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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 77 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

20.02.2012 01:04
#26 RE: Gauck, die FDP und die List der Vernunft Antworten

Zitat von C.
Ich glaube, dass die Kombination Gauck/Lammert/Merkel nicht schlecht für Deutschland ist.

Das ist auch meine Meinung, dear C.

Was den Streit angeht - mir klang das, was dazu zum Beispiel bei Phoenix zu erfahren war, glaubhaft.

Was nicht heißt, daß man laut wurde. Das kann ich mir bei der Kanzlerin so wenig vorstellen wie bei Rösler. Aber ich halte es aufgrund der gegebenen Situation für einleuchtend, daß die Kanzlerin die einzige Karte zog, die sie noch hatte, nämlich mit dem Ende der Koalition zu drohen.

Und wer weiß, ob das nicht gewirkt hätte, wenn ihr Gegenüber Westerwelle gewesen wäre.

Sie hat ihn ja schon einmal kleingekriegt; in einer ähnlichen Situation, als die FDP Schmalz-Jacobson als Bundespräsidentin wollte und es dann Köhler wurde.

Herzlich, Zettel

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

20.02.2012 01:52
#27 RE: Gauck, die FDP und die List der Vernunft Antworten

Jetzt müsste mir nur noch einer endlich erklären, was zum Geier die um das Wohl des Landes besorgte Frau Merkel und die Union dazu bewogen hat, einen so großen Widerstand gegen Gauck aufzubauen. Majestätsbeleidigung wegen der Kandidatur gegen Wulff?

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

20.02.2012 02:00
#28 RE: Gauck, die FDP und die List der Vernunft Antworten

Zitat von Zettel
Was nicht heißt, daß man laut wurde. Das kann ich mir bei der Kanzlerin so wenig vorstellen wie bei Rösler. Aber ich halte es aufgrund der gegebenen Situation für einleuchtend, daß die Kanzlerin die einzige Karte zog, die sie noch hatte, nämlich mit dem Ende der Koalition zu drohen.

Ich habe inzwischen die Berichte über die Vorgänge hinter den Kulissen durchgesehen; danach scheint es zweifelhaft zu sein, wie sich das genau abgespielt hat, was als Möglichkeit eines Koalitionsbruchs beschrieben wird. Ich habe deshalb die betreffende Passage in dem Artikel umgeschrieben; sie ist jetzt vorsichtiger formuliert als in der ursprünglichen Fassung.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

20.02.2012 02:17
#29 RE: Gauck, die FDP und die List der Vernunft Antworten

Kleiner Nachtrag: Wenn ich sehe, wie auf manchen Internet-Seiten jetzt die extremen Linken und Stasi-Nostalgiker hyperventilieren (ebenso wie nur mühsam unterdrückt ein gewisser bei Talkshows wegen seines k.i.-Vermerks sehr beliebter Ex-Generalsekretär mit etwas wirren Gedanken), war das heute (bzw. eigentlich gestern ) ein rundum gelungener Tag.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

C. Offline




Beiträge: 2.639

20.02.2012 09:01
#30 RE: Gauck, die FDP und die List der Vernunft Antworten

Zitat von Zettel
Ich habe inzwischen die Berichte über die Vorgänge hinter den Kulissen durchgesehen; danach scheint es zweifelhaft zu sein, wie sich das genau abgespielt hat, was als Möglichkeit eines Koalitionsbruchs beschrieben wird. Ich habe deshalb die betreffende Passage in dem Artikel umgeschrieben; sie ist jetzt vorsichtiger formuliert als in der ursprünglichen Fassung.



Danke.

http://iceagenow.info

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

20.02.2012 10:54
#31 RE: Gauck, die FDP und die List der Vernunft Antworten

Zitat
... war das heute (bzw. eigentlich gestern ) ein rundum gelungener Tag.


Ein Lichtblick, ein echter. Mal sehen, ob jetzt Brüssel wieder für den Absturz sorgt.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

20.02.2012 10:59
#32 RE: Gauck, die FDP und die List der Vernunft Antworten

Zitat von Rayson
wie auf manchen Internet-Seiten jetzt die extremen Linken und Stasi-Nostalgiker hyperventilieren


Wobei ich ja noch verstehen kann, wenn einige von denen Gauck nun als pösen Neoliberalen oder gar Nazi beschimpfen. "Nazi" ist in gewissen Kreisen ja alles ab Mitte SPD.

Viel infamer - aber charakteristisch für diese Szene - ist der Versuch, an allen möglichen Stellen eine Kampagne zu inszenieren, die ausgerechnet Gauck als StaSi-IM denunziert. Und gerade weil die Vorwürfe so absurd sind, werden sie von naiven Leuten geglaubt.

Zitat
ein gewisser bei Talkshows wegen seines k.i.-Vermerks sehr beliebter Ex-Generalsekretär


Hattest Du den nicht bei den "extremen Linken" schon subsummiert?

Zitat
war das heute (bzw. eigentlich gestern ) ein rundum gelungener Tag.


Volle Zustimmung!

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

20.02.2012 11:35
#33 RE: Gauck, die FDP und die List der Vernunft Antworten

Zitat von C.
Ich kann immer noch nicht glaube, dass das alles so dramatisch war.


Als das FDP-Präsidium seinen Beschluß faßte war klar, daß damit der Koalitionsbruch riskiert wird. Das ist schon dramatisch genug.
Daß sich Rösler und Merkel nicht geifernd angebrüllt haben nehme ich auch an. Aber auch bei höflichstem Ton war das bestimmt eine sehr spannende Diskussion.

Zitat
Von allen Namen, die gehandelt wurden, ist Gauck für die CDU und die FDP der erträglichste.


Wenn das wirklich so wäre, dann hätte die CDU viel früher zustimmen können und insbesondere nicht die Kandidatur Töpfer weiter hochgehalten.
Die ganze Vorgehensweise, startend mit Merkels vorzeitiger Ablehnung einer FDP-Kandidatur, war dazu gedacht, den Koalitionspartner wie üblich klein zu halten und ihn am Ende eine mit SPD oder Grünen ausgekungelte Lösung aufzuzwingen. Gauck war für diese Vorgehensweise nicht geeignet, deswegen war er von der Union nicht gewollt.

Frank Böhmert Offline




Beiträge: 927

20.02.2012 11:38
#34 Wortlaut der Rede Antworten

Die, hm, Bundespräsidentschaftskandidaturantrittsrede Gaucks gibt es jetzt bei der FAZ zu lesen - wenigstens in Auszügen:
http://www.faz.net/aktuell/politik/gauck...n-11655801.html

Frank Böhmert Offline




Beiträge: 927

20.02.2012 12:16
#35 Die Ereignisse des Nachmittags Antworten

Zitat von R.A.
Aber auch bei höflichstem Ton war das bestimmt eine sehr spannende Diskussion.


Ich vermute, diesem Hin und Her des Nachmittags und frühen Abends verdankt sich auch Gaucks dreimal in seiner Rede geäußerte Verwirrung. Auf einmal war alles sehr schnell gegangen und teils entgegen vorheriger Signale ...

Dieser Nachmittag stellte gewiss kein Drama dar, aber eine Machtprobe durchaus. Die FDPler hatten die Aussicht auf einen überzeugten Liberalen als Kandidaten, und Spielraum für einen Denkzettel war auch. Also hat man mal das Kreuz durchgedrückt und

Frank Böhmert Offline




Beiträge: 927

20.02.2012 12:38
#36 RE: Gauck, die FDP und die List der Vernunft Antworten

Zitat von Zettel
Hier eine erste Analyse des heutigen Abends.


Amüsante Schlussfolgerung Malte Lehmings im Tagesspiegel: ""Gauck ist Merkels Meisterwerk".

dirk Offline



Beiträge: 1.538

20.02.2012 13:04
#37 RE: Gauck, die FDP und die List der Vernunft Antworten

Zitat von Rayson
Kleiner Nachtrag: Wenn ich sehe, wie auf manchen Internet-Seiten jetzt die extremen Linken und Stasi-Nostalgiker hyperventilieren (ebenso wie nur mühsam unterdrückt ein gewisser bei Talkshows wegen seines k.i.-Vermerks sehr beliebter Ex-Generalsekretär mit etwas wirren Gedanken), war das heute (bzw. eigentlich gestern ) ein rundum gelungener Tag.



Verständnisfrage: Was ist ein k.i.-Vermerk?

Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

20.02.2012 13:45
#38 RE: Huber, Gauck und die Chance der FDP Antworten

Eines nur ist im Grunde am vorläufigen Ausgang dieser Geschichte erschreckend, nämlich daß sie wieder die seit einem Jahr akute Konsensitis der deutschen Politik zeigt: ist unser politischer Pluralismus wirklich schon so verarmt, daß die Parteien es nicht einmal zuwege bringen, zwei unterschiedliche Präsidentschaftskandidaten aufzustellen?

Nun handelt es sich hier gewiß um einen besonderen Fall. Gerade nach zwei Rücktritten hintereinander wünscht man sich wirklich einen Präsidenten, der auf breite Zustimmung bauen kann, und das Zustandekommen dieses Konsenses war wohl in der Tat das Ergebnis schieflaufenden Taktierens auf mehr als einer Seite. Außerdem ist die Wahl des Bundespräsidenten eine Frage, bei der allgemeiner Parteienkonsens wünschenswerter und plausibler ist als bei Fragen wie der Ablehnung der Kernkraft, der "Energiewende" oder dem Euro-"Rettungsschirm" (bei denen der Heile-Welt-Konsens im Bundestag doch unmöglich die Meinungsvielfalt der Bevölkerung wiedergegeben haben kann).

Es bleibt zu hoffen, daß Herr Gauck seinen liberalen Ansichten im Amt auch tatsächlich Geltung verschaffen können wird.

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

20.02.2012 14:29
#39 Wessen Ende erleben wir gerade? Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von Zettel
Als ich las, daß sich das Präsidium der FDP einstimmig für Joachim Gauck ausgesprochen hat, habe ich mich gefreut wie schon lange nicht mehr bei einer innenpolitischen Nachricht. Nun kann man nur hoffen, daß die FDP standhaft bleibt.

Die Hoffnung hat sich erfüllt. Hier eine erste Analyse des heutigen Abends.




Gauck wird Präsident, Angela Merkel konnte sich nicht durchsetzen, die FDP hat Nägel mit Köpfen gemacht.
Als FDPler hat man - vielleicht das erste mal in der bürgerlich-liberalen Koalition - so etwas wie Stolz auf die eigene Parteiführung gefühlt.

Nach vorne blickend wird das Geknirsche im Getriebe der Koalition dadurch aber vielleicht nicht besser. Ob die Frau an der Spitze der Regierung das Signal des zweiten Männchens verstanden hat, mehr Spielraum im Affenrudel zu benötigen? Eine weitere Marginalisierung der FDP bis in die nächste Bundestagswahl hinein wäre die Folge. Oder bleibt der Eindruck, die Bundeskanzlerin habe nicht mehr alles selber in der Hand, dann ist der Triumph heute der Beginn des Endes ihrer Amtszeit.

Numpy Offline



Beiträge: 113

20.02.2012 15:39
#40 RE: Wessen Ende erleben wir gerade? Antworten

Die Wahl von Gauck ist doch nur ein Knochen, den man den geplagten FDP-Wählern hingeworfen hat, um sie abermals zum Wählen dieser Partei zu motivieren. Es ist bezeichnend, daß die einzige Position, bei der sich die FDP gegenüber ihrem Koalitionspartner in der gesamten Koalitionshistorie durchsetzen konnte, eine ohne jede Tragweite und Konsequenz ist. Dieses 'spiel' kann doch niemand mehr für bare Münze nehmen.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

20.02.2012 15:48
#41 RE: Gauck, die FDP und die List der Vernunft Antworten

Zitat von dirk
Was ist ein k.i.-Vermerk?



"Kann immer" Soll es tatsächlich so geben.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

20.02.2012 15:49
#42 RE: Gauck, die FDP und die List der Vernunft Antworten

Zitat
wegen seines k.i.-Vermerks



Was ist ein k.i.-Vermerk?

______________________________________________________________________________

“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein



Ich forder die Anwerbung von journalistischen Fachkräften aus Großbritannien, USA, Frankreich und der Schweiz!

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

20.02.2012 15:49
#43 RE: Wessen Ende erleben wir gerade? Antworten

Zitat von Numpy
Dieses 'spiel' kann doch niemand mehr für bare Münze nehmen.



Na, ich hätte mal den Aufschrei von dir (und anderen) hören wollen, wenn die FDP hier auch eingeknickt wäre. Das war schon enorm wichtig.

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Sänger Offline




Beiträge: 132

20.02.2012 15:52
#44 RE: Wessen Ende erleben wir gerade? Antworten

Zitat von Dagny
Nach vorne blickend wird das Geknirsche im Getriebe der Koalition dadurch aber vielleicht nicht besser. Ob die Frau an der Spitze der Regierung das Signal des zweiten Männchens verstanden hat, mehr Spielraum im Affenrudel zu benötigen? Eine weitere Marginalisierung der FDP bis in die nächste Bundestagswahl hinein wäre die Folge. Oder bleibt der Eindruck, die Bundeskanzlerin habe nicht mehr alles selber in der Hand, dann ist der Triumph heute der Beginn des Endes ihrer Amtszeit.

Ich denke, man muss nicht in solchen "Extremen" denken. Die FDP hat sich einmal behauptet - und ich glaube, die alten Füchse Brüderle und Kubicki haben hierbei eine besondere Rolle gespielt. Vielleicht findet Rösler ja jetzt Gefallen daran, Macht auszuüben.
Überbewerten sollte man es noch nicht, wenngleich die Chance besteht, dass dies ein Wendepunkt in der FDP hin zu neuem Selbstbewusstsein sein könnte.

Es war in jedem Fall eine wirklich unterhaltsame Vorstellung auf der Politikbühne - sogar mit Happy End. Was will man mehr?
Grün-Rot hat sich böse verspekuliert und musste nun gute Miene zum "bösen" Spiel machen, die Merkel-Union wurde Opfer ihrer eigenen Konsensorientierung, und die FDP hat geschickt und mutig die Gunst der Stunde genutzt. Die Linke wurde dorthin verbannt, wo sie hingehört: Ins Abseits.

Wenn der politisch unkorrekte Gauck sich sein Unabhängigkeit bewahrt, haben wir spannende Zeiten vor uns. Als mutiger konservativ-liberaler Denker und Redner ist er vielleicht die Stimme - durch das höchste Amt im Staate geadelt - die Deutschland tatsächlich wieder Orientierung geben kann. Gerade seine Grundsatz-Thematik ist es, die wir jetzt brauchen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

20.02.2012 16:18
#45 RE: Wessen Ende erleben wir gerade? Antworten

Zitat von Dagny
Nach vorne blickend wird das Geknirsche im Getriebe der Koalition dadurch aber vielleicht nicht besser. Ob die Frau an der Spitze der Regierung das Signal des zweiten Männchens verstanden hat, mehr Spielraum im Affenrudel zu benötigen? Eine weitere Marginalisierung der FDP bis in die nächste Bundestagswahl hinein wäre die Folge. Oder bleibt der Eindruck, die Bundeskanzlerin habe nicht mehr alles selber in der Hand, dann ist der Triumph heute der Beginn des Endes ihrer Amtszeit.

Aus meiner Sicht, liebe Dagny, hat die Kanzlerin sich so verhalten wie immer: Sie analysiert die Situation, versucht herauszufinden, was bei realistischer Betrachtung die für sie optimale Lösung, ist und strebt diese dann an.

Man kann sagen, das sei trivial, und alle versuchten das doch. Aber das scheint mir nach meiner Lebenserfahrung auch bei vielen intelligenten Menschen nicht so zu sein; und das Verhalten der meisten Politiker läßt es auch nicht unbedingt vermuten: Sie entscheiden vielmehr "aus dem Bauch heraus", folgen ihren Intuitionen, richten sich nach ihren Emotionen oder folgen - das vor allem - Heuristiken, die sie gar nicht explizit machen können, die sich aber für sie bewährt haben.

Viele Menschen handeln, weil sie beleidigt sind, weil sie Anerkennung finden wollen, aus Eitelkeit. Das alles spielt für die Kanzlerin keine Rolle. Sie handelt rational; gewissermaßen nach den Regeln der Spieltheorie. Das macht sie so stark, und das gehört zu den Dingen, die ich an ihr bewundere.



"Klima in der Koalition" und dergleichen spielt aus meiner Sicht für die Kanzlerin null Rolle. Sie hat sich auf eine schwache FDP eingerichtet, sie wird mit einer gestärkten zurechtkommen.

Die FDP war schwach; das hat sie ausgenutzt. So ist Politik. Im Fußball nutzt man ja auch mitleidlos seine Chancen, oder beim Boxen.

Wenn die FDP künftig stärker ist, dann wird die Kanzlerin auch das einkalkulieren und sich danach verhalten. Ich denke, das wird nicht nur gut für die FDP sein, sondern auch gut für die Koalition und für Deutschland.

Entscheiden ist aus meiner Sicht, daß die FDP es auch künftig macht wie jetzt: In dem Machtspiel klar erkennen, welche Karten sie hat, und diese dann geschickt ausspielen.

Statt sich ungeschickt zu verhalten und dann zu jammern, daß man sie schlecht behandelt. Statt große Töne zu spucken wie Westerwelle und dann bei der Durchsetzung zu versagen.

Herzlich, Zettel

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

20.02.2012 16:43
#46 RE: Wessen Ende erleben wir gerade? Antworten

Zitat von Zettel
... hat die Kanzlerin sich so verhalten wie immer


Kann man so sehen.
Es ging Merkel nicht um eine gute Lösung, sondern um Machttaktik. Wie immer.
Nur daß sie sich diesmal komplett verspekuliert hat. Und das war gut so.

Es gibt nun einmal wichtigere Probleme in unserem Land als die persönlichen Ambitionen dieser Frau. Und wichtigere Ziele in der Politik als nur den Machterhalt einer Person.

Gaucks Nominierung löst natürlich kein Problem. Aber sie bietet die Chance, daß es wieder so etwas wie einen poltischen Prozeß mit Lösungsorientierung geben wird.

Zitat
Sie handelt rational; gewissermaßen nach den Regeln der Spieltheorie. Das macht sie so stark ...


Rational handeln die meisten anderen Politiker auch. Was Merkel bisher so stark gemacht hat war ihre Bereitschaft, Regeln zu verletzen.
Zusagen einzuhalten und Vertrauen aufzubauen gehört zu den wichtigsten Verhaltensregeln eines normalen Politikers, nur im ständigen und zuverlässigen Geben und Nehmen kann überhaupt etwas bewegt werden.
Wer seine Zusagen nicht einhält, wer unfair spielt, wer nimmt ohne zu geben - der kann eine Weile lang ziemlich erfolgreich sein. Die Opfer stehen blamiert da (und Merkel hat ja eine erstaunliche Anzahl solcher Opfer hinter sich gelassen) und können sich direkt selten gegen diese Unfairneß wehren.

Aber irgendwann ist halt mal Schluß mit dieser Methode - wenn nämlich die Anderen gelernt haben, mit gleicher Münze zurückzuzahlen.
Und so ist es nun Merkel gewesen, die jetzt blamiert dasteht. Und es ist gut möglich, daß ihr das künftig häufiger passieren wird. Denn einen Vertrauensvorschuß wird sie in Berlin von niemand mehr bekommen. Und die Angst vor der "Alternativlosigkeit" geht auch zurück. Das wird jetzt auch innerparteilich eng für sie.

Zitat
"Klima in der Koalition" und dergleichen spielt aus meiner Sicht für die Kanzlerin null Rolle.


Richtig. Sie hat nie versucht, Rücksicht auf die Koalition oder ihre Koalitionspartner zu nehmen. Und muß nun feststellen, daß man das auch umgekehrt spielen kann. Sie hat im Prinzip vom politischen Kapital gelebt, daß Kohl und andere aufgebaut haben, gerade auch im Zusammenspiel des bürgerlichen Lagers. Sie hat politisch von der Substanz gelebt, wie das SED-Regime es wirtschaftlich gemacht hat.
Und nun ist das Koalitionsklima auf Null, und neue Koalitionspartner finden sich auch nicht mehr so leicht.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

20.02.2012 16:56
#47 RE: Gauck, die FDP und die List der Vernunft Antworten

Zitat von Rayson
Jetzt müsste mir nur noch einer endlich erklären, was zum Geier die um das Wohl des Landes besorgte Frau Merkel und die Union dazu bewogen hat, einen so großen Widerstand gegen Gauck aufzubauen. Majestätsbeleidigung wegen der Kandidatur gegen Wulff?




"Ich fürchte mich vor einem modernen Politikertyp, der völlig auf Inhalte verzichtet", so Gauck.

Vielleicht ein Anhaltspunkt

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

20.02.2012 17:11
#48 RE: Wessen Ende erleben wir gerade? Antworten

Zitat von R.A.

Zitat von Zettel
Sie handelt rational; gewissermaßen nach den Regeln der Spieltheorie. Das macht sie so stark ... "Klima in der Koalition" und dergleichen spielt aus meiner Sicht für die Kanzlerin null Rolle.


Richtig. Sie hat nie versucht, Rücksicht auf die Koalition oder ihre Koalitionspartner zu nehmen. Und muß nun feststellen, daß man das auch umgekehrt spielen kann. Sie hat im Prinzip vom politischen Kapital gelebt, daß Kohl und andere aufgebaut haben, gerade auch im Zusammenspiel des bürgerlichen Lagers. Sie hat politisch von der Substanz gelebt, wie das SED-Regime es wirtschaftlich gemacht hat.
Und nun ist das Koalitionsklima auf Null, und neue Koalitionspartner finden sich auch nicht mehr so leicht.



Und, um auf die Spieltheorie zurückzukommen, die Zettel eingeführt hat: es macht einen Unterschied für die sinnvollste Strategie, ob man ein Ein-Runden-Spiel spielt oder ob man davon ausgeht, weitere Runden zu spielen. Im ersten Falle ist es in der Tat am sinnvollsten, den Gegner an die Wand zu drücken. Aber wenn man davon ausgeht, vielleicht doch noch einmal mit der FDP zu koalieren, dann ist es sinnvoller, nicht zur kurzfristigen Gewinnmaximierung auf Schritt und Tritt bürgerliches Porzellan zu zerdeppern.

Und natürlich wird Frau Merkels Umgang mit der FDP auch von anderen potentiellen zukünftigen Koalitionspartnern beobachtet.

--
Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

20.02.2012 17:30
#49 Merkel Antworten

Zitat von R.A.
Es gibt nun einmal wichtigere Probleme in unserem Land als die persönlichen Ambitionen dieser Frau.

Lieber R.A., nur als Marginalie in dieser unserer unendlichen (naja ) Diskussion:

Ich kenne niemanden in der deutschen Politik, der so wenige "persönliche Ambitionen" hat wie Angela Merkel. Naturlich will sie Macht ausüben; das ist das Wesen der Politik. Ein Torwart will Tore verhindern; das ist, wenn man so will, seine "persönliche Ambition".

Ansonsten ist es eben gerade die Stärke der Kanzlerin, daß sie völlig uneitel ist, daß sie keine persönlichen Vorteile für sich sucht.

Sie handelt zum Wohl Deutschlands, Europas, ihrer Partei - so, wie sie es beurteilt. In dieser Reihenfolge, denke ich. Sie ist eine Preußin in der besten preußischen Tradition.



Noch einmal zur gestrigen Entscheidung: Nach den ersten Erfolgen der Kanzlerin bei europäischen Verhandlungen habe ich mich oft gefragt - wie macht sie das eigentlich: Alle verhandeln, und am Ende wird das gemacht, was die Kanzlerin will?

Ich denke, es ist wie auch gestern wieder: Sie will nur das, was auch durchsetzbar ist. Sie erleidet selten eine Niederlage, weil sie diese von vornherein vermeidet und dann eben einen anderen Weg wählt. Sie kalkuliert die Interessen und die Stärke ihrer Gegenspieler ein. Sie sucht einen Weg, den diese mitgehen können.

Fast jeder andere hätte auf den Vorstoß der FDP mit vollem Dagegenhalten reagiert - nach dem Motto: "Denen wollen wir es doch mal zeigen, wer Koch und wer Kellner ist".

Die Kanzlerin hat einen Blick auf ihre Karten geworfen (oder, vielleicht das bessere Bild, auf die Figuren auf dem Schachbrett) und das entschieden, was nicht zu vermeiden gewesen war. Chapeau!

Herzlich, Zettel

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

20.02.2012 18:00
#50 RE: Merkel Antworten

Lieber Zettel, mit diesem Kommentar hast du nicht das belegt, was du gerne belegen wolltest

Zitat von Zettel
Sie handelt zum Wohl Deutschlands, Europas, ihrer Partei - so, wie sie es beurteilt. In dieser Reihenfolge, denke ich. Sie ist eine Preußin in der besten preußischen Tradition.



Mir ist bisher noch kein Grund ersichtlich, warum es im Interesse Deutschlands und Europas gelegen haben sollte, Gauck nicht als Kandidaten aufzustellen. Es wäre angesichts der Positionen Gaucks sogar im Interesse der Union gewesen. Das heißt: Doch, einen Grund kann ich erkennen. Den, die beleidigte Leberwurst zu spielen, weil Gauck damals gegen den neuen Super-Präsidenten Wulff antrat.

Zitat von Zettel
Die Kanzlerin hat einen Blick auf ihre Karten geworfen (oder, vielleicht das bessere Bild, auf die Figuren auf dem Schachbrett) und das entschieden, was nicht zu vermeiden gewesen war. Chapeau!



Bezüglich der taktischen Qualitäten von Frau Merkel, lieber Zettel, gibt es zwischen uns keinen Dissens. Die brauchen wir uns also nicht wiederholt gegenseitig vor Augen zu führen. Unsereiner hat allerdings erhebliche Zweifel sowohl an ihren Motiven als auch - was nach Talleyrand das größere Problem wäre - an ihren strategischen Fähigkeiten.

--
L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

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