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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 73 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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SF-Leser Offline



Beiträge: 175

15.09.2011 11:52
#26 RE: Marginalie: Rösler, Schäffler, die Lage der FDP Antworten

Moin Zettel,

mal auch so ein zwei Bemerkungen:

Wenn die Presse, egal was die FDP macht oder sagt, dies immer negativ darstellt, dann braucht (und sollte meiner Meinung nach) die FDP sich um die Presse eben nicht mehr kümmern.
Natürlich wird die Presse dann aufheulen: Na und, das geht vorbei. Und die meisten Leute, die überhaupt der FDP nahe stehen, wird das auch nicht (mehr) besonders interessieren.

Daß Frau Merkel eine Meisterin der Intrige sein muß, kann man ja wohl an der Anzahl der von zur Strecke gebrachten Politiker sehen.
Ich gehe anhand der Indizien davon aus, daß die Erklärung von Kallias der Wahrheit schon ziemlich nahe kommt.

Grüße

SF- Leser

Kallias Offline




Beiträge: 2.309

15.09.2011 12:01
#27 RE: Marginalie: Rösler, Schäffler, die Lage der FDP Antworten

Zitat von Zettel
Daß Merkel und Schäuble ihre Koalitionspartner hereinlegen wollten, erscheint mir wenig wahrscheinlich. Ihnen ist doch auch klar, daß ein Bruch der Koalition das Ende nicht nur dieser Regierung Merkel, sondern überhaupt bürgerlicher Regierungen auf eine unabsehbare Zeit bedeuten würde.

Den Koalitionsbruch streben sie vielleicht nicht an. Merkel hat es mit drei Machtfaktoren zu tun: den Medien, der CDU und den potentiellen Wählern der CDU. Solange alle drei dasselbe wollen, hat sie kein Problem. Andernfalls muß sie jonglieren. Der Atomausstieg z.B. war populär und wurde von den Medien vehement gefordert - für die CDU ist er dagegen ein heftiger Schlag gewesen. Die Laufzeitverlängerung zuvor diente ja gerade dazu, die angeschlagene Seele der Partei zu balsamieren. Nun ist sie wieder angeschlagen. Die "Europarettung" ist unpopulär bei den CDU-wählenden Steuerzahlern, entspricht aber der Medienmeinung und der Parteitradition (siehe G. Bannas: "Nach der Wehrpflicht und der Nutzung der Kernenergie, so lautete der Vorwurf an die Parteivorsitzende, gebe Frau Merkel mit „Europa“ einen weiteren „Markenkern“ der CDU preis."). In dieser Lage hat die Kanzlerin vielleicht versucht, den Wählern kurz "Insolvenz" zuzublinkern, um dann rasch den Rösler ins Feuer zu stellen, bevor sie selbst von Partei und Medien ins Visier genommen wird.

Alles Spekulation natürlich; die Züge der Meistertaktikerin sollte der Laie eigentlich erst analysieren, wenn der Gegner matt ist.

Herzliche Grüße,
Kallias

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.09.2011 12:36
#28 RE: Marginalie: Rösler, Schäffler, die Lage der FDP Antworten

Zitat von dirk

Zitat von Zettel
Da lobe ich mir wirklich Frank Schäffler. Sein Politikstil, und nicht der Röslers, kann die FDP wieder nach vorn bringen.

Lieber Zettel, ich kann mich nicht erinnern, dass Sie einmal m.E. so daneben lagen wie Sie es jetzt tun. Erstens: Würde Rösler das sagen, was Schäffler sagt (etwa die Ablehnung des ESM nachdem sich dsa Kabinett darauf geeinigt hat), dann wäre - und zwar zu recht - noch größer!


Die Gruppe um Schäffler (zu der zum Beispiel auch Burkhard Hirsch gehört) will ja mit offenem Visier kämpfen: Die Mitglieder sollen entscheiden. Kein Abgeordneter der FDP ist natürlich an ihren Entscheid gebunden. Aber jeder Abgeordnete weiß dann, wie seine Basis denkt.

Es sieht im Augenblick danach aus, daß der Bundesvorstand sich an dem Mitgliederentscheid in Form einer eigenen Beschlußvorlage beteiligen wird. Dann wird man ja sehen, was die Mitglieder der FDP bevorzugen.

Noch hat das Kabinett meines Wissens nicht über ESM entschieden. Die Kanzlerin wäre gut beraten, den Mitgliederentscheid in der FDP abzuwarten.

Zitat von dirk
Zweitens, Schaeffler ist ein Halodri (MLP sagt eigentlich schon alles), der nur deswegen einen guten Ruf genießt, weil er als erstes gegen die Rettungspakete opponiert hat. Dabei wird leider übersehen, dass er einem fast schon sektenähnlichen Kreis angehört, der die Abwicklung des Bankensystems befürwortet (siehe etwa den von FAB verlinkten Beitrag). Ihn sollte man daher schon mit großer Skepsis betrachten und ich warne davor, ihn hochzuloben.

Sie wissen ja, lieber Dirk, daß ich von Ökonomie nichts verstehe und nie den Eindruck erweckt habe, ich verstünde etwas davon.

Ich kann das alles nicht beurteilen; was MLP ist, habe ich erst googeln müssen.

Ich kann nur sagen, daß aus meiner Sicht solche Weichenstellungen mit weitreichenden Folgen für Deutschland und Europa nicht ohne eine kontroverse öffentliche Diskussion vorgenommen werden dürfen; bei Strafe einer weiteren Entfremung der Bürger von der Politik. Deshalb bin ich für diese Mitgliederbefragung; was nicht heißt, daß ich Schäfflers Text zustimme. Dazu fehlen mir, ... s.o.

Was mein Urteil über die Person Schäffler angeht: Er schreibt ja seit langem beim antibuerokratieteam; dort hat es auch Interviews mit ihm gegeben. Wenn das ein Hallodri ist, dann ist der Hase, der eben auf dem Feld vor meinem Fenster herumhoppelt, ein Grizzly.

Was Schäfflers Ansichten zu Banken usw. angeht ... s. o.

Herzlich, Zettel

Elmar Offline



Beiträge: 282

15.09.2011 12:56
#29 RE: Marginalie: Rösler, Schäffler, die Lage der FDP Antworten

Zitat von dirk
Zweitens, Schaeffler ist ein Halodri (MLP sagt eigentlich schon alles), der nur deswegen einen guten Ruf genießt, weil er als erstes gegen die Rettungspakete opponiert hat. Dabei wird leider übersehen, dass er einem fast schon sektenähnlichen Kreis angehört, der die Abwicklung des Bankensystems befürwortet (siehe etwa den von FAB verlinkten Beitrag). Ihn sollte man daher schon mit großer Skepsis betrachten und ich warne davor, ihn hochzuloben.


Ich sehe Herrn Schäffler etwas anders. Er will, dass die Banken marktwirtschaftlich arbeiten und nicht die Gewinne privatisieren und die Verluste sozialisieren. Die Risiken der Bankgeschäfte sollten die Banken tragen und nicht die öffentliche Hand (Aussnahmen: private Spareinlagen und Kredite and Unternehmen durch die jeweilige Bank)

Wenn in dem Zug Banken insolvent gehen, dann ist das normale Marktwirtschaft. Welch anderer privatwirtschaftliche Bereich hat das Privileg von Insolvenzen durch den Staat gerettet zu werden? Insolvenzen sind bedauerlich aber ein natürliches Ereignis der Marktwirtschaft und helfen die gut wirtschaftenden von den schlechten zu trennen.

Gruss,
Elmar

max Offline



Beiträge: 150

15.09.2011 13:35
#30 RE: Marginalie: Rösler, Schäffler, die Lage der FDP Antworten

Ich bin mir nicht sicher, ob Rösler nicht beginnt, "zu liefern". Könnte es sein, dass er den Bruch der Koalition vorbereitet? Die FDP ist unter anderem zu ihrem Wahlergebnis gekommen, indem sie Rückgrat geteigt hat und sich z.B. von Ypsilanti nicht kaufen liess. Verloren hat sie seither, weil sie ihre Forderungen aus dem Wahlkampf nicht einmal mehr versucht hat, erkennbar einzubringen. Was läge näher, sich als Vorbereitung für Neuwahlen (angesichts der Umfragen) auf die Position des ESM Verhinderers zu begeben? Kommt noch dazu, dass diese Position (meiner Meinung nach zu Recht) sehr populär ist?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.09.2011 14:00
#31 Planspielereien Antworten

Zitat von max
Ich bin mir nicht sicher, ob Rösler nicht beginnt, "zu liefern". Könnte es sein, dass er den Bruch der Koalition vorbereitet? Die FDP ist unter anderem zu ihrem Wahlergebnis gekommen, indem sie Rückgrat geteigt hat und sich z.B. von Ypsilanti nicht kaufen liess. Verloren hat sie seither, weil sie ihre Forderungen aus dem Wahlkampf nicht einmal mehr versucht hat, erkennbar einzubringen. Was läge näher, sich als Vorbereitung für Neuwahlen (angesichts der Umfragen) auf die Position des ESM Verhinderers zu begeben? Kommt noch dazu, dass diese Position (meiner Meinung nach zu Recht) sehr populär ist?

Das ist denkbar, lieber max. Ich frage mich aber, ob diejenigen, die in der FDP solche Planspiele anstellen (ich weiß, daß es sie gibt), die Sache bis zum Ende durchdenken.

Gäbe es die Aussicht auf eine Große Koalition, also einen Regierungswechsel ohne Neuwahlen wie 1966, als die FDP die Koalition mit der Union verließ, weil sie Steuererhöhungen nicht mittragen wollte, dann wäre eine solche Entscheidung möglicherweise vernünftig. Aber die SPD hat - ich habe das schon in einem anderen Beitrag geschrieben - nicht das geringste Interesse an einer Großen Koalition. Neuwahlen würden sie zurück an die Macht bringen.

Der Weg dorthin wäre, daß die Kanzlerin die Vertrauensfrage stellt, nachdem die FDP die Koalition verlassen hat. Sie wird sie verlieren; danach geht alles seinen verfassungsgemäßen Gang.

Wir würden dann sehr wahrscheinlich eine neue rotgrüne Regierung haben; falls es dazu nicht reichen sollte, eine Volksfront. Ob die FDP sich in der Opposition regenerieren oder ganz verschwinden würde (die Konkursmasse halb an die Grünen, halb an die Piratenpartei), wird man dann sehen. Zu einer neuen schwarzgelben Koalition wird es auf absehbare Zeit angesichts des Scheiterns der jetzigen dann nicht mehr kommen.

Das Land wird auf Jahrzehnte ohne die Liberalen regiert werden. Von Rotgrün, einer Volksfront oder - im besten Fall - Schwarzrot oder Schwarzgrün.

Ich hoffe, daß die Planspieler in der FDP das alles bedenken und wissen, was sie tun.

Herzlich, Zettel

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

15.09.2011 14:14
#32 RE: Marginalie: Rösler, Schäffler, die Lage der FDP Antworten

Zitat von Zettel
Wie sollen denn Merkel und Sarkozy noch glaubhaft mit Papandreou verhandeln, wenn dieser davon ausgehen kann, daß Deutschland mit einer baldigen Insolvenz Griechenlands rechnet?


Umgekehrt: Gerade wenn Papandreou klar ist, daß Deutschland eine Insolvenz notfalls auch zulassen würde, kann überhaupt vernünftig mit ihm verhandelt werden. Ansonsten wüßte er doch mit Sicherheit, daß er sein Geld bekommt - und bräuchte keine Zugeständnisse machen.

Zitat
Eine Bundesregierung ist doch kein Hühnerhaufen, in dem jeder gackern kann, wie es ihm gerade beliebt.
Richtig.
Und das muß Merkel endlich kapieren.

Es gehört zu den wesentlichen Kompetenzen einer Führungskraft beurteilen zu können, was er im Außenverhältnis vertreten kann und was nicht. Das gilt für einen kleinen Vereinsvorsitzenden genauso wie für einen Regierungschef. Diverse kleinere Sachen wird er in Verhandlungen eigenständig entscheiden weil er weiß, wie sein Vorstand oder seine Regierung zu Hause dazu denken. Wenn er mit dieser Einschätzung häufiger falsch liegt, wird er nicht lange Chef bleiben.
Bei größeren Entscheidungen wird er sich entweder mit wichtigen Akteuren seiner Mannschaft abstimmen, oder aber das Thema in der Außenverhandlung vertagen um intern einen Gremienkonsens zu bekommen.

Merkel hat in der "Eurokrise" nie so gehandelt. Sie hat wesentliche Festlegungen eigenmächtig getroffen, ohne Konsultation der Koalitionspartner, obwohl diese Festlegungen erkennbar problematisch für diese waren.
Auch so ein Krug geht nur so lange zum Brunnen, bis er bricht.

Rösler tut nun (hoffentlich) das, was wohl schon Westerwelle letztes Jahr hätte zu sollen: Er zeigt Merkel auf, daß sie mit solchem Verhalten die Koalition gefährdet.

In der Tat ist jetzt öffentlich, daß Merkel in den Verhandlungen mit Sarkozy und anderen nur noch beschränkt aktionsfähig ist, sie hat sozusagen keine Prokura mehr.
Es ist schlecht für Deutschland, daß seine Vertreter in den Verhandlungen nicht mit dem vollen Rückhalt der Regierung auftreten können. Aber wie schon gesagt: Der Fisch stinkt vom Kopfe her. Wenn Merkel sich nicht an die üblichen und nötigen Spielregeln hält, muß sie die Konsequenzen verantworten.

Zitat:Sich durch die Hintertür von der bisherigen Politik des Bundeskabinetts abzusetzen, indem man von einer Insolvenz redet und damit der eigenen Kanzlerin in den Rücken fällt ...


Das war ja nun umgekehrt!
Die bisherige Politik des Kabinetts war NICHT, daß eine Insolvenz Griechenlands völlig unmöglich wäre bzw. um jeden Preis ausgeschlossen werden müßte. Im Gegenteil war die Griechenland-Hilfe immer an Bedingungen geknüpft (die Griechenland nicht eingehalten hat!).
Es war auch die Ablehnung von Eurobonds Konsens. Und dann hat Merkel ein ESM verhandelt, daß inhaltlich genau auf Eurobonds hinausläuft. Die Kredite, die das ESM aufnehmen soll, sind selbstverständlich Eurobonds.

Die Kanzlerin ist also der Regierung und speziell der FDP in den Rücken gefallen.

Zitat
Daß Merkel und Schäuble ihre Koalitionspartner hereinlegen wollten, erscheint mir wenig wahrscheinlich.


Im konkreten Fall wird man das erst später entscheiden können.
Aber da Merkel und Schäuble die FDP schon häufiger hereingelegt haben, ist ein Wiederholungsversuch durchaus wahrscheinlich.

Zitat
Ihnen ist doch auch klar, daß ein Bruch der Koalition das Ende nicht nur dieser Regierung Merkel, sondern überhaupt bürgerlicher Regierungen auf eine unabsehbare Zeit bedeuten würde.


Es müßte ihnen klar sein - aber offenbar schreckt es sie nicht. Entweder verlassen sie sich darauf, daß die FDP noch mehr Angst vor einem Bruch hat und deswegen auch weiter zuverlässig erpreßbar ist. Oder sie haben die Zusagen der SPD schon in der Tasche.

C. Offline




Beiträge: 2.639

15.09.2011 14:16
#33 RE: Marginalie: Rösler, Schäffler, die Lage der FDP Antworten

Zitat von max
Ich bin mir nicht sicher, ob Rösler nicht beginnt, "zu liefern". Könnte es sein, dass er den Bruch der Koalition vorbereitet? Die FDP ist unter anderem zu ihrem Wahlergebnis gekommen, indem sie Rückgrat geteigt hat und sich z.B. von Ypsilanti nicht kaufen liess. Verloren hat sie seither, weil sie ihre Forderungen aus dem Wahlkampf nicht einmal mehr versucht hat, erkennbar einzubringen. Was läge näher, sich als Vorbereitung für Neuwahlen (angesichts der Umfragen) auf die Position des ESM Verhinderers zu begeben? Kommt noch dazu, dass diese Position (meiner Meinung nach zu Recht) sehr populär ist?



Zumindest könnte der Koalitionsbruch die Drohkulisse sein. Die FDP hat nichts mehr zu verlieren, sondern kann bei vorgezogenen Neuwahlen mehr gewinnen als wenn sie sich bis zu den offiziellen Wahlen weiterhin vorführen lässt. So kann sie vielleicht noch einen kleinen Rebellenbonus abgreifen. Wenn Rösler nach der Pfeife von Merkel und Schäuble tanzt, heißt es für immer Abschied nehmen.

Zitat von Zettel
Das Land wird auf Jahrzehnte ohne die Liberalen regiert werden. Von Rotgrün, einer Volksfront oder - im besten Fall - Schwarzrot oder Schwarzgrün.

Ich hoffe, daß die Planspieler in der FDP das alles bedenken und wissen, was sie tun.



Die Alternativen für die FDP, sind nicht Regierungsbeteiligung oder nicht, sondern Wiedereinzug in den Bundestag oder nicht. Die Chance auf einen Wiedereinzug ist beim vorzeitigem Verlassen der Koalition größer, da nicht zu erwarten ist, dass Merkel und Schäuble sich ändern.

Ich würde in diesem Fall sogar die FDP wählen, aber nur beim vorzeitigen Ausstieg, mit Sicherheit nicht, wenn sie bis zum Ende ausharrt. Es zeichnet sich für die FDP noch weitere Gefahr am Horizont ab, wenn sich bis dahin eine hochkarätige EU-kritische Partei bildet. Die Karten werden dann sowieso völlig neu gemischt und wenn die Piraten hinzukommen ist rot-grün und ein SPD-Kanzler auch nicht sicher. Die Volksfront schließe ich aus, ich glaube noch nicht einmal dass es der Linken gelingt, wieder in den Bundestag einzuziehen.

http://www.iceagenow.com/ Cooling is the New Warming

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

15.09.2011 14:25
#34 RE: Planspielereien Antworten

Zitat von Zettel
Aber die SPD hat - ich habe das schon in einem anderen Beitrag geschrieben - nicht das geringste Interesse an einer Großen Koalition.


Das vermute ich auch, aber sicher ist es nicht. Angesichts der offenen Machtfrage in der SPD und der Gefahr, von den Grünen an die Wand gedrückt zu werden, könnten diverse Spitzenpolitiker der SPD auch Neuwahlen scheuen und den direkten Weg zur Macht attraktiver finden.

Zitat
Der Weg dorthin wäre, daß die Kanzlerin die Vertrauensfrage stellt, nachdem die FDP die Koalition verlassen hat.


Wieso sollte Merkel das tun? Neuwahlen wären für die CDU ein Desaster, Merkel selber wäre am Ende ihrer politischen Laufbahn.
Wenn die FDP in der ESM-Frage hart bleibt, bleiben für Merkel zwei Optionen: Die große Koalition (falls die SPD mitmacht) - oder aber sie gibt in der Sache nach. An Stelle der FDP-Führung würde ich auf Letzteres spekulieren. Der ESM ist auch in der CDU sehr unpopulär. Falls Merkel die Koalition platzen läßt, nur um den ESM durchzukriegen, könnte sie in den eigenen Reihen großen Ärger kriegen.

Zitat
Zu einer neuen schwarzgelben Koalition wird es auf absehbare Zeit angesichts des Scheiterns der jetzigen dann nicht mehr kommen.

Das Land wird auf Jahrzehnte ohne die Liberalen regiert werden. Von Rotgrün, einer Volksfront oder - im besten Fall - Schwarzrot oder Schwarzgrün.


Das ist tatsächliches ein drohendes Szenario.

Nur: Welche Alternative hat die FDP?
Wenn die FDP so weitermacht wie bisher, passiert ihr das nämlich genauso, nur noch viel schlimmer. Sie muß Politik machen, die bei ihren Mitgliedern und Wählern höchst unpopulär ist. Sie wird von Merkel weiterhin daran gehindert, zu "liefern". Sie würde auch die weiteren Landtagswahlen verlieren und in zwei als Höhepunkt des politischen Scheiterns aus dem Bundestag fliegen.

Eine Ablehnung des ESM bedeutet zumindestens die Chance, diesem Schicksal zu entgehen.

max Offline



Beiträge: 150

15.09.2011 14:38
#35 RE: Planspielereien Antworten

Lieber Zettel, ich glaube, die FDP sieht ihre Lage mittlerweile realistischer als Sie. Um eine kurz- bis mittelfristige Regierungsbeteiligung geht es schon lange nicht mehr. Da hat mein Vorredner schon recht: es geht um den Wiedereinzug in den Bundestag. Dass die FDP noch viel an die Grünen oder die Piratenparei verlieren könnte, ist unwahrscheinlich, ist doch Erstere die nach? den Kommunisten unliberalste Partei und Zweitere sind gar keine.
Die Alternative wäre realistischerweise schlicht: weiter so. Mit dem Ergebnis, dass die FDP langsam verschwinden würde, und niemandem würde es auffallen.

FAB. Offline



Beiträge: 523

15.09.2011 14:39
#36 RE: Planspielereien Antworten

Zitat von R.A.
Wenn die FDP in der ESM-Frage hart bleibt, bleiben für Merkel zwei Optionen: Die große Koalition (falls die SPD mitmacht) - oder aber sie gibt in der Sache nach. An Stelle der FDP-Führung würde ich auf Letzteres spekulieren. Der ESM ist auch in der CDU sehr unpopulär. Falls Merkel die Koalition platzen läßt, nur um den ESM durchzukriegen, könnte sie in den eigenen Reihen großen Ärger kriegen.


Wenn die FDP in der ESM-Frage hart bleibt und Frau Merkel eine Zustimmung zum ESM zum Gegenstand einer Vertrauensfrage macht, dann haben die Abgeordneten der CDU eine naheliegende Option. Nämlich die vom Grundgesetz für solche Fälle vorgesehene. Sie können gemeinsam mit den Abgeordneten der FDP einen anderen Bundeskanzler wählen.

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"I want my republic back!"

Westfale Offline



Beiträge: 45

15.09.2011 15:56
#37 RE: Marginalie: Rösler, Schäffler, die Lage der FDP Antworten

Lieber Zettel,

ich halte Röslers Äußerung - eine Einordnung dessen, was möglich ist, nicht eine Forderung im engeren Sinne - für politisch dreifach klug.

Erstens zeigt sie der Kanzlerin auf, dass sie - möglicherweise - in den kommenden Monaten von der FDP eine eigenständige Position erwarten muss, so dass CDU/CSU und FDP sich im Kompromiss auf etwas einigen müssen. Dies wäre, so normal dies auch scheint, eine Neuerung im Vergleich zu den letzten Jahren, in denen die FDP, so schien es mir, der Union bereitwillig inhaltlich folgte. Wichtiger noch ist dieses Signal für diejenigen in der FDP, die sich in der Politik ihrer Partei nicht mehr wiederfanden. Der FDP-Vorsitzende kann sich nicht von einer Mitgliederbefragung das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lassen, um so wichtiger (für ihn) wenn die Mitgliederbefragung entweder nicht kommt oder zumindest zu seinen Gunsten ausgeht.

Zweitens hat die Äußerung internationale Signalwirkung, wie ja oben beschrieben wurde. Indem Rösler von einer möglichen, geordneten Insolvenz spricht, erhält er die notwendige Drohkulisse gegenüber Griechenland aufrecht. Zudem spricht er nur das aus, was die Finanzmärkte schon denken. Sie, lieber Zettel, haben oft von einer kollektiven Besoffenheit der Deutschen geschrieben, wenn es um den Atomausstieg ging, mit Recht. Ich glaube, beim Thema Euro leiden viele Europäer unter einer solchen kollektiven Besoffenheit und irrationalen Angst: Sie, die Europäer, denken, wenn ein Land insolvent geht, geht der Euro unter, oder gar die EU. Das ist in dieser Konsequenz Unsinn. Auch hier gibt es Tabus und Denkverbote, zumindest innerhalb der öffentlich-rechtlichen Medien und der Politik. Eine Insolvenz Griechenlands wäre schmerzhaft, völlig klar, für die Griechen und für die geschädigten Gläubiger - und damit auch für uns Resteuropäer, die wir Banken zu schützen und Forderungen abzuschreiben hätten. Allein - was nützt es, die Augen vor der Realität zu verschließen, dass die Griechen wohl mit der Rückzahlung der Schulden überfordert wären? Nichts. Ja, Frau Merkel - und nicht Herr Rösler - hat einmal versprochen, dass wir die Griechen nicht alleine lassen. Aber das kann doch nicht bedeuten, die Realität zu leugnen.

Und wenn man das akzeptiert, nur dann kann man auch differenzieren und sich die fundamental andere, bessere Lage von Ländern wie Spanien oder Irland vor Augen führen. Die Märkte und Börsen sind viel eher durch Überraschungen zu schockieren denn durch erwartete Entwicklungen. Wenn irgendwann einmal Griechenland insolvent geht, dann ist es doch besser, ein relevanter Politiker hat die Möglichkeit dazu doch schon einmal angedeutet.

Drittens hat die Äußerung Wirkung auf die Wählerschaft. Wähler - und Abgeordnete - folgen nur dem, der mutig vorausschreitet, wie Frau Merkel mit ihrer Absetzung von Helmut Kohl einst bewies. Ein großer Anteil der Deutschen fühlt sich von der derzeitigen Politik in Bezug auf den Euro nicht adäquat vertreten. Damit meine ich keine Antieuropäer, sondern Leute, die wissen, dass Nachbarschaftshilfe auch Grenzen und Bedingungen haben muss. Einige von diesen Leuten werden nach Röslers Äußerungen aufgehorcht haben. Sollte die FDP in den kommenden Wochen eine eigene klare Linie zum Thema Euro finden, die zur Hilfe bereit ist aber eindeutige Grenzen setzt, dann wird die Zustimmung zur FDP wieder wachsen. Das ist zumindest meine Mutmaßung. Verfolgt die FDP diese Linie nicht, verspielt sie eine Chance.

Sie schreiben: "Es gibt kaum etwas, mit dem ein Minister schneller und nachhaltiger Vertrauen verspielen kann."

Ich sehe das genau entgegengesetzt. Es gibt kaum etwas, mit dem sich ein Minister so stark profilieren kann, wie ein Standpunkt, der ihn von der Restregierung abgrenzt, dem aber die Realität und weite Teile der Wählerschaft recht geben werden.

Mit besten Grüßen,

der Westfale

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.09.2011 17:04
#38 RE: Marginalie: Rösler, Schäffler, die Lage der FDP Antworten

Zitat von Westfale
Zweitens hat die Äußerung internationale Signalwirkung, wie ja oben beschrieben wurde. Indem Rösler von einer möglichen, geordneten Insolvenz spricht, erhält er die notwendige Drohkulisse gegenüber Griechenland aufrecht.

Aber doch nicht Rösler, lieber Westfale!

Es macht sicherlich Sinn, Papandreou den Ernst der Lage vor Augen zu führen. So etwas macht man erstens nicht öffentlich, sondern im vertraulichen Gespräch. Wenn man solch eine Drohung aus irgendwelchen Gründen doch einmal öffentlich ausspricht, dann müssen das die relevanten Seiten - hier vor allem Deutschland und Frankreich - absprechen. Und selbstverständlich muß es regierungsintern abgestimmt sein. Dann kann eine solche Drohung wirken.

Rösler hat sich augenscheinlich nicht mit dem Kabinett abgestimmt. Es ist bisher nicht bekannt, daß er sich mit seinem französischen Kollegen François Baroin abgestimmt hätte; ich halte das auch für unwahrscheinlich.

Wie soll ein einsamer Minister ohne Rückendeckung Griechenland drohen können? Er macht sich - nehmen Sie mir das Wort nicht übel, lieber Westfale - doch nur lächerlich.

Rösler hat mit diesem unbedachten Vorstoß nicht an Ansehen gewonnen, sondern kräftig an Reputation verloren.

Es tut mir leid. Ich finde es deprimierend, wie schlecht es der FDP geht, und ich würde mich riesig freuen, wenn sie sich wieder möglichst bald berappeln würde. Aber so wird das nichts werden.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.09.2011 17:20
#39 RE: Planspielereien Antworten

Zitat von R.A.

Zitat von Zettel
Aber die SPD hat - ich habe das schon in einem anderen Beitrag geschrieben - nicht das geringste Interesse an einer Großen Koalition.


Das vermute ich auch, aber sicher ist es nicht. Angesichts der offenen Machtfrage in der SPD und der Gefahr, von den Grünen an die Wand gedrückt zu werden, könnten diverse Spitzenpolitiker der SPD auch Neuwahlen scheuen und den direkten Weg zur Macht attraktiver finden.


Es wäre ja kein Weg zur Macht, lieber R.A. Die SPD hat am 27. September 2009 erlebt, was es bedeutet, Juniorpartner einer Großen Koalition gewesen zu sein. Das war ein Trauma. Die SPD hätte nach einem Ende der Koalition exzellente Aussichten, den Kanzler zu stellen. Sie wird das versuchen.

Es wird kein zweites 1966 geben, wenn diese Regierung auseinanderfliegt. Sondern es wird - ich wage jetzt einmal eine Prognose - Dieses geben:

--> Einen rotgrünen Wahlsieg.

--> Eine Zerstrittenheit zwischen der Union und der FDP - man wird sich gegenseitig das Scheitern der Regierung anlasten -, die einen erneuten Versuch von Schwargelb auf Jahrzehnte ausschließt. Selbst wenn es einmal wieder ein Wahlergebnis geben sollte, das ihn erlaubt.

--> Dazu wird es aber wahrscheinlich nicht kommen. Warum sollte der Wähler noch einmal eine Koalition wollen, die bereits nach zwei Jahren wieder auseinandergebrochen ist? Was würde denn die Erwartung begründen, daß es beim nächsten Mal weniger zerstritten zugeht?



In der FDP werden offenbar in diesen Tagen die wildesten Träume geträumt. Sich in der Opposition regenerieren; Selbständigkeit zurückgewinnen; dann vielleicht einmal eine Ampel?

Ich halte das für nachgerade infantile Wunschträume (Freud war der Meinung, daß alle Kinderträume unverhüllte Wunschträume sind ).

Geampelt wird nicht werden. Wenn es für Rotgrün nicht reicht, dann gibt es ja noch die Option Volksfront. Für eine Zusammenarbeit mit der FDP wird es weder in der SPD noch bei den Grünen eine Mehrheit geben, solange eine Volksfront-Regierung gebildet werden kann. Und die kann solange gebildet werden, wie Schwarzgelb nicht wieder eine Mehrheit erlangt. Was, zerbricht diese Regierung, in den nächsten Jahrzehnten nicht eintreten wird.

Was die FDP angeht, ist die Vorstellung naiv, man könne zusammen mit den Ökosozialisten mehr liberale Inhalte verwirklichen als mit der Union. Steuersenkungen mit der SPD? Eine vernünftige Energiepolitik mit den Grünen? Stärkung des Mittelstands mit beiden? Viel Vergnügen.



Entweder benehmen sich die Union und die FDP endlich wie Erwachsene. (Dazu gehört auch, daß nicht aus der FDP heraus so gegen die ja immerhin auch von der FDP-Fraktion gewählte Kanzlerin gegiftet wird, wie ich das auch hier im Forum immer wieder lese). Entweder erkennt man also die gemeinsamen Interessen und findet dort Kompromisse, wo man unterschiedliche Auffassungen und Interessen hat. Oder man zeigt dem deutschen Wähler, daß man es nicht kann. Dann zerstört man die Koalition und wird zu Recht abgewählt.

Herzlich, Zettel

FTT_2.0 Offline



Beiträge: 537

15.09.2011 17:21
#40 RE: Marginalie: Rösler, Schäffler, die Lage der FDP Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von Westfale
Zweitens hat die Äußerung internationale Signalwirkung, wie ja oben beschrieben wurde. Indem Rösler von einer möglichen, geordneten Insolvenz spricht, erhält er die notwendige Drohkulisse gegenüber Griechenland aufrecht.

Aber doch nicht Rösler, lieber Westfale!

Es macht sicherlich Sinn, Papandreou den Ernst der Lage vor Augen zu führen. So etwas macht man erstens nicht öffentlich, sondern im vertraulichen Gespräch. Wenn man solch eine Drohung aus irgendwelchen Gründen doch einmal öffentlich ausspricht, dann müssen das die relevanten Seiten - hier vor allem Deutschland und Frankreich - absprechen. Und selbstverständlich muß es regierungsintern abgestimmt sein. Dann kann eine solche Drohung wirken.




Wenn ich mich da mal kurz einklinken darf:

Aus spiel- bzw. verhandlungstheoretischer Perspektive wird die "Drohung" gerade dadurch, dass sie öffentlich ist, wirksam. Wenn Merkel den anderen Verhandlungspartnern versichern kann, dass sie keinen großen Spielraum für Zugeständnisse hat, da ihr sonst daheim die Regierung um die Ohren fliegt, kann die Kanzlerin glaubhaft eine festere Position einnehmen. In dieser Optik würde es hier wahrscheinlich tatsächlich eher helfen, wenn Rösler die Sache öffentlich noch mehr zuspitzt, wohl wissend, dass seine Position in der Bevölkerung über die Parteigrenzen hinweg populär ist.

Die "guter Bulle / böser Bulle"-Analogie wurde ja schon erwähnt. Wenn das beteiligte Personal sich bisher nicht durch konstante Mittelmäßigkeit und Ungeschicktheit ausgezeichnet hätte, könnte man sich vielleicht tatsächlich fragen, ob die ganze Sache nicht in Wirklichkeit abgesprochen war.

Llarian Online



Beiträge: 7.117

15.09.2011 17:47
#41 RE: Marginalie: Rösler, Schäffler, die Lage der FDP Antworten

Zitat von R.A.
Wenn Merkel sich nicht an die üblichen und nötigen Spielregeln hält, muß sie die Konsequenzen verantworten.


Das Problem scheint mir ein bischen zu sein, dass die FDP nach mehr als 2 Jahren endlich das tut, was sie schon beim ersten Wortbruch Merkel hätte tun müssen, da ist es nicht verwunderlich, dass der eine oder andere Konservative nun ein bischen ungläubig guckt. Die letzten 2 Jahre hat die FDP auf Bundesebene so derart profil- und willenlos agiert, dass Merkel und Schäuble sich daran gewöhnt haben, dass sie tun und lassen können, was sie wollen, die FDP hats halt zu schlucken.

Der Schwenk tut natürlich weh, primär einer autokratischen Frau Bundeskanzler, deren primäres Ziel die Erhaltung ihrer Macht war und ist. Ich kann mir vorstellen, dass es jetzt wirklich kracht. Das ist aber natürlich auch dem Verhalten der letzten 2 Jahre geschuldet. Wer sich ständig prügeln lässt und sich plötzlich wehrt, hat es meist schwerer als jemand, der sich gar nicht erst schlagen lässt.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

15.09.2011 18:03
#42 RE: Marginalie: Rösler, Schäffler, die Lage der FDP Antworten

Zitat von Llarian
Wer sich ständig prügeln lässt und sich plötzlich wehrt, hat es meist schwerer als jemand, der sich gar nicht erst schlagen lässt.


Völlig richtig.

Und dazu kommt natürlich, daß es inzwischen viel schwerer geworden ist, in der Sache eine 180-Grad-Kehre zu machen.

Wenn man letztes Frühjahr Nein gesagt hätte zu Merkels Rettungsplänen, dann wäre das noch relativ glimpflich abgegangen. Aber dem ersten Fehler sind ja immer weitere, noch größere gefolgt. Das Nicht-Eingestehen-Wollen hat zu immer neuen Paketen geführt. Die Ablehnung des ESM würde natürlich auch bedeuten, daß die Verluste aus den bisherigen Rettungspaketen realisiert werden müssen.

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

15.09.2011 18:03
#43 RE: Planspielereien Antworten

Zitat
Wenn die FDP in der ESM-Frage hart bleibt, bleiben für Merkel zwei Optionen: Die große Koalition (falls die SPD mitmacht) - oder aber sie gibt in der Sache nach.


Es sind, lieber R.A., meines Erachtens nach drei Möglichkeiten. Die Dritte wäre beim Scheitern des ESM der 'Not' zu gehorchen und Euro-Bonds 'wider Willen' einzuführen, wärend sich alle Anderen an anderen Fronten verkämpfen.

Herzlich, Thomas

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

15.09.2011 18:11
#44 RE: Planspielereien Antworten

Zitat von Zettel
Es wäre ja kein Weg zur Macht, lieber R.A.


Wenn es um die Durchsetzung von Inhalten geht - schon.
Die CDU hat ja inzwischen weitgehend alle Positionen geräumt, die sie bei der letzten GroKo noch von der SPD unterschieden. Die SPD könnte jetzt zwar nicht das Kanzleramt besetzen, aber viele schöne Ministerien, und sie könnte fast ungestört SPD-Politik machen. In einer rot/grünen Koalition hätte sie wahrscheinlich den Chefposten - müßte aber inhaltlich viel mehr Federn lassen.

Zitat
Es wird kein zweites 1966 geben, wenn diese Regierung auseinanderfliegt.


Das ist gut möglich.
Dann wäre Merkel eben komplett gescheitert - und das sollte sie sich halt jetzt überlegen. Ich kann nicht beurteilen, ob sich Merkel auf einen Plan B mit der SPD verläßt - das wäre aber eine Möglichkeit zu erklären, daß sie den Konflikt mit der FDP so zielgerichtet sucht.

Zitat
Eine Zerstrittenheit zwischen der Union und der FDP - man wird sich gegenseitig das Scheitern der Regierung anlasten -


Das sehe ich vergleichsweise gelassen. Wenn die Koalition am ESM zerbricht, dann wird das in erster Linie zu einem Führungswechsel in der CDU führen. Der ESM ist in der Union fast ähnlich schlecht angesehen wie in der FDP.

Zitat
In der FDP werden offenbar in diesen Tagen die wildesten Träume geträumt.


Nö. Es geht eigentlich nur darum, dem ziemlich sicheren Niedergang zu entkommen. Ein Verbleib in der Regierung - wenn Merkel weitermacht wie bisher - ist das absolute Aus für die FDP (und für bürgerliche Regierungen für einen langen Zeitraum).

Zitat
Geampelt wird nicht werden.


Richtig. Wenn Merkel nicht zur Vernunft kommt, geht es nur noch darum, ob die FDP nur aus der Regierung fliegt oder komplett aus ziemlich allen Parlamenten.

Zitat
Entweder erkennt man also die gemeinsamen Interessen und findet dort Kompromisse, wo man unterschiedliche Auffassungen und Interessen hat.


Und ganz wichtig: Die Kanzlerin hält sich dann auch an diese Kompromisse.
Das Problem dieser Koalition ist Merkels ständiger Wortbruch. So kann keine Regierung arbeiten.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

15.09.2011 18:13
#45 RE: Planspielereien Antworten

Zitat von Thomas Pauli
Die Dritte wäre beim Scheitern des ESM der 'Not' zu gehorchen und Euro-Bonds 'wider Willen' einzuführen, wärend sich alle Anderen an anderen Fronten verkämpfen.


Eigentlich gibt es keinen wirklichen Unterschied zwischen ESM und Eurobonds. Wenn die FDP sich dem ESM verweigert (den sie bisher offiziell noch mitträgt), aber dafür Eurobonds akzeptiert (die die Parteiführung in heiligen Schwüren abgelehnt hat) - dann wäre das vernichtende Dummheit.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

15.09.2011 18:32
#46 RE: Sehr gut, endlich ! Antworten

Lieber Zettel,

mir fällt schon länger eine Parallele auf. Und zwar die der Rettung der Banken und die der Rettung der Koalition. Beides sollte nicht zerbrechen und auch ich bin trotz meiner kritischen Haltung gegenüber der Politik Angela Merkels natürlich gegen eine, wie auch immer geartete, linke Regierungsmehrheit.

Aber es hat etwas Absolutes keine Alternative zu haben. Die Banken müssen nicht alle zerbrechen in einer geordneten Insolvenz; Frank Schäffler zeigt in seinem Beitrag für die FAZ auf, wie er sich das vorstellt. Ebenso muss auch die Koalition nicht zerbrechen, aber ihren Kurs korrigieren und vielleicht auch Personal auswechseln, das zur Selbstkritik unfähig ist, könnte schon die Konsequenz sein.

Bis zu den Wahlen 2013 ist noch lange hin. In dieser Zeit hat die Koalition die Wahl zwischen Konsolidierung und einer Politik abseits vom Prinzip Hoffnung oder einer Politik die auf den planwirtschaftlichen Grundlagen dieser Konservativ-Liberalen Regierung den Sozialismus in Deutschland und Europa einführt.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

15.09.2011 18:40
#47 Was wären die Folgen einer Insolvenz Griechenlands? Antworten

Zitat von Westfale
Ich glaube, beim Thema Euro leiden viele Europäer unter einer solchen kollektiven Besoffenheit und irrationalen Angst: Sie, die Europäer, denken, wenn ein Land insolvent geht, geht der Euro unter, oder gar die EU. Das ist in dieser Konsequenz Unsinn. Auch hier gibt es Tabus und Denkverbote, zumindest innerhalb der öffentlich-rechtlichen Medien und der Politik. Eine Insolvenz Griechenlands wäre schmerzhaft, völlig klar, für die Griechen und für die geschädigten Gläubiger - und damit auch für uns Resteuropäer, die wir Banken zu schützen und Forderungen abzuschreiben hätten.

Da ich, lieber Westfale, ökonomische Zusammenhänge nicht selbst beurteilen kann, suche ich häufig nach kompetentem Urteil. Zu dem, was die Folgen einer griechischen Insolvenz wären, lese ich heute in U.S. News and World Report, einer glaube ich äußerst seriösen Quelle, von Rick Newman:

Zitat
Europe's woes are similar to the U.S. subprime crisis that percolated for a couple of years, then erupted in 2008. Greece and other overindebted nations are like huge subprime borrowers who spent more than they could afford by racking up debt they now can't pay back. Like big U.S. banks during the housing boom, many European banks had shoddy underwriting standards and bought debt that was far riskier than they realized. A Greek default could be the European equivalent of the Lehman Brothers bankruptcy in 2008, which started a run on the whole U.S. financial system.

But there's a key difference between the United States in 2008 and Europe in 2011: American officials promptly came up with TARP, the Troubled Assets Relief Program, which allowed them to inject capital into banks that would have imploded without it. In Europe, it's far harder to devise a systemwide financial bailout, since there's no centralized fiscal authority comparable to the U.S. Congress or the Treasury Dept. So every bailout maneuver requires negotiations among 17 sets of politicians, each answerable to restive taxpayers and rival political parties in their home nations.

Wie sehen das die Ökonomen hier im Forum? Irrt sich der Chef-Wirtschaftskorrespondent von U.S. News and World Report?

Mir scheint die Frage zu sein, ob der europäische, vor allem der deutsche Steuerzahler die Zeche für die unverantwortliche Politik des halb feudal-frühkapitalistischen und halb sozialistischen Griechenland zahlt, oder ob es eine Kaskade des Zusammenbrechens oder drohenden Zusammenbruchs von Banken gibt, wie wir sie 2008 erlebt haben. Denn die Banken trauen einander nicht; sie haben es damals ja strikt vermieden, einander noch Geld zu leihen, um nicht selbst mit in den Untergang gezogen zu werden.

Ist es denn besser, wenn dann wieder mit Steuermilliarden Banken, vor allem diesmal die französischen, gerettet werden müssen, statt daß wir jetzt Griechenland unser Steuergeld in den Rachen werfen, so bitter das ist?

Spielt also Rösler nicht mit dem Feuer, wenn er die Option einer Insolvenz Griechenlands ins Spiel bringt?

Es fällt mir schwer, das parteipolitisch zu sehen. Es geht um die Wirtschaft Europas; es geht, nebenbei, auch um das Geld, das wir alle angelegt haben. Und die meisten von uns wahrscheinlich nicht in Gold.

Herzlich, Zettel

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

15.09.2011 18:58
#48 RE: Was wären die Folgen einer Insolvenz Griechenlands? Antworten

Zitat von Zettel
Spielt also Rösler nicht mit dem Feuer, wenn er die Option einer Insolvenz Griechenlands ins Spiel bringt?



Was Rösler ins Spiel bringt oder nicht, ist doch völlig unerheblich. Entscheidend ist, was die Alternativen sind. Und die stehen fest.

a) Eine dauerhafte Alimentierung Griechenlands, oder besser: seiner Gläubiger, durch Deutschland und andere Zahler. Womöglich gesellen sich auch noch andere Staaten zu den Alimentierten.
b) Eine Insolvenz.

Die erste Alternative wird politisch nicht durchzuhalten sein, weder in Deutschland noch in Griechenland. Die Insolvenz wird also kommen. Die Frage ist dann nur, wer das Heft des Handelns in der Hand hat.

Und wer noch ein Argument aus der Autorität braucht, weil ich ja immerhin dem Chef-Wirtschaftskorrespondent von U.S. News and World Report widerspreche: Man lese Sinns Interview in der "Welt". Oder den Beitrag von George Soros auf Reuters.com.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

dirk Offline



Beiträge: 1.538

15.09.2011 19:24
#49 RE: Was wären die Folgen einer Insolvenz Griechenlands? Antworten

Zitat von Zettel
Ist es denn besser, wenn dann wieder mit Steuermilliarden Banken, vor allem diesmal die französischen, gerettet werden müssen, statt daß wir jetzt Griechenland unser Steuergeld in den Rachen werfen, so bitter das ist?



Eindeutig ja. Denn wenn wir den Banken Geld geben, bekommen wir im Austausch dafür Aktien (oder sonstige Kapitalrechte). Die mögen im Einzelfall nicht soviel Wert sein wie das in sie gesteckte Kapital, aber immerhin sind sie nicht wertlos. Das Geld, was wir Griechenland geben ist weg.

Bzw. es ist nicht weg, die Griechen geben es ihren Gläubigern, also den Banken. Nur mit dem Unterschied, dass wir eben keine Bankaktien als Gegenleistumg erhalten.

Insgesamt kommen wir mit einer "Bankenrettung" (ich mag den Begriff nicht, denn gerettet werden nicht die Banken sondern deren Gläubiger. Sie sind es ja, die ihr Geld nicht wiedersehen würden) also günstiger weg.

Hinzu kommt, dass Verluste bei Banken erwünscht sind. Sie sollen ja das Risiko, das sie eingegangen sind und für das sie in Form höherer Zinsen auch belohnt wurden tragen. Möglichst komplett und wenn das nicht möglich ist, dann wenigstens in Form einer Verwässerung des Eigenkapitals.

Das ist meine Meinung, die - das ist mein Eindruck - von der Mehrheit der ökonomisch gebildeten (ob rechts oder links) geteilt wird. Sinn sieht es so (siehe seinen WElt Artikel) und selbst Hickel sprach sich in der Phoenix Diskussion quasi dafür aus. (Er verlangte einen höheren Abschlag auf den Nominalwert von griechischen Staatsanleihen. Was ist denn das bitte anderes als genau diese Insolvenz?)

Westfale Offline



Beiträge: 45

16.09.2011 09:07
#50 RE: Was wären die Folgen einer Insolvenz Griechenlands? Antworten

Rick Newman:

Zitat
Europe's woes are similar to the U.S. subprime crisis that percolated for a couple of years, then erupted in 2008. Greece and other overindebted nations are like huge subprime borrowers who spent more than they could afford by racking up debt they now can't pay back. Like big U.S. banks during the housing boom, many European banks had shoddy underwriting standards and bought debt that was far riskier than they realized. A Greek default could be the European equivalent of the Lehman Brothers bankruptcy in 2008, which started a run on the whole U.S. financial system.

But there's a key difference between the United States in 2008 and Europe in 2011: American officials promptly came up with TARP, the Troubled Assets Relief Program, which allowed them to inject capital into banks that would have imploded without it. In Europe, it's far harder to devise a systemwide financial bailout, since there's no centralized fiscal authority comparable to the U.S. Congress or the Treasury Dept. So every bailout maneuver requires negotiations among 17 sets of politicians, each answerable to restive taxpayers and rival political parties in their home nations.



Mr Newman behauptet, es sei schwieriger, einen "systemweiten Bailout" hinzukriegen. Aber genau das haben wir doch schon in der Lehman-Krise gesehen: Staaten, die ihren Banken entsprechend Eigenkapital oder Liquidität zuschießen. Dafür braucht man doch gar keine "negotiations among 17 sets of politicians".

Der Westfale

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