Zitat von ZettelSeine Überzeugung kann kein Staat jemandem streitig machen; die Gedanken sind frei. Die Frage ist, welches Verhalten ein freiheitlicher Staat tolerieren kann und sollte. Das ist aus meiner Sicht eine Frage vernünftiger Abwägung; einer Abwägung, die aber oft nicht leicht ist. Soll man schon verfassungsfeindliche öffentliche Äußerungen verbieten? Das wird bei uns sehr unterschiedlich gehandhabt; je nachdem, ob sie von Linksextremen (denen fast alles erlaubt ist) oder von Rechtsextremen kommen. Sollte man eine Partei gewähren lassen, die eine tiefgreifende Änderung unserer verfassungsmäßigen Ordnung anstrebt? Die Partei "Die Linke" tut das mit dem jetzigen Entwurf für ein Parteiprogramm, und zwar ausdrücklich (die angestrebten Veränderungen sollen "revolutionäre Tiefe" haben)? Oder sollte man das alles zulassen, in der Erwartung, daß ein gesunder demokratischer Rechtsstaat das alles verkraften kann? Ich tendiere dazu, das zu tun, wenn (if!) der betreffende Staat hinreichend stabil ist.
Es geht mir hier um die Grundlagen, nicht um die (darauf basierende) Abwegung in der konkreten Situation.
Klar, Gedanken sind frei. Das ist trivial!
Meinungsäußerungen sind etwas anderes und hier macht unsere Verfassung auch nur wenig Einschränkungen, eben die üblichen Ehrenschutz etc. Die gesetzlichen Einschränkungen sind auch nur gering (trotz des Gespensterduos Schily-Zypries) und im Vergleich zu den Auswirkungen der PC und der Medienmacht minimal. Mir geht es darum, daß dieses Minimum eben minimal bleibt. Es gibt so viele in meinen Augen abstoßende Meinungen, die aber dennoch legal sind. Es ist nicht illegal, in Deutschland sich rassistisch zu äußern.
Es gibt zwar ein Diskriminierungsverbot im GG, aber das steht eben neben dem Recht auf Vertragsfreiheit. Ein selbständiger Becker dürfte (jetzt vom GG aus, nicht vom AGG) zwar eigentlich nicht einem Schwarzen zwar deshalb kein Brot verkaufen, weil es ein Schwarzer ist, aber er dürfte sehr wohl dem Schwarzen grundlos das Brot nicht verkaufen.
Ich sehe auch, daß das ein Problem wäre, wenn alle Bäcker so dächten, aber dann greift die obige Frage: was brächte dann effektiv ein gesetzliches Verbot?
Etwas anderes sind die Mittel der "wehrhaften Demokratie": der Verfassungsschutz (der aber nur beobachtet) und das Parteienverbots gibt. Diese richten sich aber nach Rechtsprechung des Verfassungsgericht gegen jene die agressiv-kämpferisch gegen das System als ganzes vorgehen. Das ist jetzt zwar nur Rechtsprechung (welche leider zu oft mit der Verfassung selbst verwechselt wird), aber geht doch von zwei vernünftigen Überlegungen aus:
1. daß Verbote gegen eine Partei nichts helfen würden, wenn diese über demokratische Wahlen an die Macht kommt. Man kann das Volk schlechterdings nicht vor sich selbst schützen und dabei demokratisch bleiben.
2. daß solche Verbote eine extreme Maßnahme sind und man sich überlegen muß, ob man sie einsetzen soll, wenn es noch andere Möglichkeiten (Abwahl) gibt.
Demokratie ist nicht der höchste Wert, aber man sollte ihn nicht leichtfertig über Bord werfen. Das wäre aber der Fall, wenn man leichtfertig unliebsame Parteien verbietet.
Zitat Es gibt zwar ein Diskriminierungsverbot im GG, aber das steht eben neben dem Recht auf Vertragsfreiheit. Ein selbständiger Becker dürfte (jetzt vom GG aus, nicht vom AGG) zwar eigentlich nicht einem Schwarzen zwar deshalb kein Brot verkaufen, weil es ein Schwarzer ist,
Das ist (m.E.) nicht richtig. Das Diskriminierungsverbot im GG bindet ausschließlich den Staat. Nicht Private.
Und Private diskriminieren ja schließlich auch ständig. "Diskriminieren" bedeutet "unterscheiden". Wenn jemand lieber bei Bäcker A als bei B einkauft, dann diskriminiert er B. Er ist für seine Gründe niemanden Rechenschaft schuldig - und das ist auch gut so. Denn genau auf dieser Unterscheidungs-Freiheit (d.h. dem Recht zu diskriminieren) basiert die Marktwirtschaft. Es wäre ja noch schöner, wenn ein Käufer erst einen Gesinnungstest machen müsste, bevor er sich für das Brot von A entscheiden darf.
Die Marktwirtschaft stellt auch sicher, dass nicht sachgerechtes Diskriminieren nicht aufrechterhalten wird.
Wenn - als Beispiel - einige Arbeitgeber Schwarze nicht einstellen und zwar aus nicht sachgerechten Gründen (d.h. obwohl Schwarze ansonsten exakt die gleiche Leistung bringen wie Weiße), dann gibt es plötzlich viele arbeitslose Schwarze und deren Lohnniveau sinkt etwas. Es wird nun besonders attraktiv für die normal denkenden Arbeitgeber, mehr Schwarze einzustellen. Letzten Endes haben sich die rassistischen Arbeitgeber nur selbst bestraft und erleiden gegenüber den normalen Arbeitgebern Wettbewerbsnachteile.
Das AGG ist deshalb auch ein absoluter Fremdkörper, der allen sonstigen Rechtsprinzipien zuwiderläuft.
Zitat von FlorianDas AGG ist deshalb auch ein absoluter Fremdkörper, der allen sonstigen Rechtsprinzipien zuwiderläuft.
Ich stimme Ihnen vollständig zu, lieber Florian.
Historisch gesehen gehen alle diese Antidiskriminierungs-, Gleichhandlungs- Gleichstellungsgesetze usw. auf den amerikanischen Kampf um die Bürgerrechte ab den frühen sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zurück.
Was regelmäßig übersehen wird, ist, daß es damals in den Südstaaten eine gesetzliche Diskriminierung gegeben hat. Gegen diese sind John F. Kennedy und vor allem sein Bruder Robert zu Recht angegangen.
Daß daraus einmal affirmative action und ein ganzes Spinnennetz von Bestimmungen werden würde, mit denen in den USA der Staat - genauer: die Staaten - inzwischen in das Privat- und Geschäftsleben hineinregieren, hätte damals niemand erwartet.
Dann wurde das auch inhaltlich immer mehr ausgeweitet - die Frauen, die Behinderten, die Homosexuellen, gar die Alten wurden "geschützt".
Daß die Islamisten das ausnutzen, ist ihr gutes Recht. Wenn der Staat sich das Recht herausnimmt, gegen "Homophobie" vorzugehen - warum nicht auch gegen "Islamophobie"? Oder wie wäre es mit "Marxismus-Phobie"?
Zitat Es gibt zwar ein Diskriminierungsverbot im GG, aber das steht eben neben dem Recht auf Vertragsfreiheit. Ein selbständiger Becker dürfte (jetzt vom GG aus, nicht vom AGG) zwar eigentlich nicht einem Schwarzen zwar deshalb kein Brot verkaufen, weil es ein Schwarzer ist,
Das ist (m.E.) nicht richtig. Das Diskriminierungsverbot im GG bindet ausschließlich den Staat. Nicht Private. Das AGG ist deshalb auch ein absoluter Fremdkörper, der allen sonstigen Rechtsprinzipien zuwiderläuft.
Natürlich ist es nicht richtig. Die Sache ist komplizierter, als es lois jane darstellt. Ohne jetzt der große Spezialist des Verfassungsrechts zu sein, gilt aber mE folgendes: Das Verständnis von den Grundrechten ist seit Bestehen der Bundesrepublik nicht statisch, sondern einem Wandel unterworfen. Der vollzieht sich freilich in langsamen Schritten über die Jahrzehnte hinweg. Ursprünglich waren die Grundrechte reine Abwehrrechte gegen den Staat, sicherten dem Staatsbürger einen Freiraum und banden alle staatlichen Organe, insbesondere Verwaltung und Gesetzgeber. Im Laufe der Jahrzehnte begann man, einzelne Grundrechte zusätzlich als Teilhaberechte aufzufassen, mE in erster Linie durch die Rechtsprechung des BVerfG. Eine Geltung der Grundrechte zwischen den einzelnen Bürgern, im privatrechtlichen Verkehr, hat man bisher nur in der Rechtswissenschaft vereinzelt vertreten. Generell ist die Meinung immer noch die, daß Grundrechte nicht zwischen den einzelnen Bürgern gelten.
Das AAG ist somit tatsächlich systemwidrig und ein Angriff auf die Vertragsfreiheit.
Zitat Es gibt zwar ein Diskriminierungsverbot im GG, aber das steht eben neben dem Recht auf Vertragsfreiheit. Ein selbständiger Becker dürfte (jetzt vom GG aus, nicht vom AGG) zwar eigentlich nicht einem Schwarzen zwar deshalb kein Brot verkaufen, weil es ein Schwarzer ist,
Das ist (m.E.) nicht richtig. Das Diskriminierungsverbot im GG bindet ausschließlich den Staat. Nicht Private.
Ja, das sagten Sie schon ... aber wo bleibt die Begründung bzw. der Beleg, daß es so ist. Ihr Erachten kann ja nicht maßgeblich sein.
Schauen Sie einfach in den Artikel 3 GG (3) und sagen Sie mir, wo da ssteht "Niemand darf wegen ... von Staat benachteiligt oder bevorzugt werden"? Wo steht das?
Was die Bedeutung des Wortes "diskriminieren" angeht oder die Qualität des AGG sind wir ja einer Meinung. Wir beide lehnen es ab.
Das GG verbietet Diskriminierung ja auch nicht generell sondern aufgrund von acht explizit genannten Gründen - wobei der letztangefügte, die Behinderung nur eine Benachteiligung verbietet, bei den ersten sieben sowohl Benachteiligung wie Bevorzugung. Das GG verbietet nicht gegen Bäcker Müller zu diskriminieren, weil einem dort die Brötchen nicht so schmecken.
Natürlich gilt das Verbot zu aller erst für den Staat, bei dem ja alles rechtlich geregelt werden muß und persönliche Willkür minimiert werden soll. Aber es gibt keine Grundlage, Einzelpersonen hiervon freizusprechen. Das Diskriminierungsverbot galt schon seit Beginn des GG.
Der Einzelne konnte sich noch nie auf das GG berufen, wenn er denn die Ablehnung eines Bäckers aus sachfremden, z.B. rassistischen Motiven betrieben hätte. Noch nie! Bisher hat nur - und da haben Sie recht - niemand von ihm Rechenschaft gefordert, warum er denn bei Bäcker Schmidt und nicht bei Bäcker Müller einkauft. Auf Grundlage seiner Vertragsfreiheit galt die Annahme, daß nur nach legitimen Motiven handelt. (Und das war auch gut so!)
Die Neuerung des AGG ist, diesen Anspruch nun auch im Alltäglichen durchzusetzen, eben u. U. vom Einzelnen doch Rechenschaft zu fordern (wenn auch - noch - nicht bei Brötchenkauf).
Zuvor hat man das nicht getan, weil
1. das "Problem" für nicht brennend erachtet wurde (weil es wenige tun bzw. solche die es tun, nicht darüber reden und es damit nicht propagiert wird, andererseits es auch die Betroffenen mit der Situation leben können - solange es sich nicht um Monopole und Lebensnotwendiges handelt),
2. die Umsetzung eines solchen Anspruchs faktisch nicht zu leisten ist, wollte man denn gerecht bzw. konsequent vorgehen, und
3. einer gesunden Zurückhaltung seitens des Staates.
Das AGG wurde eingeführt, weil bestimmte Politiker
1. eben das Problem nun als brennend ansahen (und zwar nicht aufgrund einer geänderten Situation oder einer Analyse derselben sondern aufgrund einer ideologischen Setzung, daß "alle sind gleich" das wichtigste vom wichtigen ist),
2. sich einen Dreck um die Gerechtigkeit und Konsequenz ihres Vorgehen scheren, und
3. auch eine solche Zurückhaltung nicht mehr kennen.
(4. Ein weiterer Grund ist natürlich auch noch, daß jene die derartiges nicht anstrebten, entweder es nicht für nötig befanden, irgendetwas dagegen zu tun oder von anderen daran gehindert wurden. Eine gewisse Bundeskanzerlin ist hier zentral.)
Was ich über Gerechtigkeit und Konsequenz gesagt habe zielt darauf, daß ja auch die Anti-Diskriminierungs-Brigade den Brötchenkauf nicht vorschreiben. Das müßten sie aber konsequenterweise tun. Darüberhinaus steht das AGG auch nur halb auf dem Boden des GG, denn das AGG enthält Merkmale, die das GG nicht kennt ("sexuelle Orientierung"), andererseits verbiegt sich das AGG bei explizit im GG aufgeführten Merkmalen ("politische Anschauungen" - Zettel hat darüber ja neulich geschrieben).
Eine Beschränkung auf bestimmte Merkmale erleichtert natürlich die Umsetzung, ermöglicht sie sogar erst. Aber auch dies wird nicht konsequent umgesetzt, denn de facto werden ja bestimmte Varianten dieser Merkmale geschützt, eben die (wirklichen oder gedachten) Minderheitspositionen. Geschlechtergleichheit setzt sich nur für die Frauen ein, Antirassimus nur für Farbige und was ich als Katholikin von der Rhetorik gegen "religiöse Diskriminirung" halte, können sie sich bestimmt denken. Diesen vermeintlichen Minderheitspositionen wird dadurch aber ein (eben selbst diskriminatorischer) Vorteil verschaft - ein Angehöriger solcher Minderheiten kann viel eher damit rechnen, durch eine Klage Erfolg zu haben. Und das widerspricht dem im GG explizit genannten Bevorzugunsverbot.
Ich halte es übrigens Wunschdenken zu behaupten, daß die Marktwirtschaft nicht sachgerechtes Diskriminieren beseitigt. Hier verwechseln sie das Denkmodell des Homo Oeconomicus, der per definitionem keine sachfremden Motive hat, mit realen Menschen. Mal ganz abgesehen davon, daß ein solches Argument die eben noch so tapfer verteidigte Handlungsfreiheit des Menschen hinwegdefiniert. Der Mensch soll frei sein zu tun, was er ohnehin tun muß.hnniveau sinkt etwas.
"Das AGG ist deshalb auch ein absoluter Fremdkörper, der allen sonstigen Rechtsprinzipien zuwiderläuft."
Ja, da stimmen wir überein! Je eher es verschwindet, desto besser!!!
Leider wird das, wie bei allen üblen Neuerungen der letzten Jahre bzw. Jahrzehnte nicht geschehen, weil die Betreiber solcher Politik eine strukturelle Mehrheit im politischen und medialen System haben. Die kleineren Parteien - ob grün, gelbt oder dunkelrot - sind ohnehin ideologisch darauf festgelegt, die großen entweder nicht wirklich daran interessiert (SPD) oder in sich gespalten (Union).
Man möge das ganze auch nicht auf die EU schieben, denn diese spuckt nur aus, was ihr vorher von den Länderregierungen eingegeben wurde (auch von deutschen) - außerdem ging das deutsche Gesetz weit über die europäischen Vorgaben hinaus.
Zitat von JeffDavisNatürlich ist es nicht richtig. Die Sache ist komplizierter, als es lois jane darstellt. Ohne jetzt der große Spezialist des Verfassungsrechts zu sein, gilt aber mE folgendes: Das Verständnis von den Grundrechten ist seit Bestehen der Bundesrepublik nicht statisch, sondern einem Wandel unterworfen. ...
Natürlich habe ich vereinfacht, aber m.E. zu recht.
Es gibt diesen Wandel, denn Jeff beschreibt. Dies kann aber nicht Grundlage dafür zu sein, daß die Position "Grundrechte sind nur Abwehrrechte" die richtige ist. Dieser Anspruch wird aber von Florian implizit erhoben - ohne Grundlage, da das GG sich weder so noch so äußert. Da eine Beschränkung nicht erwähnt wird und die Grundrechte explizit als "geltendes Recht" bezeichnet werden, liegt die Beweislast aber auf Seiten jener, die eine Beschränkung vertreten.
Die von Jeff beschriebene Ereignisfolge stimmt so weit, allerdings dürfte es nicht unwichtig sein, daß der Punkt, an dem der Übergang zum "Grundrechte gelten überall"-Prinzip eindeutig erfolgt ist in einem Verfassungsgerichtsurteil aus den 1950er Jahren liegt. (Leider blieb mein Versuch, das genau wiederzufinden bisher erfolglos.)
Zitat von lois janeEs gibt diesen Wandel, denn Jeff beschreibt. Dies kann aber nicht Grundlage dafür zu sein, daß die Position "Grundrechte sind nur Abwehrrechte" die richtige ist. Dieser Anspruch wird aber von Florian implizit erhoben - ohne Grundlage, da das GG sich weder so noch so äußert. Da eine Beschränkung nicht erwähnt wird und die Grundrechte explizit als "geltendes Recht" bezeichnet werden, liegt die Beweislast aber auf Seiten jener, die eine Beschränkung vertreten. Die von Jeff beschriebene Ereignisfolge stimmt so weit, allerdings dürfte es nicht unwichtig sein, daß der Punkt, an dem der Übergang zum "Grundrechte gelten überall"-Prinzip eindeutig erfolgt ist in einem Verfassungsgerichtsurteil aus den 1950er Jahren liegt. (Leider blieb mein Versuch, das genau wiederzufinden bisher erfolglos.)
Nein, die Sache ist ganz erheblich komplizierter. Nur juristische Laien springen immer gleich auf die Grundrechte, und nur Laien unterlegen den Grundrechten stets ihre eigene Auffassung der zahllosen unbestimmten Begriffe als die einzig richtige. Gerade bei derart unbestimmten Normen ist der Text kaum hinreichend interpretierbar, wenn man den verfassungsrechtlichen und geistesgeschichtlichen Kontext unbeachtet läßt und das geschriebene Wort für bare Münze nimmt.
Sie meinen sehr wahrscheinlich das bahnbrechende Lüth-Urteil des BVerfG aus dem Jahre 1958, eine der wichtigsten Entscheidungen des BVerfG überhaupt. In der Tat heißt es dort, daß der Gehalt der Grundrechte "mittelbar" in privatrechtliche Normen und ihre Auslegung hineinstrahlt, woraus folge, daß Normen des Privatrechts, auch wenn sie älter sind als das Grundgesetz, von nun an nur noch in seinem Rahmen und in einer durch seine Werte geprägten Auslegung verfassungsgemäß sind.
Das bedeutet aber nicht, daß sich der Käufer eines Brötchens oder der Mieter einer Wohnung unmittelbar auf das GG berufen können. Seit 1958 hätte sich sonst für die privatrechtlichen Geschäfte bereits eine Rechtsprechung der Gerichte dazu entwickelt. Das AGG wäre ganz anders zu beurteilen, wenn es als Grundlage eine entwickelte Kasuistik der Rechtsprechung in Europa gegeben hätte. Das BVerfG spricht nicht zu Unrecht von mittelbarer Ausstrahlung und nicht von unmittelbarer Anwendung auf die Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens.
Die Grundrecht sind auch nicht "geltendes Recht", sondern es heißt in Art.1 Abs 3 GG: "(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht." Kein Wort also von unmittelbarer Geltung für das Alltagsleben zwischen Privaten.
Grundrechte sind Abwehrrechte. Die Verfassungslehre geht seit Bestehen der Bundesrepublik von dieser Position aus (sie sind immer noch Abwehrrechte), hat sich aber dahingehend entwickelt, daß heute aus Grundrechten auch Rechte auf Teilhabe hergeleitet werden. Und zwar gegenüber dem Staat, nicht gegenüber anderen Bürgern. Deshalb ist das AAG ein Fremdkörper.
Es gibt weiter keine "Beweislast" derjenigen, die eine Beschränkung vertreten. Wir sind nicht in einem Zivilgerichtsprozeß. Es handelt sich schlicht um die Interpretation juristischer Normen.
Zitat von JeffDavisNein, die Sache ist ganz erheblich komplizierter. Nur juristische Laien springen immer gleich auf die Grundrechte, und nur Laien unterlegen den Grundrechten stets ihre eigene Auffassung der zahllosen unbestimmten Begriffe als die einzig richtige. Gerade bei derart unbestimmten Normen ist der Text kaum hinreichend interpretierbar, wenn man den verfassungsrechtlichen und geistesgeschichtlichen Kontext unbeachtet läßt und das geschriebene Wort für bare Münze nimmt.
Aber darum ging es hier doch gar nicht, sondern einzig und allein um die (nach Maßgabe der Rechtsprechung) sachlich nicht zutreffende Behauptung, Grundrechte würden nur den Staat bzw. staatliches Handeln betreffen. Daß Grundrechte nur Abwehrrechte wären ist ein bloße politische Meinung und mehr nicht! Daß die Grundrechte "geltendes Recht" sind, steht im Verfassungstext, den Sie selbst zitieren.
Zitat Sie meinen sehr wahrscheinlich das bahnbrechende Lüth-Urteil des BVerfG aus dem Jahre 1958, eine der wichtigsten Entscheidungen des BVerfG überhaupt. In der Tat heißt es dort, daß der Gehalt der Grundrechte "mittelbar" in privatrechtliche Normen und ihre Auslegung hineinstrahlt, woraus folge, daß Normen des Privatrechts, auch wenn sie älter sind als das Grundgesetz, von nun an nur noch in seinem Rahmen und in einer durch seine Werte geprägten Auslegung verfassungsgemäß sind.
Genau dieses Urteil meinte ich. Danke fürs Hereinstellen!!
Es ging auch nicht darum, mit dem GG das AGG zu rechtfertigen - Gott bewahre!!! - es ist ein Schritt über alles bisher gekannte hinaus.
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