Geht es die Kirche als Dienstherrn etwas an, wen eine Vikarin, also eine Anwärterin für den Pfarrdienst, heiratet? – Die Entscheidung der württembergischen Landeskirche zur Entlassung einer Vikarin, die einen Muslim geheiratet hat, schlägt Wellen. Ich bin der Meinung, die Kirche darf so entscheiden.
Schöner Beitrag und wieder eine Widerlegung meiner These, wonach es sich beim Protestantismus um kirchlichen Atheismus handelt Aber ich lasse mich da ja nur allzu gerne widerlegen. Als jemand, der die meiste Zeit seines bisherigen Lebens in einer Art Diaspora-Situation gelebt hat, wo der Pfarrer als "Wandlungsreisender" Gemeinden abdecken musste, die hunderte Kilometer voneinander entfernt zu Hause waren, kann ich mir gut vorstellen, welche Opfer dieser Beruf erfordern kann. Wobei man als Gemeindemitglied nie vergessen sollte: Auch Pfarrer sind keine Supermänner oder -frauen, und sie brauchen trotz aller Berufung auch so banale Dinge wie Urlaub und Freizeit. Und Familie zu haben, macht die Sache für den Amtsinhaber insgesamt nicht zwingend wirklich leichter, obwohl dann hoffentlich überwiegend doch mit mehr Lebensglück verbunden, und manchmal auch mit deutlicher Hilfe im Gemeindeleben. Auch Pfarrersfrau bzw. -mann kann eine Berufung sein. Und muss es vielleicht sogar, wie uns nicht nur dieser Beitrag nahe legt, sondern auch die Lebensweisheit - wer so mit seinem Beruf verschmilzt wie das ein Pfarrer tun muss, kann auf Dauer keinen Partner haben, der das nicht genau so lebt. (Kleiner Ad-Hoc-Einschub: Dass ich hier für den Pfarrer und den Partner jeweils problemlos das Maskulinum verwenden kann, ohne damit für den Leser zwingend auf eine Schwulenehe abzuzielen, zeigt den ganzen Unsinn einer "gegenderten" Sprache)
Rein formal zählt für mich vor allem eins: Wer diesen Beruf ergreift und dessen Voraussetzungen und Bedingungen kennt, hat aus meiner Sicht kein Recht, hinterher deren Ungültigkeit einzufordern. Wäre hingegen die Qualifikation ihres muslimischen Ehemanns als Ausschlusskriterium für die Vikarin überraschend gekommen, wäre die Sache aus dieser Sicht problematisch.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von TimIntelligenter Beitrag, klug argumentiert.
Mal einfach nicht intelligent sondern ganz plattfüßig argumentiert: "professionelle Kompetenzen" ganz offensichtlich nicht vorhanden und ein Foto dieser Vikarin möchte ich auch nicht sehen. Es könnte unschöne Vorurteile bestätigen.
Zitat von HerrGeht es die Kirche als Dienstherrn etwas an, wen eine Vikarin, also eine Anwärterin für den Pfarrdienst, heiratet? – Die Entscheidung der württembergischen Landeskirche zur Entlassung einer Vikarin, die einen Muslim geheiratet hat, schlägt Wellen. Ich bin der Meinung, die Kirche darf so entscheiden.
Lieber Herr, bereits die Vorstellung, daß Priester - und auch der evangelische Pfarrer ist ja ein Priester - ein "Beruf" sei wie Schneider, Schuster oder Mechatroniker, kommt mir absurd vor.
In jeder anderen Kultur, in jeder anderen Zeit außer im Abendland des späten zwanzigsten und jetzt des einundzwanzigsten Jahrhunderts hätte man das so beurteilt.
Ich habe vor einiger Zeit einen Film über die Ausbildung junger Rabbis gesehen, die dann - im Wortsinn - mit der Würde des Amts bekleidet wurden.
Dieser Ernst, diese Feierlichkeit - das gibt es offenkundig im Judentum noch. Die jungen Männer, die nun Rabbi waren, sahen das, so schien es mir, wie eine Verwandlung an. So, wie der katholische Priester "geweiht" wird. Man wird ein anderer; man hat nun eine neue soziale Rolle sui generis mit aller der Macht, mit der Autorität, auch mit den Versuchungen, die damit einhergehen.
Sie schreiben:
Zitat Der Pfarrberuf wird zunehmend nicht mehr als umfassende, der Verkündigung des Evangeliums dienende Lebensform gesehen, sondern als ein Job, also als eine zeitlich begrenzte Tätigkeit, der man vierzig, fünfzig oder auch sechzig Stunden in der Woche nachgeht, die man aber wechseln kann, und außerhalb derer man Privatperson ist.
Eine Religion, die das so sieht, ist aus meiner Sicht (wenn Sie dem Agnostiker das zu sagen erlauben ) am Ende.
Der nächste logische Schritt ist es, die PfarrerInnen statt Theologie gleich Psychologie studieren zu lassen und darauf zu dringen, daß neben Verhaltenstherapie, Gesprächstherapie usw. auch die Sakraltherapie mit den Kassen abgerechnet werden kann.
Zitat von TimIntelligenter Beitrag, klug argumentiert.
Mit einer - ich nenne es mal betriebsbedingten - Ausnahme - nämlich der Verknüpfung von Zölibat und dem "Ausleben der sexuellen Bedürfnisse in wie auch immer akzeptabler Form". Diese harrt, je öfter wiederholt, um so mehr eines Nachweises, den ich noch nirgendwo finden konnte. Zum zweiten: Halten Sie den Ehebruch auch für "Ausleben der sexuellen Bedürfnisse in wie auch immer akzeptabler Form"? Sicher nicht, und dennoch kommt er im ev. Pfarrhaus vor, und die evangelische Theologie schützt auch nicht davor
Gruß Petz
"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln
Zitat von Meister PetzMit einer - ich nenne es mal betriebsbedingten - Ausnahme - nämlich der Verknüpfung von Zölibat und dem "Ausleben der sexuellen Bedürfnisse in wie auch immer akzeptabler Form". Diese harrt, je öfter wiederholt, um so mehr eines Nachweises, den ich noch nirgendwo finden konnte. Zum zweiten: Halten Sie den Ehebruch auch für "Ausleben der sexuellen Bedürfnisse in wie auch immer akzeptabler Form"? Sicher nicht, und dennoch kommt er im ev. Pfarrhaus vor, und die evangelische Theologie schützt auch nicht davor Gruß Petz
Lieber Petz, lesen Sie doch bitte meinen Satz noch mal genau:
Zitat Der Vorteil gegenüber der katholischen Lösung bestand darin, dass sie ihn auch weitgehend davon frei hielt, seine sexuellen Bedürfnisse in wie auch immer inakzeptabler Form auszuleben.
Ich wage mal die Vermutung, dass Ehebruch bei evangelischen Pfarrern seltener vorkommt als nichteheliche sexuelle Verhältnisse bei katholischen Pfarrern. Der Anlass seiner Abschaffung zur Reformationszeit war jedenfalls, dass der Zölibat praktisch nicht funktionierte.
Zitat von nicht von HerrMensch sein ist nicht einfach ein Beruf wie jeder andere, schon gar nicht ein Job. Mensch sein ist eine Lebensform. Wenn der Arbeitstag, die Kantinengespräche, der Nachhauseweg vorbei ist, bin ich immer noch Mensch. Natürlich habe ich Freizeit, Urlaub, selbstbestimmte Zeit. Aber ich höre nicht auf, in dieser Zeit Mensch zu sein. Das Telefon kann klingeln, und ich werde als Freund benötigt. Ich kann ans andere Ende der Welt reisen und treffe jemanden, der mich als Mitmensch anspricht. Und habe ich dort “die Sau rausgelassen”, dann fällt das auf mich als Mensch, auf meine Glaubwürdigkeit, auf die Werte, zu denen ich mich bekenne, zurück.
Liberaler sein ist nicht einfach...
Christ sein ist nicht...
Zur lutherischen Lehre gehört es, mit dem Priestertum aller Gläubigen ernst zu machen; keine geweihten Orte, keine geweihten Priester, keine geweihten Hostien mehr. Sondern Christen, die auf das Wort Gottes hören. Der Zweck des Pfarrerberufs besteht dabei im wesentlichen in der Qualitätssicherung: die Christen sollen ihr persönliches Bibelverständnis an einem theologischen anspruchsvollen messen können. Zu diesem Zweck steigt jeden Sonntag ein Theologe im Talar auf die Kanzel, steht er für ein persönliches Glaubensgespräch zur Verfügung, lehrt die Konfirmanden - ein Lehrberuf wie andere.
Und umgekehrt ist jeder andere Beruf ebenso "Berufung", Gotteslob durch Hingabe an die tägliche Arbeit.
So etwa, lieber Herr, habe ich es, nun ja, gelesen. Und nun ist das gar nicht so? Der Herr Pfarrer doch was Besonderes? Das ist ja zum Katholischwerden!
Zitat von HerrIch wage mal die Vermutung, dass Ehebruch bei evangelischen Pfarrern seltener vorkommt als nichteheliche sexuelle Verhältnisse bei katholischen Pfarrern. Der Anlass seiner Abschaffung zur Reformationszeit war jedenfalls, dass der Zölibat praktisch nicht funktionierte.
Aber das kann doch kein Argument sein. Zölibat funktioniert nicht - lassen wir sie heiraten. Die Ehe funktioniert nicht - lassen wir sie sich scheiden lassen. Ein Pfarrer ist schwul - wunderbar, da können wir zeigen, wie modern wir sind (zumindest wenn der Freund auch lutherisch ist, interpretiere ich mal). In dieser Argumentationslinie gibt es keinen Grund mehr, der Vikarin die Heirat eines Muslims zu verbieten. Entweder wir halten an der Idee der evangelischen Pfarrersfamilie als Leuchtturm der Gesellschaft fest, dann reicht der Pragmatismus ex post nicht aus, sondern wir brauchen eine theologische Begründung. Und die kann halt nicht sein, das zu erlauben, was jeweils die geringsten Konflikte mit dem aktuellen gesellschaftlichen Mainstream bringen könnte.
Wie ist es denn, wenn der/die Partner/in ungläubig ist?
Gruß Petz
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Zitat von KalliasZur lutherischen Lehre gehört es, mit dem Priestertum aller Gläubigen ernst zu machen; keine geweihten Orte, keine geweihten Priester, keine geweihten Hostien mehr. Sondern Christen, die auf das Wort Gottes hören. Der Zweck des Pfarrerberufs besteht dabei im wesentlichen in der Qualitätssicherung: die Christen sollen ihr persönliches Bibelverständnis an einem theologischen anspruchsvollen messen können. Zu diesem Zweck steigt jeden Sonntag ein Theologe im Talar auf die Kanzel, steht er für ein persönliches Glaubensgespräch zur Verfügung, lehrt die Konfirmanden - ein Lehrberuf wie andere.
Danke, lieber Kallias, für Ihre ernst zu nehmenden Einwände!
Ich mache es mal kurz, einfach auch, weil ich heute nicht so viel Zeit habe: Ich habe trotz allen Parallelen zum katholischen Priesteramt das Pfarramt funktional beschrieben, nicht ontologisch – so wie es sich für einen protestantischen Theologen gehört.
Zitat von Meister Petz Aber das kann doch kein Argument sein. Zölibat funktioniert nicht - lassen wir sie heiraten. Die Ehe funktioniert nicht - lassen wir sie sich scheiden lassen. Ein Pfarrer ist schwul - wunderbar, da können wir zeigen, wie modern wir sind (zumindest wenn der Freund auch lutherisch ist, interpretiere ich mal). In dieser Argumentationslinie gibt es keinen Grund mehr, der Vikarin die Heirat eines Muslims zu verbieten. Entweder wir halten an der Idee der evangelischen Pfarrersfamilie als Leuchtturm der Gesellschaft fest, dann reicht der Pragmatismus ex post nicht aus, sondern wir brauchen eine theologische Begründung. Und die kann halt nicht sein, das zu erlauben, was jeweils die geringsten Konflikte mit dem aktuellen gesellschaftlichen Mainstream bringen könnte.
Es ist keine stringente Argumentationslinie. Zölibat funktioniert nicht, weil Ehelosigkeit in biblischem Verständnis ein seltenes Charisma ist. Ansonsten ist es gegen die Natur und die Schöpfungsordnung, einem Menschen das Heiraten zu verwehren. Luther hat sich hier drastisch ausgedrückt ...
Die Ehe funktioniert nicht: Um des Herzens Härtigkeit willen hat Gott durch Mose die Scheidung erlaubt. Es soll nicht so sein, aber es ist leider so. (Mk 10 par). Eine Ehescheidung im Pfarrhaus belastet die Gemeinde, also ermöglichen wir den Neuanfang in einer anderen Gemeinde.
Ein Pfarrer ist schwul: Da sind die Meinungen geteilt. Ich halte einen praktizierend schwulen Pfarrer (ggf. mit Partner im Pfarrhaus) nicht geeignet für diesen Beruf. Andere sehen das anders. Bei manchen funktioniert es (ich kenne natürlich homosexuelle Pfarrer und Pfarrerinnen).
Zitat Wie ist es denn, wenn der/die Partner/in ungläubig ist?
Zitat von ZettelDer nächste logische Schritt ist es, die PfarrerInnen statt Theologie gleich Psychologie studieren zu lassen und darauf zu dringen, daß neben Verhaltenstherapie, Gesprächstherapie usw. auch die Sakraltherapie mit den Kassen abgerechnet werden kann.
Nun ja, die Sakraltherapie gleicht sich ja – wenn man sich die Seelsorgeausbildung anschaut – ohnehin den Psychotherapien an. Ansonsten haben wir noch unser eigenes Versicherungsmodell: Sakrale Gestaltung von Familienfeiern mit persönlicher Begleitung von der Wiege bis zur Bahre, persönliche Beratung und Begleitung in Notlagen aller Art, Kinder- und Jugendbildung, Seniorenbetreuung und vieles mehr gegen einen einkommensabhängigen Beitrag, der vom Finanzamt erhoben wird
Zitat von KalliasZur lutherischen Lehre gehört es, mit dem Priestertum aller Gläubigen ernst zu machen; keine geweihten Orte, keine geweihten Priester, keine geweihten Hostien mehr. Sondern Christen, die auf das Wort Gottes hören. Der Zweck des Pfarrerberufs besteht dabei im wesentlichen in der Qualitätssicherung: die Christen sollen ihr persönliches Bibelverständnis an einem theologischen anspruchsvollen messen können. Zu diesem Zweck steigt jeden Sonntag ein Theologe im Talar auf die Kanzel, steht er für ein persönliches Glaubensgespräch zur Verfügung, lehrt die Konfirmanden - ein Lehrberuf wie andere.
Danke, lieber Kallias, für Ihre ernst zu nehmenden Einwände!
Ich mache es mal kurz, einfach auch, weil ich heute nicht so viel Zeit habe: Ich habe trotz allen Parallelen zum katholischen Priesteramt das Pfarramt funktional beschrieben, nicht ontologisch – so wie es sich für einen protestantischen Theologen gehört.
Ich würde mich, lieber Herr, freuen, wenn Sie bei mehr Zeit noch ausführlicher auf Kallias antworten könnten.
Seinen Gesichtspunkt hatte ich überhaupt nicht gesehen, als ich die evangelischen Pfarrer als Priester bezeichnet habe. Ich glaube, das kommt daher, daß ich das Christentum eben "von außen" sehe. Jede Religion hat ihre Priester, ihre Schamanen, ihre Vestalinnen und Medizinmänner - einfach deshalb, weil das Sakrale so außerweltlich ist, so ganz anders, daß es in andere Hände gehört als die normaler Alltagsmenschen.
Nun könnte es sein, daß Kallias beim Protestantismus Recht hat. Wäre er - jedenfalls in einem Teil seiner Strömungen - die Religion, die gar keine Religion mehr sein will?
Wenn ich religiös wäre, dann wäre ich vermutlich vom Verstand her Buddhist und emotional Katholik. Buddhist aus denselben Gründen, aus denen Schopenhauer den Buddhismus schätzte; also wegen seiner tiefen Humanität; Katholik wegen des Brimboriums.
Religion ist, soweit ich das beurteilen kann, kulturgeschichtlich gesehen Brimborium - tanzen, singen, Farben und Gerüche erleben, sich bezaubern lassen, oft in Extase versetzen.
Wenn ich gelegentlich einmal in einem Dom in einen katholischen Gottesdienst hineingeraten bin, dann habe ich einen Hauch (mehr nicht; Extase gewiß nicht) davon erlebt.
Aber Protestantismus? Könnte es [ergänzt] sein, daß mit dem Verzicht auf das Brimborium tatsächlich auch das Amt des Priesters verlorengegangen ist?
Zitat von HerrLuther hat sich hier drastisch ausgedrückt ...
Fragen wir ihn doch selber:
Zitat von An den Christlichen Adel deutscher Nation von des Christlichen standes besserungZum erstenn, Es kan yhe nit ein yglicher pfar eynis weybes mangeln, nit alleinn der gebrechlickeit, szondern viel mehr des hauszhalten halben. Sol er den ein weyb halten, und yhm der Bapst das zulessit, doch nit zur ehe haben, was ist das anders gethan, dan ein man und weyb bey einander allein lassen, unnd doch vorpieten, sie solten nit fallen, Eben als stro und fewr zusammen legen, und vorpieten, es sol widder rauchenn noch brennenn?
Klingt alles noch sehr humanistisch (abgesehen davon, dass die feministische Abteilung der ELK bestimmt höhere Aufgaben als das "hauszhalten" für die Pfarrersgattinnen im Sinne hat), aber das ist auch nur der erste Teil der Ausführungen. Hauptsächlich geht es ihm darum, den "Bapst" zu beschimpfen:
Zitat von An den Christlichen Adel deutscher Nation von des Christlichen standes besserungZum andern, das der Bapst solchs nit macht hat zupietten, als wenig als er macht hat zuvorpieten essen, trincken und den naturlichenn auszgang odder feyst werdenn, drumb ists niemandt schuldig zuhaltenn, unnd der Bapst schuldig ist aller sund, die dawider geschehen, aller seelen, die dadurch vorloren sein, aller gewissen, die dadurch vorwerret und gemartert seinn, das er wol lengist wirdig weere, wer yhn ausz der welt vortrieben hette, so viel elender seelen er mit dem teuffelischen strick erwurgt hat, wie wol ich hoff, das vielen got an yhrem end gnediger sey geweszen, denn der Bapst an yhrem lebenn. Es ist noch nie guttis unnd wirt nymmer mehr ausz dem Bapstum und seinen gesetzen kummenn. Zum dritten, ob schon des Bapsts gesetz dawidder ist, szo doch einn ehlich stand wirt angefangenn widder des Bapsts gesetz, ist schon sein gesetz ausz, unnd gilt nit mehr, dan gottis gebot, der do gebeut, das man und weyb niemant scheyden sol, geht weyt ubir des Bapsts gesetz, unnd musz nit gottis gebot umb des bepstlichen gebottis willen zurissen werden unnd nachbleyben, wie wol vil toller Juristen mit dem Bapst haben Impedimenta erfunden, und dadurch vorhyndert, zurteylet, vorwerret den ehlichenn standt, das gottis gebot ist drob gantz untergangenn. Was sol ich viel sagenn? sein doch in dem gantzen geystlichen Bapsts gesetz nit zwo zeyllen, die einen frummen Christen mochten unterweyszen, und leyder szoviel yrriger und ferlicher gesetz, das nit besser weere, man mecht ein Rotten hauffen drausz. Sprichstu aber, Es sey ergerlich, und musz zuvor der Bapst drynnen dispensieren, Sag ich, was ergernisz drynnen ist, das sey des Romischen stuels schuld, der solch gesetz on recht unnd widder got gesetzt hat, fur got unnd der heyligenn schrifft ist es kein ergernisz. Auch wo der Bapst kan dispensieren umbs gelt in seinen geltsuchtigen, tyrannischen gesetzenn, szo kan auch ein yeglicher Christen umb gottis unnd der seelen selickeit willenn eben in dem selben dispensierenn..
Das ist doch reine Polemik, es geht weniger darum, ob das eine oder andere mehr dem Schöpfungsgedanken entspricht oder - Gott bewahre - theologisch eine begründbare Alternative darstellt, sondern dass der fiese Papst und seine "tollen Juristen" Gesetze erfinden, um ihre armen Pfaffen zu quälen.
Zitat von HerrDie Ehe funktioniert nicht: Um des Herzens Härtigkeit willen hat Gott durch Mose die Scheidung erlaubt. Es soll nicht so sein, aber es ist leider so. (Mk 10 par). Eine Ehescheidung im Pfarrhaus belastet die Gemeinde, also ermöglichen wir den Neuanfang in einer anderen Gemeinde.
Mk 10 sagt aber auch unmissverständlich, dass eine Scheidung so viel gilt wie ein Ehebruch (damit steigt die von Ihnen niedrig geschätzte Ehebruchsrate im protestantischen Pfarrhaus schon mal um bestimmt 20 Prozentpunkte an). Es ist Sünde, Punkt. Außerdem wird es (siehe oben) von Luther gerade als Begründung gegen den Zölibat angeführt (der Papst versündigt sich an den Pfarrern, indem er ihre Ehen durch Verbot apriori scheidet) Insofern ist die Frage, wieso es für dauerhaft in sündhaftem Zustend lebende PfarrerInnen keine Sanktionen gibt. Ich habe den Eindruck, dass die lutherische Kirche in ihrem Bemühen, nicht in die Anrüchigkeit der "Drohbotschaft" zu kommen, die Unverletzlichkeit der Ehe dem Zeitgeist geopfert hat.
Zitat von HerrIch halte einen praktizierend schwulen Pfarrer (ggf. mit Partner im Pfarrhaus) nicht geeignet für diesen Beruf. Andere sehen das anders. Bei manchen funktioniert es (ich kenne natürlich homosexuelle Pfarrer und Pfarrerinnen)
Aber der hat doch auch Bedürfnisse, die er ausleben muss (und die evangelische Kirche ist sich überwiegend einig, dass das Ausleben dieser Bedürfnisse akzeptabel ist). Zwangszölibat für Schwule? Klingt nach Diskriminierung.
Zitat von Herr
Zitat Wie ist es denn, wenn der/die Partner/in ungläubig ist?
Im Prinzip (rechtlich) genau so.
Gibt es da einen Gesinnungstest oder reicht die Mitgliedschaft in der EKD aus?
Gruß Petz
"The problem with quotes from the Internet is that it is difficult to determine whether or not they are genuine" - Abraham Lincoln
Zitat Lieber Herr, bereits die Vorstellung, daß Priester - und auch der evangelische Pfarrer ist ja ein Priester - ein "Beruf" sei wie Schneider, Schuster oder Mechatroniker, kommt mir absurd vor.
Mir ist schon klar, wie Sie das meinen. Ich hätte es aber genau umgekehrt ausgedrückt: "die Vorstellung, daß Schneider oder Schuster ein "Beruf" sei wie der des Pfarrers, kommt mir absurd vor.
"Beruf" ist nämlich genau die richtige Beschreibung für die Tätigkeit des Pfarrers. "Beruf" kommt von "Berufung". Im Wortursprung ist es also gerade KEINE profane Tätigkeit, wie etwa die Arbeit eines Schneiders.
Oh, liebe Freunde, was macht ihr hier für Fässer auf! Ich dachte, wir würden in aller Ruhe über die Freiheit der Kirche, die Freiheit ihrer Bediensteten einzuschränken, diskutieren. Aber das ist offenbar leicht gegessen. Wir begeben uns stattdessen in die Tiefen der Religionstheorie, der Konfessionskunde und der Kontroverstheologie ...
Zitat von ZettelIch würde mich, lieber Herr, freuen, wenn Sie bei mehr Zeit noch ausführlicher auf Kallias antworten könnten.
Seinen Gesichtspunkt hatte ich überhaupt nicht gesehen, als ich die evangelischen Pfarrer als Priester bezeichnet habe. Ich glaube, das kommt daher, daß ich das Christentum eben "von außen" sehe. Jede Religion hat ihre Priester, ihre Schamanen, ihre Vestalinnen und Medizinmänner - einfach deshalb, weil das Sakrale so außerweltlich ist, so ganz anders, daß es in andere Hände gehört als die normaler Alltagsmenschen.
Nun könnte es sein, daß Kallias beim Protestantismus Recht hat. Wäre er - jedenfalls in einem Teil seiner Strömungen - die Religion, die gar keine Religion mehr sein will?
Ich glaube, lieber Zettel, Sie legen den Finger in die Wunde.
Ja, in seinen extremen Formen will der Protestantismus keine Religion mehr sein.
Da ist die Aufklärung, die Religion auf ihre moralische Funktion reduziert --> Erziehung. Da ist der Hegelianismus, der die Religion in Philosophie und Staat aufgehen lassen möchte --> Kulturprotestantismus. Da sind Pietismus und Romantik (Schleiermacher), die die Religon verinnerlichen --> Gefühl. Da ist die reformiert geprägte radikale Wort-Gottes Theologie (Karl Barth), die Religion als menschliches Machwerk ablehnt --> Neoorthodoxie. Und da ist die neue Vergutmenschung, die die Religion für öko-sozialistische Zwecke vereinnahmt --> Linksprotestantismus.
In jedem Fall sind das Versuche, das Christentum auf der Höhe der Zeit zu halten. In den Extremformen Verzeitgeistungen. Der Katholizismus hat da in der Tat eine größere Widerstandsfähigkeit bewiesen, andererseits ist er mitunter nicht auf der Höhe der Zeit.
Auf der anderen Seite gibt es mancherlei Bewegungen, die praktisch eine Rekatholisierung anstreben: bunte Gewänder, Weihrauch, Gottesdienste werden wieder als Messe bezeichnet, das Hl. Abendmahl als Eucharistie usw.
Innerhalb des Protestantismus treffen wir ja ohnehin ein breites Spektrum an. Ich habe es erlebt, dass Leute aus reformiert geprägten Gebieten in unsere sächsischen Kirchen mit Hochaltar, vielen Bildern und reichem Kirchenschmuck kamen und nicht glauben wollten, dass das evangelische Kirchen sein sollten, und dass es liturgische Gesänge gibt und der Pfarrer ein Kreuz schlägt, das ist doch – pfui – katholisch. Hier auf der Insel habe ich alles zusammen: Den einen ist es zu viel, den anderen zu wenig "Brimborium".
Ich glaube, das Wesentliche im protestantischen Christentum ist in der Tat nicht der Ritus, sondern die persönliche Gottesbeziehung. Dem ist alles andere funktional zugeordnet, auch das Pfarramt, auch der Ritus.
Ich zitiere mal das Augsburger Bekenntnis:
Zitat von CA VUm diesen Glauben zu erlangen, hat Gott das Predigtamt eingesetzt, das Evangelium und die Sakramente gegeben, durch die er als Mittel den Heiligen Geist gibt, der den Glauben, wo und wann er will, in denen, die das Evangelium hören, wirkt, das da lehrt, dass wir durch Christi Verdienst, nicht durch unser Verdienst, einen gnädigen Gott haben, wenn wir das glauben.
Predigtamt = Pfarrberuf ist wohl von Gott eingesetzt, aber eben rein funktional auf den Glauben bezogen.
Um noch mal auf das "Brimborium" zurückzukommen: Es ist in den Religionen und Konfessionen unterschiedlich stark ausgeprägt. Nicht nur der Protestantismus, auch Judentum und Islam sind rituell eher zurückhaltende Religionen.
Zitat von HerrLuther hat sich hier drastisch ausgedrückt ...
Fragen wir ihn doch selber:
Fein, Sie haben die einschlägige Stelle gefunden
Zitat von PetzDas ist doch reine Polemik, es geht weniger darum, ob das eine oder andere mehr dem Schöpfungsgedanken entspricht oder - Gott bewahre - theologisch eine begründbare Alternative darstellt, sondern dass der fiese Papst und seine "tollen Juristen" Gesetze erfinden, um ihre armen Pfaffen zu quälen.
Klar, ist die Adelsschrift polemisch. Und, natürlich, das ist der Punkt: Luther spricht dem Papst rundweg das Recht ab, verpflichtende Regelungen zu treffen, die dem biblischen Zeugnis widersprechen. Die Ehe ist Gottes Gebot und Ordnung. Und keiner, auch der Papst nicht, hat das Recht, jemandem die Ehe zu verbieten.
Zitat von PetzMk 10 sagt aber auch unmissverständlich, dass eine Scheidung so viel gilt wie ein Ehebruch (damit steigt die von Ihnen niedrig geschätzte Ehebruchsrate im protestantischen Pfarrhaus schon mal um bestimmt 20 Prozentpunkte an). Es ist Sünde, Punkt. Außerdem wird es (siehe oben) von Luther gerade als Begründung gegen den Zölibat angeführt (der Papst versündigt sich an den Pfarrern, indem er ihre Ehen durch Verbot apriori scheidet) Insofern ist die Frage, wieso es für dauerhaft in sündhaftem Zustend lebende PfarrerInnen keine Sanktionen gibt. Ich habe den Eindruck, dass die lutherische Kirche in ihrem Bemühen, nicht in die Anrüchigkeit der "Drohbotschaft" zu kommen, die Unverletzlichkeit der Ehe dem Zeitgeist geopfert hat.
Moment! Es heißt: Wer sich scheidet von seiner Frau und heiratet eine andere, der bricht ihr gegenüber die Ehe. Wer scheidet sich denn? Ich kenne einen, dessen Frau hat ihn betrogen, und er hat daraufhin die Scheidung eingereicht? Wer hat hier die Ehe gebrochen? Und wer war schuld? ... Lebt der geschiedene und wiederverheiratete Mann jetzt permanent in Sünde, obwohl es keinen Weg zurück gibt zu der Frau, die sich für einen anderen entschieden hat, obwohl er inzwischen eine andere Frau liebt und geheiratet hat? - Entschuldigung, das ist absurd! Es führt auch den Begriff der Sünde ad absurdum.
Jesus macht mit seinem extremen Anspruch deutlich, dass wir Sünder sind und mit unserer Hartherzigkeit hinter Gottes gutem Willen zurückbleiben und, ja wir bleiben auch als Getaufte Sünder. Wir sind, ob wir uns scheiden oder nicht, ob wir fremde Frauen begehren oder nicht, jederzeit auf Gnade und Vergebung angewiesen.
Ich nehme die Ehe ganz ernst. Aber dass unter Menschen, die Sünder sind und Sünder bleiben, Ehen scheitern, das ist wahr, und dazu muss man sich m. E. anders verhalten, als ihnen zu sagen, dass sie nun permanent in Sünde leben. Es muss die Chance eines Neuanfangs geben. (Auch für Pfarrer.)
Zitat von Petz
Zitat von HerrIch halte einen praktizierend schwulen Pfarrer (ggf. mit Partner im Pfarrhaus) nicht geeignet für diesen Beruf. Andere sehen das anders. Bei manchen funktioniert es (ich kenne natürlich homosexuelle Pfarrer und Pfarrerinnen)
Aber der hat doch auch Bedürfnisse, die er ausleben muss (und die evangelische Kirche ist sich überwiegend einig, dass das Ausleben dieser Bedürfnisse akzeptabel ist). Zwangszölibat für Schwule? Klingt nach Diskriminierung.
Entschuldigen Sie bitte, ich möchte diese Diskussion nicht öffentlich führen.
Zitat von Petz
Zitat von Herr
Zitat Wie ist es denn, wenn der/die Partner/in ungläubig ist?
Im Prinzip (rechtlich) genau so.
Gibt es da einen Gesinnungstest oder reicht die Mitgliedschaft in der EKD aus?
Mitgliedschaft in der EKD reicht. Es gibt nirgendwo ein anderes Kriterium für Christsein als die Taufe und die Zugehörigkeit zur Kirche. Wer getauft ist und sich nicht willentlich von der Kirche getrennt hat, ist als Christ anzusehen. Darin dürften wir uns eigentlich einig sein.
Zitat von FlorianMir ist schon klar, wie Sie das meinen. Ich hätte es aber genau umgekehrt ausgedrückt: "die Vorstellung, daß Schneider oder Schuster ein "Beruf" sei wie der des Pfarrers, kommt mir absurd vor.
"Beruf" ist nämlich genau die richtige Beschreibung für die Tätigkeit des Pfarrers. "Beruf" kommt von "Berufung". Im Wortursprung ist es also gerade KEINE profane Tätigkeit, wie etwa die Arbeit eines Schneiders.
Nein nein, lieber Florian, das ist ja gerade der Pfiff der protestantischen Berufsethik: Auch in meiner Tätigkeit als Schneider, Schuster oder Mechatroniker tue ich, wozu mich Gott berufen hat. Beruf war vorreformatorisch Ausdruck für die besondere Berufung ins Kloster oder ins Priesteramt. Jetzt wird deutlich: Jede rechtschaffene Tätigkeit ist Beruf, Gottes Berufung. Der Mönch, der Priester, der Papst ist nicht mehr oder weniger gottgefällig als der Schuster, der Schneider, der Bauer oder auch der Landsknecht, sofern er seiner Aufgabe in rechter Weise nachkommt.
Zitat von HerrOh, liebe Freunde, was macht ihr hier für Fässer auf! Ich dachte, wir würden in aller Ruhe über die Freiheit der Kirche, die Freiheit ihrer Bediensteten einzuschränken, diskutieren. Aber das ist offenbar leicht gegessen. Wir begeben uns stattdessen in die Tiefen der Religionstheorie, der Konfessionskunde und der Kontroverstheologie ...
Lieber Herr, das Faß haben nun allerdings Sie aufgemacht, und wir laben uns jetzt an dessen Inhalt.
Zitat von HerrIch glaube, lieber Zettel, Sie legen den Finger in die Wunde.
Ja, in seinen extremen Formen will der Protestantismus keine Religion mehr sein. (...)
Danke für das, was Sie dann schreiben, also das "(...)"; so konkret war mir das nicht klargewesen.
Mir scheint, daß sich da zwei verschiedene Entwicklungen treffen; beide begründet in der Renaissance und dann der Aufklärung; also in dem, was unsere abendländische Kultur zu ihrer weltweiten Dominanz geführt hat.
Das eine ist der Rationalismus. Auch die Scholastik argumentierte rational; sie hat das rationale Argumentieren entwickelt wie kaum eine Philosophie zuvor (weshalb ich zB Thomas von Aquin faszinierend finde - diese kalte Logik). Aber die ratio war für die Scholastik instrumental.
Der Humanismus und die Aufklärung machten aus der ancilla die domina. Da war kein Platz mehr für das Numinose.
Ich habe, glaube ich, erwähnt, daß ich kürzlich das Leibnizbuch von Bertrand Russell wieder gelesen habe. Es ist fast rührend, wie Leibniz die Religion in sein System einbaut. Mit logischen fallacies, auf die Russell unbarmherzig hinweist. Da sollte kein Glaube bleiben, nada. Gott war für Leibniz so beweisbar wie jeder Satz der Mathematik.
Das andere ist die Freiheit des Einzelnen. Er steht sozusagen seinem Schöpfer gegenüber, mit niemandem dazwischen. Soll er sehen, wie er mit dieser ungeheuerlichen Last fertig wird. Das war, wenn ich es recht verstehe, die Zumutung Luthers an die Menschen. Er war selbst eine eminent starke Persönlichkeit; und er glaubte, man könne jedem zumuten, so stark zu sein. Also keine Priester mehr, keine Tröstungen der Kirche. Das blanke Nichts.
Religion ist durch diese beiden Entwicklungen - wenn ich sie richtig verstehe - einerseits zu einem Stück Welterkenntnis geworden, und andererseits zu einem Stück Moral. Kant, der immer weiter dachte als jeder andere, hat das zusammenzuzwingen versucht, indem er proklamierte, daß wir über Gott zwar nichts wissen können, aber so tun müssen, als wüßten wir etwas; bei Strafe des Verlusts unseres Menschseins.
Ich frage mich immer mehr, was in diesem eiskalten Protestantismus eigentlich noch von dem geblieben ist, was Religion so schön macht. Das Sinnliche, das Tröstende. Ja, natürlich, das Unerklärliche, das Numinose. Das Festliche, das Geheimnisvolle. Das Rauschhafte.
Mag sein, daß nach Luther der Pfarrerssohn Nietzsche derjenige war, der dem Protestantismus das alles auszutreiben versuchte. Er schwelgte im Dionysischen; aber dieses Schwelgen war ja eine hohle Sehnsucht.
Herrgott, müssen wir denn alles runterbrechen auf kalte Wissenschaft und eine schale Moral?
Zitat von TimIntelligenter Beitrag, klug argumentiert.
Mit einer - ich nenne es mal betriebsbedingten - Ausnahme - nämlich der Verknüpfung von Zölibat und dem "Ausleben der sexuellen Bedürfnisse in wie auch immer akzeptabler Form". Diese harrt, je öfter wiederholt, um so mehr eines Nachweises, den ich noch nirgendwo finden konnte. Zum zweiten: Halten Sie den Ehebruch auch für "Ausleben der sexuellen Bedürfnisse in wie auch immer akzeptabler Form"? Sicher nicht, und dennoch kommt er im ev. Pfarrhaus vor, und die evangelische Theologie schützt auch nicht davor
Gruß Petz
Das ging mir auch so und hat mir die Lektüre zunächst vergällt. Ich habe mich aber festgehalten und gezwungen weiterzulesen, was von diesem Ausrutscher eben doch ein guter, richtiger, intelligenter Beitrag ist.
Das hier angemahnte "Schummeln" mit dem Verweis auf die Liebe gibt es doch allenthalben.
Eine Frage habe ich noch: warum hat die EKD, die keine Kirche ist sondern ein Verband, eigentlich ein "Dienstgesetz", welches die Landeskirche von Württemberg dann nur noch auszuführen hat?
Zitat von KalliasZur lutherischen Lehre gehört es, mit dem Priestertum aller Gläubigen ernst zu machen; ... keine geweihten Hostien mehr.
Ich möchte Lutheranern hier nicht vorgreifen, aber zumindest was "(keine) geweihte Hostien" angeht, gibt das nicht lutherische Lehre (und schon gar nicht katholische) wieder, auch wenn sie dank innerprotestantischer Ökumene auch in lutherischen Kirchen in der Minderheit befinden dürfte.
Was jetzt aber nicht vom eigentlichen Thema ablenken soll.
Zitat von HerrNein nein, lieber Florian, das ist ja gerade der Pfiff der protestantischen Berufsethik: Auch in meiner Tätigkeit als Schneider, Schuster oder Mechatroniker tue ich, wozu mich Gott berufen hat. Beruf war vorreformatorisch Ausdruck für die besondere Berufung ins Kloster oder ins Priesteramt. Jetzt wird deutlich: Jede rechtschaffene Tätigkeit ist Beruf, Gottes Berufung. Der Mönch, der Priester, der Papst ist nicht mehr oder weniger gottgefällig als der Schuster, der Schneider, der Bauer oder auch der Landsknecht, sofern er seiner Aufgabe in rechter Weise nachkommt.
Herzlichen Gruß! Herr
Aber das ist doch einerseits - es wurde bereits darauf hingewiesen - kein protestantisches Proprium: auch katholischerseits kennt man Alltagsheiligung und zwar nicht erst seit den (nachlutherischen) Jesuiten sondern bereits vorher bei der devotio moderna.
Aber, Sie schreiben: "Jede rechtschaffene Tätigkeit ist Beruf, Gottes Berufung. Der Mönch, der Priester, der Papst ist nicht mehr oder weniger gottgefällig als der Schuster, der Schneider, der Bauer oder auch der Landsknecht, sofern er seiner Aufgabe in rechter Weise nachkommt."
Gilt das denn protestantischerseits auch bei Mönch, Priester und Papst, wenn man ersten und letzteren ganz abgeschafft hat (unter wüsten Schmähungen) und den mittleren nicht mehr als Priester verstehen will. Und ist der Landsknecht wirklich so rechtschaffen?
Zitat von PetzMk 10 sagt aber auch unmissverständlich, dass eine Scheidung so viel gilt wie ein Ehebruch (damit steigt die von Ihnen niedrig geschätzte Ehebruchsrate im protestantischen Pfarrhaus schon mal um bestimmt 20 Prozentpunkte an). Es ist Sünde, Punkt. Außerdem wird es (siehe oben) von Luther gerade als Begründung gegen den Zölibat angeführt (der Papst versündigt sich an den Pfarrern, indem er ihre Ehen durch Verbot apriori scheidet) Insofern ist die Frage, wieso es für dauerhaft in sündhaftem Zustend lebende PfarrerInnen keine Sanktionen gibt. Ich habe den Eindruck, dass die lutherische Kirche in ihrem Bemühen, nicht in die Anrüchigkeit der "Drohbotschaft" zu kommen, die Unverletzlichkeit der Ehe dem Zeitgeist geopfert hat.
Moment! Es heißt: Wer sich scheidet von seiner Frau und heiratet eine andere, der bricht ihr gegenüber die Ehe. Wer scheidet sich denn? Ich kenne einen, dessen Frau hat ihn betrogen, und er hat daraufhin die Scheidung eingereicht? Wer hat hier die Ehe gebrochen? Und wer war schuld? ... Lebt der geschiedene und wiederverheiratete Mann jetzt permanent in Sünde, obwohl es keinen Weg zurück gibt zu der Frau, die sich für einen anderen entschieden hat, obwohl er inzwischen eine andere Frau liebt und geheiratet hat? - Entschuldigung, das ist absurd! Es führt auch den Begriff der Sünde ad absurdum.
Meiner Meinung nach ist dies ein typischer Fall, zuerst jesuanische Radikalität abzumildern und dann ins Lutherische zu verdrehen.
Jesus sagt ja eben nicht: "Scheidung ist nicht, außer bei Ehebruch" (schon gar nicht bei Mk) sondern "Scheidung ist grundsätzlich nicht, die Folgen sind solche".
Typisch lutherisch ist dann, die radikale Forderung pro forma anzuerkennen, sie dann aber als "ohnehin unerfüllbar" einzuordnen und daraus ein "Du Mensch bist unrettbar sündhaft, so daß nur die Gnade Gottes im Glauben an ihn dich retten kann" - wobei unter Gnade und Glaube dann allein die luther'sche Rechtfertigungslehre zu verstehen ist.
PS. Der übergroße Anteil der heutigen Fälle hat natürlich nichts mit Ehebruch etc. zu tun.
Jesus macht mit seinem extremen Anspruch deutlich, dass wir Sünder sind und mit unserer Hartherzigkeit hinter Gottes gutem Willen zurückbleiben und, ja wir bleiben auch als Getaufte Sünder. Wir sind, ob wir uns scheiden oder nicht, ob wir fremde Frauen begehren oder nicht, jederzeit auf Gnade und Vergebung angewiesen.
Ich nehme die Ehe ganz ernst. Aber dass unter Menschen, die Sünder sind und Sünder bleiben, Ehen scheitern, das ist wahr, und dazu muss man sich m. E. anders verhalten, als ihnen zu sagen, dass sie nun permanent in Sünde leben. Es muss die Chance eines Neuanfangs geben. (Auch für Pfarrer.)
Zitat von Petz
Zitat von HerrIch halte einen praktizierend schwulen Pfarrer (ggf. mit Partner im Pfarrhaus) nicht geeignet für diesen Beruf. Andere sehen das anders. Bei manchen funktioniert es (ich kenne natürlich homosexuelle Pfarrer und Pfarrerinnen)
Aber der hat doch auch Bedürfnisse, die er ausleben muss (und die evangelische Kirche ist sich überwiegend einig, dass das Ausleben dieser Bedürfnisse akzeptabel ist). Zwangszölibat für Schwule? Klingt nach Diskriminierung.
Entschuldigen Sie bitte, ich möchte diese Diskussion nicht öffentlich führen.
Zitat von Petz
Zitat von Herr
Zitat Wie ist es denn, wenn der/die Partner/in ungläubig ist?
Im Prinzip (rechtlich) genau so.
Gibt es da einen Gesinnungstest oder reicht die Mitgliedschaft in der EKD aus?
Mitgliedschaft in der EKD reicht. Es gibt nirgendwo ein anderes Kriterium für Christsein als die Taufe und die Zugehörigkeit zur Kirche. Wer getauft ist und sich nicht willentlich von der Kirche getrennt hat, ist als Christ anzusehen. Darin dürften wir uns eigentlich einig sein.
Zitat Mitgliedschaft in der EKD reicht. Es gibt nirgendwo ein anderes Kriterium für Christsein als die Taufe und die Zugehörigkeit zur Kirche. Wer getauft ist und sich nicht willentlich von der Kirche getrennt hat, ist als Christ anzusehen. Darin dürften wir uns eigentlich einig sein.
Herzliche Grüße! Herr
Einspruch!
Wer sich willentlich hat taufen lassen (Gläubigentaufe) und/oder sich zum Glauben bekennt ist als Christ anzusehen. Der Glaube an Jesus Christus ist eine freie Entscheidung die jeder selber zu treffen hat. Durch Abstammung oder Babytaufe oder Eintrag in der Lohnsteuerkarte ist man kein Christ. Man muss schon selber sein Leben an Jesus übergeben.
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