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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 79 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.02.2010 14:04
Westerwelles riskante Taktik Antworten

Sei Beginn des Jahres stehen in ZR Artikel zur Krise der FDP. Ich schreibe sie nicht aus Gegnerschaft zur FDP, die im Gegenteil meine Partei ist; sondern aufgrund der Beurteilung, daß die FDP in Gefahr ist, ihren Triumph vom 27. September 2009 zu verspielen. Und zwar nicht nur auf der taktischen Ebene, wo es jetzt zuvörderst um die Wahlen in NRW am 7. Mai geht, sondern auch auf der strategischen Ebene, auf der die FDP versucht, sich als eine unabhängige liberale Volkspartei mit einem Wählerstamm auch in aufstiegsorientierten Schichten zu etablieren.

Der Artikel besteht aus zwei Teilen. Der erste befaßt sich mit der taktischen Lage der FDP. Im zweiten diskutiere ich einen Beitrag von Gerd Ulrich in der "Zeit" zur strategischen Situation nicht nur der FDP, sondern des Liberalismus überhaupt.

Korrektur: Er heißt Bernd Ulrich. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich wieder einmal bei Kallias bedanken; er weiß schon, wofür.

Hajo Offline



Beiträge: 440

16.02.2010 14:19
#2 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Die Taktik der FDP, der Misere qua Erregungsdebatte zu entkommen, halte ich, genau wie Sie, für ein Strohfeuer. Am Ende des Tages sind Bürger wie Sie und ich doch verärgert, weil die 15-Prozent-FDP nicht einmal versucht ihre Ziele durchzusetzen, da sie selbst weiß, daß der Kernpunkt, nämlich Steuerentlastungen, Wunschdenken ist, während der Vorsitzende mit aufgesetzem Grinsen durch die Welt jettet und "Guido entdeckt die Welt" aufführt.

Ginge es nach mir, man bräuchte gar keine Steuersenkungen, die in der jetzigen Situation ohnehin illusorisch sind, insbesondere weil sie eh nicht durch Einsparungen gegenfinanziert werden. Wie Sie schon anmerkten: Die FDP-Wähler sind nicht blöd, und sie mögen es nicht, wenn man das eigentlich eher aus dem Dunstkreis des westdeutschen DGB stammende Märchen von der selbsttragenden Steuerentlastung auftischt. Dieses halbherzige, selbst in der Lüge. Es müssten Konzepte her, die nicht den Anschein eines Alibis erwecken. Was ist eigentlich aus dem schönen Wort "aufkommensneutrale Reform" geworden? Kennt das noch jemand?

Ja, es gäbe so viele Dinge, die mir da einfielen. Etwa Guido Westerwelle, dessen aufgesetzes Dauergrinsen mir mittlerweile grenzdebil vorkommt. Wirklich schade, daß Personal wie Wolfgang Gerhardt von der Öffentlichkeit nicht anerkannt wird. Er wäre für mein Empfinden übrigens bedeutend besser geeignet für das Amt des Außenministers, welches eine gewisse Seriösität erfordert.

Ich könnte mich über die FDP bedeutend mehr aufregen, als es bei anderen Parteien der Fall ist. Womöglich ein Fall von enttäuschter Liebe.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.02.2010 14:23
#3 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Ups, auf einmal steht der Beitrag hier.
Dann muß ich auch hier die Antwort bringen:

Zitat von Hajo
Steuersenkungen, die in der jetzigen Situation ohnehin illusorisch sind ...


Sie sind überhaupt nicht illusorisch, sondern ganz seriös machbar.
Dazu muß natürlich gespart werden, das ist eine Frage des politischen Willens (und kann erst in den Haushalten 2011/2012 geschehen, daher hat die FDP zu Recht die Steuersenkungen auch erst für diesen Zeitraum gefordert).

Die Lüge, Steuersenkungen wären nicht finanzierbar, wird natürlich von den FDP-Feinden in der CDU (der Finanzminister an der Spitze) als Hauptwaffe gegen die ungeliebte Konkurrenz verwendet und von den linken Medien zur Kampagne aufgeblasen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.02.2010 14:32
#4 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von Hajo
Wirklich schade, daß Personal wie Wolfgang Gerhardt von der Öffentlichkeit nicht anerkannt wird. Er wäre für mein Empfinden übrigens bedeutend besser geeignet für das Amt des Außenministers, welches eine gewisse Seriösität erfordert.


Da stimme ich Ihnen zu, lieber Hajo. Aus der jetzt noch aktiven Generation der FDP schätze ich zwei Männer besonders: Wolfgang Gerhardt und den hessischen Landesvorsitzenden Jörg-Uwe Hahn. (In der nicht mehr aktiven Generation hätte ich eine größere Auswahl ).

Gerhardt ist von Westerwelle aus der Führung gedrängt und dann zur Friedrich-Naumann-Stiftung abgeschoben worden (wo er übrigens, soweit ich das beurteilen kann, ausgezeichnete Arbeit macht).

Westerwelle konnte den Machtkampf mit Gerhard für sich entscheiden, weil er der Partei den drive zu geben versprach, den der ruhige, seriöse und alles andere als populistische Gerhardt nicht liefern konnte. Das hat ja auch funktioniert und der FDP das Traumergebnis von 2009 beschert.

Nur hätte man jetzt von Wahlkampf auf solide Regierungsarbeit umschalten müssen. Das hat aus personellen Gründen bisher nicht geklappt. Und Westerwelle hatte in den ersten Tagen im Amt zwar einen guten Start - dh er hat keinen der Fehler gemacht, die einem Neuling hätten unterlaufen können -, aber dann hat er es versäumt, sich auch dem deutschen Publikum gegenüber als Sachwalter deutscher Interessen darzustellen. Einen Außenminister mit so schlechten Umfragewerten hat es schon lange nicht mehr gegeben.

Gerhardt wäre das nicht passiert. Er hätte in diesem Amt seine Bestimmung finden können. Westerwelle hat es verhindert; die Partei ist ihm gefolgt.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.02.2010 14:43
#5 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von R.A.

Zitat von Hajo
Steuersenkungen, die in der jetzigen Situation ohnehin illusorisch sind ...


Sie sind überhaupt nicht illusorisch, sondern ganz seriös machbar.



Sie sind immer machbar, lieber R.A. Man kann immer auf Einnahmen verzichten, indem man seine Ausgaben senkt. (Fast; bis man bei den gesetzlich festgelegten Ausgaben angelangt ist).

Die Frage scheint mir nicht die Machbarkeit zu sein, sondern die Durchsetzbarkeit. Zweitens scheint es mir nicht um kurzfristige Steuersenkungen zu gehen, sondern um eine gründliche Steuerreform.

Diese geht nur gemeinsam mit der Union; jedenfalls mit einer hinreichenden Mehrheit der Union. Sie ist, soweit ich das beurteilen kann, zu erreichen. Schließlich vertritt die FDP nur das, was die Kanzlerin ausdrücklich gewollt hat, als sie 2005 den Professor Paul Kirchhof zum Finanzminister ihres Kompetenzteams machte.

Aber das ist ein Ziel für die Legislaturperiode, nicht für das Jahr 2011. Je mehr die FDP drängt, umso weniger Zustimmung wird sie bei der Union finden. Wie übrigens auch bei der Gesundheitsreform; die Kopfpauschale war ja einmal das Modell der Union. Auch da geht es aus meiner Sicht darum, eine Koalition mit liberalen Kräften in der Union zu schmieden, statt das Thema zur Konfrontation zu verwenden.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.02.2010 14:49
#6 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von R.A.
Ups, auf einmal steht der Beitrag hier. Dann muß ich auch hier die Antwort bringen


Ich habe Hajos und Ihren Beitrag dort, wo sie ursprünglich standen, gelöscht.

Calimero Offline




Beiträge: 3.280

16.02.2010 15:04
#7 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von R.A.
Ups, auf einmal steht der Beitrag hier. Dann muß ich auch hier die Antwort bringen


Ich habe Hajos und Ihren Beitrag dort, wo sie ursprünglich standen, gelöscht.




Ist Wamba im Urlaub? Bricht hier jetzt die Anarchie aus?

----------------------------------------------------
Wir sind alle gemacht aus Schwächen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen. - Voltaire

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.02.2010 15:11
#8 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von Calimero

Zitat von Zettel

Zitat von R.A.
Ups, auf einmal steht der Beitrag hier. Dann muß ich auch hier die Antwort bringen


Ich habe Hajos und Ihren Beitrag dort, wo sie ursprünglich standen, gelöscht.



Ist Wamba im Urlaub? Bricht hier jetzt die Anarchie aus?



Neinein, lieber Calimero. Wamba ist da, damit alles schön friedlich und freundlich bleibt. Zettel ist, wie Kallias und Gorgasal, Moderator und kann deshalb schon mal solch eine kleine kosmetische Korrektur vornehmen.

Aber wenn es ernst wird, dann ruft er Wamba.

Herzlich, Zettel

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.02.2010 15:16
#9 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von Zettel
Die Frage scheint mir nicht die Machbarkeit zu sein, sondern die Durchsetzbarkeit.


Richtig.

Zitat
Diese geht nur gemeinsam mit der Union ...


Auch richtig.
Und genau die Union ist derzeit das Problem.

Ich habe es ja schon vor einiger Zeit gesagt: Ein strategisches Hauptziel der Union ist es, die FDP als Konkurrent niederzumachen, d.h. sie wieder zum kleinen Anhängsel zu degradieren. Das ist eine zentrale machtpolitische Frage, und dafür riskiert die Union gerne einmal vorübergehende Probleme oder sogar einen Machtverlust in NRW. Und dafür verrät die Union auch nach Belieben ihre eigenen politische Ziele, von Steuerreform bis Kopfpauschale.

Alle von ihnen aufgeführten Fehler der FDP nach der Wahl stimmen im Prinzip (insbesondere bei der Besetzung der Ministerien), sind aber m. E. völlig zweitrangig.
Der Hauptfehler war, daß die FDP-Führung nicht erkannt hat, daß es nicht um die üblichen Koalitionsrangeleien incl. bayrischer Querschüsse geht, sondern daß die Union auf die große, machtorientierte Konfrontation aus ist.

Dieser Kampf läßt sich NICHT durch Nachgiebigkeit gewinnen, auch nicht durch Bündnis mit liberalen Resten in der Union. Da muß der Union klar gemacht werden, daß die FDP nicht klein beigeben wird, daß eine Rückkehr zu den alten Verhältnissen nicht geben wird und daß die FDP notfalls bereit ist, aufs Ganze zu gehen. Das hieße dann: Wenn die CDU nicht zu einer fairen Zusammenarbeit und der Realisierung der vereinbarten Ziele bereit ist, dann könnte die FDP auch wieder in die Opposition gehen. Das Vorbild der "tea pary" (oder besser: Der Liberalen in anderen europäischen Ländern) könnte auch in Deutschland funktionieren.

Westerwelle pokert hoch, aber es gibt m. E. keine vernünftige Alternative.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.02.2010 15:21
#10 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von R.A.
Westerwelle pokert hoch, aber es gibt m. E. keine vernünftige Alternative.

Ob er in diesem Poker gewinnt, werden die nächsten Umfragen zeigen, und dann die Wahlen in NRW. Ich bin gespannt und hoffe, daß Sie recht haben.

Herzlich, Zettel

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.02.2010 15:24
#11 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Lieber Zettel, Sie haben ja zwei der drei sozialistischen Thesen des ZEIT-Redakteurs schon auseinander genommen.
Auch bei der dritten These liegt er völlig falsch.

Zitat
Was die Finanzkrise angeht, so war (und ist) sie in der Tat auch - nicht ausschließlich! - einer mangelnden Regulation der Finanzmärkte geschuldet.


Nein.
Es gibt hier nicht "mangelnde" (im Sinne von "zu wenig") Regulierung, sondern zu viel und zu mangelhafte Regulierung.

Der Staat ist grundsätzlich nicht in der Lage, Geschäftsrisiken zu beurteilen oder zu "regulieren".
Mit allen möglichen Berichtspflichten und bürokratischem Aufwand wird dem Publikum eine Sicherheit vorgegaukelt, die der Staat überhaupt nicht garantieren kann. Und damit setzt er die natürlichen Marktmechanismen außer Kraft und behindert die Selbstregulation.

Die staatlichen "Rettungsmaßnahmen" des letzten Jahres waren denn auch zum größten Teil kontraproduktiv und bereiten schon die nächste, noch größere Krise vor.

Auch im Finanzsektor sollte sich der Staat auf seine Kernaufgaben konzentrieren: Betrug und Diebstahl bestrafen, vielleicht Kleinsparer mit ihren Anlagen schützen (die für so eine Staatsgarantie dann aber auch niedrige Erträge bekommen!) und ansonsten dafür sorgen, daß die Leute, die Risiken eingehen, auch die Folgen tragen, wenn das daneben geht.
Mehr muß nicht und mehr darf nicht sein.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.02.2010 15:27
#12 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von Zettel
Ob er in diesem Poker gewinnt, werden die nächsten Umfragen zeigen, ...


Die Umfragen sind eigentlich recht nebensächlich.

Was wir gerade miterleben, ist ein "High Noon" innerhalb der Koalition - Wähler und Opposition sind eigentlich nur Zuschauer, nicht Schiedsrichter.

Letztlich geht es darum, wer als Erster zuckt.

Werden sich die diversen Westerwelle-Kritiker in der FDP durchsetzen und in demontieren, und damit die FDP wieder zu einem Schoßhündchen machen, daß der veröffentlichten Meinung nachhechelt?
Oder wird die Union kalte Füße bekommen und ihren Obstruktionskurs beenden?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.02.2010 15:41
#13 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von R.A.

Zitat
Was die Finanzkrise angeht, so war (und ist) sie in der Tat auch - nicht ausschließlich! - einer mangelnden Regulation der Finanzmärkte geschuldet.


Nein. Es gibt hier nicht "mangelnde" (im Sinne von "zu wenig") Regulierung, sondern zu viel und zu mangelhafte Regulierung. Der Staat ist grundsätzlich nicht in der Lage, Geschäftsrisiken zu beurteilen oder zu "regulieren".



Es geht nicht um Risiken einzelner Unternehmen, lieber R.A. Solange sie nur selbst die Folgen unverantwortlicher Entscheidungen auszubaden haben, ist das ihre Sache. Sollen sie halt zusammenbrechen; vielleicht lernen ja die Verantwortlichen.

Sondern es geht um die Risiken für die Volkswirtschaft, ja für die Weltwirtschaft. Die jetzige Krise hat gezeigt, daß auf der Grundlage der allgemeinen Globalisierung auch die Verflechtungen der Finanzwelt so eng geworden sind, daß sich die Folgen von Fehlentscheidungen im ganzen System ausbreiten können; so ist das nun mal bei chaotischen Systemen.

Auch das Gehirn ist, beispielsweise, solches ein chaotisches System. Warum kommt es nicht immer wieder zu einer unkontrollierten Erregungsausbreitung (wie bei einem Krampfanfall)? Weil die funktionelle Organisation so ist, daß lokale Ereignisse in der Regel auch nur lokale Folgen haben; dh das Gehirn ist hochgradig modularisiert. (Hinzu kommen Hemmungsmechanismen, auch Selbsthemmung über Rückmeldekreise).

So war es auch im internationalen Finanzsystem vor der Globalisierung; vor dem Internet, das es ermöglicht, Milliardenbeträge in Sekunden rund um den Globus zu transferieren. Bis in die siebziger Jahre mußte man anrufen und Faxe schicken. Das System war langsam; es dämpfte sich dadurch selbst. Die Überschreitung nationaler Grenzen war teuer und deshalb längst nicht so attraktiv wie heute. (Als ich in den achtziger Jahren in Holland war, dauerte eine Überweisung nach Deutschland noch ungefähr eine Woche und kostete bis zu fünfzig Mark).

Das jetzige System kennt solche technischen Restriktionen kaum noch. Es ist durch seine Vernetztheit derart unsicher geworden, daß die Gefahr eines Crash allgegenwärtig ist.

Im Prinzip könnten das die Banken selbst beheben, wenn es eine weltweite Organisation gäbe, die rules of conduct verbindlich für alle festsetzt. Soviel ich weiß, ist das derzeit nicht in Sicht. Also bleiben nur die Regierungen, by default.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.02.2010 15:52
#14 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von R.A.

Zitat von Zettel
Ob er in diesem Poker gewinnt, werden die nächsten Umfragen zeigen, ...


Die Umfragen sind eigentlich recht nebensächlich.



Das sehe ich anders. Die Krisensitzung am Sonntag vor einer Woche und der Artikel Westerwelles am Donnerstag samt aller sequels waren doch nichts anderes als der Versuch, die FDP aus dem Umfragetief herauszuführen. The eating is the proof of the pudding.

Zitat von R.A.
Was wir gerade miterleben, ist ein "High Noon" innerhalb der Koalition - Wähler und Opposition sind eigentlich nur Zuschauer, nicht Schiedsrichter.


Vielleicht haben Sie Recht. Ich sehe kein solches Szenario, aber man kann das natürlich schwer entscheiden.

Aus meiner Sicht haben die Querelen in der Koalition nicht den Grund, daß die Union die FDP kleinkriegen will. Sondern alle drei Parteien kämpfen um ihr Profil und ihre Wähler. Die CSU steht so schlecht da wie nie seit den Urzeiten, als einmal ein Sozialdemokrat Bayern regierte. Die CDU hat am 27. September das zweitschlechteste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt. Die FDP will unter Westerwille am liebsten alles, und zwar sofort.

Damit sollte der Schwung aus den Wahlen erhalten bleiben, nehme ich an. Das Gegenteil ist eingetreten.



Warum sollte die Union darauf aus sein, die FDP zu demontieren? Mir scheint Merkels Strategie eine ganz andere zu sein: Sie bewegt die Union nach links, um der SPD und vielleicht auch den Grünen Wähler abspenstig zu machen. Dafür überläßt sie einen Teil der "bürgerlichen" Wähler der FDP.

Eine schwache FDP kann aus meiner Sicht nicht im Interesse der Union liegen. Daß die Grünen ein pflegeleichterer Koalitionspartner wären, dürfte nicht einmal Röttgen glauben. Trittin am Kabinettstisch, herzlichen Glückwunsch, CDU/CSU!

Und an Sie herzlichen Gruß,

Zettel

Hajo Offline



Beiträge: 440

16.02.2010 16:03
#15 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Ich finde es lobenswert und fruchtlos zugleich, sich mit den Gedanken der wohlmeinenden Besserwisser der ZEIT auseinanderzusetzen. Seit Theo Sommer dort nicht mehr das Regiment führt, kann man diesem ehemaligen Qualitätserzeugnis beim Dahinwelken zuschauen. Der Kontast etwa, wenn man heute einen Artikel von der alten ZEIT-Garde liest, zu diesem dem Zeitgeist zu Füßen liegenden Nachwuchs-Dummschwätzern, erinnert mich an das Eisbad nach der Sauna; auch vom Ergebnis her, denn man schüttelt sich und der Kreislauf schießt hoch. Wieso haken Sie es nicht unter "Irgendwer von der Zeit meint, daß..." ab? Ich finde das meiste dort der Diskussion gar nicht wert und irgendwie ist es schade, wenn engagierte Bürger ihre Zeit auf die Kritik an Leuten verwenden, die größtenteils Narrenfreiheit genießen sollten, anstatt sie eher Produktivem zuzuführen.

Austrian ( gelöscht )
Beiträge:

16.02.2010 16:14
#16 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

der Grund, warum an so viele Schuldner Kredite vergeben wurden, obwohl sie über wenig Einkommen und kein Vermögen verfügten, liegt daran, daß es auch in den USA starke sozialistische Kräfte gibt. Konkret wollte man sich, beginnend in der Zeit der Regierung Clinton des "Problems" annehmen, daß überproportional Hauskredite für Gering- und Mittelverdiener abgelehnt wurden. Banken wurde aufgetragen, auch solche Kundenschichten vermehrt anzusprechen:

Zitat
In 1995, the regulators created new rules that sought to establish objective criteria for determining whether a bank was meeting CRA standards. Examiners no longer had the discretion they once had. For banks, simply proving that they were looking for qualified buyers wasn’t enough. Banks now had to show that they had actually made a requisite number of loans to low- and moderate-income (LMI) borrowers. The new regulations also required the use of “innovative or flexible” lending practices to address credit needs of LMI borrowers and neighborhoods. Thus, a law that was originally intended to encourage banks to use safe and sound practices in lending now required them to be “innovative” and “flexible.” In other words, it called for the relaxation of lending standards, and it was the bank regulators who were expected to enforce these relaxed standards.


http://spectator.org/archives/2009/02/06...s-of-this-finan

Ein Vehikel das zu erreichen waren die GSEs Fannie Mae und Freddie Mac (die konsequenterweise auch die größten Verluste eingefahren haben) und dann eben die Geschäftsbanken. Von alleine wären die nie auf Idee gekommen, NINJA (No Income, No Job, no Assets) -loans zu vergeben. Es ist daher wieder einmal so, daß Reagan recht hatte: Government is not the solution, government is the problem.

Zitat

From the current handwringing, you’d think that the banks came up with the idea of looser underwriting standards on their own, with regulators just asleep on the job. In fact, it was the regulators who relaxed these standards--at the behest of community groups and "progressive" political forces.…



Ein weiterer Faktor, ebenfalls von Regierungen verursacht, ist das Auslaufen der Staatshaftung für die Landesbanken in Deutschland und Österreich. Wenn man diese bald wertlosen Kredite weiterverkaufen will, dann braucht man ja einen Idioten, der ihn abnimmt. Dafür waren die deutschen Landesbanken zuständig. Die ZEIT hat das gut untersucht:

Zitat

Eine erbitterte Debatte endete 2001 mit der Entscheidung der EU, die Landesbanken 2005 aus der Haftung der Länder zu nehmen. Damit mussten die Landesbanken zum einen profitabler arbeiten. Andernfalls würden die Rating-Agenturen sie herabstufen. Geld zu leihen würde damit deutlich teurer. Zum anderen pumpten sich die Landesbanken vorsorglich mit Geld voll, für das die Länder auch über 2005 hinaus noch haften – das aber wollte angelegt sein. »Und so viele Milliarden kriegen sie im normalen Kundengeschäft nicht unter«, sagt einer, des es wissen muss. Im Ergebnis führte beides dazu, dass viele Landesbanken, auch die HSH Nordbank, ausbauten, was im Bankerjargon Kreditersatzgeschäft heißt: Anlagen in Wertpapiere und komplexe Finanzprodukte, hinter denen zum Beispiel US-Immobilienkredite stehen.


http://www.zeit.de/2009/09/HSH-Nordbank?page=all

In Summe sind 2/3 aller Verluste in der Finanzkrise bei verstaatlichten und staatsnahen Banken angefallen. Privatbanken können sich diesen Sozialmist nicht leisten, va wenn die Manager in Aktienboni bezahlt werden, ist das Interesse groß, den Laden am Leben zu halten. Ein Dick Fuld, Chef von Lehman, hat >1 Mrd. Dollar verloren, das hat er nicht absichtlich gemacht. Die Manager der Staatsbanken hingegen haben keinen Cent eingebüßt und oft sogar noch was draufbekommen, damit sie gehen.

Die Banken werden heute zum Sündenbock gemacht, um von staatlicher Mißwirtschaft abzulenken.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.02.2010 16:40
#17 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von Zettel
Die Krisensitzung am Sonntag vor einer Woche und der Artikel Westerwelles am Donnerstag samt aller sequels waren doch nichts anderes als der Versuch, die FDP aus dem Umfragetief herauszuführen.


Es ist natürlich immer schwer, verschiedene zusammenspielende Faktoren zu seperieren. Natürlich geht es auch um bessere Umfragewerte und vor allem ein gutes NRW-Ergebnis.
Aber m. E. waren die Umfragewerte nur der Anlaß, um endlich die Ursache anzugehen, d.h. dem Angriff der Union formiert Paroli zu bieten.

Zitat
Aus meiner Sicht haben die Querelen in der Koalition nicht den Grund, daß die Union die FDP kleinkriegen will. Sondern alle drei Parteien kämpfen um ihr Profil und ihre Wähler.


Wenn es der Union nur "normal" ums eigene Profil ginge, hätte das anders ausgesehen. Insbesondere Schäubles Attacken auf Steuerreform und Kopfpauschale (also genuine Unions-Themen!) wären dann unterblieben.

Zitat
Warum sollte die Union darauf aus sein, die FDP zu demontieren?


Um eine langfristige Bedrohung ihrer Vormachtstellung zu eliminieren. Letztlich ist es der Union zweitrangig, ob sie nun SPD, Grüne oder FDP als kleinen Koalitionspartner hat - wenn nur ihre Führungsrolle anerkannt bleibt.
Genau diese Rolle hat die FDP in Frage gestellt mit einer offensiv formulierten Politik, bei der die Union bei ihren eigenen Themen zum Jagen getragen werden sollte.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.02.2010 16:49
#18 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von Zettel
Es geht nicht um Risiken einzelner Unternehmen, lieber R.A. Solange sie nur selbst die Folgen unverantwortlicher Entscheidungen auszubaden haben, ist das ihre Sache. Sollen sie halt zusammenbrechen; vielleicht lernen ja die Verantwortlichen.


Das wäre die richtige Linie - und genau das hat die Politik im letzten Jahr massiv verhindert, bis hin zur Verstaatlichung diverser Firmen (von HRE bis GM).

Zitat
Die jetzige Krise hat gezeigt, daß auf der Grundlage der allgemeinen Globalisierung auch die Verflechtungen der Finanzwelt so eng geworden sind, daß sich die Folgen von Fehlentscheidungen im ganzen System ausbreiten können


Das ist nichts Neues, das gab es auch bei sehr vielen Krisen vorher (wir reden da von Dutzenden von Krisen!).
Völlig neu ist dagegen die Idee von "systemrelevanten" Firmen, die man plötzlich staatlich "rettet".

Zitat
Das System war langsam; es dämpfte sich dadurch selbst.


Eigentlich nicht.
Wenn eine Firma durch die Pleite eines Geschäftspartners selber ins Schlingern kommt, ist die Geschwindigkeit der Nachrichtenübertragung ziemlich nebensächlich.
Das Problem ist doch nicht, wie schnell, einfach oder billig eine grenzüberschreitende Zahlung läuft.
Das Problem entstand schon vorher, wenn eine Firma (wie immer langsam oder umständlich) die falsche Investition getätigt hatte und diese Investition sich als "Giftpapier" erweist.

Insgesamt ist ja die Krise gar nicht schnell abgelaufen, sondern überraschend langsam, fast in Zeitlupe.
Die Schieflage von Freddie und Fannie war schon länger bekannt (obwohl deutsche Landesbanken immer noch eifrig dort gekauft haben).
Dann kam die IKB-Problematik, dann dauerte es immer noch Monate bis Lehman, und hat es immer noch einige Zeit gebraucht, bis die Regierungen auf einmal die offizielle Panik erklärt haben.

Ansonsten siehe der Beitrag von Austrian.
Eigentlich war das eine Finanzkrise wie viele vorher - nur das Ausmaß ist durch staatliche Fehlsteuerung deutlich vergrößert worden.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.02.2010 17:02
#19 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von Austrian
Zitat:In 1995, the regulators created new rules that sought to establish objective criteria for determining whether a bank was meeting CRA standards. Examiners no longer had the discretion they once had. For banks, simply proving that they were looking for qualified buyers wasn’t enough. Banks now had to show that they had actually made a requisite number of loans to low- and moderate-income (LMI) borrowers. The new regulations also required the use of “innovative or flexible” lending practices to address credit needs of LMI borrowers and neighborhoods. Thus, a law that was originally intended to encourage banks to use safe and sound practices in lending now required them to be “innovative” and “flexible.” In other words, it called for the relaxation of lending standards, and it was the bank regulators who were expected to enforce these relaxed standards.


Ja, ich habe das auch einmal recherchiert und, wenn ich mich recht erinnere, damals auch etwas dazu geschrieben. Unter anderem aufgrund der Aussage eines ehemaligen Mitarbeiters von Fannie Mae oder Freddie Mac, der sagte, daß sogar auf die Rasse geachtet wurde. Es war erwünscht, daß er einen bestimmten Prozentsatz von schwarzen Kunden gewann; die Bonität spielte faktisch keine Rolle.

Nur, lieber Austrian: Hätte denn ohne die Verflechtungen, die in den letzten Jahrzehnten entstanden sind, ohne diese Möglichkeiten schnellen Transfers, um das Geld hier- oder dorthin zu schieben, wo es gerade günstig ist, ein solcher Schneeball-Effekt entstehen können, wie wir ihn erlebt haben? Die beiden Banken hätten ja in den Orkus gehen können. Aber die Krise breitete sich von Bank zu Bank aus wie ein Virus.

Ich verstehe nichts von Ökonomie; aber mir scheint, daß ein solches System in sich instabil sein muß. Das kann eine Zeitlang gut gehen, aber die Gefahr, daß das System kollabiert, ist immer gegeben.

Jedenfalls kann ich mir kein technisches System, erst recht keinen biologischen Organismus vorstellen, in dem sich Effekte derart schnell und unkontrolliert ausbreiten, ohne daß das System eine inhärente Instabilität hätte.

Herzlich, Zettel

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

16.02.2010 17:41
#20 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von Zettel
Hätte denn ohne die Verflechtungen, die in den letzten Jahrzehnten entstanden sind, ohne diese Möglichkeiten schnellen Transfers, um das Geld hier- oder dorthin zu schieben, wo es gerade günstig ist, ein solcher Schneeball-Effekt entstehen können


Das sind zwei sehr verschiedene Effekte.

Die Möglichkeit schneller Transfers ist (wie im letzten Beitrag ausgeführt) ziemlich nebensächlich.
Die Wertpapierbestände, die bei diversen Banken zu Problemen geführt haben, sind ganz gemütlich über längere Zeit angehäuft worden.

Die Verflechtung KANN natürlich ein Problem sein. Jede Bankenkrise besteht im Kern daraus, daß eine Bankenpleite andere Institute mitzieht.

Ein ganz altes Problem, daran hat sich eigentlich seit dem Aufkommen des modernen Bankenwesens in der frühen Neuzeit nichts geändert.
Und es gibt auch ganz klassische Gegenmittel: Risikostreuung und Reservenbildung.
Diese Gegenmittel sorgen dafür, daß "normalerweise" nur die Banken mitgezogen werden, die zu viel Geschäfte mit der Pleitebank machten und die selber zu wacklig aufgestellt sind.

Und genau diese Gegenmittel haben wegen staatlicher Fehlsteuerungen nur begrenzt geholfen: Die Fannie-/Freddie-Kredite wurden implizit staatlich garantiert und deswegen haben sich diverse dumme Banker in sinnlosen Mengen damit eingedeckt - sie haben gedacht, es wäre risikolos.

Und als dann die Immobilienblase platzte war es aber nicht klar, welche Kredite nun wirklich voll besichert sind und was sie noch wert sind.
Am Ende hat der US-Staat dann Fannie und Freddie voll übernommen und damit alle politisch erzeugten miesen Kredite auch abgesichert.

Aber bis zu dieser Klärung waren die "Giftpapiere" kaum verkäuflich und wer zu viele davon hatte war technisch pleite.


Anders gelagert war die HRE-Pleite. Die haben im Prinzip jahrelang ein hochriskantes und allen klassischen Bankerregeln widersprechendes Geschäftsmodell gefahren: Sie haben langfristige, gut verzinste Kredite ausgegeben - und diese mit kurzfristigem billigem Geld refinanziert. Diesen klaren Verstoß gegen seriöses Geschäftsgebaren hat die staatliche Aufsicht absurderweise durchgehen lassen - weil damit u. a. auch eine preiswerte Staatsverschuldung organisiert werden konnte.
Daß dieses Geschäft dann wegen veränderter Zinsstrukturen platzte, war eigentlich nur eine indirekte Folge der allgemeinen Finanzkrise.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

17.02.2010 00:06
#21 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von R.A.
Sie haben langfristige, gut verzinste Kredite ausgegeben - und diese mit kurzfristigem billigem Geld refinanziert.



Sorry, wenn ich Korinthen absondere, aber ist das nicht normales Bankgeschäft und nennt sich Fristentransformation?

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

17.02.2010 00:08
#22 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von R.A.
bis hin zur Verstaatlichung diverser Firmen



Die Verstaatlichung der HRE war eine sehr sinnvolle Angelegenheit. Endlich mal ein Fall, bei dem die Aktionäre direkt die Folgen der De-Facto-Pleite zu tragen hatten.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

califax Offline




Beiträge: 1.502

17.02.2010 02:53
#23 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von R.A.

Ich habe es ja schon vor einiger Zeit gesagt: Ein strategisches Hauptziel der Union ist es, die FDP als Konkurrent niederzumachen, d.h. sie wieder zum kleinen Anhängsel zu degradieren. Das ist eine zentrale machtpolitische Frage, und dafür riskiert die Union gerne einmal vorübergehende Probleme oder sogar einen Machtverlust in NRW. Und dafür verrät die Union auch nach Belieben ihre eigenen politische Ziele, von Steuerreform bis Kopfpauschale.



Ich glaube, daß Sie das vollkommen richtig sehen.
Zumindestens in Bayern bei der CSU kann man das derzeit live und in Farbe erleben.
Kaum war der Koalitionsvertrag unterschrieben, schon begann man mit massiven Frontalangriffen auf die bairische FDP.
Erst mal gucken, wo die Schmerzgrenze liegt. Ist sie zu hoch, gehen der FDP Wähler flöten. Ist sie zu niedrig: ebenfalls.
Dafür verzichtet man sogar darauf, an Seehofers Stuhl zu sägen.
Es geht für die Union um eine Existenzfrage. Man will keine selbstbewußte Partei rechts der SPD dulden.
Man will möglichst nie auf eine Koalition mit der FDP angewiesen sein - sonst könnte diese den
Kanzlermacher spielen und vielleicht auch mal die Seiten wechseln.
Es geht um die strategische Option auf die Alleinherrschaft und auf die Stellung als dominanter Koalitionspartner.
Angriffe auf die Freien Wähler kann man sich sparen, weil diese sich derzeit selbst zerlegen.
Umso mehr kann man auf die FDP (und ein wenig auf die CDU) eintreten und austesten, wann diese den Vertrag zu kündigen bereit wären.
Merkel möchte die CDU wahrscheinlich nicht nach links führen sondern nach links öffnen.

Und dazu kommt noch, daß Attacken auf die angeblich unsoziale FDP für den sozialistischen bzw. sozialdemokratischen Teil der Union (Rüttgers) attraktiv sind. Schließlich wirbt man um eine tendenziell sozialistisch-protektionistisch eingestellte Klientel.

--
Der Weg zur Hölle beginnt mit dem Monopol auf Moral.

FAB. Offline



Beiträge: 523

17.02.2010 08:01
#24 RE: Westerwelles riskante Taktik Antworten

Zitat von Rayson

Zitat von R.A.
Sie haben langfristige, gut verzinste Kredite ausgegeben - und diese mit kurzfristigem billigem Geld refinanziert.


Sorry, wenn ich Korinthen absondere, aber ist das nicht normales Bankgeschäft und nennt sich Fristentransformation?



Ich bin ja bloß Jurist und kein Finanzwissenschaftler. Aber unsere Aktienrechtskoniferen (z.B. Prof. Lutter et al.) erzählen mir, das sei offensichtlich unseriös und - weil eben im vorhinein als solches erkennbar - ein klassischer Fall von Vorstandshaftung. Was nun?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.02.2010 08:10
#25 Will Merkel die FDP Antworten

Zitat von califax

Zitat von R.A.

Ich habe es ja schon vor einiger Zeit gesagt: Ein strategisches Hauptziel der Union ist es, die FDP als Konkurrent niederzumachen, d.h. sie wieder zum kleinen Anhängsel zu degradieren. Das ist eine zentrale machtpolitische Frage, und dafür riskiert die Union gerne einmal vorübergehende Probleme oder sogar einen Machtverlust in NRW. Und dafür verrät die Union auch nach Belieben ihre eigenen politische Ziele, von Steuerreform bis Kopfpauschale.


Ich glaube, daß Sie das vollkommen richtig sehen. Zumindestens in Bayern bei der CSU kann man das derzeit live und in Farbe erleben.



In Bayern, lieber Califax, besteht aber eine ganz andere Situation als im Bund.

Die CSU hat ihre absolute Mehrheit verloren und will sie natürlich zurück; logischerweise auf Kosten der FDP (und der Freien Wähler). Das ist ein realistisches Ziel.

Im Bund ist eine absolute Mehrheit für die Union ausgeschlossen. Die Volksfront hat eine strukturelle Mehrheit, die nur dadurch ausgehebelt werden kann, daß die CDU sich nach links bewegt und damit Wähler der SPD und in begrenzterem Umfang der Grünen für sich gewinnt. Der Preis dafür ist - ich habe das schon R.A. so ähnlich geantwortet -daß sie im liberal-konservativen Bereich der FDP Wähler überläßt.

Das ist die einzige Strategie, um eine Mehrheit jenseits der Volksfront hinzubekommen. Die Kanzlerin wäre mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn sie die FDP demontieren würde. Sie könnte sich dann gleich auf die Rolle der Oppositionsführerin vorbereiten.

Im Augenblick kann sie der FDP noch mit einer Großen Koalition drohen, denn gegeben die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag reicht es nun einmal nicht zur Volksfront. Wenn die SPD also regieren will, geht das nur mit einer Neuauflage der Großen Koalition. Daraus ergibt sich die starke Stellung der Union gegenüber der FDP in der Koalition.

2013 wird aber eine Volksfront gegen das bürgerliche Lager antreten, mit Gabriel, Nahles oder Wowereit als Kanzlerkandidat. Würde die Union sich in Richtung liberal statt nach links bewegen, um die FDP zu schwächen, dann würde sie damit ihre Niederlage 2013 programmieren. Einen solchen Fehler macht Angela Merkel nicht.

Herzlich, Zettel

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