Zitat von ZettelDie Regierung Merkel steht international derart unter Druck, daß sie kaum anders handeln kann, als sie es jetzt tut.
Warum sollte sich Frau Merkel dem Druck aus Frankreich und aus Großbritannien - die jeweils ihre Banken und Anleger vor Verlusten bewahren wollen - beugen, aber dem Druck aus Deutschland - wo die Steuerzahler nicht zur Kasse gebeten werden wollen - nicht?
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
WasIstLiberal?
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29.09.2011 16:24
#3 RE: Zitat des Tages: Hans-Werner Sinn über den Rettungsschirm
Zitat von ZettelDie Regierung Merkel steht international derart unter Druck, daß sie kaum anders handeln kann, als sie es jetzt tut.
Warum sollte sich Frau Merkel dem Druck aus Frankreich und aus Großbritannien - die jeweils ihre Banken und Anleger vor Verlusten bewahren wollen - beugen, aber dem Druck aus Deutschland - wo die Steuerzahler nicht zur Kasse gebeten werden wollen - nicht?
Und wem gilt Ihr Amtseid? Und was wäre wenn Sie sich einfach an das Recht gehalten hätte, statt es zu brechen? Ich finde diese Entschuldigungssuche ziemlich peinlich. Und seit wann ist Nachgeben des Rechtsstaates etwas Gutes. Da lief doch hier ein Riesenthread über die Todesstrafe. Wo Sie Herr Zettel das Recht über alles stellten. Also warum nicht auch hier?
Zitat von ZettelDie Regierung Merkel steht international derart unter Druck, daß sie kaum anders handeln kann, als sie es jetzt tut.
Warum sollte sich Frau Merkel dem Druck aus Frankreich und aus Großbritannien - die jeweils ihre Banken und Anleger vor Verlusten bewahren wollen - beugen, aber dem Druck aus Deutschland - wo die Steuerzahler nicht zur Kasse gebeten werden wollen - nicht?
Es gibt ja aus Deutschland kaum Druck. Siehe die heutige Abstimmung.
Zitat von ZettelEs gibt ja aus Deutschland kaum Druck. Siehe die heutige Abstimmung.
Bitteschön? Kurzes Googeln nach "Rettungsschirm Umfrage" liefert Mehrheiten gegen den Rettungsschirm. Und insbesondere keine Mehrheiten für den Bruch der Maastrichter Verträge.
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Zitat von WasIstLiberal? Da lief doch hier ein Riesenthread über die Todesstrafe. Wo Sie Herr Zettel das Recht über alles stellten. Also warum nicht auch hier?
Zur Todesstrafe sehe ich nun wirklich keinen Bezug.
Was die Handlungen der Bundesregierung angeht, so haben sie so lange als rechtmäßig zu gelten, bis das BVerfG oder ein anderes Gericht feststellt, daß sie rechtswidrig sind.
Ich bin, lieber WasIstLiberal?, gegen linkes Moralisieren in der Politik. Aber ich kann auch liberalem oder konservativem Moralisieren nichts abgewinnen.
In der Politik geht es nun einmal um Macht und Machverhältnisse. Das heißt selbstredend nicht Rechtlosigkeit. Aber ich kann es nicht nachvollziehen, daß man der Kanzlerin ein Handeln vorwirft, welches das Ergebnis eines Kompromisses mit den anderen Ländern Europas ist und das gerade vom Bundestag - sieht man von den Kommunisten ab - mit sehr großen Mehrheiten aller Parteien gebilligt wurde.
Zitat von ZettelEs gibt ja aus Deutschland kaum Druck. Siehe die heutige Abstimmung.
Bitteschön? Kurzes Googeln nach "Rettungsschirm Umfrage" liefert Mehrheiten gegen den Rettungsschirm. Und insbesondere keine Mehrheiten für den Bruch der Maastrichter Verträge.
Umfragen erzeugen keinen politischen Druck. Dieser, lieber Gorgasal, muß aus dem Parlament kommen.
Was diese Umfragen angeht - wie viele Deutsche wissen denn wohl, worüber heute eigentlich abgestimmt wurde? Ja klar, sie haben eine Meinung. Ich staune immer wieder darüber, wozu Befragte alles eine Meinung haben.
Aber wäre denen, die in Umfragen solche Antworten geben, das Thema wichtig, dann könnten sie ja demonstrieren; Druck auf ihre Abgeordneten ausüben, europakritische kleine Parteien wählen usw. Ich sehe davon wenig.
Herzlich, Zettel
WasIstLiberal?
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29.09.2011 16:52
#8 RE: Zitat des Tages: Hans-Werner Sinn über den Rettungsschirm
In der Politik geht es nun einmal um Macht und Machverhältnisse. Das heißt selbstredend nicht Rechtlosigkeit. Aber ich kann es nicht nachvollziehen, daß man der Kanzlerin ein Handeln vorwirft, welches das Ergebnis eines Kompromisses mit den anderen Ländern Europas ist und das gerade vom Bundestag - sieht man von den Kommunisten ab - mit sehr großen Mehrheiten aller Parteien gebilligt wurde.
Sie ist ja keine Donna Quijote.
Herzlich, Zettel
Ich kann Sie hier absolut nicht verstehen. Gibt es den §125 mit der no-bail-out Klausel also wieso spielt es da eine Rolle ob man mit Anderen beschließt dagegen zu verstoßen, ist es dann kein Recht mehr? Wir werden sehen wohin diese "Beliebigkeit" führen wird.
Zitat von WasIstLiberal? Gibt es den §125 mit der no-bail-out Klausel also wieso spielt es da eine Rolle ob man mit Anderen beschließt dagegen zu verstoßen, ist es dann kein Recht mehr? Wir werden sehen wohin diese "Beliebigkeit" führen wird.
Das ist eine Frage für die Gerichte. Ich weiß nicht, wieviele Juristen aus dem Stand beurteilen können, ob Rechtsverstöße begangen wurden. Ich jedenfalls kann es nicht.
Zitat von ZettelUmfragen erzeugen keinen politischen Druck. Dieser, lieber Gorgasal, muß aus dem Parlament kommen.
Oder - wie hier - aus dem Ausland.
Zitat von Maastrichter Verträge, Art. 104(1)Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten bei der Europäischen Zentralbank oder den Zentralbanken der Mitgliedstaaten (im Folgenden als "nationale Zentralbanken" bezeichnet) für Organe, Einrichtungen oder sonstige Stellen der Union, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten sind ebenso verboten wie der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln von diesen durch die Europäische Zentralbank oder die nationalen Zentralbanken.
Warum ist alles in Butter, wenn sich die Größte Staatsmännin Aller Zeiten dem Druck aus GB und Frankreich beugt, um mit fragwürdigen Konstruktionen diese glasklare Bestimmung auszuhebeln? Bloß weil die Deutschen nicht dagegen demonstrieren? Ich bin mir sicher, dass die Abgeordneten genügend Druck über ihre Wahlkreisbüros erhalten. Und seit wann muss ich Druck auf meinen Abgeordneten ausüben, nur damit der sich an geltendes Recht hält?
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Zitat von ZettelEs gibt ja aus Deutschland kaum Druck. Siehe die heutige Abstimmung.
Liebe Güte! Die heutige Abstimmung ist nur zustande gekommen, weil Merkel das zur Koalitionsfrage gemacht hat und die Fraktionsspitzen über Wochen enormen Druck auf die Abgeordneten ausgeübt haben. Während die Basis Sturm läuft gegen das Vorhaben - es gibt eigentlich keinen Abgeordneten, der positive Meinungen zum "Rettungs"-Paket von seinen Wählern bekommt, die kritischen Meldungen dagegen häufen sich.
Merkel (und die linke Presse, die ja fast einhellig für die Schuldenpolitik ist) hat sich zwar durchsetzen können - aber die Basis der bürgerlichen Koalition ein weiteres Mal schwer beschädigt. Wenn wir in zwei Jahren dann eine linke Regierung bekommen, dann ist das ganz weitgehend Merkels Schuld und Folge ihrer "Rettungs"-Politik. Die durchaus ja auch vorhandenen Erfolge der Regierung werden von den Milliarden-Paketen völlig erschlagen.
Zitat von GorgasalWarum ist alles in Butter, wenn sich die Größte Staatsmännin Aller Zeiten dem Druck aus GB und Frankreich beugt, um mit fragwürdigen Konstruktionen diese glasklare Bestimmung auszuhebeln?
Ich weiß nicht, ob alles in Butter ist. Ich glaube es eher nicht, lieber Gorgasal, aber ich kann es schlicht nicht beurteilen.
Stellen Sie sich vor, ein Raumschiff ist in Schwierigkeiten à la Apollo 13. Da kann nun jeder seine Meinung dazu haben, was man machen sollte und was nicht; wann eine Katastrophe eintritt und wie man das vielleicht vermeiden kann. Aber entschieden haben es damals ein paar Dutzend Fachleute; die einzigen auf der Welt, die das Knowhow hatten.
Jetzt in dieser Krise mögen es ein paar mehr sein. Ich gehöre nicht dazu. Ich glaube auch nicht, daß viele Abgeordnete des Bundestags dazugehören; inclusive Frank Schäffler und seinem Kollegen Bosbach.
Hans-Werner Sinn gibt in dem Gespräch ja auch keinen guten Rat. Er analysiert, wie es zu der jetzigen Situation kam und warum die Akteure so agieren, wie sie es tun. Mir erscheint seine Analyse schlüssig.
Es gibt seit langem einen Transfer von Wohlstand vom Norden der EU in den Süden, das ist seine Analyse. Das ist schlicht deshalb möglich, weil jedes Land seine Euros drucken darf. Indem die Griechen seit langem mehr Euros drucken, als es ihrer Wirtschaftskraft entspricht, finanzieren sie sich auf Kosten beispielsweise Deutschlands.
Das ist überhaupt nichts Neues. Bis 2008 ging es gut, weil man bereit war, den Griechen ihre Staatsanleihen abzukaufen; mit anderen Worten, ihnen Geld zu geben, das anderswo verdient worden war. Durch die Krise krachte dieses Kartenhaus zusammen.
Das meine ich einigermaßen verstanden zu haben. Wie man das Kind jetzt am besten aus dem Brunnen holt, das scheint nicht einmal Sinn zu wissen. Legalistische Argumente werden nicht helfen; Populismus à la "Sollen die Griechen doch selbst sehen, wie sie da herauskommen" erscheinen mir wenig ergiebig.
Die Fachleute sitzen seit Monaten zusammen und denken sich etwas aus. Anders als bei Apollo 13 spielen dabei freilich auch Machtverhältnisse eine wesentliche Rolle. Ich versuche das zu verstehen. Beurteilen kann ich es nicht.
An der Initiative von Frank Schäffler gefällt mir, daß er überhaupt erst einmal eine Diskussion in der FDP herbeiführen will. Ich glaube nicht, daß die FDP-Mitglieder beurteilen können, was zur Rettung des Euro (und unseres Ersparten) getan werden muß. Aber es muß dringen darüber diskutiert werden, wie es dann, wenn diese jetzige Krise ausgestanden ist, mit Europa weitergehen soll.
Zitat von R.A.Wenn wir in zwei Jahren dann eine linke Regierung bekommen, dann ist das ganz weitgehend Merkels Schuld und Folge ihrer "Rettungs"-Politik.
Ach ja, lieber R.A. Ist Merkel nicht auch an dem schlechten Wetter dieses Sommers schuld?
"Wann wird es endlich wieder Sommer?", sang einst Rudi Carrell, und seine Schilderung des traurigen Wetters endete mit "Schuld daran ist nur die SPD"; damals regierte die sozialliberale Koalition.
Wir werden uns über die Kanzlerin nicht einig werden. Mir scheint nur, daß Sie - und andere hier im Forum - sie für eine ganz große Kanzlerin halten; angesichts dessen, was Sie nach Ihrer Auffassung alles bewirkt hat.
Sie ist aber keine Weltverbesserin und auch keine Bannerträgerin des Konservatismus à la Maggie Thatcher, sondern eine pragmatische, rationale und gründliche Politikerin, die Situationen analysiert und dann versucht, die am wenigsten schlechte Lösung zu finden.
Ich habe schon einmal darauf aufmerksam gemacht, daß sie darin keinem ihrer Vorgänger mehr gleicht als Helmut Schmidt, als Kanzler der "Macher" genannt. Der Mann ohne Visionen.
Werter Zettel - ich verstehe schon, wo Sie herkommen. Aber erlauben Sie mir folgende Zusammenfassung:
Zitat von ZettelLegalistische Argumente werden nicht helfen; Populismus à la "Sollen die Griechen doch selbst sehen, wie sie da herauskommen" erscheinen mir wenig ergiebig.
Wenn es hingegen darum geht, dass den Griechen (genauer: französischen und englischen Banken und deren Anlegern sowie - ja, auch denen - deutschen Riester-Rentnern, deren Verträge in griechische Staatsanleihen investiert haben) Geld in den Hintern geschoben werden soll, dann sind Hinweise auf die Maastrichter Verträge, die seit Monaten systematisch unterlaufen werden, "legalistisch", und Vorschläge, dass die Griechen und deren unvorsichtige Gläubiger sollten selbst die Konsequenzen ihres Handelns tragen, sind "populistisch". Und Druck aus Frankreich und England ist zu konstatieren, und es gibt keinen Grund, dem zu widerstehen.
Nehmen Sie's mir nicht übel, aber das kann ich nur schwer nachvollziehen.
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Zitat von ZettelDas ist schlicht deshalb möglich, weil jedes Land seine Euros drucken darf. Indem die Griechen seit langem mehr Euros drucken, als es ihrer Wirtschaftskraft entspricht, finanzieren sie sich auf Kosten beispielsweise Deutschlands.
Aber nein! Kein Land der Euro-Zone "druckt" nach eigenem Gusto Euros. Die national verschiedenen Münzprägungen sind nur oberflächliche Folklore, die Geldschöpfung erfolgt alleine bei der EZB. Auch die Griechen haben sich keine Euros gedruckt, um ihre Importe zu finanzieren - sondern sie mußten sich ganz normal verschulden.
Die ganze Schuldenkrise hat mit dem Euro eigentlich überhaupt nichts zu tun. Das ist eine reine Propagandalüge. Man hat eine Bedrohung der Währung an die Wand gemalt, um die Milliardenzahlungen an die Griechenland-Gläubiger zu rechtfertigen. De facto wäre aber die Lage ziemlich ähnlich, wenn wir noch nationale Währungen hätten oder wenn ganz Europa in Dollar fakturieren würde.
Zitat Wie man das Kind jetzt am besten aus dem Brunnen holt, das scheint nicht einmal Sinn zu wissen.
Er führt es hier nicht aus, weil es nicht gefragt war. Aber eigentlich sind sich die Fachleute doch schon länger ziemlich einig, was passieren müßte: Eine ganz normale "geordnete" Insolvenz Griechenlands, mit Schuldenschnitt und Umschuldung. Und falls deswegen einige Gläubiger (z. B. französische Banken) ins Wackeln geraten, dann muß sich Frankreich überlegen, ob es diese stützt.
Sinn beschreibt ja völlig richtig, daß es letztlich nur um diese Bankenrettung geht. Nur wird dafür ein extrem teurer Umweg gewählt. Denn es werden nicht nur die Banken mit den nötigsten Mitteln versorgt, die wirklich bedroht sind, sondern alle Geldanleger Griechenlands. Also auch die, die den Verlust verschmerzen könnten.
Zitat Populismus à la "Sollen die Griechen doch selbst sehen, wie sie da herauskommen" erscheinen mir wenig ergiebig.
Schon richtig, wird aber auch von den seriösen Experten nicht vertreten.
Im Gegenteil: Gerade weil man die Insolvenz verschleppt und die Gläubiger mit Steuermilliarden füttert, wird den Griechen überhaupt nicht geholfen. Die bleiben auf einem Schuldenberg sitzen, den sie unmöglich bedienen können. Mit jedem Monat "Hilfe" rutschen sie tiefer in die roten Zahlen.
Bei einer Insolvenz würden ihnen nur so viele Schulden bleiben, wie sie mit Anstrengung und Sparmaßnahmen auch bedienen können. Dann könnte Griechenland auch wieder hochkommen - derzeit wird es von den "Helfern" abgewürgt.
Zitat Die Fachleute sitzen seit Monaten zusammen und denken sich etwas aus.
Aber die Fachleute in den Ministerien arbeiten eben nicht am Auftrag, das Problem seriös zu lösen. Sondern sie haben von der Politik die Vorgabe, die Sinn skizziert: Französische Banken so zu retten, daß Sarkozy nicht den schwarzen Peter behält. Und genau das wird das "Rettungs"-Paket auch machen - eine wirkliche Lösung der Schuldenkrise oder gar die Stabilität der Währung werden nicht erreicht, weil sie auch gar nicht Ziel ist.
Zitat Ich glaube nicht, daß die FDP-Mitglieder beurteilen können, was zur Rettung des Euro (und unseres Ersparten) getan werden muß.
Viele davon können es, und zwar besser als die meisten Abgeordneten.
Bei unserem Bezirksparteitag in Südhessen hatten wir locker zwei Dutzend Fachleute, die gut im Thema sind: Einige Experten der Bundesbank oder von Frankfurter Großbanken, Unternehmer, ein ehemaliger Wirtschaftsminister - die FDP-Mitgliederschaft (gerade im Umkreis der Finanzmetropole Frankfurt) hat deutlich eine höhere Fachkompetenz als irgendeine Redaktion der diversen Medien. Und der Bezirksparteitag hat sich einstimmig (!) gegen den ESM ausgesprochen.
Zitat von ZettelSie ist aber keine Weltverbesserin und auch keine Bannerträgerin des Konservatismus à la Maggie Thatcher ...
Kein Problem, damit könnte ich leben.
Zitat sondern eine pragmatische, rationale und gründliche Politikerin, die Situationen analysiert und dann versucht, die am wenigsten schlechte Lösung zu finden.
Aber das ist sie eben auch nicht. Sie analysiert ganz offensichtlich weniger die Situationen bzw. die Probleme, sondern die Meinungsumfragen und die Medienkommentare. Und macht dann jeweils, was die Meute gerade fordert. Und morgen macht sie das Gegenteil, wenn sich der Wind gedreht hat. Das ist rational nur im Sinne ihres persönlichen Machterhalts - während der bürgerlichen Regierung die Wähler davon laufen.
Zitat Ich habe schon einmal darauf aufmerksam gemacht, daß sie darin keinem ihrer Vorgänger mehr gleicht als Helmut Schmidt, als Kanzler der "Macher" genannt. Der Mann ohne Visionen.
Visionen hatte Schmidt keine, aber klare Positionen. Und die hat er dann auch durchgesetzt (siehe Nachrüstung). Wohlgemerkt: Durchgesetzt GEGEN die Medienmeinung. Während Merkel nur gegen die eigenen Leute das durchsetzt, was gerade für ein weiteres Durchwursteln nützlich zu sein scheint - völlig ohne Rücksicht auf die langfristigen Folgen.
Zitat von GorgasalWenn es hingegen darum geht, dass den Griechen (genauer: französischen und englischen Banken und deren Anlegern sowie - ja, auch denen - deutschen Riester-Rentnern, deren Verträge in griechische Staatsanleihen investiert haben) Geld in den Hintern geschoben werden soll, dann sind Hinweise auf die Maastrichter Verträge, die seit Monaten systematisch unterlaufen werden, "legalistisch", und Vorschläge, dass die Griechen und deren unvorsichtige Gläubiger sollten selbst die Konsequenzen ihres Handelns tragen, sind "populistisch". Und Druck aus Frankreich und England ist zu konstatieren, und es gibt keinen Grund, dem zu widerstehen.
Nehmen Sie's mir nicht übel, aber das kann ich nur schwer nachvollziehen.
Das liegt, lieber Gorgasal, vielleicht daran, daß wir unterschiedlich an das Problem herangehen.
Aus meiner Sicht geht es darum, eine zweite Krise wie diejenige von 2008f zu verhindern. Es muß ja nicht noch einmal so gut ausgehen wie damals; im ungünstigsten Fall kann es zu einem Desaster kommen wie 1929. Ich sehe überhaupt nicht, daß das ausgeschlossen ist.
Aus meiner Sicht geht es um eine technische Frage: Wie bewahrt man dieses System, das europäische Finanzsystem, vor dem Kollaps? Wie man das am besten anstellt, kann ich so wenig beurteilen, wie ich 1970 hätte beurteilen können, wie man Apollo 13 hätte retten können. Ich kann nur darauf vertrauen, daß die Verantwortlichen - die ja auch nicht alle Fachleute sind - die richtigen Ratgeber haben. Ich würde mir zB wünschen, daß die Bundesregierung Hans-Werner Sinn konsultiert.
Was das mit der Todesstrafe zu tun haben soll, weiß ich nun wirklich nicht. Und ja, der gute Rat an die Griechen, sich selbst zu helfen, ist populistisch. Denn jeder weiß, daß sie das so wenig können wie ein Ertrinkender, dem man vom Land aus fröhlich zuruft, er solle doch einfach schwimmen.
Mir scheint, Sie sehen das anders, lieber Gorgasal. Vielleicht meinen Sie beurteilen zu können, was die Folgen wären, wenn Griechenland der bailout verweigert wird. Ich weiß es nicht. Daß ich - in meiner eigenen Sicht - weniger weiß als Sie, das scheint mir die Grundlage unseres Dissenses zu sein.
Zitat von ZettelEs gibt ja aus Deutschland kaum Druck. Siehe die heutige Abstimmung.
Liebe Güte! Die heutige Abstimmung ist nur zustande gekommen, weil Merkel das zur Koalitionsfrage gemacht hat und die Fraktionsspitzen über Wochen enormen Druck auf die Abgeordneten ausgeübt haben.
Zitat Wolfgang Bosbach, einer der abgewichenen CDU-Abgeordneten, klagte über die Vorwürfe, die ihm gegenüber in den vergangenen Tagen von seinen Fraktionskollegen gemacht worden seien. Ein „so etwas habe ich noch nicht erlebt“ führte er aus. Zwar habe es keine Drohungen gegeben, ihn seines Amtes als Vorsitzender des Innenausschusses zu entheben. Doch er sei enttäuscht - weil er zu jenen Politikern gehöre, die des Morgens gerne zur Arbeit gehen wollten. Nun müsse er über Konsequenzen nachdenken.
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Zitat von R.A.Sie analysiert ganz offensichtlich weniger die Situationen bzw. die Probleme, sondern die Meinungsumfragen und die Medienkommentare. Und macht dann jeweils, was die Meute gerade fordert.
Hm, lieber R.A. - haben Sie mir nicht gerade vorhin erst zu erklären versucht, daß die heutige Entscheidung gegen die überwältigende Meinung im Volk gefallen sei?
Das ist es eben, was ich nicht gut nachvollziehen kann. Merkel paßt sich zu sehr an. Merkel regiert zu selbstherrlich. Merkel vertritt (so sieht man es überall in Europa) zu brutal die deutschen Interessen. Merkel vertritt zu wenig die deutschen Interessen. Und so fort.
Mir scheint, die einzige Konstante an dieser widersprüchlichen Kritik ist, daß man die Kanzlerin nicht schätzt. Ich hingegen schätze sie.
Zitat von ZettelAus meiner Sicht geht es darum, eine zweite Krise wie diejenige von 2008f zu verhindern. Es muß ja nicht noch einmal so gut ausgehen wie damals; im ungünstigsten Fall kann es zu einem Desaster kommen wie 1929. Ich sehe überhaupt nicht, daß das ausgeschlossen ist.
Aber das tut man nicht, indem man Probleme immer weiter anfüttert. R.A. hat es schon ausgeführt: richtig wäre eine geordnete Insolvenz Griechenlands gewesen, und das schon vor Monaten. Und ich sehe überhaupt nicht, wo dabei eine Krise des Euro herauskommen hätte können. Um Himmels willen, Griechenland verkörpert 2-3% der EU-Wirtschaft!
Zitat von ZettelWas das mit der Todesstrafe zu tun haben soll, weiß ich nun wirklich nicht.
Es geht nicht um die Todesstrafe. Es geht um die Einhaltung geltenden Rechts.
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Zitat von Gorgasal Es geht nicht um die Todesstrafe. Es geht um die Einhaltung geltenden Rechts.
Diese Sache ist völlig unbeantwortet. Warum mal da eine alle Rechtens ist aber noch nicht einmal mehr auf geltendes Recht bzgl der Finanzierung von Staaten verwiesen werden darf (was ja erst mal Gerichte klären müssen, dabei gibt es für "Normalbürger" gar keine Möglichkeit gegen derartige Gesetze vorzugehen), sollte da irgendwer etwas anderes wissen möchte es es speziell auch mir bitte mitteilen... Frag' ich mich wieiviele Maßstäbe legen wir an. Beim Mörder normales "Recht" mit allem was so dazugehört und in der Politik ist da alles "Verhandlungssache". Für mich paßt da etwa ganze gewaltig nicht und ich bin nicht der Meinung ich wäre hier auf dem Irrweg.... Aber ich glaube diese "Diskussion" ist völlig sinnlos, also halte ich es mal lieber mit louis_jane
Zitat von ZettelAus meiner Sicht geht es darum, eine zweite Krise wie diejenige von 2008f zu verhindern. Es muß ja nicht noch einmal so gut ausgehen wie damals; im ungünstigsten Fall kann es zu einem Desaster kommen wie 1929. Ich sehe überhaupt nicht, daß das ausgeschlossen ist.
Aber das tut man nicht, indem man Probleme immer weiter anfüttert. R.A. hat es schon ausgeführt: richtig wäre eine geordnete Insolvenz Griechenlands gewesen, und das schon vor Monaten. Und ich sehe überhaupt nicht, wo dabei eine Krise des Euro herauskommen hätte können. Um Himmels willen, Griechenland verkörpert 2-3% der EU-Wirtschaft!
Und die Karte eines Kartenhauses, die jemand wegzieht, damit das ganze Gebäude einstürzt, verkörpert vielleicht auch nur zwei Prozent der Karten.
Soweit ich es beurteilen kann, ist die Lage so: Vor allem französische Banken und die Banken einiger anderer Länder halten in großem Umfang griechische Staatspapiere. Geht Griechenland pleite, dann kommt es zu einem Schneeballeffekt wie nach der Pleite von Lehman Brothers. Die Mechanismen sind im einzelnen wohl so kompliziert, daß ich sie nicht verstehe. Eine Rolle spielt, soweit ich das durchschaue, daß Banken einander kein Geld mehr leihen, wenn sie fürchten, es in den Wind schreiben zu müssen. Dann kann das ganze System schnell krachen.
Von den Folgen wäre auch Deutschland nicht verschont. Man muß das verhindern; darüber sind sich offenbar alle in Europa einig. Das wird viel Geld kosten, und die Frage ist nun, wer wieviel von diesen Kosten trägt.
Deutschland trägt mehr als die anderen, weil auch seine Wirtschaftskraft größer ist. Aber es bekommt dafür ja auch etwas; nämlich einen Zuwachs an Macht. Wir haben ja schon über den ESM diskutiert. Wenn der momentane Entwurf Gesetz wird, dann hat Deutschland eine Sperrminorität und damit ein Macht wie kein anderes Land in Europa.
So weit meine ich das zu verstehen. Ob es für Deutschland, ob es für Europa gut ist, wenn wir uns derart engagieren, kann ich nicht beurteilen. Meine Phantasie reicht auch nicht aus, um mir ein Auseinanderbrechen Europas vorstellen zu können.
Es gab auf dem Weg in den jetzigen Schlamassel eine Reihe von Fehlentscheidungen. Aus meiner Sicht begann das mit der ersten Erweiterung der EWG. Die Einführung des Euro war ein Fehler. Es war ein schlimmer Fehler, die gescheiterte Verfassung einfach durch den mit ihr weitgehend identischen Vertrag von Lissabon zu ersetzen. Länder wie Griechenland hätten niemals in die Eurozone aufgenommen werden dürfen.
Es ist nie wirklich diskutiert worden, welches Ziel man eigentlich verfolgt. Es ist nie die Frage der balance of powers gründlich erörtert worden; wie das beispielsweise bei der Vorbereitung der US-Verfassung in den Federalist Papers geschah. Die Bürokraten und Politiker in Brüssel höhlen das Subsidiaritätsprinzip nach Belieben aus, und niemand tritt ihnen entgegen. Und so fort.
Aber was hilft es, das in der jetzigen Situation zu beklagen? Hic Rhodos, hic salta. Jetzt geht es um die Lösung der Griechenland-Krise.
Zitat von FAZ... die SPD, deren Fraktion ... am Donnerstag eine Anzeige im Berliner „Tagesspiegel“ hatte drucken lassen.
In Anlehnung an Walter Ulbrichts Ruf aus dem Jahr 1961 („Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen“) folgten der Eingangsformel der Anzeige „Niemand hat die Absicht....“ Vermerke auf Gesetzesmaßnahmen der Koalition - „die Atomkraftwerke abzuschalten“ und „die Wehrpflicht abzuschaffen“ - mündend dann in „Griechenland umzuschulden“.
Leider habe ich die Anzeige online nicht gefunden. Würde ich mir ausdrucken und an die Wand hängen.
-- Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito
Zitat von ZettelIch kann nur darauf vertrauen, daß die Verantwortlichen - die ja auch nicht alle Fachleute sind - die richtigen Ratgeber haben.
Lieber Zettel,
haben sie Angela Merkel bei Günther Jauch gesehen? Ich glaube, es war beim Verweis Jauchs auf die Kritik der Wirtschaftsweisen Beatrice Weder di Mauro an der derzeitigen Euro("rettungs")politik, als die Kanzlerin beschrieb, wie sie die Expertenmeinungen aufnimmt. Sinngemäß meinte sie, dass sie die verschiedenen Stimmen und Handlungsempfehlungen schon hört. Aber leider können die Fachleute ihr nicht explizit sagen welches genaue Ergebnis eine konkrete Entscheidung, wie z.B. das Zulassen des griechischen Staatsbankrotts, nun mit sich bringen würde. Keiner könne ihr genaue Zahlen nennen, die am Ende stünden, wenn sie sich zu einer weitreichenden Entscheidung durchringen würde.
Und da die Experten nunmal nur Empfehlungen gäben und letztlich nicht die Verantwortung dafür übernehmen würden, müsse sie, die Kanzlerin, halt ihren eigenen Überzeugungen folgen.
Für mich klang das nicht so, als ob es an den richtigen Ratgebern läge. Eher scheint sie irgendeine Art Mittelweg zwischen den Positionen der Fachleute zu suchen (kleinteiliges Durchwurschteln?). Irgendetwas, das sie vertreten kann, ohne dass etwas wirklich Entscheidendes passiert was sie dann verantworten müsste.
In Gefahr und größter Not, bringt der Mittelweg den Tod, oder?
Beste Grüße, Calimero
---------------------------------------------------- "Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande" - De civitate dei, IV, 4, 1. Übers.: Papst Benedikt XVI, Rede vor dem Deutschen Bundestag am 22. September 2011
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