Ich bin auch zwiegespalten, was die EU angeht und ich denke, Sie haben die Auflösung dieses Widerspruchs schon angesprochen in der Marginale. Die EU missachtet das Prinzip der Subsidiarität. Wenn die EU sich daran hielte und sich nur um Dinge kümmern würde, zu denen die Nationalstaaten nicht in der Lage sind, wäre sie auch eine sinnvolle Institution und ein Großteil ihrer Bürokratie würde wegfallen. Was derzeit aus Brüssel kommt verleitet jedenfalls eher dazu Sympathien für eine Selbstauflösung zu hegen, denn junge Menschen(zu denen ich mich auch zähle) zu begeisterten Europäern zu machen. Ich habe eher den Eindruck, dass die "ältere" Generation, die den Krieg noch erlebt hat, wie Sie, beinahe die einzigen sind, die Sympathien für die EU haben, eben wegen dieser schrecklichen Erfahrungen. Meine Generation, die ja eigentlich im europäischen Geiste erzogen sein sollte, sieht in der EU dagegen zumeist nicht mehr als eine weitere Bürokratie, eine besonders mächtige und lächerliche(und zugleich gefährlich für unsere Freiheit).
Zitat "Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert", verrät der Premier des kleinen Luxemburg über die Tricks, zu denen er die Staats- und Regierungschefs der EU in der Europapolitik ermuntert. "Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt."
Danke, das ist aufschlussreich. Nur schade, dass nicht einmal diese Aussage zu einem Aufschrei geführt hat. Warum eigentlich nicht? In Deutschland gehört die EU wohl historischbedingt zur Staatsraison, jedenfalls scheinen die Parteien das zu glauben. Und in die Ländern denken EU ist toll, weil Deutschland zahlt ?
"Könnte jemand, der (verfassungs-)juristisch bewandert ist, erläutern, wie genau die Rechtslage ist? Es heißt ja immer, dass die EU-Richtlinien in nationales Recht umgesetzt werden müssen; manchmal ist auch die Rede von drohenden Strafzahlungen, wenn eine Umsetzung nicht fristgerecht erfolgt. Welchen Spielraum hat ein nationales Parlament, wenn die Nichtumsetzung Strafzahlungen zur Folge hat.
M.W. gibt es auch EU-Verordnungen, die direkt Rechtskraft haben, ohne dass der nationale Gesetzgeber noch ein Wort mitzusprechen hat."
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EU-Richtlinien werden nach dem in den Verträgen bestimmten Verfahren erlassen. Der Normalfall ist, dass in diesen Richtlinien bestimmt ist, innerhalb welcher Frist die Nationalstaaten die Richtlinie in "innerstaatliches" Recht umzusetzen haben. Die Mitgliedsstaaten sind also verpflichtet diese Richtlinien umzusetzen. In Deutschland erfolgt die Umsetzung in Gesetzen oder Verordnungen je nach dem um was es sich handelt. Die Mitgliedstaaten haben zwar einen gewissen Spielraum bei dieser Umsetzung, aber die zwingend festgelegten Elemente MÜSSEN umgesetzt werden. Erfolgt die Umsetzung nicht fristgemäß, dann kann nach Ablauf der Frist die Richtlinie sogar unmittelbare Geltung entfalten ohne das Deutschland daran etwas ändern kann, wenn diese Richtlinie so konkret abgefasst ist, dass es keiner Konkretisierung durch ein Gesetz oder einer Verordnung bedarf.
Zitat von GansguoterNatürlich stimme ich Ihnen zu, dass die Europäische Einigung ein ganz wesentlicher Schritt ist; ich persönlich denke v.a. an die Überwindung der dt.-frz. Feindschaft, die am Beginn der europäischen Einigung steht.
Ja. Und das war eben etwas Emotionales.
Ich gehöre, lieber Gansguoter, wie Sie zu der Minderheit, der Kultur wichtig ist.
Aus meiner Sicht ist das die deutsche Kultur, aber auch die Kultur des Abendlandes. Ich habe Griechisch gelernt und das Graecum gemacht, weil ich gern Platon lesen wollte (naja, mehr als die Anabsis ist dann daraus nicht geworden ).
Für mich ist diese Kultur die Welt, in der ich nun mal lebe. Also bin ich Europäer. Soit.
Zitat Die Mitgliedsstaaten sind also verpflichtet diese Richtlinien umzusetzen. In Deutschland erfolgt die Umsetzung in Gesetzen oder Verordnungen je nach dem um was es sich handelt. Die Mitgliedstaaten haben zwar einen gewissen Spielraum bei dieser Umsetzung, aber die zwingend festgelegten Elemente MÜSSEN umgesetzt werden.
Das heißt, mit dem Beitritt zu den Verträgen, die dieses Verfahren regeln, ist für die relevanten Bereiche die Entscheidungsfreiheit des Parlaments und damit die Volkssouveränität aufgehoben. Das also das Spiel über Bande: Der Politiker, der X regeln will, aber keine Mehrheit daheim im Parlament hat, kann es auf dem Umweg über Brüssel versuchen und dann ggf. erzwingen.
Zitat Was derzeit aus Brüssel kommt verleitet jedenfalls eher dazu Sympathien für eine Selbstauflösung zu hegen, denn junge Menschen(zu denen ich mich auch zähle) zu begeisterten Europäern zu machen. Ich habe eher den Eindruck, dass die "ältere" Generation, die den Krieg noch erlebt hat, wie Sie, beinahe die einzigen sind, die Sympathien für die EU haben, eben wegen dieser schrecklichen Erfahrungen. Meine Generation, die ja eigentlich im europäischen Geiste erzogen sein sollte, sieht in der EU dagegen zumeist nicht mehr als eine weitere Bürokratie, eine besonders mächtige und lächerliche(und zugleich gefährlich für unsere Freiheit).
Für die ältere Generation ist vermutlich die Überwindung der Feindschaft zu Frankreich, die das Leben der Eltern, Großeltern, Urgroßeltern geprägt hat, eine ganz prägende Erfahrung. - Für uns Jüngere sind private und berufliche Kontakte nach England, Frankreich, Belgien etc. selbstverständlich; ob der Kommilitone, der Kollege, der Freund, der Geschäftspartner Deutscher, Belgier, Niederländer oder Franzose ist, das ist herzlich egal. Die Konflikte sind nicht mehr zwischen Nationen - hie Deutschen, hüben Franzosen -, sondern auch die Probleme sind transnational: Niederländer wie Belgier wie Deutsche wie Österreicher müssen sich in unterschiedlicher Intensität mit den gleichen Problemen etwa im Bereich der Migration auseinandersetzen. Die Gräben in der Gesellschaft und die Konfliktlinien verlaufen nicht zwischen Deutschen und Niederländern, sondern zum Beispiel zwischen den "Autochthonen" (ich nehme das Wort, auch wenn Zettel es nicht mag, da "Eingeborene" mir noch weniger sinnvoll erscheint) egal welcher Nationalität und islamistisch orientierten Zuwanderern.
Ergänzung: Da für uns Jüngere Nationalstaatsgrenzen nur eine untergeordnete Rolle spielen, erlaubt dies vermutlich einen kritischeren Blick auf Brüssel, nimmt man die Verdienste der Europ. Einigung als selbstverständlich. - Schon zu Schulzeiten war es so, dass die Lehrer begeistert von der (damals) EG schwärmten, uns leuchtende Zukunftsvisionen malten - und allein die für uns nur begrenzt nachvollziehbare Begeisterung der Lehrer machte diese uns auch irgendwie suspekt.
Zitat Die Mitgliedsstaaten sind also verpflichtet diese Richtlinien umzusetzen. In Deutschland erfolgt die Umsetzung in Gesetzen oder Verordnungen je nach dem um was es sich handelt. Die Mitgliedstaaten haben zwar einen gewissen Spielraum bei dieser Umsetzung, aber die zwingend festgelegten Elemente MÜSSEN umgesetzt werden.
Das heißt, mit dem Beitritt zu den Verträgen, die dieses Verfahren regeln, ist für die relevanten Bereiche die Entscheidungsfreiheit des Parlaments und damit die Volkssouveränität aufgehoben. Das also das Spiel über Bande: Der Politiker, der X regeln will, aber keine Mehrheit daheim im Parlament hat, kann es auf dem Umweg über Brüssel versuchen und dann ggf. erzwingen.
Jow. Ich meine mit dem Glühbirnenverbot war es sogar so. Ist in Deutschland gescheitert und wurde dann über Brüssel durchgesetzt. Weiß es nicht mehr sicher, kann auch das Dosenpfand gewesen sein. Mag jetzt nicht nachgucken. Meine aber, es war das Glühbirnenverbot. Googlen Sie einfach mal.
Zitat von GansguoterAber ich sehe eine rasante Kostensteigerung seit der Euro-Einführung (die Pizza, die es früher für 8 DM gab, kostet heute 9,50 Euro, das sind mehr als 100 % in zehn Jahren, massiv über der offiziellen Inflationsrate)
Im inzwischen gelöschten Blog "Freiheit. Markt. Recht." habe ich vor einigen Jahren eine Kurve zur Geldmengenausweitung der EZB gesehen. Die Webseite habe ich nicht wieder gefunden, aber diese PDF. Der Grafik unten rechts entnehme ich eine durchschnittliche Erhöhung der Geldmenge M3 um 6,6%. Laut Wikipedia ist diese ein guter Indikator für Inflation. (Mein Verständnis als Informatiker für Finanzpolitik reicht nicht viel weiter. Aber hier sind ja Experten für fast alles )
Was ich ganz sicher sagen kann ist, dass eine Steigerungsrate von 6,6% in 10 Jahren fast einer Verdopplung (89%) entspricht.
Zitat von GansgouterAber ich sehe eine rasante Kostensteigerung seit der Euro-Einführung (die Pizza, die es früher für 8 DM gab, kostet heute 9,50 Euro, das sind mehr als 100 % in zehn Jahren, massiv über der offiziellen Inflationsrate), und jetzt sehe ich uns für die PIIGS zahlen.
Das hat aber nicht unbedingt etwas mit dem Euro zu tun. Dienstleistungen und arbeitsintensive Produkte, und die Herstellung und das Servieren einer Pizza sind hauptsächlich solche, werden im Preis immer überdurchschnittlich steigen. Nämlich so wie die Nominallöhne.
Vielleicht kann man sich das am Beispiel eines Haarschnitts deutlicher machen. Da sind kaum produktiviätssteigerungen zu erwarten, also steigt der Preis nicht nur mit der Inflation sondern noch etwas darüber hinaus noch ein etwas mehr, nämlich zu dem Anteil, an dem Friseure mit einem höheren Lohn am steigenden Wohlstand beteiligt werden.
Deswegen kann man die Inflation nicht an Erfahrungen wie dem Preis einer Pizza festmachen sondern muss zum größeren Warenkorb greifen. Und hier hat sich eben nicht viel getan. Aber selbst wenn, gehöre ich nicht zu den Menschen, die der Meinung sind, dass es ein Recht auf eine niedrige Inflationsrate gebe; ja noch nicht mal, dass eine solche sinnvoll ist.
Zitat AndreasJ Was ich ganz sicher sagen kann ist, dass eine Steigerungsrate von 6,6% in 10 Jahren fast einer Verdopplung (89%) entspricht.
Da gibt es die wunderbare 72 Regel. Teilen sie 72 durch eine Rate und sie erhalten eine Zeitraum in der sich der Wert Ihrer Güter halbiert 72 / 7 ungefähr 10 und das passt "genau". Mit der genauen Rechnung erhält man:1.07 ** 10 ==> 1.967151357289566. Also ziemlich genau eine Verdoppelung.
Zitat Das hat aber nicht unbedingt etwas mit dem Euro zu tun. Dienstleistungen und arbeitsintensive Produkte, und die Herstellung und das Servieren einer Pizza sind hauptsächlich solche, werden im Preis immer überdurchschnittlich steigen. Nämlich so wie die Nominallöhne.
Die Preise gerade im Bereich der Gastronomie und des Bäckerhandwerks sind im Moment der Euro-Einführung nach meiner Wahrnehmung massiv gestiegen; sie sind ja gerade nicht 1:1 umgesetzt worden und im Zuge der allgemeinen Inflation gestiegen, sondern die Pizza (um im Beispiel zu bleiben, und nicht nur die) für 8,95 DM wurde direkt auf 6,50 € gesetzt. Es gab ja damals auch den Umsatzeinbruch in der Gastronomie als Reaktion auf die unverschämten Preiserhöhungen. Auch das Bier in der Kneipe kostet heute in Euro so viel wie früher in DM.
Wenn die Steigerungen in dem Maße lägen wie die der Nominallöhne, gäb es kein Problem. Mein Nominallohn ist nicht doppelt so hoch wie vor zehn Jahren, sondern mein Monatsnominallohn ist in der Größenordnung von vielleicht 2 % gestiegen (bei Kürzungen im Weihnachtsgeld, was unterm Strich die Steigerung aufhebt).
Zitat Deswegen kann man die Inflation nicht an Erfahrungen wie dem Preis einer Pizza festmachen sondern muss zum größeren Warenkorb greifen. Und hier hat sich eben nicht viel getan.
Das ist richtig, aber irrelevant, solange der offizielle Warenkorb nicht meinem persönlichen Warenkorb entspricht. Der Warenkorb (Zusammensetzung hier: http://www.destatis.de/jetspeed/portal/c...operty=file.pdf) enthält z.B. zu 8,38 Promille PC, Notebook, Monitor, Scanner, Drucker und Reparatur dieser Geräte; zu 16,44 Promille Brot und Backwaren. Selbst massive Preissenkungen (oder Qualitätssteigerungen, die ja irgendwie verrechnet werden) bei PC und Druckern spielen für mich im Alltag keine Rolle (sondern nur alle 5 Jahre), während ich die Tatsache, dass ein Brötchen heute 30 Cent kostet und vor zehn Jahren 30 Pfennig, täglich erlebe.
»dass sich die Bundesregierung nicht darauf berufen kann, mit dem Beimischungszwang von Bioethanol nur eine Vorgabe aus Brüssel zu erfüllen. «
Mit anderen Worten: Die Lüge als Machtinstrument wird zwar schon in Platons Politaia empfohlen, nur erwischen lassen sollte man sich nicht, Herr Röttgen.
Mit freundlichem Gruß
-- „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“ – sagt Ingeborg Bachmann
Zitat von GansguoterDie Preise gerade im Bereich der Gastronomie und des Bäckerhandwerks sind im Moment der Euro-Einführung nach meiner Wahrnehmung massiv gestiegen; sie sind ja gerade nicht 1:1 umgesetzt worden und im Zuge der allgemeinen Inflation gestiegen, sondern die Pizza (um im Beispiel zu bleiben, und nicht nur die) für 8,95 DM wurde direkt auf 6,50 € gesetzt. Es gab ja damals auch den Umsatzeinbruch in der Gastronomie als Reaktion auf die unverschämten Preiserhöhungen. Auch das Bier in der Kneipe kostet heute in Euro so viel wie früher in DM.
Bestimmt können die Ökonomen hier im Forum das besser beurteilen als ich; aber ich habe damals gelegentlich mit Gastronomen gesprochen. Sie sagten, daß ihre Personalkosten durch die Politik von Rotgrün massiv gestiegen waren (630-Mark-Gesetz). Die Einführung des Euro war dann die Möglichkeit, die notwendig gewordenen höheren Preise durchzusetzen.
Ich habe in den letzten 20 Jahren ein massives Sterben von deutscher Gastronomie gesehen. Auch Traditionsbetriebe wurden durch Imbisse o.ä. ersetzt. Übrigens war in Frankreich die Entwicklung ähnlich; ich habe das schon einmal beschrieben; dort durch die gesetzliche 35-Stundenwoche.
Zitat aber ich habe damals gelegentlich mit Gastronomen gesprochen. Sie sagten, daß ihre Personalkosten durch die Politik von Rotgrün massiv gestiegen waren (630-Mark-Gesetz). Die Einführung des Euro war dann die Möglichkeit, die notwendig gewordenen höheren Preise durchzusetzen.
Das erklärt - zum Teil - den Preisanstieg in diesem Bereich. Die Wirkung ist gleichwohl fatal: Wer sich nicht mit den Problemen der Gastronomie auskennt, der stellt nur fest, dass in einer Reihe von Bereichen man heute mehr oder weniger in Euro den Betrag zahlt, den man früher in DM bezahlt hat. Das trägt nun nicht zum Vertrauen in den Euro bei. Vielleicht bin ich ja merkwürdig, aber wenn mir etwas teuer vorkommt, dann überlege ich noch immer, was wäre der Preis in DM. Und bin meistens erschüttert.
Zitat von GansguoterVielleicht bin ich ja merkwürdig, aber wenn mir etwas teuer vorkommt, dann überlege ich noch immer, was wäre der Preis in DM. Und bin meistens erschüttert.
Das geht mir manchmal auch so, lieber Gansguoter. Allerdings bin ich auch manchmal positiv überrascht; zum Beispiel im Bereich von PC und Unterhaltungselektronik. In vielen Bereichen hält sich der Preisanstieg in Grenzen. Richtig viel teurer geworden sind nach meinem Eindruck eigentlich nur die Produkte, in die ein hoher Anteil an Personalkosten einfließt, und natürlich die Dienstleistungen selbst. Darin drückt sich eben der wachsende Wohlstand aus.
Hinzu kommen die großen Qualitätssteigerungen in vielen Bereichen, nicht nur in der Elektronik. Nehmen wir die Hotels; da kann man das über die Jahrzehnte verfolgen.
Ich habe mir als Student Anfang der sechziger Jahre einmal eine Übernachtung in einem Hotel der gehobenen Mittelklasse geleistet. Es kostete den unglaublichen Preis von 22,50 Mark für das Einzelzimmer; hatte aber weder Dusche noch WC oder gar TV oder Radio, sondern "fließendes warmes und kaltes Wasser; Zentralheizung"; das Hotel einen Aufzug.
Das war damals schon Luxus. In einfachen Häusern konnte es durchaus noch sein, daß man zum Waschen eine große Prozellanschüssel vorfand oder auch zwei; samt zwei großen Krügen, mit denen man sich das heiße und kalte Wasser holen konnte.
Damals (ungefähr 1970) konnten wir freilich auch noch in einem kleinen Dorfgasthof für 11 Mark Vollpension Urlaub machen; in einem derart "ausgestatteten" Zimmer; zum Frühstück Brötchen, Butter, Marmelade und Sonntags ein Ei; zum Mittagessen Leberkäs, Linseneintopf mit Würstchen oder dergleichen; abends die "gemischte Platte".
Ich schreibe das deshalb, lieber Gansguoter, weil ich mir solche Dinge auch selbst immer wieder klarmachen muß. Wir projizieren das, was uns heute an Standards selbstverständlich ist, gern in die Vergangenheit; erinnern uns aber noch an die damaligen niedrigen Preise.
Zitat von GansguoterIch sehe allerdings nicht, dass die Europ. Einigung als "Europa der Vaterländer" Regelungen über Glühbirnen oder Seilbahnen notwendig machen würde
Kommt darauf an. Die Seilbahn-Richtlinie oder das Glühbirnen-Verbot sind für mich deutliche Beispiele der Kompetenzüberschreitung - da müßte eigentlich die Subsidiarität greifen.
Andererseits finde ich es schon gut, wenn europaweit gewisse Standards normiert werden, wenn die griechische Glühbirne genauso in meine Lampenfassung paßt wie die schwedische.
Zitat verstehe nicht, warum Bauvorhaben der öfftl. Hand - eine Turnhalle für eine Schule im Rheinland oder dergleichen - europaweit ausgeschrieben werden müssen, so dass der Billigheimer von Irgendwo den Zuschlag bekommt und nicht der ortsansässige Bauunternehmer.
Weil dann nicht der lokale Filz zum Zuge kommt, sondern der Steuerzahler so preisgünstig versorgt wird wie möglich. Denn wenn die Verwaltung ordentlich ausschreibt, ist der "Billigheimer" nicht schlechter in der Qualität. Und der ortsansässige Unternehmer hat ohnehin einen Kostenvorteil wegen der kurzen Wege - zusätzliche Bevorzugung zulasten der Steuerkasse muß nicht sein.
Zitat Ehrlich gesagt habe ich auf bis heute nicht verstanden, welchen Vorteil mir der Euro bringt.
Für den deutschen Export ist die Sicherheit vor Währungsschwankungen und die leichtere Abwicklung schon enorm hilfreich. Und sicher kann man als Privater mit mehreren Währungen umgehen - aber lästig war es doch. Man mußte seine Urlaubsausgaben recht genau vorausplanen. Zuviel eingetauscht gab zweimal Tauschverluste (und die Münzen hat die Bank gar nicht mehr genommen), zuwenig eingetauscht bedeutete lästiges Wechselstellensuchen im Urlaubsland. Alles nicht wirklich schlimm, aber einfach unnötiger Ärger.
Oder umgekehrt gesagt: Wenn man vom einmaligen Umstellungsaufwand absieht, gibt es eigentlich überhaupt keinen vernünftigen Grund, KEINEN Euro zu haben. Die frühere Aufsplitterung in Einzelwährungen hatte nur Nachteile, keinen einzigen Vorteil.
Früher mußte ich bei einem Südtirol-Ausflug nicht nur Lira, sondern auch Schillinge besorgen (falls man beim kurzen Transit mal Geld braucht). Heute fahre ich nach Belieben los, kann die Grenzen völlig ignorieren, ungestört hin und zurück fahren - und überall mit meinem normalen Geld bezahlen. Sehr angenehm.
Zitat ... und jetzt sehe ich uns für die PIIGS zahlen.
Was aber überhaupt nichts mit dem Euro zu tun hat!
Die dümmlichen Ausreden von Merkel und Co. wg. der angeblichen "Euro-Rettung" sind völlig substanzlos. Wir zahlen Milliarden an die PIGS, weil die unverantwortlich gewirtschaftet haben und weil die Bundesregierung Staatsbankrotte dort fürchtet. Aber das hat fast nichts damit zu tun, ob diese Schulden in Euro, in Dollar oder in Kauri-Muscheln gezählt werden.
Zitat ...wenn die griechische Glühbirne genauso in meine Lampenfassung paßt wie die schwedische.
Lampensockel (Edison-Gewinde) sind doch schon seit ewigen Zeiten genormt!
Zitat Denn wenn die Verwaltung ordentlich ausschreibt, ist der "Billigheimer" nicht schlechter in der Qualität.
Europaweite Ausschreibungen sind wegen des dann geltenden Rechts bei allen gefürchtet, die damit zu tun hatten, jedenfalls bei allen, die ich kenne.
Zitat Aufsplitterung in Einzelwährungen hatte nur Nachteile, keinen einzigen Vorteil.
Naja, zumindest hätte so ein Land die Möglichkeit, seine Währung abzuwerten. Es wäre alleine für deren Wert zuständig.
Zitat Die dümmlichen Ausreden von Merkel und Co. wg. der angeblichen "Euro-Rettung" sind völlig substanzlos. Wir zahlen Milliarden an die PIGS, weil die unverantwortlich gewirtschaftet haben und weil die Bundesregierung Staatsbankrotte dort fürchtet.
Zitat von Thomas PauliLampensockel (Edison-Gewinde) sind doch schon seit ewigen Zeiten genormt!
Schon richtig - ich wollte ein Beispiel für sinnvolle Normierung nehmen und habe am Glühbirnen-Thema angeknüpft.
Zitat Europaweite Ausschreibungen sind wegen des dann geltenden Rechts bei allen gefürchtet, die damit zu tun hatten, jedenfalls bei allen, die ich kenne.
Zu einem Teil liegt das wohl daran, daß die die gute Idee durch merkwürdige Vorschriften bzw. Rechtsauslegungen vermurkst wurde. Aber ansonsten ist schon klar, daß die Ausschreiber und Bewerber mehr Arbeit haben als beim altgewohnten Filz. Aus Bürgersicht ist das aber durchaus sinnvoll.
Zitat Naja, zumindest hätte so ein Land die Möglichkeit, seine Währung abzuwerten.
Diese Möglichkeit war immer ein billiger Ausweg von Regierungen, Fehler in der Wirtschaftspolitik zu kaschieren. Mit beträchtlichem Schaden für die Bürger, deren Kaufkraft entwertet wurde. Ich bin kein Anhänger des Goldstandards - aber dieser hat genau wie Währungsverbünde à la Euro den Vorteil, daß die Regierungen bei der Währung nicht mogeln können und langfristig tragfähige Politik machen müssen.
Zitat Zitat von Thomas Pauli Lampensockel (Edison-Gewinde) sind doch schon seit ewigen Zeiten genormt!
Schon richtig - ich wollte ein Beispiel für sinnvolle Normierung nehmen und habe am Glühbirnen-Thema angeknüpft.
Man sieht. es geht auch locker ohne EU. Ich habe übrigens Zweifel, ob die jetzt durchgesetzte Normung der Handy-Netzteile (genauer: des Steckers) wirklich ein Fortschritt ist, oder diesen eher bremst!
Zitat Zitat Naja, zumindest hätte so ein Land die Möglichkeit, seine Währung abzuwerten.
Diese Möglichkeit war immer ein billiger Ausweg von Regierungen, Fehler in der Wirtschaftspolitik zu kaschieren. Mit beträchtlichem Schaden für die Bürger, deren Kaufkraft entwertet wurde. Ich bin kein Anhänger des Goldstandards - aber dieser hat genau wie Währungsverbünde à la Euro den Vorteil, daß die Regierungen bei der Währung nicht mogeln können und langfristig tragfähige Politik machen müssen.
Einverstanden! nur haben Währungsverbände das Problem eingebaut, daß andere für die Fehler wieder anderer haften müssen, ganz genau wie im Länderfinazausgleich. Da tausche ich lieber Münzen!
Zitat von Thomas PauliMan sieht. es geht auch locker ohne EU.
Manchmal schon. Das Beste ist wohl in der Regel, wenn sich Standards am Markt durchsetzen.
Wenn aber überhaupt der Staat Vorgaben macht, dann doch lieber über möglichst große Flächen. Ich bin auch skeptisch, ob das mit den Handy-Netzteilen eine gute Idee ist. Aber es wäre noch schlimmer, wenn jeder EU-Staat im Alleingang eine Norm festlegen würde. Das ist das Grundproblem dieser Diskussion: Als Alternative zu EU-Regelungen hat man oft nicht die bessere Lösung "keine Regelung", sondern diverse Einzelstaats-Regelungen.
Zitat nur haben Währungsverbände das Problem eingebaut, daß andere für die Fehler wieder anderer haften müssen
Haben sie nicht unbedingt. Im Gegenteil schloß der Original-Euro-Vertrag genau dies explizit aus. Eigentlich war das ein ziemlich gut konstruierte Währungsverbund - bis Merkel sich über den Tisch ziehen ließ und den Vertragsbruch mitmachte.
Zitat Haben sie nicht unbedingt. Im Gegenteil schloß der Original-Euro-Vertrag genau dies explizit aus. Eigentlich war das ein ziemlich gut konstruierte Währungsverbund - bis Merkel sich über den Tisch ziehen ließ und den Vertragsbruch mitmachte.
Stimmt, aber mußte Merkel eigentlich wirklich umfallen? Es ging ja auch mittels eines simplen Verrechnungskontos bei der Bundesbank, auf dem, hastenichgesehen, plötzlich 360 Mrd Euros im Soll standen. Komplexität ist eben unübersichtlich. Wer weiß, wo überall noch solche "Abflüsse" stattfinden?
Zitat von Zettel, wenn ich in Frankreich bin. Für mich ist das, sagen wir, die andere Hälfte meines Wesens. ("Wesen" - da geht es los. Qu'est que ça veut dire en Français? Tja ...)
Wobei schönes Französisch ja bekanntermaßen in erster Linie in Belgien gesprochen wird.
Zitat von AndreasJ Im inzwischen gelöschten Blog "Freiheit. Markt. Recht." habe ich vor einigen Jahren eine Kurve zur Geldmengenausweitung der EZB gesehen. Die Webseite habe ich nicht wieder gefunden, ...
Und mit Hilfe dieses Links und der Wayback machine erweckt man den Blog wieder zum Leben... http://replay.waybackmachine.org/2008121.../impressum.html Natürlich enthält die wayback machine nicht alles; aber um mal einen Eindruck davon zu bekommen, was das war, reicht es.
Zitat Das erklärt - zum Teil - den Preisanstieg in diesem Bereich. Die Wirkung ist gleichwohl fatal: Wer sich nicht mit den Problemen der Gastronomie auskennt, der stellt nur fest, dass in einer Reihe von Bereichen man heute mehr oder weniger in Euro den Betrag zahlt, den man früher in DM bezahlt hat.
Deutschland liegt, mit seiner Verkaufsfläche je EW, im oberen Bereich weltweit. Das bedeutet eine sehr viel stärkere Konkurrenz/Preiskampf als anderswo. Natürlich hat aber das Knabbern der Hersteller & Händler an der eigenen Marge seine Grenzen, wenn man nicht Pleite gehen will. Wenn ein Konsument wiederum den Eindruck hat, dass z.B. der Pizzabäcker sich, wie man so schön sacht, "dumm & dusslig" verdient, dann verstehe ich nicht, warum der nicht eine eigene Pizzeria aufmacht; dafür braucht man ja nicht steinreich zu sein. Das trifft natürlich auch auf alle anderen Branchen zu. Wenn sich aber nicht alle "Zukurzgekommenen" selbständig in einer "Absahnerbranche" machen, dann kann das doch nur bedeuten, dass sie entweder einen tollen Job haben, oder dass sie doch den Verdacht hegen, es könnte nicht weit her sein, mit dem Profit; andernfalls gäbe es viel mehr entsprechende Verkaufsstellen & gleichzeitig keine Schließungen & Pleiten. Aus diesen Gründen empfinde ich keine Preise, die sich am freien Markt in Deutschland durchsetzen, als überhöht oder gar "frech". Dass wir immer weniger Geld zur Verfügung haben, liegt v.a. an gestiegenen Ausgaben für Energie, Soziales und Gesundheit, aber das ist wieder ein anderes Thema.
Zitat Das trägt nun nicht zum Vertrauen in den Euro bei.
Warum sollte es Aufgabe der (freien) Wirtschaft sein, zum Vertrauen in den Euro beizutragen? Ist sie unser aller Mamma?
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