Roman Herzog ist nicht nur ein blitzgescheiter Mensch, sondern auch - wiewohl Mitglied der CDU - ein in der Wolle gefärbter Liberaler. Seit ein paar Jahren befaßt er sich mit der EU; und mit jedem Kommentar wird seine Haltung radikaler ablehnend, was deren jetzigen Kurs angeht. Heute also auf ein Neues in der FAZ.
Wirklich bedauernswert, daß deutsche Politiker scheinbar immer erst nach ihrem Karriereende den Mut finden, sich kontrovers zu Themen existentieller Wichtigkeit zu äußern...
Ungelt
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15.01.2010 10:36
#4 RE: Zitat des Tages: "Die EU schadet der Europa-Idee"
Die tschechische "Lidové Noviny" brachte gestern auch einen entsprechenden Bericht mit einem schönen Foto von Herzog und Klaus von der Verleihung des Preises der F.v.Hayek Stiftung an Klaus vom Mai 2009. Der Autor stellt fest, daß die beiden sehr ähnliche Standpunkte vertreten und daß sie "einen Weg gesucht haben, diese Standpunkte gemeinsam zu präsentieren". Sonst werden nur noch einige bekannte Details genannt.
Der Text der Dankesrede von Klaus von der Preisverleihung in Freiburg ist übrigens unter den deutschen Texten der Homepage von Klaus verfügbar.
Sonst kann ich mich nur dem Seufzer von Hajo anschleißen.
Danke für den Hinweis. Ich habe die FAZ nach ihrem Rückfall in die Troglodytenorthographie endgültig abbestellt, werde aber gleich in der Mittagspause die heutige Ausgabe ausnahmsweise kaufen. Im Pressearchiv des lobenswerten Informationsdienstes CEP finden sich übrigens neben den hier in ZKZ bereits diskutierten Beiträgen aus FAZ (Stoppt den Europäischen Gerichtshof) und WELT (Die Europäische Union gefährdet die parlamentarische Demokratie) auch Artikel, die man sonst nicht unbedingt zur Kenntnis nähme, weil sie nicht in der FAZ erscheinen, sondern etwa in der Badischen Zeitung oder den Lübecker Nachrichten.
Ein Hinweis zum allgemeinen Thema "die dort in Brüssel mischen sich in unser Leben ein":
Sie haben absolut recht, dass da das Subsidiaritätsprinzip allzu oft mit Füßen getreten wird. Es lohnt sich aber schon, auch die Hintergründe solcher EU-Maßnahmen zu verstehen.
Ein guter Bekannter ist Lobbyist in Brüssel (und als solcher der Naivität wohl eher unverdächtig). Er hat mir die Problematik einmal anhand des Klassikers "Gurken-Krümungsradius" erklärt:
Solche Sachen werden in der Regel NICHT von den EU-Bürokraten selbst ausgetüftelt. Sondern das kommt praktisch immer von außerhalb (in diesem Fall: von der Nahrungsmittelindustrie). Konkret das Gurken-Thema geht den EU-Bürokraten schon seit Jahren auf die Nerven, weil sie in Diskussionen mit "EU-Skeptikern" immer wieder damit konfrontiert werden. Es gab (von Seiten der EU) daher auch schon Versuche, die Gurken-Verordnung wieder abzuschaffen. Das scheiterte aber am massiven Widerstand des betroffenen Wirtschaftszweigs. (Was Wirtschaftsvertreter aber natürlich nicht daran hindert, immer wieder just dieses Beispiel für die schlimme EU-Bürokratie zu bemühen...).
Abgesehen von Lobbygruppen (die sich bei der Durchsetzung ihrer Wünsche auf EU-Ebene oft leichter tun als auf nationaler Ebene, weil in Brüssel die "kritische Öffentlichkeit" weniger vorhanden ist) sind es oft auch nationalen Regierungen, die ganz froh sind, wenn sie mühsame innenpolitische Diskussionen auf diese Weise umgehen können: "die in Brüssel zwingen uns leider, leider zu dieser Maßnahme").
Man sollte - gerade als Liberaler - auch nicht übersehen, dass die in der Öffentlichkeit diskutierten Fälle von Einflußnahme der Kommission auf die deutsche Innenpolitik in aller Regel eher eine Stoßrichtung hin zu mehr Wettbewerb hat. Von der EU angeprangert werden in der Regel verkrustete Strukturen in Deutschland (Fälle wie: VW-Gesetz, öffentlicher Bankensektor, Wettbewerbsbeschränkungen im Gesundheitswesen, Kungeleien bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, etc.). All dies macht diese Durchlöcherungen des Subsidiaritätsprinzips nicht zu einer guten Sache - aber man sollte zumindest anerkennen, dass die Stoßrichtung oft eine vernünftige ist.
(Wer wegen dieses Beitrags die FAZ kaufen wollte, der hat das vermutlich inzwischen getan ).
Zwei Kostproben:
Zitat von Herzog et.a.Um die Beachtung des ... Subsidiaritätsprinzips steht es jedoch schlecht. Schon heute spielt es im Bewusstsein der Brüsseler Politiker, Beamten und Verbandsvertreter kaum eine Rolle. Wer es in Brüssel als tragende Säule einer nachhaltigen europäischen Integration verteidigt, wird meist nur mitleidig belächelt. Diametral zur ursprünglichen Intention versteht man in Brüssel unter Subsidiarität heute meist: Wenn Brüssel Geld gibt, kann das fragliche Problem besser auf EU-Ebene gelöst werden. Und nur allzu gern gibt Brüssel deshalb Geld. Vor diesem Hintergrund ist es umso besorgniserregender, dass das Prüfkriterium, ob ein grenzüberschreitendes Problem vorliegt, im Lissabon-Vertrag gestrichen wurde.
Zitat von Herzog et.a.Das jüngste Beispiel ist eine EU-Richtlinie, die selbständigen (!) Frauen einen Anspruch auf staatliche Sozialleistungen gewährt. In der entscheidenden Ministerratssitzung insistierte die Bundesregierung nachdrücklich, dass die EU gar nicht die erforderliche Gesetzgebungskompetenz besitze und dass dieses Vorhaben einen rechtswidrigen Eingriff in die nationalen Sozialleistungssysteme darstelle. In der anschließenden Abstimmung enthielt sie sich jedoch der Stimme, um die Richtlinie dennoch nicht zu blockieren. Das geschah beileibe nicht zum ersten Mal: In Brüssel heißt dieses Abstimmungsverhalten "German vote".
Also: Unbedingt lesen! Und dann hier diskutieren! .
Zitat von FlorianAbgesehen von Lobbygruppen (die sich bei der Durchsetzung ihrer Wünsche auf EU-Ebene oft leichter tun als auf nationaler Ebene, weil in Brüssel die "kritische Öffentlichkeit" weniger vorhanden ist)
Das ist das Prinzp "beat the system", man umgeht die lokale (vom Volk gewählte und beauftragte) Instanz, indem man sich an eine höhere Instanz (auf die das Volk kaum mehr Einfluss hat und die dem Volk keine Rechenschaft ablegen müssen) wendet. So gibt es eben zwei Instanzen, um irgendwelche Massnahmen durchzusetzen. Wenn es bei der ersten nicht klappt, klappt es vielleicht bei der zweiten, so wie zwei Lottozettel statt einem die Wahrscheinlichkeit eines Treffers auch verdoppeln.
Mit dieser Verteidigung macht man es sich zu leicht. Niemand wird gezwungen der Gurke eine bestimme Krümmung vorzuschreiben. Ob dies nun ein paar wenige wünschen oder nichg, die EU-Bürokraten sind den Verträgen und dem europäichen Volk verpflichtet, keinem Lobbyisten.
So leicht kann sich kein Politiker aus der Verantwortung stehlen. Wie sähe das denn im Extremfall aus? Werden da Ausländer ausgegrenzt und Menschenrechte missachtet, weil ein paar wenige "aus dem Volk" das wollen? Und würde sich dann ein EU-Politiker über unfaire Kritik beschweren können?
Zitat von FlorianEr hat mir die Problematik einmal anhand des Klassikers "Gurken-Krümungsradius" erklärt: Solche Sachen werden in der Regel NICHT von den EU-Bürokraten selbst ausgetüftelt. Sondern das kommt praktisch immer von außerhalb (in diesem Fall: von der Nahrungsmittelindustrie). Konkret das Gurken-Thema geht den EU-Bürokraten schon seit Jahren auf die Nerven, weil sie in Diskussionen mit "EU-Skeptikern" immer wieder damit konfrontiert werden. Es gab (von Seiten der EU) daher auch schon Versuche, die Gurken-Verordnung wieder abzuschaffen. Das scheiterte aber am massiven Widerstand des betroffenen Wirtschaftszweigs.
Nutznießer solcher Verordnungen, lieber Florian, sind in der Regel die großen Produzenten, die sich halt an das anpassen, was vorgeschrieben ist. Wer im Spreewald ein paar Gurken zieht, der kann das nicht. Alle diese aus Verbrauchersicht unsinnigen Normungen im Bereich der Lebensmittel dienen der großen Lebensmittelindustrie und haben folglich dort auch ihre Lobby.
Bei Lebensmitteln kann man immerhin noch die Brüsseler Zuständigkeit mit dem grenzüberschreitenden Warenverkehr begründen. Restaurants aber pflegen Grenzen nicht zu überschreiten. Dennoch zum Beispiel dies:
Zitat von Herzog et al.Nach den Vorstellungen der Kommission, maßgeblich unterstützt vom Europäischen Parlament, sollen nicht behindertengerechte Geschäfte und Restaurants bedarfsunabhängig umgebaut werden müssen und auch Mieter den behindertengerechten Umbau von Wohnungen verlangen können. Die Bundesregierung hat im Ministerrat die Verletzung des Subsidiaritätsprinzips geltend gemacht und sich klar gegen dieses Vorhaben ausgesprochen. In der Tat liegt eine national nicht lösbare, grenzüberschreitende Problemlage nicht vor; Gebäude können nun einmal nicht von einem in den anderen Staat wandern. Die Bundesregierung könnte den Entwurf mit einem Veto zu Fall bringen. Dazu wird es aber voraussichtlich nicht kommen.
Dasselbe gilt für den Wahnwitz des in AGG umgetauften Antidiskriminierungesetzes. Oder für die Seilbahnen. Es ist überall dasselbe: Mit juristisch absurden und jeder Logik Hohn sprechenden geistigen Klimmzügen ziehen die EU-Bürokraten eine Kompetenz nach der anderen an sich.
Und es fehlt - das sagen Herzog et al. ja sehr deutlich - an einem Gegengewicht. Die nationalen Regierungen schließen sich nicht gegen die Unverschämtheit der Brüsseler Bürokraten zusammen; und einen Alleingang wagt erst recht (außer dem bewundernswerten Vaclav Klaus) kaum jemand. Deutschland protestiert und enthält sich dann der Stimme - feiger geht es nicht mehr; "the German vote", Europa lacht schon über uns.
Übrigens habe ich nirgends in den TV-Nachrichten, die jede Äußerung eines Gewerkschafters oder von Gysi zu vermelden pflegen, eine Meldung über die Intervention von Herzog et al. gelesen.
Zitat von ZettelEs ist überall dasselbe: Mit juristisch absurden und jeder Logik Hohn sprechenden geistigen Klimmzügen ziehen die EU-Bürokraten eine Kompetenz nach der anderen an sich.
In den USA ist es ähnlich. Die Befugnisse der zentralen Legislative sind eigentlich sehr eingeschränkt, wenn man sich einmal die Constitution anschaut. Dort wird dann der Interstate Commerce Clause so lange hinvergewaltigt, bis beispielsweise die Regulierung von Bergwerken durch die Zentralregierung durchgeführt werden kann, auch wenn nicht jedem unbedarften Beobachter unmittelbar klar ist, was ein Kohlebergwerk in Pennsylvania mit Handel zwischen den Bundesstaaten zu tun hat. Sozusagen wie die Bergbahnen in der EU.
-- La sabiduría se reduce a no olvidar jamás, ni la nada que es el hombre, ni la belleza que nace a veces en sus manos. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat Nutznießer solcher Verordnungen, lieber Florian, sind in der Regel die großen Produzenten, die sich halt an das anpassen, was vorgeschrieben ist. Wer im Spreewald ein paar Gurken zieht, der kann das nicht. Alle diese aus Verbrauchersicht unsinnigen Normungen im Bereich der Lebensmittel dienen der großen Lebensmittelindustrie und haben folglich dort auch ihre Lobby.
Also erstmal muss man sagen, dass es bei der Verordnung nur darum geht, Gurken in Klassen einzuteilen. Das bedeutet nicht, dass keine Gurken ausserhalb der Norm mehr wachsen dürfen oder vernichtet werden müssen. Mit anderen Worten, man hat sowas wie ne DIN für Gurken geschaffen. Daran kann man sich halten, muss man aber nicht. Zweitens sind es nicht nur die großen Produzenten, die davon profitieren, sondern praktisch alle, die irgendwie mit Lebensmittel zu tun. Das fängt beim Bauern an, der seine Gurken einteilen kann und so leichter mit dem Großhändler verhandeln kann, der die Ware nicht mehr auspacken braucht und einzeln kontrollieren muss, sondern sich auf die Einteilung verläßt. Dazu gehören auch die Maschinenbauer, die Maschinen zum Verarbeiten der Gurken bauen und die jetzt anhand der standardisierten Größen es einfacher haben, die notwendigen Maschinen zu bauen. Nur um ein paar aufzuführen.
Und der Verbraucher profitiert erst Recht davon. Wer nur ein bisschen Ahnung von Wirtschaft hat, der weiß um die Probleme der sog. Non-Tariff-Barrier und dass diese immer noch ein großes Problem sind, auch und gerade im innereuropäischen Handel. Oder um es anschaulicher zu machen, was Normierung für den Konsumenten bringen, sei nur mal daran erinnert, dass jeder Handyproduzent ein eigenes Design für den Netzkabelanschluss seines Handys hat.
Man kann und soll gegenüber Brüssel kritisch sein und genau darauf schauen, was und wo sie unsere Freiheit einschränken, aber die Gurkenverordnung ist in meinen Augen ein ganz schlechtes Beispiel. Es klingt auf den ersten Blick lustig und man fragt sich schon, was das soll, aber in der Praxis hat diese Verordnung nunmal fast nur Vorteile.
Über die Gurkenverordnung, ja da konnte man sich jahrelang aufregen, aber die Tatsache, dass man den USA den Zugang auf die SWIFT-Daten gegeben hat, das war nur ein, zwei Tage lang ne Meldung Wert. Und ich denke es dürfte klar sein, was die Freiheit mehr beeinträchtigt!
Zitat Dasselbe gilt für den Wahnwitz des in AGG umgetauften Antidiskriminierungesetzes. Oder für die Seilbahnen. Es ist überall dasselbe: Mit juristisch absurden und jeder Logik Hohn sprechenden geistigen Klimmzügen ziehen die EU-Bürokraten eine Kompetenz nach der anderen an sich.
Soso, das Antidiskriminierungsgesetz ist also ein Wahnwitz? Da würde ich aber gerne wissen warum? Weil es in gut eineinhalb Jahren zu insgesamt 283 Fällen gekommen ist? Oder weil ein Schutz vor Diskriminierung bzgl Alter, Geschlecht, Rasse, etc gar schlecht ist? Sicher, es ist alles andere als ein optimales Gesetz, aber ein Wahnwitz??? Ich empfehle dazu, erstmal den guten Artikel aus brand eins: http://www.brandeins.de/archiv/magazin/w...apiertiger.html
Zitat Und es fehlt - das sagen Herzog et al. ja sehr deutlich - an einem Gegengewicht. Die nationalen Regierungen schließen sich nicht gegen die Unverschämtheit der Brüsseler Bürokraten zusammen; und einen Alleingang wagt erst recht (außer dem bewundernswerten Vaclav Klaus) kaum jemand. Deutschland protestiert und enthält sich dann der Stimme - feiger geht es nicht mehr; "the German vote", Europa lacht schon über uns.
Soso, es fehlt an einem Gegengewicht? Ich darf doch mal daran erinnnern, dass der Rat der Europäischen Union immer noch das mächtigste Organ ist und dass die nationalen Regierungen immer noch die Leute aussuchen, die sie als Kommissare hinschicken. Ganz zu schweigen davon, dass bevor eine Verordnung oder eine Richtlinie herausgekommen ist, diese bereits durch die Hände vieler nationaler Beamten gegangen ist. Da braucht man sich nicht zusammenschließen, da wird lieber hinter verschlossenen Türen Einfluss genommen. Und zwar nicht nur von den Lobbyisten, sondern auch fleißig, fleißig, von den nationalen Beamten und deren Regierungen im Hintergrund.
Ich hab den Artikel nicht gelesen und werde es auch nicht tun, da es einfach nur mal wieder das gute alte Brüssel-Bashing ist. Und mich das im Moment doch ziemlich nervt. Und zwar nicht, weil ich der Meinung bin, dass Kritik an der EU nicht notwendig wäre, oder gar Götterbeleidigung wäre.
Nein mir gehts darum, dass nicht die Eurokraten unsere Freiheit bedrohen. Ich bin eher der Meinung, dass der Großteil der bisherigen Verordnungen und Richtlinien unsere Freiheit vergrößert hat. Nein, vielmehr geht es darum dass, wie es Florian schon gesagt hat, dass Brüssel nichts anderes geworden ist, als ein bequemer Sündenbock, den man immer wenn man will aus seinem Sack hervorholen kann und dann unter lautem Gejohle und Publikumsapplaus draufprügeln kann. Und das gilt nicht nur für Politiker, sondern auch Wirtschafts- und Arbeitnehmervertreter. Und diese Scheinheiligkeit und die absichtliche Fehlinformation der breiten Bevölkerung über das was da alles aus Brüssel auf uns zukommt, die nervt mich gewaltig.
Na und, es wird ja auch niemand dazu gewzungen diese Normierung anzunehmen. Ein Bauer kann ja gerne weiterhin seine Gurken ungeachtet jeglicher Normierung auf dem Markt verkaufen und dort wird er sie auch loswerden. Aber für den großen rest bringt es einfach Vorteile mit sich und damit meine ich nicht nur den Anblick!
Aber die Erfahrung, die ich gemacht habe (in diesem Fall waren es allerdings Eier), dass die meisten, auch und gerade kleine Bauern, diese Normierungen annehmen, da es für alle (vom Erzeuger bis zum Konsumenten) ein vergleichsweise einfaches, transparentes und billiges Vergleichssystem schafft. Annehmen muss das niemand, aber es macht das Leben einfacher und deswegen wird es auch benutzt.
Zitat von HiasOder um es anschaulicher zu machen, was Normierung für den Konsumenten bringen, sei nur mal daran erinnert, dass jeder Handyproduzent ein eigenes Design für den Netzkabelanschluss seines Handys hat.
Was ja die EU jetzt ändern wird. Mit dem Ergebnis, lieber Hias, daß der technische Fortschritt gestoppt, mindestens behindert wird. Der ewig wackelnde SCART-Stecker ist ein Beispiel. Hätte man das für Computer gemacht, was jetzt für Handys beabsichtigt ist, dann gäbe es vermutlich noch heute nur RS-232-Schnittstellen und Centronics-Schnittstellen.
Zitat von Hias
Zitat Dasselbe gilt für den Wahnwitz des in AGG umgetauften Antidiskriminierungesetzes. Oder für die Seilbahnen. Es ist überall dasselbe: Mit juristisch absurden und jeder Logik Hohn sprechenden geistigen Klimmzügen ziehen die EU-Bürokraten eine Kompetenz nach der anderen an sich.
Soso, das Antidiskriminierungsgesetz ist also ein Wahnwitz? Da würde ich aber gerne wissen warum?
Erstens, weil es das Subsidiaritätsprinzip gröblich verletzt. Ob sie gesetzliche Regelungen gegen Diskriminierung treffen und wenn ja, welche, ist Sache der Nationalstaaten. Es gibt schlechterdings keine Rechtfertigung dafür, daß sich die EU-Bürokraten die Kompetenz zu diesem Thema angemaßt haben.
Zweitens ist dieses Gesetz jedenfalls in seiner deutschen Ausgestaltung der Direktive auch inhaltlich ein Wahnwitz. Vermieter sind nicht mehr frei, sich ihre Mieter auszusuchen. Bei Bewerbungen werden die Bilder entfernt oder geschwärzt, manchmal auch die Angaben über das Geschlecht, damit sich der Personalchef dem Vorwurf von vornherein entzieht, er hätte diskriminiert.
Es stimmt, daß relativ wenige Fälle die Gerichte erreicht haben. Aber nur deshalb, weil die Firmen einen wahnwitzigen Aufwand treiben müssen, um nicht in den Maschen dieses Gesetzes zu zappeln.
Zitat von Hias
Zitat Und es fehlt - das sagen Herzog et al. ja sehr deutlich - an einem Gegengewicht. Die nationalen Regierungen schließen sich nicht gegen die Unverschämtheit der Brüsseler Bürokraten zusammen; und einen Alleingang wagt erst recht (außer dem bewundernswerten Vaclav Klaus) kaum jemand. Deutschland protestiert und enthält sich dann der Stimme - feiger geht es nicht mehr; "the German vote", Europa lacht schon über uns.
Soso, es fehlt an einem Gegengewicht? Ich darf doch mal daran erinnnern, dass der Rat der Europäischen Union immer noch das mächtigste Organ ist und dass die nationalen Regierungen immer noch die Leute aussuchen, die sie als Kommissare hinschicken.
Die aber mit dem Tag ihrer Ernennung nicht mehr an Weisungen der entsendenden Regierungen gebunden sondern ausschließlich der Kommission und dem Europäischen Parlament verantwortlich sind.
Zitat von HiasGanz zu schweigen davon, dass bevor eine Verordnung oder eine Richtlinie herausgekommen ist, diese bereits durch die Hände vieler nationaler Beamten gegangen ist. Da braucht man sich nicht zusammenschließen, da wird lieber hinter verschlossenen Türen Einfluss genommen. Und zwar nicht nur von den Lobbyisten, sondern auch fleißig, fleißig, von den nationalen Beamten und deren Regierungen im Hintergrund.
Herzog et al. nennen ja Beispiele dafür, wie auch nach Meinung der deutschen Regierung das Subsidiaritätsprinzip verletzt wird, diese selbe Regierung aber kein Veto wagt ("German vote").
Zitat von HiasIch hab den Artikel nicht gelesen und werde es auch nicht tun, da es einfach nur mal wieder das gute alte Brüssel-Bashing ist.
Tja, dann sind Sie freilich argumentativ im Nachteil.
Zitat von Hias Nein, vielmehr geht es darum dass, wie es Florian schon gesagt hat, dass Brüssel nichts anderes geworden ist, als ein bequemer Sündenbock, den man immer wenn man will aus seinem Sack hervorholen kann und dann unter lautem Gejohle und Publikumsapplaus draufprügeln kann.
Tja, man sollte eben nicht den Sündenbock im Sack kaufen, sondern [recte: sonst] haut man am Ende ihn und meint den Esel.
Zitat von ZettelTja, man sollte eben nicht den Sündenbock im Sack kaufen, sondern haut man am Ende ihn und meint den Esel.
Und das wäre der Tropfen, der dem Fass die Krone mitten ins Gesicht schlägt
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16.01.2010 09:05
#16 RE: Zitat des Tages: "Die EU schadet der Europa-Idee"
Zitat von HiasSoso, das Antidiskriminierungsgesetz ist also ein Wahnwitz? Da würde ich aber gerne wissen warum?
Das, was sie ein "optimales Gesetz" nennen, versucht (weitgehend erfolglos) z.B. Arbeitgeber zu zwingen Leute anzustellen, die er nicht anstellen möchte, beschäftigt (erfolgreich) Anwälte und Richter, ermöglicht (auch erfolgreich) Betrügern die Unwissenheit und Ehrlichkeit von anderen Menschen auszunutzen, verursacht in Unternehmen (aber z.B. auch Bildungseinrichtungen) einen deutlichen Mehraufwand und somit Mehrkosten, verschlechtert deren Wettbewerbsfähigkeit, und zwingt schuldlose Rollstuhlfahrer und deren Begleiter zu aufwendigen aber unnützen Reiseveranstalltungen. Nur eine kleine Auswahl der segensreichen Auswirkungen dieses Gesetzes.
Wie Sie sehen, sehen wir beide das wieder einmal diametral unterschiedlich. Ich kann ihnen versichern, daß es bei den anderen von ihnen genannten Beispielen ebenfalls so ist. Dazu kann und werde mich aber aus Zeitgründen nicht äußern. (Zettel hat es ja bereits, wie ich eben sehe, zu meiner vollsten Zufriedenheit bereits getan. )
Erstens: Ich habe es KEIN optimales Gesetz genannt. Mir ist schon klar, dass es nicht das beste ist. Zweitens: Ein Arbeitgeber kann einstellen wen er will, daran ändert das Gesetz auch nichts, aber was es versucht zu verhindern ist, dass jemand auf Grund bestimmter Merkmale nicht diskriminiert wird. Und in meinen Augen ist das ein legitimer Zweck, dass man versucht Artikel 3 des GG auch im privaten Leben durchzusetzen. Drittens: Haben Sie empirische Beweise, dass es einen deutlichen Mehraufwand verursacht? Dass man in Stellenangeboten nicht mehr "jung und dynamisch" schreiben darf, kann ja jetzt nicht soviel Kosten. Und die 283 Fälle in eineinhalb Jahren zusammen mit den niedrigen Schadensersatzsummen, die man in Deutschland zugesprochen bekommt, sprechen nicht dafür, dass davon Heerscharen von Anwälten und Richtern, ganz zu schweigen von den Betrügern leben können.
Zitat von HiasSoso, das Antidiskriminierungsgesetz ist also ein Wahnwitz? Da würde ich aber gerne wissen warum? Weil es in gut eineinhalb Jahren zu insgesamt 283 Fällen gekommen ist?
Das deutsche Sozialversicherungssystem führt auch zu einer wahnwitzigen Verteuerung des Faktors Arbeit, und dass das den Arbeitsmarkt behindert und Arbeitslosigkeit schafft, ist mittlerweile Konsens. Das ist aber völlig unabhängig davon, wie viele Gerichtsverfahren wegen Schwarzarbeit es gibt.
Die Kosten von völlig legaler Compliance übersteigen die Kosten für ein paar Prozesse fast immer.
Zitat von HiasOder weil ein Schutz vor Diskriminierung bzgl Alter, Geschlecht, Rasse, etc gar schlecht ist?
Wenn ein Vermieter mein Geld nicht will, suche ich einen anderen. Und umgekehrt will ich auch diskriminieren können, wen ich will. Als ich mich nach Ehekandidaten umgeschaut habe, habe ich die halbe Menschheit wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Gut, dass das vor dem AGG war...
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Zitat von Hias[Hervorhebungen von mir] Ein Arbeitgeber kann einstellen wen er will, daran ändert das Gesetz auch nichts, aber was es versucht zu verhindern ist, dass jemand auf Grund bestimmter Merkmale nicht diskriminiert wird.
Sind Sie sicher, lieber Hias, daß Sie das gemeint haben?
Aber Scherz beiseite: Diskriminieren heißt bekanntlich unterscheiden. Wer einen Mitarbeiter einstellt, der muß unterscheiden - zwischen jemandem, den er als Mitarbeiter haben will, und denjenigen, die er nicht haben will. An welchen Kriterien er das orientiert, ist seine Sache.
Entgegen einer weitverbreiteten Meinung verbietet das Grundgesetz es keineswegs, zum Beispiel lieber eine Frau als einen Mann als Sekretärin einzustellen, oder für Straßenbauarbeiten lieber einen Mann als eine Frau. Übrigens verbietet es auch nicht, daß Männer wehrpflichtig sind und Frauen nicht.
Zitat von HiasUnd in meinen Augen ist das ein legitimer Zweck, dass man versucht Artikel 3 des GG auch im privaten Leben durchzusetzen.
Sie haben jedes Recht zu dieser persönlichen Meinung. Nur sind die Grundrechte bekanntlich Schutzrechte gegenüber dem Staat. Sie verbieten dem Staat, Männer und Frauen ungleich zu behandeln (aber siehe oben). Sie verbieten es keineswegs dem Bürger. Gorgasal hat ja schon auf unsere Freiheit hingewiesen, bei der Partnerwahl nach Geschlecht zu diskriminieren.
Zitat von HiasHaben Sie empirische Beweise, dass es einen deutlichen Mehraufwand verursacht?
Zitat Was ja die EU jetzt ändern wird. Mit dem Ergebnis, lieber Hias, daß der technische Fortschritt gestoppt, mindestens behindert wird. Der ewig wackelnde SCART-Stecker ist ein Beispiel. Hätte man das für Computer gemacht, was jetzt für Handys beabsichtigt ist, dann gäbe es vermutlich noch heute nur RS-232-Schnittstellen und Centronics-Schnittstellen.
Woher wollen Sie wissen, ob damit der technische Fortschritt behindert wird? Im PC-Bereich hat man ja auch bluetooth und USB entwickelt, obwohl man einheitliche Standards für Netzstecker hatte. Und ich wage zu bezweifeln, ob bei Netzsteckern noch soviel Innovationspotential herrscht.
Ich will mal nochmal auf die nichttarifären Handelshemmnisse hinweisen. Eine Untersuchung Anfang der 1980er Jahre hat ergeben, dass europäische Firmen, trotz der EWG, massive Produktivitätsnachteile hatten. Ein Grund dafür war, neben bürokratischen Hemmnissen, die Tatsache, dass es in den europäischen Staaten viele verschiedene technische Standards gab. Das führte dazu, dass man Skaleneffekte nicht nutzen konnte, da man die Produkte den verschiedenen Märkten anpassen muss. Erst die Vereinheitlichung in vielen Standards, führte dazu, dass man diese Skaleneffekte ausnutzen konnte und so auch dazu, dass sich viele Produkte verbilligten. Übrigens senkt dies auch die Markteintrittsbarrieren und führt so zu mehr Wettbewerb und Innovation.
Zitat Erstens, weil es das Subsidiaritätsprinzip gröblich verletzt. Ob sie gesetzliche Regelungen gegen Diskriminierung treffen und wenn ja, welche, ist Sache der Nationalstaaten. Es gibt schlechterdings keine Rechtfertigung dafür, daß sich die EU-Bürokraten die Kompetenz zu diesem Thema angemaßt haben.
Zweitens ist dieses Gesetz jedenfalls in seiner deutschen Ausgestaltung der Direktive auch inhaltlich ein Wahnwitz. Vermieter sind nicht mehr frei, sich ihre Mieter auszusuchen. Bei Bewerbungen werden die Bilder entfernt oder geschwärzt, manchmal auch die Angaben über das Geschlecht, damit sich der Personalchef dem Vorwurf von vornherein entzieht, er hätte diskriminiert.
Es stimmt, daß relativ wenige Fälle die Gerichte erreicht haben. Aber nur deshalb, weil die Firmen einen wahnwitzigen Aufwand treiben müssen, um nicht in den Maschen dieses Gesetzes zu zappeln.
Hm, so einfach ist es auch wieder nicht. Zu Erstens: Ich halte es sehr wohl für sinnvoll, dass man dies auf EU-Ebene macht, da es sonst doch zu deutlichen Unterschieden kommt. Ein nationales Gesetz kann man immer ändern und wer sagt, dass eine rechtsnationale Regierung beispielsweise nicht die Gleichbehandlung für Homosexuelle ausser Kraft setzt. Hinzu kommt, dass die BRD aus Art. 3 des Grundgesetzes eigentlich schon längst dafür zu sorgen hätte, dass so was wie ein AGG gibt. Denn die Grundrechte sind nicht nur subjektive Rechte gegenüber dem Staat, sondern verlangen auch, dass der Staat diese Recht in der Gesellschaft durchsetzt.
Zu Zweitens: Erstmal kann die EU nichts dafür, wenn die deutsche Regierung ein handwerklich schlechtes Gesetz macht. Dann stellt sich mir immer noch die Frage, warum ein Vermieter oder ein Unternehmer das Recht haben sollte, jemanden abzulehnen, weil er ein Schwarzer ist, oder weil er evangelisch ist, oder noch schlimmer, weil er eine Frau ist. Darüber mag man jetzt lachen, aber ich habe erst vor kurzem mit Erschrecken festgestellt, dass einige Bekannte - gerade fertig mit dem Studium - doch deutliche Probleme bei der Jobsuche hatten. Man hatte ihnen nämlich unterstellt, dass sie kaum dass sie den Job haben, gleich schwanger werden wollen. Ich meine, die Freiheit des einzelnen gilt ja immer soweit, bis sie die Freiheit des anderen einschränkt. Und wenn man durch Diskriminierung Probleme hat Arbeit und Wohnung zu finden, dann ist das eine deutliche Einschränkung der Freiheit, die ich nicht durch die Handlungsfreiheit anderer gerechtfertigt sehe.
Und ich hab bisher keine Zahlen gelesen, dass die Firmen irgendeinen wahnwitzigen Aufwand treiben um das AGG einhalten zu müssen. Ich bitte darum um Daten, die das belegen. Ich vermute eher, dass es eigentlich ganz gut funktioniert, auch weil es relativ ruhig geworden ist um das AGG und auch die 283 Fälle sprechen dafür, dass sich im Endeffekt nicht viel geändert hat.
Zitat Herzog et al. nennen ja Beispiele dafür, wie auch nach Meinung der deutschen Regierung das Subsidiaritätsprinzip verletzt wird, diese selbe Regierung aber kein Veto wagt ("German vote").
Naja, nicht jedesmal wenn nach Meinung der deutschen Regierung das Subsidaritätsprinzip verletzt wird, ist das tatsächlich auch der Fall. Wollen wir doch mal so realistisch sein, dass auch die deutsche Vertretung in Brüssel nicht frei ist von Lobbyeinflüßen.
Zitat Aber Scherz beiseite: Diskriminieren heißt bekanntlich unterscheiden. Wer einen Mitarbeiter einstellt, der muß unterscheiden - zwischen jemandem, den er als Mitarbeiter haben will, und denjenigen, die er nicht haben will. An welchen Kriterien er das orientiert, ist seine Sache.
Entgegen einer weitverbreiteten Meinung verbietet das Grundgesetz es keineswegs, zum Beispiel lieber eine Frau als einen Mann als Sekretärin einzustellen, oder für Straßenbauarbeiten lieber einen Mann als eine Frau. Übrigens verbietet es auch nicht, daß Männer wehrpflichtig sind und Frauen nicht.
Hm, ich glaube da liegt der Hase im Pfeffer begraben. Natürlich darf der Arbeitgeber diskriminieren, indem er beispielsweise den mit den besten Leistungen nimmt. Oder den, den er aufgrund seiner sozialen Fähigkeiten als am besten geeignet für die Teamarbeit ansieht. Das ist ja kein Problem und nach dem Gesetz auch erlaubt.
Allerdings muss Diskriminierung in bestimmten Bereichen einfach verboten sein und das sind Merkmale, die man nicht, oder nicht so einfach ändern kann, wie Rasse, wie Geschlecht, etc. Und genauso darf man auch nicht nach Weltanschauung oder Religion diskriminieren. Oder fänden Sie es in Ordnung, wenn eine Firma nur noch Katholiken einstellt (und ich meine damit jetzt nicht die katholische Kirche). Es geht also nicht um die von Ihnen als Diskrimierung bezeichnete Auswahl nach relativ objektiven Kriterien.
Zitat Sie haben jedes Recht zu dieser persönlichen Meinung. Nur sind die Grundrechte bekanntlich Schutzrechte gegenüber dem Staat. Sie verbieten dem Staat, Männer und Frauen ungleich zu behandeln (aber siehe oben). Sie verbieten es keineswegs dem Bürger. Gorgasal hat ja schon auf unsere Freiheit hingewiesen, bei der Partnerwahl nach Geschlecht zu diskriminieren.
Wie schon im anderen Beitrag ausgeführt, sind Grundrechte nicht nur Schutzrechte gegenüber dem Staat. Es gibt auch die sog. Drittwirkung, nachdem der Staat, zumindest über Gerichte, diese auch im öffentlichen Leben durchsetzen muss. Nur auf den Staat zu reduzieren, so einfach kann man es sich schlicht und einfach nicht machen. Weil von der Teilhabe an der Gesellschaft nunmal auch unglaublich an Freiheit abhängt. Wenn es den Unternehmen erlaubt würde, beispielsweise nach Gewerkschaftszugehörigkeit zu diskriminieren, würde das nicht nur den Gleichheitssatz untergraben, sondern auch die Berufsfreiheit und die Koalitionsfreiheit vieler und langfristig das Konstrukt gefährden, wonach Arbeitgeber und Arbeitnehmer ohne Einfluss des Staates den Lohn aushandeln.
Und ihr Artikel ist ja ganz nett, aber lesen sie mal den brand eins Artikel durch. Übrigens eine hervoragende Wirtschaftszeitung. Aus eigener Erfahrung kann ich da nur sagen, dass ich bisher bei jeder Bewerbung mein Alter und mein Geschlecht angeben musste! Und ich nirgendwo in den Supermärkten oder sonstwo sehe, dass es keine Länderangaben mehr gibt.
Zitat Das deutsche Sozialversicherungssystem führt auch zu einer wahnwitzigen Verteuerung des Faktors Arbeit, und dass das den Arbeitsmarkt behindert und Arbeitslosigkeit schafft, ist mittlerweile Konsens. Das ist aber völlig unabhängig davon, wie viele Gerichtsverfahren wegen Schwarzarbeit es gibt.
Die Kosten von völlig legaler Compliance übersteigen die Kosten für ein paar Prozesse fast immer.
Soso, aber warum verteuert den das deutsche Sozialversicherungssystem den Faktor Arbeit? Doch nur weil man für den Arbeitnehmer nicht nur den Lohn, sondern auch die Beiträge zu zahlen hat. Dies ist für das AGG doch nicht der Fall. Meistens endet das damit, dass man seine Mitarbeiter fortbilden muss, was etwas kostet, ohne Zweifel, aber bei weitem nicht die Unsummen, die die INSM prophezeit hat.
Zitat Wenn ein Vermieter mein Geld nicht will, suche ich einen anderen. Und umgekehrt will ich auch diskriminieren können, wen ich will. Als ich mich nach Ehekandidaten umgeschaut habe, habe ich die halbe Menschheit wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Gut, dass das vor dem AGG war...
Was soll man dazu sagen. Vielleicht nur mal, dass es zum einen Unterschied macht, wer nach einer Wohnung sucht, oder einen Job. Und vielleicht auch, dass es schwerfällt ohne Wohnung oder Job über die Runden zu kommen, aber im Gegensatz dazu kann man sehr wohl ein normales Leben führen, ohne mit Ihnen verheiratet zu sein.
Zitat Das deutsche Sozialversicherungssystem führt auch zu einer wahnwitzigen Verteuerung des Faktors Arbeit, und dass das den Arbeitsmarkt behindert und Arbeitslosigkeit schafft, ist mittlerweile Konsens. Das ist aber völlig unabhängig davon, wie viele Gerichtsverfahren wegen Schwarzarbeit es gibt. Die Kosten von völlig legaler Compliance übersteigen die Kosten für ein paar Prozesse fast immer.
Soso, aber warum verteuert den das deutsche Sozialversicherungssystem den Faktor Arbeit? Doch nur weil man für den Arbeitnehmer nicht nur den Lohn, sondern auch die Beiträge zu zahlen hat. Dies ist für das AGG doch nicht der Fall. Meistens endet das damit, dass man seine Mitarbeiter fortbilden muss, was etwas kostet, ohne Zweifel, aber bei weitem nicht die Unsummen, die die INSM prophezeit hat.
Ich wollte darauf hinweisen, dass Ihr Argument "das AGG ist unproblematisch, weil es nur 283 Prozesse gab" nicht zieht, weil die Anzahl der Prozesse nur sehr unvollständig die Kosten eines Gesetzes widerspiegeln - eben weil die meisten Bürger und Unternehmen nicht in Prozesse verwickelt werden wollen und daher vorher ihre internen Abläufe gesetzeskonform ausrichten. Die Sozialversicherung war nur eine Illustration.
Zitat von Hias
Zitat Wenn ein Vermieter mein Geld nicht will, suche ich einen anderen. Und umgekehrt will ich auch diskriminieren können, wen ich will. Als ich mich nach Ehekandidaten umgeschaut habe, habe ich die halbe Menschheit wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Gut, dass das vor dem AGG war...
Was soll man dazu sagen. Vielleicht nur mal, dass es zum einen Unterschied macht, wer nach einer Wohnung sucht, oder einen Job. Und vielleicht auch, dass es schwerfällt ohne Wohnung oder Job über die Runden zu kommen, aber im Gegensatz dazu kann man sehr wohl ein normales Leben führen, ohne mit Ihnen verheiratet zu sein.
Gibt es denn nur einen Arbeitgeber? Oder nur einen Vermieter? Mein Arbeitgeber stellt mit schöner Regelmäßigkeit Frauen im gebärfähigen Alter ein, ohne sich übermäßige Sorgen um so etwas zu machen. Wenn jemand gut ist, dann wird sie oder er nicht an Diskriminierung scheitern. Und wenn nicht, dann ist die Diskriminierung vielleicht sein kleinstes Problem. Aber das sehen Sie wohl anders.
-- La sabiduría se reduce a no olvidar jamás, ni la nada que es el hombre, ni la belleza que nace a veces en sus manos. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von HiasAllerdings muss Diskriminierung in bestimmten Bereichen einfach verboten sein und das sind Merkmale, die man nicht, oder nicht so einfach ändern kann, wie Rasse, wie Geschlecht, etc. Und genauso darf man auch nicht nach Weltanschauung oder Religion diskriminieren. Oder fänden Sie es in Ordnung, wenn eine Firma nur noch Katholiken einstellt (und ich meine damit jetzt nicht die katholische Kirche).
Ja, selbstverständlich. Und wenn ein türkischer Unternehmer nur türkische Mitarbeiter einstellen will, dann ist das seine Sache. Wenn ein Türke ein Mehrfamilienhaus besitzt und die Wohnungen an Türken vermieten will, aber nicht an Rußlanddeutsche, dann ist das seine Sache.
Zitat von Hias
Zitat Sie haben jedes Recht zu dieser persönlichen Meinung. Nur sind die Grundrechte bekanntlich Schutzrechte gegenüber dem Staat. Sie verbieten dem Staat, Männer und Frauen ungleich zu behandeln (aber siehe oben). Sie verbieten es keineswegs dem Bürger. Gorgasal hat ja schon auf unsere Freiheit hingewiesen, bei der Partnerwahl nach Geschlecht zu diskriminieren.
Wie schon im anderen Beitrag ausgeführt, sind Grundrechte nicht nur Schutzrechte gegenüber dem Staat. Es gibt auch die sog. Drittwirkung, nachdem der Staat, zumindest über Gerichte, diese auch im öffentlichen Leben durchsetzen muss. Nur auf den Staat zu reduzieren, so einfach kann man es sich schlicht und einfach nicht machen. Weil von der Teilhabe an der Gesellschaft nunmal auch unglaublich an Freiheit abhängt.
Die Grundrechte waren, als das GG in Kraft trat, Schutzrechte gegenüber dem Staat. Sie sind dann, teils durch die Rechtsprechung und teils durch Grundgesetzänderungen, in der Tat (leider) teilweise auch zu Pflichten des Staats geworden, bestimmte gesellschaftspolitische Vorstellungen umzusetzen.
So lautet zB der Artikel 3 in seiner jetzigen Fassung:
Zitat von Artikel 3 GG(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Die Sätze, die ich hervorgehoben haben, sind spätere Verfassungsänderungen. Wann, müßte ich nachsehen.
Zitat von HiasWenn es den Unternehmen erlaubt würde, beispielsweise nach Gewerkschaftszugehörigkeit zu diskriminieren, würde das nicht nur den Gleichheitssatz untergraben, sondern auch die Berufsfreiheit und die Koalitionsfreiheit vieler und langfristig das Konstrukt gefährden, wonach Arbeitgeber und Arbeitnehmer ohne Einfluss des Staates den Lohn aushandeln.
Richtig. Und deshalb verbietet es das Arbeitsrecht. Es braucht dazu also kein AGG.
Zitat von HiasAus eigener Erfahrung kann ich da nur sagen, dass ich bisher bei jeder Bewerbung mein Alter und mein Geschlecht angeben musste! Und ich nirgendwo in den Supermärkten oder sonstwo sehe, dass es keine Länderangaben mehr gibt.
Das Letztere kann ich bestätigen. Nicht immer holt also die Realität die Satire ein.
Zitat von HiasUnd genauso darf man auch nicht nach Weltanschauung oder Religion diskriminieren. Oder fänden Sie es in Ordnung, wenn eine Firma nur noch Katholiken einstellt (und ich meine damit jetzt nicht die katholische Kirche).
Ich hätte damit keine Probleme. Stellen Sie sich eine katholische Buchhandlung vor. Oder einen Schneider für liturgische Gewänder. Einen Goldschmied, der hauptsächlich Kelche und Patenen herstellt. Alternativ: ein koscherer Metzger. Oder sonstwas. Warum sollte ein vegetarisches Restaurant nicht Vegetarier als Köche oder Kellner bevorzugen dürfen?
In England bestehen Befürchtungen, dass ein geplantes Gleichstellungsgesetz es der katholischen Kirche verbieten könnte, für den Priesterstand nur Männer einzustellen. Oder die Ehelosigkeit zu verlangen. Und ich finde, was der katholischen Kirche recht ist, sollte einem anderen Arbeitgeber billig sein.
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