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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 82 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.07.2012 12:10
#51 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #48

Zitat von Zettel
Ich kann, lieber Krischan, nicht sehen, daß es auf der einen Seite Wunschträumer gibt und auf der anderen die Kritiker mit den guten Argumenten.
Das nicht zu sehen, halte ich für eine sehr schwierige Sache.

Tja, und ich meistere diese Schwierigkeit eben, lieber Rayson.

Ich sehe eine Lage, wie es sie in der Geschichte immer wieder gegeben hat:

Entscheidungen bringen nicht die erwarteten Resultate; es gibt eine Krise. Man kann dann entweder versuchen, durchzuhalten in der Hoffnung, daß man es doch noch richten kann; oder man kann die Flinte ins Korn werfen.

Was die richtigere Entscheidung ist, kann man allenfalls im Nachhinein beurteilen. Wäre die Zarin Elisabeth nicht 1762 gestorben, dann hätte man es vermutlich für den größten Fehler Friedrichs gehalten, den Siebenjährigen Krieg geführt zu haben. Bushs Surge hätte in einem Desaster enden können.

Ich habe immer noch keinen einzigen Artikel gelesen, der für mich nachvollziehbar ein Szenario entweder a) für die Beibehaltung des Euro ohne Abgabe nationaler Souveränitätsrechte oder b) eine Beendigung der Einheitswährung enthält.

Ich lese nur Kritik von Schlaumeiern. Wie würden diese sich verhalten, wenn sie in der Verantwortung stünden?

Herzlich, Zettel

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

05.07.2012 12:15
#52 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #50
Ich fürchte, lieber R.A., das ist wieder eine dieser Diskussionen, wo wir uns im Kreise drehen.

Das muß nicht sein. Wir müssen eigentlich nur genauer differenzieren.

Zitat
Solange Staaten ihre eigenen Währungen haben, können sie eine unterschiedliche Fiskalpolitik betreiben.


Staaten können IMMER ihre eigene Fiskalpolitik betreiben. Und wenn diese Fiskalpolitik Verschuldung beinhaltet, dann ist die Kreditwürdigkeit des Staates die wesentliche Grenze.
Staaten ohne eigene Währung können sehr kreditwürdig sein, und solche mit eigener Währung völlig kreditunwürdig.

Zitat
Wenn sie sich hoch verschulden, dann sinkt der Wert ihrer Währung ...


Ich will diesen Ausführungen nicht direkt widersprechen, es gibt alle diese Effekte (wenn auch nicht so zwingend), aber sie sind m. E. nicht relevant für meine Aussage.

Zitat
Mit einer Einheitswährung funktíoniert das logischerweise nicht mehr.


Richtig - mit einer Einheitswährung funktionieren gewisse Sachen nicht mehr. Die teilnehmenden Staaten haben ein Stück Macht aus der Hand gegeben. Aber das heißt überhaupt nicht, daß sie deswegen zu einem Einheitsstaat zusammenwachsen müssen.

Zitat
Die Griechen konnten über ihre Verhältnisse leben, denn es konnte ja keine Abwertung ihrer Währung geben, die dem Einhalt geboten hätte ...


Sie konnten über ihre Verhältnisse leben weil sie Kreditgeber gefunden haben, die das finanziert haben. Die Frage war nur, wer am Ende die Zeche zahlt: Die Kreditgeber oder andere Staaten. In beiden Varianten gibt es keinen weiteren Zwang zum Einheitsstaat.

Zitat
Aber in der Regel ist Politikern ihre Wiederwahl vorrangig.


Stimmt. Und deswegen glaube ich auch nicht, daß Merkel und Schäuble vorrangig unser Wohl im Sinne haben.

Zitat
Und bekanntlich hat Deutschland bei Bruch des Vertrags von Maastricht die Richtung vorgegeben. Nicht 2010, sondern ab 2003.


Vertragsbrüche gab es diverse (z. B. die bei der Griechenlandaufnahme). Der von Schröder war spektakulär, aber weitgehend folgenlos.
Entscheidend war erst der Vertragsbruch 2010, seitdem ist das Euro-System kaputt.

Calimero Offline




Beiträge: 3.280

05.07.2012 12:17
#53 FschJg-OT Antworten

Zitat von FTT_2.0 im Beitrag #38
Zitat von Tiefseetaucher im Beitrag #37

Zitat von Gorgasal Entrag #26
Wieso, ich dachte, die Aufklatscher gehören zur Luftwaffe?

Warum sollte ein Luftwaffensoldat aus einem völlig intakten Luftfahrzeug springen?





Na ja, mit dem Spaß angefangen hat ein verrückter Franzose namens Charles Leroux - seines Zeichens Luftschiffer und Ballonfahrer. Dieser hat im April 1889 mit einem sicheren Sprung aus einem Gasballon in 1000 m Höhe den deutschen Generalstab beeindruckt. Zitat General Schlieffen: "Diese Art des Absprungs wäre für einen Feind eine totale Überraschung. Damit könnten zum Beispiel einige wenige Männer ein feindliches Hauptquartier ausheben, wenn man diese Dinger auch lenken könnte!"

Mit dem Einsatz als Waffe wurde es erstmal nichts, aber als Rettungmittel kam der Schirm im WK I flächendeckend zum Einsatz. Generalmajor William Mitchell (Befehlshaber der US-Luftstreitkräfte in Frankreich) plante allerdings 1918 einen Luftlande-Großangriff im Gebiet bei Ypern. Dazu sollte die komplette 1.US-Division mit Fallschirmen ausgerüstet werden. Das Vorhaben wurde dann aber auf 1919 vertagt, und das Kriegsende machte es letztendlich überflüssig.

Mitchell hielt man damals noch für verrückt, aber die Russen machten ab 1928 damit ernst. Sie stellten mit besonderer Förderung von Marschall Michail Tuchatschewski die erste reguläre Fallschirmjägertruppe der Welt auf, die zum ersten Mal im sowjetischen Allunionsmanöver 1930 zum erfolgreichen Einsatz kam. Diese neue Waffe der Russen beeindruckte nun die anderen Militärs derart, dass z.B. Marschall Pétain nach einem Besuch des sowjetischen Fliegergenerals Michail Schtscherbakow an der stolz vorgeführten Maginot-Linie, diese mit Extra-Flakbatterien verstärken ließ. Der Russe hatte die Festungen belächelt und gemeint, dass sie in Zukunft leicht mit Fallschirmjägern übersprungen und von ihrer rückwärtigen Versorgung abgeschnitten und ausgehungert werden könnten.

1935 hatten Militärattachés anderer Nationen die Gelegenheit eine präzise Landung von 1000 sowjetischen Fallschirmjägern, und die der auf dem von ihnen eroberten Gebiet nachlandenden 5000 Mann Luftlandetruppen zu beobachten. Das muss nun besonders beeindruckend gewesen sein, denn auch in Berlin ging man jetzt ernsthaft daran, eine eigene Fallschirmjägertruppe aufzustellen. Der Befehl zur Aufstellung des 1.Fallschirmjägerbataillons erließ der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Hermann Göring, am 29.Januar 1936. Es ging aus dem ersten Bataillon des Luftwaffenregiments "Herrmann Göring" hervor. (Alle Angaben aus: Deutsche Fallschirmjäger im Zweiten Weltkrieg)

Tja ... am Anfang war tatsächlich die Luftwaffe.

Beste Grüße, Calimero

P.S. Ein Fallschirm ist ein Luftfahrzeug!

P.P.S. Wenn ich es recht in Erinnerung habe, sind die ersten Russen nicht einmal aus einem intakten Flugzeug gesprungen, sondern lagen vom Start bis zum Absprung auf den Tragflächen ihrer Flugzeuge.

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Calimeros Rumpelkammer - Ein Raum für freie Rede und Gedanken, mittendrin im Irrenhaus.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

05.07.2012 12:21
#54 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #49
Das blendet den gesamten Zusammenhang aus.

Sollte auch keine Doktorarbeit werden ;-)

Und schon richtig, daß eine AIG-Pleite noch ein deutlich größerer Brocken geworden wäre.

Insgesamt läßt sich aber m. E. schon sagen, daß die ganzen Rettungen die Probleme nicht beseitigt haben, nicht beseitigen konnten. Die Verluste sind halt real da, und irgendwer muß die tragen.

Durch den Verzicht auf formale Insolvenz bankrotter Institutionen wurden die Probleme immer nur eine Stufe weiter geschoben, und dabei noch vergrößert. Denn es ist ja schon ein Unterschied, ob man zur Verlustabdeckung erst einmal Eigenkapital etc. verbraucht, oder ob man die komplette Summe zum Steuerzahler schiebt.

Grundsätzlich sehe ich eine große Reformnotwendigkeit für Regeln, daß auch große Banken seriös pleite gehen können.
Die derzeitigen politischen Pläne gehen aber leider in die Gegenrichtung: Keine Bank soll mehr pleite gehen können.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.07.2012 12:23
#55 RE: FschJg-OT Antworten

Zitat von Calimero im Beitrag #53
(Alle Angaben aus: Deutsche Fallschirmjäger im Zweiten Weltkrieg)

Finde ich alles sehr interessant, danke!

Noch eine Frage: Wieso eigentlich "Jäger"?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.07.2012 12:30
#56 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #52

Zitat
Solange Staaten ihre eigenen Währungen haben, können sie eine unterschiedliche Fiskalpolitik betreiben.

Staaten können IMMER ihre eigene Fiskalpolitik betreiben.

Ja gut, da habe ich mich verkürzt ausgedrückt; eine Ellipse verwendet.

Gemeint war natürlich: Sie können es, und es funktioniert. Mit einer Einheitswährung können sie es auch, aber es funktioniert nicht; wie wir jetzt schmerzlich sehen.

Warum funktioniert die Einheitswährung in den USA? Dazu möchte ich an diesen Artikel erinnern:

Warum funktioniert die Einheitswährung Dollar, aber nicht die Einheitswährung Euro? Drei Faktoren; ZR vom 6. 12. 2012.

Herzlich, Zettel

Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 14.429

05.07.2012 12:31
#57 RE: Fallschirmspringen Antworten

RE: Fallschirmspringen: "Ein Sport für Pfaffen und Bauernlümmel ist es jedenfalls nicht." (Giovanni Guareschi, Don Camillo und die Rothaarige)

http://en.wikipedia.org/wiki/William_Rankin
http://en.wikipedia.org/wiki/Joseph_Kittinger

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

05.07.2012 12:32
#58 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von Zettel
Ich habe immer noch keinen einzigen Artikel gelesen, der für mich nachvollziehbar ein Szenario entweder a) für die Beibehaltung des Euro ohne Abgabe nationaler Souveränitätsrechte oder b) eine Beendigung der Einheitswährung enthält.



Sowohl für die europäische Wirtschafts- und Fiskalunion als auch für die Auflösung der Währungsunion gibt es keine Blaupausen und keine mit hinreichender Sicherheit zu prognostizierenden Ergebnisse. Es gibt allerdings Anhaltspunkte, und es gibt politische Präferenzen. Im Zweifel entscheide ich mich - auch bei Unsicherheit - hier immer für die redundantere, flexiblere, dezentralere, freiere Lösung, weil sie - egal, welche Entwicklungen eintreten - immer mehr Lösungsoptionen bietet als die uniformiertere, schwerfälligere, zentralere und hierarchischere Variante.

Aber wenn du, lieber Zettel, aber irgendwo einen Artikel gelesen haben solltest, der tatsächlich die Merkelsche Variante (Fonds/Pakete/Schirme, Fiskalpakt) nachvollziehnbar für eine realistische Lösung hält, dann lass es mich bitte wissen. Ich bin immer auf der Suche nach Kuriosa.

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L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

05.07.2012 12:36
#59 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von R.A.
Grundsätzlich sehe ich eine große Reformnotwendigkeit für Regeln, daß auch große Banken seriös pleite gehen können.
Die derzeitigen politischen Pläne gehen aber leider in die Gegenrichtung: Keine Bank soll mehr pleite gehen können.

Ich glaube mittlerweile, dass das eigentlich auch die falsche Frage ist bzw. als Frage zu kurz greift. Meines Erachtens muss das ganze Bankenwesen neu strukturiert werden, und das geht nur, wenn der Staat die Banken als Eigentümer übernimmt. umgestaltet und später neu auf den Markt bringt. Wer hier aus liberaler Überzeugung zu viel Sozialismus am Werk sieht, verkennt, dass sich dadurch an der wesentlichen Struktur im Grunde nichts ändern würde, denn Staat und Banken sind jetzt sowieso schon auf Unheilvollste miteinander verbändelt. Dieser Gordische Knoten gehört zerschlagen.

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Calimero Offline




Beiträge: 3.280

05.07.2012 12:39
#60 RE: FschJg-OT Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #55
Noch eine Frage: Wieso eigentlich "Jäger"?
Ich nehme an, dass der Begriff die ersten leichten Infanterietruppen bezeichnete, weil man ja eben (wie der Waidmann) nur mit Flinte, Messer und Pistole bewaffnet durchs Gelände kriecht. Getarnt auch noch!
Es gab ja auch früher schon Jägerregimenter - die Gebirgsjäger sind halt eine Spezialisierung und die Fallschirmjäger eine andere. Da müsste ich aber noch mal recherchieren, im Kopf habe ich das nicht.

Nachtrag:

Wikipedia hilft weiter

Zitat
Als eine Sonderform des Infanteristen bildeten die Jägertruppen lange Zeit eine Elite unter den Soldaten. Die ersten Jägerbataillone wurden in Hessen-Kassel 1631 gebildet. Sie setzten sich aus Förstern, Förstersöhnen und Forstamtskandidaten zusammen, woher sich der Name ableitet.

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Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

05.07.2012 12:49
#61 RE: FschJg-OT Antworten

Zitat von Calimero im Beitrag #60
Zitat von Zettel im Beitrag #55
Noch eine Frage: Wieso eigentlich "Jäger"?
Ich nehme an, dass der Begriff die ersten leichten Infanterietruppen bezeichnete, weil man ja eben (wie der Waidmann) nur mit Flinte, Messer und Pistole bewaffnet durchs Gelände kriecht.

Die ersten leichten Infanterieeinheiten dieser Form (im Gegensatz zu Leibeigenenhorden, die Ritterheere begleiteten) rekrutierten sich im 17. Jh. aus Jägern: http://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%A4ger_%28Milit%C3%A4r%29

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Defender la civilización consiste, ante todo, en protegerla del entusiasmo del hombre. - Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un Texto Implícito

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

05.07.2012 14:06
#62 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #46

Es ist offen, was genau die Europäer nicht wollen.
Den Schäuble'schen Zentralstaat ganz bestimmt nicht.
Ob sie "Vereinigte Staaten von Europa", also ein föderalistisches Gebilde mit verfassungsgemäß begrenzter Macht der Zentrale wollen würden - das ist offen.



Ganz genau, lieber R.A. Die Diskussion, welches Europa wir denn eigentlich wollen, wäre jetzt fällig, vielleicht sogar überfällig.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

05.07.2012 14:11
#63 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von Rayson im Beitrag #59
Meines Erachtens muss das ganze Bankenwesen neu strukturiert werden, ...

D.h. die Möglichkeit der Marktkorrektur über Bankenpleiten würde Dir nicht reichen?

Was sollte denn in der neuen Struktur noch anders sein?

Zitat
... und das geht nur, wenn der Staat die Banken als Eigentümer übernimmt. umgestaltet und später neu auf den Markt bringt.


Es überrascht mich, daß das der einzige Weg sein soll. Aber vielleicht kann ich das besser nachvollziehen, wenn Du die Zielstruktur beschreibst.

Zitat
Wer hier aus liberaler Überzeugung zu viel Sozialismus am Werk sieht ...


Da wäre ich noch schmerzfrei - Du hast ja völlig recht, daß derzeit schon ziemlich alles vermurkst ist.
Aber instinktiv mißtraue ich Ideen, die einen so großen Bereich mit einem zentralen Masterplan umgestalten wollen. Da müßte normalerweise die Änderung von Rahmenbedingungen reichen, damit sich evolutionär geeignete neue Formen herausbilden.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

05.07.2012 14:16
#64 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #56
Mit einer Einheitswährung können sie es auch, aber es funktioniert nicht; wie wir jetzt schmerzlich sehen.

Mit "es" ist hier die eigenständige Fiskalpolitik gemeint.
Und die können sie nicht nur, sondern das funktioniert auch genauso wie mit eigenen Währungen.
Denn schmerzliche Folgen wie Staatspleiten gibt es ja auch bei Staaten mit eigenen Währungen reichlich.

Ich kann es nur wiederholen (weil es ja auch von Ihnen nie aufgegriffen oder gar widerlegt wurde): Eine "normale" Staatspleite Griechenlands wäre auch im Eurosystem möglich gewesen.
Dies war politisch nicht gewollt, weil es schmerzliche Folgen für europäische Banken gehabt hätte. Diese Folgen hätte es aber genauso gegeben, wenn Griechenland nie in die Eurozone gegangen wäre.

Die Eurofrage bot Merkozy lediglich einen geeigneten Vorwand, um die Bankenrettung hinter dem Popanz "Eurorettung" zu verstecken.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

05.07.2012 14:22
#65 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von R.A.
Was sollte denn in der neuen Struktur noch anders sein?

Zunächst mal dient die Sozialisierung der Schuldenkonsolidierung. Das lässt sich unter einem einheitlichen Eigentümer viel besser abwickeln, ohne sich selbst verstärkende Regelkreise nach unten. Stichwort: Aktiva und Schulden im System simultan abbauen. Und am Ende sollten kleinere Banken stehen, mit mehr Eigenkapital, besserer Governance, und ein Trennbankensystem.

Ob das der "einzige" Weg ist, weiß ich nicht wirklich. Aber ich sehe keinen besseren. Ich weiß noch nicht mal, ob das reichen würde. Womöglich muss es auch ans Geldsystem gehen (materielle Bindung). Es sei denn, die EZB mutierte geldpolitisch zur Bundesbank, was ich aber nicht sehe.

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Rayson Offline




Beiträge: 2.367

05.07.2012 14:24
#66 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von R.A.
Diese Folgen hätte es aber genauso gegeben, wenn Griechenland nie in die Eurozone gegangen wäre.

Nein, aus zweierlei Gründen: Erstens hätte Griechenland ohne den Euro nicht diese Kreditwürdigkeit besessen. Und zweitens hätte durch Abwertungen der Drachme der Staatsbankrott wahrscheinlich vermieden werden können. EDIT: Beziehungsweise der Staat lässt sich das Geld für seine Schulden einfach drucken.

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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.07.2012 14:25
#67 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #64
Die Eurofrage bot Merkozy lediglich einen geeigneten Vorwand, um die Bankenrettung hinter dem Popanz "Eurorettung" zu verstecken.

Lieber R.A., alter Mitstreiter: Seien sich nicht böse, aber das ist doch (nein, nicht Unsinn ) schwer nachvollziehbar.

Die Kanzlerin hat mit Zähnen und Klauen die Bankenrettung zu verhindern versucht und ist unterlegen.

Das soll es geben; so, wie auch unsere Nationalmannschaft manchmal unterliegt.

Ich habe es schon oft geschrieben: Diese Feindschaft gegen die Kanzlerin bei vielen hier im Forum, die ich schätze (die Vielen, nicht die Feindschaft ), ist für mich eines der größten Rätsel, seit ich privat ins Internet gegangen bin. (Ich habe eben nachgesehen: Das war im September 1997).

Ich kann's nicht nachvollziehen. Und denke manchmal, es ist irrational.

Herzlich, Zettel

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

05.07.2012 14:28
#68 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #67
Zitat von R.A. im Beitrag #64
Die Eurofrage bot Merkozy lediglich einen geeigneten Vorwand, um die Bankenrettung hinter dem Popanz "Eurorettung" zu verstecken.

Lieber R.A., alter Mitstreiter: Seien sich nicht böse, aber das ist doch (nein, nicht Unsinn ) schwer nachvollziehbar.

Die Kanzlerin hat mit Zähen und Klauen die Bankenrettung zu verhindern versucht und ist unterlegen.

Ich denke, es geht R.A. (und anderen) hier nicht um die gerade aktuelle Bankenrettung - sondern um die verschiedenen Hilfspakete für insolvente Eurostaaten, die de facto auch nichts anderes waren als Rettungsaktionen für deutsche und französische Banken.

Zitat von Zettel im Beitrag #67
Diese Feindschaft gegen die Kanzlerin bei vielen hier im Forum, die ich schätze (die Vielen, nicht die Feindschaft ), ist für mich eines der größten Rätsel, seit ich privat ins Internet gegangen bin. (Ich habe eben nachgesehen: Das war im September 1997).

Ich kann's nicht nachvollziehen. Und denke manchmal, es ist irrational.

Ach Zettel, ich fürchte, viele hier im Forum halten Ihr Festhalten an Merkel manchmal für mindestens ähnlich irrational...

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Florian Offline



Beiträge: 3.171

05.07.2012 15:56
#69 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

@ Zettel:

Zitat
Zitat von R.A. im Beitrag #52
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Zitat
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Solange Staaten ihre eigenen Währungen haben, können sie eine unterschiedliche Fiskalpolitik betreiben.
--------------------------------------------------------------------------------


Staaten können IMMER ihre eigene Fiskalpolitik betreiben.

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Ja gut, da habe ich mich verkürzt ausgedrückt; eine Ellipse verwendet.

Gemeint war natürlich: Sie können es, und es funktioniert. Mit einer Einheitswährung können sie es auch, aber es funktioniert nicht; wie wir jetzt schmerzlich sehen.





Lieber Zettel,

ich schulde Ihnen aus einem anderen Thread noch eine Antwort zu diesem Themenkomplex.
Das will ich jetzt nachholen.

"Fiskalpolitik" ist ein volkswirtschaftlicher Fachausdruck.
Laut Wikipedia:

Zitat
Die Fiskalpolitik ist ein wirtschaftspolitisches Instrument des Staates, welches mittels der Beeinflussung von Steuern und Staatsausgaben die konjunkturellen Schwankungen auszugleichen und damit ein stabiles wirtschaftliches Wachstum zu erhalten versucht.



Mit anderen Worten:
"Fiskalpolitik" bedeutet nicht nur einfach "die Möglichkeit, zu entscheiden, wieviel Steuern man erhebt und wieviel man ausgibt".
Sondern es geht hier darum, dass mit Steuern udn Ausgaben die Konjunktur eines Landes gesteuert werden soll.

Es gibt auch andere wirtschaftspolitische Instrumente, die das gleiche Ziel haben. In erster Linie die Geldpolitik.

Es geht aber immer um ein bestimmtes Ziel. Nämlich die Konjunktursteuerung.


Achtung! Jetzt kommt (vielleicht) ein Überraschung:

Es ist nun so, dass diese beiden Instrumente je nach Rahmenbedinungen unterschiedlich gut funktionieren.

Für unsere Diskussion wichtig ist folgendes:

In einem System mit festen Wechselkursen (d.h. auch bei einer Währungsunion) ist eine eigenständige Geldpolitik des einzelnen Landes unmöglich bzw. wirkungslos. Eine eigenständige Fiskalpolitik ist hingegen möglich und maximal wirksam.

Genau umgekehrt bei flexiblen Wechselkursen. Hier ist eine eigenständige Geldpolitik des einzelnen Landes möglich bzw. bzw maximal wirksam. Eine eigenständige Fiskalpolitik ist hingegen unmöglich bzw. unwirksam.

Kurze Begründung:

Nehmen wir an, ein Land befinde sich in Rezession.
Bei flexiblen Wechselkursen würde ein zusätzliches staatliches Ausgabenprogramm (=Fiskalpolitik) zu einer Aufwertung der Währung führen. Dies führt dazu, dass die zusätzlich durch den Staat generierte Nachfrage letztlich über die ganze Welt verteilt wird und im Land selbst keine Wirkung hat.
Hingegen führt eine Zinssenkung (=Geldpolitik) zu einer Abwertung der Währung, was die Wirkung auf die Konjunktur noch verstärkt.

Umgekehrt bei fixen Wechselkursen bzw. Währungsunion:
Eine eigenständige Geldpolitik ist nicht möglich.
Hingegen kann ein Land in Rezession ein staatliches Ausgabenprogramm machen (=Fiskalkpolitik). Es gibt keine Aufwertung der Währung, dadurch wird das Ausgabenprogramm nicht verwässert, sondern der Nachfrageschub "bleibt im Land".


Im Prinzip haben wir im Euroraum ja auch genau dies erlebt.
Griechenland, Spanien, Italien, Portugal hatten in den 0er Jahren eine expansive Fiskalpoltik. Diese war zwar nicht sinnvoll, aber extrem wirkungsvoll. Sie hat nämlich genau das gebracht, was eine expansive Fiskalpolitik bewirken soll:
überschäumende Nachfrage, steigende Preise, steigende Löhne, richtig Action im Immobilienmarkt, etc.etc.

Und zur Zeit haben wir in diesen Ländern eine (tendenziell) kontraktive Fiskalpolitik, d.h. eine Begrenzung der Staatsausgaben.
Und auch hier schlägt der Effekt voll durch. Die Länder gehen nämlich jetzt richtig steil in die Rezession. (Gäbe es eine eigentständige spanische Währung, würde diese in dieser Situation abwerten und die spanische Fiskalpolitik ausgleichen, d.h. in diesem Fall die Rezession abmildern).



Um nun noch auf die Frage zurückzukommen, die Sie mir im "Ausgehebelt"-Thread gestellt haben:

"Fiskalpolitik" bedeutet wie gesagt, dass man eine Konjunktur eines Landes steuert.
Wenn sich nun die Konjunktur eines Landes anders entwickelt als in Nachbarländern, dann bedeutet dies, dass die Fiskalpolitik unterschiedlich sein muss.

Deshalb führt ein "Fiskalpakt", der für eine einheitliche Fiskalpolitik in ganz Europa führen soll, eben genau in die verkehrte Richtung.
Wenn ein Land in einer Hochkonjunktur ist, während der Rest Europas in Rezession ist, dann wäre es zur Glättung der Konkunktur sinnvoll, in diesem Land eine (im Vergleich zu den Nachbarländern) dämpfende Fiskalpolitik zu haben.
Eine Gleichmacherei bei Steuern und Ausgaben würde genau dies verhindern.

Und da ja auch die Geldpolitik als Ausgleichsmechanismus ausfällt (da gleichgeschaltet), gibt es dann überhaupt kein Instrument mehr, mit dem man eine Glättung der Konjunktur erreichen könnte.
Wenn es dann in einem Land eine Rezession gibt, wäre dieses Land darin einfach gefangen. (Oder müsste sich vom Ausland retten lassen...).

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.07.2012 16:10
#70 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von Gorgasal im Beitrag #68
Ach Zettel, ich fürchte, viele hier im Forum halten Ihr Festhalten an Merkel manchmal für mindestens ähnlich irrational...
So ist es.

Und beide Seiten sind vollkommen überzeugt davon, daß Sie Recht haben.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.082

05.07.2012 16:13
#71 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #70
Zitat von Gorgasal im Beitrag #68
Ach Zettel, ich fürchte, viele hier im Forum halten Ihr Festhalten an Merkel manchmal für mindestens ähnlich irrational...
So ist es.

Und beide Seiten sind vollkommen überzeugt davon, daß Sie Recht haben.


Natürlich sind alle hier im Forum davon überzeugt, dass ich recht habe.

Oder wollten Sie "sie" statt "Sie" schreiben?

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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.07.2012 16:27
#72 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von Gorgasal im Beitrag #71
Zitat von Zettel im Beitrag #70
Zitat von Gorgasal im Beitrag #68
Ach Zettel, ich fürchte, viele hier im Forum halten Ihr Festhalten an Merkel manchmal für mindestens ähnlich irrational...
So ist es.

Und beide Seiten sind vollkommen überzeugt davon, daß Sie Recht haben.


Natürlich sind alle hier im Forum davon überzeugt, dass ich recht habe.

Oder wollten Sie "sie" statt "Sie" schreiben?



Sie haben es erraten, lieber Gorgasal. Ich verneige mich wieder einmal vor Ihrem Scharfsinn.

Oder war das jetzt das falsche Smilie?

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

05.07.2012 17:10
#73 Merkel und der Sonnenkönig Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #67
Zitat von R.A. im Beitrag #64
Die Eurofrage bot Merkozy lediglich einen geeigneten Vorwand, um die Bankenrettung hinter dem Popanz "Eurorettung" zu verstecken.

Wie der verehrte Kollege Gorgasal richtig bemerkte, war hier die Bankenrettung 2010 gemeint.

Zitat
Die Kanzlerin hat mit Zähnen und Klauen die Bankenrettung zu verhindern versucht ...

Tja, "hat sich stets bemüht".

Zitat:... und ist unterlegen.


Same procedure as last year.
Neu ist nur, daß sie schon in dieser Verhandlungsrunde unterlag, nicht in der folgenden.

Da Finanzwesen so unanschaulich ist stellen wir uns doch mal vor, Ludwig XIV und Merkel hätten Anno 17xx über die deutsch-französische Grenzziehung verhandelt:

1. Verhandlungsrunde: Louis fordert Elsaß-Lothringen.
Großer Verhandlungserfolg von Merkel: Er kriegt nur Lothringen.

2. Verhandlungsrunde: Louis fordert die Rheingrenze.
Merkel bleibt beinhart: Er kriegt nur das Elsaß und das Saarland.

3. Verhandlungsrunde: Louis fordert das Rheinland und Süddeutschland.
Merkel setzt sich durch: Deutschland tritt nur Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ab.

4. Verhandlungsrunde: Jetzt geht es um die Elbgrenze.
Aber auch hier ein Verhandlungserfolg der Kanzlerin: Thüringen und Sachsen bleiben deutsch.

Die wesentlichen Parallelen zu den Verhandlungsrunden seit Anfang 2010:
a) Der "Verhandlungserfolg" Merkels besteht immer nur darin, die Maximalforderungen der Gegenseite nicht gleich zu erfüllen.
b) Macht aber nichts, weil die Gegenseite einfach die Forderungen erhöht und dann die alten Forderungen bei der nächsten Verhandlungsrunde zugestanden bekommt.
c) Als Gegenleistung erhält Merkel schlicht NICHTS. Bzw. sie erhält wertlose Versprechen, die aber letztlich nur im Interesse der Gegenseite sind (d.h. Louis verspricht ihr, das französische Steuersystem zu reformieren).
d) Nach zwei Jahren "Verhandlungserfolgen" ist nicht mehr viel Verhandlungsmasse da.

Soll heißen: Im Jahre 2010 ging es noch um zweistellige Milliardenbeträge, letztes Jahr um dreistellige, mit der Bankenrettung sind es schon vierstellige. Das ist längst jenseits dessen, was Deutschland jemals leisten können wird. Viel mehr "Verhandlungserfolge" sind gar nicht mehr möglich.

Insofern bin ich inzwischen auch fast entspannt bei der Frage, ob nun nächstes Jahr rot/grün ans Ruder kommt. Die können dann gar nicht mehr viel kaputt machen. Und hätten es auch in der Gesamtbilanz der letzten zwei Jahre nicht viel schlimmer machen können. Wahrscheinlich hätten sie alle diese Zugeständnisse noch früher gemacht - aber vom Ausmaß her ist dreimal zum Finanztode verurteilt nicht schlimmer als einmal.

Rayson Offline




Beiträge: 2.367

05.07.2012 17:31
#74 RE: Merkel und der Sonnenkönig Antworten

Zitat von R.A.
Nach zwei Jahren "Verhandlungserfolgen" ist nicht mehr viel Verhandlungsmasse da.

Wozu auch? In der letzten Bundestagsdebatte hat ein Abgeordneter argumentiert, der Bundestag müsse schon allein deswegen zustimmen, weil die anderen europäischen Länder diese Lösung befürworteten. Wahrscheinlich glaubt der tatsächlich, dass so ein "guter Europäer" handelt.

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L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

05.07.2012 20:29
#75 RE: Zitat des Tages: Das Euro-Dilemma Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #67

Ich habe es schon oft geschrieben: Diese Feindschaft gegen die Kanzlerin bei vielen hier im Forum, die ich schätze (die Vielen, nicht die Feindschaft ), ist für mich eines der größten Rätsel, seit ich privat ins Internet gegangen bin. (Ich habe eben nachgesehen: Das war im September 1997).



Lieber Zettel,

ich habe an und für sich nichts gegen die Kanzlerin. Im Gegenteil: Ich halte sie für ein politisches Ausnahmetalent. Allein wie sie die gesamte Riege der CDU-Landesfürsten entmachtet hat, zeigt schon ihr Geschick.

Aber zwei Dinge werfe ich ihr dann doch vor:

1. Die sog. Sozialdemokratisierung der CDU: Ich bin sicher kein Konservativer und, was den Liberalismus betrifft, von weit weniger strenger Observanz als die meisten anderen Zimmerleute. Doch ich bin vehement dafür, dass gewisse Positionen, die ohne Widerspruch zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung vertreten werden können (z.B. Beibehaltung der Atomenergie), auch ihren Widerhall im Parteienspektrum finden. Merkel hat in dieser Hinsicht viele weiße Flecken auf der Landkarte und einen enormen Zuwachs an Politikverdrossenheit produziert.

2. Die - milde formuliert - Überstrapazierung der europäischen Gründungsverträge und des Grundgesetzes bei der sog. Eurorettung: Mag sein, dass der Rettungsschirm ökonomisch richtig ist; das sollen andere beurteilen, die mehr diesbezüglichen Sachverstand haben als ich. Aber wirtschaftliche Notwendigkeit kann keine fehlenden Rechtsgrundlagen ersetzen. Schröder hat das Defizitsünderverfahren entzahnt, ja. Aber das rechtfertigt doch noch lange nicht, dass Merkel und die anderen Regierungschefs der Eurozone die No-Bailout-Klausel über Bord werfen und Überschuldung unter höhere Gewalt subsumieren und dass man die Kettensäge an eine der wesentlichen Kompetenzen des Bundestages setzt. Merkel hätte mit Verweis auf die Verträge und das Grundgesetz ganz einfach Nein sagen können (und müssen). Ich bin nach wie vor ein Befürworter der europäischen Integration: Die Grundfreiheiten, der Euro und Schengen haben meinen Alltag erheblich vereinfacht. Aber in einem Europa, das auf dem trail of broken treaties wandelt, möchte ich nicht leben.

Beste Grüße
Noricus

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