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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 57 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.04.2010 16:37
Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Wenn Menschen durch das AGG vor Benachteiligung wegen ihrer "ethnischen Herkunft" geschützt werden, warum dann nicht auch wegen ihrer Herkunft aus der DDR, wegen ihrer Haarfarbe oder wegen ihres Lieblings-Fußballvereins?

Das AGG ist eine Absurdität; jedenfalls was das völkische Denken angeht, das hinter dem Begriff der "ethnischen Herkunft" steckt.

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

15.04.2010 16:45
#2 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Viel Schlimmer:

Zitat

wenn in Bewerbungsverfahren künftig „anonymisierte Lebensläufe“ vorgeschrieben würden. Ohne Angabe von Namen, Adresse, Geburtsdatum, Familienstand und ohne Foto-Beilage könne einer voreiligen Diskriminierung vorgebeugt werden

dirk Offline



Beiträge: 1.538

15.04.2010 16:52
#3 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Kurios ist vor allem, dass dem Gesetz nach ein gewisser Teil eben aufgrund seiner Herkunft diskriminiert werden darf, was selbst wieder eine Diskriminierung darstellt. Und dies auch noch seitens des Gesetzgebers, was m.E. viel höher wiegt als die Diskriminierung unter Privatleuten.

Überhaupt ärgert es mich, dass Gesetzgeber einerseits Ungleichbehandlung als absolutes Übel, als Verstoß gegen die Menschenrechte, erkannt haben will, aber, um Ungleichheit im Ergebnis zu korrigieren, etwa bei der Begünstigung von Frauen, sich selbst solche herausnimmt. Diese Inkonsistenz entlarvt ihn als Heuchler. Entweder - oder!

Zumal der Gleichheitsgrundsatz als Grundrecht im Grundgesetz ein Abwehrrecht gegenüber dem Staat ist. Nun nutzt er aber dessen guten Ruf und Akzeptanz in der Gesellschaft um ihn ins Gegenteil zu verkehren. In ein Angriffsrecht des Staates gegenüber seinen Bürgern.

Uli Offline



Beiträge: 9

15.04.2010 17:08
#4 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Irgendwo muss man nun einmal Grenze ziehen. Klar ist es im Einzelfall schwierig abzugrenzen, ob etwas noch als ethnische Herkunft zu gelten hat oder nicht. Die Fragen sind aber nicht unlösbar. Bei Kowalskis aus dem Pott oder Dänen in Schleswig-Holstein werden sie sich vermutlich praktisch nie stellen.

Würde man die Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft streichen, würde sich das Problem nur verlagern. Dann müssten Gerichte prüfen, ob jemand wegen seiner "Rasse" diskriminiert wird (wäre dies bei Türken der Fall? oder Arabern? oder Israelis?). Das hinter diesem Diskriminierungsverbot stehende Denke wäre dann Ihrer Meinung nach rassistisch? Vielleicht ist es das, weil man sich auf die Logik der Rassisten einlässt. Aber vermutlich muss man sich auf diese Logik einlassen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.04.2010 17:12
#5 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat von dirk
Zumal der Gleichheitsgrundsatz als Grundrecht im Grundgesetz ein Abwehrrecht gegenüber dem Staat ist. Nun nutzt er aber dessen guten Ruf und Akzeptanz in der Gesellschaft um ihn ins Gegenteil zu verkehren. In ein Angriffsrecht des Staates gegenüber seinen Bürgern.


So ist es, und Sie haben das sehr treffend formuliert.

Aber dieses von der EU per Direktive erzwungene Gesetz (das allerdings wohl über das aufgrund der Direktive unbedingt Erforderliche noch hinausgegangen ist) paßt ja in eine Entwicklung, die sich schon seit Jahrzehnten abzeichnet: Die Grundrechte werden immer mehr zu Schutzrechten umgedeutet, die den Staat verpflichten sollen, seine Bürger zu schützen. Vor gut zehn Jahren hat dazu die heutige Justizministerin Ausgezeichnetes gesagt.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.04.2010 17:28
#6 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat von Uli
Würde man die Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft streichen, würde sich das Problem nur verlagern. Dann müssten Gerichte prüfen, ob jemand wegen seiner "Rasse" diskriminiert wird (wäre dies bei Türken der Fall? oder Arabern? oder Israelis?).


Wenn diese Bestimmung gegen Rassismus gerichtet ist, dann ist entscheidend, ob die Diskriminierung rassistisch motiviert war. Um wen es sich handelt, kann nicht entscheidend sein. In Deutschland gibt es zum Beispiel immer noch Reste eines rassistisch motivierten Antisemitismus; in den USA so gut wie nicht. Dort gibt es andererseits immer noch Reste einer rassistischen Diskriminierung von Schwarzen.

Ich gebe Ihnen aber Recht, daß es auch hier - wie auch anders - Abgrenzungsprobleme gibt. Bei der "ethnischen Herkunft" besteht aber der ganze Begriff nur aus Abgrenzungsproblemen; der Begriff als solcher taugt nichts. Wenn man ihn ernst nimmt, dann muß man es auch einem Unternehmen verbieten, gegen Bayern oder Pfälzer zu diskriminieren.

Und jeder Besitzer eines Münchner Biergartens wäre dran, der als Kellnerin lieber ein fesches Madl mit Holz vor der Hüttn einstellt als eine dröge schmalbrüstige Deern von der Waterkant.

Herzlich, Zettel

Nils Offline



Beiträge: 53

15.04.2010 17:45
#7 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat
Es ist vernünftig, daß Menschen vor Diskriminierung aufgrund ihrer Rasse geschützt werden. Ob das durch ein solches Gesetz wie das AGG geschehen sollte, ist eine andere Frage; aber grundsätzlich darf es in einem demokratischen Rechtsstaat keinen Rassismus geben.



Hier muss ich ausnahmsweise mal widersprechen, lieber Zettel.
Es ist in der Tat vernünftig, daß Menschen vor staatlicher Diskriminierung aufgrund ihrer Rasse geschützt werden. (Und davor auch wegen diverser anderer Merkmale).
Aber im Privaten gibt es ein solches Recht nicht. Das einzige Recht, was eine Privatperson vor einer anderen Privatperson hat, ist, von ihr in Ruhe gelassen zu werden. Wenn Arbeitgeber A und Bewerber B sich darauf einigen, ein Vertragsverhältnis einzugehen, was mit gescheitertem Bewerber C nichts zu tun hat, warum sollte C dann das Recht haben, A und B mit Gewalt zu zwingen, den Vertrag wieder zu lösen?


Nils

P.S.
Bitte keine Frechheiten gegen Frauen norddeutscher Ethnie

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.04.2010 17:54
#8 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat von Nils
Zitat:Es ist vernünftig, daß Menschen vor Diskriminierung aufgrund ihrer Rasse geschützt werden. Ob das durch ein solches Gesetz wie das AGG geschehen sollte, ist eine andere Frage; aber grundsätzlich darf es in einem demokratischen Rechtsstaat keinen Rassismus geben.Zitat:
Hier muss ich ausnahmsweise mal widersprechen, lieber Zettel.
Es ist in der Tat vernünftig, daß Menschen vor staatlicher Diskriminierung aufgrund ihrer Rasse geschützt werden. (Und davor auch wegen diverser anderer Merkmale).
Aber im Privaten gibt es ein solches Recht nicht. Das einzige Recht, was eine Privatperson vor einer anderen Privatperson hat, ist, von ihr in Ruhe gelassen zu werden. Wenn Arbeitgeber A und Bewerber B sich darauf einigen, ein Vertragsverhältnis einzugehen, was mit gescheitertem Bewerber C nichts zu tun hat, warum sollte C dann das Recht haben, A und B mit Gewalt zu zwingen, den Vertrag wieder zu lösen?


Schwierige Frage, für mich jedenfalls. Sollte der Staat, sagen wir, in den USA Lokale mit dem Schild "Whites Only" dulden? Oder in Deutschland mit "Juden unerwünscht"? Sollte er es erlauben, daß in den USA private Buslinien die hinteren Plätze für Schwarze reservieren; daß in Deutschland ein Golfclub in seinen Internetauftritt schreiben darf: "Wir nehmen keine Juden auf"?

Was Sie schreiben, lieber Nils, entspricht meiner liberalen Grundüberzeugung. Andererseits sind Rassisten ja Gegner einer freiheitlichen Gesellschaft. Es geht aus meiner Sicht also um das alte Problem, das mich immer wieder beschäftigt, wieviel Freiheit man den Feinden der Freiheit lassen darf.

Herzlich, Zettel

PS: Wenn Sie für das Zitieren die Funktionen des Forums nutzen möchten, finden Sie hier unter 6.5 die einschlägigen Informationen.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

15.04.2010 17:59
#9 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

@Nils

Zustimmung.

Ich will zwar kein Rassist sein, aber ich will es sein dürfen. Überhaupt gibt es in den Medien (und unter Lehrer) eine falsche Vorstellung vom Begriff Toleranz. Toleranz bedeutet, dass man etwas erträgt, etwas ausharrt, aber nicht, dass man etwas gern hat. Die "Wir-sind-eine-Welt-und-haben-uns-alle-lieb"-Pädagogik kann einen ganz schön nerven. In den Worten von Mr. Garrison.

Zitat von Mr. Garrison

Tolerant, but not stupid! Look, just because you have to tolerate something doesn't mean you have to approve of it! If you had to like it, it'd be called the Museum of Acceptance! [the audience looks on] "Tolerate" means you're just putting up with it! You tolerate a crying child sitting next to you on the airplane or, or you tolerate a bad cold. It can still piss you off! Jesus Tapdancing Christ!

(Southpark Episode 614)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.04.2010 18:00
#10 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat von Nils
P.S.
Bitte keine Frechheiten gegen Frauen norddeutscher Ethnie


Als Fan von Ina Müller bin ich, lieber Nils, über diesen Vorwurf erhaben.

Nils Offline



Beiträge: 53

15.04.2010 18:43
#11 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat
Schwierige Frage, für mich jedenfalls. Sollte der Staat, sagen wir, in den USA Lokale mit dem Schild "Whites Only" dulden? Oder in Deutschland mit "Juden unerwünscht"? Sollte er es erlauben, daß in den USA private Buslinien die hinteren Plätze für Schwarze reservieren; daß in Deutschland ein Golfclub in seinen Internetauftritt schreiben darf: "Wir nehmen keine Juden auf"?



Ja, meiner Meinung nach sollten sie das dürfen. Vor allem, wie gesagt, aus abstrakten moralischen Erwägungen. Denn wenn man sich einmal auf die liberale Grundüberzeugung (bzw. wie ich sie sehe) festlegt, die da lautet, dass jeder das Recht hat zu tun und zu lassen, was er will, solange er niemand anders damit schadet, dann muss man auch die Implikationen dieser Überzeugung akzeptieren. Und die ergeben das Recht auf Rassismus -- um es genauer zu sagen: passiven Rassismus. Ich darf also jemanden aus meinem Lokal ausschließen, weil er (sagen wir mal) Bayer ist (alle mitlesenden Bayern seien herzlich um Entschuldigung gebeten ). Ich darf ihn aber nicht einfach zusammenschlagen.

Die gern zitierte Rassentrennung in amerikanischen Bussen basierte meines Wissens übrigens auf Gesetzen, nicht auf dem Tun von Privatpersonen.

Aber selbst wenn man der Meinung ist, dass der Staat ein Recht hätte, gegen solche Diskriminierungen vorzugehen, sollte man sich fragen, ob ein Gesetz überhaupt funktionieren kann (ich bin mir nicht sicher, die Argumente sind immer ein wenig schwammig, aber ich sehe es etwa wie folgt):
Warum sollte ein Lokal nur Weiße einlassen? Dem Lokal entgeht dadurch eine Menge Kundschaft (einmal wegen der Nicht-Weißen die logischerweise nicht kommen werden und außerdem wegen der zweifellos schlechten Publicity, die das bringen wird). Sowas duldet der freie Markt auf Dauer nicht. Die einzige Situation in der es wirtschaftlich sinnvoll sein kann, ist wenn es viele Gäste gibt, die es abstoßend finden, wenn sich Nicht-Weiße im selben Lokal wie sie aufhalten (im Klartext: Die Gäste müssen überwiegend Rassisten sein). Aber (wenn wir von einer demokratischen Ordnung ausgehen): Im großen und ganzen sind ja Lokalgäste und Wähler die selbe Gruppe. Das heißt, in den Fällen in denen es überhaupt vorstellbar ist, demokratisch ein Gesetz zu erlassen, das Diskriminerung verbietet, ist es nicht nötig.

Zitat

Was Sie schreiben, lieber Nils, entspricht meiner liberalen Grundüberzeugung. Andererseits sind Rassisten ja Gegner einer freiheitlichen Gesellschaft. Es geht aus meiner Sicht also um das alte Problem, das mich immer wieder beschäftigt, wieviel Freiheit man den Feinden der Freiheit lassen darf.


Es stimmt sicherlich, dass die meisten Rassisten Gegner einer freiheitlichen Gesellschaft sind. Aber das ist kein notwendiger Zusammenhang. Jemand kann im Prinzip ein Rassist und dennoch für eine freiheitliche Gesellschaft sein. Rassistisch sein darf er. Was er nicht darf, ist versuchen die freiheitliche Ordnung zu beseitigen, denn damit verhält er sich wieder aggressiv gegen Dritte. Dann kann und muss er bekämpft werden.


Nils

Florian Offline



Beiträge: 3.136

15.04.2010 18:47
#12 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Na, das mit dem Hinweis "Ossi / Minus-Zeichen" war schon ziemlich mies.
Mit so einem blöden Arbeitgeber würde ich, wäre ich Ostdeutscher, auch nichts zu tun haben wollen.

Wobei seltsamerweise die ostdeutsche Dame ja ausgerechnet auf EINSTELLUNG geklagt hat.
Sie will also allen ernstes just von einem Arbeitgeber beschäftigt werden, der Ossis nicht mag.
Schon irgendwie seltsam.

Nils Offline



Beiträge: 53

15.04.2010 19:03
#13 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat von Florian

Wobei seltsamerweise die ostdeutsche Dame ja ausgerechnet auf EINSTELLUNG geklagt hat.
Sie will also allen ernstes just von einem Arbeitgeber beschäftigt werden, der Ossis nicht mag.
Schon irgendwie seltsam.


Ist die Klage auf Einstellung da möglicherweise nur die Voraussetzung dafür, sich mit dem Arbeitgeber auf eine Abfindung oder Entschädigung zu einigen?

Und wo wir bei juristischen Fragen sind:
Ein türkischer (A) und ein deutscher (B) Unternehmer in der gleichen Branche, gleich Stadt, etc. Deutscher Arbeitsloser (C) bewirbt sich um eine Stelle bei B, bekommt sie auch. Bei A hat er sich nicht beworben, weil er Türken nicht mag. Angenommen, dies kann alles 100%ig nachgewiesen werden.
Kann nach dem AGG jetzt A den C verklagen, weil er sich nicht bei ihm beworben hat? Verurteilt dann das Gericht C dazu, für A zu arbeiten?

Florian Offline



Beiträge: 3.136

15.04.2010 19:22
#14 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Nils:

Ich versuche mal mein Glück als Nicht-Jurist:

Zitat
Ist die Klage auf Einstellung da möglicherweise nur die Voraussetzung dafür, sich mit dem Arbeitgeber auf eine Abfindung oder Entschädigung zu einigen?



Ja, richtig.
Im deutschen Arbeitsrecht kann ein gekündigter Arbeitnehmer eben nie auf Abfindung klagen. Sondern immer nur auf (Weiter-)Beschäftigung.
Wobei das eben zu seltsamen Situationen führt.
Denn der Arbeitnehmer muss etwas einklagen, das er in der Regel gar nicht will.

Zitat
Ein türkischer (A) und ein deutscher (B) Unternehmer in der gleichen Branche, gleich Stadt, etc. Deutscher Arbeitsloser (C) bewirbt sich um eine Stelle bei B, bekommt sie auch. Bei A hat er sich nicht beworben, weil er Türken nicht mag. Angenommen, dies kann alles 100%ig nachgewiesen werden. Kann nach dem AGG jetzt A den C verklagen, weil er sich nicht bei ihm beworben hat? Verurteilt dann das Gericht C dazu, für A zu arbeiten?



Nein, das geht m.W. nicht.
Das AGG verpflichtet nicht Jeden, sondern nur bestimmte Private. Insbesondere Arbeitgeber und Anbieter im Massengeschäft.
(D.h. wer eine Wohnung zu vermieten hat, kann weiterhin diskriminieren. Eine Wohnbaugesellschaft aber nicht.
Hat natürlich alles keine Logik. Aber man muss schon froh drum sein, dass die Anwendungs-Fälle es AGG so wenigstens einigermaßen begrenzt sind.

(Wobei es natürlich schon spassig wäre, wenn der deutsche Gemüsehändler im Prenzlauer Berg die Kunden des benachbarten türkischen Händlers verklagen würden, wenn diese dort mit irgendwelchen diskriminierenden Argumenten ("ich kaufe einfach lieber bei Türken" o.ä.) einkaufen würden.

Abendlaender Offline




Beiträge: 103

15.04.2010 20:50
#15 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat von Nils
Ja, meiner Meinung nach sollten sie das dürfen.

Dem stimme ich zu, aus dem gleichen Grunde, und ich finde diesen Grund auch ausgesprochen haltbar: die Selbstregulierung über den Markt.
Warum spricht eigentlich niemand davon in der öffentlichen Debatte? Es ist, als würde man die Schwerkraft totschweigen, nur um Argumente zu finden, alle beweglichen Gegenstände am Boden festzunageln, ab übermorgen auch Personen. Zum Beispiel im Arbeitsrecht: Der beste Kündigungsschutz wäre ein funktionierender Arbeitsmarkt mit Stellenüberangebot. Wenn einem Arbeitnehmer etwas nicht paßt, geht er halt zum nächsten! Wirkungsvoller ist noch kein Arbeitgeber diszipliniert worden. Das gilt sogar zielsicher für Diskriminierungsfälle, die das Vorstellungsvermögen jedes Gesetzgebers übersteigen, wie hier im Falle eines Vorurteils gegen "Ossis". Johnny Paycheck hat das 1977 passend besungen (Ton und Bild hier, Text hier, Hintergrund hier), das Lied geht mir immer im Kopf herum, wenn ich von solchen Fällen lese.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

15.04.2010 21:42
#16 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat von Abendlaender

Zitat von Nils
Ja, meiner Meinung nach sollten sie das dürfen.

Dem stimme ich zu, aus dem gleichen Grunde, und ich finde diesen Grund auch ausgesprochen haltbar: die Selbstregulierung über den Markt.



Dieser Grund war weder 1935 in Deutschland noch 1960 in den US-Südstaaten haltbar. Ja, die Rassentrennung in den USA war gesetzlich vorgeschrieben, aber ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass in Alabama die Diskriminierung plötzlich aufgehört hätte, wenn nur die bösen Gesetze weggefallen wären. Wenn Deutsche halt nicht bei Juden kaufen und dafür halt wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen, dann kann der überzeugte Liberale dagegen nicht mehr viel sagen.

Eine schöne Gelegenheit für eine neue Signatur.

--
El liberalismo pregona el derecho del individuo a envilecerse, siempre que su envilecimiento no estorbe el envilecimiento del vecino. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Hajo Offline



Beiträge: 440

15.04.2010 21:46
#17 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Wie Sie schon sagten: Rassismus kann es in einem Rechtsstaat nicht geben. Leider reißt immer mehr die "positive Diskriminierung" aufgrund z.B. rassischer oder, wie es genannt wird, ethnischer Merkmale ein, der im Grunde nichts weiter als ein Rassismus gegen die nicht positiv Diskriminierten ist. Erst heute zeigte mir ein Neffe eine Stelleanzeige einer Behörde, in der, falls sich weder Frauen noch Schwerbehinderte oder Migranten auftreiben lassen, auch ein gesunder, sexuell normal orientierter, deutscher Mann ohne negativen Ariernachweis die Bewerbung... Mhhhhh

dirk Offline



Beiträge: 1.538

15.04.2010 22:13
#18 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat von Gorgasal
Dieser Grund war weder 1935 in Deutschland noch 1960 in den US-Südstaaten haltbar.



Richtig. Aber in einem solchen Umfeld, in dem auch Markt den Rassismus unterstützt, wird der Staat eine Gleichbehandlung auch nicht aufrecht erhalten können.

Die Abschaffung des Rassismus erfolgt über und durch die Gesellschaft, nicht per Staatsdekret.

Abendlaender Offline




Beiträge: 103

15.04.2010 22:59
#19 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat
Dieser Grund war weder 1935 in Deutschland noch 1960 in den US-Südstaaten haltbar. Ja, die Rassentrennung in den USA war gesetzlich vorgeschrieben, aber...

Aber Sie sagen es doch selbst, lieber Gorgasal, gesetzlich vorgeschrieben! Was soll eine Marktlösung denn ausrichten, gegen Segregations- und Nürnberger Gesetze?

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

16.04.2010 00:22
#20 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat von Nils
Und wo wir bei juristischen Fragen sind:
Ein türkischer (A) und ein deutscher (B) Unternehmer in der gleichen Branche, gleich Stadt, etc. Deutscher Arbeitsloser (C) bewirbt sich um eine Stelle bei B, bekommt sie auch. Bei A hat er sich nicht beworben, weil er Türken nicht mag. Angenommen, dies kann alles 100%ig nachgewiesen werden.
Kann nach dem AGG jetzt A den C verklagen, weil er sich nicht bei ihm beworben hat? Verurteilt dann das Gericht C dazu, für A zu arbeiten?


Ein schönes Gedankenspiel!

Die Pointe auf den aktuellen Fall ist aber, dass die Klägerin dem Vernehmen nach schon vor der Wiedervereinigung in die damalige BRD übergesiedelt sein soll. Und die Wiedervereinigung ist jetzt 20 Jahre her.

Ich würde der Klage auch nicht stattgeben. Aber allein schon wegen der Dämlichkeit dieses Vermerks sollte der beklagte Arbeitgeber ein paar Euro Strafe für einen gemeinnützigen Zweck bezahlen.

lois jane Offline



Beiträge: 662

16.04.2010 07:35
#21 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Klar, das Gesetz ist absurd. Deswegen sollte es beseitigt werden.

Aber mit welchem Recht, maßt sich ein Gericht an, über die völlig irrelevante Frage, ob Ossis ein Volksstamm wären zu entscheiden? Ich sehe nicht, wo im Gesetz von Volkstämmen die Rede wäre. Und Diskriminierung hat es nunmal eindeutig gegeben.

Das Gericht bestätigt damit nur das, was Kritiker des Gesetzes vor der Verabschiedung befürchtet hatten - es wird kein "Allgemeines" Gleichbehandlungsgesetz sondern ein Gesetz zur Protektion bestimmter angeblicher Minderheiten.

Kein Kommentar!

lois jane Offline



Beiträge: 662

16.04.2010 07:43
#22 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von dirk
Zumal der Gleichheitsgrundsatz als Grundrecht im Grundgesetz ein Abwehrrecht gegenüber dem Staat ist. Nun nutzt er aber dessen guten Ruf und Akzeptanz in der Gesellschaft um ihn ins Gegenteil zu verkehren. In ein Angriffsrecht des Staates gegenüber seinen Bürgern.


So ist es, und Sie haben das sehr treffend formuliert.




Es stimmt aber nicht! Grundrechte sind im GG eben nicht bloß Abwehrrechte gegenüber dem Staat sondern gültiges Recht für alle, auch gegenüber nichtstaatlichen Instanzen.

Und Art. 3 GG spricht - zumindest ursprünglich - über Gleichheit vor dem Gesetz, Gleichberechtigung von Mann und Frau und das Verbot von Diskriminierung (unter anderem ist da auch "Heimat" genannt). Allerdings wurde später noch irgendetwas über Gleichstellung eingefügt (mein GG-Exemplar ist schon etwas älter).

Der Hund liegt nur darin begraben, daß z.B. bei Einstellungen zwischen diskriminatorischen (im Sinne des GG) und nichtdiskriminatorischen (im Sinne dessen, wer denn nun geeignet ist für die Stelle) zu unterscheiden. Und bis zum AGG - das in seiner übergroßen Substanz auf das Konto deutscher Politik geht, die ja wiederum vorher der europäischen Direktive vorbeugen können - hat sich der Staat angesichts der Schwierigkeit eine Entscheidung zu treffen da zurückgehalten.

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lois jane Offline



Beiträge: 662

16.04.2010 07:55
#23 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat von Zettel
Schwierige Frage, für mich jedenfalls. Sollte der Staat, sagen wir, in den USA Lokale mit dem Schild "Whites Only" dulden? Oder in Deutschland mit "Juden unerwünscht"? Sollte er es erlauben, daß in den USA private Buslinien die hinteren Plätze für Schwarze reservieren; daß in Deutschland ein Golfclub in seinen Internetauftritt schreiben darf: "Wir nehmen keine Juden auf"?
Was Sie schreiben, lieber Nils, entspricht meiner liberalen Grundüberzeugung. Andererseits sind Rassisten ja Gegner einer freiheitlichen Gesellschaft. Es geht aus meiner Sicht also um das alte Problem, das mich immer wieder beschäftigt, wieviel Freiheit man den Feinden der Freiheit lassen darf.



Ich will die Frage nicht entscheiden, was der Staat hier verbieten SOLL (allerdings, wenn der Staat solcherlei verbieten DARF, dann DARF er auch mehr verbieten).

Was aber nicht geht ist, zu sagen: weil eine bestimmte Gruppe "Feind der Freiheit" (was auch immer man sich darunter vorstellen soll) sei, müsse der (dann immer noch?) freiheitliche Staat gegen deren Positionen vorgehen. Dies erscheint mir doch viel eher eine tendentiell totalitäre Diktatur zu sein. Freiheit ist immer die Freiheit aller!

Mal ganz zu schweigen davon, daß Rassisten als solche keineswegs Gegner einer feiheitlichen Gesellschaft sind. Manche Rassisten sind es, manche nicht, so wie auch manche Nichtrassisten es sind und andere nicht. Für obige Aussage gibt es überhaupt keine Grundlage, weder an Beispielen noch an Logik.

Kein Kommentar!

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.04.2010 08:14
#24 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat von lois jane
Was aber nicht geht ist, zu sagen: weil eine bestimmte Gruppe "Feind der Freiheit" (was auch immer man sich darunter vorstellen soll) sei, müsse der (dann immer noch?) freiheitliche Staat gegen deren Positionen vorgehen.


Es geht, liebe Lois Jane. Es entspricht dem Grundgesetz, Artikel 21, Absatz 2.

Zitat von lois jane
Dies erscheint mir doch viel eher eine tendentiell totalitäre Diktatur zu sein. Freiheit ist immer die Freiheit aller!


Das schließt dann die Freiheit der Freiheitsfeinde ein, den Versuch zur Beseitigung der Freiheit zu unternehmen. Was ja keine abstrakte Möglichkeit ist, sondern in der historischen Realität oft zum Erfolg geführt hat; von Deutschland 1933 bis Venezuela aktuell. Den Vätern des GG stand diese Gefahr vor Augen; sie hatten ja alle selbst die Machtergreifung Hitlers erlebt.

Zitat von lois jane
Mal ganz zu schweigen davon, daß Rassisten als solche keineswegs Gegner einer feiheitlichen Gesellschaft sind. Manche Rassisten sind es, manche nicht, so wie auch manche Nichtrassisten es sind und andere nicht. Für obige Aussage gibt es überhaupt keine Grundlage, weder an Beispielen noch an Logik.


Zum demokratischen Rechtsstaat gehört es, daß alle Bürger vor dem Gesetz gleich sind; auch das steht bekanntlich im Grundgesetz. Rassisten wollen denjenigen, die sie hassen, Rechte verweigern, die andere Bürger haben. Sehen Sie sich dazu die Nürnberger Gesetze an, die Gesetzeslage in Südafrika bis 1994 oder die in diesem Thread schon angesprochenen gesetzlichen Regelungen in den Südstaaten der USA ab 1877 (die sogenannten Jim-Crow-Gesetze).



Ich trete, liebe Lois Jane, keineswegs für Einschränkungen der Freiheit ein, wo diese nicht unbedingt erforderlich sind. Wo sie es sind und wo nicht, das ist eben das Problem und muß im Einzelfall diskutiert werden.

Die doch arg holzschnittartige Sichtweise, die Sie darlegen, wird meines Erachtens dem Problem nicht gerecht.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.04.2010 08:19
#25 RE: Zettels Meckerecke: DDR und AGG Antworten

Zitat von lois jane
Klar, das Gesetz ist absurd. Deswegen sollte es beseitigt werden.


Es basiert auf EU-Recht, kann also nicht beseitigt werden; allenfalls durch den Austritt Deutschlands aus der EU.

Zitat von lois jane
Aber mit welchem Recht, maßt sich ein Gericht an, über die völlig irrelevante Frage, ob Ossis ein Volksstamm wären zu entscheiden? Ich sehe nicht, wo im Gesetz von Volkstämmen die Rede wäre. Und Diskriminierung hat es nunmal eindeutig gegeben.


Das Gericht hat sich nichts angemaßt, sondern es wurde von der Klägerin Gabriela S. angerufen. Diese berief sich darauf, daß das AGG eine Diskriminierung u.a. aufgrund der "ethnischen Herkunft" verbietet.

"Ethnie" heißt zu deutsch Volk oder Volksstamm.

Herzlich, Zettel

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