Guten Abend. Der Poschard-Artikel hat mich gestern sehr beeindruckt. Was mich ungemein auf die Palme bringt, ist der Vorwurf gegenüber der FDP, eine "Klientelpartei" zu sein. Ja was denn, bitte schön, sind die anderen Parteien, was überhaupt ist die Aufgabe einer Partei innerhalb des demokratischen politischen Spektrums?! Klientel der Grünen: frühpensionierte Beamte, die keine Steuern zahlen, aber das Geld anderer Leute großzügig zu verteilen wissen Klientel der SPD: seit Aussterben der klassischen Arbeiterschaft v. a. Migranten, vornehmlich muslimischer Provenienz Klientel der Linkspartei: Hartz4 Empfänger, subjektiv Benachteiligte und Stalinisten Klientel der CDU: Euromantiker und momentan- leider- Restgruppen der vorgenannten Parteien.
Das war polemisch (und ich hoffe noch im Rahmen der Forumsregeln und bitte andernfalls, die Überspitzung zu diskontieren), aber was ich damit sagen will, ist: es ist in meinem Verständnis die Aufgabe von Parteien, Teilgruppen des demokratischen Spektrums zu repräsentieren und dadurch im Ringen um politische Lösungen, Mehrheiten zu generieren. Das von mir oben überspitzt Beschriebene ist OK so, aber es ist lächerlich, dies ausschließlich der FDP vorzuwerfen. Herzliche Grüße, Andreas Döding
"Nicht die Dinge an sich beunruhigen uns, sondern unsere dogmatischen Vorstellungen von den Dingen" (Epiktet)
Der Schwachpunkt in Ihrem Ansatz ist, dass bei realistischer Wortwahl das Klientel der FDP besonders klein, das der anderen deutlich größer ist, und für die Spannbreite gilt das auch. Insofern, ist es noch ein Klientel oder schon ein Volksklientel ;) ?
Was den Niedergang der FDP angeht, sicherlich haben sie mit den Piraten eine Klientelüberschneidung und das dürften gut und gerne 2-3 % Prozentpunkte der 8 % minus x ausmachen. Darüber hinaus ist die FDP seit Jahren eine herbe Enttäuschung nach der anderen. Allem voran Westerwelle, vollkommen fehlbesetzt als Außenminister, aber nicht nur er.
Ich würde es nicht wieder dem "Hoffnungsträger Christian Lindner" anlasten: Er hat eine Position erreicht, die seinem Alter und seinen Erfahrungen angemessen ist. In seinem Alter kann er nicht Parteivorsitzender der Bundes-FDP werden. Daran kann er nur scheitern. Ein Parteivorsitzender muss erfahren und abgebrüht in allen politischen Situationen sein. Ich denke, dass es auch bei Philipp Rösler an mangelnder Erfahrung und Abgebrühtheit liegt. Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er sich als relativ "unverbrauchter" Politiker für diesen Posten aufstellen ließ. Er kann sicher etliche Positionen in der zweiten Reihe ausfüllen. Aber er ist wirklich kein Parteivorsitzender.
Das Menetekel in einer ganz leichten Abwandlung für die FDP 2013 (wenn sie so weitermacht): Der Wähler hat die Tage gezählt und Eure Regierungszeit beendet. Er hat Euch gewogen und zu leicht für das Parlament befunden. Eure Sitze aber werden geteilt: Sie werden den Schwarzen und den Grünen gegeben.
Das Original aus Daniel 5, 25ff nach Luther 1984:
So aber lautet die Schrift, die dort geschrieben steht: Mene mene tekel u-parsin. Und sie bedeutet dies: "Mene," das ist, Gott hat dein Königtum "gezählt" und beendet. "Tekel," das ist, man hat dich auf der Waage "gewogen" und zu leicht befunden. "Peres," das ist, dein Reich ist "zerteilt" und den Medern und "Persern" gegeben.
Lieber Blub, das Wählerpotenzial der FDP würde ich grundsätzlich bei 10% veranschlagen, so klein ist das nicht. Bereits 1994(?) hatten sie den "Fehler" gemacht, sich im Parteiprogramm als Partei der "Leistungsträger und Besserverdienenden" (sinngemäß) zu beschreiben. Das ist sachlich völlig richtig, wurde ihnen aber bis heute nicht verziehen (Prantl hat sicher ein Elefantengedächtnis und verzeiht nichts!). Eine Partei, die, zumindest ab und zu darauf hinweist, daß ein Staat auch zur Abwechslung einmal mit seinen Einnahmen auskommen könnte statt immer neue Schulden zu machen oder Steuern zu erhöhen, wird dringend gebraucht, völlig unabhängig von den Wahlergebnissen in Prozent. Herzliche Grüße, Andreas Döding
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Die FDP ist gerade gewählt worden, weil sie versprochen hat, keine Klientelpartei zu sein. Der Wahlkampfslogan „Mehr Netto!“ bedeutet ja gerade, dass die Bürger wieder mehr mit den Füßen bzw. dem Geldbeutel abstimmen dürfen, und der Staat an Einfluss verliert. Mit der Energiewende und dem Währungssozialismus geschieht das genaue Gegenteil. Die FDP kann sich natürlich nicht überall durchsetzen, aber sie muss zumindest Deutungsmuster anbieten. Mises schrieb 1959: „Man kann sich schwer eine Partei vorstellen, die auf alles, was der Gegner fordert, nur eine Antwort weiß: ja, aber mit etwas mehr Mäßigung.“ Genau das ist das Problem der FDP.
Zitat Die FDP kann sich natürlich nicht überall durchsetzen, aber sie muss zumindest Deutungsmuster anbieten. Mises schrieb 1959: „Man kann sich schwer eine Partei vorstellen, die auf alles, was der Gegner fordert, nur eine Antwort weiß: ja, aber mit etwas mehr Mäßigung.“ Genau das ist das Problem der FDP.
Lieber Xälsbär, das stimmt, aber für welchen "Juniorpartner" einer Regierung seit 1949 galt das nicht? Juniorpartner waren FDP, Grüne und SPD (in den beiden großen Koalitionen), wenn ich richtig rekapituliere. Könnte es nicht sein, daß man an die FDP traditionell strengere Kriterien anlegt als an die anderen Parteien? Herzliche Grüße, Andreas Döding
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Lieber Herr Döding, wie gesagt: Die FDP kann natürlich nicht alles durchsetzen. Sie muss aber Orientierung bieten, und z. B. die Solarrentner als Subventionsschmarotzer brandmarken - auch wenn sie die Förderung nicht von heute auf morgen einstellen kann. Genausowenig wie die Grünen an der Regierung alle Kernkraftwerke abschalten konnten. Der klassische Liberalismus existiert derzeit leider nur als Mauerblümchen - in der Presse (eigentümlich frei), im Parlament (Frank Schäffler) und in der APO (Partei der Vernunft). Aber Ideen sind nicht totzukriegen ...
Optimistische Grüße, Xälsbär
-- „Demokratisierung impliziert [...] eine Zunahme der für bedrohliche Aktivitäten gesellschaftlich aufgewendeten Zeit; und sie ist ein Vorgang, der naturgemäß auch die sozialen Aufwendungen an Zeit erhöht, die zur Abwehr solcher zunehmenden bedrohlichen Aktionen auf sich genommen werden müssen.“ -- Hans-Hermann Hoppe
Zitat Sie muss aber Orientierung bieten, und z. B. die Solarrentner als Subventionsschmarotzer brandmarken - auch wenn sie die Förderung nicht von heute auf morgen einstellen kann
Lieber Xälsbär, das wäre wünschenswert, in der Tat. Aber wohl auch suizidal in der gegenwärtigen Stimmung, wenn ich bedenke, welche Auswirkungen bereits die viel harmlosere Positionsbestimmung Röslers, nachzulesen im oben zitierten Artikel von Poschard, bewirkt hat: nur noch mühsam unterdrückter Rassismus des hl. Prantl und der hl. Inquisition... Mit Blick auf die personelle Struktur der FDP gebe ich Ihnen aber recht. Sie ist ein großer Teil des Problems. Wer "brennt" in der FDP eigentlich noch für bürgerlich-liberale Positionen? Herzliche Grüße und gute Nacht, Andreas Döding
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Zitat Zettel im Beitrag _________ Es müßte dort vielleicht jemand den Mut haben und sagen: Freunde, so kann es mit dieser Partei nicht weitergehen. So etwas in der Art von Peter Handkes Auftritt in Princeton 1966.
Publikumsbeschimpfung also. _________
Publikumsbeschimpfung funktioniert nur, solange das Publikum nicht zurückschimpft - solange also der Theaterkomment gewahrt bleibt. Im Gegensatz zu dieser Art von geschlossener Abteilung besteht im Politischen die Gefahr, daß das dortige Treiben Konsequenzen für Reale Leben zeitigen kann.
Und Handke - Nicht Gedacht Soll Seiner Werden - ist natürlich ein bedenkliches Exempel. Nicht weil er als Claqueur von Massenmördern von Milosevic und Karadzic geendet ist: das ist nunmal das Risiko, wenn einer als Dichter der Innerlichkeit auf Deutsch sein Unwesen treibt - aber weil er sich schon in Princeton 1966 durch eben das auszeichnete, was er den Platzhirschen der Gruppe 47 zum Vorwurf machte: "Beschreibungsimpotenz": wolkiges Stochern im rhetorischen Ungefähr, gepaart mit der Unfähigkeit, einen klaren Satz zu formulieren. Was nicht ganz klar ist: ob das bei Handke nun Programm ist, weil "er der Sprache mißtraut" (i.e. das, was Thomas Mann die "Ranküne gegen des Großhirn" genannt hat), oder ob er die sausende Leere im eigenen Schädelinnern aus völligem Mangel an sonstiger Substanz zum Programm erhoben hat.
Lieber Zettel, ich glaube, er meinte mich, bezogen auf meinen Beitrag davor. Kopfschütteln steht natürlich dennoch frei ;) Herzlichen Gruss, Andreas Döding
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Zitat von Doeding im Beitrag #12Lieber Zettel, ich glaube, er meinte mich, bezogen auf meinen Beitrag davor.
Vielleicht, vielleicht auch nicht.
Es ist schlicht eine Unhöflichkeit, etwas ins Forum zu setzen und nicht zu sagen, worauf und auf wen man sich bezieht.
Blub macht das mit einer Hartnäckigkeit, die schon groteske Züge trägt. Ich habe ihn xfach gebeten, die kleine Höflichkeit aufzubringen und den Bezug anzugeben.
Was ihn zu diesem Verhalten veranlaßt, weiß ich nicht. Aber ich bin es allmählich leid. Er kann auch in anderen Foren schreiben. Soll er doch dort testen, wie lange er geduldet wird.
Zitat von Blub im Beitrag #3 Was den Niedergang der FDP angeht, sicherlich haben sie mit den Piraten eine Klientelüberschneidung und das dürften gut und gerne 2-3 % Prozentpunkte der 8 % minus x ausmachen.
Welch eine absurde Idee. Das mag mal der Fall gewesen sein, als die Piraten noch keine stramme Linkspartei waren, aber kein Mensch der sich irgendeinen liberalen Wert einbildet kann heute ernsthaft die Piraten wählen. Bindestrichliberale, die ohnehin vorher allenfalls die Grünen gewählt hätten, die mögen jetzt die Piraten wählen, aber ein Verlust von wirklich liberalen Wählern an die Piraten dürfte spätestens seit diesem Jahr unter die Messbarkeitsgrenze fallen.
Zitat Darüber hinaus ist die FDP seit Jahren eine herbe Enttäuschung nach der anderen.
Aus liberaler Sicht vollkommen korrekt. Das das aber ausgerechnet von denen kommt, die das FDP Programm bekämpfen wie der Teufel das Weihwasser fürchtet, das finde ich allerdings immer besonders seltsam.
Der Niedergang der FDP kann eigentlich recht simpel auf einen Nenner gebracht werden: Sie hats nicht gebracht. Ist simpel wie einfach. Die FDP ist zur letzten Bundestagswahl mit einem wirklich liberalen Programm angetreten. Und sie ist glaubwürdig angetreten, man erinnere nur an die vorhergehende Wahl in Hessen, als die FDP sich standhaft (!) den Sirenengesängen der Linken verweigert hat. Gerade der Nachgang dieser Wahl hat mit Sicherheit der FDP eine Glaubwürdigkeit beschert, die sie in 20 Jahren nicht aufgewiesen hat. Der Wähler hat das honoriert und der FDP ein Ergebnis von nahezu 15% verschafft. Ohne irgendwelchen Leihstimmenmumpitz und Blabla. (Und nebenbei gesprochen, ohne irgendeinen Auftrag ein "Junior"-Partner zu sein. Das deutsche Parlament kennt Koalitionen, den Begriff des Juniors oder Seniors gibt es dabei nicht, der vermeintliche Senior kann ohne den Junior nix beschliessen.)
Und die FDP hat daraus schlicht gar nichts gemacht, im Gegenteil. Sie ist Teil einer Regierung, die vermutlich die verheerendsten (und aliberalen) Entscheidungen der letzten 20 Jahre getroffen hat. Nicht nur verantwortet die FDP den Ausstiegsirrsinn mit der Energiewende mit, sie verantwortet genauso den ESM und die Schuldenübernahme durch die BRD. Natürlich sind das Ideen von Frau Merkel. Aber die FDP hats mitgetragen. Sie hat nicht auf den Tisch gehauen, sie hat sich nicht verweigert, sie hat brav mitgemacht. Und die Gruppe der Standhaften ist marginalisiert (mit Ausnahme von SLS, aber das ist die Ausnahme). Das sieht auch der Wähler und fragt sich: Warum soll ich die denn wählen ? Machen die liberale Politik ? Nein. Ein bischen Krankenkassenbeitrag senken oder Praxisgebühr abschaffen ? Nein. Ich freue mich das Frau Leutheusser-Schnarrenberger wenigstens eine liberale Flagge hochhält und die Allmachtsphantasien von Herrn Schäuble im Zaum hält. Das ist wirklich positiv. Aber das reicht nicht.
Das die FDP von der linken Kampfpresse bekämpft wird, wo es geht, ist nicht erst seit drei Jahren so. Das ist eher seit drei Jahrzehnten der Fall. Und es hat trotzdem bei der letzten Wahl zu nahezu 15% gereicht (soviel zum Thema das "Potential" seien 10 oder gar 8 Prozent). Der Wähler nimmt die Hetze zwar wahr, ist aber auch schon durchaus abgestumpft. Einfaches Hetzen ala Prantl ist da nicht mehr so wirksam. Das totale Versagen dagegen, DAS ist wirksam. Es sind nicht alle Wähler blöd und lassen sich vom Spiegel oder der Süddeutschen sagen, was sie wählen sollen. Im Gegenteil würde ich vermuten das die wenigsten liberalen Menschen diese Zeitungen besonders ernst nehmen und wirklich für ihre Wahlentscheidung heranziehen. Aber die Wähler sehen eben auch die Ergebnisse dieser Regierung. Und da hilft es auch wenig, dass sich die FDP permanent selber auf die Schulter klopft, im Gegenteil es schadet. Es war eben NICHT RICHTIG dem Ausstiegsirrsinn mitzumachen. Es war NICHT RICHTIG für den ESM zu stimmen. Es war NICHT RICHTIG, dass man nahezu nix von dem umgesetzt hat, womit man angetreten ist. Das waren alles Fehler. Und wer wählt denn jemanden aus Überzeugung, der nicht nur Dinge falsch macht, sondern das auch noch richtig findet ? Es gibt im Moment einen einzigen Grund die FDP zu wählen und das ist, dass die anderen noch schlimmer sind. Ziemlich mässiger Grund meine ich. Und zum Plakatieren taugt es noch weniger.
Zitat So etwas hat es in der deutschen Parteiengeschichte noch nicht gegeben. Und es gibt keine offensichtliche Erklärung.
Es wurde kein Skandal aufgedeckt. Die FDP hat sich keinen unverzeihlichen Patzer geleistet.
Lieber Zettel,
diese Ausführungen erinnern mich etwas an die Redewendung vom Wald und den Bäumen.
Die FDP hatte ihren Wahlerfolg zu erheblichen Teilen der Forderung nach mehr Netto, also knallharter liberaler Politik im Sinne von beispielsweise Reagan, Erhard und Thatcher (in meinem damaligen Betrieb haben beispielsweise viele Facharbeiter genau deshalb FDP gewählt). Geliefert hat sie stattdessen nur noch mehr Sozialismus, während der Parteivorsitzende die Umsetzung wirtschaftsliberaler Politik auf dem Altar der persönlichen Eitelkeiten geopfert hat (wobei ich denke, dass der Wahlerfolg der FDP ohnehin nicht wegen sondern trotz Westerwelle eingefahren wurde), über deren mutmassliche Wurzeln ich hier lieber nicht räsonieren möchte.
Wenn aber eine Partei nun mit mehr oder weniger unfähigen und unsympathischen Leadern so gut wie nichts von dem umsetzen versucht, was sie vor der Wahl versprochen hat, handelt es sich um das perfekte Rezept für anhaltende Wahldebakel. Wieso sollte ich eine Partei wählen, deren (gefühlter) einzig wichtiger Programmpunkt es zu sein scheint, dass ein gewisser Guido Westerwelle Aussenminister spielen darf und mit seinem Partner durch die Welt düst?
Zitat von Llarian im Beitrag #16Das die FDP von der linken Kampfpresse bekämpft wird, wo es geht, ist nicht erst seit drei Jahren so. Das ist eher seit drei Jahrzehnten der Fall. Und es hat trotzdem bei der letzten Wahl zu nahezu 15% gereicht (soviel zum Thema das "Potential" seien 10 oder gar 8 Prozent). Der Wähler nimmt die Hetze zwar wahr, ist aber auch schon durchaus abgestumpft. Einfaches Hetzen ala Prantl ist da nicht mehr so wirksam.
Wobei die Hetze Wähler sogar eher motivieren dürfte, FDP zu wählen.
Ich erinnere mich an eine Sendung vor der NRW-Wahl, bei der Gysi wieder mit der ollen Kamelle von der Hotelsteuer anfing, Lindner mit einem "Ach Herr Gysi, hören Sie doch mal endlich auf mit diesem Blödsinn" (oder so ähnlich) intervenierte und ein zustimmendes Raunen durchs Publikum ging, dass dieser tumben Polemik ebenso überdrüssig zu sein schien.
Beim Lesen von Poschardts Artikel habe ich mich gefragt, wieviel Prozent die FDP wohl bekäme, würde Angela Merkel der CDU den Rücken kehren und zu den Liberalen wechseln. Mehr als irgendwas im einstelligen Bereich käme wohl nicht heraus.
Die 14,6 % Liberalen von 2009 haben eine Partei gewählt, welche es nie gab. Elf Jahre Abstinenz von der Bundespolitik hatte sie verändert und für deutsche Verhältnisse so liberal werden lassen, dass sie Protestwählerpotential anzog. Die Idee eines einfachen und gerechten Steuersystems ist Ausdruck dieses Glaubens, ein Juniorpartner hätte so viel Macht, die Einnahmen des Sozialstaates zu begrenzen oder gar kürzen zu können, um dem Bürger mehr zur eigenen Verfügung zu lassen.
Diese Hoffnung wurde durch die Politik der letzten Jahre zur Naivität. Ebenso wie die Idee der Privatisierung von Staatsbeteiligungen. Es geht längst um das Ausmaß des Gegenteils.
Der Grund hierfür liegt m.E. in dem sehr schwachen Stand des Liberalismus im deutschen Bürgertum. Hätte die FDP tatsächlich mehr von ihrem Programm in der Koalition mit der Union durchgesetzt, wäre Angela Merkel wohl mit ähnlichen Problemen in ihrer Partei konfrontiert worden, wie zuvor Gerhard Schröder mit seiner Agenda 2010 in der SPD.
Da der Liberalismus in Deutschland sich immer in der Opposition befindet, ist eine Partei welche diesen vertritt, ohne Partner. Sie hat nur Gegner und entsprechend konfrontativ müsste sie auftreten. Das ist nicht die Politik der FDP und das war sie auch nie. Viele der 14,6 % haben das dennoch geglaubt und wurden nachhaltig enttäuscht. Sie lassen den Wahlsieg von 2009 zum Pyrrhussieg werden, gemeinsam mit den Siegern des Mitgliederentscheids der FDP. Aus dem sehr schwachen Stand ist der Fall geworden.
Zitat von Llarian im Beitrag #16Der Niedergang der FDP kann eigentlich recht simpel auf einen Nenner gebracht werden: Sie hats nicht gebracht. Ist simpel wie einfach.
Ja und amen, lieber Llarian. Da gibt es eigentlich nicht viel mehr zu sagen. Ich kann nur nochmal wiederholen, was ich bei Gelegenheit hier im Forum schon einmal zum Besten gegeben hatte: Bei der letzten Bundestagswahl war ich so kurz davor wie noch nie, die FDP zu wählen, und nachher so froh wie noch nie, es nicht getan zu haben.
Gemessen an den wirklich überzeugenden Zielen, mit denen die FDP angetreten war, sind die letzten gut drei Jahre nicht anderes als ein Totalausfall. Wo ist z.B. die große Steuerreform (wobei ich überzeugt bin, dass es letztlich nicht einmal darum gehen müsste, Steuern zu senken, sondern dass viele Bürger es schon zu würdigen wüssten, wenn das Steuersystem nur einfacher würde...)?
Um es auch ein wenig biblisch auszudrücken: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!
Und noch ein Wort zu der vielbeschworenen rot-grünen Dominanz in den Medien: Wer glaubt denn wirklich daran, das Artikel, wie die von Zettel hier zitierten, in der Lage sind, Wahlentscheidungen tatsächlich zu beeinflussen? Außerhalb ihres eigenen medial-politischen Dunstkreises werden die "vom Mann auf der Straße" doch weder ernst, noch wirklich wahrgenommen. Was aber wahrgenommen wird ist, wenn man sich, dem politischen Machterhalt und der persönlichen Karriere willen, dauerhaft verbiegt bzw. sämtliche Wahlversprechen und Positionen (für die man ja gerade gewählt wurde) sofort über Bord wirft, sobald nur der Verdacht aufkommt, sie könnten unpopulär sein oder gerade nicht in den Zeitgeist passen - wohlgemerkt: es reicht schon der Verdacht, sie könnten unpopulär sein; ob sie es jenseits des medialen Zerr(Hohl-)Spiegels wirklich sind, wage ich zu bezweifeln...
Zitat von Llarian im Beitrag #16Der Niedergang der FDP kann eigentlich recht simpel auf einen Nenner gebracht werden: Sie hats nicht gebracht. Ist simpel wie einfach. Die FDP ist zur letzten Bundestagswahl mit einem wirklich liberalen Programm angetreten. Und sie ist glaubwürdig angetreten, man erinnere nur an die vorhergehende Wahl in Hessen, als die FDP sich standhaft (!) den Sirenengesängen der Linken verweigert hat. Gerade der Nachgang dieser Wahl hat mit Sicherheit der FDP eine Glaubwürdigkeit beschert, die sie in 20 Jahren nicht aufgewiesen hat. Der Wähler hat das honoriert und der FDP ein Ergebnis von nahezu 15% verschafft. Ohne irgendwelchen Leihstimmenmumpitz und Blabla. (Und nebenbei gesprochen, ohne irgendeinen Auftrag ein "Junior"-Partner zu sein. Das deutsche Parlament kennt Koalitionen, den Begriff des Juniors oder Seniors gibt es dabei nicht, der vermeintliche Senior kann ohne den Junior nix beschliessen.)
Ich schließe mich Ihren Ausführungen vorbehaltlos an. Jede Partei braucht "heilige Kühe" die nicht geschlachtet werden dürfen. Dieser Kern an politischen Zielen darf nicht angetastet werden. Wenn man die Chance hat eine Koalition einzugehen und dabei aber diesen Kern antasten muss, so darf man eben nicht diesen Preis zahlen. Man kann dann eben nicht mitregieren. Man darf dann keine Koalition eingehen bzw man muss eben aus der Koalition austreten. Die FDP hat aber immer wieder einen solchen Kern aus politischen Zielen definiert und diesen aber dann doch angetastet. Schlicht sie hat die heilige Kuh geschlachtet und dies nicht nur einmal. Dieses Verhalten wurde mit den Worten, man muss doch Regierungsfähig bleiben, schön geredet. So ein Quatsch.
Der Kern einer liberalen Poltik muss aus meiner Sicht erstens die Senkung der Staatsquote sein, und zweitens den Bürger vor Bevormundung durch den Staat schützen. Ja, in einigen Punkten hat die FDP sich bemüht diesen Zielen nach zu kommen. Frau Leutheusser-Schnarrenberger zum Dank. Aber dies war zu wenig, viel zu wenig. Diese beiden Primärziele einer liberalen Politik konnte die FDP nicht ansatzweise gegen die Kräfte in der CDU/CSU durchsetzen. Eine Partei muss aber zu ihren Werten stehen. Dies gutieren die Wähler. Es ist ja in Ordnung wenn man Kompromisse eingeht, das erfordert eine Demokratie. Und es ist auch richtig, wenn dann einige seiner Positionen dem Mitregieren opfert. Die FDP hat aber diesen Kern zum wiederholten Mal geopfert. Damit ist die FDP nicht mehr glaubwürdig. Das ist der wahre Grund warum die FDP keine Wähler mehr findet. Die Presse ist es nicht, welche die Politik macht sondern immer noch die Partein.
Im übrigen glaube ich dass es durchaus sogar mehr als 15% Wähler für eine liberale Partei gäbe, wenn sie beweisen würde, dass sie standhaft für eine liberale Politik steht und sich nicht durch das Geschenk des Mitregierens korrumpieren lässt. Denn schon bei der letzten Bundsatagswahl hatten weder die links-liberalen noch die konservativ-liberalen Wähler eine Heimat. Die CDU und auch die SPD hatten schon damals sehr erfolgreich ihre liberalen Flügel abgeschafft. Dennoch haben viele Wähler nicht die FDP gewählt, da sie immer noch, trotz der von Llarian aufgeführten Gründe, an der Aufrichtigkeit der FDP gezweifelten. Und recht hatten sie. Im Gegenteil schon direkt bei der Regierungsbildung hat die FDP mit der Beibehaltung des Entwicklungsministeriums bewiesen, dass man der FDP nicht trauen darf. Und in diesem Sinne ging es weiter.
Die FDP hat in dieser Regierungszeit die großartige, vieleicht einmalige Chance vertan zu Beweisen, dass sie tatsächlich und nicht nur auf den Wahlplakaten für liberale Werte steht, dass sie den Kern einer liberalen Politik für keinen Preis opfert.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #19 Da der Liberalismus in Deutschland sich immer in der Opposition befindet, ist eine Partei welche diesen vertritt, ohne Partner. Sie hat nur Gegner und entsprechend konfrontativ müsste sie auftreten. Das ist nicht die Politik der FDP und das war sie auch nie. Viele der 14,6 % haben das dennoch geglaubt und wurden nachhaltig enttäuscht.
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Es sollte aber die Politik der FDP sein. Der Wahlerfolg hatte es gezeigt.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #19 Der Grund hierfür liegt m.E. in dem sehr schwachen Stand des Liberalismus im deutschen Bürgertum.
Da mag ich ihnen nicht folgen. Ich glaube dass es sogar ein noch viel größeres Potetial als die 14,6% für eine liberale Partei gibt, die mit Rückrat eine liberale Politik vertritt. Denn schon in meinem direkten Umfeld haben viele liberal Denkende der FDP nicht getraut und diese nicht gewählt.
Ich geben Ihnen recht, dass es durchaus den Anschein macht, dass der Liberalismuss sich in einer Oppositionsrolle befindet. Denn er hatte sich Dank der wankelmütigen Politik der FDP der letzten Jahrzehnte auf mehrer Partein aufgesplittert. So gab es einen starken liberalen Flügel sowohl in der SPD als auch in der CDU. Doch diese beiden Partein haben diesen Flügel mundtot gemacht. Wenn die FDP, ähnlich wie die Grünen es mit der Umweltpolitik gemacht haben, tatsächlich für liberale Politik standhaft stehen würde, so müßten die anderen Partein sich mit ihr arrangieren. Die SDP und die CDU vieleicht auch die Grünen würden Wähler an die FDP verlieren. Die FDP würde stärker werden. Die SPD und die CDU müßten dann aus Not an einem Koalitionspartner erstmal in einer "großen" Koalition regieren. Wie groß die Koaltion aber dann noch wäre müßte sich zeigen. Schon jetzt sind die beiden Volkspartein gemeßen and der absoluten Zahl ihrer Wähler nicht mehr (so) groß, halt nur im Verhältniss zu den anderen Partein größer. Es hat sich gezeigt, dass beide Partein in einer großen Koalition sogar noch Wähler verlieren. Früher oder später -ich glaube eher früher- müssen sich die beiden aber mit der FDP arrangieren. Denn auf Dauer können sie wegen des Wählerschwundes nicht mit einander regieren. So würde die FDP aus der Oppsositionsrolle mehr und mehr heraustreten.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #19 Da der Liberalismus in Deutschland sich immer in der Opposition befindet, ist eine Partei welche diesen vertritt, ohne Partner. Sie hat nur Gegner und entsprechend konfrontativ müsste sie auftreten. Das ist nicht die Politik der FDP und das war sie auch nie. Viele der 14,6 % haben das dennoch geglaubt und wurden nachhaltig enttäuscht.
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Es sollte aber die Politik der FDP sein. Der Wahlerfolg hatte es gezeigt.
Der Wahlerfolg hat für mich im Nachgang vor allem gezeigt, wie man mit verführerischen und unrealistischen Versprechen Wahlkämpfe sogar mit liberalen Bürgern gewinnen kann. Das wird so schnell kein zweites Mal gelingen. Es ist nicht die Wahlentscheidung welche ich kritisch sehe, sondern die Erwartung welche geweckt wurde.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #19 Der Grund hierfür liegt m.E. in dem sehr schwachen Stand des Liberalismus im deutschen Bürgertum.
Da mag ich ihnen nicht folgen. Ich glaube dass es sogar ein noch viel größeres Potetial als die 14,6% für eine liberale Partei gibt, die mit Rückrat eine liberale Politik vertritt. Denn schon in meinem direkten Umfeld haben viele liberal Denkende der FDP nicht getraut und diese nicht gewählt.
Da hat Ihr direktes Umfeld m.E. richtig gelegen, die Frage für ist dann nur noch: Haben diejenigen dann eine andere Partei gewählt oder blieben sie zu Hause? Ich kenne keinen Indikator der eine !5 %ige Verwurzelung des klassischen Liberalismus in Deutschland anzeigt, oder sogar eine höhere. Wenn in Deutschland Steuern erhöht werden klagt kaum jemand darüber dass ihm etwas genommen wird - sehr wohl aber wenn Leistungen des Staates gekürzt werden. Eigenartigerweise sind sehr viele der Ansicht mehr vom Staat zu bekommen, als ihm zu geben.
Diese Frage stelle ich mir mit den Jahren immer mehr.
Gab es überhaupt liberale Positionen, die sich im Koalitionskompromiss notgedrungen etwas verlieren? Steuersenkungen sind zwar schön, aber was ist daran liberal? Die können Andere auch fordern.
Nehmen wir als Beispiel Gender Mainstreaming. So etwas und Liberalismus ist - für mich - wie Feuer und Wasser. Ist in der FDP einer dagegen? Die wird es schon geben, spielen aber keine Rolle.
Ich denke, die FDP hatte neben denen von meinen Vorschreibern und Zettel genannten Problemen noch 2 weitere:
1. Kohl wußte genau, daß er denen ab und zu ein Häppchen hinwerfen, einen Triumph gönnen muß. Das gibt es bei Merkel nicht. 2. Die EURO-Krise: Da wird schon mal etwas ruppiger verfahren. Ob man vom Ausland aus Berlusconi absägt oder Papandreou abschießt: Wer sich der paneuropäischen Idee versagt, hat harte Zeiten vor sich. Und dafür sind die Leichtmatrosen der FDP nicht gemacht.
Und Liberalismus und EUdSSR schiessen sich eh' aus.
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #23Eigenartigerweise sind sehr viele der Ansicht mehr vom Staat zu bekommen, als ihm zu geben.
Selbst wenn man diese Rechnung aufmacht und feststellt, dass sie zu eigenen Ungunsten ausfällt, muss man nicht unbedingt zu dem Schluss kommen, dass das ungerecht ist. Schon vor meinem "politischen Erwachen" war mir klar, dass ich wesentlich mehr einzahle als ich persönlich herausbekomme. Von der Bundesrepublik Deutschland habe ich nämlich noch nie etwas bekommen; hab immer nur eingezahlt. Einzig meine Schulausbildung wurde "vom Staat" (allerdings der DDR) finanziert und während meines Wehrdienstes bekam ich einen Wehrsold - in Höhe von vielleicht 20 Prozent meines damaligen Netto-Facharbeitergehalts.
Trotzdem war ich der Ansicht, dass es schon wichtig ist mit meinen Steuergeldern hier was beizutragen. Denn der Staat braucht ja Geld um das alles hier am Laufen zu halten. Die Wirtschaft sorgt zwar dafür, dass die Läden voll sind, aber allein der Staat trägt Sorge dafür, dass hier nicht Mord und Totschlag herrschen und Scharen von mittellosen Bettlern und ungebildeten Tagelöhnern irgendwelche Slums um die abgeschotteten Villenviertel der Reichen bevölkern.
Das war sicherlich auch wesentlich meiner DDR-Sozialisation geschuldet, aber das im Anschluss daran übermittelte Bild aus den Medien - hier vor allem der Öffis, denn die Privaten sind ja nicht unabhängig, sondern wollen nur "Geschäfte machen" - unterschied sich davon nur in Nuancen. Wenn es nun nicht nur mir so ging, sondern vielen heute noch geht? Die außerdem noch in Schulen und Unis dahingehend konditioniert werden? Wo soll da das Faible für den Liberalismus herkommen, für die Freiheit des Individuums? Da herrscht doch nur die Angst vor, dass allein "die Starken" von der Freiheit profitieren würden und die große Masse untergebuttert wird. Deshalb zahlt der Bürger mit der Steuer eine Art Schutzgeld. Zähneknirschend zwar, aber mit der Einsicht in die dringende Notwendigkeit.
Beste Grüße, Calimero
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