
Haben denn Deine Eltern, als Du eingeschult wurdest, aus selben Gründen mit Deutsch aufgehört wie meine Oma mit Ungarisch?

Liebe Jana (hier verzichte ich ausnahmsweise auf meine bekannte Muffigkeit ;-),

bei mir ging es nicht ums Verplappern oder so. Ich glaube, mein Vater hatte meiner Mutter nur nahegelegt (verbieten hat sie sich nichts lassen ;-) mit mir nur deutsch zu reden, denn ihr tschechisch führte regelmäßig entweder zu Beleidigungen oder zum schenkelklopfendem Gelächter. Also fragte sie mich z.B. "Hast du deine Füße gewaschen? und ich antwortete "jo". Mein passives Deutsch ist daher thematisch etwas eingeschränkt gewesen. (Das aktive aber praktisch nicht vorhanden.) Tschechisch lernte ich nach der Einschulung dann sehr schnell, die Lehrerin sah das angeblich ganz locker - ich war ja vermutlich auch der Einzige in der Klasse mit "Migrationshintergrund" ;-)

Mein Vater ist im zweisprachigen Prag der zwanziger Jahre aufgewachsen und sprach beides ausgezeichnet, er sprach mit mir tschechisch und mit meiner Mutter deutsch.

Noch zum Verplappern: ich habe da im Kopf irgendeinen Umschalter, der ganz gut funktioniert, nur nicht immer in der gewünschten Richtung: es kommt z.B. vor, daß ich in Prag mit dem Ober anfange deutsch zu reden und dann bei einer Nachfrage an meine deutschen Gästen tschechisch verwende ;-)
In Antwort auf:
Jedenfalls dürfte klar sein, weshalb wir keine glỷhenden Patrioten geworden sind, oder? Denn: Fỷr wen? Wo4? ...

Ja, das habe ich da irgendwo schon angedeutet, Ungelt ist der ehemalige Zollhof in Prag, und mein Nick ist Programm! Mir geht es so ähnlich wie diesem Herrn Kohn, der per Flugzeug immer zwischen Prag und Tel Aviv hin und her pendelt. Auf die Frage, warum er das tut, antwortet er, daß er sich eben unterwegs in der Luft immer am wohlsten fühlt ;-)

Das bedeutet aber nicht, daß ich eine klare Identität und auch Patriotismus für unnötig halte. Ich hatte mir das als Kind sehr gewünscht "irgendwo dazuzugehören" und noch heute beneide ich manche, die damit kein Problem haben. Man sieht von manchen Dingen in unserer Lage vielleicht etwas mehr, als wenn man nur in einer Identität gefangen ist, aber wenn es zuviel Raum beansprucht, bekommt man den Kopf nicht frei für andere Dinge. Das war bei mir, denke ich, der Fall.

Glühender Patriotismus muß es nicht unbedingt sein, glühen kann ich sowieso nur für einzelne Menschen, insbesondere die des anderen Geschlechts ;-) Aber das Gefühl der Zugehörigkeit, das allzu starke Auswüchse in Richtung Rücksichtslosigkeit verhindert, finde ich schon sehr nützlich. Der in Deutschland meiner Meinung nach oft vorkommende "umgekehrte Nationalismus" wirkt sich verheerend aus. Man kann nur hoffen, daß er langsam ein natýrliches Ende findet ;-)

Schönen Tag noch, Ungelt

jana Offline




Beiträge: 348

21.07.2009 19:36
#25 RE: Die Feinheiten der deutschen Sprache Antworten

Ahoj Ungelte,

Jana schrieb:

In Antwort auf:
Jedenfalls dürfte klar sein, weshalb wir keine glỷhenden Patrioten geworden sind, oder? Denn: Fỷr wen? Wo4? ...


Ungelt schrieb:
In Antwort auf:
Mir geht es so ähnlich wie diesem Herrn Kohn, der per Flugzeug immer zwischen Prag und Tel Aviv hin und her pendelt. Auf die Frage, warum er das tut, antwortet er, daß er sich eben unterwegs in der Luft immer am wohlsten fühlt ;-)


Das gefällt mir sehr gut!

In Antwort auf:
Das bedeutet aber nicht, daß ich eine klare Identität und auch Patriotismus für unnötig halte.


Hmmm, darin unterscheiden wir uns.

In Antwort auf:
Ich hatte mir das als Kind sehr gewünscht "irgendwo dazuzugehören"


Na ja, vielleicht war ich - trotz des abweichenden Hintergrunds mütterlicherseits & des herbeigewỹnschten (wenn auch gar nicht vorhandenen) Wijenertums väterlicherseits - immer noch, als Kind, tschechisch genug, so daß mir, "heimatmäßig", nix fehlte. Ich hatte also nicht das Gefühl, in der Luft zu hängen, glaube ich.

In Antwort auf:
und noch heute beneide ich manche, die damit kein Problem haben. Man sieht von manchen Dingen in unserer Lage vielleicht etwas mehr, als wenn man nur in einer Identität gefangen ist, aber wenn es zuviel Raum beansprucht, bekommt man den Kopf nicht frei für andere Dinge. Das war bei mir, denke ich, der Fall.


Ja, das hast Du schön gesagt, & es stimmt. Komischerweise tritt es bei mir aber eigentlich erst seit 9/11 auf. Das war wohl das Ende des Internationalismus. Heutzutage dürfen nicht einmal mehr Bäume von eim Bundesland ins andere verkauft werden, weil sie dort evtl. nicht autochthon sind. (Ich fühle mich ihnen verbunden; kein Witz!)
Im alten Jahrtausend fühlt ich mich als Europäerin, dann als Westlerin, jetzt als Alien, ganz grob gesagt. In ein paar Jahren werde ich das evtl. besser analysieren können , jetzt bin ich noch zu sehr drin.

In Antwort auf:
Glühender Patriotismus muß es nicht unbedingt sein, glühen kann ich sowieso nur für einzelne Menschen, insbesondere die des anderen Geschlechts ;-) Aber das Gefühl der Zugehörigkeit, das allzu starke Auswüchse in Richtung Rücksichtslosigkeit verhindert, finde ich schon sehr nützlich. Der in Deutschland meiner Meinung nach oft vorkommende "umgekehrte Nationalismus" wirkt sich verheerend aus. Man kann nur hoffen, daß er langsam ein natýrliches Ende findet ;-)


Also, davon abgesehen, daß Du "natierlich" falsch geschrieben hast ;-) : Was meinst Du mit den AuswỸxn in Richtung Rixichzlosigkeit? Das versteh ich echt nicht!

Ratlose Griesse, Jana

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