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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 80 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Frankenstein Offline




Beiträge: 891

12.02.2013 21:35
#51 RE: Hinweis Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #50
Zitat von Frankenstein im Beitrag #47
... für mich auch nicht kriegsentscheidend, wenn Sie diesbezüglich auf Ihr eigenes - mitnichten provokatives, spektakuläres oder originäres Narrativ - hereinfallen, es sei Ihnen von Herzen gegönnt.

Bitte beachten Sie die Forumsregeln. Und nehmen Sie diesen Hinweis bitte ernst.

Zettel

Lieber Zettel,

das war nicht im Entferntesten als persönlicher Angriff gemeint.

Ich finde es halt bedauerlich, wenn man den politischen Gegner (als die Linke) unbeabsichtigt stärkt (was mit dem inflationären Gebrauch des K-Worts der Fall ist). Einen ähnlichen Solidarisierungseffekt gibt es ja auf der anderen Seite zugunsten der FDP, die bei den letzten Wahlen von der Medienkampagne gegen sie profitierte.

Herzlichst, Frankenstein

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.02.2013 22:37
#52 RE: Hinweis Antworten

Zitat von Frankenstein im Beitrag #51
das war nicht im Entferntesten als persönlicher Angriff gemeint.
OK.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.02.2013 22:52
#53 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Frankenstein im Beitrag #44
Und wenn eine Gesine Lötzsch vom "richtigen" Kommunismus schwadroniert, so manifestiert sich darin weniger kommunistische Unterwanderung der Linken sondern eher ihre totale Naivität/Ahnungslosigkeit bezüglich dessen, worüber sie redet.

Wie sollten denn die Kommunisten sich selbst unterwandern?

Wir sind da, lieber Frankenstein, fundamental unterschiedlicher Meinung.

Ich habe mich, als ich bei den Jusos war und wir mit den Genossen von der DKP zusammengearbeitet haben, einigermaßen gründlich mit dem Marxismus befaßt und Marx und Engels wirklich gelesen, vermutlich a bisserl mehr als mancher Marxist. Man kann Kommunisten nur verstehen, wenn man sieht, daß sie der Überzeugung sind, eine - sagen wir - Metatheorie zu haben. Sie glauben, daß sie erklären können, warum die anderen sich irren.

Das ist die Hybris Hegels, die Marx zur Perfektion gebracht hat. Jemand, der diesen Glauben hat, ist in diesem seinem Glauben nicht zu erschüttern. Dieser Glaube erlaubt alles. Jede Tarnung ist erlaubt, jede Lüge.

Man weiß sich ja auf der Seite des auf die Füße gestellten Weltgeists.

Herzlich, Zettel

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

12.02.2013 23:03
#54 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Zettel
Das ist die Hybris Hegels, die Marx zur Perfektion gebracht hat. Jemand, der diesen Glauben hat, ist in diesem seinem Glauben nicht zu erschüttern. Dieser Glaube erlaubt alles. Jede Tarnung ist erlaubt, jede Lüge.

Man weiß sich ja auf der Seite des auf die Füße gestellten Weltgeists.



Ups, jetzt dachte ich kurz, wir seien beim pol. Islam gelandet.
Nichts für Ungut,
Herzliche Grüße,
Andreas Döding

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

12.02.2013 23:09
#55 RE: Hinweis Antworten

Zitat von Frankenstein im Beitrag #51

Ich finde es halt bedauerlich, wenn man den politischen Gegner (als die Linke) unbeabsichtigt stärkt (was mit dem inflationären Gebrauch des K-Worts der Fall ist).

Nein, lieber Frankenstein, gestärkt wird die Linke durch diejenigen welche ihnen ihre Camouflage durchgehen lassen und nicht den Unterschied klarmachen, der zwischen ihnen und Sozialdemokraten wie Olaf Scholz besteht:

Zitat von http://de.wikipedia.org/wiki/Demokratischer_Sozialismus
„Es gibt keinen Zustand mit diesem Namen, der auf unsere marktwirtschaftlich geprägte Demokratie folgen wird. Deshalb sollten wir nicht solche Illusionen erzeugen.“

Die Partei müsse im 21. Jahrhundert „die Blickrichtung wechseln“. Der Begriff lege den Irrtum nahe, dass die SPD ein Konzept jenseits des Kapitalismus vertrete.


Um genau diesen Irrtum zu verhindern, ist es mehr als angemessen, die Trennung vorzunehmen, für welche ein beträchtlicher Teil der SPD offenbar nicht die Kraft aufbringt.
Deshalb macht die Bezeichnung "Kommunisten" für die Partei "Die Linke" den Unterschied klar zu den Sozialdemokraten in der SPD, die sich, wie die Mitglieder der Partei "Die Linke", ebenfalls Sozialisten nennen. Schon möglich dass auch darunter welche sind bei denen die Bezeichnung "Kommunisten" treffender wäre.

In der heutigen Zeit ist es in Deutschland übrigens viel anrüchiger als Antikommunist bezeichnet zu werden, denn als Kommunist.
Das finde ich bedauerlich.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

12.02.2013 23:11
#56 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #54

Zitat von Zettel
Das ist die Hybris Hegels, die Marx zur Perfektion gebracht hat. Jemand, der diesen Glauben hat, ist in diesem seinem Glauben nicht zu erschüttern. Dieser Glaube erlaubt alles. Jede Tarnung ist erlaubt, jede Lüge.

Man weiß sich ja auf der Seite des auf die Füße gestellten Weltgeists.


Ups, jetzt dachte ich kurz, wir seien beim pol. Islam gelandet.


Der eben viel Ähnlichkeit mit dem Marxismus hat.

Auch der Islam akzeptiert ja die anderen Religionen; als unvollkommene Vorstufen der einzig wahren Religion.

Jeder halbwegs geübte Marxist kann mir erklären, warum ich leider ein Liberaler bin - aus meinem Klasseninteresse heraus, aufgrund der Borniertheit, die meine Sozialisation zwangsläufig mit sich brachte.

Ebenso kann mir jeder halbwegs geübte Imam erklären, warum ich noch nicht zur einzigen wahren Religion konvertiert bin.

Herzlich, Zettel

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

12.02.2013 23:32
#57 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Zettel

Der eben viel Ähnlichkeit mit dem Marxismus hat.




Ungefähr das hatte ich damit andeuten wollen, lieber Zettel. Totalitarismus ist letztlich eine Soße. Ich erahne und fürchte aber ein Jahrhundert des pol. Islam, verstärkt durch die erwartbaren Krisen/Kriege um Wasser, von denen wir heute erst ansatzweise Notiz nehmen, die aber aus denselben Weltgegenden ihren Anlauf nehmen werden wie der politische Islam, und diesen wohl immer weiter verstärken werden.
Man darf gespannt sein,
Herzlichen Gruß,
Andreas Döding

adder Offline




Beiträge: 1.073

13.02.2013 07:39
#58 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #57

Zitat von Zettel

Der eben viel Ähnlichkeit mit dem Marxismus hat.

Totalitarismus ist letztlich eine Soße.



Bitte verzeihen Sie beide mir diese Fragen, die leider nicht ganz in den Thread passen, aber sich mir bei diesem Austausch förmlich aufgedrängt haben:

1) Zählt in diese Soße auch der ja immer noch vermeintlich 'rechts' orientierte Faschismus? Die Nationalsozialisten sind ja schon als 'links' orientiert geoutet worden (siehe auch Arnulf Baring) - betrachten wir also eher nur das Weltkriegs-Italien, - Ungarn oder die Diktaturen in Spanien und Portugal.
2) Da ja nun der Nationalsozialismus eher eine linke Ideologie war (siehe auch Arnulf Baring), mit sehr viel Ähnlichkeit mit dem Kommunismus, warum haben sich dann die rechts verordneten Diktatoren der 'faschistischen' Ideologie dann Hitler im Bruderkampf gegen die UdSSR - und sogar zuvor gegen die westlichen Europäer angeschlossen? Sie hätten doch eigentlich eher ihn ebenfalls bekämpfen müssen?
3) Welche Lehren sollten wir Ihrer Meinung nach daraus für unsere heutige Zeit ziehen?

Edit: gerne natürlich auch in einem anderen Bereich des Forums oder auch per Nachricht. Danke für Ihre Antwort.

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

13.02.2013 08:09
#59 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von adder
Bitte verzeihen Sie beide mir diese Fragen, die leider nicht ganz in den Thread passen, aber sich mir bei diesem Austausch förmlich aufgedrängt haben:
1) Zählt in diese Soße auch der ja immer noch vermeintlich 'rechts' orientierte Faschismus? Die Nationalsozialisten sind ja schon als 'links' orientiert geoutet worden (siehe auch Arnulf Baring) - betrachten wir also eher nur das Weltkriegs-Italien, - Ungarn oder die Diktaturen in Spanien und Portugal.
2) Da ja nun der Nationalsozialismus eher eine linke Ideologie war (siehe auch Arnulf Baring), mit sehr viel Ähnlichkeit mit dem Kommunismus, warum haben sich dann die rechts verordneten Diktatoren der 'faschistischen' Ideologie dann Hitler im Bruderkampf gegen die UdSSR - und sogar zuvor gegen die westlichen Europäer angeschlossen? Sie hätten doch eigentlich eher ihn ebenfalls bekämpfen müssen?
3) Welche Lehren sollten wir Ihrer Meinung nach daraus für unsere heutige Zeit ziehen?



Lieber adder, da ich teilweise angesprochen bin, will ich mal versuchen, meine Antwort darauf zu geben, ohne Anspruch auf historische Richtigkeit; ich lasse mich hier gerne korrigieren.

Zitat aus Wikipedia über den ital. Fschismus unter Mussolini:
"1932 legte er die Ideologie seines Staatssystems schriftlich vor (Dottrina del fascismo): Merkmale waren ein extremer Nationalismus, eine durch Krieg angestrebte Großmachtstellung für Italien im Mittelmeerraum, die Betonung des „Willens zur Macht“ (Friedrich Nietzsche), des autoritären Führerprinzips (Vilfredo Pareto), der „direkten Aktion“ als „schöpferischem Gestaltungsprinzip“ (Georges Sorel) und einer totalitären, von einer Geheimpolizei überwachten Verschmelzung von Staat und alleinregierender Partei. Die sozialrevolutionäre Komponente der Aufstiegszeit trat zurück; verordnete Einheitsorganisationen von Arbeitern und Unternehmern sollten Klassenkampf unterbinden."
http://de.wikipedia.org/wiki/Faschismus

Zu Ihren Fragen, aus meiner Sicht:
Ad 1. vor dem Hintergrund obigen Zitats: ja
Ad 2. es ging um Landnahme und globale Ambitionen beider Systeme, also Krieg um Vormachtsstellung. Der Unterschied scheint mir nicht im rechts/links zu liegen. Letzlich bezog sich das wohl nur auf die Sitzordnung im Reichstag und international anderen Parlamenten, wenn ich das richtig weiß (?), sondern um national/international. Der Sozialismus scheint mir dagegen in beiden Systemen identisch. EDIT: Und eine sozialistische Komponente gab es ja auch im Faschismus. Edit Ende. Übrigens habe ich mir vor einiger Zeit einmal das Parteiprogramm der NPD angetan. Es handelt sich hierbei, meiner Meinung nach, um lupenreinen Nationalsozialismus. Ich bin zwar aus prinzipiellen Gründen gegen ein Verbot, aber ich würde dieser Partei umgekehrt auch keine Träne nachweinen.
Nochmal EDIT (ich hatte Ihre Frage noch gar nicht wirklich beantwortet, fiel mir grade auf): die damaligen Bündnisse waren sicher eher taktischer und strategischer als ideologischer Natur. Bestes Beispiel: Nichtangriffspakt Hitler/Stalin. Die Schnittmengen zw. ital.. Faschismus und Nationalsozialismus waren hinreichend groß, der Rest war wohl expansionsorientierte Machtpolitik. Vermutlich hätten sich Hitler und Mussolini, bei einem anderen historischen Verlauf, irgendwann auch noch in die Köppe gekriegt. Edit Ende.
Ad 3. alles eine Soße. Politisch zu bekämpfen und abzulehnen.

Herzlichen Gruß,
Andreas Döding

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

13.02.2013 08:58
#60 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Lieber adder,
vielleicht interessiert Sie auch dieser Beitrag:
http://www.bwv-bayern.org/component/cont...ozialismus.html

Viele Grüße, Erling Plaethe

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

13.02.2013 12:12
#61 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #56
Jeder halbwegs geübte Marxist kann mir erklären, warum ich leider ein Liberaler bin - aus meinem Klasseninteresse heraus, aufgrund der Borniertheit, die meine Sozialisation zwangsläufig mit sich brachte.

Daß unsere Sozialisation aus marxistischer Sicht erschütternde Mängel aufweist, das ist verständlich.
Aber welches "Klasseninteresse" muß eigentlich ein Hochschullehrer haben? Und warum führt dieses Klasseninteresse bei Ihnen zum Liberalismus und bei diversen Kollegen zum Marxismus?

Mir ist wirklich nicht verständlich, wie die Marxisten dieses völlig krude Klassenkonstrukt heute noch anwenden können.

Hausmann Offline



Beiträge: 710

13.02.2013 12:48
#62 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Lieber Zettel!

Zitat von Zettel im Beitrag #53
Ich habe mich, als ich bei den Jusos war und wir mit den Genossen von der DKP zusammengearbeitet haben, einigermaßen gründlich mit dem Marxismus befaßt und Marx und Engels wirklich gelesen, vermutlich a bisserl mehr als mancher Marxist. Man kann Kommunisten nur verstehen, wenn man sieht, daß sie der Überzeugung sind, eine - sagen wir - Metatheorie zu haben. Sie glauben, daß sie erklären können, warum die anderen sich irren.

Das ist die Hybris Hegels, die Marx zur Perfektion gebracht hat. Jemand, der diesen Glauben hat, ist in diesem seinem Glauben nicht zu erschüttern. Dieser Glaube erlaubt alles. Jede Tarnung ist erlaubt, jede Lüge.


Als alter "Ossi" (dem der Marxismus naturgemäß nicht ganz fremd ist) würde ich an dieser Stelle über eine gewisse Differenzierung nachdenken. Von den seinerzeit rund 2,3 Millionen formellen "Kommunisten" (SED Mitgliedern) dürfte man getrost eine deutliche Mehrheit abziehen, die aus nüchterner Karriereplanung dort waren. (Das ist nicht negativ konnotiert; mir ist unter vielen anderen ein wissenschaftlich & menschlich hervorragender Akademiker erinnerlich, der schweren Herzens in diesen vergifteten Apfel beißen mußte.)

Der realsozialistische Alltag wirkte desillusionierend weit hinein in "die" Partei und es blieben, meines Erachtens recht wenige, verbissene, religiöser "Überzeugungstäter" übrig, die quasi über Leichen gegangen wäre.

Und noch ein Nebenaspekt, weil hier auch über Wissenschaft gesprochen wird: Für einem mathematisch - naturwissenschaftlich denkenden Menschen konnte durchaus im Laufe der Jahre auch die innere Inkonsistenz des Marxismus zutage treten, gegen den eigenen "guten" Willen quasi - die ostdeutschen Biographien sind halt oft sehr kurvenreich. :)

Ein freundlicher Gruß!

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

13.02.2013 13:00
#63 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Hausmann im Beitrag #62
Von den seinerzeit rund 2,3 Millionen formellen "Kommunisten" (SED Mitgliedern) dürfte man getrost eine deutliche Mehrheit abziehen, die aus nüchterner Karriereplanung dort waren.

M. E. hat Zettel nicht über alle 2,3 Millionen SED-Mitglieder gesprochen.
Sondern über den harten Kern, der wie Gysi auch nach dem Scheitern des Systems (und dem Wegfall anderer Motivationen für die Parteimitgliedschaft) noch an den Zielen der SED festhielt und die Organisation dafür intakt halten half.

Wer wirklich einen "demokratischen Sozialismus" als Variante der Sozialdemokratie wollte - der hätte nach 1990 eine neue Partei aufmachen müssen (wenn man schon aus irgenwelchen Gründen nicht bei den SPD-Sozialdemokraten mitmachen will).

Wer aber unbedingt die alte kommunistische Partei behalten wollte, incl. der von ihr betriebenen Unterstützung der Täter der Diktatur - der war entweder naiv oder immer noch Kommunist.

Und naiv war und ist Gysi bestimmt nicht.

adder Offline




Beiträge: 1.073

13.02.2013 14:01
#64 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #60
Lieber adder,
vielleicht interessiert Sie auch dieser Beitrag:
http://www.bwv-bayern.org/component/cont...ozialismus.html


Vielen Dank, das war sehr interessante Lektüre.

Zitat von Doeding im Beitrag #59

Lieber adder, da ich teilweise angesprochen bin, will ich mal versuchen, meine Antwort darauf zu geben, ohne Anspruch auf historische Richtigkeit; ich lasse mich hier gerne korrigieren.
(...)
Herzlichen Gruß,
Andreas Döding


Auch hier vielen Dank. Ich stimme Ihrer Einschätzung größtenteils zu, aber es tut auch gut, dieses einmal auch von anderen so zu hören.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

13.02.2013 14:08
#65 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #61

Aber welches "Klasseninteresse" muß eigentlich ein Hochschullehrer haben? Und warum führt dieses Klasseninteresse bei Ihnen zum Liberalismus und bei diversen Kollegen zum Marxismus?

Mir ist wirklich nicht verständlich, wie die Marxisten dieses völlig krude Klassenkonstrukt heute noch anwenden können.

Das Klasseninteresse besteht ganz einfach darin, sich der herrschenden Klasse anzubiedern und sich selbst zu verleugnen. Das ist so ähnlich wie bei kommunistischen Schauprozessen, bei denen der Verurteilte um seine Strafe bittet, also dankbar ist, die Strafe entgegennehmen zu dürfen.
Der Hochschullehrer hat einen Ablass zu zahlen, was sich in jämmerlichen Gehältern ausdrückt. Zudem wird von ihm viel mehr politisches Wohlverhalten verlangt als von einem Arbeiter. Er ist dauerhaft verdächtig, weil er der falschen Klasse angehört. Um seiner Läuterung Ausdruck zu verleihen, tritt er in die Partei der Arbeiterklasse ein und darf sich nun selbst dieser Klasse zugehörig fühlen.
So in der Art habe ich das erlebt, etwas prononciert ausgedrückt.
Eigenartiger Weise führte mein Interesse an einer Gesellschaft in der Klassenunterschiede immer weniger eine Rolle spielen, mich zum Liberalismus.
Das Klassenkonstrukt der Marxisten ist eigentlich eine ihrer besten Erfindungen. Es fördert alles zu Tage, was eine Diktatur zum überleben braucht:
Neid, Missgunst und die Illusion man stehe als Arbeiter im Mittelpunkt des Interesses.
All die "sozialen Errungenschaften" dienen vor allem der Beglückung verdienter "Werktätiger". Verglichen mit Ingenieuren hat ein Schichtarbeiter meist mehr Geld nach Hause gebracht. Und besonders viel arbeiten musste er dafür auch nicht.

Viele Grüße, Erling Plaethe

adder Offline




Beiträge: 1.073

13.02.2013 14:15
#66 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #61
Mir ist wirklich nicht verständlich, wie die Marxisten dieses völlig krude Klassenkonstrukt heute noch anwenden können.


Mithin führt ja in der heutigen klassenlosen Gesellschaft sogar die immer wieder geforderte sozialistische Erziehung und die "neuen" Lebensentwürfe zu einer wieder stärkeren Trennung der Schichten. Noch sicherlich nicht so bedrohlich stark, dass man Klassenbildung annehmen müsste, aber durchaus spürbar, da in Deutschland doch messbar weniger Menschen einen sozialen Aufstieg oder Abstieg erleben als in anderen europäischen Gesellschaften.
Gerade der Drang zur staatlichen Einheitsschule - mit gleichzeitigem Angebot der Privatschule für einen Teil der Bevölkerung - und die immer wieder spürbare Dämonisierung der Ein-Verdiener-Familie führt dazu. Wenn beide Partner gleich viel verdienen sollen, stammen sie auch aus vergleichbaren Schichten - und ihre Kinder werden auch in dieser vergleichbaren Schicht großwerden. Das hat Vorteile für die gut versorgten staatlichen Beschäftigten und Beamten (aus denen sich ja auch insbesondere die etatistischen Parteien der Grünen und Sozialdemokraten rekrutieren) - die "untere Mittelschicht" meinetwegen; es hat aber eben auch Nachteile für Mitglieder der anderen Schichten, insbesondere weil eine 'schichtfremde', also nicht standesgemäße Heirat ja durch das Abschaffen des Ehegattensplittings und all die anderen Angriffe dämonisiert wird. Familien, in denen ein gut verdienender Akademiker und eine nicht mehr oder nur wenig arbeitende Friseurin/einfache Beschäftigte zusammenfinden, sollen ja gerade unattraktiv gemacht werden. Auch wenn dieses die Durchmischung der Gesellschaft stark fördert, da die Kinder dieser Familie sicherlich nicht in der gleichen Schicht wie die Elternteile bleiben - sondern sich zumindest im Vergleich zu einem Elternteil verändern würden.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.02.2013 15:17
#67 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Hausmann im Beitrag #62
Und noch ein Nebenaspekt, weil hier auch über Wissenschaft gesprochen wird: Für einem mathematisch - naturwissenschaftlich denkenden Menschen konnte durchaus im Laufe der Jahre auch die innere Inkonsistenz des Marxismus zutage treten, gegen den eigenen "guten" Willen quasi - die ostdeutschen Biographien sind halt oft sehr kurvenreich. :)

Ja, exakt.

Es gab verschiedene Arten, damit fertig zu werden.

Ich habe damals DDR-Wissenschaftler gekannt, die als Reisekader in den Westen durften (mit einer Reisedirektive, nebenbei gesagt, die ihnen jeden Schritt vorschrieb; mit der Pflicht, jeden Pfennig ihrer Einkünfte aus Vorträgen usw. an das Regime abzuliefern. Keine Fahrt in eine Stadt war erlaubt, die nicht von der SED-Bürokratie in dieser Reisedirektive festgelegt worden war. Und das wurde in der Regel vom MfS überwacht).

Es gab Dejenigen, die ihr naturwissenschaftliches Denken von ihrem Glauben zu trennen versuchten. Sie legten einfach an den "wissenschaftlichen" Sozialismus nicht dieselben Maßstäbe an wie sonst an Wissenschaft.

Es gab die Zyniker, die forschen wollten und das offizielle Blaba so rezitierten, wie man im antiken Rom den Göttern opferte.

Und es gab einige wenige Naive, die ernsthaft an einen demokratischen Sozialismus glaubten. Charakterlich oft anständige Menschen; intellektuell Wirrköpfe.

Herzlich, Zettel

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

13.02.2013 17:03
#68 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #61

Aber welches "Klasseninteresse" muß eigentlich ein Hochschullehrer haben? Und warum führt dieses Klasseninteresse bei Ihnen zum Liberalismus und bei diversen Kollegen zum Marxismus?

Mir ist wirklich nicht verständlich, wie die Marxisten dieses völlig krude Klassenkonstrukt heute noch anwenden können.

Was die Gegenwart anbelangt, liegt die Ursache m.E. in einem starken Verantwortungsgefühl für andere Menschen, oft völlig fremde. Dies gerät aber ständig in Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit was ein Ohnmachtsgefühl erzeugt. Die Wirklichkeit stellt sich für den zukünftigen Marxisten in falsch verstandener Freiheit dar, welche die Privatsphäre schützt aber dem Individualismus freien Lauf läßt. Jeder kann machen was er will.

Die Marxisten machen ein Angebot, die Wirklichkeit zu ändern und natürlich geht das mit einer Ausweitung der Staatsquote einher.

Dann spielt meiner Erfahrung nach eine wichtige Rolle die Unzufriedenheit mit der Wertschätzung anderer, was die eigene Leistung anbelangt. Der zukünftige Marxist fühlt sich notorisch unterbezahlt und versteht nicht, wie es mir rechten Dingen zugehen kann, dass jemand aus eigener Kraft, ohne vom Staat bezahlt zu werden, ein Vielfaches seines Gehaltes erwirtschaftet. Auf Grund der persönlich gefühlten Unterbezahlung und der Vorstellung von Ökonomie als Torte, kann der Großverdiener nur seinen Reichtum auf Kosten anderer generieren.

Auch hierfür bietet der Marxismus das weitestgehende Angebot. Der Neid wird zur Tugend der Gerechtigkeit.

Die Gruppe derer, welche angeblich auf Kosten anderer lebt, wird irgendwann zur Klasse. Alle, welche bedeutend mehr als er selbst verdienen, gehören einer unerreichbaren Klasse an und diejenigen welche weniger verdienen als er selbst, werden ebenfalls von den ausgemachten Schmarotzern ausgebeutet. Warum also sich nicht verbünden?

Da der Hochschullehrer mit marxistischen Ambitionen eine hohe Bildung hat, an der es den Schlechterverdienenden mangelt, kann er ihnen helfen besser helfen als die meisten anderen. Er fühlt sich berufen.
Der Marxismus hat an dieser Stelle die gleiche Stoßrichtung und macht ein Erziehungsangebot, welches der Hochschullehrer umsetzen kann.

Nun stellt sich eine erste Befriedigung ein, weil er gestaltet. Er bringt sich ein, sorgt für mehr Gerechtigkeit und hilft der unterdrückten Klasse. Sich selbst eigentlich auch, aber das rückt jetzt in den Hintergrund, denn jetzt wird er zum Altruisten.
Der angehende Marxist denkt über diejenigen welche seiner Hilfe bedürfen genauso abschätzig wie über die Großverdiener, und vermutlich ist er mit seinem eigenen Leben immer noch unzufrieden, aber jetzt hat diese Unzufriedenheit ein Ventil.
Dem Marxismus sei Dank.

Er denkt induktiv; schließt von seinem unerfüllten Leben auf ein angenommen unerfülltes der Massen. Weil, wenn es ihm schon so mies geht, wie muss es erst denen gehen, die weniger verdienen als er selbst?
Der dem Liberalismus zugeneigte, weiß was er hat und was Zufriedenheit bedeutet. Er denkt deduktiv; betrachtet das Große und Ganze, entwickelt daraus Theorien für die Lösung seiner Probleme und probiert diese selbst und an sich, aus. Sein eigenes Wohlbefinden verbindet er vor allem mit sich selbst. Seinem Erfolg oder Misserfolg. Verantwortung ist für ihn zuallererst Eigenverantwortung.
Das Angebot der Marxisten für mehr Gerechtigkeit verfängt bei ihm nicht, weil er sich selbst als seines Glückes Schmied ansieht. Deshalb steht die Zugehörigkeit zu einer Klasse nicht im Zentrum seines Denkens.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

13.02.2013 18:44
#69 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Was die Gegenwart anbelangt, liegt die Ursache m.E. in einem starken Verantwortungsgefühl für andere Menschen, oft völlig fremde. Dies gerät aber ständig in Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit was ein Ohnmachtsgefühl erzeugt. Die Wirklichkeit stellt sich für den zukünftigen Marxisten in falsch verstandener Freiheit dar, welche die Privatsphäre schützt aber dem Individualismus freien Lauf läßt. Jeder kann machen was er will. [...]



Sehr schön und treffend seziert, lieber Erling Plaethe. Ich frage mich, ob dies nicht die eigentliche Schwäche (und dennoch auch der positive "Kern") des liberalen Bürgertums ist: das "Leben und Leben lassen, solange man selbst in Ruhe gelassen wird"? Der Marxist, der Linke allgemein, hat ja nicht nur ein missionarisches Sendungsbewußtsein, er hat auch das starke Bedürfnis zur "Solidarisierung". Man hält zusammen, man bildet Gruppen, plant öffentlichkeitswirksame "Aktionen" usw.

Der Liberale will das gerade nicht, er betont das Individuum, nicht die Gemeinschaft.
Die "schreiende Minderheit" schafft indessen Fakten und, auf lange Sicht, letztlich Mehrheiten (z. B. Atomausstieg).

Linke Ideologie ist, um mal eine evolutionsbiologische Parallele zu bemühen, "aggressiv-fortpflanzungsbereit"; auf die offensichtliche Sympathie der Linken gegenüber ähnlich auftretenden Einwanderergruppen sei hier nur augenzwinkernd angespielt.

Ich frage mich, ob die größte Stärke des liberalen Bürgertums letztlich auch zu seiner größten Schwäche werden kann, da es eben zunächst "nur seine Ruhe" haben will. Ich schließe mich hier übrigens ausdrücklich mit ein.

Herzlichen Gruß,
Andreas Döding

Frankenstein Offline




Beiträge: 891

13.02.2013 20:13
#70 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #63
Zitat von Hausmann im Beitrag #62
Von den seinerzeit rund 2,3 Millionen formellen "Kommunisten" (SED Mitgliedern) dürfte man getrost eine deutliche Mehrheit abziehen, die aus nüchterner Karriereplanung dort waren.

M. E. hat Zettel nicht über alle 2,3 Millionen SED-Mitglieder gesprochen.
Sondern über den harten Kern, der wie Gysi auch nach dem Scheitern des Systems (und dem Wegfall anderer Motivationen für die Parteimitgliedschaft) noch an den Zielen der SED festhielt und die Organisation dafür intakt halten half.

Wer wirklich einen "demokratischen Sozialismus" als Variante der Sozialdemokratie wollte - der hätte nach 1990 eine neue Partei aufmachen müssen (wenn man schon aus irgenwelchen Gründen nicht bei den SPD-Sozialdemokraten mitmachen will).

Wer aber unbedingt die alte kommunistische Partei behalten wollte, incl. der von ihr betriebenen Unterstützung der Täter der Diktatur - der war entweder naiv oder immer noch Kommunist.

Und naiv war und ist Gysi bestimmt nicht.


Die Sozialisten wollten mit der PDS einen demokratisch-sozialistisch/sozialdemokratischen Neuanfang. Dass sie dafür ihr Vermögen nicht opfern wollten, sollte all denjenigen, die Helmut Kohl für einen grossen Kanzler halten verständlich sein (ich verweise auf Kohls unsägliche Verstrickung in der Parteispendenaffäre, die eines grossen Staatsmannes sicherlich wenig würdig war).

Und natürlich ist Gysi in entscheidenden Bereichen naiv. Ohne ein gewisses Ausmass an Naivität, insbesondere in ökonomischen Fragen, kann man gar nicht Linker sein (ausser man ist finanziell vom Linkssein abhängig - das ist Gysi aber nicht).

Kommunisten finden sich primär in der DKP und der Kommunistischen Plattform, dass er zu diesen eine Distanz einhält, ist nicht einfach nur eine Show fürs Publikum, die Differenzen sind real.

Da ich in roten Gefilden politisch sozialisiert wurde, kenne ich die Denke beider Lager, speziell was die Dämonisierung des politischen Gegners angeht (also die Unterstellung genuiner Boshaftig- und Arglistigkeit wie z. B. bei Gysi) findet man diese auf beiden Seiten des Ufers. Sie trifft aber so nicht zu, diese Argumentationslinie führt lediglich zur Verhärtung der Fronten und erschwert die Überzeugungsarbeit mit politischen Inhalten.

Rein subjektiv für mich selbst gesprochen entsinne ich mich, dass ich seinerzeit kurz nach der Wiedervereinigung an einem CDU-Wahlkampfstand im Osten nach einem der SPDS-Verbrüderungsplakate gefragt habe, woraufhin der freundliche Christdemokrat mittleren Alters (obwohl klar war, auf welcher Seite ich stand) meinte, er hielte nicht viel von diesem Stil der diffamierenden Auseinandersetzung, würde mehr auf Inhalte setzen und hätte daher keine parat. Derart freundlich Konservative waren mir bis dato jedenfalls unbekannt - erst später habe ich bemerkt, dass diese Begegnung etwas in mir verändert hatte.

Natürlich ist demokratischer Sozialismus realpolitisch eine utopische Illusion, damit befindet er sich aber durchaus in einem Boot mit der derzeitig oktroyierten Ideologie des zentralistischen europäischen Superstaats mit keynesianischer Wirtschaftslenkung, der mit Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit nun auch nicht gerade viel am Hut hat (Linke wähnen sich ja als Verteidiger von Demokratie und marktwirtschaftlicher Ordnung gegen den vermeintlichen Neoliberalismus der europäischen Staatsführer, der ja in Wahrheit eine Art bürokratisch-feudalistischer Korporatismus ist).

Wie auch immer: Wenn man Linken pauschal den Kommunismus-Vorwurf an den Latz knallt, wird man damit nicht viel erreichen, weil er an ihnen abperlt, da sie sich selber als geläuterte demokratische Sozialisten wahrnehmen (Gysi und Wagenknecht beschwören ja mittlerweile Ludwig Erhard). Stattdessen muss man inhaltlich argumentieren, indem man darstellt, warum auch ein demokratischer Sozialismus nicht so funktionieren kann, wie sich der gemeine Linke das so vorstellt und klarmachen, warum ohne Marktwirtschaft und Kapitalismus Freiheit nicht verwirklicht werden kann.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.02.2013 20:29
#71 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Frankenstein im Beitrag #70
Und natürlich ist Gysi in entscheidenden Bereichen naiv.

Ich glaube, lieber Frankenstein, nicht an das Märchen vom demokratischen Sozialismus. Jeder Sozialist, der einigermaßen intelligent ist, weiß, daß man den Sozialismus nur mit Gewalt einführen und nur mit Gewalt aufrecht erhalten kann.

Es hat niemals einen demokratischen Sozialismus gegeben. Es gibt Dumme, die daran glauben mögen. Gregor Gyis ist kein Dummer.

Herzlich, Zettel

Frankenstein Offline




Beiträge: 891

13.02.2013 20:53
#72 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Zettel im Beitrag #71
Zitat von Frankenstein im Beitrag #70
Und natürlich ist Gysi in entscheidenden Bereichen naiv.

Ich glaube, lieber Frankenstein, nicht an das Märchen vom demokratischen Sozialismus. Jeder Sozialist, der einigermaßen intelligent ist, weiß, daß man den Sozialismus nur mit Gewalt einführen und nur mit Gewalt aufrecht erhalten kann.

Es hat niemals einen demokratischen Sozialismus gegeben. Es gibt Dumme, die daran glauben mögen. Gregor Gyis ist kein Dummer.

Herzlich, Zettel


Die von mir hochgeschätzte Margaret Thatcher hat im Buch zu Ihrer Zeit als Premierministerin interessante Anmerkungen zur Thematik der Beeinflussung durch die eigene Proganda gemacht (im Bezug auf Politiker der UdSSR).

Und bedenken Sie, werter Zettel, die Anzahl wirtschaftlicher Analphabeten in der Politik ist Legion (auch unsere Bundesregierung ist diesbezüglich wenig beeindruckend).

Wann und wo soll denn der in der DDR staatsnah sozialisierte Gysi profunde ökonomische Kenntnisse erworben haben? Seine Naivität in wirtschaftlichen und sozialen Fragen ist authentisch.

Herzlichst, Frankenstein

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

13.02.2013 20:57
#73 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #69
Ich frage mich, ob dies nicht die eigentliche Schwäche (und dennoch auch der positive "Kern") des liberalen Bürgertums ist: das "Leben und Leben lassen, solange man selbst in Ruhe gelassen wird"? Der Marxist, der Linke allgemein, hat ja nicht nur ein missionarisches Sendungsbewußtsein, er hat auch das starke Bedürfnis zur "Solidarisierung". Man hält zusammen, man bildet Gruppen, plant öffentlichkeitswirksame "Aktionen" usw.

Der Liberale will das gerade nicht, er betont das Individuum, nicht die Gemeinschaft.
Die "schreiende Minderheit" schafft indessen Fakten und, auf lange Sicht, letztlich Mehrheiten (z. B. Atomausstieg).

Linke Ideologie ist, um mal eine evolutionsbiologische Parallele zu bemühen, "aggressiv-fortpflanzungsbereit"; auf die offensichtliche Sympathie der Linken gegenüber ähnlich auftretenden Einwanderergruppen sei hier nur augenzwinkernd angespielt.

Ich frage mich, ob die größte Stärke des liberalen Bürgertums letztlich auch zu seiner größten Schwäche werden kann, da es eben zunächst "nur seine Ruhe" haben will. Ich schließe mich hier übrigens ausdrücklich mit ein.

Das sehe ich auch so, lieber Andreas Döding. Das "Leben und Leben lassen, solange man selbst in Ruhe gelassen wird" ist eine Schwäche des liberalen Bürgertums, es kann nicht anders.

Aber eben nur aus der Perspektive der Machtfrage. Wenn die Macht verteilt ist und immer neu gewählt wird, ist sie im Vergleich zu einer absoluten Macht schwach. Sie steht sozusagen zur Verfügung. Eine Revolution ist nicht mehr nötig zu ihrer, ich sag mal, "Ergreifung". Das kann aber auch als Stärke angesehen werden, wenn genau dies, die freie Verfügung der Macht, erhalten bleibt.

Antiliberale Parteien und Strömungen erhalten mehr Zulauf wenn der Staat sein Aufgabengebiet erweitert, denke ich. Andererseits sinkt dann der Wohlstand was wirtschaftsliberalen Ideen wieder mehr Geltung verschafft. Zettel sagte, es ist wie bei einem Pendel. Und so ist es.

Deutschland hat eine starke Verfassung und ist in meinen Augen stark genug diese Pendelbewegungen, auch wenn sie stark nach links ausschlagen, auszuhalten.
Im übrigen ist das deutsche Bürgertum ja gar nicht so sehr liberal. Aber auch das konservative Bürgertum bietet linken Ideologien die Stirn. Und nicht zuletzt auch ein nicht unwesentlicher Teil der deutschen Sozialdemokratie, die ich auch zum Bürgertum zähle.
Das liberale Bürgertum ist auch so frei sich kein Reinheitsgebot aufzuerlegen, deshalb ist es auch sozial und konservativ; sogar grün kann es sein ohne linken Ideologien anzuhängen (Winfried Kretschmann).
Das alles gibt es kompakt im Arbeitsdokument der Programmkommission der FDP. Ich gehöre zwar nicht zu denen, die das alles in sich vereinen können, aber wenn von linken, kommunistischen Ideologien die Rede ist, setze ich die Messlatte deutlich höher als in Diskussionen um die Zentralisierung in Europa, den Sozialstaat oder die Energiewende.
Liberale in Deutschland haben, was totalitäre Ideen anbelangt, eine hochsensible Sensorik und stehen deshalb auf der "Abschussliste" linker Ideologen immer ganz oben. Solange sie sich dort befinden, ist die Demokratie in Deutschland nicht in Gefahr.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

13.02.2013 21:22
#74 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Antiliberale Parteien und Strömungen erhalten mehr Zulauf wenn der Staat sein Aufgabengebiet erweitert, denke ich. Andererseits sinkt dann der Wohlstand was wirtschaftsliberalen Ideen wieder mehr Geltung verschafft. Zettel sagte, es ist wie bei einem Pendel. Und so ist es.

Deutschland hat eine starke Verfassung und ist in meinen Augen stark genug diese Pendelbewegungen, auch wenn sie stark nach links ausschlagen, auszuhalten.



Ja, auch hier stimme ich Ihnen zu. Wenngleich: ich vertraue auf diesen demokratischen Rechtsstaat und seinen, zur Not, wehrhaften Fortbestand. Genau genommen bedeutet "Vertrauen" aber, auch im zwischenmenschlichen Bereich: Akzeptieren von Unsicherheit und Restrisiko. Ansonsten wäre es ja "Kontrolle" oder "Wissen", also das, was letztlich das MfS versucht hat.

Dieses Vertrauen schwankt bei mir tagesformabhängig mit beträchtlicher Amplitude. Mein Eindruck ist, daß die nächste Bundestagswahl langfristig (!) extrem wichtig ist.
Herzlichen Gruß,
Andreas Döding

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

13.02.2013 21:56
#75 RE: "Demokratsicher Sozialismus" Antworten

Zitat von Doeding im Beitrag #74
Mein Eindruck ist, daß die nächste Bundestagswahl langfristig (!) extrem wichtig ist.

Wichtiger als die letzte Bundestagswahl? Und warum langfristig? In vier Jahren ist doch dann die nächste Wahl.

Viele Grüße, Erling Plaethe

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