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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 39 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Frank Böhmert Offline




Beiträge: 927

18.06.2013 13:12
#26 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Zitat von 123 im Beitrag #25
Die Fälle Sarrazin und Eva Herman haben uns allen gezeigt, was einen erwartet, wenn man sich gegen die Standpunkte insbesondere der Grünen positioniert. Beide verloren ihren Job. Herman hat sogar dagegen geklagt - und verloren !!!!!!

Thilo Sarrazin hat aus der breiten Bevölkerung massive Unterstützung erhalten; sie hat nämlich sein Buch DEUTSCHLAND SCHAFFT SICH AB zum Bestseller gemacht. Und er ist nach wie vor, trotz zweier Ausschlussverfahren, Mitglied der SPD.

Gerade sein Fall ist für mich eher ein Beispiel, dass die Gesellschaft immer noch eine offene ist.

Frank Böhmert Offline




Beiträge: 927

18.06.2013 13:29
#27 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Zitat von 123 im Beitrag #25
Ich kenne kein Leitmedium, welches sachlich pro und contra Atomkraft berichtet, geschweige denn sich dafür ausspricht.

Berliner Morgenpost. Die Welt. Cicero. FAZ. Tagesspiegel.

Das sind zumindest einmal die Medien, die ich entsprechend "sachlich pro und contra" aus der Fukushima-Berichterstattung in Erinnerung habe.

Gesamtauflage: 115.000+229.000+83.000+340.000+113.000=880.000 verkaufte Exemplare

Das finde ich doch deutlich mehr als nichts.

hubersn Offline



Beiträge: 1.342

18.06.2013 13:40
#28 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Zitat von Frank Böhmert im Beitrag #27
Zitat von 123 im Beitrag #25
Ich kenne kein Leitmedium, welches sachlich pro und contra Atomkraft berichtet, geschweige denn sich dafür ausspricht.

Berliner Morgenpost. Die Welt. Cicero. FAZ. Tagesspiegel.

Das sind zumindest einmal die Medien, die ich entsprechend "sachlich pro und contra" aus der Fukushima-Berichterstattung in Erinnerung habe.

Gesamtauflage: 115.000+229.000+83.000+340.000+113.000=880.000 verkaufte Exemplare

Das finde ich doch deutlich mehr als nichts.




Wenn ich mich recht erinnere, stand in der FAZ (den Rest lese ich höchstens sporadisch) jede Menge Unsinn rund um Fukushima. Aber auch der eine oder andere sachliche Bericht. Ich glaube aber nicht, dass man sich damit zufrieden geben sollte.

Gruß,
hubersn

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.527

18.06.2013 13:43
#29 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Zitat von 123 im Beitrag #25
Diese subtile Unfreiheit ist viel effektiver als eine offensichtliche, wie schon Larian #16 geschrieben hat. Sie ist verinnerlicht als gut, als sozial, als umweltfreundlich. Sie setzt auf Normen, und erst danach auf Gesetze zur Kontrolle des Einzelnen. Im Prinzip wie eine Religion, das effektivste System der Menschenkontrolle und Steuerung.


Diese Denkfigur ist freilich nichts neues. Es handelt sich um eine der Grundhaltungen der 68er, zumal zur Begründung von "radikaler Systemverweigerung": Daß, alles in allem, sich die moderne Massendemokratie nicht wesentlich von den Gewaltregimen alten Schlages unterscheide, dies aber nicht durch äußeren Zwang, sondern durch innere Formierung erreiche. Das Deutungsmuster der Wirkmechanismen hat David Riesman 1950 in "The Lonely Crowd" präsentiert; für die 68er war Herbert Marcuses "repressive Toleranz" das Stichwort. In der Regel fiel dann auch das Schlagwort vom "Konsumterror" *. Beiden Varianten ist die Zeit nicht gut bekommen.


* Die weichgespülte Variante für Pulloverträger ist in "Die Reifeprüfung/The Graduate" konserviert; der Kurs für Fortgeschrittene in "Easy Rider".

PS/OT: http://de.wikipedia.org/wiki/Easy_Rider "Die insgesamt vier Motorräder, die für den Film umgebaut wurden, waren gebrauchte Polizeifahrzeuge. Drei betriebsbereite Maschinen wurden vor dem Ende der Dreharbeiten gestohlen und sind bis heute verschollen."

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

18.06.2013 14:12
#30 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Zitat von hubersn
Wenn ich mich recht erinnere, stand in der FAZ (den Rest lese ich höchstens sporadisch) jede Menge Unsinn rund um Fukushima. Aber auch der eine oder andere sachliche Bericht. Ich glaube aber nicht, dass man sich damit zufrieden geben sollte.




So ähnlich erinnere ich das auch, wobei ich das der FAZ ausdrücklich positiv anrechen würde. Das war in der Sarrazindebatte übrigens ganz genauso. Es spricht für Pluralismus in Berichterstattung und Kommentar, der in deutschen Medien selten geworden ist; ansonsten sähe ich die Gefahr, daß man sich erst zufriedengibt, wenn alle von Pro-Atomkraft abweichenden Meinungen aus der öffentlichen Diskussion eliminiert wären

Herzliche GRüße,
Andreas Döding

Frank Böhmert Offline




Beiträge: 927

18.06.2013 14:35
#31 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #29
Diese Denkfigur ist freilich nichts neues. Es handelt sich um eine der Grundhaltungen der 68er, zumal zur Begründung von "radikaler Systemverweigerung": Daß, alles in allem, sich die moderne Massendemokratie nicht wesentlich von den Gewaltregimen alten Schlages unterscheide, dies aber nicht durch äußeren Zwang, sondern durch innere Formierung erreiche.

Genauestens! Das habe ich sooo oft gehört. Immer gern ergänzt durch den ultimativen Spruch: "Es gibt kein richtiges Leben im falschen." Damit konnte man auch prima jede persönliche Schwäche oder Nachlässigkeit der Gesellschaft beziehungsweise dem System in die Schuhe schieben.

"Das kapitalistische System lässt sich ja nur mit Süchten ertragen!"

Heute heißt's dann gern: "Die rotgrüne Meinungsdiktatur zwingt mich ja zum Mitläufertum!"

Ach was.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

18.06.2013 20:49
#32 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Zitat von 123 im Beitrag #25
Die Freiheit geht uns immer mehr verloren.

Lieber 123,
stellen Sie sich mal vor, jemand der am 17. Juni 1953 gesehen hat, wie russische Panzer Demonstranten überrollten, liest hier Ihren Kommentar der suggeriert, es wäre heute ähnlich wie damals in der DDR - nur subtiler.
Mir stellen sich schon die Nackenhaare auf und ich wurde nicht von Panzern beschossen.

Sie vergleichen m.E. Äpfel mit Birnen und wie man es auch dreht und wendet - es ist eben nicht dasselbe. Die Beschränkungen der Freiheit in dem heutigen Deutschland und die in der DDR.
Diese Sicht tut der Freiheit einen Bärendienst, weil sie jede Abweichung vom Ideal mit Unterdrückung gleichsetzt. Sie verhöhnt diejenigen, welche für diese "Unterwerfung in der BRD" ihr Leben riskierten. Ich würde es wieder tun und bin immer noch der Ansicht, dass es lohnenswert war und wäre.
Und letztlich ist ihr die gleiche Selbstgerechtigkeit zu eigen wie den Gegnern der Freiheit. Auch sie verspotten die BRD und sehen die Bürger als unfrei an.

Wo, frage ich Sie, lieber 123, ist der Unterschied in Ihrer Argumentation und in der der Linken wenn sie sagen: "Zensur der Medien. Im Sozialismus zentral gesteuert. Heute dezentral, in jeder Redaktionsstube"
Um nur mal ein Beispiel zu nennen.

Ich kann nicht erkennen, dass aus dieser Argumentation Kenntnisse über den Charakter von Diktaturen abzuleiten wären. Hier verschwimmt in geradezu orwellscher Weise Demokratie und Knechtschaft. Als Ergebnis bleibt Hoffnungslosigkeit und Tristesse. Diese Art von Kulturpessimismus ist völlig ungeeignet um den Gegnern der Freiheit, die es zweifellos gibt, Paroli bieten zu können.
Denn um das zu tun, sollte man wertschätzen können und wissen, welchen Bestand an Freiheit und Grundrechten man verteidigen und ausbauen will.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Manfred Sachs Offline




Beiträge: 108

18.06.2013 22:36
#33 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #32
Wo, frage ich Sie, lieber 123, ist der Unterschied in Ihrer Argumentation und in der der Linken wenn sie sagen: "Zensur der Medien. Im Sozialismus zentral gesteuert. Heute dezentral, in jeder Redaktionsstube"

Werter Erling Plaethe,

haben "die Linken" damit etwa nicht recht? [Oder haben Sie - um nur mal ein Beispiel zu nennen - in den hiesigen Medien polyphone Stimmen bzgl. des großen NSU-Popanzes vernommen?] Der Unterschied jedoch liegt in der Schlußfolgerung: aus sozialistischer Sicht versucht man sich derart ja die Legimität der Zensur mit Verweis auf die anderen zu erschleichen - getreu dem Motto: Wenn's alle machen, ist's so schlimm ja nicht.

MfG
M. S.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 13.527

18.06.2013 22:59
#34 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Zitat von Manfred Sachs im Beitrag #33
Oder haben Sie - um nur mal ein Beispiel zu nennen - in den hiesigen Medien polyphone Stimmen bzgl. des großen NSU-Popanzes vernommen?


Mittlerweile ist aus dem NSU-Ballon ja jede Menge heißer Luft entwichen.
http://www.welt.de/politik/deutschland/a...ndeutungen.html ("Zschäpes Liebesbrief an den Rechtsextremen Robin S. liefert tiefe Einblicke in die Gedankenwelt der Angeklagten – und zeigt: Unpolitisch war sie offenbar nicht." - wenn das so 2 Jahre weiter geht...). Das läßt durchaus kühles Blut bewahren, was den Zustand unserer Justiz angeht.

Daß der Medienmob momentan außer an kollektiven Wahnvorstellungen auch an Kontrollverlust sowie Cäsarenwahn laboriert, ist Symptom des "Strukturwandels der Öffentlichkeit" 2.0. Da braucht es die handelsüblichen 15-20 Jahre, bis sich das verlaufen hat.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

18.06.2013 23:17
#35 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Zitat von Manfred Sachs im Beitrag #33

Werter Erling Plaethe,

haben "die Linken" damit etwa nicht recht? [Oder haben Sie - um nur mal ein Beispiel zu nennen - in den hiesigen Medien polyphone Stimmen bzgl. des großen NSU-Popanzes vernommen?] Der Unterschied jedoch liegt in der Schlußfolgerung: aus sozialistischer Sicht versucht man sich derart ja die Legimität der Zensur mit Verweis auf die anderen zu erschleichen - getreu dem Motto: Wenn's alle machen, ist's so schlimm ja nicht.

Nein, Die Linke (ich meinte die Partei) hat nicht recht. Sollte sie mal recht haben, was ich nicht ausschließen will, werde ich ihr das auch zugestehen.
Es gibt in einer freien Presse immer polyphone Stimmen, oft sogar in ein und demselben Blatt. Man kann als Einzelner natürlich unmöglich alles lesen, was zu einem Thema veröffentlicht wird. Aber es ist schlicht einer völlig subjektiven Wahrnehmung geschuldet, überall das Gleiche zu sehen und völlige Selbstüberschätzung, dies auch noch für objektiv zu halten.
Davon abgesehen gibt es keine Zensur in Deutschland.
Was es gibt, sind ökonomische Zwänge. Wer von dem leben will, was er schreibt, muss nicht nur auf das Thema zugehen sondern auch auf den Leser. Und wer Informationen von Politikern braucht, geht eben auch auf diese zu. Nur hat das alles nichts mit Zensur zu tun.
Wer in verschwörerischer Art überall die Zensur am Werke sieht, nur weil er die Bandbreite der geäußerten Meinungen nicht erfasst, die er gar nicht erfassen kann, wenn er einer Erwerbstätigkeit und noch anderen Interessen außer Zeitungen zu lesen, nachgeht, betreibt m.E. das Geschäft derer, die zensieren würden - wenn sie könnten. Aber sie können nicht. Heute noch viel weniger als vor der Zeit des Internets und der Blogs.

Es gäbe genügend Umschreibungen um auszudrücken, dass es eine gewisse Faulheit und vielleicht auch Konfrontationsunlust unter deutschen Journalisten gibt, die aber ihr Pendant in der Leserschaft findet.
Man kann nur Zensur nennen was auch Zensur ist. Wenn man für etwas ganz anderes keine Worte findet, kann man sich ja auch mal Zeit nehmen um nach Worten zu suchen, die der eigenen Beschreibung mehr Realitätssinn verleihen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Frank Böhmert Offline




Beiträge: 927

19.06.2013 15:08
#36 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Zitat von Frank Böhmert im Beitrag #27
Zitat von 123 im Beitrag #25
Ich kenne kein Leitmedium, welches sachlich pro und contra Atomkraft berichtet, geschweige denn sich dafür ausspricht.

[...]

Nachtrag. Und die gesellschaftlichen Fronten sind im Übrigen nicht immer so sauber gezogen, wie man denken könnte:
Nuklearia - Piraten für moderne und sichere Kernenergie

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.989

20.06.2013 17:18
#37 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #32
stellen Sie sich mal vor, jemand der am 17. Juni 1953 gesehen hat, wie russische Panzer Demonstranten überrollten, liest hier Ihren Kommentar der suggeriert, es wäre heute ähnlich wie damals in der DDR - nur subtiler.


Werter Erling Plaethe,

wie immer ist es ein reicher Quell für neue Gedanken, Meinung und Gegenmeinung nach einem gelungen Beitrag in diesem Blog zu lesen.

Ich kann Ihrem Beitrag gut folgen und ihre Einschätzung in fast ganzer Hinsicht auch teilen. Was ich aber Frage ist, ob der wesentliche Inhalt des Beitrages von 123 die Gleichsetzung der Repressionen innerhalb der DDR und Dingen in unserer jetzigen Gesellschaft, die man bedenklich finden könnte, ist?

Unabhängig davon, dass ich höchstwahrscheinlich anders formulieren würde und man den Beitrag auch so lesen kann, stelle ich die Frage:

Ist der Verlust von Freiheit in unserer heutigen Gesellschaft nicht evident?

Ohne Frage gibt es keine Zensur bei uns und auch keine „aktive Repression“ wie in irgendeinem totalitären Staat. Faktisch leben wir in Freiheit.

Was mich aber beunruhigt ist das Denken in „Feindbildern“. In Schulbüchern, im Kindergarten fängt es schon an. „Böse Reiche“ beuten die „unschuldigen Armen“ aus, „Böse Klimaleugner“ ziehen ihren Vorteil aus dem Ertrinken der Eisbären“, „Böse Banker“ bereichern sich an Oma Erna, Böse Industriebosse“ beuten die armen Arbeiter aus, „Böse Männer“ die „unterdrückten Frauen“, „Böse Steuerhinterzieher“ betrügen uns alle, „böse Atomlobbyisten“ verkaufen unser aller Leben für ihr Geld, „böse Rassisten“ lauern überall und die „böse FDP“ ist Sammelbecken für all diese subversiven Elemente.

Wo eine Gesellschaft in Feindbildern denkt, entzieht man denen die das Feindbild repräsentieren die Möglichkeit einer gleichberechtigen Teilhabe an der Gesellschaft. Dies ist ein massiver Eingriff in die Freiheit, nach meinem Empfinden.
Davon abgesehen handelt es sich um Stereotype, die das klassische Mittel eines jeden totalitären Staates sind, das „wir Gefühl“ der eigenen Klientel zu stärken.

Wir haben trotz allem immer noch starke Kräfte der Freiheit in unserem Land. Es ist nicht angemessen unsere Gesellschaft im Hinblick auf die Repression der Freiheit mit der DDR zu vergleichen.

Sollte uns aber nicht die „Indoktrination schon von Kindern mit Feindbildern“ als ein ernsthafter Anschlag auf die Freiheit an sich erscheinen?

Ich weiß nicht wie schwer dieser Anschlag ist, aber ich würde ihn nicht als völlig belanglos abtun.

Ich persönlich kenne niemanden, der nicht glaubt Atomkraft sei prinzipiell schon mal eher schlecht, die Reichen eher unsozial, den Armen müßte man mehr helfen, der Mensch verursacht schon irgendwie eine Klimakatastrophe und läßt die Eisbären ertrinken und der Mensch lebt auch ohnehin nur auf Kosten anderer. Manche zweifeln zwar, aber irgendwie „fühlt es in allen so“, selbst in mir manchmal.

Ich bin mir nicht sicher wo das hinführt. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass unsere Gesellschaft es schafft dieser Gefahr zu begegnen. Aber ich weiß es nicht. Mich beunruhigt diese Gefahr zumindest. Auch wenn ich die Axiome im aktuellen Zustand nicht mit der DDR auf eine Stufe stelle. In keinster Weise. Ich habe nur Angst, es könnte dort enden. Nicht zuletzt dann, wenn der Wohlstand den wir aktuell geniessen weniger werden wird. Kein undenkbares Szenario bei der Entwicklung des Euroraums derzeit.

Oder sehen Sie dies komplett anders?

Herzlichst

nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

20.06.2013 21:02
#38 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #37

Was mich aber beunruhigt ist das Denken in „Feindbildern“. In Schulbüchern, im Kindergarten fängt es schon an. „Böse Reiche“ beuten die „unschuldigen Armen“ aus, „Böse Klimaleugner“ ziehen ihren Vorteil aus dem Ertrinken der Eisbären“, „Böse Banker“ bereichern sich an Oma Erna, Böse Industriebosse“ beuten die armen Arbeiter aus, „Böse Männer“ die „unterdrückten Frauen“, „Böse Steuerhinterzieher“ betrügen uns alle, „böse Atomlobbyisten“ verkaufen unser aller Leben für ihr Geld, „böse Rassisten“ lauern überall und die „böse FDP“ ist Sammelbecken für all diese subversiven Elemente.

Deutschland ist politisch nach links gerückt. Ein zutiefst sozialdemokratisches Land hat eine kurze Blütezeit des Wirtschaftsliberalismus hinter sich gelassen und das Pendel schlägt jetzt vielleicht stärker nach links als dies je in der Nachkriegszeit der Fall war, vielleicht. Die Freiheit wurde hierzulande noch nie besonders groß geschrieben, eher die Sicherheit, vor allem die soziale. Vieles von dem was Sie aufzählen, lieber nachdenken_schmerzt_nicht, gab es als Phänomen schon vor dem Linksruck.
Es ist bedenklich und darüber nicht zu schweigen ist Sache vieler Journalisten, Blogger und Kommentatoren. Für die Freiheit muss eingetreten werden, sonst geht sie verloren. Aber sie verloren zu geben ist kein Eintreten für sie.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #37
Wo eine Gesellschaft in Feindbildern denkt, entzieht man denen die das Feindbild repräsentieren die Möglichkeit einer gleichberechtigen Teilhabe an der Gesellschaft. Dies ist ein massiver Eingriff in die Freiheit, nach meinem Empfinden.
Davon abgesehen handelt es sich um Stereotype, die das klassische Mittel eines jeden totalitären Staates sind, das „wir Gefühl“ der eigenen Klientel zu stärken..

Ja, mit Feindbildern denken ist sehr bequem, weshalb es in der Tat sehr verbreitet ist. Nicht nur im linken Spektrum und nicht nur in Deutschland. Man wird in jeder Demokratie immer Ansätze und auch Anhänger totalitärer Strukturen finden. Die verschwinden auch nicht und nur weil sie mal mehr und mal weniger werden steht nicht die Diktatur vor der Tür.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #37
Wir haben trotz allem immer noch starke Kräfte der Freiheit in unserem Land. Es ist nicht angemessen unsere Gesellschaft im Hinblick auf die Repression der Freiheit mit der DDR zu vergleichen.

Sollte uns aber nicht die „Indoktrination schon von Kindern mit Feindbildern“ als ein ernsthafter Anschlag auf die Freiheit an sich erscheinen?

Ich weiß nicht wie schwer dieser Anschlag ist, aber ich würde ihn nicht als völlig belanglos abtun.

Er ist nicht belanglos, aber auch nicht zwingend von Dauer. Der Einfluss der Lehrer sollte trotzdem nicht zu hoch eingeschätzt werden und auch hier ist jeder selbst in der Verantwortung. Eltern, die sich mit ihren Kindern unterhalten, auch über die Schule, können schon ihren Einfluss geltend machen und das Primat der Kindererziehung durch die Eltern mit Leben erfüllen.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #37
Ich persönlich kenne niemanden, der nicht glaubt Atomkraft sei prinzipiell schon mal eher schlecht, die Reichen eher unsozial, den Armen müßte man mehr helfen, der Mensch verursacht schon irgendwie eine Klimakatastrophe und läßt die Eisbären ertrinken und der Mensch lebt auch ohnehin nur auf Kosten anderer. Manche zweifeln zwar, aber irgendwie „fühlt es in allen so“, selbst in mir manchmal.

Bis auf die Atomkraft und die Katastrophe mit dem Klima war das schon immer so - seit Bismarck, fürchte ich. Liberale sind in einer sehr kleinen Minderheit, trotzdem ist Deutschland innerhalb der westlichen Demokratien ein recht liberales Land. Schon erstaunlich, was diese kleine Minderheit, die kaum jemand persönlich in Teilen kennt, bewirkt!

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #37
Ich bin mir nicht sicher wo das hinführt. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass unsere Gesellschaft es schafft dieser Gefahr zu begegnen. Aber ich weiß es nicht. Mich beunruhigt diese Gefahr zumindest. Auch wenn ich die Axiome im aktuellen Zustand nicht mit der DDR auf eine Stufe stelle. In keinster Weise. Ich habe nur Angst, es könnte dort enden. Nicht zuletzt dann, wenn der Wohlstand den wir aktuell geniessen weniger werden wird. Kein undenkbares Szenario bei der Entwicklung des Euroraums derzeit.

Oder sehen Sie dies komplett anders?

Nichts ist sicher, es kann vieles passieren, aber eine Diktatur im Euroraum?
Wichtig ist aus meiner Sicht realistisch zu bleiben, nicht wie der politische Gegner Ansichten in Superlativen zu transportieren. Nicht auf "sozialen Kahlschlag" mit "EudSSR" zu antworten. Die Gegner der Freiheit verfolgen vor allem das Ziel der moralischen Oberhoheit. Bedient man sich ihrer Rhetorik macht man früher oder später auch ihren Job. Man muss sich unterscheiden, Alleinstellungsmerkmale herausarbeiten und darin beharrlich sein. Nur dann gibt es eine Alternative. Dabei ist die sachlich-kühle Argumentation vielleicht nicht sehr massenwirksam, aber damit sollte man leben lernen, weil es mehr anspricht als Leute bereit sind einzugestehen.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Doeding Offline




Beiträge: 2.612

20.06.2013 21:11
#39 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Zitat von Erling Plaethe
Wichtig ist aus meiner Sicht realistisch zu bleiben, nicht wie der politische Gegner Ansichten in Superlativen zu transportieren. Nicht auf "sozialen Kahlschlag" mit "EudSSR" zu antworten.



Ein Fehler, den ich lange gemacht und den ich nicht zuletzt dank dieses Forums und seiner Diskutanten erkannt habe

Herzliche Grüße,
Andreas Döding

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.989

03.07.2013 09:56
#40 RE: Der 17. Juni 1953 Antworten

Sehr geehrter Erling Plaethe,

ich wollte mich noch bei Ihnen für Ihre Antwort bedanken. Zum einen, weil sie mir viel neue Aspekte zu erkennen möglich gemacht hat und damit viel Erkenntnis bedeutete. Zum anderen, weil sie mir wirklich Hoffnung gibt für die Zukunft.

Zu einer Sache möchte ich allerdings noch einmal nachfragen:

Ich schrieb.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #37
Auch wenn ich die Axiome im aktuellen Zustand nicht mit der DDR auf eine Stufe stelle. In keinster Weise. Ich habe nur Angst, es könnte dort enden.


Sie antworteten:
Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #38
Nichts ist sicher, es kann vieles passieren, aber eine Diktatur im Euroraum?


Nun dachte ich vielleicht nicht direkt an eine Diktatur, sondern eher an „das perfide Ausleben von Stereotypen“. Das Stigmatisieren von Bevölkerungsgruppen und daraus folgend eine Diskriminierung. Mein Punkt, den ich meinte, war, dass diese Diskriminierung zur Zeit noch meist harmlos abläuft. Was aber mag geschehen, wenn wirtschaftliche Not die Menschen in die Enge treibt?

Sehen sie: Ich habe immer noch in Erinnerung, wie in Wut auf die Bänker in Griechenland eine Bank vom wütenden Mob angezündet wurde und dabei eine schwangere Frau verbrannte. Es braucht anscheinend keine Diktatur für Verbrechen gegen das, was ich unter Menschlichkeit verstehe. Es braucht anscheinend keine Diktatur um „nicht staatliche Gewalt zu legitimieren“.

Ich schrieb hier an anderer Stelle von einer jungen Frau, deren Straftaten gegen einen Mitarbeiter eines Energiekonzerns im öffentlich rechtlichen Fernsehen beklatscht wurde.

Nun ist es sicher noch ein „weiter Weg“ von solchen Ereignissen zu einer „echten Legitimation nicht staatlicher Gewalt“, zu einer „systematischen Diskriminierung“ gesellschaftlicher Gruppen. Aber die Grenzen erscheinen mir da sehr fliessend. Wie fliessend zeigte mir diese Karikatur in einer „bürgerlichen Zeitung“, die mir das Blut in den Adern gefrieren lies. Eine ähnliche Karrikatur kenne ich noch aus meinen Geschichtsbüchern.

Mich macht das mehr als nur nachdenklich, oder glauben Sie dass ich dies zu schwarz sehe?


Herzlichst

Nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

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