Ich habe zum Thema "Aschewolke" in ZR bisher nichts geschrieben, weil ich nichts beizutragen wußte, was man nicht überall lesen konnte. Jetzt bin ich auf ein paar interessante Aspekte gestoßen.
Es muesste eigentlich aus den 1990er Jahren so eine Diskussio uber die Frage geben, was in San Francisco schlimmer sei:
Vor einem Erdbeben nicht warnen oder vor einem Erdbeben warnen, das dann nicht kommt? (Ersetze Erdbeben durch Wirbelsturm und SF durch Florida).
Beides wird Tote zur Folge haben (etwa durch Herzinfarkte bei Aufregung in einer Evakuierung), beides wird Millionenschaeden nach sich ziehen. - In diesem Fall geht es um eine aehnliche Situation. Sinnvoll ist die Vollsperrung wohl zunaechst schon gewesen, wenn die (Computersimulierte) Staubwolke weiter uber Europa bleibt, wird man wohl Tests machen muessen.
wer hätte gedacht, dass ich einmal liberaler argumentieren würde als Sie? Jetzt ist der Moment gekommen.
Wichtig ist in der vorliegenden Konstellation nur zweierlei: Dass die Fakten und die daraus resultierenden Gefährdungen öffentlich bekannt sind. Dafür braucht es eine solide arbeitende Behörde. Und dass eine behördliche Empfehlung ausgesprochen wird, die einem Präjudiz ähnelt, an dem die Beteiligten erkennen können, wer die Beweislast und ggf. die Gefahr trägt.
Will sagen: Es hätte ausgereicht, die Gefährung des Flugverkehrs zu benennen und zu sagen, dass behördlicherseits empfohlen wird, keine Passagiermaschinen aufsteigen zu lassen und als Passagier nicht zu fliegen.
Hiernach hätten zwei Sicherungssysteme selbst entscheiden können: Die Fluglinien und die Passagiere.
(1) Die Fluglinien hätten das Risiko, eine Maschine, eine Besatzung und die Fluggäste zu verlieren und dadurch finanziell angeschlagen bzw. ruiniert zu sein, vom Imageproblem nicht zu reden, abgewogen gegen die Chance, unbehelligt durchzukommen. Sie hätten noch dazu berücksichtigen müssen, wie sich die Passagiere entscheiden (wenn alle angst haben, zu fliegen, und zuhause bleiben, macht das Fliegen keinen Sinn). Manche Fluglinie hätte womöglich alle Maschinen am Boden gelassen, vielleicht auch alle Fluglinien; möglicherweise wären aber auch alle zu dem Schluss gekommen, zu fliegen, oder immerhin einige. (Hierin verborgen ist übrigens noch ein Sicherungssystem: Das der Piloten. Die hätten sich weigern können, wenn sie, als die unmittelbar betroffenen Fachleute, zu dem Schluss gekommen wären, dass das zu gefährlich ist; ich stelle diese Gruppe nicht separat, weil Piloten als Angestellte der Fluglinien Abhängige sind, deswegen scheinen sie mir eher ins Lager der Fluglinien zu gehören.)
(2) Die Fluggäste hätten abwägen können, ob ihnen der Flug das Risiko wert ist. Sie hätten vor Ort abwarten können, denn die behördliche Intervention hätte sie von arbeitsrechtlichen Folgen freigesetzt, oder sie hätten abwarten können, bis die ersten zehn Maschinen durch sind - oder bis die erste abgestürzt ist.
De facto kann m.E. keiner zuverlässig wissen, welche Auswirkungen diese Staubwolke auf den Flugverkehr hat. Das würde Monate, wenn nicht Jahre der genauen Studien fordern. In einer solchen Situation staatlicherseits das gesamte System nach "Schema F" stillzulegen, scheint mir unsinnig.
P.S. Stellen Sie sich das großartige Popcornkino vor "Durch den Aschehimmel! Testflug vom Ballermann nachhause", wo 143 betrunkene Fluggäste in einer Maschine der Mallorca Air vom Ballermann kostenlos nach Frankfurt geflogen werden, wenn sie auf alle Risikoansprüche verzichten, mit einem Lifereporter im Cockpit: "Eben erreichen wir die 11.000 Meter - Mannomann, was rasselt da im linken Triebwerk ..."
Calimero
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18.04.2010 17:06
#4 RE: Marginalie: Warum unterfliegt man nicht die Aschewolke?
Das Lächerliche an dieser ganzen Kiste ist ja, dass der Bürger gar keine Chance mehr bekommt, eine mögliche Gefahr selbst zu erkennen. Die Aschewolke ist anscheinend computersimuliert, die Bilder eines Vulkanausbruchs inmitten eines Gletschers kommen übers Fernsehen ... selbst hin kommt man nicht, über sich sehen tut man nix. Jetzt sagen schon Airline-Chefs, dass bei den wenigen genehmigten Flügen bisher nichts zu spüren war.
Mal angenommen, dass irgendeine Behörde ein bestimmtes Meeresareal sperren würde, weil sich dort angeblich angelagertes Methanhydrat auflöste. Kein Normalsterblicher würde es verifizieren können. Seeverkehr weiträumig verboten, weil Sprudelwassereffekt ... Luftverkehr weiträumig verboten, weil Explosionsgefahr.
Wir würden alle vor dem Fernseher sitzen, die Füße stillhalten ... und glauben müssen, dass "unsere" Behörden nur unser Bestes wollen.
Beste Grüße, Calimero
P.S. Ich höre grade, dass das Flugverbot für Berlin und Hannover heute gelockert werden soll.
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vielleichteinlinker
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18.04.2010 18:13
#5 RE: Marginalie: Warum unterfliegt man nicht die Aschewolke?
Oh, man kann bestimmt nach Island fahren - Fähre sei Dank - und sich den Gletscher mal genau angucken.
Apropos Gletscher: Ich weiß es selbst nur aus schwedischen Berichten und glaube deswegen, dass der isländische Gletscher auch mit doppel-L am Ende geschrieben wird.
Was die Risikokalkulation angeht: Der Luftraum wird ja auch deswegen gesperrt weil der Luftraum zu stark begrenzt wurde um die verbleibenden Flugzeuge viel zu wenig davon übrighaben um sicher an einander vorbeifliegen zu können. (Übereinander geht ja nicht mehr). Zudem kann ich kaum glauben dass die Wolke sich an die 13.000-Meter-Grenze hält. Hinzu kommt, dass niedriger fliegende Flugzeuge auch ein Risiko sind für die Leute, die sich darunter befinden. Daher macht es Sinn eine unabhängige Stelle einzuschalten, die die Gefährdung der Menschen abwägt, die sich nicht für oder wider ein Flugverbot entscheiden können weil ihre Gefährdung eher unbestimmt-diffus ist.
Zitat von vielleichteinlinkerIch weiß es selbst nur aus schwedischen Berichten und glaube deswegen, dass der isländische Gletscher auch mit doppel-L am Ende geschrieben wird.
Sie haben wahrscheinlich Recht. Die Wikipedia gibt "Eyjafjallajökull" an. Isländische Ortsnamen mit dieser Endung scheinen, wie man hier sehen kann, offenbar generell "-kull" geschrieben.
Andererseits kann man auf diesem isländischen Wetterforum die Schreibweise "-kul" lesen. Ich vermute, daß das die im Englischen verbreitetere ist; ich hatte sie von Mail Online übernommen.
Zitat von vielleichteinlinkerWas die Risikokalkulation angeht: Der Luftraum wird ja auch deswegen gesperrt weil der Luftraum zu stark begrenzt wurde um die verbleibenden Flugzeuge viel zu wenig davon übrighaben um sicher an einander vorbeifliegen zu können. (Übereinander geht ja nicht mehr).
Dazu habe ich bisher vergeblich nach präzisen Informationen gesucht. Dem Laien erscheint es ja naheliegend, daß man einfach die Wolke unterfliegt. Es gibt nun ja aber diese Luftstraßen, die sich auch in ihrer Höhe unterscheiden. Ich weiß nicht, ob vielleicht deshalb ein Unterfliegen nicht möglich ist, weil dann die gesamte Ordnung, die ja auch via Computerprogramme kontrolliert wird, durcheinanderkommt.
Ich weiß es nicht und wäre für sachkundige Auskunft dankbar.
1) Flugsicherung ist in Deutschland eine hoheitliche Aufgabe. Wie vorhin im ZDF zu sehen war, ist die Sperrung letztlich eine Ministerentscheidung.
2) Offensichtlich folgt diese Entscheidung der nachvollziehbaren Überlegung, dass das Risiko im Moment nicht kalkulierbar ist, weil wohl Simulationen, aber keine zuverlässigen Daten zur Verfügung stehen.
3) Das flugtechnische Risiko durch Aschepartikel ist mindestens ein dreifaches (jedes für sich kann zur Flugunfähigkeit führen): Triebwerksausfall, Verstopfung von Staurohren (Druckmessung für Höhe und Geschwindigkeit), Beschädigung der Sichtscheiben -> Verlust der Außensicht.
4) Offenbar ist die simulierte Ausbreitung der Aschewolke nicht auf den oberen Luftraum beschränkt.
5) Davon abgesehen: Eine Beschränkung des Flugverkehrs auf niedrigere Flugflächen ist theoretisch möglich. Eine Beschränkung auf den unteren Luftraum (d. h. niedriger als Flugfläche 245, das entspricht 24.500 Fuß = 7.700 m) böte sich z. B. an. Problematisch daran ist, ein erhöhter Treibstoffverbrauch bei Strahlflugzeugen (was aber für die Fluggesellschaften am Ende weniger kostspielig sein dürfte als der Ausfall von Flügen und die Finanzierung von alternativen Reisemöglichkeiten). Natürlich ist damit die Kapazität des Luftraums eingeschränkt. Aber mit dem "Übereinanderfliegen" geht da schon noch einiges, weil in jede Flugrichtung mit 2000 Fuß gestaffelt werden kann. Ich könnte theoretisch je einen Flieger in 24.000, 22.000, 20.000, 18.000 und 16.000 Fuß übereinander fliegen lassen. Da wäre schon eine ganze Menge möglich.
Wie geht man mit dem Risiko an anderen Stellen um, wenn man keine verlässliche Information hat? Übertragen auf die jetzige Siotuation schickt man einen Leerflug auf Teststrecken, untersucht das Flugzeug danach, ist alles ok schickt man einige Flüge mit Passagieren auf ihre Routinestrecken, untersucht bei der Ankunft wieder. Und so weiter.
Die Routineflüge werden sukzessive das Monitoring des Luftraums übernehmen, das einzig Neue ist die Prüfung nach der Landung.
Innerhalb Europas dürfte es genügend Notlandemöglichkeiten geben, man müsste eben erweiterte Bereitschaft sicherstellen. Der Ausfall der Triebwerke dürfte kaum plötzlich sein, was spricht dagegen, bei beispielsweise Hitzeentwicklung (angenommener Extremfall) notfalls in tiefere Regionen zu segeln und dann die Triebwerke wieder zu starten?
Dies sei nur mal so skizziert.
Bei Unwissen und ohne Daten alle Flüge einzustellen ist die typische 'rette meinen Hintern'-Einstellung von verantwortlichen Behörden. Mit dieser Art Dummheit gäbe es weder neue Medikamente noch sonstiges auf dem Markt.
Bin natürlich auch nur Laie, aber ziviler Luftverkehr ist ja so eine Sache, bei der keinerlei Risiko eingegangen wird (man kann ja z.B. auch als Laie darüber staunen, auf welchem Niveau wichtige Systeme in Flugzeugen redundant angelegt werden; ein Auto ist dagegen eine Todesfalle).
Meine Einschätzung ist ähnlich wie jene von vielleichteinlinker: Wenn auf der top-Flugfläche (im Bereich der Reiseflughöhe und kurz darunter) irgendwelche Aschepartikel eventuell ein Risiko darstellen, muss man den Flugverkehr darunter natürlich mit einer gewissen Pufferzone vorbeiführen. Dann wird's über dem europäischen Festland aber ziemlich eng, was wiederum ein Sicherheitsrisiko darstellt. Computerprogramme (z.B. Kollisionswarner, die fast jedes Flugzeug an Bord hat) sind hilfreich, aber eher als 'letztes Mittel' ausgelegt, letztendlich muss der Verkehr schon mit gewissem Vorlauf von den Lotsen geplant werden, die das Verkehrsaufkommen dann wesentlich näher aneinander vorbeiführen müssten. Es gab ja schon Kollisionen in der Luft (Stichwort Überlingen), die Aufrgrund von Mißverständnissen zwischen Piloten und Lotsen entstanden sind, sowas sollte natürlich schon frühzeitig vermieden werden.
Vielleicht gibt es auch gar keine Aschwolke und diese soll nur als Ausrede für die AGW Schwarzseher dienen, sollten die Temperaturen wieder fallen. ;-)
'keinerlei Risiko' gibt es nicht, nach wie vor ist die Anzahl Piloten im Flugzeug auf zwei beschränkt, und selbst Atlantiküberquerungen sind mit nur zwei Triebwerken inzwischen erlaubt.
Und wenn die aktuelle Nachrichtenlage stimmt, dann gibt es genau genommen keine Grenzerte für Asche in der Luft, die lückenlos gemessen werden können (da helfen auch keine Ballone). Die Luftraumfreigabe und -sperrung wird also spekulativ erfolgen - nach 'bestem Wissen und Gewissen'. Da die Asche anscheinend noch ziemlich lange in den großen Höhen verbleiben kann, müssten die Lufträume mangels genauer Daten bei dem Modus des aktuellen Risikomanagements über längere Zeit gesperrt bleiben, oder nur in Tiefen offen sein, wo abgeregnet werden kann. Allerdings habe ich ein Problem zu glauben, dass Flugzeuge auf derart sterile Luftverhältnisse angewiesen sind, sonst wäre es gar nix mit dem von Ihnen geglaubten 'keinerlei Risiko'.
Ich frage mich dagegen, wie es mit dem Risikomanagement der Bahn bestellt ist. Da wird über Monate von einem enormen Wartungsrückstand berichtet, und jetzt geht plötzlich alles was rollen kann auf die Schiene. Geht das ohne Einschränkung beim Wartungsplan?
Gruß, Martin
Ungelt
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19.04.2010 13:52
#12 RE: Marginalie: Warum unterfliegt man nicht die Aschewolke?
Zitat von NumpyVielleicht gibt es auch gar keine Aschwolke und diese soll nur als Ausrede für die AGW Schwarzseher dienen, sollten die Temperaturen wieder fallen. ;-)
Das klingt schon ziemlich plausibel, insbesndere wenn die "simulierte Wolke" aus der gleichen Ecke kommen sollte. (Ich lasse hier mal die Ironie weg, ich könnte maximal eine halbe vertreten ;-) Die Wolke wird es natürlich schon geben, nur ob deren Auswirkungen wirklich so gravierend sein können? Jaja, Plausibilität ist kein Beweis für die Richtigkeit einer Aussage, sie ist aber auch kein Beweis dagegen. ;-)
Mir fällt aber ausserdem auf, daß hier (schon wieder) so ein dreistufiges System am wirken ist:
- ein Institut erstellt eine Simulation, möglicherweise auch entsprechend zurückhaltend formuliert, kaum angreifbar.
- die internationale Behörde erstellt irgendwelche sehr allgemeinen Verhaltensregeln, die Unsicherheiten der Simulation fallen dabei vermutlich unter den Tisch.
- der zuständige Minister kann es sich aussuchen, ob er die Empfehlungen der Behörde ignoriert, und seinen Job riskiert, oder ob versucht "fachfremde Interessen" zu verteidigen. Er kann eigentlich nur verlieren.
Dieses Muster kommt mir doch schon irgendwie bekannt vor. Keinem der drei Akteure kann vermutlich irgendein substantieller Vorwurf gemacht werden. Die Wissenschaftler haben sich vermutlich genügend abgesichert, die Behörde muß natürlich im Interesse der Sicherheit agieren, und der Minister ebenso. Es gibt aber im Ergebnis Keinen, der willens und/oder in der Lage wäre, die entsprechenden Gegenargumente entsprechend zu berücksichtigen. Ein auf eine maximale Sicherheit angelegtes System, bei welchem jede der drei Stufen "auf der sicheren Seite" agieren möchte. In der Summe ist die Reaktion dann aber vermutlich total überzogen.
Zitat von UngeltEin auf eine maximale Sicherheit angelegtes System, bei welchem jede der drei Stufen "auf der sicheren Seite" agieren möchte. In der Summe ist die Reaktion dann aber vermutlich total überzogen.
Richtig. Und dazu paßt auch, daß man nicht von Anfang an durch Messungen und Probeflüge versucht hat zu überprüfen, ob die simulierte Wolke real (bzw. mit welcher Intensität) nachzuweisen ist. Das Institut hat dazu überhaupt keine Mittel, die Behörden sich nicht dafür zuständig, der Minister verläßt sich nur auf Zugeliefertes.
Und jetzt kommt die EU und verteilt "zum Ausgleich" neue Milliarden an die Fluglinien. Skandalös.
Calimero
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19.04.2010 14:58
#14 RE: Marginalie: Warum unterfliegt man nicht die Aschewolke?
Zitat von R.AUnd dazu paßt auch, daß man nicht von Anfang an durch Messungen und Probeflüge versucht hat zu überprüfen, ob die simulierte Wolke real (bzw. mit welcher Intensität) nachzuweisen ist.
Laut Aussage des Pressesprechers der PV "Cockpit"(*) gab es bisher in Deutschland noch nicht eine einzige valide Messung, weil alle dafür infrage kommenden Messflugzeuge (sind nur 5 oder 6) derzeit (gleichzeitig) in Wartung seien. Er bezeichnete es als "Murphys Law". Auch gebe es in Deutschland überhaupt nur 6 geeignete Laser mit denen man messen könnte, und davon sind auch 5 Stück gerade in Wartung.
(*) Aus dem Gedächtnis zitiert, weil ich es im Autoradio gehört habe.
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Zitat von Calimeroalle dafür infrage kommenden Messflugzeuge (sind nur 5 oder 6) derzeit (gleichzeitig) in Wartung seien. Er bezeichnete es als "Murphys Law".
Das ist m. E. nicht Murphy, sondern schlechte Planung.
Zitat Auch gebe es in Deutschland überhaupt nur 6 geeignete Laser mit denen man messen könnte, und davon sind auch 5 Stück gerade in Wartung.
Unfaßbar.
Wobei ich jetzt nicht wirklich beurteilen kann, ob diese gleichzeitige Wartung aller Flugzeuge und fast aller Laser nun fahrlässige Dummheit oder doch akzeptabel ist (die jetzige Situation ist ja schon sehr ungewöhnlich, so etwas muß man mit Wartungsplanungen nicht einkalkulieren).
Aber die erste große Aschewolke resultiert ja schon aus dem Ausbruch vom 22. März (das ist vier Wochen her!). Damals wurde der Luftverkehr zwar noch nicht beeinträchtigt, aber die Gefahr war ab da absehbar.
Und spätestens ab der Sperrung vom letzten Donnerstag hätte man doch mit Hochdruck und Sonderschichten die Wartungsarbeiten abschließen müssen - an diesen Messungen hängen schließlich Milliardenbeträge!
Murphy kaum. Ein (promovierter) Bekannter hat vor langer Zeit den DFVLR trotz frühem Bamtenstatus, Arbeitszeiten von 9 bis 4 und 2-stündiger Mittagspause verlassen, weil er fürchtete, sonst zum Alkoholiker werden zu müssen. Außerdem wollte er arbeiten.
Seine Schilderung der damaligen Zustände würde auch die Wartungssituation erklären, sollten diese Zustände heute noch so bestehen. Ob da am Wochenende jemand aufzutreiben war, um Dienst zu tun?
Zitat von Martin Ein (promovierter) Bekannter hat vor langer Zeit den DFVLR trotz frühem Bamtenstatus, Arbeitszeiten von 9 bis 4 und 2-stündiger Mittagspause verlassen, weil er fürchtete, sonst zum Alkoholiker werden zu müssen. Außerdem wollte er arbeiten.
Seine Schilderung der damaligen Zustände würde auch die Wartungssituation erklären, sollten diese Zustände heute noch so bestehen. Ob da am Wochenende jemand aufzutreiben war, um Dienst zu tun?
Daß es so schlimm ist, hätte ich nicht gedacht. Aber auch bei mir wächst der Verdacht, daß wir es mit typischem Beamtenverhalten zu tun haben, wie ich es in Jahrzehnten des Umgangs mit Verwaltungen kennengelernt habe:
Erstens sich absichern. Also diejenige Entscheidung treffen, die nicht dazu führt, daß man verantwortlich gemacht werden kann; hier also für ein etwaiges Unglück. Zweitens nach Aktenlage entscheiden, hier also nach Simulationsmodell.
Und drittens die Dienstzeiten einhalten. Wochenende ist Wochenende.
Und da wird noch ein Aspekt angesprochen, der mir gar nicht bewußt war und den ich für völlig skandalös halte: Die Behandlung der Reisenden im Transitbereich. Ich habe zwar Bilder gesehen von Leuten, die auf irgendwelchen Notliegen im Flughafen übernachten. Aber das war zu ähnlich zu Situationen bei Flugverspätungen, als daß ich wirklich begriffen habe, was da abging.
Es ist nämlich so, daß die Transitreisenden trotz der völligen außergewöhnlichen Notsituation den Transitbereich nicht verlassen dürfen! Die dogmatische Sturheit der Behörden verhindert, daß sie auch nur ein Hotelzimmer neben dem Flughafen beziehen, die Leute werden auf unabsehbare Zeit dazu verurteilt, auf dem Korridor zu leben!
Vielen Dank für diesen Link lieber R.A. - absoluter Lesebefehl!
Es ist einfach unglaublich was da abgeht. Der letzte Absatz bringt den Wahnsinn bestens auf den Punkt.
Zitat Den technologischen Entwicklungsgrad einer Gesellschaft erkennt man nicht daran, wie diese den Alltag meistert, sondern daran, wie diese mit neuen Herausforderungen umgeht. Die isländische Aschewolke ist eine neue Herausforderung. Die EU und Deutschland haben mit Bürokratie geantwortet, wo Kompetenz, Flexibilität und Entschlusskraft gefordert gewesen wären. Das Ergebnis fällt entsprechend aus. Wenn es einen Lichtblick am Aschehorizont gibt, dann vielleicht den, dass Grenzen und Praxisferne bürokratischer Problemlösungen in der Luftfahrt nun einem Großteil der Bevölkerung vor Augen geführt wurden.
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Endlich gibt es fachlich Kompetentes zum Hintergrund des Flugverbots. Ich habe den Link, den R.A. in diesem Thread angegeben hat, verwendet, um dazu eine kleine Marginalie zu schreiben.
Ich muss jetzt doch mal eine Lanze fuer dieses Verbot brechen:
All das gesagte stimmt sicherlich: Nur kann man niemanden einen Vorwurf machen, auf ein seltenes Ereignis nicht vorbereitet zu sein. Wenn Vulkanausbrueche dieser Art haufiger waeren, wuerde man auch mehr Messfluege und -Geraete bereit halten. (zumal das von irgendwem ja auch beahlt werden muss). Den Luftraum aufgrund so einer Simulation erstmal sperren ist sicher die richtige Reaktion. Es ist auch richtig, dass man diese Sperrung durch Messungen und Experimente uberpruefen muss. Dazu gibt es wohl keine Erfahrungs- und Grenzwerte, solche wird man nicht innerhalb von 2 Tagen bekommen, sammeln und auswerten koennen.
Ich teile die Kritik an buerokratischen Loesungen und Verfahren, aber jetzt den Staab uber den Beteiligten brechen, finde ich eine Uberreaktion.
Zitat von DagnyDen Luftraum aufgrund so einer Simulation erstmal sperren ist sicher die richtige Reaktion.
Was ja auch Jan Brill einräumt und was auch ich nicht bestreite.
Zitat von DagnyEs ist auch richtig, dass man diese Sperrung durch Messungen und Experimente uberpruefen muss. Dazu gibt es wohl keine Erfahrungs- und Grenzwerte, solche wird man nicht innerhalb von 2 Tagen bekommen, sammeln und auswerten koennen.
Es ist eben die Frage, was man braucht. Einige Fluggesellschaften haben ja auf eigene Faust Testflüge unternommen. Um zu sehen, ob da oben eine Aschewolke einer solchen Dichte ist, daß die Triebwerke von Jets lahmgelegt werden können, hätte man - so sieht es offenbar der Fachmann Brill - keine aufwendigen Messungen gebraucht.
Diese liegen auch jetzt noch nicht vor, jedenfalls nicht offiziell. Trotzdem gibt es immer mehr "Ausnahmegenehmigungen". Soweit ich das verstehe, für Flüge auf Sicht und unterhalb der kritischen Höhe. Warum hätte man das nicht sofort so machen können? An der Datenlage hat sich bisher nichts geändert.
Warum hätte man nicht wenigstens Propellermaschinen fliegen lassen können, in geringerer Höhe? Wieso konnte nicht einmal die Kanzlerin per Hubschrauber schleunigst nach Berlin gebracht werden, um die Krise zu managen? Auch das moniert Brill; und zwar, wie mir scheint, sehr zu Recht.
Zitat von DagnyIch teile die Kritik an buerokratischen Loesungen und Verfahren, aber jetzt den Staab uber den Beteiligten brechen, finde ich eine Uberreaktion.
Das sehe ich auch so, liebe Dagny. Ich habe deshalb ja auch das Fragezeichen in die Überschrift gesetzt. Wenn es so ist, wie Brill schreibt, dann ist es ein Skandal. Ob er es richtig beurteilt, kann ich als Laie nicht entscheiden. Es kommt mir aber schlüssig vor; auch gerade, nachdem ich jetzt ICAO Doc 19 gelesen habe.
Danke. lieber R.A., für das Ausgraben dieses Artikels! Für mich hatte der Spaß aufgehört, als ich erfuhr, wie lange die DFVLR gebraucht, hat um überhaupt ein Flugzeug in die Luft zu kriegen! Wir sind leider eine Gesellschaft geworde, wo die Wahrheit in den Computern und nicht draußen vor den Fenstern vermutet wird.
Zitat von Thomas PauliDanke. lieber R.A., für das Ausgraben dieses Artikels! Für mich hatte der Spaß aufgehört, als ich erfuhr, wie lange die DFVLR gebraucht, hat um überhaupt ein Flugzeug in die Luft zu kriegen!
Meines Wissen, Herr Pauli, war das Flugzeug für ein ganz anderen Meßflug ausgerüstet und mußte umgerüstet werden. Aber vielleicht können Sie persönlich das tatsächlich schneller leisten. Obwohl ich das ehrlich gesagt nicht glaube.
Man sollte vorsichtig sein in der Wahl seiner Feinde: Früher oder später wird man ihnen ähnlich.
ich hatte bisher immer angenommen, in einem hochtechnisierten, leistungsfägingen Land zu leben. Für einige Bereiche, die nichtsdestotrotz ein Heidengeld verschlingen, scheint dies jedoch nicht (mehr) zu gelten.
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