Zitat Dann sollen die Richter eben selber schießen, verdammt noch mal.
Ich nehme an Sie kennen den Grund warum "Richter" und "Henker" zwei Personen sind. Oder - Sie haben über die Perversion des "freiwilligen Schützendienstes" ja schon nachgedacht - haben Sie eine Vorstellung, wer denn dann gerne Richter wäre? Die Schützen von heute. Perverse Idee.
Wer behauptet, man könne ein Recht "Mißbrauchen" der lehnt das Recht ab. Wenn Sie gegen das Begnadigungsrecht sind dann zeigt sich das daran sehr deutlich. Wenn nicht, dann haben Sie es dennoch gesagt.
Zitat von JeffDavis Nanu? Privates Töten ist okay, aber einen Mörder nach einem gerichtlichen Verfahren hinrichten nicht? Todesstrafe ist voraufklärerisch, Selbstjustiz aber nicht? Die Gesellschaft besteht aus ihren einzelnen Mitgliedern. Die dürfen auf die Menschlichkeit pfeifen und den Mörder zum Tode befördern (ist sogar ein Recht!), aber die Gesamtheit der Gesellschaftsmitglieder nicht? Diese Logik finde ich erklärungsbedürftig.
Nein, "privates Töten" ist natürlich nicht okay, "privates Verletzen" ebensowenig ... dafür haben wir ja einen Rechtsstaat (ohne Körperstrafen!) mit dem ihm gegebenen Rechtsmitteln. Diesen, unseren Rechtsstaat habe ich ja auch verteidigt, weil ich die Todesstrafe absolut ablehne. Ich wollte lediglich zum Ausdruck bringen, dass ich einen z.B. Vater, dessen Tochter nach erfolgter Vergewaltigung ermordet wurde verstehen könnte, wenn er "Ein Mann sieht rot" spielt.
Gerade hatte ich eine Diskussion mit meiner Frau, die meiner Argumentation auch nicht recht folgen konnte. Es geht mir um eines: Kein Staat sollte seine Bürger hinrichten dürfen. Ein Menschenleben ist unwiederbringlich, gerade deshalb sehe ich den Racheaspekt bei direkt Betroffenen als sehr bedeutend an. Jeder Leser mag sich mal vorstellen, wie er bei einem "Terror-/Amokverlust" reagieren würde/möchte.
---------------------------------------------------- Mein derzeitiger Avatar bezeugt meine Solidarität mit unseren Jungs, die derzeit in irgendwelchen politisch-medial nicht unterstützten Kriegen verheizt werden. Das Truppenabzeichen im Hintergrund ist das des Fallschirmjägerbataillons 373, dem ich mich persönlich stark verbunden fühle. Kameraden, Glück ab!
Wer behauptet, man könne ein Recht "Mißbrauchen" der lehnt das Recht ab. Wenn Sie gegen das Begnadigungsrecht sind dann zeigt sich das daran sehr deutlich. Wenn nicht, dann haben Sie es dennoch gesagt.
Ich bin selbstverständlich nicht gegen das Begnadigungsrecht. Wenn Sie das Gegenteil aus dem herauslesen, ws ich geschrieben habe, dann irren Sie; und nachdem ich das jetzt klargestellt habe, wissen Sie jetzt, daß Sie sich geirrt haben.
Natürlich kann man ein Recht mißbrauchen. Man tut das denn, wenn man gegen den Geist des betreffenden Gesetzes verstößt. Ein Hochschullehrer, der seinen Studenten nichts oder Falsches beibringt, mißbraucht beispielsweise die Freiheit der Lehre. Oder um ein extremes Beispiel zu nennen: Ein Bundespräsident, der sich beharrlich weigerte, die ihm vorgeschlagenen Minister zu ernennen oder irgendein Gesetz zu unterschreiben, würde seine Rechte mißbrauchen.
Zitat von JeffDavis Nanu? Privates Töten ist okay, aber einen Mörder nach einem gerichtlichen Verfahren hinrichten nicht? Todesstrafe ist voraufklärerisch, Selbstjustiz aber nicht? Die Gesellschaft besteht aus ihren einzelnen Mitgliedern. Die dürfen auf die Menschlichkeit pfeifen und den Mörder zum Tode befördern (ist sogar ein Recht!), aber die Gesamtheit der Gesellschaftsmitglieder nicht?
Nein, "privates Töten" ist natürlich nicht okay, "privates Verletzen" ebensowenig ... dafür haben wir ja einen Rechtsstaat (ohne Körperstrafen!) mit dem ihm gegebenen Rechtsmitteln. Diesen, unseren Rechtsstaat habe ich ja auch verteidigt, weil ich die Todesstrafe absolut ablehne. Ich wollte lediglich zum Ausdruck bringen, dass ich einen z.B. Vater, dessen Tochter nach erfolgter Vergewaltigung ermordet wurde verstehen könnte, wenn er "Ein Mann sieht rot" spielt.
Ich persönlich habe nichts dagegen, wenn jemand in einer Notwehrsituation den Kriminellen tötet oder auf andere Weise kampfunfähig macht. Aber in Notwehr, nicht hinterher.
Ein Menschenleben ist unwiederbringlich, aber das hätte der Mörder zuerst sehen und beherzigen müssen. Da werden von den Gegnern der Todesstrafe die Prioritäten vewechselt. Oder, wie es in einer Schweizer Redewendung ao treffend heißt: "Den Galgen hat man abgeschafft, die Schelmen sind geblieben".
Wie lächerlich, aus bloßer Parteidisziplin auch gegen den fähigen Kandidaten des Gegners zu stimmen. (Klonovsky)
Zitat von JeffDavisOder, wie es in einer Schweizer Redewendung so treffend heißt: "Den Galgen hat man abgeschafft, die Schelmen sind geblieben".
Bei meinem Sonntagsspaziergang kam ich an einer Stelle vorbei, auf einer Anhöhe über einem Tal, das einstmals von Schweizer Auswanderern besiedelt wurde (frappierend, wenn man aus dem Haupttal mit alemannisch-elsässischen Baustil in das Nebental einbiegt, geprägt vom einem alpenländischen Baustil), jedenfalls vorbei an einer Stelle, an der einstmals mehr als 30 Hexen verbrannt wurden.
Zitat Genau wie Luther befürwortete Johannes Calvin die Verfolgung und Hinrichtung von Hexen. Unter Berufung auf die Bibelstelle Exodus 22,17 LUT erklärte Calvin, Gott selbst habe die Todesstrafe für Hexen festgesetzt. In Predigten tadelte er darum jene, welche die Verbrennung der Hexen ablehnen, und wollte sie als Verächter des göttlichen Wortes aus der Gesellschaft ausstoßen.
Bei Fragen nach Leben und Tod sollte man sich nicht an aktuellen Diskussionen oder Ereignissen orientieren, sondern eine wirklich globale Sicht einnehmen, eine die über die Jahrtausende und über verschiedene Kulturen geht. Und in dieser Perspektive scheint mir ein roter Faden klar erkennbar zu sein und unterscheidbar von den Argumentationen à la mode, gleich welcher politischen oder religiösen Couleur.
Zitat von ex-blond-------------------------------------------------------------------------------- Ich bin nicht mehr sicher, ob es wirklich eine positive Errungenschaft der Zivilistion ist, die Todesstafe abzuschaffen. --------------------------------------------------------------------------------
Zitat von VielleichteinlinkerIst es. Uneingeschränkt, für jeden Fall, zu 100% .
Hier fehlt mir Ihre Begründung. Ich hatte begründet warum ich meine, dass die Abschaffung der Todesstrafe möglicherweise KEINE positive Errungenschaft der Zivilisation ist. Wie begründen Sie (logisch-rational) Ihre Aussage, die Abschaffung sei "für jeden Fall, zu 100%" eine positive Errungenschaft?
Zitat von VielleichteinlinkerWenn man über das Ende der Todesstrafe debattiert dann freilich nur, wenn es eine andere, endgültige Strafe gibt. Etwa: Lebenslänglich ohne Chance auf Begnadigung.
Hier haben Sie meine volle Zustimmung! Ich halte "Lebenslänglich ohne Chance auf Begnadigung" als die einzig vielleicht vertretbare Alternative zur Todesstrafe. Hier fangen aber auch meine Zweifel an: zeigt es sich nicht in der Praxis, dass es nicht bei dieser Alternative bleibt, sondern dass eine Verschiebung des Schuld-Verständnisses weg vom Täter stattfindet, dass der Täter über kurz oder lang als Opfer verstanden wird? Wie bei uns, wo es kein lebenslängliches Lebenslänglich gibt? D.h., was in der Theorie gut klingt hat in der Praxis eine fatale Auswirkung auf das Denken der Menschen, auf die Mentalität der Gesellschaft? Das hier ist das Ergebnis (Link führt zu einem Foto): http://www.faz.net/s/RubF44DB96803344C01...ommon~SMed.html (Tim war der Mörder in Winnenden, der im Frühjahr 2009 Mitschüler erschossen hat und schließlich von einem Polizisten tödlich getroffen wurde) Ist so etwas nicht die logische Konsequenz auf die Abschaffung der Todesstrafe und dem damit zusammenhängenden Menschenbild (was ist Schuld, Selbstverantwortung, böse/gut...)
Zitat von UngeltUnd ich frage mich auch, ob die "humane Handhabung" dieser Dinge neben der von Ihnen schon sehr gut beschriebenen fatalen Wirkung auf die indirekten Opfer nicht auch weitere Auswirkungen auf die Gesellschaft hat. Wir sind doch alle in der Lage mitzufühlen, und es entstehen in uns auch ähnliche (archaische, natürlich) Gefühle. Die verflüchtigen sich nicht einfach so, die bleiben, werden erneuert, und wirken.
Sehr interessanter Gedanke! Muss ich drüber nachdenken ...
Das einzige Argument, was meiner Meinung nach überzeugend gegen die Todesstafe spricht ist die Frage, ob es klug ist dem Staat diese Macht über Leben und Tod zu geben. Wobei das bei einer Demokratie vielleicht kein Problem ist. Ich bin mir darüber noch nicht ganz im Klaren ...
"He who is compassionate to the cruel will ultimately be cruel to the compassionate" - da ist vielleicht was dran.
Zitat von JeffDavis Zum einen fand ich den Hinweis auf das Demokratieprinzip in Dagnys Link überzeugend. Es ist Sache der US-Bürger zu entscheiden, ob in ihrem jeweiligen Bundesstaat die Todesstrafe abgeschafft werden soll oder nicht. Sobald die Philanthropen von Amnesty et altera einen Weg gefunden haben, die Barbarei des Mordes zu beenden, ist auch der Zeitpunkt gekommen, über das Ende der Todesstrafe nachzusinnen.
Inwiefern hat die Todesstrafe die "Barbarei des Mordes" beendet? Andererseits kann man so gesehen froh sein, dass bislang in keinem Bundesstaat der USA die Mehrheit der Überzeugung wäre, dass Hexen an tödlichen Seuchen schuld sind.
Wie - und das finde ich einen wichtigen Einwand gegen die Todesstrafe, der auch Befürworter beschäftigen sollte - geht man mit nach Justizirrtümern unschuldig Hingerichteten um? Wieviele solche "Irrtümer" sind akzeptabel, ohne dass die Regel darunter irreparabel leidet?
Zitat von ex-blondIch bin mir darüber noch nicht ganz im Klaren ...
Es ist sehr wohltuend, gerade in diesem Zusammenhang so nachdenkliche Aussagen zu lesen. Dieses Thema gehört ja sicher zu denen, wo eine besondere Zurückhaltung bezüglich fertiger Antworten geboten ist. Jeder, der mit diesen Dingen umgeht, kann sehr leicht Schuld auf sich laden, ob er es nun so handhabt, oder andersherum. Daher sollten die 100% igen hier möglichst nie einen bestimmenden Einfluß bekommen.
Leider besteht hier (in der Gesellschaft) derzeit ein großes Übergewicht in der einen Richtung, weil es den Anschein hat, es sei besonders human. Und die Einsicht, daß Verantwortung zu tragen auch bedeuten kann unbeliebt zu sein oder sogar verachtet zu werden, ist abhanden gekommen. Man kann es auch so sehen, daß manche einfach nicht erwachsen sind oder werden wollen. Wobei es dazu wiederum vielleicht bestimmter einschneidender Erlebnisse bedarf, die heute kaum mehr vorkommen, oder aber durch Ablenkung oder Betäubung wegedrückt werden.
Ich rede auch nur so ins unreine, es ist ja auch so schon schwierig genug
Herzlich Ungelt
PS: Ich möchte noch hinzufügen, daß ich auf diese Zusammenhänge erst ungefähr vor zwei bis drei Jahren richtig aufmerksam wurde, insbesondere durch Eisvogel und deren Blog. Ich halte diese Einschätzung aber immer noch für sehr wahrscheinlich richtig und auch für eines der Hauptprobleme, mit denen die westliche Zivilisation zu kämpfen hat.
Zitat von FTT_2.0Inwiefern hat die Todesstrafe die "Barbarei des Mordes" beendet?
Inwiefern kommt es darauf an? Inwiefern wird die Barbarei des Mordes gemildert, wenn ich die Barbarei der Todesstrafe abschaffe? Warum ist zB die lebenslange Freiheitsstrafe ohne Aussicht auf Begnadigung weniger barbarisch als die Todesstrafe? Die Fragen sind mE deutlich komplizierter.
Es bleibt immer ein schaler Beigeschmack, wenn man die Empörung über die Todesstrafe durch Amnesty et altera vergleicht mit ihrer Empörung über die Verbrechen des Täters. Das ermordete Opfer kommt entweder gar nicht vor, oder ein Hinweis erfolgt nur als nur ein Lippenbekenntnis. Fragwürdig auch, wenn dieselben Gruppen/Personen, die so vehement gegen die Todesstrafe in US-Bundeesstaaten streiten, oft viel stiller sind, sobald es um die Todesstrafe in China oder in Ländern mit der Scharia geht.
Zitat von FTT_2.0 Andererseits kann man so gesehen froh sein, dass bislang in keinem Bundesstaat der USA die Mehrheit der Überzeugung wäre, dass Hexen an tödlichen Seuchen schuld sind.
Diese Frage betrifft das Problem, inwieweit in einer Demokratie bestimmte Bereiche nicht zur Disposition des Souveräns stehen sollen.
Zitat von FTT_2.0 Wie - und das finde ich einen wichtigen Einwand gegen die Todesstrafe, der auch Befürworter beschäftigen sollte - geht man mit nach Justizirrtümern unschuldig Hingerichteten um? Wieviele solche "Irrtümer" sind akzeptabel, ohne dass die Regel darunter irreparabel leidet?
Das ist weniger eine Frage des Strafmasses als eine des Justizsystems bzw. der Ausgestaltung des Prozessrechts.
Einem zur Unrecht lebenslang eingesperrten Häftling kann man das Leben in Freiheit auch nicht zurückgeben, wenn man nach 30 Jahren seine Unschuld entdeckt. Oder den Fall Kachelmann: Wer macht den Schaden durch eine fragwürdige Pressearbeit der StA wieder gut, wenn sich seine Unschuld herausstellt?
Wie lächerlich, aus bloßer Parteidisziplin auch gegen den fähigen Kandidaten des Gegners zu stimmen. (Klonovsky)
Zitat von ex-blondMir ist bewusst geworden, dass es auch eine Grausamkeit ist, einen Mörder leben zu lassen - eine Grausamkeit gegenüber den lebenden Angehörigen.
Was wird diesen Angehörigen denn dadurch angetan? Außer daß ihre Rachlust unbefriedigt bleibt? Und das ist wohl kaum grausam; bestimmt nicht genug, um jemanden deswegen zu töten. Im Gegenteil: der Rachedurst ist überhaupt kein legitimes Bedürfnis, sondern in sich selbst bösartig.
Zitat von ex-blondMir scheint, die Abschaffung der Todesstrafe könnte der erste Schritt sein in ein pervertiertes Verständnis vom Menschen: in welchem der Mensch nicht mehr verantwortlich gemacht wird, sondern Opfer seiner Umstände ist, determiniert durch sein äußeres Schicksal.
Dieser zweite Schritt folgt ja nicht zwangsläufig. Zudem finde ich es nicht richtig, Leute zu töten, damit die Diskussion über das Menschenbild nicht in eine falsche Richtung läuft.
Zitat von ex-blondDie Tatsache, dass es bei uns nicht mindestens eine lebenslängliche Freiheitsstrafe gibt, dass mit anderen Worten es den Menschen zugemutet wird, dass (extremes Beispiel) der Mörder eines Kindes nach ein bis zwei Jahrzehnten der Nachbar der Mutter werden könnte, deren Leben er (mit)zerstört hat, finde ich einfach inakzeptabel pervers und keineswegs zivilisiert.
Vermutlich könnte man mehr für die Opfer tun, als es heute geschieht. Zum Beispiel, auch bei leichteren Straftaten erzwingen, daß der Täter dauerhaft Abstand vom Opfer halten muß; oder eine Staatshaftung für materielle Schäden, falls der Täter sie nicht ausgleichen kann. Die Konzentration nur auf den Täter ist in der Tat etwas pervers.
Zitat von ex-blondJemand, der die Todesstrafe generell und immer ablehnt, ist wie jemand der Krieg generell und immer ablehnt.
Richtig. In einem gesetzlosen Zustand mag die Todesstrafe ein geeignetes Mittel sein, um die Gewalttätigkeit in den Griff zu bekommen. In Deutschland und in Utah haben wir Rechtsstaaten mit einer funktionierenden Polizei, da erscheint mir das unnötig.
Zitat Dann sollen die Richter eben selber schießen, verdammt noch mal.
Ich nehme an Sie kennen den Grund warum "Richter" und "Henker" zwei Personen sind. Oder - Sie haben über die Perversion des "freiwilligen Schützendienstes" ja schon nachgedacht - haben Sie eine Vorstellung, wer denn dann gerne Richter wäre? Die Schützen von heute. Perverse Idee.
Neinein, ich bin natürlich nicht der Meinung, daß die Todesstrafe akzeptabel wäre, wenn die Richter selber schießen würden. Sondern so: Die Position der Richter, die eine Todesstrafe verhängen, für deren Exekution aber nur Freiwillige benutzt werden dürfen, ist paradox; denn diese Richter sagen ja: "Ich verlange, daß der Verbrecher getötet wird, aber ich kann von niemandem verlangen, es zu tun."
Zitat von KalliasRachedurst ist überhaupt kein legitimes Bedürfnis, sondern in sich selbst bösartig
Ich möchte in Frage stellen, dass die Emotionen beispielsweise einer Mutter, deren Tochter vergewaltigt und umgebracht wurde, 'nur' atavistische Gefühle sind, die keine weitere Bedeutung, keinen tieferen Sinn haben, außer dass sie (wie sie behaupten) zu Racheakten führen und demzufolge selbst "bösartig" sind.
Ich würde vielmehr so formulieren: die Mutter, die vermutlich emotional am meisten reagieren wird, ist die Person, die am besten weiß, wie böse die Tat des Täters tatächlich war, denn sie weiß am besten, wen, d.h. welche liebenswerte Person der Täter ermordet hat. Deshalb, weil sie die Tat von allen Außenstehenden am meisten begreift, hat sie die stärksten Emotionen. Die Emotionen sind nur eine Folge ihrer Einsicht in die Bösartigkeit der Tat. Deshalb sind die Emotionen nicht selbst bösartig.
(Nebenbemerkung: ich glaube, noch wütender ist Gott selbst, denn er begreift noch mehr als die Mutter, was der Täter getant hat.)
Die Todesstrafe ist auch kein Racheakt, also kein aus dem Affekt geschehendes 'Zurückschlagen'. Sie ist die Konsequenz dafür, dass hier ein Mensch, nämlich der Mörder, sein Recht auf Leben in der Gesellschaft durch seine Tat, durch die er sich schuldig gemacht hat, endgültig verwirkt hat. Eine lebenslängliche Freiheitsstrafe bedeutet, dass der Täter zumindest durch die Gesellschaft weiterhin finanziert wird. Das bedeutet auch, dass die Gesellschaft, darunter auch die Mutter der Tochter, gezwungen wird, für den Lebensunterhalt des Mörders im Gefängnis aufzukommen (Steuern=Geld=durch Zeit und Lebenskraft erwirtschaftet). Das ist pervers und grausam gegen die Gesellschaft (besonders deutlich sichtbar am Beispiel der Mutter).
Zitat von KalliasZudem finde ich es nicht richtig, Leute zu töten, damit die Diskussion über das Menschenbild nicht in eine falsche Richtung läuft
Nicht die Diskussion läuft in eine falsche Richtung, sondern das Menschenbild selbst ändert sich.
Das erkläre ich mir so: Gehen wir einmal davon aus, dass es der Gerechtigkeit am meisten entspricht, einen Mörder nach Gerichtsurteil zu töten. Das würde bedeuten, eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren, während welcher der Mörder nach 10 bis 12 Jahren wegen guter Führung entlassen wird, ist eine Ungerechtigkeit (im Vergleich zur Todesstrafe, von der wir annehmen, dass sie der Gerechtigkeit am nächsten kommt). Nun postuliert aber die Gesellschaft, dass die Freiheitsstrafe von max. 15 Jahren für einen Mord der Gerechtigkeit am meisten entspricht. Sie postuliert also etwas als "gerecht", was in Wirklichkeit der Gerechtigkeit nicht am nächsten kommt. Die Menschen, die in dieser Gesellschaft leben, müssen nun damit klar kommen. Dazu gibt es verschiedene psychische Strategien. Entweder (a), sie vertreten eine Meinung (pro Todesstrafe), mit der sie sich außerhalb des gesellschaftlichen Konsens stellen, was die Gefahr der Einsamkeit und des Ausgestoßenseins ("Du Nazi!") zur Folge hat. Oder (b) sie verdrehen ihren Gerechtikgeitssinn zu Gunsten des gesellschaftlichen Konsens. Sie vergewaltigen also ihren eigenen Gerechtigkeitssinn aus Selbstschutz. Meiner Meinung nach wird die Mehrheit mit (b) reagieren. Um (b) auch logisch-rational vertreten zu können, werden die Menschen zwangsläufig ein neues Verständnis von Schuld, "gut und böse" entwickeln müssen, um vor sich selbst (und nach außen) ein konsistentes Weltbild zu vertreten. Die Folgen, die ich bei uns deutlich sehe, sind Perversionen, wie ich sie mit dem oben verlinkten Bild illustrieren wollte, wie sie auch deutlich werden, wenn bei uns Begriffe wie "The axis of evil" auf absolutes Unverständnis stoßen, weil die Wörter "gut" und "böse" bei uns zwangsläufig ihre Bedeutung verloren haben.
Zitat von ex-blondMir ist bewusst geworden, dass es auch eine Grausamkeit ist, einen Mörder leben zu lassen - eine Grausamkeit gegenüber den lebenden Angehörigen.
Was wird diesen Angehörigen denn dadurch angetan? Außer daß ihre Rachlust unbefriedigt bleibt? Und das ist wohl kaum grausam; bestimmt nicht genug, um jemanden deswegen zu töten. Im Gegenteil: der Rachedurst ist überhaupt kein legitimes Bedürfnis, sondern in sich selbst bösartig.
Ich möchte meine Position gerne am Beispiel des "Herrn Gäfken" verdeutlichen und hoffe, daß ich nicht allzu viel davon wiederhole, was ex-blond dazu schon schrieb.
Seine juristischen Aktivitäten mögen ja aus dem juristischem Blickwinkel durchaus in Ordnung sein. Für die Eltern des Ermordeten, aber auf für die breite Öffentlichkeit ist das aber sehr schwer auzuhalten. Der ermordete Bub bekommt es ja vermutlich (und in dem Fall glücklicherweise) nicht mit, aber ist es nicht unsere Pflicht, seine Interessen ebenfalls zu vertreten? Wie kann man überhaupt diese Randereignisse, wennn die Tat eineutig nachgewiesen wurde, so isoliert von dem begangenem Verbrechen betrachten? Dazu muß man vermutlich wirklich Jurist sein.
Ich würde auch annehmen, daß ein Mensch, der eine solche Tat verübt hat, sich in die hinterste Ecke verkriecht und möglichst nicht auf sich aufmerksam macht. Dann könnte man der Meinung sein, daß er seine Tat bereut und möglicherweise doch irgendwann als ein anderer Mensch wieder harauskommt. Und es würde es den Eltern und den Freunden des Buben erleichtern, damit fertig zu werden. Das genaue Gegenteil ist aber der Fall!
Ich muß zugeben, daß auch in mir, als ich die Sache (eher oberflächlich) über die Medien verfolgte, Haßgefühle gegenüber dieser Person hochgestiegen sind. Eigentlich sollte er, menschlich betrachtet, ja diesem Kommissar, der ihm gedroht hatte, nachträglich dankbar sein. Er hat ja versucht hatte das Leben des Kindes zu retten, und somit auch seine Schuld zu verkleinern.
Solche Fälle hatte ich im Blick, als ich schrieb, daß es psychologische Rückwirkungen auf die ganze Gesellschaft gibt. Der "normal empfindende und juristisch nicht gebildete Mensch" muß bei solchen Meldungen das Gefühl haben, daß sich die Gesellschaft von solchen Verbrechern vorführen läßt. Er zweifelt daran, ob die Gesellschaft überhaupt willens und in der Lage ist, so etwas wie Gerechtigkeit herzustellen. Und befindet sich damit, wie ex-blond schon schön beschrieben hat, psychologisch schnell außerhalb dieser. Es ist nicht sein Rechtssystem, und damit ist es auch nicht sein Land. Der Täter kann sich aber einbilden, in einem von der Gesellschaft vorgegebenem, ja akzeptierten Rahmen zu bewegen. Das ist mehr als fatal, finde ich. Und ganau darin liegt auch die Grausamkeit, von der ex-blond meinem Eindruck nach sprach.
Die neuesten Erkenntnisse der Epigenetik lassen übrigens, wenn ich es denn richtig verstehe, auch den Schluß zu, daß sich über die Angehörigen der Opfer solche Erlebnisse "in der Hardware kodiert" bis in die kommenden Generationen übertragen können. Über die psychischen Folgen, wohlgemerkt, die der Staat sichtlich ignoriert, während er sich ausführlich um den Täter kümmert.
Es geht nicht um Rache, es geht darum, daß die Opfer in die Lage versetzt werden, mit ihrem Unglück fertig zu werden und den Schaden zu minimieren.
Herzlich, Ungelt, der Rächer
Nachtrag für die Juristen / 21.6. 08:05 : Ich bitte es nicht so zu verstehen, daß mir nicht klar ist, warum auf der Grundlage der aktuellen Gesetzgebung so gehandelt wird, wie gehandelt wird. Ich kritisiere die Gesetzeslage und die sonstigen Randbedingungen, die diese Auswirkungen haben.
Meiner Meinung nach argumentieren Sie fundametalistisch und berücksichtigen zu wenig die vielen Probleme, die bei einer Einführung der Todesstrafe auftauchen würden. In diesem Zusammenhang weise ich noch einmal auf die oben zitierte Begründung von George H. Ryan hin, in der er seine Erfahrungen sehr anschaulich und bedenkenswert einbringt.
Nur zwei von vielen moeglichen weiteren Fragen:
Nehmen wir an, dass nur 1% der Todesurteile Fehlurteile sind, dann konnte allein schon der nachmals 43. Präsident der Vereinigten Staaten nach Texanischem Recht nicht verhindern, dass etwa zwei Unschuldige hingerichtet wurden. Wie stehen Sie dazu?
Ein andere Schwierigkeit: auf was wollen Sie die Todesstrafe alles anwenden? Nur auf Mord? Oder auch auf, etwa, Hochverrat? Nehmen wir an, ich spiele den Talibans in Kundus die Fahrtroute einer Patrouille zu, mit der Folge, dass diese dann über einen Sprengsatz fährt wobei fünf deutsche Soldaten getötet werden.
Wäre es dann nicht gegen alle Gerechtigkeit, wenn man mir, gleichgültig mit welcher erlesenen Methode auch immer, den Garaus nicht macht? Das Beispiel, das jetzt nicht nach den Regeln des juristischen Oberseminars zerpflückt werden sollte, soll als Illustration dienen, dass, wenn man diese 'can of worms' aufmacht, sofort ein Abgrenzungsproblem auftaucht, das meiner Meinung nach nicht loesbar ist, jedenfalls nicht im Rahmen der rigiden Gerechtigkeitsvorstellung, die Sie hier entwickeln.
Ich kann in den Ausführungen von ex-blond nichts Fundamentalistisches finden, im Gegenteil. "Fundamentalistisch" ist nur eines der modernen Schlagworte, die im Grunde gar nichts bedeuten. Selbst von "Aufklärungsfundamentalismus" ist schon die Rede.
Die von Ihnen aufgeworfenen Fragen betreffen alle Strafen, nicht nur die Todesstrafe. Ob ein Unschuldiger 20 Jahre eingesperrt wird, oder der Gesetzgeber sich fragt, auf welche Delikte die lebenslange Freiheitsstrafe stehen soll, die Problematik ist identisch.
Wie alle vom Menschen geschaffene Institutionen, ist auch das Justizwesen fehlbar. Wie es Menschen gibt, die 20 Jahre unschuldig im Gefängnis sitzen, gibt es auch unschuldig Hingerichtete. Daran wird sich nie etws ändern, denn der Mensch wird immer fehlbar sein.
Ein Argument ist allenfalls, daß der Tod durch Hinrichtung nicht rückgängig gemacht, eine zu Unrecht erlittene Haftstrafe aber zumindest mit einer Entschädigung gelindert werden kann.
Allerdings kann die Hinrichtung der unschuldigen Opfer durch den Mörder auch nicht rückgängig gemacht werden... Wie stehen Sie dazu?
Wie lächerlich, aus bloßer Parteidisziplin auch gegen den fähigen Kandidaten des Gegners zu stimmen. (Klonovsky)
Dann wäre aber die Idee die, die Todesstrafe endlich abzuschaffen anstatt jemand anderen ballern zu lassen. (In der Befürchtung Ironie übersehen zu haben...)
Zitat Ein Hochschullehrer, der seinen Studenten nichts oder Falsches beibringt, mißbraucht beispielsweise die Freiheit der Lehre.
Das andere noch mehr aber schon dieses Beispiel ist ein schmaler Grat. Wann ist es denn falsch? Und wann "nichts"? Manchmal ist das offensichtlich, manchmal weniger, manchmal höchst umstritten. Gerade zur "Freiheit der Leere" gibt es keine Alternative. Jede Einschränkung - um Mißbrauch zu verhindern - bedeutet das Ende der Freiheit. Denn "Freiheit, wenn..." verdient das Wort nicht mehr.
Wenn Sie also sagen, er "mißbrauche" sein Recht zur Begnadigung und damit sagen wollen, er tue etwas, was beim Recht der Begnadigung so nicht gedacht war, dann möchten Sie das Recht der Begnadigung eingeschränkt wissen. Dann wäre es ein "Recht zur begnadigung, wenn.." und damit ist das Recht dahin. Er hat ein Recht. Das hat er genutzt. Offensichtlich deutlich im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten. Wenn Sie die enger sehen wollen weil sonst "Mißbrauch" droht, dann wollen Sie ein anderes Recht.
Man kann es sicher so sehen, dass Massenbegnadigungen schlecht sind - so wie eim normative Urteile über Handlungen immer möglich sind. Aber ein normatives Urteil über ein Recht stellt dieses immer in Frage.
Zitat was in der Theorie gut klingt hat in der Praxis eine fatale Auswirkung auf das Denken der Menschen
Naja, das ist Mitleid. Das finde ich schon deswegen nicht pervers weil es, im Gegensatz zum Rachegedanken der hinter der Todesstrafe steckt, keine Menschenleben kostet, mit anderen zu fühlen.
Zitat Ist so etwas nicht die logische Konsequenz auf die Abschaffung der Todesstrafe und dem damit zusammenhängenden Menschenbild
Offensichtlich nicht, Sie sind ja hier. Die komische Situation, sich selbst aus allgemeinen Urteilen immer auszunehmen mal beideite geschoben: Nein, das ist Mitgefühl. Mit jemandem, der sonst keines hatte. Ob er das verdient hat, darüber kann man geteilter Meinung sein. Ich denke aber nicht, dass der Umstand, dass der Staat keine Menschen töten darf um des Tötens Willen damit etwas zu tun hat. Es gibt auch Menschen die sich mit Todeskandidaten sypathisieren.
Zitat Wobei das bei einer Demokratie vielleicht kein Problem ist.
Was in letzter Konsequenz bedeutet dass über Leben und Tod abgestimmt wird. DAS finde ich pervers!
Zitat von vielleichteinlinkerDann wäre aber die Idee die, die Todesstrafe endlich abzuschaffen anstatt jemand anderen ballern zu lassen. (In der Befürchtung Ironie übersehen zu haben...)
Nein, keine Ironie. Es ging um die Frage, ob man, die Todesstrafe durch Erschießen vorausgesetzt, besser freiwillige oder nichtfreiwillige Schützen nehmen sollte. Zettel und ich äußerten dazu unterschiedliche Ansichten.
Ohne die genannte Voraussetzung würde sich die Frage natürlich nicht stellen. Ich würde mich in der Tat darüber freuen, wenn sie in Utah die Todesstrafe abschaffen würden.
Zitat von vielleichteinlinkerWenn Sie also sagen, er "mißbrauche" sein Recht zur Begnadigung und damit sagen wollen, er tue etwas, was beim Recht der Begnadigung so nicht gedacht war, dann möchten Sie das Recht der Begnadigung eingeschränkt wissen. Dann wäre es ein "Recht zur begnadigung, wenn.." und damit ist das Recht dahin.
Nein, im Gegenteil, dann ist es überhaupt nur begründbar.
Was Sie, wenn ich Sie recht verstehe, wollen, das ist das Recht, willkürlich zu begnadigen. Das Recht also eines Serenissimus. Ein Gouverneur makes up his mind, und dann begnadigt er alle. Ein anderer entscheidet ebenso willkürlich, in keinem Fall eine Begnadigung auszusprechen, selbst wenn die Unschuld offen zutage liegt.
So ist das aber nicht gedacht; so war es mit Sicherheit von den Aufklärern nicht gedacht, denen die USA ihre Verfassung und die Verfassungen der Bundesstaaten zu verdanken haben. Sondern der Gouverneur sollte nach vernünftiger, gewissenhafter Abwägung begnadigen; und zwar dann, wenn entweder begründete Zweifel daran bestehen, daß der Verurteilte der Täter war, oder wenn der Gouverneur zu der Überzeugung kommt, daß die Todesstrafe in diesem Fall nicht angemessen ist - vielleicht, weil der Täter psychisch krank ist, oder was immer.
Also in der Tat ein Recht, zu begnadigen, wenn ...
Zitat von FTT_2.0Inwiefern hat die Todesstrafe die "Barbarei des Mordes" beendet?
Inwiefern kommt es darauf an? Inwiefern wird die Barbarei des Mordes gemildert, wenn ich die Barbarei der Todesstrafe abschaffe?
In Ihrem Beitrag stand, dass erst mit einem Weg, die Barbarei des Mordes zu beenden, auch der Zeitpunkt gekommen sei, über das Ende der Todesstrafe nachzusinnen. Dem habe ich entnommen, dass es doch darauf ankäme.
Zitat von JeffDavisEs bleibt immer ein schaler Beigeschmack, wenn man die Empörung über die Todesstrafe durch Amnesty et altera vergleicht mit ihrer Empörung über die Verbrechen des Täters. Das ermordete Opfer kommt entweder gar nicht vor, oder ein Hinweis erfolgt nur als nur ein Lippenbekenntnis. Fragwürdig auch, wenn dieselben Gruppen/Personen, die so vehement gegen die Todesstrafe in US-Bundeesstaaten streiten, oft viel stiller sind, sobald es um die Todesstrafe in China oder in Ländern mit der Scharia geht.
Solche mag es zwar sicher geben. Allerdings scheint mir die Gefahr hier sehr groß zu sein, dass ein Strohmann aufgebaut wird. China et al. werden meiner Wahrnehmung nach von denselben Organisationen auch ausgiebig kritisiert, nicht nur wegen Hinrichtungen. Ich habe aber noch keinen dieser AI-Jahresberichte wirklich gelesen. Sie?
Zitat von JeffDavis
Zitat von FTT_2.0 Andererseits kann man so gesehen froh sein, dass bislang in keinem Bundesstaat der USA die Mehrheit der Überzeugung wäre, dass Hexen an tödlichen Seuchen schuld sind.
Diese Frage betrifft das Problem, inwieweit in einer Demokratie bestimmte Bereiche nicht zur Disposition des Souveräns stehen sollen.
Eben.
Zitat von JeffDavis
Zitat von FTT_2.0 Wie - und das finde ich einen wichtigen Einwand gegen die Todesstrafe, der auch Befürworter beschäftigen sollte - geht man mit nach Justizirrtümern unschuldig Hingerichteten um? Wieviele solche "Irrtümer" sind akzeptabel, ohne dass die Regel darunter irreparabel leidet?
Das ist weniger eine Frage des Strafmasses als eine des Justizsystems bzw. der Ausgestaltung des Prozessrechts. Einem zur Unrecht lebenslang eingesperrten Häftling kann man das Leben in Freiheit auch nicht zurückgeben, wenn man nach 30 Jahren seine Unschuld entdeckt.
[/quote]
Einem zur Unrecht lebenslang eingesperrten Häftling kann man wenigstens noch einige Jahre in Freiheit geben - und ihn auch finanziell ein wenig kompensieren. Der zu Unrecht Hingerichtete kann doch im Prinzip nur noch posthum rehabilitiert werden.
sie wollen ein Argument gegen die Todesstrafe? Kein Problem:
Gerichtsverfahren sind nicht fool-proof, und ich kann mir auch gut vorstellen, dass deren Ausgang vom Geschick der Verteidigers, des Staatsanwalts, des Richters (UND: USA-spezifisch: von der statistisch zufälligen Auswahl der Geschworenen abhängt).
Wie viele Leute haben in den USA ihr halbes Leben im Todestrakt verbracht, um dann nach 25 Jahren aufgrund neuer Verfahren rehabilitiert zu werden (Ich kenne die Zahl nicht, aber es vergeht kaum ein Jahr, in dem nicht so ein Fall bekannt wird)? Und vor allem: Wie viele Leute hatten das Pech, dass bspw. DNA-Analysen, die viele Menschen vor der Todesstrafe gerettet haben, vor ihrer Hinrichtung noch nicht 'marktreif' waren?
Eine Strafe des 'Volkes' gegen einen potentiellen Straftäter sollte dann verhängt werden, wenn es keinen Zweifel an dessen Schuld gibt, was definitionsgemäß NIEMALS gewährleistet werden kann (ich hab hier ein grundsätzliches Problem mit dem Strafrecht, auch in Deutschland). Ein unschuldig inhaftierter Mensch kann sich dann sein Leben lang gegen den Schuldspruch wehren; wenn er hingerichtet wurde geht das halt nicht mehr, und bestätigt damit gleichzeitig das apologistische Argument der Todesstrafen-Befürworter, die behaupten, dass noch nie ein unschuldiger hingerichtete wurde (Kunststück ;-))
Stellen Sie sich vor, ihr Sohn würde in Texas aufgrund von Zeugenaussagen (gab's alles schon) des Raubmords verurteilt, weil er zufälligerweise kein Alibi und die falsche Hautfarbe ('I saw that black/white man, I'm 100% sure) hat.
So werden Leute zu Gegnern der Todesstrafe.
Interessant ist m.E. auch, dass die meisten Hinterbliebenen von Mordopfern nicht wollen, dass der Täter hingerichtet wird (zumeist mit der Bergründung, dass Rache sinnlos ist, weil der Tod des Mörders das geliebte Familienmitglied nicht zurückbringt; ur-christlich, nicht wahr?). Wenn es jemanden geben sollte, der über des Täter's Schicksal entscheiden darf, dann doch die Hinterbliebenen, oder?
All das kann man in den USA beobachten, ich glaube, dass die Todesstrafe dort auch bald Geschichte werden wird.
Arabische und Asiatische Länder muss ich als Negativbeispiel hier glaub ich nicht mehr anführen. Interessant ist bei Asiatischen Ländern, dass die Todesstrafe sofort abgeschafft oder ausgesetzt wurde, nachdem zum ersten mal eine demokratisch gewählte Regierung an die Macht kam (Warum? Weil die Todesstrafe für die regierende Elite halt ein Instrument ist, mit dem man die Bevölkerung einschüchtern kann).
Zitat Zitat Alfonzo: Eine Strafe des 'Volkes' gegen einen potentiellen Straftäter sollte dann verhängt werden, wenn es keinen Zweifel an dessen Schuld gibt, was definitionsgemäß NIEMALS gewährleistet werden kann (ich hab hier ein grundsätzliches Problem mit dem Strafrecht, auch in Deutschland).
Lieber Alfonzo, hier teile ich uneingeschränkt Ihre Meinung. Bestes Beispiel ist Herr Kachelmann, der sich nunmehr ca. 3 Monate in Haft befindet, der zum Spielball zwischen Bürokratie und Staatsanwaltschaft wird und der obwohl weder das eine noch das andere bewiesen, sich eigentlich nur noch einen "Strick nehmen" kann. Wollte man es an den fast täglich extrem gewalttätigen Auswüchsen, die wir hier schon diskutiert haben, messen, stellt man fest, das innerhalb der Justiz fröhlich mit zweierlei Ma0 gemessen wird und so lange weitergewurschtelt bis irgendein Haar in der Suppe bestätigt werden kann. Und da reicht ja schon der "böse Blick" "rotes Haar" oder Kenntnisse in "Naturmedizin" - alles abhängig vom Wohlwollen der Justiz bzw. der zuständigen Staatsanwaltschaft. In diese Fänge möchte ich nicht geraten.
Kommt Jörg Kachelmann diese Woche frei? Der Fall Kachelmann wird offenbar zum Duell der Gutachter: Die Staatsanwaltschaft Mannheim soll nach Informationen des 'Spiegel' einen zweiten Gutachter beauftragt haben, der das erste Gutachten der Bremer Psychologin entkräften soll.
Das Regieren (im weitesten Sinne) beinhaltet zwangsläufig auch harte Entscheidungen. Es geht in der Regel nicht darum, ob es im Zusammenhang mit einer Entscheidung Opfer gibt, sondern nur darum, wo es sie gibt und wann. Und darum, ob diese Opfer dem "Entscheider" leicht und plakativ zugeordnet werden können, oder ob sich der Entscheider in einer Masse von Mitentscheidern und hinter Unwägbarkeiten verstecken kann.
Das führt leider dazu, daß schwache Regierungen Entscheidungen vermeiden, die zu unmittelbaren, sichtbaren Opfern führen. Entscheidungen aber, die nur langfristig in eine Katastrophe führen, eher mit leichter Hand getroffen werden. Beispiele sind überall und jederzeit zu besichtigen.
Diese Erkenntnis führte mich zu der grundsätzlichen Einstellung, daß man auch ohne Kenntnis der konkreten Hintergründe alle "humanen" bzw. "sozialen" Entscheidungen von Regierenden zunächst anzweifeln sollte. Es ist immer die Frage zu stellen, welche langfristigen Folgen mit einer solchen Großtat wohl verbunden sind. Es ist schon möglich, daß es keine langfristigen Folgen einer solchen "menschenfreundlichen" Entscheidung gibt, in der Regel ist es aber nicht der Fall. In der Regel handelt es sich nur um die "Rettung" irgenwelcher sichtbarer (medial gut darstellbarer) Güter auf Kosten unsichtbarer, oder auf Kosten einer langfristigen Perspektive.
Die Existenz der Medien, und deren Eigenschaften, verschärfen diese Problematik drammatisch. Man muß versuchen diesem Trend entgegenzuwirken, auch wenn ich kaum Hoffnung habe, daß es an der Lage etwas ändert.
Die Todesstrafe stellt in diesem Zusammenhang natürlich nur einen Aspekt dar. Wobei ich in diesem Fall nicht einmal ganz sicher bin, welche Position denn richtig ist. (Die damit verbundenen Probleme sehe ich natürlich ebenfalls.) Die Richtigkeit der Abschaffung der Todesstrafe ist aber schon deswegen in Frage zu stellen, weil sie eindeutig in die Kategorie der "sichtbaren guten Taten" fällt. Mit sicher auch vorhandenen langfristigen und unsichtbaren negativen Folgen.
Ich wäre "für mich" bereit die Entscheidung gegen die Todesstrafe mitzutragen, wenn die "Gesellschaft" bereit wäre, sich ehrlich auch mit diesen Folgen auseinanderzusetzen. Das sehe ich aber, zumindest in den Medien, leider nicht. Was ich sehe, sind zwei verbissen kämpfende Lager (das eine zumindest in den Medien ganz winzig) und eine massive Verächtlichmachung von Personen, die in den USA nach geltendem Recht und gemäß ihrer Überzeugung handeln. Und genau dieser mediale Druck, der immer wieder mit tollen Bildern die Menschen manipuliert, ist für mich das stärkste Argument für die Todesstrafe. (Es ist natürlich kein Beweis, aber beweisen läßt sich bei diesen Dingen sowieso nichts.)
Unabhängig von der "Verfügbarkeit" der Todesstrafe habe ich aber keine Zweifel daran, daß die Menschen das Gefühl brauchen, in einem Staat zu leben, der der Gerechtigkeit verpflichtet ist. Das erfordert auch eine sichtbare und empfindliche Bestrafung von Verbrechern und ein solidarisches Verhalten des Staates gegenüber den Opfern von Verbrechen. Das kann möglicherweise auch eher symbolische Elemente ethalten. Auch wenn die Bestrafung dann u.U. medial ausgeschlachtet und als unmenschlich angeprangert wird.
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