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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 74 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3
Uwe Richard Offline



Beiträge: 1.255

09.10.2012 10:39
#26 RE: Stratfor zur Demographie Deutschlands Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #22
Zitat von Uwe Richard im Beitrag #20
Lieber Zettel, sowohl die Zeit, als auch Thefoolonthehill liegen falsch. Dazu mal ein Gedankenspiel:
In Population A bekommen alle Frauen im Alter zwischen 20 und 30 je drei Kinder und in Population B alle Frauen im Alter zwischen 40 und 50 je vier Kinder. Wenn Sie nun unter der Annahme, dass beide Populationen mit dem gleichen Zahl an Frauen beginnen, nachrechnen, welche Population nach 100 Jahren größer ist ...


Ich fürchte, lieber Uwe Richard, das müssen Sie genauer erläutern. Mir erscheinen die Ausführungen von Michaela Kreyenfeld eigentlich schlüssig.

Was ich mit meinem Beispiel sagen will, lieber Zettel ist, dass die Geburtenrate von 1,4 näher an der Wirklichkeit ist, wenn ich wissen will, wieviele Bürger Deutschland im Jahre 2100 voraussichtlich haben wird, selbst wenn sie falsch ist, da nicht nur die Zahl der direkten Nachkommen wichtig ist, sondern auch das Alter der Mutter zur Zeit der Geburt.

--
Wer mich ertragen kann, erträgt auch das Leben – Uwe Richard

theophil Offline



Beiträge: 82

09.10.2012 10:41
#27 RE: Stratfor zur Demographie Deutschlands Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #22

Wenn sich nun ein Trend ergibt - wie offenbar in Deutschland -, daß die Frauen ihre Kinder in immer höherem Lebensalter bekommen, dann führt das zu einer Unterschätzung der Geburtenrate; natürlich nur, solange es diesen Trend gibt. Wenn sich - in vielleicht hundert Jahren - dieser Wert wieder stabilisiert hat, dann verschwindet die Verzerrung.



Lieber Zettel, da haben Sie natürlich im Prinzip Recht. Es ist aber nicht so, dass die Deutschen im Schnitt später Kinder bekommen als unsere erfolgreicheren Nachbarn Niederlande, Frankreich oder England. Ich habe mir die Zahlen mal angesehen: http://theophilsblog.com/post/2755516512...familienpolitik Weiter nach hinten schieben lässt sich die erste Geburt schon kaum noch.

Unsere Nachbarländer und die USA zeigen, dass es nicht einfach nur am wachsenden Wohlstand liegt, dass keine Kinder mehr geboren werden. Eine stabile Geburtenrate von 2,1 ist auch in reichen Ländern möglich.

In meinen Augen ist das entscheidende Problem das Bildungssystem. Wer erst mit Ende 20 sein Studium absolviert, wird es einfach bis Mitte 30 nicht schaffen, 2 Kinder zu bekommen bevor die Fertilität steil abfällt. Zum Glück ließe sich daran leicht etwas ändern. Fragt man junge Menschen, wieviele Kinder sie sich wünschen, kommen seit Jahren stabil über 2.1 Kinder pro Frau raus.

Mit mehr Geld für junge Eltern lässt sich dieses Problem nicht lösen.

http://theophilsblog.com
Politisch. Liberal. Optimistisch.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

09.10.2012 11:19
#28 RE: Stratfor zur Demographie Deutschlands Antworten

Zitat von theophil im Beitrag #27
Wer erst mit Ende 20 sein Studium absolviert, wird es einfach bis Mitte 30 nicht schaffen, 2 Kinder zu bekommen bevor die Fertilität steil abfällt.
Sachlich betrachtet ist das Studium in Deutschland die beste Zeit, Kinder zu bekommen. Studenten können (in den meisten Fachrichtungen) ihre Zeit sehr frei einteilen und arbeiten vorwiegend daheim.
Allerdings kann es sein, daß das Studium begünstigt, sich länger als Kind zu fühlen und den Schneid für den Aufbau einer fruchtbaren Beziehung zu entbehren.
Zum Vergleich mit den Geburtenraten, auf die xanopos verweist, hier Zahlen für Eheschließungen.

ratloser ( gelöscht )
Beiträge:

09.10.2012 11:31
#29 RE: Stratfor zur Demographie Deutschlands Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #24
Zitat von ratloser im Beitrag #23
Diese Statistiken sind völlig irrelevant, solange sie nicht zu differenzieren versuchen, wer wieviel Kinder bekommt....davon abgesehen ist 1,6 weit unter dem, was für ein steady state erforderlich wäre.

Der zweite Punkt ist trivial, lieber ratloser. Um eine Bevölkerung stabil zu halten, ist eine Geburtenziffer von 2,1 erforderlich.

Zum ersten Punkt: Beides sind wichtige Daten - die Entwicklung der Gesamtbevölkerung und der Anteil der einzelnen Bevölkerungsgruppen. Ich kann nicht sehen, daß das erstere irrelvant wäre. Es ist entscheidend zum Beispiel für die Rentenlast der arbeitenden Bevölkerung, für die Binnennachfrage, die Sparquote und damit das Kapitalangebot usw.

Herzlich, Zettel




Lieber Zettel,

wenn ein steady state dadurch erhalten bliebe (!), dass die Zahl von Geburten in bildungsfernen (und zum größeren Teil nicht bildbaren) Bevölkerungsgruppen deutlich steigt, aber die Zahl in bildungsnahen (und zum größeren Teil bildbaren) Bevölkerungsgruppen deutlich abnimmt, mögen Sie im Idealfall eine stabiles Verhältnis von potentiellen Beitragszahlern zu Beitragsempfängern haben. Allerdings ist die quantitative Stabilität alleine nicht hilfreich, da Ihnen das "potentiell" im Wege steht.

Eine qualitative demographische Verschiebung kann sogar ein Bevölkerungswachstum (wenn es nicht Folge von Verbesserung der Lebensverhältnisse ist)zum Negativen hin überkompensieren.

Harz IV für eine steigende Zahl von Nichtrentnern (die keinen relevanten Beitrag zu den Versicherungskassen zahlen) und steigender Bedarf für die Altersversorgung sprengen unser Sozialsystem auch, wenn es rein zahlenmäßig genügend Rentenbeitragszahler geben würde.

Die Diskussion, ob die durchschnittliche Geburtenrate nun bei 1,4 oder 1,6 liegt, ist aufgrund der schon jetzt sicher projizierbaren Folgen für die Alterspyramide in den nächsten 40 Jahren irrelevant.

Die qualitativen demographischen Verschiebungen scheint man nicht so gerne thematisieren zu wollen....

C. Offline




Beiträge: 2.639

09.10.2012 11:49
#30 RE: Stratfor zur Demographie Deutschlands Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #28
Allerdings kann es sein, daß das Studium begünstigt, sich länger als Kind zu fühlen und den Schneid für den Aufbau einer fruchtbaren Beziehung zu entbehren.


Das hat gar nichts mit Schneid zu tun, sondern mit Partnerwahl. Das Angebot an adäquaten Partnern ist gering und tendenziell weiter fallend, wenn es trotzdem zu fruchtbaren Beziehungen kommt, dann sind sie häufig instabil. Hinzu kommt, dass der Arbeitsmarkt ein großes Maß an Flexibilität verlangt, gerade in der Anfangsphase. Familie gründen und Häuschen bauen ist mittlerweile die Ausnahme, mehrfacher Umzug die Regel oder eben die Wochenendehe.

Der Riesling gehört zu Deutschland.

Karl Theodor Offline




Beiträge: 55

09.10.2012 11:58
#31 RE: Stratfor zur Demographie Deutschlands Antworten

Ich kann es mir nicht verkneifen. Mein ad hoc Gedanke beim ersten Satz war: Der Neandertaler starb aus. Ursache unbekannt. Vielleicht hilft hier erhellend der Blick auf den aussterbenden "Deutschen Neandertaler".

Tim Offline



Beiträge: 55

09.10.2012 12:53
#32 RE: Stratfor zur Demographie Deutschlands Antworten

Zitat von moise trumpeter im Beitrag #15

Zitat
Wie lässt sich der Ausreißer Irland erklären?


Arm, traditionell, religiös. Genau in der Reihenfolge.



Die Argumente sind richtig. Die Reihenfolge (Arm zuerst) bezweifle ich.
Wie erklären Sie sich bspw., dass die Geburtenrate 2008 (irischer Baby Boom) am Höchsten war, aber seit der Finanz- und Bankenkrise (d.h. zunehmende Armut) wieder abfällt?

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

09.10.2012 22:05
#33 RE: Stratfor zur Demographie Deutschlands Antworten

Zitat von theophil im Beitrag #27
In meinen Augen ist das entscheidende Problem das Bildungssystem. Wer erst mit Ende 20 sein Studium absolviert, wird es einfach bis Mitte 30 nicht schaffen, 2 Kinder zu bekommen bevor die Fertilität steil abfällt.

In Deutschland liegt die Studienquote bei knapp 40%, 60% sind also von dem Problem schonmal gar nicht erst betroffen. Und von den 40% schaffen locker die Hälfte ihren Abschluss bevor sie 25 sind. Das erklärt die Varianz kaum ansatzweise.

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

09.10.2012 22:20
#34 Schrumpfung ist nicht das zentrale Problem Antworten

Weniger Kinder sind ein Problem, aber nicht das entscheidende. Wenn eine Bevölkerung sich entschliesst bis zum Umfallen zu Arbeiten (reine Theorie) und das auch produktiv umgesetzt bekommt, dann wäre es recht undramatisch, wenn innerhalb einer Generation auch mal 10% oder 20% Schwund ist (gut, im Moment sind es eher 30%). Die Amerikaner fahren ein solches System, und leben tun die auch noch. Im Gegenteil, man kann durchaus positive Aspekte darin sehen: Deutschland ist ein recht stark bevölkertes Land, weniger Menschen bedeutet auch mehr Fläche. Und ebenso verteilt sich der Reichtum des Landes auf weniger Taschen. Das was erwirtschaftet wurde, verteilt sich auf weniger Köpfe. Und die spüren das auch, denn alles was halbwegs qualifiziert ist, hat im Moment auf dem Arbeitsmarkt durchaus Aufwind.

Das zentrale Problem besteht eher in der vermeintlichen Lösung, die tatsächlich das genaue Gegenteil einer Lösung ist. Zuwanderung und hohe Geburtenrate in sozial schwachen Schichten. Gut qualifizierte Arbeiter und Angestellte verlassen den Arbeitsprozess. Schlecht qualifizierte rücken nach. Das ist das Problem. Und das ist auch das, was Sarrazin in seinem Buch beschreibt. Das Problem ist nicht, dass in 20 Jahren nur noch 35 Millionen Menschen zur Arbeit zur Verfügung stehen, das Problem besteht darin, dass von diesen 35 Millionen etliche Millionen für den Arbeitsprozess gar nicht mehr nutzbar sind. Wir haben heute schon ein Problem, dass in einer immer mehr verlangenden Industriegesellschaft eine Menge Menschen nicht mitkommen. Und das sind nicht unbedingt die, die schon Probleme mit einfacher Grammatik haben. Wer heute mehrheitlich durch Kreuzberg oder Marxloh läuft ("Ey, ich mach Disch Opfer !"), der wird morgen nie und nimmer mehr einen Job bekommen, der zu irgendwas gut ist. Ausser vielleicht im kriminellen Millieu. Und das ist ein Problem. Die Zahlen sind nicht das zentrale Problem. 35 Millionen gut Qualifizierte können in der heutigen, technischen Welt, ohne Probleme auch 50 Millionen "Alte" ernähren. Aber wenn von diesen 35 Millionen, 10 Millionen kaum in der Lage sind, etwas beizutragen, dann wird das nicht funktionieren. Und irgendwann haben die letzten verbleibenden Qualifizierten keine Lust mehr.

Hias Offline



Beiträge: 138

10.10.2012 07:32
#35 RE: Schrumpfung ist nicht das zentrale Problem Antworten

Zitat
Das zentrale Problem besteht eher in der vermeintlichen Lösung, die tatsächlich das genaue Gegenteil einer Lösung ist. Zuwanderung und hohe Geburtenrate in sozial schwachen Schichten. Gut qualifizierte Arbeiter und Angestellte verlassen den Arbeitsprozess. Schlecht qualifizierte rücken nach.



Aha, an welchen Zahlen machen Sie das fest? Ich halte das für eine verwegene Aussage! Momentan müssten ungefähr der Jahrgang 1947 in Rente gehen, also die Generation, die Mitte der 1960er Jahre studiert hat. Zu der Zeit gab es pro Jahr um die 250.000 Studenten. Momentan gibt es dagegen gut 2,2 Mio Studenten. Und in den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Studenten um 500.000 erhöht!
http://de.wikipedia.org/wiki/Student

Noch ein kurzer Blick auf die Auszubildenden: Die sind in den letzten zehn Jahren von ca. 1,6 Mio. auf ca. 1,4 Mio zurückgegangen.
https://www.destatis.de/DE/Publikationen...publicationFile (Seite 22)

Also 200.000 weniger Auszubildende aber 500.000 mehr Studenten. Sieht nicht danach aus, dass die jüngeren Jahrgänge immer schlechter qualifiziert sind, eher im Gegenteil. Natürlich müsste man das jetzt in Relation zu den Alterskohorten setzen und Vergleichszahlen raussuchen, aber dazu habe ich leider keine Zeit. Ich denke aber, da die Zahl der Geburten pro Jahr zurückgeht, dass das Ergebnis eher sein wird, dass wir momentan eine eher gut ausgebildete Bevölkerung haben!

ratloser ( gelöscht )
Beiträge:

10.10.2012 08:08
#36 RE: Schrumpfung ist nicht das zentrale Problem Antworten

Zitat von Hias im Beitrag #35

Zitat
Das zentrale Problem besteht eher in der vermeintlichen Lösung, die tatsächlich das genaue Gegenteil einer Lösung ist. Zuwanderung und hohe Geburtenrate in sozial schwachen Schichten. Gut qualifizierte Arbeiter und Angestellte verlassen den Arbeitsprozess. Schlecht qualifizierte rücken nach.


Aha, an welchen Zahlen machen Sie das fest? Ich halte das für eine verwegene Aussage! Momentan müssten ungefähr der Jahrgang 1947 in Rente gehen, also die Generation, die Mitte der 1960er Jahre studiert hat. Zu der Zeit gab es pro Jahr um die 250.000 Studenten. Momentan gibt es dagegen gut 2,2 Mio Studenten. Und in den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Studenten um 500.000 erhöht!
http://de.wikipedia.org/wiki/Student

Noch ein kurzer Blick auf die Auszubildenden: Die sind in den letzten zehn Jahren von ca. 1,6 Mio. auf ca. 1,4 Mio zurückgegangen.
https://www.destatis.de/DE/Publikationen...publicationFile (Seite 22)

Also 200.000 weniger Auszubildende aber 500.000 mehr Studenten. Sieht nicht danach aus, dass die jüngeren Jahrgänge immer schlechter qualifiziert sind, eher im Gegenteil. Natürlich müsste man das jetzt in Relation zu den Alterskohorten setzen und Vergleichszahlen raussuchen, aber dazu habe ich leider keine Zeit. Ich denke aber, da die Zahl der Geburten pro Jahr zurückgeht, dass das Ergebnis eher sein wird, dass wir momentan eine eher gut ausgebildete Bevölkerung haben!




Das durchschnittliche Bildungsniveau der heutigen Abiturienten dürfte sich auf dem Niveau der Realschulabsolventen von 1980 bewegen. Das ist so gewollt, um Bildungsgerechtigkeit zu erzeugen. Ich kenne einige Hochschuldozenten, die an den mangelhaften sprachlichen und naturwissenschaftlich/mathematischen Grundfertigkeiten ihrer Studenten verzweifeln. Die hohe Zahl der Studenten kommt im übrigen durch eine Aufblähung von geisteswissenschaftlich/pädagogischen Studiengängen zustande, die man im Gegensatz zu naturwissenschaftlichen auch mit einem durchschnittlichen IQ bewältigen kann.

Die Konsequenz dieser "Bildungsgerechtigkeit" ist, dass es an guten Kandidaten z.B. für Handwerksberufe fehlt. Ein befreundeter Handwerksmeister klagte mir letztens sein Leid, dass er kaum geeignete Azubis findet. Die Gesellen hätten heute das Niveau von Hilfsarbeitern, die Meister das von Gesellen. Unsere Bildungsutopie führt zwar zu einem formalen Bildungsupgrading, aber zu einem realen Bildungsdowngrading.

Die demographische Verschiebung hin zu bildungsfernen Bevölkerungsgruppen wird bei anhaltender Bildungsutopie dieses Phänomen noch zuspitzen.

Nur, wem ist damit geholfen?

Paul Offline




Beiträge: 1.285

10.10.2012 09:30
#37 RE: Stratfor zur Demographie Deutschlands Antworten

Zitat von Thanatos im Beitrag #11
Zitat von Abrafax im Beitrag #10
Geburtenrate BRD: 1,3 Geburtenrate DDR: 1,7 - owK.


Den Kommentar übernehme ich: die Geburtenrate ist weltweit eigentlich immer gut korreliert (nat. umgekehrt) mit den Faktoren Wohlstand und Bildung. Insofern bildet obiges Verhältnis eben auch das Wohlstands- und Bildungsgefälle ab, weiter nichts.


Das ist sicherlich zutreffend, aber andere Ereignisse müssen auch eine Rolle dabei spielen.
Wie ist sonst der Absturz der Geburtenzahlen in den neuen Bundesländern nach 1990 zu erklären?
Die Menschen wurden dort doch wohl nicht alle gebildeter und wohlhabender? Und zwar schlagartig.
https://www.destatis.de/DE/Publikationen...publicationFile
Dort Ziff. 1.5.

Ja, so ist das mit der Statistik.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

10.10.2012 10:53
#38 RE: Stratfor zur Demographie Deutschlands Antworten

Zitat von C. im Beitrag #30
Das Angebot an adäquaten Partnern ist gering und tendenziell weiter fallend,
Stimmt demographisch zwar, spielt aber keine Rolle. Entscheidend ist ja die Anzahl potentieller Partner, denen ein Lediger/eine Ledige tatsächlich begegnet, und diese Zahl ist im wesentlichen konstant. Mögen Diskotheken oder Hochschulen schließen, weil zuwenig junge Kunden da sind, bleibt die Zahl der jungen Besucher pro Einrichtung doch konstant. Von den 20-30jährigen Studenten und Jungakademikern, die ich kenne, ist nur eine winzige Minderheit mit niemanden liiert. Verheiratet oder verlobt sind in dem Alter aber noch weniger.

Zitat von C. im Beitrag #30
Hinzu kommt, dass der Arbeitsmarkt ein großes Maß an Flexibilität verlangt, gerade in der Anfangsphase. Familie gründen und Häuschen bauen ist mittlerweile die Ausnahme, mehrfacher Umzug die Regel oder eben die Wochenendehe.
Mit abnehmender Zahl qualifizierter Arbeitskräfte fordert der Markt die Flexibilität ehr von den Unternehmen.

Zitat von C. im Beitrag #30
wenn es trotzdem zu fruchtbaren Beziehungen kommt, dann sind sie häufig instabil.
Das ist das wahre Problem. Wer keine Kinder zeugt, antizipiert meistens ja nur dieses traurige Problem, das ich nicht verstehen kann. Alle sagen, daß die Liebe das wichtigste im Leben ist, aber so viele können sie nicht aufrechterhalten.
Kann mir das vielleicht jemand hier im Forum erklären? Ich bin völlig ahnungslos, denn meine Auffassung entstammt einem Reich, das nicht von dieser Welt ist.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

10.10.2012 11:29
#39 RE: Schrumpfung ist nicht das zentrale Problem Antworten

Zitat von ratloser im Beitrag #36
Das durchschnittliche Bildungsniveau der heutigen Abiturienten dürfte sich auf dem Niveau der Realschulabsolventen von 1980 bewegen.

Das glaube ich überhaupt nicht.
Meine Kinder haben gerade Abitur gemacht bzw. stehen davor - und das durchschnittliche Bildungsniveau ihrer Jahrgänge kann locker mit dem mithalten, was mein Jahrgang 1979 auf die Beine stellen konnte.
Natürlich mit leichten Änderungen im Profil: Die Abiturienten von heute sind besser in Fremdsprachen, bei der Computernutzung, bei Präsentationen und etwas in Politik/Wirtschaft. Sie sind eher schlechter im Deutschen (insbesondere Orthographie) und bei längeren schriftlichen Ausarbeitungen. Unterm Strich vielleicht eher besser als damals, und auf jeden Fall deutlich über dem damaligen oder heutigen Realschulniveau.

Zitat
Ich kenne einige Hochschuldozenten, die an den mangelhaften sprachlichen und naturwissenschaftlich/mathematischen Grundfertigkeiten ihrer Studenten verzweifeln.


Die gab es damals auch. Ich habe damals Mathekurse für Biologen und Chemiker betreut (also noch nicht einmal Soziologen oder Literaturwissenschaftler) - da konnten viele mit ihrem Schulwissen nicht einmal einen Dreisatz lösen. Und ich habe einige Semester eine Studentenzeitung mitherausgegeben. Was die Ingenieure da an Artikeln ablieferten - sprachlich eine Katastrophe. Was aber auch nicht wirklich schlimm ist. Llarian hat das neulich zu Recht festgestellt: Sprachliche Fähigkeiten werden überschätzt, insbesondere für technische Berufe.

Zitat
Die hohe Zahl der Studenten kommt im übrigen durch eine Aufblähung von geisteswissenschaftlich/pädagogischen Studiengängen zustande ...


Da würden mich Zahlen interessieren. An unserer TH vor Ort gibt es deutlich mehr Ingenieurstudenten als früher.

Zitat
Ein befreundeter Handwerksmeister klagte mir letztens sein Leid, dass er kaum geeignete Azubis findet. Die Gesellen hätten heute das Niveau von Hilfsarbeitern, die Meister das von Gesellen.


Da dürfte der gute Mann der typischen "früher war alles besser"-Gedächtnistrübung unterliegen.
Es ist schon richtig, daß es Probleme bei der Rekrutierung guter Lehrlinge gibt. Und das liegt natürlich AUCH daran, daß unser Bildungssystem im Hauptschulbereich sein größtes Problem hat.

Es liegt aber überwiegend daran, daß die Anforderungen an Lehrlinge so stark gestiegen sind.
Mal leicht übertrieben gesagt: Bei den meisten Lehrberufen war es früher fast egal, ob der Betreffenden überhaupt lesen und schreiben konnte. Das mußte gerade mal der Meister können, um die Rechnungen auszufertigen (und die waren berüchtigt für sprachliche Merkwürdigkeiten). Alle sonstigen Tätigkeiten incl. aller Lehrlings- und Gesellenaufgaben brauchten nur manuelle Qualifikationen. Höchstens ein bißchen Rechnen war in manchen Handwerken nützlich.

Ein befreundeter Elektromeister und Elektroingenieur hat mir mal erzählt, was er in seiner Lehre gelernt hat (Bierholen und Plus und Minus beim Anschluß unterscheiden) und was heute gefordert wird (Programmieren von Anlagen, komplexe Anschlußdiagramme entwerfen, Projektkalkulationen). Da sind viele Tätigkeiten dabei, die früher nur Hochschulabsolventen gemacht haben.

Nach meinem Eindruck ist unsere Gesellschaft insgesamt deutlich qualifizierter als früher (und deswegen ja auch deutlich produktiver).
Das Problem ist der (wachsende) Teil der Bevölkerung, der fast völlig bildungsferne Unterschicht ist und fast gar nichts beitragen kann.

xanopos ( gelöscht )
Beiträge:

10.10.2012 12:04
#40 RE: Schrumpfung ist nicht das zentrale Problem Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #39
Ein befreundeter Elektromeister und Elektroingenieur hat mir mal erzählt, was er in seiner Lehre gelernt hat (Bierholen und Plus und Minus beim Anschluß unterscheiden) und was heute gefordert wird (Programmieren von Anlagen, komplexe Anschlußdiagramme entwerfen, Projektkalkulationen). Da sind viele Tätigkeiten dabei, die früher nur Hochschulabsolventen gemacht haben.

Da kenn ich auch ein paar Geschichten von der Lehrzeit einiger Elektrikermeister. Das sind Gschichtl und gehören nicht hierher.

Projektkalkulation gab es damals noch nicht, aber genauer als Daumen und PI haben die damals ihre Aufträge schon durchgerechnet.

Schon einmal den Stromlaufplan einer etwas komplexeren Anlage aus dem Jahre Schnee gesehen? Ein mal drei Meter oder so. Alles handgeszeichnet mit Lineal und Tusche. Das muss eine Arbeit gewesen sein, und so vom Layout besser aus als die heutigen EDV erstellten Stromlaufpläne.

Zitat
Nach meinem Eindruck ist unsere Gesellschaft insgesamt deutlich qualifizierter als früher (und deswegen ja auch deutlich produktiver).

Das ist auch mein Eindruck. Von meinen Eltern kann gerade mal meine Mutter (55) ein wenig Englisch, mein Vater (62) gar nicht. EDV Kenntnisse sind mehr oder weniger bescheiden bzw. gar nicht vorhanden. Heute hat man mit solch einer Qualifikation keine Chance am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

ratloser ( gelöscht )
Beiträge:

10.10.2012 12:42
#41 RE: Stratfor zur Demographie Deutschlands Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #38


Zitat von C. im Beitrag #30
wenn es trotzdem zu fruchtbaren Beziehungen kommt, dann sind sie häufig instabil.
Das ist das wahre Problem. Wer keine Kinder zeugt, antizipiert meistens ja nur dieses traurige Problem, das ich nicht verstehen kann. Alle sagen, daß die Liebe das wichtigste im Leben ist, aber so viele können sie nicht aufrechterhalten.
Kann mir das vielleicht jemand hier im Forum erklären? Ich bin völlig ahnungslos, denn meine Auffassung entstammt einem Reich, das nicht von dieser Welt ist.


Der Zeitgeist ("Kinder verhindern berufliche und sexuelle Selbstverwirklichung"; "Muttersein führt zur Verblödung"), die menschliche Natur (biologisch determinierter Hang zur männlichen, weniger auch weiblichen Promiskuität, Wegfall psychokultureller Repression der menschlichen Natur; Explosion der Zahl möglicher Partneroptionen durch das Internet...da gibts so viele mögliche Ursachen. Die Auflösung stabiler partnerschaftlicher Bindungen inklusive der Familie war und ist immerhin auch ein zentrales ideologisches Anliegen vieler, die heutzutage meinungsbildend tätig sind.

Thanatos Offline



Beiträge: 232

10.10.2012 14:02
#42 RE: Stratfor zur Demographie Deutschlands Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #38

Kann mir das vielleicht jemand hier im Forum erklären? Ich bin völlig ahnungslos, denn meine Auffassung entstammt einem Reich, das nicht von dieser Welt ist.


Oh, das ist aber mal schön ausgedrückt. Ich greife das mal gleich zwecks Erklärung auf: die Problematik geht wohl darauf zurück, daß mehr und mehr Deutsche mit dem Reich, das nicht von dieser Welt ist, so gar nichts anfangen können. Daher gelten für diese Menschen halt auch andere Werte und Maßstäbe. Simpel, oder?!

MfG

Thanatos

--

Unmögliches erledigen wir sofort.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

10.10.2012 18:05
#43 RE: Stratfor zur Demographie Deutschlands Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #38

Zitat von C. im Beitrag #30
wenn es trotzdem zu fruchtbaren Beziehungen kommt, dann sind sie häufig instabil.
Das ist das wahre Problem. Wer keine Kinder zeugt, antizipiert meistens ja nur dieses traurige Problem, das ich nicht verstehen kann. Alle sagen, daß die Liebe das wichtigste im Leben ist, aber so viele können sie nicht aufrechterhalten.
Kann mir das vielleicht jemand hier im Forum erklären? Ich bin völlig ahnungslos, denn meine Auffassung entstammt einem Reich, das nicht von dieser Welt ist.

Das Problem liegt m.E. im Mißverständnis der Liebe. Viele assoziieren damit die Liebe zu anderen Menschen - dabei beginnt sie bei jedem selbst.
Nur wer sich selbst liebt, kann auch andere Menschen lieben.
Fehlende Eigenliebe in Verbindung mit unerreichbaren Ansprüchen an sich selbst, ist die Ursache für den Geburtenrückgang. Zu viele Menschen denken, sie müssten jemand anderes sein; sie lieben sich nicht wie sie sind. Und das projizieren sie auch noch auf die Partner. So etwas hält auf Dauer keine Beziehung aus und Kinder stören nur in dieser nicht enden wollenden Selbstfindung.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

10.10.2012 20:31
#44 RE: Schrumpfung ist nicht das zentrale Problem Antworten

Zitat von Hias im Beitrag #35
Aha, an welchen Zahlen machen Sie das fest? Ich halte das für eine verwegene Aussage! Momentan müssten ungefähr der Jahrgang 1947 in Rente gehen, also die Generation, die Mitte der 1960er Jahre studiert hat. Zu der Zeit gab es pro Jahr um die 250.000 Studenten. Momentan gibt es dagegen gut 2,2 Mio Studenten. Und in den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Studenten um 500.000 erhöht!

Nur sagt das erstaunlich wenig darüber aus, wie qualifiziert der Jahrgang ist und noch weniger wie qualifiziert der Jahrgang in 10-20 Jahren sein wird.

- Zum ersten ist die Zahl der Studenten nicht wirklich vielsagend. In Deutschland liegt die Studienquote bei etwa 40%, in den USA liegen wir über 60%. Dennoch habe ich keinen Zweifel das der deutsche Arbeiter deutlich höher qualifiziert ist als sein amerikanisches Pendant. Und wie erreichen wir dieses Wunder ? Weil wir nicht jede Ausbildung ein Studium nennen. Heute wird soviel Unsinn studiert, was vor 50 Jahren schlicht nicht denkbar gewesen wäre. Jemandem ein Abitur und einen Studentenausweis zu verpassen macht ihn nicht qualifizierter.
- Zum zweiten haben wir heute eine gänzlich andere Situation als vor 50 Jahren. Die heutige Jugend kann studieren, wenn sie nur ein Abitur vorlegen kann (und sei es noch so schlecht und von einer Gesamtschule aus Hinterobertupfing). Vor 50 Jahren konnten viele, durchaus Qualifizierte, schon aus wirtschaftlichen Gründen kein Studium aufnehmen. Diese Leute sind durchaus in den Arbeitsprozess eingeflossen und nehmen seitdem auch wichtige Funktionen wahr. Und die sollen heute von Sozialkundestudenten im 13. Semester ersetzt werden ?

Zitat
Also 200.000 weniger Auszubildende aber 500.000 mehr Studenten.


Ich kann nur sagen, ich habe Studenten unterrichtet, wo ich mir gerne einige Auszubildende gewünscht hätte. Ernsthaft: Es gibt unglaublich viel taube Studenten. Und ne Menge extrem pfiffige Azubis. Nur weil der eine seine Ausbildung in einer Werkshalle und der andere sie in einem Hörsaal macht, sagt das noch nicht viel aus. Qualifikation ist ja zunächst die, die gefragt wird und nicht die, die jemand zu haben meint. Was nützen einem eine Million Germanisten, die keiner einstellt und sich unglaublich qualifiziert fühlen (!) ? Umgekehrt wäre eine Million technische Zeichner, Industriemechaniker und Elektriker etwas, mit dem man durchaus was anfangen kann.

Zitat
Ich denke aber, da die Zahl der Geburten pro Jahr zurückgeht, dass das Ergebnis eher sein wird, dass wir momentan eine eher gut ausgebildete Bevölkerung haben!


Dagegen spricht das viele Betriebe es nicht schaffen geeignete Azubis zu finden. Und nicht deswegen, weil die alle auf der Uni sind.

Entscheidender an meiner Aussage ist aber eher das folgende: In Berlin, das in vieler Hinsicht Vorreiter für das ist, was wir in mehreren Jahren in der BRD sehen, macht ein Fünftel der Jugendlichen "mit Migrationshintergrund" (also die am deutlichsten wachsende Gruppe in Deutschland) keinen Schulabschluss. Also nicht einmal die Hauptschule. Und das in einem Bundesland das in PISA Studien ohnehin immer ganz unten rumkrebst. Nicht einmal diese, wirklich bescheidenen Anforderungen werden erreicht. Und das sollen dann die Arbeiter von morgen sein ? Die nicht in der Lage sind einen korrekten Relativsatz zu bilden oder das große Einmaleins beherschen. Was wollen Sie mit solchen Leuten anfangen ? Die sind in einem modernen Arbeitsprozess schlicht nicht zu gebrauchen. Es können nicht Millionen von Leuten Fabrikhallen ausfegen.
Und das, was wir heute in Neukölln erleben, das steht epidemisch für das, was in den nächsten Jahren auch in anderen Großstädten passiert.

ratloser ( gelöscht )
Beiträge:

10.10.2012 23:47
#45 RE: Schrumpfung ist nicht das zentrale Problem Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #44
Zitat von Hias im Beitrag #35
Aha, an welchen Zahlen machen Sie das fest? Ich halte das für eine verwegene Aussage! Momentan müssten ungefähr der Jahrgang 1947 in Rente gehen, also die Generation, die Mitte der 1960er Jahre studiert hat. Zu der Zeit gab es pro Jahr um die 250.000 Studenten. Momentan gibt es dagegen gut 2,2 Mio Studenten. Und in den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Studenten um 500.000 erhöht!

Nur sagt das erstaunlich wenig darüber aus, wie qualifiziert der Jahrgang ist und noch weniger wie qualifiziert der Jahrgang in 10-20 Jahren sein wird.

- Zum ersten ist die Zahl der Studenten nicht wirklich vielsagend. In Deutschland liegt die Studienquote bei etwa 40%, in den USA liegen wir über 60%. Dennoch habe ich keinen Zweifel das der deutsche Arbeiter deutlich höher qualifiziert ist als sein amerikanisches Pendant. Und wie erreichen wir dieses Wunder ? Weil wir nicht jede Ausbildung ein Studium nennen. Heute wird soviel Unsinn studiert, was vor 50 Jahren schlicht nicht denkbar gewesen wäre. Jemandem ein Abitur und einen Studentenausweis zu verpassen macht ihn nicht qualifizierter.
- Zum zweiten haben wir heute eine gänzlich andere Situation als vor 50 Jahren. Die heutige Jugend kann studieren, wenn sie nur ein Abitur vorlegen kann (und sei es noch so schlecht und von einer Gesamtschule aus Hinterobertupfing). Vor 50 Jahren konnten viele, durchaus Qualifizierte, schon aus wirtschaftlichen Gründen kein Studium aufnehmen. Diese Leute sind durchaus in den Arbeitsprozess eingeflossen und nehmen seitdem auch wichtige Funktionen wahr. Und die sollen heute von Sozialkundestudenten im 13. Semester ersetzt werden ?

Zitat
Also 200.000 weniger Auszubildende aber 500.000 mehr Studenten.

Ich kann nur sagen, ich habe Studenten unterrichtet, wo ich mir gerne einige Auszubildende gewünscht hätte. Ernsthaft: Es gibt unglaublich viel taube Studenten. Und ne Menge extrem pfiffige Azubis. Nur weil der eine seine Ausbildung in einer Werkshalle und der andere sie in einem Hörsaal macht, sagt das noch nicht viel aus. Qualifikation ist ja zunächst die, die gefragt wird und nicht die, die jemand zu haben meint. Was nützen einem eine Million Germanisten, die keiner einstellt und sich unglaublich qualifiziert fühlen (!) ? Umgekehrt wäre eine Million technische Zeichner, Industriemechaniker und Elektriker etwas, mit dem man durchaus was anfangen kann.

Zitat
Ich denke aber, da die Zahl der Geburten pro Jahr zurückgeht, dass das Ergebnis eher sein wird, dass wir momentan eine eher gut ausgebildete Bevölkerung haben!


Dagegen spricht das viele Betriebe es nicht schaffen geeignete Azubis zu finden. Und nicht deswegen, weil die alle auf der Uni sind.

Entscheidender an meiner Aussage ist aber eher das folgende: In Berlin, das in vieler Hinsicht Vorreiter für das ist, was wir in mehreren Jahren in der BRD sehen, macht ein Fünftel der Jugendlichen "mit Migrationshintergrund" (also die am deutlichsten wachsende Gruppe in Deutschland) keinen Schulabschluss. Also nicht einmal die Hauptschule. Und das in einem Bundesland das in PISA Studien ohnehin immer ganz unten rumkrebst. Nicht einmal diese, wirklich bescheidenen Anforderungen werden erreicht. Und das sollen dann die Arbeiter von morgen sein ? Die nicht in der Lage sind einen korrekten Relativsatz zu bilden oder das große Einmaleins beherschen. Was wollen Sie mit solchen Leuten anfangen ? Die sind in einem modernen Arbeitsprozess schlicht nicht zu gebrauchen. Es können nicht Millionen von Leuten Fabrikhallen ausfegen.
Und das, was wir heute in Neukölln erleben, das steht epidemisch für das, was in den nächsten Jahren auch in anderen Großstädten passiert.








Sie verfallen dem "früher war alles besser"-Bias! ;-)

Die schichtunabhängig weitgehend gleichen Bildungschancen, die wir in Deutschland im Rahmen der spezifischen sozialen Umbruchserscheinungen in den ersten 20 Nachkriegsjahren erfahren haben, erreichten die meisten anderen europäischen Länder wesentlich langsamer. Ist die soziale Durchlässigkeit jedoch einmal auf hohem Niveau, verringert sich der Anteil von Bildungsaufsteigern drastisch. Die Leistungsfähigen sind irgendwann fast alle "oben", ihre Kinder werden mit großer Wahrscheinlichkeit auch oben bleiben (bildungsbezogen). Die Nichtleistungsfähigen sind irgendwann unten unter sich und deren Kinder werden es mit großer Wahrscheinlichkeit (bildungsbezogen) auch bleiben. In einer sozial durchlässigen Gesellschaft polarisieren sich die Bildbarkeitsunterschiede zwangsläufig.

Das ist dann aber kein Ausdruck von geringer, sondern von hoher sozialer Gerechtigkeit.

Zu behaupten, heute sei die durchschnittliche Qualifikation von Schulabsolventen höher als vor zwanzig Jahren, ist grotesk.
Nur weil man einem Esel ein Schildchen mit dem Namen "Fury" um den Hals hängt, wird kein Rennpferd draus.

Wer öffentlich propagiert, dass Kinder mit einer hohen praktischen Begabung unbedingt studieren müssten, um dann z.B. als Sozialpädagogen oder Germanisten auf die Verschwendung von Steuergeldern anderer hoffen zu müssen, statt eine hochqualifizierte, sinnvolle und auch ertragreichere Berufsausbildung zu absolvieren, produziert Frust auf vielen Ebenen.

Wer aus ideologischen Gründen die Zweierbeziehung verächtlich macht, produziert demographischen Suizid. Wer aus ideologischen Gründen Differenzierung und Leistungsprinzip verächtlich macht, produziert gesellschaftliche Verblödung. C´est la vie.

Abrafax Offline



Beiträge: 21

11.10.2012 13:00
#46 RE: Geburtenrate in Ost- und Westdeutschland Antworten

Nehmen sie lieber diese Statistik hier, ist etwas genauer (Seite 14):

https://www.destatis.de/DE/Publikationen...publicationFile

Anhand dessen interpretiere ich es eher mal so: Von Mitte der Siebziger bis Ende der Achtziger war die Geburtenrate in der DDR signifikant höher als in der BRD, nämlich um den Faktor 0,3 bis 0,4, und das ist gar nicht so wenig, wenn sie mal überlegen wie viel Kinder MEHR geboren werden bei einer Millionenbevölkerung.

Das wurde erreicht nicht allein durch "Abkindern", wie sie verkürzt dargestellt haben Herr Zettel, (wissen Ihre Leser überhaupt was das ist?, furchtbares Wort) sondern eine ganze Reihe sozialpolitischer Maßnahmen zur Förderung berufstätiger Mütter und kinderreicher Familien: Verlängerung des Wochen- und Schwangerschaftsurlaubes, Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich, Einführung eines Babyjahres, mehr Kindergeld, Haushaltstag, kostenlose Kinderbetreuung usw. Insofern haben diese Maßnahmen durchaus Erfolg gehabt, und ihr Ziel erreicht, wenn auch teuer erkauft.

Falls die Politik irgendwann doch einmal sich des Problems annehmen will, wird man nicht umhin kommen auch auf die Erfahrungen aus dem "anderen" Teil Deutschlands zurückzugreifen, was ja bereits längst gemacht wird.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

11.10.2012 13:30
#47 RE: Geburtenrate in Ost- und Westdeutschland Antworten

Zitat von Abrafax im Beitrag #46
Falls die Politik irgendwann doch einmal sich des Problems annehmen will, wird man nicht umhin kommen auch auf die Erfahrungen aus dem "anderen" Teil Deutschlands zurückzugreifen, was ja bereits längst gemacht wird.

Da nun Demographie nicht das einzige und oberste Ziel von Politik ist, wird man wohl nicht ausgerechnet die DDR als Vorbild nehmen.

Ist auch nicht nötig, da es ja genügend andere mögliche Vorbilder gibt (ausweislich der Statistik eigentlich alle anderen Staaten außer Japan).

M. E. ist das Hauptproblem, daß Deutschland sich nicht klar für eine Linie entscheidet.

Man kann es so machen wie in Frankreich. Dann kümmert sich der Staat steuerfinanziert um eine flächendeckende und zeitlich ausreichende Kinderbetreuung, und gerade qualifizierte Frauen können ihre drei Kinder kriegen und trotzdem beruflich Karriere machen.
Oder man macht es wie in den USA, wo sich der Staat weitgehen raushält und dafür die Menschen eigenverantwortlich handeln dürfen und auch das Geld dafür behalten.

In beiden Fällen ist die Geburtenrate ausreichend hoch.

In Deutschland dagegen erklärt sich der Staat zwar für zuständig, kassiert auch entsprechend - aber liefert nicht. Denn was nutzt am Ende eine Betreuung, die nur einige Stunden am Tag angeboten wird, in den Ferien ausfällt, dauernd Lücken hat?

Wir kombinieren die Nachteile aller Lösungswege.

Florian Offline



Beiträge: 3.180

11.10.2012 14:00
#48 RE: Schrumpfung ist nicht das zentrale Problem Antworten

Zitat von Llarian im Beitrag #44
- Dennoch habe ich keinen Zweifel das der deutsche Arbeiter deutlich höher qualifiziert ist als sein amerikanisches Pendant.



Woran machen Sie dies fest?

Der naheliegendste Maßstab wäre doch wohl die Produktivität.
Und die ist in den USA immer noch deutlich höer als in Deutschland (siehe z.B. hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsproduktivit%C3%A4t)
Wie ist es möglich, dass die "ohne Zweifel" schlechter qualifizierten amerikanischen Arbeiter mehr leisten als die besser qualifizierten Deutschen?

Will sagen:
Ist das nicht vielleicht einfach das Klischee des dummen Amerikaners, dem Sie da aufsitzen?

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

11.10.2012 14:27
#49 RE: Schrumpfung ist nicht das zentrale Problem Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #48
Der naheliegendste Maßstab wäre doch wohl die Produktivität.
Und die ist in den USA immer noch deutlich höer als in Deutschland (siehe z.B. hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitsproduktivit%C3%A4t)

Wobei man das aber wohl noch korrekturrechnen muß - weil in den USA viel mehr Arbeitsstunden gebraucht werden, um dieses Resultat zu erzielen.
Auch sonst bin ich mir unsicher, ob hier nicht noch Vergleichsfehler stecken. Bei allem Respekt vor unseren französischen Freunden kann ich mir nämlich wirklich nicht vorstellen, daß die so viel produktiver sind, wie das die Tabelle suggeriert.

Was nun die Qualifikation betrifft: Ich teile völlig Llarians Annahme, daß der durchschnittliche Arbeiter in den USA weniger qualifiziert ist als hierzulande. Wobei ich bestimmt nicht Klischées vom "dummen Ami" verbreiten will - die haben halt andere Prioritäten. Berufliche Bildung kommt da halt nicht vor, viel wichtiger ist Flexibilität und Engagement.

Im Gesamtbild dürfte es m.E. so sein, daß deutsche Arbeiter sehr wohl mehr Fachwissen und formale Bildung haben. Aber die PS nicht so gut auf die Straße bringen wie ihre US-Kollegen - wofür Gewerkschaften, staatliche Regelungen und die deutsche Neigung zum Perfektionismus (statt Schnelligkeit oder Effizienz) sorgen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

11.10.2012 14:27
#50 Bevölkerungspolitik der DDR Antworten

Lieber Abrafax,

Zitat von Abrafax im Beitrag #46
Nehmen sie lieber diese Statistik hier, ist etwas genauer (Seite 14):
Ich vermute, Sie meinen mich und diesen Beitrag, den ich nun mühsam erst heraussuchen mußte (Wechsel in den Threaded-Modus, Suchbegriff Abrafax, nachsehen, was darüber steht).

Normalerweise mache ich das nicht. Wenn jemand nicht angibt, worauf er sich beziehnt, dann bekommt er von mir keine Antwort. Aber Sie haben ja noch wenig gepostet und wissen es vielleicht nicht: Nachdem sich das Schreibfenster geöffnet hat, klicken Sie bitte auf die Schaltfläche "Diesen Beitrag zitieren" rechts unter dem Schreibfenster. Der Beitrag, auf den Sie antworten, wird dann in das Schreibfenster kopiert, und Sie können sich aussuchen, was Sie stehenlassen und was Sie löschen wollen. Vor allem erscheint aber auch die URL dieses Beitrags, so daß man nachsehen kann, worauf Sie sich genau beziehen.

https://www.destatis.de/DE/Publikationen...publicationFile

Danke! Ja, da ist das noch etwas genauer aufgeschlüsselt. Die entscheidenden Daten sind aber die auf Seite 14; und diese Kurve ist identisch mit derjenigen, die ich verlinkt hatte. Es gab nach 1972 einen Anstieg der Geburtenrate in der DDR, aber das war ein vorübergehendes Phänomen. Trotz Abkinderns usw. hatte die Geburtenrate zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung schon fast wieder das westdeutsche Niveau erreicht.
Zitat von Abrafax im Beitrag #46
Das wurde erreicht nicht allein durch "Abkindern", wie sie verkürzt dargestellt haben Herr Zettel, (wissen Ihre Leser überhaupt was das ist?, furchtbares Wort) sondern eine ganze Reihe sozialpolitischer Maßnahmen zur Förderung berufstätiger Mütter und kinderreicher Familien: Verlängerung des Wochen- und Schwangerschaftsurlaubes, Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich, Einführung eines Babyjahres, mehr Kindergeld, Haushaltstag, kostenlose Kinderbetreuung usw.
Ja, das stimmt. "Abkindern" war aber das Auffälligste und wird deshalb oft pars pro toto genannt.

Vieles davon haben wir ja heute in der Bundesrepublikl auch; und es hat sich kaum auf die Geburtenrate ausgewirkt. Und in der DDR eben auch nur vorübergehend; bereits ab 1980 sank die Geburtenrate ja wieder.
Zitat von Abrafax im Beitrag #46
Falls die Politik irgendwann doch einmal sich des Problems annehmen will, wird man nicht umhin kommen auch auf die Erfahrungen aus dem "anderen" Teil Deutschlands zurückzugreifen, was ja bereits längst gemacht wird.

Ich glaube nicht, daß man da viel lernen kann, lieber Abrafax. Die Bedingungen in einer Mangelwirtschaft sind ganz andere als die in einer Konsumgesellschaft. In der DDR konnte das Abkindern die finanzielle Belastung durch die Geburt eines Kindes wesentlich abmildern; in der heutigen Bundesrepublik wären ein paar tausend Euro für kaum jemanden ein Anreiz, sich für ein Kind zu entscheiden.

In einem allerdings gebe ich Ihnen Recht: Die DDR hat immerhin eine bewußte Bevölkerungspolitik betrieben. Bei uns ist schon dieses Wort ja noch immer nachgerade tabu.

Herzlich, Zettel

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