Zitat von hubersn im Beitrag #24Schade ist halt nur, dass Greenpeace nicht auch wissen wollte, welche Technologie das IER zur Lösung des Kohleabgasproblems vorschlägt: der Leiter des Instituts, Prof. Voß, ist nämlich ausgewiesener Kernenergiefan
Das Business-Modell von Greenpeace lässt es ganz einfach nicht zu. Die Organisation ist darauf angewiesen, gleichzeitig mehrere Objekte zur Hand zu haben, mit denen sie Angst schüren kann. Ein Industrie- oder Handelsunternehmen wird sein Geschäft auch nicht auf nur ein einziges Produkt beschränken, sondern diversifizieren, um Markttendenzen ausreiten zu können. Bei Greenpeace geht es um Meinungstendenzen.
Zitat von KritikerAls naturwissenschaftlich ausgebildeter Mensch überrascht mich das große Konfidenzintervall nicht. Im Gegenteil, das was Kallias über die Studie berichtet, sagt mir, dass hier Naturwissenchaftler am Werk waren, die sehr sorgfältig und methodisch sauber gearbeitet haben. Aber in einer Kette Technik - Umweltfolgen - Folgen für die Menschen - Folgen für die Sterblichkeit haben wir es mit mehreren hochkomplexen Systemen zu tun, in denen die Statistik langsam, aber sicher ihren Wert verliert.
Gegenstand meiner Kritik war auch nicht die verwendete Methode, lieber Kritiker, sondern der ermittelte Wert und seine vermeintliche Aussagekraft. Ein solches Vertrauensintervall würde für einen Bereich, in dem ich mich leidlich auskenne, beispielsweise bedeuten:
Ermittelter Intelligenzwert: 105, übliche Verteilung mit M 100/ s 15. Die Zuverlässigkeit des Testverfahrens müßte jetzt aber so schlecht sein, daß der "wahre Wert" des Probanden in einem Bereich zwischen 50 und 140 liegt. Den Probanden dürfte ich dann also die erfreuliche Information geben: Sie sind irgendwas zwischen strohdoof und hochbegabt. Die tatsächlichen Vertrauensintervalle ermittelter Intelligenzwerte liegen, bei den gängigen Reliabilitäten der Tests von um .98, übrigens bei +/- um die 8-10, was nicht unbedingt zur Verbesserung des Rufes der Psychologie als exakte Wissenschaft beiträgt. Aber immer noch sehr viel besser ist als die Greenpeacerechnung. Die Methode in der von Kallias genannten Untersuchung mag wissenschaftlich sein, das sind die Methoden zur "Messung" des hypothetischen Konstruktes Intelligenz auch, und das ist sicher erfreulich. Der Erkenntnisgewinn des referierten Ergebnisses dagegen erscheint mir ausgesprochen begrenzt.
Zumal ich auch überhaupt keine Vorstellung davon habe, wie ein solcher Schätzwert extern validiert werden sollte (wie z. b. durch Schulerfolg bei Intelligenz). Erinnert mich andererseits an Klimamodelle (welcher input und warum?), über die Zettel und Gorgasal reichlich in ZR geschrieben haben, aber selbst die haben ja ein geeignetes Außenkriterium (momentan wohl leider, aus Sicht des PIK)
Zitat von vivendi im Beitrag #18Die einzigen, nachvollziehbaren, weil messbaren Fakten beziehen sich auf die Feinstaubemission. Die daraus abgeleitete Morbidität und Mortalität ist ein statistisches Konstrukt aus der Epidemiologie. Schon allein die Exposition der Bevölkerung (Dauer und Intensität) lässt sich nicht mehr messen sondern nur grob abschätzen. Ein kausaler Zusammenhang mit der Morbidität/Mortalität ist ätiologisch nicht nachweisbar.
Lieber vivendi,
so sehe ich das auch. Die Eingangsdaten für die Stuttgarter Arbeit sind entscheidend für das Endergebnis, es gilt aber hier wie anderswo: 'garbage in, garbage out'. Die zitierte Studie schreibt ja wissenschaftlich zurückhaltend von 'association' eines Zusammenhangs, und weist darauf hin, dass alle möglichen dem Ergebnis widersprechende Faktoren berücksichtigt worden seien. Aber wie Sie schreiben, kann man die tatsächliche Exposition der Bevölkerung nicht messen, man kann nur die Lebensräume und die dort zu diesem Zeitpunkt in einem groben Gitter durchgeführten Feinstaubmessungen in Zusammenhang setzen. Die Studie hat sich auch Metropolen beschränkt, in denen es solche Messungen gab. Man kann durch Befragung das Raucherverhalten erfassen, was ist aber mit Exposition in Räumlichkeiten wo starker Rauch gang und gäbe war? Rauchverbote in Flugzeugen gab es in den USA erst ab Ende der 80er Jahre, Rauchverbote in Diskotheken, Restaurants, am Arbeitplatz gab es in dem Untersuchungszeitraum noch nicht. Vor dem Hintergrund dieser Unsicherheit dann auch noch eine lineare Abhängigkeit erkennen zu wollen ist schon sehr gewagt. Was Erkenntnisse bzgl. von Einflüssen auf die Gesundheit angeht bleibt zudem die Zeit nicht stehen, da fließt viel Geld in alle möglichen Studien. Nur als Beispiel: In den letzten Jahren scheint die Bedeutung des Vitamin D in den Fokus zu rücken, nachdem wohl die Menschen (eher in Metropolen) die Sonne kaum noch sehen, bzw. aus Angst vor Hautkrebs diese bewusst meiden.
Ich würde auch nicht allzu sehr auf die Statistik der Todesursache vertrauen: Mit der Bewusstseinsänderung beim Thema Rauchen kann sich auch das Bewusstsein für eine bessere Differenzierung bei den Ärzten entwickelt haben, die die Todesursache protokollieren.
Grundsätzlich gilt bei Studien, dass der Aufwand (Anzahl Probanden, Kosten, Zeit) um so größer ist, je kleiner der festzustellende Effekt, und je größer die Komplexität der zu untersuchenden Wirkungszusammenhänge. Epidemiologische Studien können die Eingangsdaten mit vernünftigem Aufwand gar nicht mehr kontrollieren, ein Faktor, der aber nicht in die Confidenzintervalle einfließt.
Ich hatte keine Zeit, alle referenzierten Dokumente zu lesen, aus der amerikanischen Studie kann ich aber keine Ergebnisse zu einer Verkürzung der Lebenserwartung entnehmen. Wenn ich aber ca. 30.000 Jahre Verkürzung der Lebenszeit auf ca. 80 Mio Deutsche umrechnen darf, dann stirbt der Durchschnittsdeutsche 1-2 Tage früher. Wen würde das jucken? Das geht sozusagen im Rauschen unter.
Zitat von Doeding im Beitrag #27Ermittelter Intelligenzwert: 105, übliche Verteilung mit M 100/ s 15. Die Zuverlässigkeit des Testverfahrens müßte jetzt aber so schlecht sein, daß der "wahre Wert" des Probanden in einem Bereich zwischen 50 und 140 liegt. Den Probanden dürfte ich dann also die erfreuliche Information geben: Sie sind irgendwas zwischen strohdoof und hochbegabt. Die tatsächlichen Vertrauensintervalle ermittelter Intelligenzwerte liegen, bei den gängigen Reliabilitäten der Tests von um .98, übrigens bei +/- um die 8-10, was nicht unbedingt zur Verbesserung des Rufes der Psychologie als exakte Wissenschaft beiträgt.
Wobei hier noch eine andere Schwierigkeit hinzukommt. Verfahren zur Messung von Intelligenz können zwar vielleicht auf ihre Präzision hin untersucht werden, kaum aber auf ihre Richtigkeit. Präzision bedeutet hier, dass unabhängig von einander durchgeführte Tests zu Ergebnissen führen, deren Verteilung einem bestimmten Konfidenzbereich genügt. Die Richtigkeit bezeichnet aber die Abweichung von dem "wahren" Wert. Dieser dürfte aber im Bereich der Intelligenz schlicht und einfach nicht zugänglich sein. Bzw. macht bereits bei der Definition Schwierigkeiten. Außer man definiert den IQ als Ergebnis eines normierten Test. Womit man natürlich einen Zirkelschluss erzeugt und nicht mehr Intelligenz misst, sondern nur die Ergebnisse eines Referenztests zu reproduzieren versucht. Die Genauigkeit von Intelligenzmessungen ließe sich also nur beurteilen, wenn man beides, Richtigkeit und Präzision, abschätzen kann. Anders gesagt, man bräuchte Vergleichsprobanden mit verschiedenen bekannten Intelligenzwerten, an denen dann die Tests kalibriert werden können
Zitat von Martin im Beitrag #28Wenn ich aber ca. 30.000 Jahre Verkürzung der Lebenszeit auf ca. 80 Mio Deutsche umrechnen darf, dann stirbt der Durchschnittsdeutsche 1-2 Tage früher. Wen würde das jucken? Das geht sozusagen im Rauschen unter.
Zwei Einwände dazu:
Erstens bekommt man Lungenkrebs, oder bekommt ihn nicht. Im ersten Fall erleidet man eine drastische Verkürzung der Lebenserwartung, im anderen Fall hat man den Feinstaub sozusagen weggesteckt. Feinstaub, so sagen die Studien, erhöht die Wahrscheinlichkeit zu erkranken. Dadurch, dass Einzelne dann hart betroffen sind, bekommt die Frage ihre Brisanz.
Zweitens kommen Menschen in einer modernen Industriegesellschaft mit einer riesigen Zahl von möglichen Schadstoffen in Kontakt. Jeder einzelne davon mag die Lebenserwartung nur geringfügig verkürzen, in der Summe ist der Effekt möglicherweise sehr viel größer. Will man die gesundheitlichen Folgen von Schadstoffen reduzieren, wird man also eine Vielzahl von Maßnahmen ergreifen müssen, von denen jede einzelne nur einen geringen Effekt hat. Im Grunde machen Sie einen Fehler wie den, welchen ich Greenpeace vorhalte: sie schauen sich nur einen Einzelfall an, ohne Vergleichung und Einordnung in den Kontext.
Zitat von Robinhier noch eine andere Schwierigkeit hinzukommt. Verfahren zur Messung von Intelligenz können zwar vielleicht auf ihre Präzision hin untersucht werden, kaum aber auf ihre Richtigkeit. [...]
Jein. Die Meßgenauigkeit (=Reliabilität= (Meßwertvarianz/"wahre" Varianz)) kann einerseits nur geschätzt werden (Korrelation mit "Parallel"-tests oder bei Meßwiederholung, mit jeweils eigenen Begrenzungen), das Validitätskonzept ("mißt der Test, was er mssen soll?") wird davon aber weitgehend unabhängig behandelt: typischerweise über die sog. Kriteriumsvalidität, d. h. Korrelationen mit Schul- oder Bildungserfolg. Hier hat sich über die Jahrzehnte eine Korrelation von .7 als recht stabil erwiesen, das sind also knapp 50% gemeinsame Varianz. Das bedeutet, etwa 50% der Erfolgsunterschiede in Schule und Bildung gehen auf Unterschiede des erfaßten, Intelligenz genannten, Konstruktes zurück (was den mit Abstand größten Einzelfaktor darstellt). Bei Berufserfolg etwas weniger. Anders gesagt: Intelligenz funktioniert bei der Prognose von Leistungsunterschieden ziemlich gut, übrigens weitgehend unabhängig von dem angenommenen Intelligenzstrukturmodell (Generalfaktormodell nach Spearman oder Primärfaktorenmodelle sensu Thurstone). Bewährt hat sich also, anders als Sie schreiben, durchaus die operationale Definition: Intelligenz ist das, was der Intelligenztest mißt (sofern zur Prognose von Leistungsunterschieden maximal geeignet).
Zitat von ungelt im Beitrag #12Sollte sich durch sehr geringe Maßnahme eine sehr große Gefahr abwenden lassen, wenn man einem vorliegenden Verdacht folgt, dann wäre es für mich überlegenswert präventiv zu handeln.
Das ist ja auch geschehen: im Laufe der 90er Jahre wurden die Staubemissionen aus Kraftwerken auf ein Sechstel verringert (laut VGB). Seinerzeit gab es noch weniger zweifelhafte Studien zur Gesundheitsgefährung als heute - dennoch bin ich eigentlich froh, dass man das damals gemacht hat.
Zitat von ungelt im Beitrag #12Man kann doch nicht aus der ganzen Lebenswirklichkeit ein kleines (aber immer noch zu großes) Segment herauspicken, weil man glaubt es vielleicht objektiv beurteilen zu können, um dann darauf gestützt das ganze Koordinatensstem zu verschieben.
Zitat von Kallias im Beitrag #10 Ich halte das für einen klaren Hinweis darauf, dass hier auf allen Seiten seriös geforscht wird - im Gegensatz zu Wolfgang Röhl, der auf der Achse meinte:
Zitat von W. Röhl, Die Achse des GutenDas Institut gehört offenkundig zu den vielen grünen Nistplätzen, die in den Universitätslandschaften entstanden sind. Mit hoch bezahlten, politisch korrekt gesinnten Energiewendern an den Schaltstellen, immer auch gern bereit, ZDF, ARD oder den geistesverwandten Printsektor mit passenden Statements zu versorgen. Früher blieb den meisten Zuschauern verborgen, um was für “Experten” es sich konkret handelte, die da in Nachrichtensendungen und Magazinbeiträgen untermauern, was die Redakteure unters Fernsehvolk streuen wollen. Heute kann man den oft nur scheinbar objektiven Zeugen mit ein paar Klicks auf die Spur kommen.
Ein paar Klicks reichen doch nicht ganz. Den Gutis in allen Lagern fehlt es oftmals ein wenig an Rationalität.
Ich denke, Herr Röhl schießt da weit übers Ziel hinaus.
Ich habe bei vielen Mitarbeitern des IER Vorlesungen gehört, und die waren allesamt bemerkenswert unideologisch, auch Hauptstudienautor Rainer Friedrich. Schade ist halt nur, dass Greenpeace nicht auch wissen wollte, welche Technologie das IER zur Lösung des Kohleabgasproblems vorschlägt: der Leiter des Instituts, Prof. Voß, ist nämlich ausgewiesener Kernenergiefan
Gruß, hubersn
Ich bin ein durchaus an Technik interessierter Mensch. Lese z.B. gern die FAZ Beilage Technik und Motor, ich weiß wie ein Ottomotor funktioniert, hab auch in Grundzügen kapiert wie ein PC arbeitet und wie man aus Wind Strom erzeugt ist mir im Großen und Ganzen auch klar. Ich bin allerdings nicht in einem technischen Beruf ausgebildet oder tätig.
Wenn ich mir jetzt die Homepage von dem erwähnten Institut ansehe, dann muß ich Herr Röhl grösstenteils Recht geben.
Mag sein, daß es anders ist, bloß verstehen wir Laien das nicht.
Mir ist schon klar, daß manches nicht einfach ohne Fachausdrücke dargestellt werden kann. Aber wenn man eine Sprache benutzt die nur Fachleute verstehen, dann darf man sich über Fehlinterpretationen durch Laien auch nicht wundern.
Wenn ich jemand fürs Jagen begeistern will erzähl ich auch nicht vom Schweißriemen, Anschneidern, der Drossel, dem Alttier und erst recht nicht vom Luderplatz.
Zitat von RichardT im Beitrag #33Wenn ich jemand fürs Jagen begeistern will erzähl ich auch nicht vom Schweißriemen, Anschneidern, der Drossel, dem Alttier und erst recht nicht vom Luderplatz.
Wieso nicht? Gerade der Luderplatz könnte doch größtes Interesse wecken (den Schweißriemen würde ich aber weglassen).
------------------------------------------------------- Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel
Zitat von RichardT im Beitrag #33Wenn ich mir jetzt die Homepage von dem erwähnten Institut ansehe, dann muß ich Herr Röhl grösstenteils Recht geben.
Mag sein, daß es anders ist, bloß verstehen wir Laien das nicht.
Mir ist schon klar, daß manches nicht einfach ohne Fachausdrücke dargestellt werden kann. Aber wenn man eine Sprache benutzt die nur Fachleute verstehen, dann darf man sich über Fehlinterpretationen durch Laien auch nicht wundern.
Wenn ich jemand fürs Jagen begeistern will erzähl ich auch nicht vom Schweißriemen, Anschneidern, der Drossel, dem Alttier und erst recht nicht vom Luderplatz.
Lieber RichardT,
ich habe mir die homepage jetzt auch angeschaut, und ich kann nicht so ganz nachvollziehen, was dort unverständlich ist - auch dann, wenn ich meinen technischen Hintergrund mal ausblende. Und worin geben Sie Herrn Röhl recht? Dass dort keine seriöse Forschung betrieben wird, oder dass man dort die Namen der Mitarbeiter finden kann?
Wenn Sie mit dieser Erwartung mit mir zusammen zum Luderplatz gehen, werd zumindest ich eine Menge Spaß haben wenn Sie dann sehen wo wir wirklich sind.
Zitat von Doeding im Beitrag #31Jein. Die Meßgenauigkeit (=Reliabilität= (Meßwertvarianz/"wahre" Varianz)) kann einerseits nur geschätzt werden (Korrelation mit "Parallel"-tests oder bei Meßwiederholung, mit jeweils eigenen Begrenzungen), das Validitätskonzept ("mißt der Test, was er mssen soll?") wird davon aber weitgehend unabhängig behandelt: typischerweise über die sog. Kriteriumsvalidität, d. h. Korrelationen mit Schul- oder Bildungserfolg. Hier hat sich über die Jahrzehnte eine Korrelation von .7 als recht stabil erwiesen, das sind also knapp 50% gemeinsame Varianz. Das bedeutet, etwa 50% der Erfolgsunterschiede in Schule und Bildung gehen auf Unterschiede des erfaßten, Intelligenz genannten, Konstruktes zurück (was den mit Abstand größten Einzelfaktor darstellt). Bei Berufserfolg etwas weniger. Anders gesagt: Intelligenz funktioniert bei der Prognose von Leistungsunterschieden ziemlich gut, übrigens weitgehend unabhängig von dem angenommenen Intelligenzstrukturmodell (Generalfaktormodell nach Spearman oder Primärfaktorenmodelle sensu Thurstone). Bewährt hat sich also, anders als Sie schreiben, durchaus die operationale Definition: Intelligenz ist das, was der Intelligenztest mißt (sofern zur Prognose von Leistungsunterschieden maximal geeignet).
Lieber Herr Döding,
ich möchte Ihnen da nicht generell widersprechen, aber nochmal auf das Problem zu sprechen kommen. Der Messwert Schul- oder Berufserfolg ist ja eben auch nichts anderes als ein (etwas größer angelegter) Test. Die Korrelation sagt also etwas darüber aus, ob diese Tests (z.B. IQ und Schulerfolg) gut übereinstimmen oder nicht. Das Ergebnis ist ohne Frage eine interessante Erkenntnis. Aber es sagt nichts darüber, ob das eine oder andere etwas mit "Intelligenz" zu tun hat. Wir können uns ohne Probleme jemanden vorstellen, der unglaublich intelligent ist, aber es sowohl in Schule als auch Beruf nicht zu guten Ergebnissen bringt. Vielleicht gibt es auch wissenschaftliche Modelle, die genau erwartete zukünftige Leistungen als Intelligenz definieren. Die allgemein verbreitete Auffassung von Intelligenz weicht aber in jedem Fall davon ab. Ich möchte also gar nicht sagen, dass es nicht praktisch sehr hilfreich sein kann, die Richtigkeit von Intelligenztests in dieser Weise selbstbezüglich festzustellen, aber es eignet sich damit eben nicht sehr gut als Vergleich für andere Bereiche. Zu guter letzt: ein Stück weit ist dies natürlich ein generelles Problem der Wissenschaft. Aber z.B. in der Chemie können Sie problemlos eine Lösung mit 3ppm eines bestimmten Analyten erstellen und das Analyseverfahren dann an diesem Wert messen, ohne dass es viele Diskussionen geben wird, ob das zulässig ist. In der Sozialwissenschaft oder Psychologie geht das häufig nicht so einfach.
Zitat von RobinDas Ergebnis ist ohne Frage eine interessante Erkenntnis. Aber es sagt nichts darüber, ob das eine oder andere etwas mit "Intelligenz" zu tun hat.
Hier haben Sie natürlich völlig recht, lieber Robin. Wie gesagt, Intelligenz ist ein theoretisches Konstrukt, dessen Erfassung von Anfang an überhaupt nur eintwickelt wurde, um Leistungsunterschiede vorhersagen zu können. Ansonsten ist es genau wie "Seele" oder "Moral" nicht direkt beobachtbar.
Zitat Wir können uns ohne Probleme jemanden vorstellen, der unglaublich intelligent ist, aber es sowohl in Schule als auch Beruf nicht zu guten Ergebnissen bringt.
Daß es das gibt, entspricht auch der konkreten Erfahrung, bei sog. hochbegabten Underachievern. Durch das korrelationsstatistische Vorgehen sollte das aber durch geeignete Probandenzahlen halbwegs beherrschbar sein. Wie gesagt 50% Leistungsunterschiede gehen eben auch nicht auf Intelligenzunterschiede zurück, und auf den Einzelfall kann man eh nie schließen.
Zitat Aber z.B. in der Chemie können Sie problemlos eine Lösung mit 3ppm eines bestimmten Analyten erstellen und das Analyseverfahren dann an diesem Wert messen, ohne dass es viele Diskussionen geben wird, ob das zulässig ist
Natürlich. Der Forschungsgegenstand Chemie hat ohnehin den Vorteil, daß hier experimentelles Vorgehen sehr viel öfter möglich und Methode der Wahl ist. Dagegen ist Korrelationsstatistik v. a. der verzweifelte Versuch einer Fehlerminimierung. Meßfehler und Methodenartefakte sind aber auch in der experimentellen Chemie nicht ganz unbekannt, soweit ich von einem mir persönlich bekannten Promovenden hier im Forum (huhuh ) weiß.
Zitat von RichardT im Beitrag #36Wenn Sie mit dieser Erwartung mit mir zusammen zum Luderplatz gehen, werd zumindest ich eine Menge Spaß haben wenn Sie dann sehen wo wir wirklich sind.
Nichs für ungut
Lieber RichardT, meiner einer entstammt einer durchaus jagdaffinen Sippe und hat sich sowohl als Treiber, wie auch als nächtlicher Viecher-aus-dem-Wald-Zieher schon verdient gemacht. Ich meinte eher das Interesse unbedarfterer Zeitgenossen.
Beste Grüße, Calimero
------------------------------------------------------- Vertrauen in das Volk ist fast immer unbegründet; Kultur ist das Werk weniger. - Zettel
Zitat von Kritiker im Beitrag #19Schwierig sind dagegen die Fragen - Wann ist ein technischer Fortschritt zu unterstützen, wann nicht? - Wie schätzt man Technikfolgen ab? - Wie bewertet man Technikfolgen?
Sie folgen da mE schon einer ideologischen Spur, lieber Kritiker. Die Abschätzung von Technikfolgen beschränkt sich in unserer Gesellschaft ja immer auf mögliche negative Auswirkungen. ...
Sie haben meinen Punkt nicht beantwortet, lieber Calimero.
Ich habe nach Kriterien gefragt, wie diese Fragen zu beantworten sind. Es war also keine Bitte, eine Antwort zu geben, sondern eine Frage nach den Prinzipien, wie eine solche Antwort ermittelt werden soll.
Dass Ideologie keine gute Leitlinie ist, ebenso wie die Konzentration auf das Negative, hatte ich schon betont. Auch Ihr Argumentationsansatz "Ich will über die Fragen lieber nicht nachdenken, denn sonst könnte ich ja was verpassen", halte ich nicht für den korrekten Ansatz. Auch Ihre Argumentation ist Gefühls- und Ideologie getrieben.
Ich will eine Vernunft-Basis. Was sind die vernüftigen Gründe, eine Technologie abzulehnen? Wann überwiegen die Nachteile die potenziellen Vorteile?
Ich möchte weder alles ablehnen, nur weil es neu ist, ich will aber auch nicht blind darauf vertrauen, dass alles Neue uns immer wieder Quantensprünge nach vorne bringt. Ich will weg von der ideologischen Diskussion auf eine Vernunft basierte Diskussion.
...
Ja, ich weiss, aber man wird doch noch träumen dürfen.
Zitat von Kritiker im Beitrag #40Ich habe nach Kriterien gefragt, wie diese Fragen zu beantworten sind. Es war also keine Bitte, eine Antwort zu geben, sondern eine Frage nach den Prinzipien, wie eine solche Antwort ermittelt werden soll.
Lieber Kritiker,
wie wäre es mit einer klassischen Kosten/Nutzen Analyse? Man muss sich halt einigen, ob man diese auf Basis von Euros macht, oder auf Basis von Lebenserwartung. Wer beispielsweise in einer größeren Stadt wohnt hat allerlei Nachteile (Lärm, Feinstaub, ..), die man in reduzierte Lebenserwartung umrechnen kann, auf der anderen Seite hat er Zugang zu medizinischer Versorgung, von der ein Bewohner eines abgelegenen Dorfes in Brandenburg nur träumen kann. Das kann die Lebenserwartung steigern. Jetzt kann man natürlich auf die Idee kommen, allen Verkehr aus der Stadt zu verbannen (Fritz Kuhn ist in Stuttgart angetreten, um den Feinstaub zu verbannen). Dann ist die große Frage, ob eine Stadt das als Stadt überlebt, und wie lange es dauert, bis die Folgen absehbar sind. Da beginnt dann die Arbeit der Seher, äh Ökoinstitute. Das Ergebnis kann man dann glauben oder auch nicht.
Zitat von Kritiker im Beitrag #19Schwierig sind dagegen die Fragen - Wann ist ein technischer Fortschritt zu unterstützen, wann nicht? - Wie schätzt man Technikfolgen ab? - Wie bewertet man Technikfolgen?
Sie folgen da mE schon einer ideologischen Spur, lieber Kritiker. Die Abschätzung von Technikfolgen beschränkt sich in unserer Gesellschaft ja immer auf mögliche negative Auswirkungen. ...
Sie haben meinen Punkt nicht beantwortet, lieber Calimero.
Ich habe nach Kriterien gefragt, wie diese Fragen zu beantworten sind. Es war also keine Bitte, eine Antwort zu geben, sondern eine Frage nach den Prinzipien, wie eine solche Antwort ermittelt werden soll.
Dass Ideologie keine gute Leitlinie ist, ebenso wie die Konzentration auf das Negative, hatte ich schon betont. Auch Ihr Argumentationsansatz "Ich will über die Fragen lieber nicht nachdenken, denn sonst könnte ich ja was verpassen", halte ich nicht für den korrekten Ansatz. Auch Ihre Argumentation ist Gefühls- und Ideologie getrieben.
Ich will eine Vernunft-Basis. Was sind die vernüftigen Gründe, eine Technologie abzulehnen? Wann überwiegen die Nachteile die potenziellen Vorteile?
Ich möchte weder alles ablehnen, nur weil es neu ist, ich will aber auch nicht blind darauf vertrauen, dass alles Neue uns immer wieder Quantensprünge nach vorne bringt. Ich will weg von der ideologischen Diskussion auf eine Vernunft basierte Diskussion.
Eigentlich ist die Antwort mMn ganz einfach: Wenn die Gesetze nicht gegen den Einsatz einer neuen Technik sprechen, spricht nichts (außer kaufmännischen Erwägungen) gegen den Einsatz einer neuen Technik.
-- Wer mich ertragen kann, erträgt auch das Leben – Uwe Richard
Zitat von ungelt im Beitrag #12Sollte sich durch sehr geringe Maßnahme eine sehr große Gefahr abwenden lassen, wenn man einem vorliegenden Verdacht folgt, dann wäre es für mich überlegenswert präventiv zu handeln.
Das ist ja auch geschehen: im Laufe der 90er Jahre wurden die Staubemissionen aus Kraftwerken auf ein Sechstel verringert (laut VGB). Seinerzeit gab es noch weniger zweifelhafte Studien zur Gesundheitsgefährung als heute - dennoch bin ich eigentlich froh, dass man das damals gemacht hat.
Das sehe ich auch so - die Flugasche war ja damals offensichtlich ein echtes Problem, vermutlich könnte man die in meiner Lunge immer noch genug davon nachweisen. Nur kann man daraus aber nicht ableiten, daß man in der Folge immer wieder verpflichtet wäre weitere Maßnahmen zu ergreifen, wenn eine neue Studie dies nahelegt. Das Rennen gegen die Analytik, gegen die in dieser Weise einseitig rechnenden Statistiker, gegen das "alles oder nichts" Denken, gegen die Industrie- oder Kapitalismushasser ist so nicht zu gewinnen. Irgend einen statistischen Toten wird es auch geben, wenn man mit einer Grippe das Haus verlassen oder beim Autofahren nießen muß. Soll man das deswegen alles verbieten?
Ich habe Deinen Satz
"Wenn zweifelhafte Studien der einzige Anhaltspunkt sind, den man hat, dann bleibt wohl nicht viel anderes übrig, als sich daran zu halten, nicht wahr?"
so verstanden, daß man eben in einem solchen Fall (als Minister oder so) einfach verpflichtet ist (wenn man das Gegenteil nicht beweisen kann) immer und immer wieder verschärfte Vorschriften zu erlassen. Eine "Gegenstudie", die alle Folgen dieser Maßnahmen zusammenfassen würde, wird es ja kaum geben. Schon deswegen nicht, weil in einem solchen Fall ja unbedingt "sofortiges Handeln angesagt ist". Man kommt hier um den gesunden Menschenverstand und eine Portion "Eigensinn" (um einen anderen Thread aufzugreifen ) einfach nicht herum. Ich sehe aber nirgends Politiker, die bereit und/oder fähig wären so zu argumentieren.
Zitat von ungelt im Beitrag #43Ich habe Deinen Satz
"Wenn zweifelhafte Studien der einzige Anhaltspunkt sind, den man hat, dann bleibt wohl nicht viel anderes übrig, als sich daran zu halten, nicht wahr?"
so verstanden, daß man eben in einem solchen Fall (als Minister oder so) einfach verpflichtet ist (wenn man das Gegenteil nicht beweisen kann) immer und immer wieder verschärfte Vorschriften zu erlassen.
Das habe ich ungenau formuliert. Ich meinte "daran halten" nicht im Sinne von "Folge leisten", sondern im Sinne von "als Anhaltspunkt verwenden". Meine ganze Predigt läuft auf die Notwendigkeit hinaus, Kosten, Nutzen, Gefahren, Risiken zu vergleichen: man kann aber schlecht Vergleiche anstellen, wenn man nichts beziffern kann, wie ungenau auch immer.
Zitat von ungelt im Beitrag #43Ich sehe aber nirgends Politiker, die bereit und/oder fähig wären so zu argumentieren.
Auf dem politischen Terrain sollte man, glaube ich, aggressiver argumentieren, und mehr auf die Schäden abheben, die eine greenpeaceliche Ausstiegspolitik verursachen würde, und weniger versuchen, abzuwiegeln ("Studien zweifelhaft, Effekte klein", u.dgl.)
Angenommen, alle Studien seien Schrott, dann würde das Greenpeace gar nichts ausmachen. Die würden einfach sagen: "Was aus Schornsteinen kommt, ist Dreck, sonst würde man keine Schornsteine verwenden. Also müssen alle Fabriken mit Schornsteinen abgeschafft werden." Greenpeace braucht letztlich keine Studien, wer aber Politik mit Augenmaß betreiben will, der braucht sie.
Zitat von Kallias im Beitrag #44[...] "Was aus Schornsteinen kommt, ist Dreck, sonst würde man keine Schornsteine verwenden. Also müssen Alle Fabriken mit Schornsteinen abgeschafft werden." Greenpeace braucht letztlich keine Studien, wer aber Politik mit Augenmaß betreiben will, der braucht sie.
Zitat von Uwe Richard im Beitrag #42 Eigentlich ist die Antwort mMn ganz einfach: Wenn die Gesetze nicht gegen den Einsatz einer neuen Technik sprechen, spricht nichts (außer kaufmännischen Erwägungen) gegen den Einsatz einer neuen Technik.
Tut mir leid, diese einfache Antwort ist eine Übervereinfachung. Es ist der Standpunkt "Erlaubt ist alles, was nicht verboten ist und meine Mitmenschen scheren mich einen Dreck".
Ich hatte da mal ein Erlebnis als Rauchen in bestimmten Wagen der DB noch erlaubt war. Der Zug war übervoll. In den Nichtraucherwagen stapelten sich die Menschen. Raum mit Sitzplatz war nur in dem Raucherwagen, also setzte ich mich dahin, obwohl ich unter Rauch ziemlich leide. Eine Frau steckte sich eine an. Mehrere Fahrgäste baten sie, doch mit Rücksicht auf die anderen nicht zu rauchen. Aber rauchen war erlaubt, also tat die Dame das. Ich habe nichts gesagt und lieber still gelitten. Aber ok war das nicht. Geht man allein nach Gesetzen, bleibt jede Rücksichtnahme auf der Strecke.
Ich sehe in diesem Standpunkt eine Ursache, warum so viele Menschen in Deutschland immer gleich nach Gesetzen schreien. Wenn etwas nicht verboten ist, aber negative Auswirkungen (auf die Umwelt, auf meine Mitmenschen, auf alle außer mich selbst) hat, was dann?
Nein, es geht um eine Kosten-Nutzen Analyse. Und in diese Analyse muss neben den betriebswirtschaftlichen Kriterien auch Kriterien eingehen, die Sicherheit, Umweltbelastung, Auswirkungen auf Lebensqualität und Gesundheit eingehen. Aber so eine Analyse muss vollständig und ehrlich sein, und es muss Grenzwerte geben, unter denen eine Auswirkung vernachlässigt werden muss. Das letzte fehlt in den Diskussionen, die heute geführt werden.
Was noch zu beachten ist, sind unbeabsichtigte Folgen von getroffenen Maßnahmen. Edward Tenner nennt das "revenge effects" (die dt. Übersetzung, "Die Tücken der Technik" spricht von "Racheeffekten".)
Zu den bekannteren Folgen gehören die Studien im UK & den USA, die einen Anstieg von Fahrradunfällen mit Verletzten nach Einführung der Helmpflicht nachwiesen. In der Medizin (Stichwort Feinstaub) ist das besonders deutlich. Jahrzehntelang wurden zB bei hohem Fieber a) gefäßerweiternde Mittel & b) wegen Eisenarmut im Blut eisenhaltige Präparate verschrieben. Bis sich dann die Erkenntnis durchsetzte, daß der Körper den inneren Thermostat hochregelt, um die Vermehrungsrate der Erreger auszubremsen & den Eisengehalt des Bluts zu dem gleichen Zweck senkt. Man hat da also 50 Jahre genau das Falsche angeordnet. Ebenso verhält es sich mit der rasanten Zunahme von Allergien, bei denen das Immunsystem während der kritischen Phasen der Entwicklung der wegen von der Evolution nicht eingeplanten Keimfreiheit nicht mehr auf wirkliche Schadstoffe geeicht wird, sondern auf alle möglichen & im Normalfall harmlosen Irritationen. Wegen der Komplextität & den Kaskadeneffekten läßt sich da natürlich nichts sauber im Vornherein voraussagen & einhegen. Da gelten Donald Rumsfelds unknown unknowns. das "Prinzip Vorsicht" führt nur zu kontraproduktiven "Red Flag Acts" & Unterlassungsünden. (Die Pockenimpfung wurde ja mehr als 100 Jahre lang vehement bekämpft, weil man Schaden durch die Kuhpocken befürchtete.)
Zitat von Kritiker im Beitrag #46Aber rauchen war erlaubt, also tat die Dame das. Ich habe nichts gesagt und lieber still gelitten. Aber ok war das nicht. Geht man allein nach Gesetzen, bleibt jede Rücksichtnahme auf der Strecke.
Dem letzten Satz stimme ich zu. Das Beispiel ist m. E. aber nicht gut geeignet, es zu illustrieren.
Rücksichtnahme kann man in einem ungeregelten Zustand verlangen. Wenn es also überhaupt keine Regelungen zum Rauchen in Zügen gäbe - dann kann man darum bitten, aus Rücksicht auf Empfindlichkeiten nicht zu rauchen.
Aber im konkreten Beispiel gab es ja Regeln. Die Frau hätte in den Nichtraucherabteilen auf keinen Fall rauchen dürfen - selbst wenn es konkret vielleicht gar niemand gestört hätte. Sie setzt sich also in den explizit ausgewiesenen Raucherbereich. Und ich habe volles Verständnis, daß sie dort dann auch rauchen will. Wenn sich dort Nichtraucher aufhalten wollen, dann halt auf eigenes Risiko - ist halt eine Abwägung zwischen Stehplatz und Qualm.
Zitat von Kritiker im Beitrag #46Es ist der Standpunkt "Erlaubt ist alles, was nicht verboten ist und meine Mitmenschen scheren mich einen Dreck".
Der Grundsatz, dass dem Einzelnen alles erlaubt ist, was ihm nicht explizit verboten ist, dem Staat hingegen alles verboten ist, was ihm nicht explizit erlaubt ist, stellt eine ganz wichtige Maxime des liberalen Rechtsstaates dar.
Eine ganz andere Frage ist jedoch, ob der Einzelne immer von seiner Freiheit Gebrauch machen sollte. Die Antwort darauf muss jeder selbst finden; soziale Normen, die höchstens gesellschaftliche, aber keine rechtlichen Sanktionen nach sich ziehen, können hierbei als Orientierungshilfe dienen.
Zitat Raum mit Sitzplatz war nur in dem Raucherwagen, also setzte ich mich dahin, obwohl ich unter Rauch ziemlich leide. Eine Frau steckte sich eine an. Mehrere Fahrgäste baten sie, doch mit Rücksicht auf die anderen nicht zu rauchen. Aber rauchen war erlaubt, also tat die Dame das.
R.A. hat es ja schon angesprochen. Die Dame hat das Raucherabteil widmungsgemäß benutzt. Jeder der Nichtraucher hätte auch die Möglichkeit gehabt, sich einen Stehplatz im Gang zu suchen. (Bei meinen sehr seltenen Bahnfahrten passiert es mir wegen Überfüllung des Zuges recht oft, dass ich es vorziehe, stehend zu reisen, als mich in einen der an einer Hand abzuzählenden freien Plätze zu quetschen.) Die besagte Dame hat sich in diesem Fall m.E. in gesellschaftlich nicht vorwerfbarer Weise verhalten.
Zitat Ich sehe in diesem Standpunkt eine Ursache, warum so viele Menschen in Deutschland immer gleich nach Gesetzen schreien.
Sind es wirklich "die Menschen", die nach Gesetzen rufen, oder nicht vielmehr Lobbygruppen und auf Profilierung bedachte Politiker?
Zitat von R.A. im Beitrag #48Rücksichtnahme kann man in einem ungeregelten Zustand verlangen. Wenn es also überhaupt keine Regelungen zum Rauchen in Zügen gäbe - dann kann man darum bitten, aus Rücksicht auf Empfindlichkeiten nicht zu rauchen.
Aber im konkreten Beispiel gab es ja Regeln. Die Frau hätte in den Nichtraucherabteilen auf keinen Fall rauchen dürfen - selbst wenn es konkret vielleicht gar niemand gestört hätte. Sie setzt sich also in den explizit ausgewiesenen Raucherbereich. Und ich habe volles Verständnis, daß sie dort dann auch rauchen will. Wenn sich dort Nichtraucher aufhalten wollen, dann halt auf eigenes Risiko - ist halt eine Abwägung zwischen Stehplatz und Qualm.
Dieser Begründung kann ich nur zustimmen. Aber sie ist eine unbeabsichtigte Konsequenz der zunehmend flächendeckenden Regelungen durch Gesetze. Als ich, vor vielen Jahren, in den USA im Auto unterwegs war, fiel mir auf, dass Automobilisten Fussgängern unaufgefordert den Vortritt liessen, wenn diese sich anschickten, die Strasse zu überqueren. Ungeachtet eines vorhandenen oder nicht vorhandenen Fussgängerübergangs.
Ich erinnere mich noch, als ich meinen Führerschein machte, fand man an allen Einfallstrassen nach Zürich das Schild: "Sicherheit durch Höflichsein" (http://www.flickr.com/photos/ogil/990035000/). Es gab kein Gesetz, das Höflichsein verordnete, es war nur ein Appell an das soziale Gewissen und an zwischenmenschliche Verhaltensregeln. Wie eindrücklich das war, zeigt die Tatsache, dass ich mich heute noch, nach über 40 Jahren, daran erinnere.
Inzwischen hat man die allgemeine Aufforderung zum "Höflichsein" ersetzt durch konkrete Einzelverbote. Um zum Beispiel des Rauchens zurückzukommen bedeutet das, dass Rauchen im Nichtraucherwagen verboten ist, auch wenn der Wagen leer ist. Im Gegenzug ist Rauchen im Raucherwagen ausdrücklich erlaubt, auch wenn er proppenvoll ist. Raucher sind bereits so stark mit Verboten belastet, dass sie dann natürlich auf ihr gutes Recht pochen: der Gesetzgeber hat es so geregelt. Es gilt ergo als unhöflich, wenn Nichtraucher ausserhalb der ihnen zugeordneten Zonen weitere Einschränkungen fordern. Ihren Forderungen wurde mit dem Gesetz genüge getan, weitere Zugeständnisse sind nicht angebracht.
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.