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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 87 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.05.2011 11:54
#26 RE: Gesetzlose Kombattanten Antworten

Zitat von Martin
"gibt es daran wirklich Zweifel?" als Frage an mich als Individuum: Es gibt nun mal keine mir zugängliche gerichtliche Feststellung. Der von Ihnen referenzierte Wikipedia Beitrag fasst die Situation ja schon am Anfang zusammen:

Zitat
He has been indicted in United States federal court for his alleged involvement in the 1998 U.S. embassy bombings in Dar es Salaam, Tanzania and Nairobi, Kenya, and is on the U.S. Federal Bureau of Investigation's Ten Most Wanted Fugitives list.

Although bin Laden has not been indicted[4] for the September 11, 2001 attacks, he has claimed responsibility for them[5] in videos released to the public.[6]



Ich habe die wesentlichen Aussagen fett hervorgehoben. Vor einem ordentlichen Gericht ist das erst mal eine schwache Ausgangsposition: Vermutungen und vielleicht Behauptungen eines Großmauls? Beim letzteren könnte man ja argumentieren, 'selbst Schuld', wenn der Mann sich so auf die Fahndungsliste redet. Trotzdem, ich meine, damit ist zwar gerechtfertigt auf die internationale Fahndungsliste zu kommen, aber reicht das zur Erklärung zum gesetzlosen Kombattanten?


Wenn Osama Bin Laden irgendein Unbekannter wäre, der sich dieser Tat rühmt, dann vielleicht nicht. Aber er hatte damals ja schon eine lange Geschichte als Terrorist hinter sich, die in dem Artikel auch beschrieben wird.

Bin Laden wurde zwar nicht wegen 9/11 angeklagt, weil da die Beweise in der Tat fehlen (außer eben seinem eigenen Bekenntnis); aber es existiert eine Anklage (indictment) und ein Haftbefehl gegen ihn wegen seiner Beteiligung an den Anschlägen 1998 in Dar es Salaam und Nairobi.



Mir scheint aber, lieber Martin, diese ganze juristische Betrachtungsweise neben der Sache zu liegen. Im Krieg muß man einem Feind kein persönliches Verschulden nachweisen, um das Recht zu haben, ihn zu töten. So schlimm das auch ist - es ist nun mal so im Krieg.

Ich halte die Nürnberger Prozesse für ganz verhängnisvoll. Nicht nur, weil sie das Rechtsprinzip nulla poena sine lege mit Füßen getreten haben; nie zuvor in der Weltgeschichte war das Führen eines Angriffskriegs als ein strafwürdiges Verbrechen angesehen worden. Sondern weil diese ganze Herangehensweise, die Verantwortlichen eines besiegten Feindes nicht der verdienten Rache, sondern einem Strafprozeß zu unterwerfen, falsch ist.

Man kann nun einmal nicht die nationalen Rechtsnormen auf Handlungen in einem Krieg übertragen. Hätte man es ehrlich tun wollen, dann hätte man nach 1945 auch die Verantwortlichen für die alliierten Flächenbombardements, die als gezielte Kriegsführung gegen die Zivilbevölkerung zweifelsfrei Kriegsverbrechen gewesen waren, vor Gericht stellen müssen.

Der General Harris hätte dann neben dem General Keitel hängen müssen, statt daß man ihm später ein Denkmal gesetzt hat.

Es war völlig legitim, die Verantwortlichen für die Verbrechen der Nazis hinzurichten; aber dazu bedurfte es nicht der Farce eines Prozesses. Es war ein Schauprozeß, und so etwas darf es in demokratischen Rechtsstaaten nicht geben. Es war ein Witz, daß sowjetische Ankläger als Hüter der Menschenrechte auftreten durften.

Ebenso absurd wäre es gewesen, Osama Bin Laden vor Gericht zu stellen. Er war kein Krimineller, sondern ein militanter Feind des Westens, der Aufklärung, des Fortschritts. Er ließ nicht um seines persönlichen Vorteils willen töten, sondern als Partei in einem Krieg.

Herzlich, Zettel

Martin Offline



Beiträge: 4.129

10.05.2011 12:24
#27 RE: Gesetzlose Kombattanten Antworten

Zitat von Zettel
Ebenso absurd wäre es gewesen, Osama Bin Laden vor Gericht zu stellen. Er war kein Krimineller, sondern ein militanter Feind des Westens, der Aufklärung, des Fortschritts. Er ließ nicht um seines persönlichen Vorteils willen töten, sondern als Partei in einem Krieg.

Herzlich, Zettel



Lieber Zettel,

meine Diskussion schloss an an den Link von vielleichteinlinker, dem Versuch einer nachvollziehbaren Rechtfertigung für die Liquidation bin Ladens. Ich habe hier nur versucht, die Diskussion in diesem Rahmen zu halten.

Die Realität ist aber tatsächlich eben so, dass das Recht des Stärkeren (Siegers) im internationalen Umfeld nach wie vor über allem steht. Im Fall bin Laden bestimmen die USA, wer vogelfrei ist. Und wie in meiner Erinnerung seitens der USA (oder war es Israel?) schon mal angedeutet worden war: Sollte ein Bürger vor das UN-Tribunal gestellt werden dann wird er eben mit Waffengewalt herausgeholt. Neben dem Recht des militärisch Stärkeren gibt es natürlich weitere Abstufungen: Pakistan werden die Finanzhilfen gestrichen wenn es allzu ruppig ist.

Gruß, Martin

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

10.05.2011 12:30
#28 RE: Gesetzlose Kombattanten Antworten

Zitat von Zettel
Obama war nach damaligem Sprachgebrauch ein Partisan. Er war ein irregulärer feindlicher Kämpfer, der Freischärler befehligte



Ich weiß ja, wie kritisch du dem aktuellen US-Präsidenten gegenüberstehst, lieber Zettel, aber das ist jetzt doch ein wenig übertrieben.... Aber wahrscheinlich war das nur Werbung für deine Freud-Serie

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

10.05.2011 15:47
#29 RE: Gesetzlose Kombattanten Antworten

Zitat von Martin
Die Realität ist aber tatsächlich eben so, dass das Recht des Stärkeren (Siegers) im internationalen Umfeld nach wie vor über allem steht.


Das würde ich so nicht sagen.
Es ist richtig, daß starke Staaten manchmal mit unrechtmäßigen Aktionen "durchkommen". Wobei "stark" sich nicht unbedingt auf die absolute militärische etc. Stärke beziehen muß, da reicht oft auch eine partielle Überlegenheit in einem Bereich/einer Region.
Aber völkerrechtliches Unrecht bleibt es trotzdem.

Zitat
Im Fall bin Laden bestimmen die USA, wer vogelfrei ist.


Nein. Das hat bin Laden selber bestimmt, sein Status als illegaler Kombattant leitet sich aus seinen eigenen Taten her, nicht aus der Größe seines Feinds. Wenn sich bin Ladens Angriffe gegen Monaco gerichtet hätten, wäre die Rechtslage völlig identisch - nur wäre Monaco nicht in der Lage, sich zu wehren.

Zitat
Sollte ein Bürger vor das UN-Tribunal gestellt werden dann wird er eben mit Waffengewalt herausgeholt.


Das ist so nicht gesagt. Die USA haben sich diese Option vorbehalten, weil dieses Tribnual nicht von ihnen anerkannt wird und bei (UN-typischem) krassen Mißbrauch bzw. wenn dort Unrecht geschieht, wäre eine bewaffnete Befreiung als ultima ratio eben nicht ausgeschlossen. Und je nach genauen Umständen vielleicht auch völkerrechtlich legal.
Entgegen manchen landläufigen Vorstellungen sind UN-Institutionen oder -Beschlüsse nicht gleichbedeutend mit dem Völkerrecht oder stehen über diesem.

Zitat
Pakistan werden die Finanzhilfen gestrichen wenn es allzu ruppig ist.


Das ist aber nun keine völkerrechtliche Frage. Auf diese Hilfen hat Pakistan ja keinen Rechtsanspruch, die sind ein freiwilliges Geschenk der USA und können selbstverständlich nach Gutdünken eingestellt werden.

vielleichteinlinker ( gelöscht )
Beiträge:

10.05.2011 15:52
#30 RE: Gesetzlose Kombattanten Antworten

Zitat
Ebenso absurd wäre es gewesen, Osama Bin Laden vor Gericht zu stellen. Er war kein Krimineller, sondern ein militanter Feind des Westens, der Aufklärung, des Fortschritts. Er ließ nicht um seines persönlichen Vorteils willen töten, sondern als Partei in einem Krieg.



Seine Frau aus Hass zu erschlagen ist auch ein Verbrechen und macht den Verbrecher zum Kriminellen. Auch drei JUgendliche die einen Rentner in der U-Bahn niederprügeln sind Kriminelle. Ebenso die Randalierer am 1. Mai die Autos anzünden und Steine nach Polizisten werfen. Ich verstehe Ihr Argument aber an der Stelle passt es nicht ganz.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

10.05.2011 15:59
#31 RE: Gesetzlose Kombattanten Antworten

Zitat von vielleichteinlinker
Seine Frau aus Hass zu erschlagen ist auch ein Verbrechen und macht den Verbrecher zum Kriminellen.


Ich würde mal sagen: Bin Laden war beides. Dafür gibt es ja auch den Begriff des Kriegsverbrechers.
Einen solchen kann man gefangen nehmen und bestrafen (wie das bei zivilisierten Staaten mit eigenen Soldaten geschieht, die im Krieg Verbrechen begehen) oder man kann sie als Kombattanten behandeln (wie das gewöhnlich die Kriegsgegner machen, weil sie an die Betreffenden nicht mit normaler Polizeitätigkeit herankommen).

Es streitet wohl niemand ab, daß eine Gefangennahme bin Ladens mit Prozeß in den USA AUCH eine legale Handlungsoption gewesen wäre. Aber eben mit vielen Nachteilen und Risiken versehen.
Sein Tod durch einen militärischen Angriff war aber eben AUCH eine legale Handlungsoption, die beiden Varianten schließen sich gegenseitig nicht aus.

vielleichteinlinker ( gelöscht )
Beiträge:

10.05.2011 16:31
#32 RE: Gesetzlose Kombattanten Antworten

Zitat
Sein Tod durch einen militärischen Angriff war aber eben AUCH eine legale Handlungsoption, die beiden Varianten schließen sich gegenseitig nicht aus.


[Nachtrag: Das sehe ich auch so]


Nur Zettel scheint mit dem "Kriegsverbrecher" Bin Ladin (Ich meide den Osama...) so seine Schwierigkeiten zu haben.

WFI Offline



Beiträge: 187

10.05.2011 19:44
#33 RE: Wort zum Sonntag - Wort zum Montag Antworten

Zitat
Ein hoher Kommandeur des Feindes wurde getötet; vollkommen legitim in einem Krieg. Daß statt eines Bombardements eine Kommandoaktion gewählt wurde, ändert nichts daran, daß es ein Kriegseinsatz war; er wurde ja auch von regulären Soldaten durchgeführt.



Das erscheint mir wichtig: In den letzten Jahren sind zahlreiche Terroristen (und vermutlich auch der eine oder andere Unschuldige) durch Lenkwaffen getötet worden. Aus irgendeinem Grund erregt die Tötung durch Hellfire-Raketen die Gemüter schon lange nicht mehr. Für mich geht das in Ordnung. Aber warum soll die präzise und relativ gewaltfreie Erschiessung eines einwandfrei identifizierten Massenmörders nun plötzlich inakzeptabel und barbarisch sein? Völlig unlogisch.

Ausserdem sollten die Europäer und besonders die Deutschen lieber vor der eigenen Haustür kehren. Derzeit ertrinken lybische Flüchtlinge zu Dutzenden im Mittelmeer - Menschen die wir sehr wohl retten könnten. Andere werden im Iran oder Syrien masskriert. Warum kümmert uns ausgerechnet der tote Bin Laden? Das ist wohl eher ein Fall für den Psychologen.

isildur Offline



Beiträge: 366

10.05.2011 20:29
#34 RE: Wort zum Sonntag - Wort zum Montag Antworten

Eine Frage am Rande:Die Kritik an der evangelischen Kirche kann ich als Mitglied voll und ganz nach vollziehen. Ich stehe ihr auch sehr kritisch gegenüber, allerdings bin ich was Theologie angeht noch recht unbefleckt(wenn man von ein wenig Lektüre von Meister Eckart und Nicolas Gomez Davila mal absieht). Gibt es in der aktuellen evangelischen Kirche auch noch Kräfte, die es sich zu lesen(oder hören) lohnt? Oder Lektüre die darin einführt was überhaupt den Protestantismus ausmacht im Gegengensatz zur katholischen Kirche? Ehrlich gesagt habe ich in der Kirche(bei aller persönlicher Sympathie für den Pfarrer) außer modernem Gefasel wenig gehört und noch weniger Substanzielles(bei katholischen Beiträgen erahne ich solches zumindest noch gelegentlich).
Meine Frage richtet sich an Herr aber auch an allen anderen die hier vielleicht Aufklärung leisten können und mögen.

Liebe Grüße,
Isildur

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

10.05.2011 20:42
#35 RE: Wort zum Sonntag - Wort zum Montag Antworten

Zitat von isildur
Die Kritik an der evangelischen Kirche kann ich als Mitglied voll und ganz nach vollziehen. Ich stehe ihr auch sehr kritisch gegenüber, allerdings bin ich was Theologie angeht noch recht unbefleckt(wenn man von ein wenig Lektüre von Meister Eckart und Nicolas Gomez Davila mal absieht).


Gómez Dávila und Protestantismus, das ist eine gute Kombination So gern ich ihn habe, als Theologen würde ich ihn nicht lesen...

--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

isildur Offline



Beiträge: 366

10.05.2011 20:58
#36 RE: Wort zum Sonntag - Wort zum Montag Antworten

Mir ist schon bewusst, dass er nicht gerade ein Freund des Protestantismus ist und auch, dass er sich wohl eher als Philosoph denn als Theologe versteht. Zur Erläuterung sollte ich wohl anfügen, dass ich zu der Kirche und dem Christentum gar keine wirkliche Beziehung hatte bis mir meine ehemalige(nicht gläubige, von Kant und Platon stark geprägte), großartige Philosophielehrerin den Weg in die Philosophie geöffnet hat und ich dann über die Querverbindungen mich begann auch für Religion und speziell den christlichen Glauben zu interessieren.
Ich habe Ihren Beitrag nicht verbissen ernst genommen, wollte aber dennoch diese klein Erläuterung anfügen.

Gruß,
Isildur

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

10.05.2011 21:10
#37 RE: Wort zum Sonntag - Wort zum Montag Antworten

Zitat von isildur
Mir ist schon bewusst, dass er nicht gerade ein Freund des Protestantismus ist und auch, dass er sich wohl eher als Philosoph denn als Theologe versteht.


Möglicherweise nicht einmal das, sondern nur als Aphoristiker. Gómez Dávila war sich sicher dessen bewusst, dass Philosophie der Bau von Systemen ist (und er war m.E. zu klassisch gebildet und zu reaktionär, um zu glauben, er könnte ernstzunehmenderweise systemlos Philosophie betreiben), und gerade Systeme hat er nie erstellt. Daher denke ich, dass er sich selbst wahrscheinlich auch nicht als Philosoph verstand.

Zitat von isildur
Zur Erläuterung sollte ich wohl anfügen, dass ich zu der Kirche und dem Christentum gar keine wirkliche Beziehung hatte bis mir meine ehemalige(nicht gläubige, von Kant und Platon stark geprägte), großartige Philosophielehrerin den Weg in die Philosophie geöffnet hat und ich dann über die Querverbindungen mich begann auch für Religion und speziell den christlichen Glauben zu interessieren.


Hm. Möglicherweise würde Sie das Leseprogramm eines katholischen Great Books-orientierten College interessieren? Zumindest die Kirchenväter sind ja auch für unsere protestantischen und orthodoxen Freunde relevant. Und wenn ein Protestant mich nach Lektüreempfehlungen fragt, würde ich ziemlich sicher Newmans Development of Christian Doctrine nennen...

Zitat von isildur
Ich habe Ihren Beitrag nicht verbissen ernst genommen, wollte aber dennoch diese klein Erläuterung anfügen.


Das freut mich, danke schön! Ich hatte tatsächlich ein bisschen Angst, dass Sie mir das krumm nehmen, aber ich konnte nicht anders...

--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Malte ( gelöscht )
Beiträge:

10.05.2011 21:26
#38 RE: Wort zum Sonntag - Wort zum Montag Antworten

Zitat von Herr
Aber ich wünsche mir von Herzen, dass evangelisches Christentum nicht nur in der Weise wahrgenommen wird, wie Sie es repräsentieren.

Geier hat da ein gutes Zitat rausgefischt

Zitat von Geier
Die Aufgabe des Hirten ist ja nicht das Streicheln der Schafe, sondern das Kämpfen gegen Wölfe.
(Prof. Dr. Dr. Daniel v. Wachter in einem Leserbrief an idea Spektrum)



22:26Uhr hinzugefügt:
Sorry, hatte die Quelle vergessen: http://www.geiernotizen.de/citat-xxv

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

10.05.2011 21:44
#39 RE: Wort zum Sonntag - Wort zum Montag Antworten

Zitat von Geier
Die Aufgabe des Hirten ist ja nicht das Streicheln der Schafe, sondern das Kämpfen gegen Wölfe.
(Prof. Dr. Dr. Daniel v. Wachter in einem Leserbrief an idea Spektrum)


--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Malte ( gelöscht )
Beiträge:

10.05.2011 21:59
#40 RE: Wort zum Sonntag - Wort zum Montag Antworten

Zitat von stefanolix
In Dresden wird im Juni ein Kirchentag stattfinden, zu dem 100.000 Dauergäste und bis zu 300.000 Teilnehmer an Veranstaltungen erwartet werden. Überflüssig sieht anders aus.

Heißa, ich freu mich drauf.
Da wird disputiert über den Ausstieg aus der Atomenergie,
da wird das Ende des israelischen Apartheidsystems mit der gleichen Inbrunst gefordert wie mehr Solidarität mit dem arabischen Volk von Palästina,
da werden Frauenquoten in Führungspositionen nahegelegt,
da werden Schwule und Lesben hofiert,
da wird das NPD-Verbot begründet,
da wird der US-Imperialismus kritisiert,
da wird mir Entwicklungshilfe angemahnt,
da wird gegen häusliche Gewalt protestiert,
da werden mehr Kinderkrippenplätze angefordert,
da wird der Kapitalismus als profitgierig und frauenfeindlich entlarvt,
da wird gegen Islamophobie gekämpft,
da wird das Fehlen sozialer Gerechtigkeit bejammert,
da wird Alltagsrassismus herbeischwadroniert,
da wird uns die Notwendigkeit der Masseneinwanderung ausländischer Unterschichten erklärt,
da geht es um alternative Energien.

Das muss sein, denn genau da macht ja das Christentum aus.
Oder war da noch was?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

10.05.2011 22:10
#41 RE: Gesetzlose Kombattanten Antworten

Zitat von WFI
Warum kümmert uns ausgerechnet der tote Bin Laden? Das ist wohl eher ein Fall für den Psychologen.

Und für den Politologen, den Historiker. Denn es waren ja die USA, die Osama Bin Laden töteten.

Daß die deutsche Reaktion nicht noch viel entrüsteter ausfiel, dürfte daran gelegen haben, daß verantwortlich der Präsident Obama war, also ein Guter. Man kann sich leicht ausmalen, was los gewesen wäre, wenn so etwas unter der Verantwortung von Bush geschehen wäre. Ich glaube, das wurde hier im Thread auch schon angesprochen.

Selbst die Hinrichtung von Saddam Hussein, die doch immerhin in der Verantwortung des iranischen Gerichts lag, wurde seinerzeit von den Bedenkenträgern kritisiert; ich habe das damals kommentiert:

http://zettelsraum.blogspot.com/2006/12/...odesstrafe.html

Herzlich, Zettel

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

10.05.2011 22:40
#42 RE: Gesetzlose Kombattanten Antworten

Zitat von Malte

Zitat von stefanolix
In Dresden wird im Juni ein Kirchentag stattfinden, zu dem 100.000 Dauergäste und bis zu 300.000 Teilnehmer an Veranstaltungen erwartet werden. Überflüssig sieht anders aus.

Heißa, ich freu mich drauf.
Da wird disputiert über den Ausstieg aus der Atomenergie,
da wird das Ende des israelischen Apartheidsystems mit der gleichen Inbrunst gefordert wie mehr Solidarität mit dem arabischen Volk von Palästina,
da werden Frauenquoten in Führungspositionen nahegelegt,
da werden Schwule und Lesben hofiert,
da wird das NPD-Verbot begründet,
da wird der US-Imperialismus kritisiert,
da wird mir Entwicklungshilfe angemahnt,
da wird gegen häusliche Gewalt protestiert,
da werden mehr Kinderkrippenplätze angefordert,
da wird der Kapitalismus als profitgierig und frauenfeindlich entlarvt,
da wird gegen Islamophobie gekämpft,
da wird das Fehlen sozialer Gerechtigkeit bejammert,
da wird Alltagsrassismus herbeischwadroniert,
da wird uns die Notwendigkeit der Masseneinwanderung ausländischer Unterschichten erklärt,
da geht es um alternative Energien.

Das muss sein, denn genau da macht ja das Christentum aus.
Oder war da noch was?




Der Kirchentag hat eine Programmdatenbank: http://www.kirchentag.de/no_cache/progra...mdatenbank.html
- Wenn man nach Israel sucht (13 Treffer), sieht es nicht unfreundlich gegenüber Israel bzw. dem Judentum aus.

- Es gibt die Kategorien:
* Geistliche Angebote
* Kulturelle Angebote
* Markt der Möglichkeiten
* Thematische Angebote

Die erste Kategorie hat mehr als 400 Angebote. Mir scheint es, als ob da "noch etwas anderes" sein wird. Aber selbstverständlich wird es wohl in den restlichen Kategorien auch um Kultur, Homosexualität, Krieg und Frieden, Dritte Welt, Rassismus oder Gerechtigkeit gehen. Warum sollen Christen dazu nicht ihre Meinung äußern?

Ein so riesiges Treffen wird notwendigerweise immer auch Veranstaltungen enthalten, über die ich mich ärgern kann. Ich ärgere mich zum Beispiel darüber, dass das Thema Linksextremismus nicht behandelt wird, während ein Veranstaltungstitel lautet: "Darf man Nazis konfirmieren?" — Rechtsextremisten und Linksextremisten sind jeweils auf ihre Weise Feinde der Kirche und des christlichen Glaubens.

Wahrscheinlich wird jeder Teilnehmer dieses Forums Anlass haben, sich über einige Veranstaltungen zu ärgern und an anderen zu freuen. Aber das ist doch wirklich nicht ungewöhnlich. Sieh es gelassener ;-)

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

10.05.2011 23:03
#43 Darf man Nazis konfirmieren? Antworten

Zitat von stefanolix
Ich ärgere mich zum Beispiel darüber, dass das Thema Linksextremismus nicht behandelt wird, während ein Veranstaltungstitel lautet: "Darf man Nazis konfirmieren?" — Rechtsextremisten und Linksextremisten sind jeweils auf ihre Weise Feinde der Kirche und des christlichen Glaubens.


Darf man oder darf man nicht?

Wenn ein Nazi sich oder sein Kind zur Konfirmation anmeldet, dann kann man ja auch umgekehrt argumentieren, dass es mit der Feindschaft zur Kirche und zum christlichen Glauben vielleicht doch nicht so weit her ist... Was meinen die Experten dazu?

--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Kallias Offline




Beiträge: 2.309

10.05.2011 23:10
#44 RE: Wort zum Sonntag - Wort zum Montag Antworten

Zitat von isildur
Oder Lektüre die darin einführt was überhaupt den Protestantismus ausmacht im Gegengensatz zur katholischen Kirche? (...)
Meine Frage richtet sich an Herr aber auch an allen anderen die hier vielleicht Aufklärung leisten können und mögen.

Als junger Katholik habe ich die evangelische Kirche für eine blasse Kopie der katholischen gehalten: weder so tiefsinnig noch so bösartig wie diese. Ich hatte sie dann später nie auf meinem Radarschirm, bis 2006 in der Zeitung etwas von einem Reformprozess "Kirche der Freiheit" stand. Da lebt ja noch was! dachte ich, und begann mich ein wenig dafür zu interessieren.

Soviel zu meinem Vorwissen. Nahegebracht hat mir den Protestantismus dann das Buch "Erlösender Glaube?" von Peter L. Berger. Berger ist von Beruf Religionssoziologe, kein Theologe, doch in dem Buch betätigt er sich fachfremd als Laientheologe. Man braucht den Reflexionen Bergers im einzelnen überhaupt nicht zu folgen, aber er führt damit exemplarisch vor, wie der Protestant zum "persönlich verantworteten Glauben" kommen kann, aus welchen Quellen er dabei schöpft und wie die Qualitätssicherung bei einem solchen Glauben aussieht.

Den Unterschied zur katholischen Kirche sehe ich darin, daß dort ein professionell hergestelltes, hochwertiges Glaubensprodukt fertig geliefert wird, während man dem selbständigen Denken der Menschen bloß Seichtigkeit sowie die Tendenz zu mehr oder weniger gefährlichen Abwegen zutraut.

Herzliche Grüße,
Kallias

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

10.05.2011 23:15
#45 RE: Darf man Nazis konfirmieren? Antworten

Zitat von Gorgasal
Darf man oder darf man nicht?

Wenn ein Nazi sich oder sein Kind zur Konfirmation anmeldet, dann kann man ja auch umgekehrt argumentieren, dass es mit der Feindschaft zur Kirche und zum christlichen Glauben vielleicht doch nicht so weit her ist... Was meinen die Experten dazu?



Fahr doch einfach nach Dresden und diskutiere mit ;-)

Aber im Ernst: In der Kirche und besonders bei einer Konfirmation hat Politik nichts zu suchen. Insbesondere müssen alle politischen Symbole draußen bleiben. Unter dieser Voraussetzung denke ich: Wenn die Konfirmandin oder der Konfirmand alle Bedingungen erfüllt, was sollte im Weg stehen? Dass die Eltern eine extremistische Einstellung haben, kann man doch nicht den Kindern anlasten.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

10.05.2011 23:19
#46 RE: Darf man Nazis konfirmieren? Antworten

Ich zitiere hier mal aus der Veranstaltungsdatenbank, weil der Link recht seltsam aufgebaut ist:

Darf man Nazis konfirmieren?
Interaktives Planspiel zum Umgang mit Rechtsextremismus
- Arbeit in Ausschüssen
- Plenaraussprache: Wir spielen Lobby
- Abstimmung und Reflexion

Leitung: Dr. Dr. h.c. Reinhard Höppner, Ministerpräsident a.D., Magdeburg
Quelle: http://www.kirchentag.de/no_cache/progra...?tx_saltpgh_pi1[showUid]=136 (aufgrund der eckigen Klammern wird der Link nicht richtig angezeigt, bitte komplett kopieren …)

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

10.05.2011 23:29
#47 RE: Wort zum Sonntag - Wort zum Montag Antworten

Zitat von Kallias
Den Unterschied zur katholischen Kirche sehe ich darin, daß dort ein professionell hergestelltes, hochwertiges Glaubensprodukt fertig geliefert wird, während man dem selbständigen Denken der Menschen bloß Seichtigkeit sowie die Tendenz zu mehr oder weniger gefährlichen Abwegen zutraut.


"Hochwertig" natürlich . Aber dass "man dem selbständigen Denken der Menschen bloß Seichtigkeit sowie die Tendenz zu mehr oder weniger gefährlichen Abwegen zutraut", das würde ich so nicht unterschreiben. Die una sancta ist viel weniger monolithisch, als man glaubt... und diese Wundertüte von Traditionalisten, Charismatikern und weiß Gott was noch hält man nicht zusammen, indem man den Leuten das selbständige Denken madig macht.

Ganz abgesehen davon, dass ja auch das "professionell hergestellte, hochwertige Glaubensprodukt" zum großen Teil aus dem selbständigen Denken einiger weniger Individuen herrührt.

--
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Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

10.05.2011 23:30
#48 RE: Darf man Nazis konfirmieren? Antworten

Zitat von stefanolix
- Arbeit in Ausschüssen
- Plenaraussprache: Wir spielen Lobby
- Abstimmung und Reflexion


Uarg. Schauen Sie, und genau deswegen werde ich nicht nach Dresden fahren und mitdiskutieren.

--
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Herr Offline




Beiträge: 406

11.05.2011 01:14
#49 RE: Gesetzlose Kombattanten Antworten

Zitat von stefanolix
Wahrscheinlich wird jeder Teilnehmer dieses Forums Anlass haben, sich über einige Veranstaltungen zu ärgern und an anderen zu freuen. Aber das ist doch wirklich nicht ungewöhnlich. Sieh es gelassener ;-)


Eigentlich hätte ich am liebsten einen ähnlichen Beitrag geschrieben wie Sie, lieber stefanolix. Leider kommt mir das Themenangebot nach dem Durchblättern (http://www.kirchentag.de/programm/themen/interaktives-thementableau.html) doch einseitiger vor, als ich selber dachte

Herr Offline




Beiträge: 406

11.05.2011 01:54
#50 RE: Wort zum Sonntag - Wort zum Montag Antworten

Zitat von isildur
Eine Frage am Rande:Die Kritik an der evangelischen Kirche kann ich als Mitglied voll und ganz nach vollziehen. Ich stehe ihr auch sehr kritisch gegenüber, allerdings bin ich was Theologie angeht noch recht unbefleckt(wenn man von ein wenig Lektüre von Meister Eckart und Nicolas Gomez Davila mal absieht). Gibt es in der aktuellen evangelischen Kirche auch noch Kräfte, die es sich zu lesen(oder hören) lohnt? Oder Lektüre die darin einführt was überhaupt den Protestantismus ausmacht im Gegengensatz zur katholischen Kirche? Ehrlich gesagt habe ich in der Kirche(bei aller persönlicher Sympathie für den Pfarrer) außer modernem Gefasel wenig gehört und noch weniger Substanzielles(bei katholischen Beiträgen erahne ich solches zumindest noch gelegentlich).
Meine Frage richtet sich an Herr aber auch an allen anderen die hier vielleicht Aufklärung leisten können und mögen.

Liebe Grüße,
Isildur



Lieber Isildur, Sie glauben gar nicht, wie schwer es mir fällt, Ihre Frage zu beantworten.

Ich kenne in der gegenwärtigen evangelischen Theologie ehrlich gesagt kaum Autoren, die ich guten Gewissens einem Laien zum Lesen empfehlen kann. Was in der gegenwärtigen Theologie Qualität hat, ist zum großen Teil historische und linguistische Forschung.

Das Buch, das ich Ihnen jetzt empfehle, habe ich selber noch nicht gelesen. Aber ich kenne den Autor und traue ihm viel zu. Schauen Sie mal bitte hier und hier (Inhaltsverzeichnis und Einleitung), ob Sie damit etwas anfangen können.

Ansonsten – die sind allerdings schon etliche Jahrzehnte alt, aber ab 2000 wieder aufgelegt – von Emanuel Hirsch: Das Wesen des Christentums, und Das Wesen des reformatorischen Christentums. Aber Vorsicht: Der Autor war Parteigänger der Nazis, was man insbesondere dem ersten Titel an einigen Stellen deutlich anmerkt, und er pflegt einen auch für damalige Verhältnisse sehr altertümelnden Sprachstil. Der zweite Titel ist ein Werk von unglaublicher antikatholischer Rabulistik, das heute kein Mensch mehr so schreiben würde, das aber trotzdem gerade das Wesen des Protestantismus im Gegensatz zum Katholizismus deutlich herausarbeitet. Von ihm habe ich sehr viel gelernt.

Herzlichen Gruß!
Herr

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