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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 40 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.10.2011 09:57
Zum Tag der deutschen Einheit: Feiern? Antworten

Sehen Sie sich das TV-Programm des heutigen Nationalfeiertags an. Dann wissen Sie viel über den Zustand dieser Nation.

WasIstLiberal? ( gelöscht )
Beiträge:

03.10.2011 10:13
#2 RE: Zum Tag der deutschen Einheit: Feiern? Antworten

Mir ist auch nicht zum Feiern zumute wenn wir voran zur DDR x.x wollen. Wo es wieder nur "die Partei" gibt und alle die dagegen sind, sind (setzen Sie ein beliebiges Schimpfwort ein). Wie sind denn sonst die "Kommentare" zu Abweichlern des ESFS zu verstehen? Und wenn ich heute Frau Merkel sehen müsste, wie Sie über den Untergang der DDR sprechen dürfte, dann werde ich auch nicht glücklicher... und feierlicher würde mir schon gar nicht.

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

03.10.2011 10:20
#3 RE: Zum Tag der deutschen Einheit: Feiern? Antworten

Zitat
Nicht ganz freilich. Die Einwanderer aus der Türkei haben größtenteils, auch in der zweiten und dritten Generation, eine intakte nationale Identität: die türkische.



... und haben seit ca. 15 Jahren den Tag der deutschen Einheit "gekapert" für den "Tag der offenen Moschee" http://www.tagderoffenenmoschee.de/

FAB. Offline



Beiträge: 523

03.10.2011 12:10
#4 RE: Zum Tag der deutschen Einheit: Feiern? Antworten

Same procedure as last year; same procedure as every year.

Seltsam, nun bin ich schon wieder im Büro gelandet.

____________________________________________________
"I want my republic back!"

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

03.10.2011 12:22
#5 Was soll ich denn feiern ? Antworten

Nichts dagegen einen Nationalfeiertag zu haben, aber was ich feiern sollte, wüsste ich jetzt nicht so recht. Zum einen haben sich die Deutschen in der Mehrheit als Nation weitestgehend aufgegeben, sie leben ihre Nationalität nicht, sie gestatten es Einwanderern ihre Werte über die eigenen zu stellen, sie finden es gut, wenn sie sich selber nichtmal mehr in der Substanz erhalten, sie wissen ja nicht einmal, was es überhaupt bedeutet deutsch zu sein. "Man" würde sich dem ja vielleicht gerne einem Volk zugehörig fühlen, aber ich wüsste kaum wem man sich da eigentlich zugehörig fühlt. Es entsteht ja nun kein Gemeinschaftsgefühl mit jemandem, nur weil der in der Nachbarschaft wohnt. Mir fehlen gemeinschaftliche Werte, mit denen ich mich identifizieren könnte. Die meisten die da sind, werden heute öffentlich als Sekundärtugenden diffamiert. Na, klasse.

Zum zweiten, gerade der Tag ist ja nun massiv verunglückt. Was sollte ich denn am dritten Oktober feiern ? Die deutsche Einheit hat für mich keine besondere Bedeutung, ich habe mich auch in der BRD recht wohl gefühlt, warum sollte die deutsche Einheit einen Wert für sich darstellen ? Sicher nicht weil damit das Ergebnis eines verlorenen Krieges abgebaut wird. Ich habe wahrscheinlich mit den meisten Holländern mehr gemein als mit den Einwohnern von Dresden, dennoch sehe ich nicht, dass eine Vereinigung mit Holland zu irgendetwas gut wäre. Was ich vor allem sehe ist, dass seit der deutschen Einheit hunderte Milliarden (!) in ein anderes Gebiet von Europa gepumpt worden ist, Milliarden mit denen man sonstwas hätte tun können. Man mag sich kaum vorstellen, wie die wirtschaftliche Lage heute wäre, wären diese Milliarden nicht abgeflossen. Und politisch gesehen erlebe ich, wie eine kommunistische Partei sich breit macht, eine Partei, deren Schwergewicht vor allem in genau dem Teil des Landes zu suchen ist, für das ich seit mehr als zehn Jahren Sondersteuern bezahlen muss und auch noch Jahrzehnte zahlen soll. Nee, da ist für ein Kind der Bonner Republik wenig zu feiern. Die Einheit hat mir persönlich nahezu nichts gebracht, aber sie kostet mich jeden Tag. Sowohl politisch wie auch finanziell.

Darum sehe ich es wie FAB, ich werde jetzt noch ein bischen aufräumen und mich anschließend um den liegen gebliebenen Papierkram kümmern. Feiern werde ich sicher nix, warum auch ?

[edit]: Kleiner Nachsatz, bevor ich jemandem auf die Füsse trete: Ich habe per se nix gegen die Bewohner der ehemaligen DDR. Aber eben auch als Gruppe nicht viel für sie, zumindest nicht mehr als für jeden anderen Menschen, der in einigen hundert Kilometern Entfernung wohnt.

Reader Offline



Beiträge: 803

03.10.2011 13:21
#6 RE: Was soll ich denn feiern ? Antworten

Zitat von Llarian
[edit]: Kleiner Nachsatz, bevor ich jemandem auf die Füsse trete: Ich habe per se nix gegen die Bewohner der ehemaligen DDR. Aber eben auch als Gruppe nicht viel für sie, zumindest nicht mehr als für jeden anderen Menschen, der in einigen hundert Kilometern Entfernung wohnt.



Ich sehe darin eine gewisse Tragik. Das Fehlen jeglicher Empathie für diejenigen Deutschen, denen erst mehr als 40 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs die Freiheit gegeben wurde, berührt mich. Das "Glück", im Westen zu leben war ja nur das, schieres Glück, nicht wahr?

Trotzdem, einen schönen Feiertag und auf eine gute Zukunft,
herzlich,
R.r

Gansguoter Offline



Beiträge: 988

03.10.2011 13:39
#7 RE: Zum Tag der deutschen Einheit: Feiern? Antworten

Vor ein paar Tagen habe ich vergeblich versucht, das "staatsoffizielle" Programm zum Tag des Deutschen Einheit zu finden. Unter http://www.bonn2011.de und http://www.deutschlandfest-2011.de (schon heute deaktiviert bzw. zum Verkauf!!) findet sich nur das Spaßprogramm von kölschen Liedern über Show-und-Gardetanz bis zu Vorführungen von Rotem Kreuz und Bundeswehr - nicht zu vergessen die Zelte der 16 Bundesländer mit kulinarischen "Köstlichkeiten" aus dem Saarland und Sachsen-Anhalt ...

Über ein staatsoffizielles Programm war nichts und nichts zu finden. Der Lokalberichterstattung entnehme ich jetzt, dass es durchaus öffentliche Auftritte der Bundesregierung gegeben hat, einen Festgottesdienst in der Kreuzkirche etc.

Aber wenn schon für den gemeinen Bürger das offizielle Programme nur die Volksbelustigung enthält und nicht den staatsoffiziellen Teil, wie soll dann beim Bürger auch nur der Hauch eines GEfühls entstehen, dass es hier um mehr geht als Kirmes und Küche?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.10.2011 14:12
#8 RE: Zum Tag der deutschen Einheit: Feiern? Antworten

Zitat von Gansguoter
Vor ein paar Tagen habe ich vergeblich versucht, das "staatsoffizielle" Programm zum Tag des Deutschen Einheit zu finden. Unter http://www.bonn2011.de und http://www.deutschlandfest-2011.de (schon heute deaktiviert bzw. zum Verkauf!!) findet sich nur das Spaßprogramm von kölschen Liedern über Show-und-Gardetanz bis zu Vorführungen von Rotem Kreuz und Bundeswehr - nicht zu vergessen die Zelte der 16 Bundesländer mit kulinarischen "Köstlichkeiten" aus dem Saarland und Sachsen-Anhalt ...

Es hat sich also nichts geändert.

Vor drei Jahren hatte ich schon einmal Ähnliches wie jetzt über den Nationalfeiertag geschrieben, zum 17. Juni und noch einmal zum 3. Oktober. In dem Artikel zum 17. Juni habe ich damals beschrieben, wie wir die "Feier" 1998 in Hannover erlebt haben. Da war es genauso; nur auch noch naßkalt.

Ich frage mich, was ausländische Besucher von diesem Deutschland denken, wenn sie so etwas sehen. Verwunderung? Oder doch eher Verachtung für so wenig Stolz und Selbstbewußtsein?

Herzlich, Zettel

McCluskey Offline




Beiträge: 92

03.10.2011 15:14
#9 RE: Was soll ich denn feiern ? Antworten

Dass der 3. Oktober dieses Schattendasein führt, hat m.E. komplexe Ursachen. Da wäre das Datum an sich. Die Franzosen feiern den Sturm auf die Bastille, die Amerikaner ihre Unabhängigkeit, die Niederländer immerhin den Geburtstag ihrer Monarchin und wir das Inkrafttreten eines - zugegeben historisch bedeutsamen - Schriftstücks. Ich halte nach wie vor beispielsweise den 9. November auch und gerade wegen seiner ambivalenten Rolle in der deutschen Geschichte für den eindeutig besseren Nationalfeiertag, hier im Osten ist auch mehrfach der 9. Oktober, der Tag der ersten großen Montagsdemonstration in Leipzig 1989, ins Spiel gebracht worden.

Desweiteren: muss man die Schuld am mangelnden Nationalbewusstsein ausschließlich bei den Deutschen selbst suchen? Ist das nicht auch ein gewolltes Ergebnis der "Reeducation" durch die Aliierten nach dem Zweiten Weltkrieg? Selbst wenn man unterstellt, dass diese ausschließlich das Ausmerzen des Nazi-Gedankenguts im Sinn hatten, wurde dennoch die gesamte Bevölkerung grundlegend in ihrer Einstellung zu Patriotismus, nationalen Symbolen oder Interessen umerzogen. Die Folgen sieht man permanent in aktuellen politischen Debatten.

Darüber hinaus: Hatte denn der 17. Juni in den Jahren vor 1989 noch irgendeine Bedeutung in der alten Bundesrepublik außer als Anlass für ein paar halbherzige Reden? Bis auf Ausnahmen dürfte man sich damals mit dem Status quo arrangiert haben, genauere Einblicke fehlen mir da als ehemaligem DDR-Bürger, ich lasse mich da gern eines Besseren belehren.

Im Allgemeinen sehe ich einen Bedeutungsverlust von Feiertagsanlässen. Man hat halt arbeitsfrei und nur wenige machen sich tiefere Gedanken, ich schließe mich selbst da gar nicht aus.

Herr Offline




Beiträge: 406

03.10.2011 15:20
#10 RE: Zum Tag der deutschen Einheit: Feiern? Antworten

Lieber Zettel,

es ist ja alles nicht ganz so einfach. Wie wir auch in diesem Thread lesen, lassen sich Festtagsstimmung, Dankbarkeit, gar Rituale nicht verordnen und von oben her schaffen. – Erwarten Sie das?

Dieser Tag hat keine lange Geschichte, keine Tradition. Das hängt auch mit den Traditionsbrüchen und der speziellen Geschichte dieser Nation zusammen. Worin könnte eine gemeinsam zu feiernde Identität denn bestehen?

Herzlichen Gruß!
Herr

Herr Offline




Beiträge: 406

03.10.2011 15:26
#11 RE: Was soll ich denn feiern ? Antworten

Sehr geehrter Llarian,

Zitat von Llarian
Kleiner Nachsatz, bevor ich jemandem auf die Füsse trete: Ich habe per se nix gegen die Bewohner der ehemaligen DDR. Aber eben auch als Gruppe nicht viel für sie, zumindest nicht mehr als für jeden anderen Menschen, der in einigen hundert Kilometern Entfernung wohnt.



es tut mir leid, ich habe mich schon auf die Füße getreten gefühlt. Auf einmal ist dieses komische Ossi-Gefühl wieder da: Die haben gar kein Interesse an uns, für die sind wir nur eine Belastung. – Ok, ich kann das reflektieren, andere nicht.

Für mich ist, im Unterschied zu ihrer Erfahrung mit Holland, jemand vom Niederrhein oder aus Flensburg allemal näher als ein Tscheche oder Pole, der nur wenige Kilometer von meinem früheren Wohnort zuhause war.

Mir fällt dann immer diese Frage ein, die viele Ostdeutsche im Westen zu hören bekamen: "Sind sie zum ersten Mal in Deutschland?" :(

Gruß!
Herr

FTT_2.0 Offline



Beiträge: 537

03.10.2011 16:25
#12 RE: Zum Tag der deutschen Einheit: Feiern? Antworten

Nachdem ich im Ausland lebe, kann ich zum deutschen Nationalfeiertagfernsehsprogramm nicht viel sagen. Ich "begehe" den Tag gerade wegen meines im Ausland Wohnens der Einheit in der Regel schon mit ein paar kleinen Ritualen, wenn auch ein "bayerischer Nationalfeiertag" etwas näher an meiner gefühlten Identität läge.

Allerdings kann ich Zettels negative Fernseherfahrung insofern erweitern, als ich letztes Jahr, immerhin der 20. Jahrestag der Wiedervereinigung, vergeblich nach Veranstaltungen des öffentlich finanzierten deutschen Repräsentantenheers hier in meiner ausländischen Hauptstadt gesucht habe. Umso ernüchternder, wenn man bedenkt, dass bspw. die Leute vom Goethe-Institut es sonst bisweilen nicht an Aktionismus fehlen lassen, um oft extreme Nischen deutschen Kulturschaffens an ein alternativ-intellektuelles Nischenpublikum zu bringen, wie man es in dieser Zusammensetzung oft nur in Hauptstädten zu finden scheint.**

** Wenn ich mich recht erinnere, wurden diverse Umtriebe des Goethe-Instituts am Beispiel Athens hier schon einmal zur Sprache gebracht.

danielphoffmann Offline




Beiträge: 124

03.10.2011 16:30
#13 Gründe zum feiern! Antworten

einige Kommentatoren wissen nicht, was sie feiern sollen. Ihnen kann geholfen werden. Die deutsche Einheit ist ein Segen für die Menschen. Die Gründe sind sonnenklar:

- Die Summe der Transferleistungen von kapitalistischen Westen in den sozialistischen Osten nähert sich der 2 Billionen Grenze. Diese Summe ist gut angelegt.

- Wie haben endlich eine wahrhaft humanistische Partei der Arbeiterklasse im Bundestag und mit bis zu 30% der Wählerstimmen in gewissen Regionen des Ostens.

- Auch die sozialistische Bruderpartei NPD konnte sich erfolgreich von einer nationaldemokratischen zur nationalsozialistischen Partei entwickeln. Gestärkt durch zahlreiche Überläufer aus den Reihen der wahrhaft humanistischen Partei der Arbeiterklasse gelingen den Genoss_innen der NPD endlich beachtenswerte Wahlerfolge in gewissen Regionen des Ostens.

- Die Erkenntnis, dass die bürgerliche Demokratie nur der Niederhaltung der Arbeitermacht dient, während soziale Sicherung und ein starker Staat dagegen alles bedeuten, verbreitet sich erfolgreich vom Osten in den Westen. Selbst in den vormals finstersten kapitalistischen Regionen des Westens wächst das kritische Bewusstsein gegenüber der bürgerlichen Demokratie.

- Das gesamte politische System der BRD ist instabil geworden - und das ist auch gut so.

- Der Sozialstaat ist unter Überlast geraten - und das ist ebenfalls auch gut so.

- Flankiert durch klassenbewusste Elemente des Westens verbreitet sich die Kritik an Israel und den Zionist_innen erfolgreich vom Osten in den Westen.

- Ähnliches gilt für die zunehmende Ablehnung alter Bündnisse mit imperialistischen Nationen durch die breiten Volksmassen, Werktätigen, Bauern und die sonstige Intelligenz.

- Unsere Republik wird seit 2005 endlich wieder von einer klassenbewussten Kraft mit profunden Erfahrungen in der Jugendorganisation der Partei geführt. Alle vorherigen Kanzler_innen waren dagegen bezahlte Büttel des US Imperialismus.

An eye for an eye, a tooth for a tooth

destello Offline



Beiträge: 14

03.10.2011 17:07
#14 Alter des Feiertages Antworten

Ich halte auch das Alter des Feiertags für entscheidend. Der Königinnentag ist über 100 Jahre alt (wenn auch ursprünglich an einem anderen Tag), der französische und amerikanische Feiertag über 200, der spanische 12. Oktober über 500 und der schweizerische sogar über 700 (ich beziehe mich dabei auf das gefeierte Ereignis, nicht dass unbedingt schon so lange gefeiert wurde). Und das deutsche gerade einmal 20 Jahre. Deutschland hat es einfach verschlafen, ein zentrales ALTES Ereignis zum Kulminationspunkt zu erheben. Ein eher kurz zurückliegendes Datum hat nun einmal nicht so viel Strahlkraft.

Frank Offline




Beiträge: 187

03.10.2011 17:11
#15 RE: Gründe zum feiern! Antworten

Es gibt schon Gründe zum Feiern

Hier ein Bildvergleich (Greifswald-jeweils ein Foto 1992 und 2010) als Diashow

http://www.ipernity.com/doc/109913/album...ow/with/8259226



Das Aschenputtel der Städte: Bitterfeld

http://youtu.be/9s4WSkTgAb4

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Sit intra te concordia et publica felicitas

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

03.10.2011 17:13
#16 RE: Was soll ich denn feiern ? Antworten

Zitat von Reader
Ich sehe darin eine gewisse Tragik. Das Fehlen jeglicher Empathie für diejenigen Deutschen, denen erst mehr als 40 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs die Freiheit gegeben wurde, berührt mich.


Das Ende der Gefangenschaft ist nur ein Teil der Geschichte: Natürlich freut es mich, wenn Menschen in Freiheit leben können, aber das freut mich genauso wie für die Polen, die Tschechen, die Esten oder die Ungarn. Deswegen muss man sich nicht vereinigen.

Was nun die Empathie angeht, so muss ich eins dabei sagen: Ich war noch vergleichsweise jung, als die deutsche Einheit kam. Und ich habe mich damals darüber gefreut, wenn auch wohl eher für die Generation vor mir, die die Trennung überwunden sah. Ich kann Ihnen sagen, inzwischen ist mir die Freude recht gründlich ausgetrieben worden: Ich erlebe einen Teil von Deutschland, in den nicht nur seit 20 Jahren Unsummen transferiert werden, nein, ich muss mir auch noch erzählen lassen, es sei so furchtbar ungerecht, dass es nicht noch mehr ist. Und in Konsequenz wird fleissig eine kommunistische Partei gewählt. Kotzen könnte ich (verzeihen Sie die radikale Formulierung), wenn ich das erlebe.

Nicht nur, dass ich jeden Monat dafür Geld abführe, ich emfinde meine Zukunft und die meiner Nachkommen für gefährdet und bedroht. Ich werde irgendwann zum Fremden in meiner eigenen Heimat, weil ich es sicher nicht abwarten werde, bis in Deutschland die neue DDR ausgerufen wird. Können Sie verstehen, dass das frustriert ? Und wie man dann über die deutsche Einheit denkt ?

Calimero ( gelöscht )
Beiträge:

03.10.2011 17:26
#17 RE: Gründe zum feiern! Antworten

Zitat von danielphoffmann

- Wie haben endlich eine wahrhaft humanistische Partei der Arbeiterklasse im Bundestag und mit bis zu 30% der Wählerstimmen in gewissen Regionen des Ostens.


Leider wahr. Dabei hatte sich die alte BRD mit den Grünen doch gerade erst selbst eine destruktiv-linke Partei zugelegt. Jetzt haben wir blöderweise zwei von den Vereinen, wobei ich den grünen für weitaus gefährlicher halte. Der wird kollektiv verharmlost, während Koalitionen mit den SED-Nachfolgern ab und zu noch Kritik hervorrufen.

Zitat von danielphoffmann

- Die Summe der Transferleistungen von kapitalistischen Westen in den sozialistischen Osten nähert sich der 2 Billionen Grenze. Diese Summe ist gut angelegt.


Anfangs waren sie gut angelegt. Da ist viel Geld in Strukturmaßnahmen geflossen. Sprich Bautätigkeit. Im Westen der Republik wussten die o.g. Grünen alles was mit -bau zu tun hat ja wirksam zu verhindern. Mittlerweile ist der Soli, wie auch andere Finanztransfers nur noch Besitzstand, liebgewordene Verfügungsmasse für politisches Wirken(wollen).

Zitat von danielphoffmann

- Auch die sozialistische Bruderpartei NPD konnte sich erfolgreich von einer nationaldemokratischen zur nationalsozialistischen Partei entwickeln. Gestärkt durch zahlreiche Überläufer aus den Reihen der wahrhaft humanistischen Partei der Arbeiterklasse gelingen den Genoss_innen der NPD endlich beachtenswerte Wahlerfolge in gewissen Regionen des Ostens.


Ja, die NPD - diese alles infiltrierende Zersetzungsorganisation. Wirklich beachtlich, wie sie vom Osten aus die Republik unterwandert.

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"Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande" - De civitate dei, IV, 4, 1. Übers.: Papst Benedikt XVI, Rede vor dem Deutschen Bundestag am 22. September 2011

strubbi77 Offline



Beiträge: 337

03.10.2011 17:30
#18 RE: Gründe zum feiern! Antworten

Zitat von danielphoffmann
- Die Summe der Transferleistungen von kapitalistischen Westen in den sozialistischen Osten nähert sich der 2 Billionen Grenze. Diese Summe ist gut angelegt.

Wie hoch ist die Summe der Transferleistungen nach Saarland, Bremen und andere Bundesländer, die unter anderem vom Länderfinanzausgleich abhängen? Von der Sicht gesehen, wäre es sinnvoll den Nationalstaat vollständig aufzusplitten und einfach in der Kleinstaaterei die Zukunft zu sehen. (Die Summe, der Transfers aus dem Finanzausgleich ist nicht vollständig, das Subventionen, Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung auch noch zusätzlich zu Transfers führen ...)

Zitat von danielphoffmann
- Der Sozialstaat ist unter Überlast geraten - und das ist ebenfalls auch gut so.

Da bin ich mir nicht so ganz sicher was die Ursache dafür ist, dass der Sozialstaat _so_ stark geworden ist. Sind es die "gekauften" Wählerstimmen? Ist es das Gutmenschentum? Ich merke nur, dass genug Leute mobil genug sind, sich andere Lebensbedingungen zu suchen.

Zitat von danielphoffmann
- Unsere Republik wird seit 2005 endlich wieder von einer klassenbewussten Kraft mit profunden Erfahrungen in der Jugendorganisation der Partei geführt. Alle vorherigen Kanzler_innen waren dagegen bezahlte Büttel des US Imperialismus.

Diese Aussage mit der Jugendorganisation lese ich schon zum hundertsten mal und soll wohl ein Verweis auf:
Die Welt

Zitat von Welt Artikel
Dem Abitur folgte das Studium der Physik an der Leipziger Karl-Marx-Universität. Wer es einmal bis dorthin geschafft hatte, dem war die naturwissenschaftliche Karriere sicher - vorausgesetzt, daß man bei dem mit viel Ideologie flankierten Studium nicht aneckte. Dissidenten wie Biermann und Havemann waren für Angela Kasner kein Thema, sondern das Engagement in der SED-Jugendorganisation. Sie selbst berichtete, sie sei Kulturreferentin gewesen und habe sich um die Bereitstellung von Theaterkarten gekümmert. Andere, die Langguth ebenfalls befragt, erinnern sich, daß sie "Sekretärin für Agitation und Propaganda" gewesen sei. Auf Unterlagen kann Langguth hier nicht zurückgreifen, denn es gibt sie offenbar nicht mehr, genauso wenig wie Angela Kasners Pflicht-Arbeiten in Marxismus-Leninismus.

sein. Für mich sind das keine profunden Erfahrungen. Wenn sie profund wären, wären sie Überregional gewesen, dann müßte es aber Unterlagen (Bilder von Treffen?) und nicht nur Erinnerungen geben... Es gibt genügend Punkte an denen man sich über unsere alternativlose Kanzlerin aufregen kann, der genannte Punkt in ihrer Biographie ist für mich keiner.

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

03.10.2011 17:33
#19 RE: Was soll ich denn feiern ? Antworten

Zitat von Herr
es tut mir leid, ich habe mich schon auf die Füße getreten gefühlt. Auf einmal ist dieses komische Ossi-Gefühl wieder da: Die haben gar kein Interesse an uns, für die sind wir nur eine Belastung.


Lieber Herr, das Problem ist, an dem Satz ist eben auch sehr viel wahres dran. Denn ich gebe offen zu, dass mein Interesse nicht grösser ist, als an anderen Landstrichen, sei er besiedelt durch Holländer, Schweizer, Österreicher oder Liechtensteiner. Schade ist so ein bischen, wie wenig man das in Deutschland artikulieren darf, denn es ist politisch nicht korrekt das zu sagen, damit der Ost-West Konflikt nicht wieder aufgerissen wird.

Zitat
Für mich ist, im Unterschied zu ihrer Erfahrung mit Holland, jemand vom Niederrhein oder aus Flensburg allemal näher als ein Tscheche oder Pole, der nur wenige Kilometer von meinem früheren Wohnort zuhause war.


Das kann ich eben so nicht teilen. Was verbindet denn den Niederrheiner mit dem Dresdner oder Brandenbuger ? Die gemeinsame Geschichte kann es nicht unbedingt sein, denn die teilen wir auch mit Österreich, Frankreich oder auch Polen. Gemeinsame Werte sind es aber auch nicht, denn wie ich schon sagte, die meisten Holländer sind vermutlich näher an meinen Werten dran, als die Bewohner von Zwickau. Alles was dann irgendwo bliebe wäre Sprache, die teile ich aber auch mit Schweizern oder Österreichern. Mir bleibt nur Geographie und das ist für mich kein Grund der Empathie.

stefanolix Offline



Beiträge: 1.959

03.10.2011 18:02
#20 RE: Was soll ich denn feiern ? Antworten

Zitat von Llarian

Zitat von Reader
Ich sehe darin eine gewisse Tragik. Das Fehlen jeglicher Empathie für diejenigen Deutschen, denen erst mehr als 40 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs die Freiheit gegeben wurde, berührt mich.


Das Ende der Gefangenschaft ist nur ein Teil der Geschichte: Natürlich freut es mich, wenn Menschen in Freiheit leben können, aber das freut mich genauso wie für die Polen, die Tschechen, die Esten oder die Ungarn. Deswegen muss man sich nicht vereinigen.

Was nun die Empathie angeht, so muss ich eins dabei sagen: Ich war noch vergleichsweise jung, als die deutsche Einheit kam. Und ich habe mich damals darüber gefreut, wenn auch wohl eher für die Generation vor mir, die die Trennung überwunden sah. Ich kann Ihnen sagen, inzwischen ist mir die Freude recht gründlich ausgetrieben worden: Ich erlebe einen Teil von Deutschland, in den nicht nur seit 20 Jahren Unsummen transferiert werden, nein, ich muss mir auch noch erzählen lassen, es sei so furchtbar ungerecht, dass es nicht noch mehr ist. Und in Konsequenz wird fleissig eine kommunistische Partei gewählt. Kotzen könnte ich (verzeihen Sie die radikale Formulierung), wenn ich das erlebe.

Nicht nur, dass ich jeden Monat dafür Geld abführe, ich emfinde meine Zukunft und die meiner Nachkommen für gefährdet und bedroht. Ich werde irgendwann zum Fremden in meiner eigenen Heimat, weil ich es sicher nicht abwarten werde, bis in Deutschland die neue DDR ausgerufen wird. Können Sie verstehen, dass das frustriert ? Und wie man dann über die deutsche Einheit denkt ?




Lieber Herr Llarian,

es ist nicht zu ändern, dass die Wiedervereinigung in dieser Weise über Deutschland gekommen ist. Zum damaligen Zeitpunkt hatte die Wiedervereinigung eine große demokratische Mehrheit in beiden Teilen Deutschlands. Also wurde die Vereinigung vollzogen.

Wenn das Wort »alternativlos« in der Politik sonst nirgends passt, hier passt es jedenfalls. Gemäß dem Grundgesetz hätte damals jeder DDR-Bürger in den Westen übersiedeln können. Vermutlich wäre es wesentlich teurer geworden, diese Leute alle bei Ihnen im Westen einzugliedern und gleichzeitig die marode DDR zu stützen, der die leistungsfähigsten Leute weggelaufen wären. Die Wiedervereinigung war in Ihrem Grundgesetz über 40 Jahre angelegt und es gab niemals eine Mehrheit, um das zu ändern.

Nach der Vereinigung folgte ein viele hundert Milliarden DM schweres Konjunkturprogramm für beide Teile Deutschlands. Für beide Teile Deutschlands, weil ein großer Teil in den Westen zurückfloss und dort über viele Jahre Arbeitsplätze gesichert bzw. geschaffen hat.

Nun darf man über Konjunkturprogramme sehr geteilter Meinung sein. Aber Tatsache ist: Es gab und gibt Konjunkturprogramme auch ohne die Wiedervereinigung. Und es wird kein Steuerzahler gefragt, ob er da mitmachen will. Was meinen Sie, wie sehr ich mich über die Abwrackprämie geärgert habe? — Wir werden vermutlich alle gemeinsam für die schwachen EU-Staaten irgendwann so viel Geld aufbringen müssen, wie für die gesamte deutsche Wiedervereinigung. Fragt uns heute jemand?

Der sogenannte »Solidaritätszuschlag« wird erstens in ganz Deutschland gezahlt, also auch hier in Dresden. Und er ist zweitens ein nicht zweckgebundener Aufschlag auf die Einkommenssteuer. Das Geld fließt einfach in den Bundeshaushalt. Der Name der Abgabe ist natürlich eine Farce, denn Solidarität sollte freiwillig sein. Aber Namen sind Schall und Rauch. Es begann 1990 als gigantisches Konjunkturprogramm für das gesamte Deutschland. Heute werden mit dem Zuschlag vermutlich die Zinsen gezahlt und die Schulden getilgt. Morgen zahlen wir ihn für Griechenland …

Herzliche Grüße aus Dresden
Stefan

.

Muyserin Offline




Beiträge: 110

03.10.2011 18:39
#21 RE: Zum Tag der deutschen Einheit: Feiern? Antworten

Zitat von Zettel
[quote="Gansguoter"]

Ich frage mich, was ausländische Besucher von diesem Deutschland denken, wenn sie so etwas sehen. Verwunderung? Oder doch eher Verachtung für so wenig Stolz und Selbstbewußtsein?

Herzlich, Zettel



Das kommt doch auch etwas auf die ausländischen Besucher an. Nordkoreaner oder Weißrussen erinnern sich sicherlich wehmütig der bestimmt wunderschön gestalteten Militärparaden und Massenkinderchöre zu Ehren ihrer grandes nations und deren geistiger Überväter.

Gut, dass war polemisch, aber ich hoffe, es wird klar, worauf ich hinaus möchte. Mir ist ein Land ohne von oben verordnetes Brimborium lieber, solange es mir meine freiheitlichen Grundrechte gewährt.

Ich denke, solche Traditionen brauchen Zeit zu wachsen; 20 Jahre sind doch in Geschichte bemessen eher nur ein Blinzeln. Meinen Sie denn, die Franzosen hätten im Jahr eins nach der französischen Revolution, oder die Italiener im Jahr fünf nach der Einigung gleich die perfekten Feiern geschmissen? Und sieht es so aus, als seien es geeinte Gesellschaften?

Ich bin (zufällig) am 3. Oktober 1994 von West- nach Ostdeutschland übergesiedelt und nutze dieses Datum meist, um mich mit Freunden zu treffen. Der Kreis heute Abend wird zu ungefähr gleichen Teilen aus Ost- und Westdeutschen bestehen, die zum Teil miteinander verheiratet sind, gemeinsame Kinder haben und hüben wie drüben leben. Dieses Wissen um wunderbare Menschen, die alle zusammen einen kleinen Teil Deutschlands gestalten und abbilden, halte ich für viel wichtiger als Fernsehprogramme und Festtagsreden. Ich weiß nicht, ob ich stolz darauf bin (oder sein sollte), aber es ist ein Teil meines Lebens, der mich glücklich macht.

Mein Vorschlag zum Tag der deutschen Einheit: Man nutze das lange Wochenende und besuche jedes Jahr eine deutsche Stadt, in der man noch nie war. Man gehe in eine Kneipe und suche das Gespräch mit Fremden. Man höre einander zu.

--
Journal ohne Ismus … lauter gute Nachrichten

strubbi77 Offline



Beiträge: 337

03.10.2011 18:41
#22 RE: Was soll ich denn feiern ? Antworten

Zitat von Herr
es tut mir leid, ich habe mich schon auf die Füße getreten gefühlt. Auf einmal ist dieses komische Ossi-Gefühl wieder da: Die haben gar kein Interesse an uns, für die sind wir nur eine Belastung. – Ok, ich kann das reflektieren, andere nicht.

Es gab damals ja wohl den Ausspruch „Kommt die D-Mark, bleiben wir, kommt sie nicht, geh’n wir zu ihr“ der dazugehörende Artikel in Wikipedia zeigt ja die Alternativen die es damals gab.
a) DDR bleibt eigenes Gebiet und die Bürger dürfen nicht einfach übersiedeln (war aber im GG so nicht vorgesehen, war aber ein "schöner" Vorschlag aus dem Saarland)
b) die DDR wird wirtschaftlich integiert, mit entsprechenden finanziellen Folgen. (Deutsche Einheit)
c) offene Grenzen ohne Einschränkungen (das hätten beide Seiten nicht überlebt.)
Kann sein, dass ich da etwas übersehe, aber ich würde, wenn ich mit dem Wissen von heute alleine entscheiden müßte für die Einheit sein. Sicher ist nicht alles perfekt gelaufen und viel Geld in Projekte geflossen die sich als falsch erwiesen haben, aber das hat mit der Grundentscheidung nichts zu tun.

Und im allgemeinen empfinde ich die Einheit war und ist keine persönliche Belastung für mich. Die Zeit ab Oktober 89 bis 90 war eine schöne Zeit, die mir gezeigt hat, dass es möglich ist, dass scheinbar unmögliche Dinge passieren. Also ist sie ganz im Gegenteil eine Bereicherung für mich.

Zitat von Herr
Mir fällt dann immer diese Frage ein, die viele Ostdeutsche im Westen zu hören bekamen: "Sind sie zum ersten Mal in Deutschland?" :(

Da kommt es jetzt darauf an, wann die Frage gestellt wurde.
Falls in den ersten Tagen nach der Maueröffnung, dann könnte man den Fragenden noch zugute halten, dass es die sprachliche Teilung in "Deutschland" und "Deutsche Demokratische Republik" gab. So kam es mir jedenfalls vor, in der Sportberichterstattung hatte ich diese Teilung in Erinnerung. Wenn es danach war, dann muss es an purer Ignoranz gelegen haben. Das in den 70ern eingeführte Begrüßungsgeld hat doch dafür gesorgt, dass jeder, der mobil genug war sich wenigstens einmal auf den Weg in den von den anderen 3 "Sieger"-Mächten besetzten Teil Deutschlands gemacht hatte. Und darauf hatte sich die Frage ja bezogen.

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

03.10.2011 19:09
#23 RE: Was soll ich denn feiern ? Antworten

Zitat von stefanolix
Zum damaligen Zeitpunkt hatte die Wiedervereinigung eine große demokratische Mehrheit in beiden Teilen Deutschlands.


Äh, nein, es mag eine Randnotiz sein, aber die demokratische Meinung ist nie gefragt worden. Es war aber auch nicht nötig, weil genaugenommen gar keine Wiedervereingung stattgefunden hat, sondern die fünf neuen Länder der BRD beigetreten sind, was nach dem damaligen Grundgesetz auch so vorgesehen war. Nur der Sauberkeit der Begriffe halber, denn im Ergebnis sind wir einig: Es gab keine Alternative, noch wäre eine demokratisch gewollt worden. Ob allerdings deswegen ein gigantischer Finanztransfer gewollt worden ist, das darf bezweifelt werden.

Zitat
Nach der Vereinigung folgte ein viele hundert Milliarden DM schweres Konjunkturprogramm für beide Teile Deutschlands. Für beide Teile Deutschlands, weil ein großer Teil in den Westen zurückfloss und dort über viele Jahre Arbeitsplätze gesichert bzw. geschaffen hat.


Das hört man immer wieder, aber richtig wird es dadurch erstmal nicht. Natürlich ist Geld auch zurückgeflossen, weil die (alte) BRD schon immer ein guter Anbieter von Maschinen, Autos und allerlei Konstruktionsleistungen gewesen ist. Alleine, wenn man das Geld den Bürgern nicht genommen hätte, dann wäre das auch investiert worden. Und zwar da, wo der Bürger, der den Soli zahlt, auch wohnt. Das Geld ist weg, das lässt sich nicht wegdiskutieren. Ob man an jeder Mark, die man weggegeben hat, wieder ein paar Pfennig zurückverdient hat, ist dabei nicht wirklich das Maß der Dinge. Das hätte man ebenso, wenn man es selbst ausgegeben hätte. Konjunkturprogramme unterliegen der Illusion es sei Aufgabe des Staates "die Wirtschaft anzukurbeln". Ich wüsste nicht wie man etwas ankurbeln will, wo man vorher draufgehauen hat.

Zitat
Was meinen Sie, wie sehr ich mich über die Abwrackprämie geärgert habe?


Ja, und ? Ich auch. Das das eine gemacht wird, rechtfertigt doch das andere nicht.

Zitat
Wir werden vermutlich alle gemeinsam für die schwachen EU-Staaten irgendwann so viel Geld aufbringen müssen,


Ich hör immer müssen. Das ist doch genau der Punkt. Ich muss das nicht "müssen". Sie müssen das auch nicht müssen. Ich muss auch keinen Soli zahlen "müssen". Dieses müssen ist doch nur die Aussage von bestimmten Politikern, die sich als die grossen Wohltäter der Welt sehen wollen. Ich sehe nicht einen Grund, warum ich das tun müsste. Wenn jemand verhungert, dann bin ich der letzte, der ihm nicht die Wurst dazu schenken will. Aber weder in den fünf neuen Ländern noch in Griechenland herschen Hungersnöte. Ich muss nix müssen, das einzige was ich irgendwann muss ist sterben, alles andere ist optional. Ich sag das deshalb so platt, weil mich diese Sprechen in "Alternativlos" wirklich auf die Palme bringt. Große Mehrheiten der heutigen Bevölkerung wollen keine Finanztransfers innerhalb von Europa, allein, es juckt keinen Politiker. Und das ist beim Soli nicht anders.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

03.10.2011 20:17
#24 Nordkorea und Weißrußland Antworten

Liebe Muyserin,

ich habe mich bisher immer gefreut, wenn ich einmal wieder einen Beitrag von Ihnen lesen konnte. Diesmal nicht.

Zitat von Muyserin

Zitat von Zettel
Ich frage mich, was ausländische Besucher von diesem Deutschland denken, wenn sie so etwas sehen. Verwunderung? Oder doch eher Verachtung für so wenig Stolz und Selbstbewußtsein?

Das kommt doch auch etwas auf die ausländischen Besucher an. Nordkoreaner oder Weißrussen erinnern sich sicherlich wehmütig der bestimmt wunderschön gestalteten Militärparaden und Massenkinderchöre zu Ehren ihrer grandes nations und deren geistiger Überväter.

Gut, dass war polemisch,


Polemisch? Das ist arg neben dem Thema. Sehr arg.

Falls Sie meinen Artikel gelesen haben - ich bezweifle das fast -, dann wissen Sie, daß ich als die Länder, in denen der Nationalfeiertag wirklich gefeiert wird, die Schweiz, Frankreich und Holland genannt habe.

Irgendwie etwas andere Länder als die beiden, die Ihnen eingefallen sind, nicht wahr? Ich habe sie genannt, weil ich dort den Nationalfeiertag selbst mitgefeiert habe.

Ich hätte auch andere nennen können - Großbritannien, das den Geburtstag der Königin feiert (wenn auch nicht an diesem Kalendertag) beispielsweise. Oder den Nationalfeiertag in Schweden, aus Ihrer Sicht ja offenbar auch ein Land wie Nordkorea und Weißrußland.

Ich hänge drei Bilder von diesem Nationalfeiertag an (alle Wiki Commons entnommen; Reproduktion also erlaubt).

Zitat von Muyserin
aber ich hoffe, es wird klar, worauf ich hinaus möchte. Mir ist ein Land ohne von oben verordnetes Brimborium lieber, solange es mir meine freiheitlichen Grundrechte gewährt.

Grundrechte werden nicht gewährt, sondern sie sind der unveräußerliche Besitz jedes Menschen.

Es geht ja eben aus meiner Sicht gerade nicht darum, daß der Staat etwas verordnet oder gewährt. Das ist, verzeihen Sie, DDR-Denken. Wir, die freien Bürger einer freien Nation, sollen uns als diese Nation feiern; unsere Traditionen, unsere Geschichte (ja!), unsere nationale Identität, also unsere Zusammengehörigkeit.

So tun viele, so tun es die allermeisten demokratischen Rechtsstaaten an ihrem Nationalfeiertag. Mit einer Nation, die das nicht tut, ist etwas nicht in Ordnung. Auch diese Unfähigkeit, die eigene Identität zu bejahen und auch in solchen Feiern zum Ausdruck zu bringen, kann man unter die Überschrift "Deutschland schafft sich ab" stellen.

Zitat von Muyserin
Ich denke, solche Traditionen brauchen Zeit zu wachsen; 20 Jahre sind doch in Geschichte bemessen eher nur ein Blinzeln. Meinen Sie denn, die Franzosen hätten im Jahr eins nach der französischen Revolution, oder die Italiener im Jahr fünf nach der Einigung gleich die perfekten Feiern geschmissen? Und sieht es so aus, als seien es geeinte Gesellschaften?

Der Tag der Deutschen Einheit ist nun aber auch schon mehr als ein halbes Jahrhundert alt. Es war ein Fehler und eine Dummheit, ihn vom 17. Juni auf den 3. Oktober zu verlegen.

Denn gerade die Wiedervereinigung war doch die Erfüllung dessen, was die Menschen in der DDR am 17. Juni 1953 gewollt hatten und was von den sowjetischen Panzern niedergewalzt wurde. Wir hätten ab 1990 den 17. Juni mit Stolz feiern könnnen; mit Stolz vor allem auf die Menschen der DDR, die sich ihre Freiheit friedlich - aber ja nicht ohne Risiko für alle, die mitgemacht haben - erkämpft hatten.

Ich bewundere jeden von ihnen; die chinesische Lösung lag ja in der Luft, und die Betriebskampfgruppen standen bereit. Noch der frisch ernannte SED-Chef Gysi hat sich in einem Telefonat mit Moskau erkundigt, wie man denn dort die militärische Beistandspflicht gegenüber dem Bündnispartner DDR sehe.

Zitat von Muyserin
Mein Vorschlag zum Tag der deutschen Einheit: Man nutze das lange Wochenende und besuche jedes Jahr eine deutsche Stadt, in der man noch nie war. Man gehe in eine Kneipe und suche das Gespräch mit Fremden. Man höre einander zu.

Ein langes Wochenende ist es ja nun nicht jedes Jahr, liebe Muyserin.

Was Sie anregen, ist schön. Aber mit einem Nationalfeiertag hat es nichts zu tun. Wenn das der ganze Inhalt eines Nationalfeiertags sein sollte, dann gehört er abgeschafft.

Herzlich, Zettel

PS: Für eine vergrößterte Ansicht bitte auf die Bilder klicken.

Angefügte Bilder:
Nationalfeiertag Schweden 1.jpg   Nationalfeiertag Schweden 2.jpg   Nationalfeiertag Schweden 3.jpg  
Gansguoter Offline



Beiträge: 988

03.10.2011 21:00
#25 RE: Zum Tag der deutschen Einheit: Feiern? Antworten

Deutschland hat - ungeachtet der WM 2006 - kein Verhältnis zu sich als Nation. Das wurde mir erstmals deutlich, als wir zufällig beim griech. Nationalfeiertag in die Feierlichkeiten auf irgendeiner kleinen Insel geraten sind - da war mehr Nationalstolz und Feier als ich bei uns je erlebt habe. Das wurde mir dann deutlich bei der Inbrunst, mit der die niederländische Lektorin bei uns im Institut an der Uni den Königinnentag feierte und alle mit ihrer Festfreude ansteckte (und uns alle mit Gebäck erfreute). Das wurde mir auch deutlich in Israel und im Umgang Israels mit sich als Nation am Tag der Unabhängigkeit (Jom HaAtzmaut).

Gleiches gilt für den Umgang mit den Gefallenen der Kriege der Vergangenheit und Gegenwart: Vermutlich die meisten europäischen / westlichen Länder haben einen Gedenktag, an dem auch öffentlich der Gefallenen gedacht wird (oft am 11. November: Armistice Day), und zwar, soweit ich sehe, zumindest heute ohne den Krieg als solchen zu verherrlichen, sondern als Erinnerung an die Menschen, denen der Staat den Kriegsdienst befohlen hat (egal, ob zurecht oder zu Unrecht) und die dann gefallen sind und aus dem Leben und aus ihren Familien gerissen worden sind.

Ein Problem speziell in Deutschland ist gewiss die Erinnerung an die deutschen Toten des Zweiten Weltkriegs aufgrund der Verstrickung vieler in den Vernichtungskrieg und Kriegsverbrechen. Aber mit der Scham über die deutschen Untaten im Zweiten Weltkrieg hat man direkt jede Erinnerung an deutsche Gefallene - auch des Ersten Weltkriegs, auch an die Gefallenen der Bundeswehr - über Bord geworfen und begeht nur mehr versteckt und fern der Öffentlichkeit den Volkstrauertag.

Franzosen, Engländer, Kanadier, Neuseeländer gedenken ihrer Großväter, Urgroßväter, die 1914-18 in Europa gefallen sind. Warum kann ich nicht öffentlich meines Urgroßvaters gedenken, dessen Leben 1914 von einer französischen Kugel beendet wurde? Meines Großonkels, der 1918 von einer amerikanischen Granate tödlich verletzt wordne ist? Meines Großonkels, der 1916 eine französische MG-Stellung stürmen sollte - aber der MG-Schütze war schneller? Die sind von ihrem Kaiser in den Krieg gerufen worden und waren überzeugt, der richtigen Sache zu dienen - wie jeder frz. Poilu für seinen Präsidenten und La France in den Krieg zog. Keiner wurde gefragt, alle glaubten sich auf der richtigen Seite, alle waren sie am Ende tot. Der einen wird gedacht, der anderen nicht.

Und selbst für den Zweiten Weltkrieg würde ich sagen: Was kann mein Großvater dazu, dass er noch im Frühjahr 45 an die Front geworfen wurde? War er ein Verbrecher, dass er im April 45 Wien gegen die Sowjets verteidigt hat? Darf ich seiner nicht gedenken, weil er die falsche Uniform trug? Er, der sich nichts mehr wünschte, als dass er wieder in die Heimat käme, dass der Krieg vorbei sei, dass er seinen kleinen Sohn wiedersähe?

Die italienischen Alpini legen heutzutage Kränze nieder an Denkmälern für Gefallene der Österreicher im Ersten Weltkrieg (etwa am Stilfser Joch). Auch hier wieder ganz anders der Umgang in Israel mit Gefallenen. Die Bundeswehrsoldaten, so sehr man den Krieg in Afghanistan ablehnen mag, sind vom deutschen Parlament und damit vom Souverän nach Afghanistan und im Zweifel in dne Tod geschickt worden. Auch hiermit mag sich niemand auseinandersetzen.

Außerdem aus Fußball-Anlässen benutzt auch niemand die dt. Fahne in der Öffentlichkeit. Um noch mal unsere israelischen Austauschpartner zu bemühen: Die hatten beim letzten Besuch ganz selbstverständlich eine Fahne dabei, die sie bei einer Memorial Ceremony entfalteten. Und nach besinnlichen Texten, nach Totengebet und Gedichten ganz selbstverständlich die HaTikvah, von allen Schülern gesungen. Welcher Schüler in Deutschland hat schon mal bei einer schulischen Veranstaltung die Nationalhymne gesungen? Wer überhaupt? Ich kann mich nicht entsinnen, je die Hymne gesungen zu haben (außer bei einem alten Lehrer in der Grundschule).

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